Tankstellen für die Seele

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Tankstellen für die Seele
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Tankstellen für die Seele
Berlin mit anderen Augen
2015
Impressum
12 Tankstellen für die Seele
Kalender 2015
mit den wichtigsten christlichen,
jüdischen und muslimischen Feiertagen
Herausgegeben von
CROSS ROADS – Berlin mit anderen Augen
Evangelischer Kirchenkreis Berlin Stadtmitte
Klosterstraße 66
10179 Berlin
www.crossroads-berlin.com
www.kkbs.de
Idee und Bildauswahl
Antje Zimmermann (CROSS ROADS),
KD Lorenz Ehmke
Dieter Wendland
Fotografie
Martin Kirchner
Redaktion
Christiane Bertelsmann
Antje Zimmermann
Auflage 2.500 Stück
EVANGELISCHER KIRCHENKREIS
Berlin Stadtmitte
Gestaltung
Grafik-DesignBüro Dieter Wendland AGD
Tankstellen sind nicht unbedingt Orte der Besinnung. Man kommt an, um gleich wieder los
zu fahren. Tanken, aufs Klo, noch schnell einen Kaffee und dann geht es auch schon weiter.
Das Auftanken der Seele kommt zu kurz und die Energie verbrennt stinkend aus dem
Auspuffrohr. Maschine und Körper werden versorgt, doch die Seele bleibt auf der Strecke.
Tankstelle
Als ich gefragt wurde, ob das Titelmotiv vor der FIT freie internationale tankstelle fotografiert
werden kann, habe ich begeistert zugesagt. Denn im Unterschied zur klassischen Tankstelle
verwandeln wir von FIT diese Orte des Transits und der Hektik in Orte des Anhaltens und der
Neubesinnung, Orte des Innehaltens und der Kunst. Wir laden die Menschen ein, sich ihrer
eigenen kreativen Energien wieder bewusst zu werden. Ihre verborgenen Potenziale zu er­
kennen und zu nutzen – sich ohne gesellschaftlichen Leistungsdruck frei zu entfalten.
Denn der Treibstoff des Menschen ist seine Kreativität.
Kunst bereichert uns und unser Zusammenleben in Berlin.
Sie führt uns zu einer neuen Sicht der Dinge, lässt uns zusammenkommen.
Genauso bereichernd ist die Vielfalt und Buntheit der Menschen, die hier leben und von
denen einige stellvertretend in diesem Kalender ihre Tankstellen für die Seele vorstellen.
Ich freue mich, dass sie sich zum Gruppenfoto an der FIT freie internationale tankstelle
gefunden haben.
Denn ob arm oder reich, an der Tankstelle sind alle gleich.
immer FIT positiv
Dida Zende
Künstler, FIT freie internationale tankstelle
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1. 1. Neujahr · 6. 1. Heilige Drei Könige (christlich) · 2./3. 1. Mevlid, Geburtstag des Propheten Muhammad (muslimisch)
Kaiserliches Treppenhaus im Berliner Dom, Berlin Mitte
Pedro Pinera Bustamante
(geboren 1960) stammt aus Kuba und
lebt seit 1986 in Berlin. Er arbeitet als
Aufsichtskraft im Berliner Dom.
»In meiner Arbeit habe ich ständig mit Menschen aus aller Welt zu tun. Egal, ob sie einer
­Religion angehören oder nicht – für mich sind sie alle Gottes Kinder. Ich bin froh, dass ich in
meinem Beruf so viel von der Liebe, die Gott mir schenkt, weitergeben kann. In den Pausen
bin ich auch gerne mal für mich. Dann gehe ich hier in das Treppenhaus. Der Lärm und die
Unruhe, die die Welt oft mit sich bringt, sind dann ganz weit weg. Ein gutes Gefühl!
Das Gold und all der Prunk sind mir weniger wichtig – eher die Schwingungen,
die diesen Raum erfüllen. Gotteshäuser sind auf ganz besonderen Energien erbaut.
Die spüre ich ganz deutlich und empfinde dabei große Glückseligkeit.«
Oberpfarr- und Domkirche zu Berlin
Am Lustgarten
10178 Berlin
www.berlinerdom.de
Der Berliner Dom, am Lustgarten auf der
Museumsinsel gelegen, gehört zu den Publikums­
magneten der Hauptstadt. Der monumentale Bau
beeindruckt im Innenraum durch die prächtige hohe
Kuppel und die Vielfalt der Materialien, Farben und
Formen.
Jährlich besuchen 850.000 Menschen zu
Gottesdiensten, Andachten, Konzerten und zur
Besichtigung dieses Gotteshaus.
Der Berliner Dom ist täglich
von 9.00 bis 19.00 Uhr geöffnet.
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2. 2. Maria Lichtmess (christlich) · 5. 2. heilige Agatha (christlich) · 18. 2. Aschermittwoch (christlich)
Neue Wache, Berlin Mitte
Oren Samouha
(geboren 1985) stammt aus Tel Aviv.
In Berlin lebt er seit 2012. Er arbeitet als
Reiseleiter und als interreligiöser Stadtführer bei CROSS ROADS.
»Wer den Raum betritt, sieht nicht gleich, was diese Skulptur von Käthe Kollwitz darstellt.
Erst aus der Nähe erkennt man, dass es eine Mutter ist, die ihren toten Sohn im Arm hält.
Du siehst diese Mutter und ihre traurigen Augen. Dann kommen die Gedanken: An die
beiden Weltkriege, an Gewalt, Zerstörung und Tod. An all das Leiden, das diese Kriege
und insbesondere der Faschismus gebracht haben.
Ich zeige diesen Raum oft Freunden, die ich durch die Stadt führe. Die meisten verbinden ja
mit einem Besuch in Berlin Party zu machen und Spaß zu haben. Jeder, der hierher kommt,
reagiert. Und jeder unterschiedlich.
Auch wenn das hier kein explizit religiöser Ort ist, ist er doch universell verständlich.
Man begreift hier ganz viel über Krieg und Zerstörung, über Kriegsopfer und Faschismus.
Und darüber, wie sehr wir die Geschichte brauchen, um in der Gegenwart leben zu können.«
Neue Wache
Unter den Linden 4
10117 Berlin
Die Neue Wache wurde nach Plänen von Karl Friedrich Schinkel erbaut und 1818 als Wachhaus für die
Garde des Königs und Gedenkstätte für die in den
napoleonischen Kriegen Gefallenen eingeweiht.
Seit 1993 ist sie die zentrale Gedenkstätte
für die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft.
Die Neue Wache ist täglich von 10.00 bis 18.00 Uhr
geöffnet.
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4./5. 3. Purim (jüdisch) · 19. 3. heiliger Josef (christlich)
Flakturm im Humboldthain, Berlin Wedding
Lena Hofmann
(geboren 1984) lebt seit 2012 in Berlin
und studiert Philosophie und Publizistik.
Sie arbeitet außerdem als interreligiöse
Stadtführerin bei CROSS ROADS.
»Ich gewinne gerne Höhe. Meine Beine mögen es, hochzusteigen, mein Kopf mag es,
eine andere Perspektive zu sehen. Selbst wenn es auf den Flakturm einen Aufzug gäbe –
ich würde immer zu Fuß auf den Turm steigen.
Am Liebsten komme ich alleine hier her. Ich schaue in die Weite, lasse meinen Gedanken
freien Lauf. Den Türmen sieht man heute nicht mehr an, dass sie für Kriegszwecke
gebaut wurden. Die Natur hat sie sich zurückgenommen. Und ein paar Leute haben
Haken in die Wand geschlagen und klettern hier.
Das Gitter stört mich gar nicht, im Gegenteil. Es erinnert mich daran, dass auch Freiheiten
ihre Grenzen haben – die aber durchschaut werden können. Besonders gerne bin ich hier
zum Sonnenuntergang. Das hat für mich so etwas Ursprüngliches, ständig Wiederkehrendes. Vergänglichkeit und Ewigkeit. Der Tag ist vorüber, aber ein neuer bricht wieder an –
auch über mein Leben hinaus.«
In den Jahren 1940 bis 1942 ließ die NS-Regierung
in Berlin Flaktürme errichten. Von hier aus sollte
das Stadtzentrum mit schweren Geschützen gegen
Luftangriffe verteidigt werden.
Von den ursprünglich geplanten sechs Flaktürmen
wurden drei gebaut – einer davon im Humboldthain
im Stadtbezirk Wedding. Nach dem Krieg sprengten
die Alliierten die Flaktürme. Der nördliche Teil des
Bunkers ist jedoch noch erhalten, da seine Sprengung
die am Berg vorbeiführende Ringbahn beschädigt
hätte.
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3. 4. Karfreitag (christlich) · 4. 4. – 6. 4. Ostern (christlich) · 4. 4. – 11. 4. Pessach (jüdisch)
Auf dem Dachboden der St. Marienkirche, Berlin Mitte
Antonia Lubig
(geboren 2002 in Berlin) ist Schülerin
der Evangelischen Schule Berlin Mitte.
Als Kinder-Kirchenführerin zeigt sie
Touristen die St. Marienkirche.
»Ist ja ein bisschen gruselig hier oben, so riesig und dunkel. Aber ich weiß, dass ich keine
Angst haben muss. Es kann ja nichts passieren. Durch das Loch hier im Boden kann ich
genau in den Altarraum schauen. Das ist cool! Schade, dass ich nicht öfters hier hoch kann.«
St. Marienkirche
Karl-Liebknecht-Straße 8
10178 Berlin
www.marienkirche-berlin.de
Die St. Marienkirche ist das älteste kirchliche Bauwerk der Stadt, das heute noch für Gottesdienste
genutzt wird. Sie bietet in direkter Nähe zum
Alexanderplatz einen spirituellen Ort der Ruhe und
des Innehaltens. Der lichte Innenraum überrascht
durch seine Vielzahl an bedeutenden Kunstschätzen,
von denen einige aus dem Mittelalter stammen.
Mehrmals wöchentlich finden Gottesdienste
und geistliche Konzerte statt.
Die St. Marienkirche ist täglich
von 10.00 bis 18.00 Uhr geöffnet
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1. 5. Maifeiertag · 14. 5. Christi Himmelfahrt (christlich) · 23. 5. – 25. 5. Schawuoth (jüdisch) · 24. 5. – 25. 5. Pfingsten (christlich)
Auf dem Dach der Auferstehungskirche, Berlin Friedrichshain
Tim Rössle
(geboren 1968) kommt aus Esslingen
und lebt seit 1992 in Berlin. Er ist Geschäftsführer der Veranstaltungsagentur
Besondere Orte Umweltforum Berlin
GmbH.
»Wenn man am Rand des Daches steht und hinunter in die Tiefe schaut, das hat schon einen
gewissen Kitzel. Zwischen oben und unten kann man sich dann wieder neu einordnen mit
seinen Problemen und seiner Freude, mit allem, was dazugehört. Um Sachen anzupacken
und etwas Neues zu wagen, braucht es Mut. Bei allen Konzepten und Diskussionen muss man
neue Dinge irgendwann mal anfangen. Einfach machen. Auch wenn es einem beim Blick in die
Tiefe ein wenig schwindlig wird – der Himmel ist ja nahe.«
Auferstehungskirche
Pufendorfstraße 11
10249 Berlin
www.besondere-orte.com
www.gsfn.de
Die über 100 Jahre alte Auferstehungskirche wurde
im Zweiten Weltkrieg schwer zerstört und in den
Jahren nach dem Krieg nur notdürftig instand gesetzt.
Von 2000 bis 2002 wurde die Kirche unter ökolo­
gischen Aspekten neu aufgebaut. Heute nutzt sowohl
die evangelische Gemeinde als auch die Agentur
Besondere Orte Umweltforum Berlin GmbH die
Kirche. Neben Gottesdiensten finden in der Kirche
Kongresse, Events und kulturelle Veranstaltungen
statt.
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4. 6. Fronleichnam (christlich) · 17. 6. Erster Ramadan, Beginn des Fastenmonats, (muslimisch) · 24. 6. Hl. Johannes (christlich)
Künstlerhaus Bethanien, Berlin Kreuzberg
Johanna Katrin Thomas
(geboren 1993) kommt aus Rheinböllen
im Hunsrück und lebt seit 2013 in Berlin.
Sie studiert Humanmedizin an der
Charité. Johanna arbeitet außerdem
als interreligiöse Stadtführerin
bei CROSS ROADS.
»In der Großstadt wirst du dich nicht zuhause fühlen, haben mir die Leute aus meinem Ort
prophezeit. Ich bin in einem kleinen Dorf aufgewachsen – dort konnte niemand so recht verstehen, was ich in Berlin will. Aber ich fühle mich hier richtig wohl. Die Wiese vorm Künstlerhaus erinnert mich an den Garten meiner Eltern. Hunde gibt’s hier auch jede Menge – fast wie
daheim im Hunsrück. Wenn ich abends aus der U-Bahn komme und die Türme sehe, dann
weiß ich: Ich bin da, ich bin zuhause. Angekommen.«
Künstlerhaus Bethanien
Mariannenplatz 2
10997 Berlin
www.bethanien.de
Das 1845 bis 1847 erbaute Central-Diakonissenhaus
Bethanien diente bis 1970 als Krankenhaus. Mit
der Stilllegung des Klinikbetriebes 1970 begann
ein v­ ehementer Kampf um das Bethanien: Der
geplante g­ roßflächige Abriss und eine Neubebauung
mit ­sozialem Wohnungsbau wurde durch Besetzung,
Bürgerinitiativen und Denkmalschützer verhindert.
Seit 1973 arbeiten im Hauptgebäude vorwiegend
­kulturelle, künstlerische und soziale Projekte.
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17. 7. heiliger Alexius (christlich) · 17. 7. – 19. 7. Fest des Fastenbrechens (muslimisch)
Frauenetage in der Sehetlik-Moschee, Berlin-Neukölln
Amani El-Nejmi
(geboren 1991 in Berlin), studiert neben
einem Voll- und Nebenjob in einem
Abendkurs BWL an der Hochschule für
Wirtschaft und Recht. Amani arbeitet
außerdem als inter­religiöse Stadtführerin
bei CROSS ROADS.
»›Was würdest du tun, wenn du wüsstest, dass du ganz bald sterben würdest?‹ hat ein guter
Freund einmal zu mir gesagt. Ich wusste keine Antwort darauf. Zwei Tage später war er tot.
Verunglückt auf der Rückfahrt von Leipzig nach Berlin. Religion hatte damals noch keinen
Platz in meinem Leben. Nach der Beerdigung des Freundes habe ich jeden Tag sein Grab
auf dem Friedhof bei der Moschee besucht. Irgendwann zog es mich in die Moschee.
Es war, als sei ich in eine neue Welt gekommen.
Heute kann ich mir ein Leben ohne Religion nicht mehr vorstellen.
Die Ornamente hier an den Wänden in der Frauenetage sind sensationell, die Steine funkeln
so schön. Wenn ich bete, stehe ich in direktem Kontakt zu Gott. Nach dem Gebet geht es mir
besser. Und der Gedanke, dass auch ich eines Tages sterben werde, macht mir weniger
Angst.«
Sehitlik-Moschee
Columbiadamm 128
10965 Berlin
www.sehitlik-camii.de
Die Sehiltlik-Moschee wurde 2005 eingeweiht
und befindet sich auf dem historischen Türkischen
Friedhof Berlin. Die Gebetssprache ist vor allem
Türkisch, aber auch Arabisch und Deutsch.
Die Moschee öffnet gegen 10.00 Uhr und wird
im Sommer gegen 23.00 Uhr, im Winter
gegen 21.00 Uhr geschlossen.
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15. 8. Mariä Himmelfahrt (christlich) · 24. 8. Bartholomäustag
Baum auf einem Innenhof, Berlin Mitte
Afia Broni
(geboren 2002 in Berlin) ist Schülerin
der Evangelischen Schule Berlin Mitte.
Als Kinder-Kirchenführerin zeigt Afia
Touristen die St. Marienkirche.
»Auf den Baum kann man ganz leicht raufklettern. Ich suche mir immer einen dicken Ast,
auf dem ich bequem sitze. Dann denke ich nach: Über Sachen, die in der Schule passiert sind,
und manchmal auch über Gott. Laut beten – das mache ich nicht. Eher für mich leise im Kopf
mit Gott sprechen. Meistens hab ich so eine Lösung für Probleme gefunden.
Wenn ich wieder runtersteige von meinem Baum, ist alles plötzlich viel lauter und schneller.
Daran muss ich mich dann wieder gewöhnen.«
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13. – 14. 9. Rosch ha-Schana (jüdisch) · 29. 9. Erzengel Michael, Gabriel, Raphael (christlich) · 23. 9. – 26. 9. Opferfest (muslimisch) · 22. 9. – 23. 9. Jom Kippur (jüdisch) · 27. 9. – 4. 10. Sukkot (jüdisch)
Über den Dächern von Kreuzberg
Andrea
(geboren 1983) lebt seit 2010 in Berlin
und schreibt ihre Doktorarbeit in
Ethnologie. Sie arbeitet außerdem
als interreligiöse Stadtführerin
bei CROSS ROADS.
»Wenn ich auf diesem Dach stehe, habe ich ein Gefühl von Freiheit, von Weite, von Offenheit.
Das gibt mir Ruhe und gleichzeitig Energie. Ich sehe fast die ganze Stadt: viele Kirchen, die
Moschee am Görlitzer Bahnhof, die Synagoge in Mitte mit ihrer goldenen Kuppel. Und das
Künstlerhaus Bethanien, das Rote Rathaus, den Fernsehturm und den Radarturm auf dem
Tempelhofer Feld. Hier oben kann ich am allerbesten nachdenken und Gedanken in mir
­ordnen. Auch wenn ich traurig bin, beruhigt mich der Perspektivwechsel.
Ich sehe die Dinge aus einem anderen Blickwinkel.«
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27. 9. – 4. 10. Sukkot (jüdisch) · 3. 10. Tag der Deutschen Einheit · 4. 10. – 6. 10. Shemini Atzeret (jüdisch) · 14. 10. Islamisches Neujahr (muslimisch) · 31. 10. Reformationstag (evangelisch)
Im Theaterdiscounter, Berlin Mitte
Ariel Nil Levy
(geboren 1977), aufgewachsen in
Tel Aviv, ist Schauspieler und lebt
seit 2008 in Berlin. Ariel arbeitet
außerdem als interreligiöser Stadtführer
bei CROSS ROADS.
»Nachts ist in der Klosterstraße vor dem Theaterdiscounter kein Mensch. Und das mitten
in Berlin – da, wo man eigentlich nie schläft. Das ist ein Ort mit Widersprüchen. In der ganzen
Stadt wird gebaut, aber hier, im ehemaligen Fernmeldeamt der DDR, ist nichts saniert. Als ich
den Raum zum ersten Mal gesehen habe, habe ich mich gefragt, wie man hier arbeiten soll, in
diesem schlichten Raum aus Beton. Dann haben wir gemerkt, dass gerade die Kargheit den
Raum sehr flexibel macht, man kann mit ihm experimentieren.
In meinem Glauben ist der Gedanke der Vergänglichkeit sehr zentral. Das Laubhüttenfest,
bei dem es um Vergänglichkeit geht, ist für mich ein Symbol dafür. Vergänglichkeit sehe ich
auch in diesem Raum: was wie ein Haus oder Institut aussieht, kann sich wandeln und zu
etwas anderem werden – zum Beispiel zu einer Theaterbühne. Dieser Gedanke gibt mir Mut
und hilft mir, meine Ängste zu besiegen. Man kann immer bei Null anfangen. Das ist gerade
für jemanden wie mich, der in einem unsicheren Beruf arbeitet, sehr tröstlich.«
Theaterdiscounter
Klosterstraße 44
10179 Berlin
www.theaterdiscounter.de
Der 2003 an der Oranienburger Straße gegründete
Theaterdiscounter befindet sich seit 2009 in den
Räumen des ehemaligen Fernmeldeamts in un­
mittelbarer Nähe des Alexanderplatzes. Der Theater­
discounter hat sich in den letzten Jahren zu einer
­festen Größe in der freien Theaterszene Berlins
­entwickelt und ist auch überregional bekannt.
Pro Jahr werden zurzeit etwa 200 Vorstellungen
gespielt.
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1. 11. Allerheiligen (katholisch) · 2. 11. Allerseelen (katholisch) · 3. 11. Ashura-Fest, Fasten- und Rettungstag des Propheten Moses (muslimisch) · 11. 11. heiliger Martin (christlich) · 18. 11. Buß- und Bettag (evangelisch)
Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche, Berlin-Charlottenburg
Ronny Maylahn
(geboren1986) ist in der Nähe von
Leipzig aufgewachsen und lebt seit 2007
in Berlin. Er studiert Theologie und
Deutsch auf Lehramt und ist Leiter
der Kirchen­führungen an der
Gedächtniskirche.
»Kein Mensch ahnt, dass die Gedächtniskirche zwei Wände hat. Egon Eiermann, der Architekt,
hat einen schallschützenden Zwischengang konstruiert – Kabel, Lichter und die Dachrinne
­haben hier ihren Platz. Sobald es dämmert, schalten sich in diesem Gang die Scheinwerfer
ein, die das Blau der Gedächtniskirche im Dunklen strahlen lassen. Vielleicht bin ich deshalb
so von dieser Zwischenwelt fasziniert, weil sie eine Situation widerspiegelt, die ich kenne:
­Dieses Pendeln zwischen Kirche und Außenwelt.
Ich bin nicht getauft und habe keinen kirchlichen Hintergrund. Doch durch den Kontakt zu
meinem Großcousin, der Pfarrer ist, wuchs in mir die Idee, Theologie zu studieren. Ich bin
offen für das, was in der Kirche passiert – und vergesse dabei nicht den Kontakt zur anderen
Welt. So möchte ich es auch später als Religionslehrer halten«
Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche
Breitscheidplatz
10789 Berlin
www.gedaechtniskirche-berlin.de
Seit der schweren Zerstörung der Gedächtniskirche
im Zweiten Weltkrieg ist die Turmruine Kriegsmahnmal, dient als Museum und gilt als Wahrzeichen des
Berliner Westens. 1961 wurde der Neubau mit den
markanten blauen Glaswänden eingeweiht.
Die Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche
ist täglich von 9.00 bis 19.00 Uhr geöffnet.
Hier finden mittags und abends WochentagsAndachten, sowie Gottesdienste und Konzerte
an den Wochenenden statt.
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6. 12. – 14. 12. Chanukka (jüdisch) · 6. 12. heiliger Nikolaus (christlich) 25./26. 12. Weihnachten (christlich)
Gendarmenmarkt, Berlin Mitte
Vincent Immanuel Herr
(geboren 1988) stammt aus Hamburg
und lebt seit seinem achten Lebensjahr in
Berlin. Er studiert Nordamerikanistik und
schreibt als freier Journalist Artikel zu den
Themen Demokratie und zur Generationenfrage. Vincent arbeitet außerdem
als interreligiöser Stadtführer
bei CROSS ROADS.
»Als der Platz angelegt wurde, hatte man dafür sehr wegweisende, sehr reife Ideen. Die Zeit
war aber noch nicht gekommen, um sie durchzusetzen. Das sieht man daran, dass die beiden
Dome für die hier lebenden Hugenotten ursprünglich als Zeichen des Willkommens und der
Freundschaft für die französischen Einwanderer dienen sollten. Doch aus dieser Freundschaft
wurde wenige Zeit später eine erbitterte Feindschaft.
Der Gendarmenmarkt gehört zu den schönsten
Plätzen Berlins. Er wird von drei monumentalen
­Bauten beherrscht: dem Deutschen Dom, dem
­Französischen Dom und dem Konzerthaus
(ehemals Schauspielhaus).
Heute ist der Gendarmenmarkt ein eher ruhiger Platz. Um ihn herum führen vier Straßen, auch
die sind nicht so stark befahren. Das ist nicht der Ort, um Party zu machen oder shoppen zu
gehen, was man ja sonst oft mit Berlin verbindet. Solche Plätze wie den Gendarmenmarkt zu
haben, ist sehr wertvoll für eine Stadt.«
Die wechselhafte Geschichte des Gendarmenmarkts
lässt sich bis in das 17. Jahrhundert verfolgen – und
jede einzelne historische Phase hat ihre Spuren bis
heute hinterlassen.
www.franzoesischer-dom.de
www.konzerthaus.de
Januar, Berliner Dom
Februar, Alte Wache
März, Flakturm im Humboldthain
April, Dachboden der St. Marienkirche
Mai, Auferstehungskirche
Juni, Künstlerhaus Bethanien
Juli, Sehitlik-Moschee
August, Baum im Hinterhof
Oktober, Theaterdiscounter
November, Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche
Dezember, Gendarmenmarkt
2015
September, über den Dächern von Kreuzberg
»Was ist der Ort der Dich zur Zeit emotional, spirituell oder religiös berührt?« Diese Frage
stellten wir Berlinerinnen und Berlinern, die stellvertretend für die kulturelle und religiöse
Vielfalt unserer Stadt stehen. Schöne, anrührende und überraschende Antworten und
Orte finden Sie in diesem Kalender. 12 Tankstellen für die Seele!