Der Regionalverband Saarbrücken - IHK Saarland

Transcrição

Der Regionalverband Saarbrücken - IHK Saarland
iHk rEGional
Der Regionalverband
Saarbrücken
Zukunftsgerichtete Stadtentwicklungsperspektiven,
gelebte Industriekultur, exzellente Forschung
Von Dr. Carsten Meier
und Rupert Stillemunkes
Sie sind meist weithin sichtbar, diese Zeichen der
Montanindustrie, einst Säulen der Wirtschafts­
kraft im Regionalverband Saarbrücken. Etwa die
Anlagen der schon lange stillgelegten Steinkoh­
lengrube in Göttelborn, die Abraumhalden, In­
dustriehallen mit eingeworfenen Fensterschei­
ben. Aber auch der „Leuchtturm“ unserer Indus­
triedenkmäler, das UNESCO­Weltkulturerbe
Völklinger Hütte. Wahrzeichen für längst Vergan­
genes ­ aber auch Symbol für die Zukunft als
eines der Highlights im Tourismus des Saarlan­
des. Rund um das Oberzentrum Saarbrücken ist
der Regionalverband mit seinen innovativen Un­
ternehmen, mit den Standorten von Universität
und Fachhochschulen, mit Gewerbeparks und
Starterzentren Beleg für erfolgreichen Struktur­
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„Wirtschaft im Saarland“ 11/2008
wandel. Da entsteht auf den ehemaligen Gelän­
den der Burbacher Hütte (Saarterrassen) ein
Zentrum für innovative junge Unternehmen aus
verschiedenen Branchen. Auf dem gerade er­
wähnten Gelände der Kohlengrube Göttelborn
vermarktet die IKS – Industriekultur Saar GmbH
– eine neue multifunktionale Veranstaltungshal­
le, bietet neue Standorte für Nanotechnologie­
unternehmen und innovative High­Tec­Unterneh­
men. Das sind nur einige wenige Beispiele, die
die Dynamik der wirtschaftlichen Entwicklung im
Regionalverband dokumentieren. Die anstehen­
den Großprojekte – ECE­Einkaufszentrum, die
Stadtmitte am Fluss, der Eurobahnhof – stimmen
optimistisch, dass die vergleichsweise hohe Ar­
beitslosenquote bald Vergangenheit sein wird.
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Und von der Sogwirkung der Großprojekte wird
das ganze Saarland profitieren.
Aus dem einstigen Stadtverband Saarbrücken ist
durch die zum 1. Januar 2008 in Kraft getretene
Verwaltungsstrukturreform der neue Regional­
verband Saarbrücken mit der Landeshauptstadt
Saarbrücken und seinen neun Kommunen
(Friedrichsthal, Großrosseln, Heusweiler, Klein­
bittersdorf, Püttlingen, Quierschied, Riegelsberg,
Sulzbach und Völklingen) entstanden. Eine Maß­
nahme, die an der Zusammensetzung sowie an
den Kompetenzen des 350.000 Einwohner zäh­
lenden Ballungsraumes nichts Wesentliches än­
derte. Die Aufgabenschwerpunkte des Regional­
verbandes liegen weiterhin in den Bereichen
Jugend und Soziales, für die derzeit rund 80 Pro­
zent des 280 Millionen­Euro­Haushaltes aufwen­
det werden.
Gelungener Strukturwandel
Wo einst Kohle und Eisen für Wachstum und
Beschäftigung sorgten, haben die Gruben­ und
Hüttenschließungen der vergangenen Jahrzehn­
te für eine zwischenzeitlich hohe Arbeitslosigkeit
gesorgt. Mit 10,1 Prozent ist die Arbeitslosenquo­
te auch nach dem erfolgreich eingeleiteten Struk­
turwandel im Verhältnis zum Landesdurchschnitt
(6,8 Prozent1) noch immer relativ hoch. Gegen­
über dem Vorjahrswert ist die Zahl der Arbeits­
losen im Regionalverband jedoch um 13 Prozent
„Wirtschaft im Saarland“ 11/2008
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zurückgegangen. Die Sorgwirkung,
die die prosperierenden Unterneh­
men im Regionalverband auf die
Arbeitnehmer der gesamten Region
ausüben, verdeutlicht auch die hohe
Quote sozialversicherungspflichtiger
Beschäftigungsverhältnisse ­ bezo­
gen auf den Arbeitsort ­ von mehr
als 40 Prozent, die in Saarbrücken
sogar auf nahezu 60 Prozent an­
wächst. Diese vergleichsweise hohe
Beschäftigungsbesatz (sozialversi­
cherungspflichtig Beschäftigte je
1.000 Einwohner) und die Vielzahl
der im Regionalverband Saarbrücken
ansässigen Unternehmen verdeutli­
chen zugleich die Bedeutung für die
IHK Saarland: Ein gutes Drittel der
mehr als 50.000 zumeist kleinst­ und
mittelständischen IHK­Mitgliedsun­
ternehmen sind hier tätig (siehe
Schaubild). Zahlreiche bedeutende
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„Wirtschaft im Saarland“ 11/2008
Unternehmen haben im Regional­
verband ihren Sitz: Halberg Guss,
die Brück GmbH, die Hager Electro
GmbH & Co KG, die Hydac Techno­
1
logie GmbH mit Standorten in Sulz­
bach und Quierschied­Göttelborn,
Decoma in Sulzbach­Neuweiler oder
Stahl­ und Apparatebau Hans Leffler
Die Daten basieren auf den Angaben der Regionaldirektion der Arbeitsagentur vom September 2008.
GmbH in Saarbrücken­Dudweiler,
Saarstahl in Völklingen sowie das
Werk der ZF Getriebe GmbH in Saar­
brücken, um nur einige davon bei­
spielhaft zu nennen. Sie alle pro­
fitieren mit ihren innovativen
Produkten von der weltweiten
Nachfrage nach qualitativ hoch­
wertigen Erzeugnissen „made im
Saarland“ und tragen mit ihrem
Absatz zu Wachstum und Be­
schäftigungsaufbau in der gesam­
ten Region bei. Nach wie vor gilt
daher: Die Metall­ und Elektroin­
dustrie sowie die Automobilzulie­
ferindustrie sind die Leitindustrien
der saarländischen Wirtschaft ­
auch und gerade im Regionalver­
band Saarbrücken.
Ergänzt wird diese Struktur aber
mehr und mehr durch innovative,
junge Branchen, die vom For­
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schungsstandort Saarbrücken profi­
tieren. Gerade die zukunftsgerichte­
te Hochschul­ und Innovationsland­
schaft mit den hier verdichteten
Zukunftssegmenten Automotive, IT,
Nano­ und Biotechnologie zeugen
von den Potentialen der Region. Für
den notwendigen Wissenstransfer
als Motor für Innovation und Wachs­
tum sorgen das auf dem Gelände
der Universität des Saarlandes ange­
siedelte deutsche Forschungszent­
rum für Künstliche Intelligenz (DFKI),
das auf dem Gebiet innovativer Soft­
waretechnologien eine der führen­
den wirtschaftsnahen Forschungs­
einrichtungen in Deutschland ist
und zu den weltweit wichtigsten
„Centers of Excellence“ zählt. Dazu
gehören das Max­Plank­Institut für
Informatik (MPII), das Institut für
Neue Materialien (INM) sowie das
Fraunhofer­Institut für zerstörungs­
freie Prüfverfahren (IzfP). Zahlreiche
Gründer­ und Technologiezentren,
wie der IT­Park Saarland, die Saarter­
rassen als zukunftsweisender Stand­
ort für Dienstleistungen, neue Medi­
en und Telekommunikation, der
Science Park Saar oder das Spin­Off
Center der Hochschule für Technik
und Wirtschaft (HTW) und das Star­
terzentrum bieten zudem die besten
Voraussetzungen für junge Grün­
der.
Die Verkehrsinfrastruktur im Regio­
nalverband Saarbrücken ist ausge­
zeichnet. Die BAB 620 sowie die BAB
623 und 8 „umschließen“ den Regi­
onalverband förmlich und sorgen für
ein optimale Anbindung vieler Un­
ternehmen an das Fernverkehrstra­
ßennetz. Aber auch im Luft­ und
Wasserstraßenverkehr trifft die regi­
onale Wirtschaft auf gute bis sehr
gute Bedingungen. Der Flughafen
Saarbrücken entwickelt sich – trotz
des großen Konkurrenzangebotes in
der Region. Die Kommunen im Re­
gionalverband bieten den Unterneh­
men immer noch gute Möglichkei­
ten, sich in Gewerbeparks anzusie­
deln. Nahezu alle Kommunen versu­
chen, weitere Gewerbegebiete zu
erschließen und die Bedingungen
für die Schaffung neuer Unterneh­
mensstandorte zu verbessern.
Gelebte Industriekultur
Derart exzellente Voraussetzungen
finden sich auch auf dem 40 ha gro­
ßen Gelände des ehemaligen Berg­
werkes in Göttelborn. Der dortige
Strukturwandel, der auf den Quali­
täten der industriellen Vergangenheit
aufbaut, trägt bereits heute das Ge­
sicht der Zukunft. Im „Zukunftsort“
Göttelborn mit seiner unverwechsel­
baren Mischung aus historischer
Bausubstanz und moderner Indus­
triearchitektur, haben sich unter Fe­
derführung der Industrie KulturSaar
­ IKS bereits moderne, zukunftsfähi­
ge Unternehmen, wie die Nanogate
AG, die City Solar AG mit ihrem rie­
sigen Solarwerk sowie die Hydac
International GmbH angesiedelt und
entfalten ihre Magnetwirkung auf
andere Unternehmen. Anziehungs­
kraft hat dieser Ort gelebter Indust­
riekultur mittlerweile auch auf un­
zählige Touristen, die bei einer Fahrt
auf den höchsten Förderturm der
Welt ­ dem Wahrzeichen des 2000
stillgelegten Bergwerkes Göttelborn
­ einen herrlichen Ausblick auf Huns­
rück, Pfälzer Wald und Vogesen ha­
Aktiv für die Region
Wirtschafts-, Tourismus- und Kulturarbeit beim Regionalverband Saarbrücken
„Wir arbeiten daran, unsere Region noch attraktiver zu machen
und sie weiter im Bewusstsein der
Menschen zu verankern. Dabei
setzen wir stets auf eine enge Kooperation mit unseren Partnern.“
So Ulf Huppert, Direktor des Regionalverbandes
Saarbrücken,
über ein Aufgabengebiet seiner
Verwaltung, das der Region Impulse für eine weitere gedeihliche
Entwicklung geben soll.
Der Fachbereich Regionale Entwicklung leistet neben seinen Aktivitäten in Kompetenzfeldern
wie kommunale Planung, in
grenzüberschreitender Zusammenarbeit und Unterer Bauaufsicht wichtige Arbeit in den Themenbereichen Tourismus und
Kultur. Dies stets in Zusammenarbeit mit weiteren Akteuren von
kommunaler und Landesseite.
Ulf Huppert kommt auf Aufgabenfelder zu sprechen, bei denen
der Netzwerkcharakter von besonderer Bedeutung ist:
„Wir leisten Beiträge zur touristischen Inwertsetzung unserer
Region. Bei der touristischen Vermarktung arbeiten wir mit den
touristischen Dienstleistern TZS
und KONTOUR eng zusammen.
Beispiele unserer Projektarbeit
sind: die Erlebnisroute BarockStraße SaarPfalz, das grenzübergreifende Radwegenetz Velo visavis, die Einrichtung von
Premiumwanderwegen und der
Jakobswege in unserer Region,
Aktivitäten zum Wassertourismus
und zum barrierefreien Wandern.“
Besonderes Anliegen des Regionalverbandes Saarbrücken ist es
sein kulturelles Erbe zu bewahren und erlebbar zu machen. Dabei bereichern außergewöhnliche
Veranstaltungen an Kulturorten
(z. B. Wintringer Kapelle in Kleinblittersdorf, Jagdschloss und
Forstgarten Karlsbrunn, Ölmühle
Berschweiler), vor allem aber die
weithin bekannten Reihen sonn-
tags ans Schloss, Kultur für Kids,
Comedy im Frühling/Herbst das
kulturelle Angebot in der Region.
Neben diesen freizeitwirtschaftlichen und kulturellen Arbeiten
widmet sich ein Arbeitsbereich
der Regionalentwicklung ganz
konkreten
unternehmerischen
Belangen: die Wirtschaftsförderung. Ulf Huppert: „Wir verstehen uns als Mittler zwischen unternehmerischen Interessen und
öffentlichen Belangen. Mit unseren Projektgesellschaften setzen wir uns für den Strukturwandel unserer Region ein. Wir leisten
Einstiegsberatung für Existenzgründungswillige im Rahmen der
Saarland Online Gründerinitiative
(SOG) und verstehen uns als
„Kümmerer“ bei Unternehmensanliegen.“
Gerade das Kümmern – im umfassenden Sinn verstanden – bedeutet für junge, kleine oder in
Not geratene Unternehmen eine
Ulf Huppert, Direktor des Regionalverbandes Saarbrücken
wichtige Hilfe. Dezent und unspektakulär sucht die Wirtschaftsförderung nach geeigneten Lösungen. Der Regionalverband
hat keine Zuschussprogramme
aufgelegt. Er zeigt aber Wege
und Maßnahmen auf, die in ihrer
Summe dazu führen, ein Unternehmen auf gesunde Beine zu
stellen.
Informationen:
Regionalverband Saarbrücken
Regionalentwicklung
Saarbrücker Schloss
66119 Saarbrücken
Tel.: 06 81/5 06-80 01
[email protected]
www.regionalverband-saarbruecken.de
„Wirtschaft im Saarland“ 11/2008
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ben. Die Erfolgsgeschichte im Zu­
kunftsort Göttelborn wird langfristig
auch positive Effekte auf die umlie­
genden Orte Sulzbach, Quierschied
und Fiedrichsthal haben, wo Einzel­
handel und Gastronomie besonders
unter den Folgen der Schließung der
Gruben Camphausen, Göttelborn,
und Reden innerhalb von nur etwas
mehr als einem Jahrzehnt zu leiden
hatten und auch teilweise noch ha­
ben.
Positiv auf die Entwicklung des Tou­
rismus, und damit auch auf Einzel­
handel und Gastronomie, wird sich
auch die Realisierung der lange ge­
planten Kurklinik in Rilchingen­Han­
weiler auswirken (geplante Eröff­
nung im Herbst 2010, Investitions­
summe: 20 Millionen Euro). Das
Projekt ergänzt damit die im Saar­
land bereits gut aufgestellten Ange­
bote im Bereich von Maßnahmen
sowie der Wellness­Wirtschaft insge­
samt. Die neue Kurklinik wird sich
hervorragend in das vielfältige An­
gebot an medizinischer Versorgung
im Regionalverband Saarbrücken
eingliedern. Dazu gehören das Win­
terberg­Klinikum in Saarbrücken, das
Herzzentrum Völklingen und die
Knappschaftsklinik in Püttlingen, in
die inzwischen auch eine Klinik für
Naturheilverfahren integriert ist.
Unbestrittenes touristisches High­
light ist das Weltkulturerbe Völklinger
Hütte im Zentrum der Mittelstadt
Völklingen mit ihren rund 40.000
Einwohnern. 199 4 nahm die
UNESCO die 1986 stillgelegte Roh­
eisenproduktion der Völklinger Hüt­
te in die Liste des Weltkulturerbes
auf ­ 1,6 Millionen Besucher haben
diesen Ort spannender Begegnun­
gen mit seiner Technologiegeschich­
te und Industriekultur und dessen
vielfältige Projekte seitdem besucht.
Wo einst Eisen kochte, treffen heute
Künstler aus aller Welt ihr Publikum
aus Deutschland, Frankreich und
Luxemburg und tragen dazu bei,
dass Industriekultur und Kunst eine
gelungene Symbiose eingehen.
Gleichzeitig ist Völklingen mit der
Saarstahl AG weiterhin ein Stahl­
standort modernster Prägung. Inves­
titionen in Millionenhöhe zeugen
davon, dass das Unternehmen auf
dem Weltmarkt mitspielen kann.
Wenn man so will, auch dies ein
konkreter Beleg für erfolgreichen
Strukturwandel.
Viele Angebote der Kunst­ und Kul­
turszene sind jedoch auf die Landes­
hauptstadt Saarbrücken konzentriert.
Auch in diesem Segment wird die
Stadt ihrer Rolle als Barock­Oberzen­
trum gerecht. Und zahlreiche Bauten
des Baumeisters Joachim Friedrich
Stengel (1694–1787) sind im Stadt­
bild präsent und weit über die engen
Grenzen der Stadt hinaus bekannt.
Das Saarländische Staatstheater –
ein Drei­Sparten­Haus – begeistert
Einheimische wie Touristen ebenso
wie das alle zwei Jahre stattfindende
Hohe Bevölkerungs- und IHK-Mitgliederdichte
Gemeinde
Friedrichsthal
Einwohner 1
11.114
Einwohner/km 1
1.225
455
Großrosseln
8.757
348
365
Heusweiler
19.928
499
955
Kleinblittersdorf
12.634
463
671
Püttlingen
20.348
850
900
Quierschied
14.079
696
621
Riegelsberg
15.122
1.029
752
Saarbrücken
176.889
1.059
11.643
17.803
1.104
730
Sulzbach
Völklingen
Stadtverband
Saarland
40.086
598
1.842
336.760
820
18.934
1.035.090
403
54.192
Quelle: Statistisches Landesamt und IHK Saarland. 1 Stand: 31.03.2008; 2 Stand: 15.09.2008
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IHK­Mitglieder 2
„Wirtschaft im Saarland“ 11/2008
Festival Perspectives, das zeitgenös­
sische deutsche und französische
Aufführungen von hohem Rang mit
Theater, Tanz, Straßentheater, Zirkus
und aktueller Musik präsentiert. Ab­
gerundet wird das Angebot durch
die Musikfestspiele Saar, das Festival
„jazz­transfer“ sowie durch zahlrei­
che interessante Museen, wie das
Saarlandmuseum, die Stadtgalerie
Saarbrücken sowie das Museum für
Vor­ und Frühgeschichte.
Saarbrücken – bekannt für seine
französische Lebensart, das „Savoir
vivre“, und sicherlich die fran­
zösischste Landeshauptstadt in
Deutschland – ist nicht nur ein wich­
tiger Kulturstandort. Es ist zugleich
das wirtschaftliche und industrielle
Herz des Saarlandes sowie ein grenz­
überschreitend bedeutender Stand­
ort für Handel­ und Dienstleistungen.
2007 kürte die Initiative „Neue Sozi­
ale Marktwirtschaft“ in Zusammen­
arbeit mit dem Magazin Wirtschafts­
woche Saarbrücken zu einer der
dynamischsten Großstädte Deutsch­
lands. Wohl zu recht, wenn man die
angestrebte nachhaltige Aufwertung
des Standortes durch die geplanten
Stadtentwicklungs­ und Infrastruktur­
projekte genauer betrachtet. Hierzu
zählen vor allem der Eurobahnhof,
das Projekt „Stadtmitte am Fluss“,
der Ausbau der ehemaligen Saarga­
lerie zum ECE­Einkaufstempel, aber
auch die Ertüchtigung des Ludwig­
bergs­ und des Ostspangenkreisels,
der Weiterbau der Saarbahntrasse
bis nach Lebach.
Zukunftsgerichtete
Stadtentwicklungsprojekte
Das multifunktionale Quartier „Eu­
robahnhof Saarbrücken“ wird sich
zum Verkehrs­ und strukturpoliti­
schen Schlüsselprojekt der Region
entwickeln: Mit Anschluss an drei
Autobahnen, Express­Bussen, die
Saarbahn und die Innenstadt ist der
Eurobahnhof Saarbrücken auf dem
Weg zu dem Mobilitätsstandort im
Südwesten Deutschlands. Bis zu
fünfmal täglich hält heute bereits der
ICE 3 M auf seiner Fahrt von Frank­
furt nach Paris und zurück. Dadurch
verkürzt sich die Fahrzeit von und
nach Paris um 110 Minuten ­ ein un­
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schätzbarer Vorteil für Manager und
Angestellte französischer Unterneh­
men mit Niederlassungen im Saar­
land, wie etwa Peugeot oder Miche­
lin ­ und umgekehrt natürlich auch
für Unternehmer aus dem Saarland,
die in Frankreich tätig sind. Aber der
Eurobahnhof ist mehr als nur ein
Verkehrsknotenpunkt: Auf zehn Hek­
tar ehemaliger Bahnflächen stehen
75.000 qm Bruttogeschossfläche für
Dienstleitungen, Handel, designori­
entiertes Handwerk, Gastronomie,
Freizeit, Kunst und Kultur zur Verfü­
gung. Ohne Zweifel hat der An­
schluss an das internationale ICE/
TGV­System diesem Standort einen
neuen Qualitätssprung beschert. Im
Gegensatz zum grenzüberschreiten­
den Gewerbe­ und Dienstleistungs­
park „Eurozone“ an der Goldenen
30
„Wirtschaft im Saarland“ 11/2008
Bremm, bei dem deutlich mehr En­
gagement in der Vermarktung erfor­
derlich ist (und nicht zuletzt deshalb
gerade aus dem EU­Ziel­II­Programm
einen Zuschuss in Höhe von einer
halben Million Euro f. d. Umbau der
Gärtnerhäuser 1 und 2 erhalten hat),
hat der Eurobahnhof das Potential,
sich zu einem attraktiven und erfolg­
reichen Innovationsstandort zu ent­
wickeln. Erhebliches Potential bietet
auch die künftige Nutzung des Ge­
ländes der ehemaligen Grube Jä­
gersfreude als neues Gewerbege­
biet: Erste interessante Anfragen von
namhaften Handelsunternehmen in
erheblicher Größenordnung liegen
bereits vor.
Voraussetzung für einen prosperie­
renden Standort ist aber auch eine
leistungsfähige Infrastruktur für den
Individual­ und Kraftfahrzeugver­
kehr. Hier beseht noch erheblicher
Handlungsbedarf, doch die ersten
Fortschritte sind bereits erkennbar:
Mit der Fertigstellung der Baumaß­
nahmen im Zusammenhang mit
Ausweitung des Verkehrskreisels am
Ludwigsberg von vier auf sieben
Spuren vor einigen Wochen sowie
mit dem für Anfang 2009 zu erwar­
tenden Abschluss der Erweiterung
des Ostspangenkreisels wird eine
deutliche Entspannung der Verkehrs­
situation eintreten.
Verkehrspolitisch für den Regional­
verband Saarbrücken bedeutsam ist
auch der Ausbau der Saarbahntras­
se. Nach dem mittlerweile rechts­
kräftigen Planfeststellungsbeschluss
steht dem Weiterbau der Trasse von
Riegelsberg­Etzenhofen bis nach
Lebach­Jabach nichts mehr entge­
gen. Die ersten Bauarbeiten an der
insgesamt rund 60 Millionen Euro
teuren Strecke sollen Anfang 2009
beginnen. Ab Beginn des Jahres
2011 können die Saarbahn­Züge
dann bis Heusweiler­Markt fahren.
Die Realisierung der weiteren Stre­
cke folgt ab 2011.
Ein weiterer städtebaulicher Impuls
für Saarbrücken und darüber hinaus
wird von der Umgestaltung und Er­
weiterung der ehemaligen Saargale­
rie unter Einbeziehung der denkmal­
geschützten, einstigen Bergwerksdi­
rektion ausgehen. Rund 120 Millio­
nen Euro werden die Hamburger
ECE und die Crédit Suisse Asset Ma­
nagement Immobilienanlagegesell­
schaft mbH in die Realisierung des
ehrgeizigen Projektes investieren.
iHk rEGional
Insgesamt werden in der neuen Ein­
kaufsgalerie 100 mittel­ und hoch­
wertige Einzelhandelsgeschäfte auf
rund 25.000 qm Verkaufsfläche und
zahlreiche gastronomische Angebo­
te die gesamte Innenstadt beleben.
Und die ersten Folgeinvestitionen
sind schon in der Realisierungs­
phase: Das bekannte „Walters Eck“
ist verschwunden, C&A errichtet
an dieser Stelle ein neues Kauf­
haus.
„Stadtmitte am Fluss
als entscheidendes
Leuchtturmprojekt“
Das meist diskutierte, neue Leitpro­
jekt für Saarbrücken ist aber sicher­
lich das Projekt „Stadtmitte am
Fluss“ – das Chancen und Heraus­
forderungen zugleich in sich birgt:
Derzeit wird die Mitte Saarbrückens
beherrscht von der Stadtautobahn.
Die zahlreichen Abfahrten, Kreisver­
kehranlagen sowie die Hochwasser­
umfahrt zwischen Luisenbrücke und
Bismarckbrücke umfassen über
13 ha und trennen Alt­Saarbrücken
vom Fluss. Mit der Lärmemission
behindert die Autobahn das öffent­
liche Leben und entsprechende pri­
vate Investitionen im Umfeld des
Flusses. Durch die geplante Teilver­
legung der Stadtautobahn in einen
Tunnel, könnte die Stadt an den
Fluss herangeführt und die Quartie­
re über den Freiraum als Bindeglied
zusammengeführt werden. Ein wei­
teres Ziel des Großprojektes, zu dem
gegenwärtig in einem Bürgerbeteili­
gungsverfahren erste Entwürfe dis­
kutiert und in einem Realisierungs­
wettbewerb zwischen sechs Pla­
nungsbüros konzipiert werden, ist
die Rückgewinnung der Berliner Pro­
menade als Flaniermeile mit gastro­
nomischen Schwerpunkten. Jahre­
lange Diskussionen sind hier erfolg­
reich zum Abschluss gekommen.
Noch bevor das Projekt „Stadtmitte
am Fluss“ in die Realisierungsphase
gelangt, wird die Berliner Promena­
de ein neues Gesicht bekommen
(Baubeginn 2009, Investitionssum­
me: 21 Millionen Euro). Durchgänge
von und zur Bahnhofsstraße, die
damit verbundene Öffnung zum
Flussraum, können die Qualität der
gesamten Innenstadt erhöhen und
damit ein weiterer Beitrag zur Stär­
kung des Handels in der Stadt im
Wettbewerb mit anderen Städten in
der SaarLorLux­Region geleistet wer­
den. Ein Besuch in Saarbrücken, ein
Einkaufsbummel werden zum Erleb­
nis.
Alles in allem würde durch die Rea­
lisierung von „Stadtmitte am Fluss“
die Mitte der Stadt ihren Bürgern
zurückgegeben. Durch die zahlrei­
chen Maßnahmen würde ein erheb­
licher Beitrag zur Verbesserung der
Attraktivität und Lebensqualität ge­
leistet werden ­ eine Chance, zusätz­
lichen Raum für attraktives Wohnen
in der Innenstadt zu etablieren und
den Flussrum für die Menschen wie­
der erlebbar zu machen.
Strukturpolitisch ist dieses „Leucht­
turmprojekt“, das Saarbrückens
Oberbürgermeisterin Charlotte Britz
notfalls auch ohne finanzielle Betei­
ligung der EU vorantreiben will, bes­
„Wirtschaft im Saarland“ 11/2008
31
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eingeleiteten Strukturwandel aktiv
und erfolgreich zu meistern und
weiterhin an Dynamik zuzulegen.
Von einer starken Landeshauptstadt
Saarbrücken und prosperierenden
Gemeinden im Regionalverband
wird schließlich das ganze Land pro­
fitieren. Zunächst sind aber weiterhin
klare und mutige standortpolitische
Entscheidungen der Politik ebenso
erforderlich wie deren konsequente
Umsetzungen. Hier ist ohne Zweifel
das Projekt Stadtmitte am Fluss zu
nennen. Ob Bund und EU sich finan­
ziell beteiligen und in welcher Höhe
soll Anfang 2009 entschieden wer­
den.
Noch „Zukunftsmusik“ …
tens geeignet, Saarbrückens Rolle als
Oberzentrum in der Region, als at­
traktiver Lebensraum und Motor des
Strukturwandels zu festigen. Damit
verbunden ist die Erwartung, dass
die öffentliche Vorleistung der Auto­
bahnverlagerung in einem Tunnel
auf der Alt­Saarbrücker Saarseite
erhebliche private Investitionen zur
Revitalisierung der Berliner Prome­
nade nach sich ziehen werden.
„Stadtmitte am Fluss“ bietet aber
zugleich die Chance auf den Erhalt ➜ Die Autoren
und die Schaffung von bis zu 3.000
Rupert Stillemunkes
Arbeitsplätzen in Handel, Tourismus,
ist Redakteur der Zeitschrift
Gastronomie sowie in der Baubran­
„Wirtschaft im Saarland“
che. Die Stadt Saarbrücken wird
und betreut den IHK Regionaldurch dieses „Ruck­Projekt“ erheb­
verband Saarbrücken
lich an Attraktivität, Vitalität und Flair
 (06 81) 95 20 - 3 10
gewinnen.
 rupert.stillemunkes@
Fazit: Der Regionalverband Saarbrü­
saarland.ihk.de
cken ist auf dem richtigen Weg, den
Dr. Carsten Meier
ist Leiter der Stabstelle
Koordination/Grundsatzfragen
 (06 81) 95 20 - 1 04
 carsten.meier@saarland.
ihk.de
Der Regionalverband Saarbrücken:
Kernregion und Motor des Saarlandes
Von Ulf Huppert
Der Regionalverband Saarbrücken
mit seinen zehn Städten und Ge­
meinden – darunter auch die Lan­
deshauptstadt Saarbrücken und die
Mittelstadt Völklingen – bildet die
wirtschaftliche Kernregion des Saar­
landes. Auf einer Fläche von 411 km2
leben hier über 340.000 Menschen;
rund ein Drittel der saarländischen
Bevölkerung. Im Regionalverband
findet sich fast die Hälfte aller Ar­
beitsplätze im Saarland. Diese Tatsa­
che und das breit gefächerte Bil­
dungsangebot mit Schulen und
Hochschulen sowie Forschungs­ und
Entwicklungseinrichtungen unter­
streicht die Bedeutung der Region
als Motor der saarländischen Wirt­
schaftsentwicklung.
Der Regionalverband Saarbrücken
versteht sich als Impulsgeber, vor
allem aber als Partner seiner Städte
und Gemeinden. Durch seine Aus­
32
„Wirtschaft im Saarland“ 11/2008
gleichsfunktion zwischen Stadt und
Umland schafft er mit die Vorausset­
zungen für eine zukunftsorientierte
Entwicklung der saarländischen
Kernregion.
Seine Rolle definiert der Regional­
verband in erster Linie als Dienstleis­
ter für seine Kommunen. So stellt er
als Schulträger sicher, dass ortsnah
ein weiterführender Schulabschluss
möglich ist und seine weit über 50
allgemeinbildenden und beruflichen
Schulen mit ihren 30.000 Schülern
eine zeitgemäße und qualitativ gute
Ausstattung haben. Mit seiner leis­
tungsstarken ARGE kümmert sich
der Regionalverband um Zehntau­
sende von Menschen und engagiert
sich um die Vermittlung in Arbeit
oder Ausbildung. Über das Jugend­
amt werden Kinder, Jugendliche und
Familien bei persönlichen, familiären
oder erzieherischen Problemen be­
raten. Außerdem beteiligt er sich an
der Finanzierung von über 70 sozia­
len Projekten und 170 Kindertages­
einrichtungen. Damit wird eine sozi­
ale Infrastruktur sichergestellt, die
wesentlich zum Miteinander von
Menschen unterschiedlicher sozialer
Stellung oder Herkunft beiträgt.
Die besondere Herausforderung aus
der Grenzlage hat der Regionalver­
band als Chance zu einer engen
Zusammenarbeit in vielfältigen Be­
reichen genutzt. Dies hat nicht zu­
letzt zur Gründung des ersten kom­
munalen, grenzüberschreitenden
Vereins ­ Zukunft SaarMoselle Avenir
­ mit den benachbarten französi­
schen Gebietskörperschaften ge­
führt, so dass sich dort mittlerweile
fast 1,1 Millionen Einwohner reprä­
sentieren. Zur Zeit läuft mit Unter­
stützung aus Berlin und Paris die
Entwicklung eines Eurodistrikts, ei­
nes Wirtschaftsraumes ohne Gren­
zen.
Die Bündelung dieser Aufgaben in
den Bereichen Bildung, Jugend und
Soziales beim Regionalverband ent­
lastet in der Summe regionalver­
bandsangehörigen Kommunen.
Damit werden für die Städte und
Gemeinden nicht zuletzt auch finan­
zielle Spielräume geschaffen, um
ihrerseits den immer noch andau­
ernden Strukturwandel aktiv beglei­
ten zu können.
➜ Der Autor
ist Beauftragter für das Amt
des Regionalverbandsdirektors