S I N N E S G Ä N G E
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S I N N E S G Ä N G E Ein Erfahrungsfeld zur Entfaltung der Sinne in der Ziegelei Oberkaufungen IMPRESSUM: Erfahrungsfeld zur Entfaltung der Sinne Kassel e. V. Wahlershäuser Str. 27 34130 Kassel Tel. 0561-6029170 Fax 0561-6029419 info@ Erfahrungsfeld-kassel.de www.erfahrungsfeld-kassel.de Konzept: Christoph Jöckel, Frank Hellbrück, Tamara Leszner Stand: 26. März 2009 Seite 2 Ein Erfahrungsfeld zur Entfaltung der Sinne in der Ziegelei Oberkaufungen KONZEPT 4 INHALTSVERZEICHNIS Die Idee .........................................................................................................................................7 Der Betreiber Erfahrungssfeld zur Entfaltung der Sinne Kassel e.V...............................................................................8 Bilder und Presse ...............................................................................................................................9 Der Hintergrund Hugo Kükelhaus und das Erfahrungsfeld zur Entfaltung der Sinne ........................................................10 SinnesGänge – Ein Beitrag zu einer Wahrnehmungskultur in einer entsinnlichten Welt ..........................11 Die SinnesGänge im Ofen der Ziegelei Oberkaufungen .....................................................................15 Die einzelnen Stationen Das Hören lebt vom Lauschen ..........................................................................................................19 Zwischen Licht und Finsternis ............................................................................................................27 Ich spüre die Welt............................................................................................................................39 Die Zielgruppe Erfahrungsfelder – eine Erfolgsgeschichte ..........................................................................................50 Angebote und Zielgruppen...............................................................................................................51 Der Standort ...............................................................................................................................53 Zeitplan .......................................................................................................................................57 „Benötigt werden offene und überwachte Stätten, in denen der Besucher gehend, sitzend, liegend, stehend Umgang halten kann mit den Elementen Feuer, Wasser, Luft; und mit Licht und dessen farb erzeugendem Ringen mit der Dunkelheit. Über dem Eingang des Tempels zu Delphi stand ein gemeißelt: „Mensch, werde der Du bist. Mensch, erkenne Dich selbst. Mensch: Sei!“ Benötigt wird ein neues Delphi. Benötigt wird das Selberbauen eines Delphi. Wobei die Erfahrung wirksam wird, dass das Bauen der Bau ist.“ Hugo Kükelhaus 6 DIE IDEE Die Idee der SinnesGänge beruht auf dem Erfahrungsfeld zur Entfaltung der Sinne von Hugo Kükelhaus (1900 – 1984). Er hat als Wahrnehmungsforscher auf pädagogischem, künstlerischem und handwerklichem Feld mit dem Erfahrungsfeld zur Entfaltung der Sinne ein methodisches Instrumentarium geschaffen, um die Phänomene der menschlichen Wahrnehmung in aktiver Tätigkeit erfahrbar zu machen. Die Sinne sind unsere Tore zur Außenwelt, in allen Prozessen des Austausches mit unserer Umwelt, des Lernens und in der sozialen Begegnung, sind wir auf sie angewiesen. Alles, was wir wahrnehmen und erkennen, nehmen wir über die Sinne auf. Mit Hilfe der Sinne lernen wir die Welt und unsere Mitmenschen kennen und uns selbst als Individuum in der wahrhaftigen Bedeutung des Wortes begreifen. Nichts, was nicht zuvor über die Sinne erfasst wurde, kann in den Geist gelangen. Unsere Sinne sind also sowohl ein Tor nach innen in die Prozesse unseres Leibes, wie auch ein Fenster nach außen zu Natur, Umfeld und Mitmenschen. Insbesondere für Kinder sind vielfältige und anregende Sinneseindrücke die Basis für eine gesunde Entwicklung und das Lernen. Wenn wir unsere Sinne nicht aktiv gebrauchen und entwickeln, verkümmern ihre Fähigkeiten. Die SinnesGänge leisten auf niederschwellige Art und Weise einen aktiven Beitrag zur Schulung der menschlichen Wahrnehmungsfähigkeit und des schöpferischen Handelns. In einem Zeitalter von multimedialer Reizüberflutung, in welchem der Mensch immer mehr zum passiven Konsumenten einer scheinbar fertigen Welt wird, ist es von dringender Notwendigkeit, ein gesundes, unvoreingenommenes Wahrnehmen der Welt und ihrer Phänomene als Grundlage für ein eigenverantwortliches, kreatives Handeln auf weitem Feld zu erfahren und zu üben. Ziegelei Oberkaufungen Das Projekt soll verwirklicht werden in, um und auf dem ehemaligen Brennofen der Ziegelei Oberkaufungen - 10 km entfernt von Kassel. Dieser Zickzackofen mit seinen 16 begehbaren Brennkammern bietet ein herausragendes Ambiente für ein Erfahrungsfeld zur Entfaltung der Sinne, bietet Raum für SinnesGänge. Erfahrungsfeld Die SinnesGänge führen den Besucher zu mehr als 30 Erfahrungsstationen, an denen auf spielerische Art und Weise von Kindern ebenso wie von Erwachsenen, Grundphänomene der menschlichen Sinneswahrnehmung aktiv erlebt werden können. Zielgruppen sind: Familien, Kinder, Einzelbesucher Die SinnesGänge sind jeweils von Mai bis September samstags, sonn- und feiertags sowie zu Sonderaktionen für Einzelbesucher geöffnet. Angesprochen sind Menschen aller Altersgruppen, wobei der Schwerpunkt auf Familien mit Kindern liegt. Kindergärten, Schulklassen, Jugendgruppen und Senioren Von Montag bis Freitag können Führungen und Workshops für Gruppen in den SinnesGängen gebucht werden. Diese Angebote richten sich vor allem an Kindergärten, Schulklassen, Jugendund Ausbildungsgruppen. Es werden außerdem Workshops für Menschen mit Behinderung und für Senioren angeboten. Teamfortbildungen Die SinnesGänge bieten viel Potenzial für kreative Teamfortbildungen und Betriebsausflüge. Sonderausstellungen, Lesungen, Konzerte sowie weitere kulturelle Veranstaltungen sind im einmaligen Ambiente der SinnesGänge im und um den Ofen der Ziegelei Oberkaufungen angedacht. Seminare und Fortbildungen Auf der Basis des Erfahrungsfeldes zur Entfaltung der Sinne werden Seminare und Workshops für LehrerInnen und ErzieherInnen angeboten. Zentraler Themenschwerpunkt sind die Sinne und das menschliche Wahrnehmungsvermögen. Eine Erweiterung und Kooperation im Bereich der Gesundheits- und Umweltbildung sowie der Zirkus,Erlebnis- und Naturpädagogik sind denkbar. Zukunftsperspektiven Auf längere Sicht könnten sich die SinnesGänge zu einem außergewöhnlichen Kulturzentrum entwickeln mit Café, Werkstätten sowie Seminar- und Veranstaltungsräumen. 7 ERFAHRUNGSFELD ZUR ENTFALTUNG Der Verein „ Erfahrungsfeld zur Entfaltung der Sinne Kassel e. V.“ wurde im Januar 2006 von einer kleinen Gruppe bestehend aus Pädagogen, Therapeuten, Kunst- und Kulturschaffender gegründet, mit der Zielsetzung in Kassel oder Umgebung ein Erfahrungsfeld im Sinne der Ansätze von Hugo Kükelhaus aufzubauen. Zunächst wurde ein mobiles Erfahrungsfeld mit 15 Stationen aufgebaut, das seit Herbst 2006 im Rahmen von Workshops in Kindergärten und Schulen sowie bei Festen und Veranstaltungen in Nordhessen, aber auch im Ruhrgebiet und im Saarland im Einsatz war. Dank einer Kooperation mit der GWG der Stadt Kassel war es im Frühjahr 2007 erstmals möglich im Geschäftsgebäude der Wohnungsbaugenossenschaft eine öffentliche Aktion mit dem Erfahrungsfeld zu veranstalten, die einen großen Publikumszuspruch hatte. Diese Veranstaltung wurde im Juni 2007 wiederholt, wobei zusätzlich ein Dunkelcafé eingerichtet wurde, welches zum absoluten Highlight wurde. Während der Documenta fanden mehrere Projekte in Kooperation mit dem Kinder- und Jugendnetzwerk sowie der Projektgruppe „Mach-was-TRäume“ statt. Ebenso wurde eine öffentliche Aktion auf der Wiese an der Drahtbrücke angeboten. Ende 2007 und im Frühjahr 2008 konnte der Verein jeweils über zwei Monate leer stehende Geschäftsräume der GWG in Anspruch nehmen, 8 DER SINNE KASSEL E. V. um das Erfahrungsfeld aufzubauen. Am Wochenende wurde die Ausstellung für Einzelbesucher geöffnet, montags bis freitags Führungen für Schulklassen und Gruppen angeboten. Dieses Angebot hatte eine sehr große Resonanz sowohl bei den Einzelbesuchern als auch den Gruppen. Besonders zu erwähnen ist auch die Kooperation mit dem Fotografen Stefan Pötzsch, der im Rahmen des Erfahrungsfeldes seine Pflanzenfotografien ausstellte, die eine willkommene Ergänzung zu den Erfahrungsstationen darstellten. Gefördert vom Land Hessen wurden im Jahr 2008 erstmals drei Fortbildungsveranstaltungen für ErzieherInnen zum Thema „ Wahrnehmung und Sprache“ angeboten, die schnell komplett ausgebucht waren. Außerdem war das Team des Erfahrungsfeldes auch in der Fortbildung von Tagesmüttern engagiert. Im August und September 2008 war das Erfahrungsfeld im Loft der Ziegelei in Oberkaufungen zu Gast. Diese Zeit brachte einen völlig überwältigenden Besucherstrom mit insgesamt 1500 Besuchern innerhalb von sieben Wochen. Besonders hervorzuheben ist neben einem Rahmenprogramm mit Filmvorführung, Lesung und Vortrag die Sonderaktion zum Tag des offenen Denkmals. Dabei wurde der ehemalige Brennofen der Ziegelei zum zentralen Schauplatz für Sinneserlebnisse. Ein Dunkelgang mit Tastskulpturen konnte erkundet werden und im Dunkelcafé konnten die Besucher Kaffee, Saft und Kuchen genießen. Au- ßerdem wurde ein 40 m langer Barfußweg installiert, der über die verschiedenen Materialien der Ziegelherstellung von Sand, Wasser und Ton bis hin zum fertigen Ziegel führte. Aus dieser sehr erfolgreichen Kooperation mit Tamara Leszner - Eigentümerin der Ziegelei Oberkaufungen - ist die Idee geboren, im Rahmen dieses Industriedenkmals das Erfahrungsfeld fest zu etablieren. Wie die Erfahrung im Sommer 2008 zeigte, steckt eine große Anziehungskraft in diesem Ort und die Kombination unserer Erfahrungsstationen mit dem denkmalgeschützten Industriegebäude - insbesondere den Brennkammern des Ofens - bietet ein wohl bundesweit einzigartiges Ambiente für ein Erfahrungsfeld zur Entfaltung der Sinne. Der Verein ist Mitglied im internationalen Netzwerk der Erfahrungsfelder zur Entfaltung der Sinne und kooperiert mit namhaften Vertretern der Erfahrungsfeldbewegung wie Lienhard Barz (Nürnberg), Walter Siegfried Hahn (Manila/Philippinen) und Wolfram Graubner (Herrischried). Darüberhinaus besteht eine gute Zusammenarbeit mit Künstlern und Pädagogen, die im Sinne der Ideen von Hugo Kükelhaus arbeiten. BILDER UND PRESSE „Der Renner war bei den Jugendlichen neben der Wasserschale der chinesische Gong. Die Töne, die dieses Musikinstrument erzeugte, konnte man zwar nicht sehen, dafür aber deutlich spüren.“ HNA 22.9.2007 „Der kreative Umgang mit den Phänomenen sinnlicher Wahrnehmung, von den Entwicklern des Stationenweges freundlich und kompetent angeleitet, ist, zumal im Bildschirmzeitalter, ein besonderes Abenteuer. Eines, das den Dingen auf den Grund geht, das in der unmittelbaren, wachen Begegnung mit der Welt sein Glück sucht und findet.“ HNA, 27.3.2007 „Wer die Ausstellung besucht, sollte sich Zeit nehmen, denn statt ums Anschauen geht es an den 15 liebevoll gestalteten Stationen ums Mitmachen.“ HNA, 10.06.2008 9 HUGO KÜKELHAUS UND DAS ERFAHRUNGSFELD ZUR ENTFALTUNG spielsweise die „ Greifringe“, eine Serie von Holzspielzeug für Kleinstkinder. Von 1939 bis 1945 war er Soldat, wurde jedoch zeitweise freigestellt, um in Lazaretten körperbehinderten Verwundeten zu einer handwerklichen Rehabilitation zu verhelfen. Er gehörte auch dem Widerstandskreis um Graf von Schulenburg an. Hugo Kükelhaus wurde am 24. März 1900 in Essen geboren. Nach dem Abitur arbeitete er als Schreiner und studierte danach an verschiedenen deutschen Universitäten mit den Schwerpunkten Soziologie, Philosophie, Mathematik (Logik) und Physiologie. In zahlreichen freiberuflichen Tätigkeiten, unter anderem als Innenarchitekt, Journalist, Autor, bildender Künstler, Philosoph und Berater suchte er Antwort auf folgende Frage: „Wie kann der Mensch wieder leibhaftig zur bewussten Wahrnehmung seiner Organe fähig werden und zum Einklang mit seinem ganzen Körper finden?“ Diese Frage war sein ständiger Antrieb, der sich sowohl in Schriften als auch in praktischen Arbeiten ausdrückte. Unter anderem befasste sich Hugo Kükelhaus mit der physiologischen Gestaltung von handwerklichen und industriellen Gebrauchsgütern, aber auch mit der Gestaltung von Kinderspielzeug. So entwickelte er 1939 bei10 Nach weiteren Betätigungen als Schriftsteller widmete er sich intensiver der Untersuchung über die Sinnesprozesse. 1952 erschien sein wohl tiefsinnigstes Werk mit dem Titel „Das Wort des Johannes - eine Theologie der Sinne“. Ab 1960 entwickelte er sein „naturkundliches Spielwerk“, aus dem dann später das Erfahrungsfeld zur Entfaltung der Sinne hervorging. Mit zwölf seiner Erfahrungs- und Spielstationen nahm Hugo Kükelhaus 1967 an der Weltausstellung in Montreal teil und zeigte seine Ideen so erstmals der Öffentlichkeit. Somit waren die ersten Bausteine für seine nachfolgenden „Erfahrungsfelder zur Entfaltung der Sinne“ gelegt. Hugo Kükelhaus hatte nach der intensiven Auseinandersetzung mit der Gedankenwelt Goethes dessen Ansatz der Farbenlehre auf weitere Bereiche physikalischer Phänomene übertragen. Es ging um die Wirkung solcher Phänomene durch die Wahrnehmung auf den menschlichen Organismus und seine Befindlichkeit und nicht um ihre wissenschaftlich physikalische Beschreibung und Erklärung. DER SINNE Ab 1973 fungierte er als Berater gegen eine „unmenschliche Architektur“ und wirkte an einer „organgesetzlichen Architektur“ beim Bau von Schulen, Kindergärten, Industriebetrieben und Kliniken mit. Das „Erfahrungsfeld zur Entfaltung der Sinne“, wurde 1975 erstmals bei der Handwerksausstellung „EXEMPLA“ in München und später bei der „PHÄNOMENA“ in Zürich präsentiert und war auch nach seinem Tod bis in die 90er Jahre als Wanderausstellung in zahlreichen Städten in Deutschland und der Schweiz unterwegs und wurde von mehreren 100.000 Menschen begeistert besucht. Aus dieser Wanderausstellung sind dann die großen stationären Erfahrungsfelder zur Entfaltung der Sinne in Essen, Nürnberg, Wiesbaden und Frauenfeld (jetzt Rüttihubelbad) entstanden, die bis heute auf einen ungebrochen hohen Besucherzuspruch bauen können. In seinem letzten Vortrag mit dem Titel „Vom Sehen zum Schauen“, den er noch in den letzten Tagen seines Lebens in Herrischried gehalten hat, findet man eine Art Zusammenfassung seines Lebenswerks und gleichzeitig einen großen in die Zukunft gerichteten Auftrag, die menschliche Wahrnehmung nicht verkümmern zu lassen. Hugo Kükelhaus starb 1984 in Herrischried „Wir unterhalten uns jetzt über das Thema „Vom Sehen zum Schauen!“ Die meisten Menschen kön nen nur sehen mit Begriffen und nicht mit Augen. Goethe drückte es so aus: „Was ist das Schwerste in allem? Mit Augen zu sehen, was vor den Augen dir liegt.“ SINNESGÄNGE – EIN BEITRAG ZUR WAHRNEHMUNGSKULTUR IN EINER ENTSINNLICHTEN WELT Sinneswahrnehmungen braucht der Mensch zum Leben genauso dringend wie Nahrung und Atemluft. Durch die Sinne im Kontakt mit der Welt, den Menschen und uns selbst zu sein, gehört zu den zentralen Entwicklungsbedingungen des Menschen. Ohne Wahrnehmung ist die menschliche Existenz gefährdet. Sehr eindrücklich werden die Folgen der Wahrnehmungslosigkeit an einem Experiment verdeutlicht, das um 1960 mit angehenden Astronauten in den USA durchgeführt wurde: „Man legte tief unter der Erdoberfläche ein erschütterungsfreies Bassin an, in dessen blutwarmem Wasser sich eine Testperson schwebend befand. Der Körper war in Watte verpackt, um das Zustandekommen von Hautempfindungen zu unterbinden. Dazu absolute Licht- und absolute Lautlosigkeit. (...) Oberirdische Monitoren verzeichneten die Reaktion aller lebenswichtigen Organe. Nach wenigen Minuten schon stellten sich beklemmende Halluzinationen ein, Verlust raumzeitlicher Maßstäbe. (...)Nach etwa 10-15 Minuten begann durch Störung der Vorgänge in Teilen des Zwischenhirns die Versorgung des Nervensystems mit Hormonen im gebotenen Verhältnis zu versagen; mit dem Effekt totaler Gedankenflucht und lebensgefährlicher Störung des hormonalen Gleichgewichts: Die weißen Blutkörperchen setzten zu einer sprunghaften Vermehrung an. Der Versuch musste abgebrochen werden, um den Probanden zu retten. Er wäre zugrunde gegangen (unvorstellbar qualvoll) mangels der Auseinandersetzung mit einer herausfordernden Außen-Welt." (Hugo Kükelhaus) Diese sinnliche Herausforderung durch die Außenwelt ist Grundlage für unser menschliches Dasein: „Die menschlichen Sinne dienen nicht nur einfach der Kenntnisnahme dessen, was der Fall ist. Sie dienen vor allem auch der (Rück)Versicherung in Hinsicht auf Beständigkeit und Verlässlichkeit der Fundamente unseres Daseins.“ So fasst es der Pädagoge und Therapeut Henning Köhler in seinem Buch „Von ängstlichen, traurigen und unruhigen Kindern“ zusammen. Wahrnehmung und Aktivität Nur durch den aktiven Gebrauch unserer Wahrnehmungstätigkeit, durch den Umgang mit einer uns herausfordernden Welt, halten wir unsere Sinne lebendig, pflegen sie durch die Tätigkeit. „Was uns erschöpft, ist nicht die Inanspruchnahme, sondern gerade umgekehrt, ist die NichtInanspruchnahme der Möglichkeiten, die unseren Bewegungs-, Tast-, Hör- und Sehorganen innewohnen, ist die Stillegung, die Ausschaltung der Prozesse des Auges, des Ohrs, der Haut, der Beine, Füße, Arme, Hände.“ (Hugo Kükelhaus) Elfriede Hengstenberg greift dieses Thema für die Pädagogik bereits im Jahr 1913 auf und es ist heute aktueller denn je: „Wie erschrickt man, wenn man den Zustand einer Schulklasse auf sich wirken lässt! Nur noch wenige Kinder sind es, deren freies, aufrechtes Sitzen auf Ungestörtheit schließen lässt. Man verlangt vom sechsten Lebensjahr an Arbeit vom Kind. Aber die Art der Arbeit, die es in der Schule vorgesetzt bekommt, entspricht absolut nicht seinem Interesse. Anstatt sich die Beziehung zu dieser Welt durch selbst- ständiges Forschen und Entdecken zu erobern, muss das Kind nun auf seinem Platz stillsitzen und lernen. Eine Forderung, die seinen natürlichen Bedürfnissen nicht entspricht. Es soll Dinge lernen, die es schwer begreifen kann, weil sie in keiner lebendigen Beziehung zu den Notwendigkeiten seines jungen Lebens stehen. Es soll Aufgaben lösen, für die es weder Interesse noch Verständnis aufbringen kann. Es soll jetzt auf einmal von außen her aufnehmen und Lese-, Rechen- und Turnübungen nachmachen, die ihm fertig geliefert werden, an denen es nichts mehr zu rütteln gibt. An keinem dieser Dinge kann es nach Herzenslust probieren und deshalb tritt das ein, was überall im organischen Leben eintritt, wenn keine Beanspruchung mehr gefordert wird: Es verkümmert!“ Wir halten unsere Sinne nur dadurch lebendig indem wir ihnen Nahrung geben, indem wir sie mit Anregungen versorgen, die sie herausfordern und entwickeln. Hugo Kükelhaus beschreibt dies sehr plastisch und beispielhaft: Man stelle sich vor, dass man eine lange Strecke über eine schnurgerade, ebene, hellerleuchtete, völlig hinderungsfreie Betonbahn gehen müsste. Dass man nach 4 oder 5 km solcher eintönigen Lauferei ermattet sein wird, leuchtet ohne weiteres ein. Es erginge einem ganz anders, wenn man die gleiche Strecke durch einen Wald gehen würde. Nach 5 km ist man erfrischt und fühlt sich wohl und besitzt ein ganz anderes Zeitgefühl in Bezug auf die gelaufene Strecke. Man stelle sich vor, in einem Raum mit schwar11 zen Wänden zu stehen. Von der Decke hängt eine allseits beleuchtete große weiße Kugel. Dass auf diese Weise die Kugel nicht als Körper, sondern als flache Scheibe wahrgenommen werden kann, leuchtet ein. Dies ist aber ganz anders, wenn die Kugel durch ein schwaches seitliches Licht aus dem Dunkel auftaucht. Es ist kaum möglich, die Kugel dann nicht als Körper zu erkennen. Anhand dieser Szenen stellt sich heraus, dass erst durch die Herausforderung von Ereignissen, die mit Unsicherheiten und Widerständen verbunden sind, der Mensch etwas für ,,wahr" nimmt. Eingeebnete Zustandsunterschiede (gerade Betonbahn), Gleichförmigkeit (allseitige Beleuchtung) und die Aufhebung polarer Gegensätze machen ihn gleichsam blind. Nur wenn sich etwas verändert, vermögen wir unsere sinnenhaften Fähigkeiten und Kräfte zu entfalten sowie uns und unsere Bewegungen zu erleben. Veränderungen im Sinne von Wechsel und Wandel, in der Spannung von hell und dunkel, hoch und tief, weit und nah setzen Relationen zwischen dem Mensch und seiner Umwelt und bestimmen so den Menschen. Wir brauchen Steine, die uns im Wege liegen, Wagnisse, Unsicherheiten, Risiken für eine gesunde Lebensentfaltung. Diese will das Erfahrungsfeld zur Entfaltung der Sinne anregen. Der wahrnehmende Mensch im Mittelpunkt Das Erfahrungsfeld zur Entfaltung der Sinne stellt den Menschen mit seiner Wahrnehmungstätigkeit in den Mittelpunkt. Was machen die Eindrücke der Welt mit mir? "Was fängt die Welt mit mir an?" 1212 (Hugo Kükelhaus). Das wären die zentralen Fragen, die sich dem Besucher stellen. Es geht um Beziehung, um Austausch, um Begegnung, um Korrespondenz des Menschen mit seiner Umwelt, seinen Mitmenschen und seinem eigenen Leib. Diese Korrespondenz ist Sinnestätigkeit. Im Unterschied zu Science Centers Auch wenn manche Stationen des Erfahrungsfeldes zur Entfaltung der Sinne den Experimenten moderner Science Centers gleichen, ist gerade an diesem Punkt der entscheidende Unterschied: Science Centers haben den Anspruch, Gesetze und Phänomene der Natur und der Wissenschaft auf anschauliche Weise erfahrbar zu machen und zu erklären. Das Erfahrungsfeld zur Entfaltung der Sinne dagegen stellt den Menschen in den Mittelpunkt, den Menschen als Wahrnehmer und Gestalter der Welt seines Lebensumfeldes und seiner selbst. Sehnsucht nach Wahrnehmung Der Mensch in der technisch-industriellen Zivilisation wird zunehmend seiner sinnenhaften Entwicklungsmöglichkeiten beraubt. Die eintönig werdende Umwelt bietet nicht mehr genügend Sinnes- und Körpererfahrungen für den Menschen. Besonders die Nahsinne verkümmern und verarmen, wohingegen das auditive und visuelle Wahrnehmungssystem einer Dauerbelastung unterliegen. In Anbetracht einer Gesellschaft, die sich zunehmend auf mediale Weise Eindrücke von der Welt verschafft, einer Gesellschaft, die das Bewusstsein für den eigenen Leib verliert, scheint es dringend geboten, Möglichkeiten der Auseinandersetzung mit den einfachen Dingen des Lebens wieder in den Mittelpunkt zu rücken. Bei allen medial vermittelten Sinneseindrücken, denen wir heute ausgesetzt sind, wächst eine unglaubliche Sehnsucht nach der einfachen, aber realen Begegnung mit einem Zipfel der Wirklichkeit. Vielleicht ist es auch diese Sehnsucht, die Kinder und Jugendliche ebenso wie Erwachsene dazu veranlasst, Erfahrungen, wie den Klang des Gongs, den Gang über den Barfußweg oder das Spiel mit dem Gleichgewicht auf der Balancierscheibe, wieder und wieder aufzusuchen. Sie werden nicht müde, auch wenn sie es schon mehrmals erlebt haben, diesen Hunger nach realem Umgang mit sich selbst und der Welt zu stillen. Mit dem Erfahrungsfeld zur Entfaltung der Sinne will Hugo Kükelhaus dem Menschen seinen eigenen Leib, seinen Organismus und seine Verknüpfung mit der Umwelt neu erfahrbar machen. Die Wahrnehmung des eigenen Leibes als Grundlage zum Umgang mit Mensch und Welt wird hier geschult. Die Erfahrungsstationen greifen Grundphänomene des Daseins auf, wie wir sie in allen Lebensbereichen wiederfinden. Wir können uns daran unser Verwurzeltsein in Leib und Welt verdeutlichen und neue Zusammenhänge erleben. Wir können erleben, dass es Gesetzmäßigkeiten gibt, die in der Natur genauso wirken wie im menschlichen Organismus und im sozialen Gefüge. Damit setzt das Erfahrungsfeld genau da an, wo heute so große Not herrscht. Es schafft auf erlebnismäßiger Ebene Bezüge zum eigenen Leib und zur Umwelt – eben diese Bezüge, die wir immer mehr verlieren, von denen wir uns mehr und mehr entfremden. Es regt an, die Dinge neu zusammenzufügen. „Das Erfahrungsfeld war für Kükelhaus aber nie Selbstzweck, sondern ein methodischer Ansatz, sensibilisierend, bewusst machend aber auch ausgleichend auf die von ihm aufgezeigten Defizite zu wirken.“1 Das ist ein salutogenetischer Ansatz schlechthin. In die Worte des Salutogenese-Begründers Aaron Antonovsky gefasst, könnte man sagen: Das Erfahrungsfeld zur Entfaltung der Sinne schafft ein neues Kohärenzgefühl zwischen Mensch und Welt, zwischen Mensch und Mensch und nicht zuletzt mit sich selbst. Das Erfahrungsfeld stärkt das Selbst- und Weltgefühl, es sensibilisiert in spielerischer Weise sowohl für die Prozesse der Umwelt, für soziale Kontakte, als auch für den eigenen Leib. Die Stationen des Erfahrungsfeldes zur Entfaltung der Sinne verstehen sich als Gelegenheiten, diese Sehnsucht zu stillen, sie zu erfahren, sie zu wecken, als Anregung, für ein sinnerfüllteres Leben, für eine Besinnung.... Niemand bringt es besser zum Ausdruck als Hugo Kükelhaus selbst: „Es sind Anstalten zu errichten, in denen alle der Leibeinheit des Menschen zugeordneten Bedürf nisse wahrgenommen werden. „Wahrgenom men“ in der Doppelbedeutung des Wortes – von erkennen und wahren. Anstalten des Gegenwärtigmachens der Gegen wart. Anstalten (Bedürfnisanstalten sozusagen), in die man eintritt – jung und alt –, um – beispiels weise – seinen Augen ihrer Gesetzlichkeit gemäß zur Inanspruchnahme zu verhelfen. Wo man mit nichts sonst als mit Hilfe seiner eigenen Augen se hend wird. Eine Anstalt, in der ein Raum des Klangs gebührend eingegliedert ist: in dem durch Anschlagen von Gongs, von Trommeln, mit Sai tengeräten Klänge und Rhythmen erzeugt werden. (...) Öffentlich benötigt wird ein GangBoden von Stein, Holz, Keramik, Ziegel, Geflecht, reliefartig erhoben mit einem Auf und Ab, mit Engung und Weitung – auf dem durch Barfußgehen ähnliches erfahrbar wird wie beim Wandern über den wel ligen Sand eines Strandes. Öffentlich benötigt werden Anlagen, die ausgestattet sind mit Schwingungszurichtungen und geräten, mit Pen delgerüsten, Schaukeln, Wippen, rotierenden Scheiben, BalanceKugeln und dergleichen. (...) Öffentlich benötigt werden Stationen, in denen der Mensch dadurch zur Wahrnehmung der uni versalen Gesetzlichkeit seines leiblichen Seins, seiner inneren Natur gelangt, dass er alle Gele genheit wahrnimmt sie wiederzuerkennen in der Gesetzlichkeit der äußeren Natur.“ 13 Erfahrungsfeld zur Entfaltung der Sinne An den Stationen kann erfahren und erlebt werden: Wie das Auge sieht · das Ohr hört · die Nase riecht · die Haut fühlt · die Finger tasten · der Fuß (ver)steht · die Hand be(greift) · das Gehirn denkt · die Lunge atmet · das Blut pulst · der Körper schwingt · und dass die Wahrung der Gesetze der eigenen Natur den Menschen befähigt, in den Erscheinungen der äußeren Natur die gleiche Gesetzlichkeit sowohl wahrzunehmen als auch zu wahren.“ Im Erfahrungsfeld warten keine Sensationen auf den Besucher. Es geht um das Entdecken feinster Zustandsunterschiede in der Wahrnehmung, um das Spüren des eigenen Körpers und seiner Sinne. Es geht nicht um das Erklären der Erfahrungen, sondern um intensives Erleben und Nachspüren des Erlebten. „Haben wir die Glieder und Sinnesübungen (...) durchgespielt (...), so werden wir am Ende durch das Gefühl gestärkt sein, eine Wanderung durch uns selbst, durch unseren Leib und seine Organe, angestellt zu haben. Wir werden beseelt sein von dem Verlangen, das Erlebte nicht wieder absinken zu lassen durch den Druck einer Welt, die sich der Mensch zu Beginn der technischen Revolution so ganz anders vorgestellt hatte.“ (Hugo Kükelhaus) Das Erfahrungsfeld ist für alle Altersgruppen gleichermaßen geeignet, die Geräte können allein oder in Gruppen bespielt werden. Sie eignen sich zum längeren Verweilen ebenso wie zum Spielen im Vorbeigehen. Durch z.B. aufmerksames Verfolgen von Phänomenen mit den Augen kann man das Gesehene auf sich wirken lassen und fühlt sich so nicht nur als Betrachter des Vorganges, sondern – mehr oder weniger un14 14 terschwellig – als Teil desselben, andere Stationen ermöglichen dies z.B. durch das Erleben der eigenen Körperbewegungen. Anregungen für den Alltag – Nachhaltigkeit Das Erfahrungsfeld zur Entfaltung der Sinne ist darauf angelegt, Besucher zu beeindrucken, zu berühren, Anregungen zu geben, Perspektiven zu verändern, die Welt mit anderen Augen zu sehen. So betrachtet ist die Ausstellung „SinnesGänge“ ein Ort der spielerischen Wahrnehmungsschulung, die für den Alltag des Besuchers nicht ohne Bedeutung bleibt. Das was ich im Erfahrungsfeld erlebe, kann mich anregen, im Alltag, in meiner Arbeit, in der Kommunikation mit meinen Mitmenschen, in der Natur, in der Kunst neu wahzunehmen, sensibel zu werden für Prozesse der Wahrnehmung und dort das wiederzufinden, was das Erfahrungsfeld in konzentrierter Form präsentiert. Letztlich ist der Zweck einer solchen Ausstellung wie SinnesGänge sich selbst überflüssig zu machen. Dazu schreibt der Leipziger Anglistik-Professor, Autor und Kükelhaus-Kenner Elmar Schenkel: „Im Grunde aber ist die Existenz eines solchen Erfahrungsfeldes ein schreckliches Symptom. All die genannten Erfahrungen sollten eigentlich nicht an Ersatzobjekten stattfinden, sondern an den Naturphänomenen selber. In einer Zeit des immer rasanter werdenden Wirklichkeitsverlustes, des Verlustes von Natur am eigenen Körper und an der ‘Umwelt’ - ein Ausdruck, den Kükelhaus hasste, denn er setzt jene Spaltung von Mensch und Natur nur fort – müssen neue, schöpferische Wege gefunden werden, um zumindest ein Bewusstsein des Verlustes zu wecken. (...) Das Erfahrungsfeld verhält sich zu Alltagserfahrungen wie ein Gedicht zur Alltagssprache. Hugo Kükelhaus’ Bruder, der im Krieg verstorbene Lyriker Hermann (...) schrieb einmal: Gedichte sind ‚Strudel im Strom der Sprache’. Genau das ist das Erfahrungsfeld – Strudel im Strom des Alltags, an dem man sich erfrischt und erneuert.“ DIE SINNESGÄNGE IM OFEN Die im Jahre 1981 stillgelegte Ziegelei Lohhöfer in Oberkaufungen ist seit 1995 im Besitz von Tamara Leszner, die dieses Industriedenkmal Stück für Stück renoviert, um es für Wohnen, Arbeiten, Kunst, Handwerk und Kultur nutzbar zu machen. Der Kern der SinnesGänge wird durch die 16 als Gewölbegänge konzipierten und miteinander verbunden Gänge des historischen ZickZack-Ofens der Ziegelei Oberkaufungen gebildet. Diese Kammern haben eine Gesamtfläche von knapp 400 qm und bieten ein herausragendes Ambiente für die Stationen des Erfahrungsfeldes zur Entfaltung der Sinne. Insbesondere die Klangstationen sowie Phänomene zu Licht und Finsternis werden dort Ihren Raum finden. Durch die Verschachtelung und das dicke Gemäuer besteht vor allem die Möglichkeit, auch bei größeren Besucherzahlen, sich ungestört mit den Stationen zu beschäftigen. Während die Brennkammern mit künstlichem Licht erhellt werden - oder als Räume für Erfahrungen im Dunkeln genutzt werden - sind die Gänge um den Ofen herum, die ebenfalls in den Ausstellungsbereich integriert sind durch die hohen Rundbogenfenster von hellem Licht durchflutet. Diese Gegensätze sind schon ein Erfahrungsfeld an sich. Diese Flächen eignen sich durch ihre Höhe und Helligkeit für Bewegungsexperimente, Phänomene des Sehens in der Helligkeit, Balancieren, Tasten usw. DER ZIEGELEI OBERKAUFUNGEN nächst als multifunktionale Fläche angelegt ist und bei Bedarf für Ausstellungen und Seminare genutzt werden kann. Langfristig könnten hier auch weitere Seminar-, Werkstatt- und Ausstellungsräume entstehen. Aufbau der Ausstellung Der Aufbau der Ausstellung „SinnesGänge“ folgt den Ideen des Erfahrungsfeldes zur Entfaltung der Sinne nach Hugo Kükelhaus. Als Grundgedanke steht dabei ein Ausspruch von Kükelhaus im Vordergrund, den er dem Besucher des Erfahrungsfeldes an die Hand gibt: Der Besucher ist der Dreh- und Angelpunkt der Ausstellung, in ihm schließen sich die Eindrücke und Erfahrungen der Ausstellung zu einer Einheit zusammen. Gerade darauf zielt die Ausstellung „SinnesGänge“ ab: Den Menschen für die Prozesse der Wahrnehmung zu sensibilisieren und die einzelnen Wahrnehmungsbereiche in ein ganzheitliches Persönlichkeitskonzept zu integrieren. „Nicht das Auge sieht, nicht das Ohr hört, nicht die Hand handelt, nicht das Gehirn denkt und lernt, sondern der ganze Mensch ist es, der jeweils durch das entsprechende Organ sieht, hört, handelt, denkt, lernt.“ (Hugo Kükel haus). Die Ausstellung gliedert sich in drei große Themenbereiche, die sich aber an vielen Stelen durchdringen können und auch sollen, so wie die Wahrnehmung eines einzelnen Sinnesorgans niemals losgelöst von den restlichen Eindrücken betrachtet werden kann. 1. Das Hören lebt vom Lauschen Klänge – Worte – Gedanken – Begegnung 2.Sehen – zwischen Licht und Finsternis Polarität und Steigerung 3. Ich spüre die Welt Grenzen – Bewegung – Gleichgewicht Eine zusätzliche freie Fläche entsteht auf dem Ofen mit einer Größe von ca. 800 qm, die zu- 15 16 17 Partnerschaukel Nutzung durch das Hessische Ziegeleimuseum Wasserstrudel Klangstein Momochord Pendelstein Wasserklangschale Wasserspringschale Prismen Doppelhelix Impulskugeln Dreizeitenpendel Strömungstafel Chladnische Klangplatten Summlöcher Gongs Abendrot und Himmelsbla Rieseltafel rotierende Scheiben Schalltoter Gang Komplementärfarben Dunkelgang Dunkelraum Licht Spiegelgang kippende Perspektive Camera Obscura Begehbares Kaleidoskop Finsternis Balancierscheiben Kasse, Bücher... Balancierscheibe 1. DAS HÖREN LEBT VOM LAUSCHEN – KLÄNGE - WORTE - GEDANKEN - BEGEGNUNG Chladnische Klangfiguren Mit einem Geigenbogen wird – senkrecht zu ihr – eine dünne Metallplatte angestrichen, deren Mittelpunkt auf einem Ständer befestigt ist. Der ganz dünn auf die Platte gestreute feine Sand beginnt zu tanzen und ordnet sich zu wunderschönen, organisch wirkenden Mustern, die das Schwingungsbild der Platte wiedergeben. Aus dem scheinbaren Nichts, dem Chaos entstehen wie durch Zauberhand Muster und Figuren. In Folge von Eigenresonanzen beginnt die Platte zu schwingen. Der Sand wird beim Tönen der Platte von den vibrierenden Partien regelrecht weggeschleudert und wandert zu den Stellen, an denen keine Schwingung auftritt. Auf diese Weise werden die Knotenlinien von stehenden Wellen sichtbar gemacht, die sich auf der Platte ausbilden. Chladnische Klangfiguren sind benannt nach Ernst Florens Friedrich Chladni, der 1787 die Schrift „Entdeckungen über die Theorie des Klanges“ veröffentlichte, in der er Klangfiguren darstellt und beschreibt, wie man sie erzeugen kann. Die Menschen waren von den Mustern so sehr fasziniert, dass Chladni seinen Lebensunterhalt mit dem Auftreten als Lehrer und Referent über seine Figuren verdienen konnte und selbst Napoleon sagte: „Dieser Mann lässt die Töne sehen.“ An diesem Experiment ist die gestaltbildende Kraft von Klängen, von Schwingungen ebenso wie ihr ästhetischer Formenreichtum auf eindrückliche Art und Weise zu erfahren. 19 Gongs Am Anfang des Spiels mit dem Gong steht für den Besucher die Stille. Er nimmt den Gong als Gegenstand wahr, alleine seine Form weist schon darauf hin, dass hier etwas klingt. Denn zu den typischen Klangformen des Metalls gehört neben der Glocke und der Triangel, der Gong. Und so hat die große glänzende Scheibe einen hohen Aufforderungscharakter, man möchte gerne wissen, welcher Klang sich in der Stille verbirgt. Dabei ist der Klang des Gongs sehr vielfältig. Der Grundton ist ein tiefer, warmer Ton, zu dem, je öfter verschiedene Stellen des Gongs angeschlagen werden, eine Fülle von sehr klaren Obertönen kommt. Je nachdem wie die Schläge auf dem Gong gesetzt werden, variiert das Hörerlebnis. Man kann ihn sehr sanft anschlagen, aber auch durch kräftige Impulse in der Fülle seiner Töne baden. So erhält der Besucher einen lebendigen, fühlbaren Eindruck der gestalterischen Kräfte, die sich im Metall verbergen. Genauso wie sich der Ton des Gongs allmählich aufbaut, so verabschiedet er sich auch: langsam. Es ist ein langsamer Abschied zur Stille, der zusammen mit der Geburt des Klangs den urbildlichen Charakter des Gongs ausmacht. Denn genau wie der Mensch hat jeder Klang, der auf am Gong entsteht, eine Biografie. Er wird aus der Stille geboren, lebt mit großer Intensität und verabschiedet sich aus dieser allmählich in die Stille. Um die letzten Töne, die an der Grenze des Wahrnehmbaren sind, muss der Besucher lauschen. Dieses Innehalten und Lauschen kommt einer weiteren Erfahrung zugute, die der Gong 20 den Besuchern schenkt. Denn die Haut hört seine Töne in besonderem Maß mit. Denn die Schallwellen des Gongs werden auch über die Haut empfunden. Das liegt daran, dass der menschliche Körper zu einem großen Teil aus Wasser besteht, das sehr empfindlich für Schall ist und diesen aufnimmt. Dabei wirken die Schallwellen des Gongs ziehend nach innen und dehnend nach außen. So kann die Klanggestalt des Gongs ganz besonders auf verschiedene Zonen des Körpers wirken. Unterschiedlich große Gongs aus verschiedenen Materilien (Bronze, Eisen, Messing) lassen verschiedene Klangqualitäten erfahrbar machen. Klangstein Der Klangstein ist eine Steinsäule. Diese ist auf zwei Dritteln der Höhe in der Mitte eingeschnitten, sodass der Eindruck einer Stimmgabel entsteht. sondern von der Haut aufgenommen und so auf ganz besondere Art verinnerlicht. Verblüfft ist der Besucher zunächst, beim Erreichen des Klangsteins. Denn ein Stein an sich erscheint uns als kaltes, lebloses Ding. Damit wird das Experiment, das den Stein in der Interaktion mit dem Besucher zum Singen bringt, zu einem ganz besonderen Erlebnis. Der Stein muss angerieben werden, damit der in ihm verborgene Klang zutage treten kann. Dabei erfahren wir neben dem überraschenden Klang des Steins, einiges über die in ihm verborgenen Eigenschaften, die uns bei seinem bloßen Anblick nicht offenbar sind. Denn neben der Masse und der Härte des Steins können wir am Klangstein seine Elastizität erleben. Seinen Ton entlockt man dem Stein entweder durch Anschlagen mit der flachen Hand oder durch Reiben. Jedoch erfordert das letztere Etwas Geduld und Übung, denn man muss den Stein mit Wasser benetzen und ihn dann gefühlvoll reiben. So entlockt man ihm einen zarten Ton, der durch intensiveres Reiben zu einem starken, vollen Ton reifen kann. Dieser Klang schwingt in der großen Masse des Steins noch einige Zeit nach. Die Schallwellen des Steins übertragen sich auf den Menschen, beim Reiben ganz besonders. So wird die Klanggestalt des Steins nicht nur hörbar, 21 Monochord „Welt-Anschauung – Welt-Anhörung“ Das Monochord, eines der ältesten Saiteninstrumente überhaupt, geht vermutlich zurück u.a. auf Pythagoras, der an einer einzelnen Saite Zahlenverhältnisse in der Musik untersuchte. Er teilte diese in ihrer Länge mit Stegen nacheinander im Verhältnis 1/2, 1/3, 1/4 usw. ab und entdeckte dabei die Töne der Obertonreihe in ihrer natürlichen Reihenfolge (Oktav, Quint usw.) entsprechend dem Grad ihrer Konsonanz. Aus dieser Entdeckung folgte die Erkenntnis des Naturgesetzes, dass Obertöne in jedem Klang in eben dieser Reihenfolge auftauchen. Das pythagoreische Denken war geprägt vom Bewusstsein der Einheit von Ton und Zahl, also von Qualität (Empfindung) und Quantität (Messbarem) als zwei Seiten der Musik. Diese harmonikale Denkweise beschränkte sich in der Folge nicht auf die Untersuchung innermusikalischer Phänomene, sondern gipfelte in der Erkenntnis, dass die natürlichen Grundlagen der Musik zugleich die Bausteine der Weltordnung (Harmonia mundi ) schlechthin sind. Das Monochord öffnet das Tor zu der Erkenntnis, dass die im klanglichen Bereich waltenden Zahlenverhältnisse Ordnungen entsprechen, deren einfache Prinzipien in allen Naturreichen herrschen, und dass der hörend wahrnehmende Mensch Wahrer dieser Ordnungen sein sollte. Werden die Saiten durch Zupfen oder Anschlagen zum Klingen gebracht, wird nicht nur der eine Ton, sondern eine ganze Reihe von Obertönen 22 hörbar: Das "Lied des Eintons" beginnt zu spielen. Die sich aus dem Grundton entfaltenden Obertöne öffnen gleichsam ein Fenster zum Kosmos. Der Gesang der Obertöne ist nicht vom Spieler gemacht - er kann nur vom Spieler zum Klingen gebracht werden. Es sind Melodien, die schon waren, bevor der Mensch die Erde betrat. Das ist es, was die "Alten" Sphärenmusik nannten. Schalltoter Gang Der schalltote Gang ist ein stark gedämmter Raum, der jegliche Geräusche, Worte, Klänge sofort verschluckt anstatt zu reflektieren und damit nahezu unhörbar macht. Gleichzeitig ist er nur sehr schwach beleuchtet. Manchmal bedürfen wir des weitgehenden oder völligen Entzugs allzu gewohnter Wahrnehmungen, um uns ihrer Bedeutung und Funktion bewusst zu werden. Die eigene Stimme wird fremd, wird fast nicht mehr erlebbar, ich erlebe mich nicht mehr selbst im Spiegel der mich umgebenden Welt. Wenn das Hören aufhört, verlieren wir eine wichtige Orientierung. Diese Form von Entzug macht erfahrbar, wie sehr meine Stimme - und im übertragenen Sinne meine Stimmung - abhängig ist von meiner räumlichen Umgebung. Wir erleben, dass das Gehör nicht nur der Aufnahme und Verarbeitung akustischer Reize dient, sondern, dass es zudem ein raumschaffendes Organ ist, das seinerseits bestimmter Bedingungen bedarf, um sich entfalten zu können. Und es kann sich in diesem Falle die unangenehme Erfahrung einstellen, dass das Gehör mit dem Gleichgewichtssinn gekoppelt ist und dass eine die menschlichen Bedürfnisse missachtende Umwelt uns im wahrsten Sinne des Wortes aus dem Gleichgewicht bringen kann. 23 Summstein Der Summstein besteht aus einem Sandsteinquader mit eingemeisselter Höhlung in der Größe, dass ein menschlicher Kopf ganz vom Stein umschlossen werden kann. Wer sich traut den Kopf in diese dunkle Höhle zu stecken, den erwartet ein Erlebnis der besonderen Art. Dazu muss man ein wenig summen, hohe und tiefe Töne ausprobieren, bis man den Ton trifft, der seine Entsprechung im Summstein hat. Ist der Ton gefunden, so beginnt, der ganze Stein mitzuschwingen. Diese Schwingung überträgt sich auf den ganzen Körper und wird als wohltuende Tiefenmassage vor allem im Bereich der Wirbelsäule empfunden. Diese außergewöhnliche Erfahrung mithilfe der Stimme ist aber keine Erfindung der Neuzeit. In einer unterirdischen Tempelanlage auf Malta, dem Hypogain, wurden Höhlungen in den Wänden gefunden, die zum Summen genutzt wurden. Es wird vermutet, dass Summsteine in der Frühzeit dazu benutzt wurden Trance-Zustände hervorzurufen, sie wurden jedoch auch zu Heilzwecken eingesetzt. Das Erlebnis des Summsteins ist ein ausgesprochenes Erlebnis von Resonanz, Der Spiegel der eigenen Worte, der Widerhall. Im Erleben der resnanz fühlen wir uns in unserem Dasein bestätigt und geborgen, Resonanz gibt mir das Gefühl, „Ich bin nicht allein“. 24 Wasserklangschale Hier erlebt der Besucher das Zusammenspiel von Wasser, Luft und Klang, im Hören, im Sehen, im Tasten.... Die mit Wasser gefüllte Eisenschale (1,50 m) wird durch sanfte Schläge auf den Rand zum Klingen gebracht. Die Vibrationen der Metallschale erfüllen einerseits die umgebende Luft mit Klang. Andererseits wird das Wasser in der Schale zum Schwingen angeregt, wodurch sich ein symmetrisches Kräuseln der Wasseroberfläche ergibt, was in seiner Strukturierung an die Formen der Chladnischen Klangplatten erinnert. Sowohl im Wasser als auch am Rand der Schale lässt sich die Kraft der Töne auch mit den Händen tastend erfahren. Steigert man die Intensität des Anschlags, so kann man das Wasser fontänenartig zum Spritzen bringen. 25 Wasserspringschale Die Wasserklangschale ist eine aus Bronzeguss gefertigte und mit Wasser gefüllte Schale (80cm Durchmesser) mit zwei Griffen am oberen Rand. Diese Wasserklangschalen haben ihren Ursprung in Asien und werden dort als „Glücksbecken“ bezeichnet. Um die Schale in Schwingung zu versetzen, reibt man mit befeuchteten Handflächen über die Griffe. Zunächst erklingt ein summender Ton, der bald auch im Sich-Kräuseln der Wasseroberfläche sichtbar wird. Wird die Bewegung intensiviert, so springt das Wasser eindrucksvoll von vier Stellen aus - symmetrisch - in die Höhe. Durch Änderung der Intensität der Reibung lassen sich die Töne und auch die Muster auf dem Wasser verändern. Der Spieler der Schale erlebt, wie nicht nur die Schale schwingt und klingt, sondern wie sich die durch Eigenaktivität hervorgerufenen Klänge durch den ganzen Körper hindurch fortsetzen. 26 2. ZWISCHEN LICHT UND FINSTERNIS – POLARITÄT Abendrot und Himmelsblau Nicht nur das räumliche Sehen ist vom Spiel zwischen Licht und Schatten abhängig, auch in der Welt der Farben spielt dieser Kontrast eine große Rolle. Besonders eindrücklich kennen wir das von zwei Naturphänomenen: der untergehenden Sonne und dem Blau des Himmels. Faszinierend ist es seit jeher für den Menschen, das Farbenspiel der untergehenden Sonne. Golden, grün und violett erscheint das Abendrot und die Sonne mitten darin als rot glühender Ball. Somit erscheint die Sonne ganz anders als am Morgen, wo sie als golden auftaucht und im Steigen immer heller wird und damit das Himmelsblau hervorlockt. Abendrot entsteht nur, weil die Helligkeit der Sonne abgedunkelt wird. Es ist also ein direktes Produkt der Wechselwirkung zwischen hell und dunkel. Je näher die Sonne beim Sinken dem Horizont wird, desto intensiver wird ihre Farbe. Das liegt daran, dass das Licht immer länger durch die durch Abgase und Staub getrübte Luft wandert, bevor es das Auge des Betrachters trifft. Dieses Erlebnis wird bei dieser Station für den Betrachter künstlich herbeigeführt. Dabei erhältt er einen tief greifenden Eindruck in das Wesen der Farbe Rot. Diese zeigt im Abendrot alle Facetten ihres Eigenseins. Das Rot der Sonne wird beim Untergehen immer drängender, herausfordernder und regt den Betrachter immer mehr an. Denn die Farbe Rot trägt das andringende Wesen der Farbe Gelb in sich, welche sich im Rot steigert. UND STEIGERUNG Der Besucher erfährt, dass Farbe mehr ist als eine Ausdehnung über eine Fläche oder einen Körper. Die Farbe ist an den Körper gebunden, auf dem sie erscheint, sie ist das Innerste dieses Körpers, der nach außen getragen wird. Das Himmelsblau entsteht in genau umgekehrter Weise, nämlich durch eine helle Trübung, die vor einem dunklen Hintergrund erscheint. Der dunkle Hintergrund ist hier das Weltall, das in seiner tiefen Schwärze so leer erscheint. Durch die Atmosphäre der Erde erscheint uns die Schwärze des Weltalls als Himmelsblau. Diese unglaublich abstrakte Erkenntnis wird für den Besucher an dieser Station greifbar. Es wird für ihn erfahrbar wie die Trübung der Atmosphäre im Zusammenspiel mit der Helligkeit der Sonne den Himmel blau erscheinen lässt. Er erfährt wie das Himmelsblau sich mehr und mehr ins Violette wandelt je näher er der unendlichen und fruchtbaren Schwärze des Himmels kommt. Und genauso bildet sich die Farbe Violett auch aus hellen Anteilen, vertreten durch die Farbe Rot und dunklen, die durch Blau repräsentiert werden. So kann der Besucher als Erkenntnis von dieser Station mitnehmen, dass alle Farben aus dem Gegenspiel von hell und dunkel entstehen. Klar wird dann, dass selbst das hellste Wesen immer eine Spur Dunkelheit enthält. Hierbei erhält er einen tiefen Einblick in das Wesen der Farbe Blau, die sich ihm nicht aufdrängt, sondern ihn zieht. Der Besucher erfährt am eigenen Leib wie wichtig die Polarität von hell und dunkel für das gesamte Farbenspektrum ist. Denn die Farbe Grün ergibt sich beispielsweise beim Mischen von Blau und Gelb. Sie trägt also das andringende Wesen von Gelb genauso in sich wie das ziehende des Blau. Grün vereint also beide Polaritäten, ist gleichermaßen „aktiv“ wie „passiv“. 27 Begehbare Camera Obscura Die Camera Obscura wurde bereits im 15. Jahrhundert von Leonardo da Vinci beschrieben. Dabei weist das Modell der Camera Obscura faszinierende Parallelen zum Auge auf. Sowohl bei der Lochkamera wie auch beim Auge tritt das Licht durch eine kleine Öffnung bzw. die Pupille ein. Der innere Raum der Camera Obscura entspricht der dunklen Augenhöhle. Die Leinwand, die an der Rückwand der Lochkamera aufgehängt wird, findet ihre Entsprechung in der Netzhaut des menschlichen Auges. Und genauso wie im Auge entsteht auch das Bild der Camera Obscura durch einen Gegenstand, der im Tageslicht vor die Öffnung der Lochkamera gehalten wird. Dabei ist die Größe dieses Lochs maßgeblich für die Schärfe des entstehenden Bildes. Je kleiner der Durchmesser ist, desto schärfer wird das Bild, das dabei entsteht. Genau wie auf der Netzhaut steht das Bild, das von der Leinwand empfangen wird, auf dem Kopf. Dieser Prozess dauert allerdings bis zu drei Minuten, währenddessen warten die Besucher in der Dunkelheit. Hier findet sich auch die Parallele zu anderen optischen Stationen: die Polarität von hell und dunkel. Denn auch in der Camera Obscura wird die Nötigkeit des Zusammenspiels von Licht und Finsternis verdeutlicht. Die Besucher verinnerlichen, dass sie überall wo Gegenstände durch Beleuchtung der Dunkelheit entrissen werden, das Bild des Gegenstandes mit sich nehmen. Auch die Dunkelheit gewinnt mit diesem Versuch eine neue Qualität, denn sie macht alles andere 28 unsichtbar und erlaubt trotzdem dem Licht ein Bild zu transportieren. Genau dies lässt den Besucher staunen: Das Bild wird allein durch das Licht transportiert. Dazu braucht es keinen Projektor oder ein anderes technisches Gerät. Dabei bleibt es unsichtbar, selbst wenn das Licht wieder zum Bild auf der Leinwand wird. Genau wie bei der Erscheinung des Vollmonds am dunklen Nachthimmel, wo auch kein Lichtkegel zu sehen ist, ruft dieser einfache Versuch Staunen hervor und vermittelt diese komplizierte Gesetzlichkeit auf sehr verständliche Weise. Begehbares Kaleidoskop Drei stehende Spiegelflächen bilden ein geschlossenes Dreieck, das der Besucher nur betreten kann, indem er unter den Spiegeln hindurch klettert. Diese Station ist eine Erweiterung der Spiegelstation und führt dem Besucher die Wirkung des eigenen Spiegelbildes, das Zurückgeworfensein auf sich selbst, die Reflexion noch eindrücklicher vor Augen. Der Besucher sieht sich von allen Seiten um ein vielfaches gespiegelt, er selbst steht im Mittelpunkt und trifft von allen Seiten - in harmonisch schöner Anordnung auf einzig und allein sich selbst. Zentralinformation könnte man diese Station auch nennen - hier geht es um das zentrale Thema des Erfahrungsfeldes - Der Mensch, Ich selbst - als Besucher stehe im Mittelpunkt. Der rote Faden bin ich selbst. 29 Dunkelgang Dieser ca. 20 m lange Gang, der mal enger mal weiter, mal höher, mal tiefer wird, ist absolut finster. Es ist eine Frage von Mut und Vertrauen, von Sich-Einlassen können, von Orientierung in der Orientierungslosigkeit, auf die sich der Besucher hier einlässt. Die Dunkelheit als Gegenpol von Licht führt uns in eine „andere Welt“: Im Dunkeln werden durch die Abwesenheit des Sehsinns, die anderen Wahrnehmungskanäle, vor allem der Tast- und Hörsinn, aber auch Geruchs- und Geschmackssinn in ihrer Aktivität gesteigert. Die Finsternis umgibt den Besucher, sie hüllt ihn ein, ist überall, kein Ende ist zu sehen. Beim Heraustreten in die Helligkeit kann die Polarität zwischen Licht und Finsternis und ihre Wirkung auf den Menschen ein Stück weit bewusster erfahren werden. 30 Farbige Schatten Eine Leinwand wird mit rötlichem Licht beleuchtet. Stellt sich nun ein Besucher in den Lichtkegel, so erscheint - wie zu erwarten - sein dunkler Schatten im roten Umfeld. Nun wird ein zweiter Scheinwerfer mit weißem Licht zugeschaltet, der Teile des dunklen Schattens ausleuchtet und einen Halbschatten entstehen lässt. Dieser aber ist weder rot noch schwarz: Er erscheint in grün. Dieses Spiel lässt sich mit verschiedenen Farben durchspielen, erweitern und vertiefen und man wird immer wieder erstaunt sein, dass Farben sichtbar werden, die von außen betrachtet, in den Scheinwerfern gar nicht vorhanden sind. gewesen, so musste man sie nun für hochblau ansprechen, als ein gesteigertes Gelb von den beleuchteten Teilen widerschien. Als aber die Sonne sich endlich ihrem Niedergang näherte und ihr durch die stärkeren Dünste höchst gemäßigter Strahl die ganze, mich umgebende Welt mit der schönsten Purpurfarbe überzog, da verwandelte sich die Schattenfarbe in ein Grün, das nach seiner Klarheit einem Meergrün, nach seiner Schönheit einem Smaragdgrün verglichen werden konnte. Die Erscheinung ward immer lebhafter, man glaubte sich in einer Feenwelt zu befinden, denn alles hatte sich in die zwei lebhaften und so schön übereinstimmenden Farben gekleidet, bis endlich mit dem Sonnenunter gang die Prachterscheinung sich in eine graue Dämmerung und nach und nach in eine mond und sternhelle Nacht verlor.“ Johann Wolfgang von Goethe Neben dem eignet sich diese Station ganz wunderbar zum Spielen mit dem Schatten an sich, zum Beobachten der Konturen, der Größe... Der Schatten als das Abbild des Menschen, mein Schatten, der mich unweigerlich verfolgt, dem ich nicht entrinnen kann. „Auf einer Harzreise im Winter (29. November bis 16. Dezember 1777) stieg ich gegen Abend vom Brocken herunter, die weiten Flächen auf und abwärts waren beschneit, die Heide von Schnee bedeckt, alle zerstreut stehenden Bäume und vor tragend Klippen, auch alle Baum und Felsen massen völlig bereift, die Sonne senkte sich eben gegen die Oderteiche hinunter. Waren den Tag über, bei dem gelblichen Ton des Schnees, schon leise violette Schatten bemerklich 31 Kippende Perspektive Ist das Eckgebilde ein vorspringender Balkon oder eine zurückspringende Nische? Oder schaue ich in einen Raum, in dessen oberer Ecke ein würfelartiges Gebilde hängt? Betrachtet man diese Zeichnung mit einer Gruppe von Menschen, so werden immer unterschiedliche Antworten kommen, auf die Frage „Was sehen Sie hier?“ An dieser Station kann der Betrachter unterschiedliche Sichtweisen auf die Welt entdecken, durch intensives hinschauen, neue Perspektiven sich erschließen, sich in die Weltsicht des anderen versuchen hineinzuversetzen und zunächst auch anzuerkennen, dass der Blick eines jeden Menschen auf die Welt ein individueller ist. Was diese Ansammlung geometrischer Flächen nun wirklich ist, liegt im Auge des Betrachters und steht auch nicht vordergründig zur Debatte. „In diesem fortgesetzten Vor und Zurück, Hin und Her vollzieht sich, hier ungewöhnlich deutlich, das Sehen überhaupt.“ Hugo Kükelhaus 32 Komplementärfarben Der Besucher wird aufgefordert, mindestens eine Minute lang eine rotes Bild an der Wand zu betrachten, ohne dabei die Aufmerksamkeit von dem Bild abzuwenden. Danach blickt er auf die daneben liegende weiße Fläche und erblickt das rote Bild mit den gleichen Konturen nun in grüner Farbe. Das Auge schafft hier ein Nachbild in der Komplementärfarbe. Auch dieser Versuch zeigt uns, mit welcher Aktivität der Mensch in den Prozess des Sehens und insbesondere des Farbensehens einbezogen ist. Kein äußerer, rein physikalischer Vorgang geht hier vonstatten, sondern ein intimer Austauschprozess zwischen Mensch und Welt. „Als ich gegen Abend in ein Wirtshaus eintrat und ein wohlgewachsenes Mädchen mit blendend weißem Gesicht, schwarzen Haaren und einem scharlachroten Mieder zu mir ins Zimmer trat, blickte ich sie, die in einiger Entfernung vor mir stand, in der Halbdämmerung scharf an, indem sie sich nun darauf hin wegbewegte, sah ich auf der mir entgegenstehenden weißen Wand ein schwarzes Gesicht mit einem hellen Schein um geben, und die übrige Bekleidung der völlig deut lichen Figur erschien von einem schönen Meergrün.“ Johann Wolfgang von Goethe, aus „Entwurf einer Farbenlehre“ 33 Licht und Finsternis Der Besucher kann hier jeweils durch ein Loch in drei unterschiedliche Kammern schauen: Die erste Kammer enthält eine schattenlos ausgeleuchtete weiße Kugel vor weißem Hintergrund. Schaut man in diese Kammer hinein, so wird man auf den ersten Blick sagen, sie sei leer, nichts wird sichtbar - trotz größtmöglicher Helligkeit. Die zweite Kammer enthält ebenfalls eine weiße Kugel diesmal jedoch nur von einer Seite schwach beleuchtet vor einem schwarzen Hintergrund. In dieser kontrastreichen Umgebung tritt die Kugel sogleich für den Betrachter in ihrer vollen Form in Erscheinung. Diese Erfahrung zeigt, dass das Sehen sein wahres Wesen im Wechselspiel zwischen Licht und Schatten hat. Vertieft wird diese Erkenntnis durch den Blick in die dritte Kammer. Hier erwartet den Besucher auf den ersten Blick nichts als Dunkelheit. Erst durch das Anschalten der Beleuchtung wird dem Besucher offenbar, dass in der Dunkelheit ein steinerner Kopf verborgen ist. Dieser Kopf kann von unterschiedlichen Seiten, mal mehr, mal weniger beleuchtet werden. Hierbei fällt auf, dass das Mienenspiel des Kopfes offenbar von dem Winkel des Lichteinfalls abhängt. Ganz greifbar wird dabei, dass die innere Wahrnehmung ganz offensichtlich vom Wechselspiel zwischen hell und dunkel beeinflusst wird. Jeder Mensch benötigt zum Sehen und zum Wahrnehmen seiner Umwelt nicht nur die Helligkeit, sondern ihr Zusammenspiel mit der Dunkelheit. Räumliches Sehen ist also immer ein Vorgang, der abhängig ist von dem Pendel zwischen Licht und Dunkelheit. 34 Prismen Hier stehen dem Besucher verschiedene Prismen zur Verfügung durch die hindurch er auf eine schwarz- weiß gemusterte Fläche schauen kann. Dabei offenbart sich ihm ein unvergleichliches Farbspiel. Dunkle Stellen an der Wand, durch das Prisma betrachtet, erscheinen plötzlich farbig. Und auch an den Übergängen von hell zu dunkel bilden sich Säume in den schönsten Farben des Regenbogens. Der Blick durch das Prisma faszinierte schon von alters her, so wird berichtet, dass sein Besitz früher das Majestätsrecht des chinesischen Kaisers war. völlig anders erscheinen als dem Menschen, der die gleiche Wiese betrachtet. Eben weil die Koppelung von Farbe und Empfindung einzig beim Menschen auftritt. Physikalisch zeigt uns der Versuch mit dem Prisma die Polarität von Gelb und Blau, die sich im Auseinandertreten der Farben in die jeweilige Richtung zeigt. Die Farbe Gelb erzeugt Nähe, die Farbe Blau zieht in die Ferne, diese Polarität vereint das Prisma. Wie das Farbenspiel des Prismas auf den jeweiligen Betrachter wirkt und welches Erleben es bei ihm auslöst, ist ganz unterschiedlich. Denn es hängt davon ab, welches Empfinden der Betrachter mit diesen Farben verbindet. Für das Farbspiel des Prismas ist eine lange Kette von Ursachen und Bedingungen des Lichts verantwortlich. Allerdings empfindet jeder Mensch den Blick durch das Prisma anders, da Farbe primär eine Sache der Wahrnehmung ist. Man kann zwar Farbkarten erstellen, diese spiegeln jedoch niemals das Farbempfinden einer Person wieder. Der Besucher erfährt, dass Farbe aus der Interaktion von Mensch und Umwelt entsteht. Das Auge wird geschult für das Sehen der Farbe, gleichzeitig tritt beim Sehen eine Empfindung auf, die wiederum die Merkfähigkeit des Menschen schult. Genau diese Fähigkeit ist es auch, die das menschliche Sehen vom Sehen des Tieres unterscheidet. Denn die meisten Tiere sehen keine Farben, sie nehmen die Welt in einer Farbskala aus Grau-, Schwarz- und Weißtönen wahr. Vereinzelte Tiere sehen farbig, jedoch dient dies allein dem Zweck, die Nahrungssuche zu vereinfachen. So wird der Biene eine mit Blüten bedeckte Wiese 35 Rotierende Scheiben Die Vorgänge, die das Betrachten der in Drehung versetzten Tafeln auslöst, findet nicht auf der Tafel (dem Objekt des Sehens) statt, sondern einzig im Betrachter (dem Subjekt des Sehens).Die Erscheinungen sind im selben Maße wirklich, wie der Betrachter und die Tafel wirklich sind. Man wende daher seine Aufmerksamkeit ebenso sehr auf die Empfindungen, die durch den Anblick der Tafel ausgelöst werden, wie auf diese selbst. Die „Empfindung” genannten Zustandsänderungen des Betrachters sind der Gegenstand der Versuche. 1. Spirale Das Motiv zeigt eine Spirale, die sich zur Mitte hin verengt und nach außen öffnet. Dreht man die Scheibe im Uhrzeigersinn, so scheint sich die Spirale immer mehr zu erweitern. Dreht man sie entgegengesetzt, so bildet sich ein tiefer werdender Trichter. Wendet man seinen Blick von der Scheibe ab, so scheint sich die gesamte Umgebung wie im Zeitraffer zu verengen bzw. zu erweitern. 2. Pulsation Das Motiv zeigt schwarze konzentrische Quadratlinien mit kreisförmig gebogenen Ecken. Die geraden Strecken der Quadratlinien beginnen sich in der Drehbewegung nach innen einzubiegen, während die runden Ecken sich vorzuwölben scheinen. Die Linien scheinen sich wellenförmig um den Mittelpunkt zu winden. Das Linienfeld insgesamt erweckt den Anschein, sich pulsierend zusammenzuziehen und zu weiten. 36 3.Aus- und Einstülpung Das Motiv zeigt eine Schar sichelartiger Bögen. Infolge des Abstandes ihrer Mittelpunkte und der Gegenrichtung ihrer Schwellungen umschließen die größeren Sicheln die kleineren. In Drehung versetzt, fügen sich sogleich die größeren Bögen zu einem Kegelmantel, der dem Betrachter entgegen kommt, während die kleineren Bögen die Wandung eines Trichters bilden. Der räumliche Eindruck des Gebildes ändert sich auch dann nicht, wenn man es im Hin- und Hergehen durch Änderung des Blickwinkels anschaut. 4. Farbscheibe Diese Scheibe ist in blaue und gelbe Sektoren eingeteilt. Bei der Drehung kommt es nicht nur zur Farbmischung, es erscheint die Farbe Grün und kurze Zeit danach die Komplementärfarbe Purpur-Rot. Der Betrachter erlebt hier die Wirkung der Farbe als physiologische, immaterielle Erscheinung. Die Farbe entsteht hier nur im Moment, im Sehprozess, der sich zwischen Betrachter und Scheibe abspielt. 37 Spiegel und Zerrspiegel Die Welt ist dein Spiegel... „Erkenne Dich selbst und Du wirst Gott und das Universum schauen.“ (Orakel von Delphi) Für den Menschen ist die Begegnung mit dem eigenen Spiegelbild von großer Bedeutung. Es birgt die Möglichkeit, sich selbst von außen zu betrachten, sich mit Distanz gegenüberzustehen und wirft gleichzeitig die Frage auf - „Bin ich mein Spiegelbild? In diesem Sich-Selbst-Gegenüberstehen erwächst das Selbstbewusstsein. Der Spiegel - eine ganz alltägliche Station, die den Besucher auf seine eigene Identität verweist. Diese durchaus ernste Angelegenheit bekommt durch die Zerrspiegel eine Nuance von Komik und Erweiterung der Grenzen. Über sich selbst lachen können ist gesund. Aber auch zu erleben, wie sehe ich in extremer Verformung aus. 38 3. ICH SPÜRE DIE WELT – GRENZE - SCHWINGUNG - BEWEGUNG - GLEICHGEWICHT Barfußgehen Ein Teil der SinnesGänge sind als Barfußgänge konzipiert. Hier ist der Fußboden mit unterschiedlichen Materialien wie Sand, Steine, Stroh, Seile, Ziegel belegt, die dazu anregen unbeschuht begangen zu werden. Vor allem wer die Barfußgänge mit geschlossenen Augen begeht, kann sie sehr intensiv erfahren. Beim Beschreiten wird der Besucher dazu angeregt, Gefühle und Begriffe mit dem Empfinden des Fußes zu assoziieren. Aber das Barfußgehen ist mehr als eine bloße Tasterfahrung. Es ist ein tiefer Akt des Vertrauens, denn es ist ratsam, diesen Weg mit geschlossenen Augen zu gehen. Er ist also ein Wagnis, auf das der Mensch sich bewusst einlassen muss, ein Wagnis, weil immer der Fall ins Ungewisse droht. So ermöglichen die Barfußgänge dem Besucher ins Vertrauen zu seinem inneren und äußeren Führer zu gehen und sind somit ein geschützter Rahmen, in welchem soziale Kompetenzen geübt werden können. Um stehen und gehen zu können hat die Natur den Fuß des Menschen ganz besonders gebaut. Er ist wirklich ein architektonisches Meisterwerk, das auf einer sehr kleinen Grundfläche die ganze Last des Körpers trägt. Aber auch ein Spiegelbild des gesamten Körpers findet sich in den Reflexzonen des Fußes. Jedes Organ kann über eine bestimmte Zone des Fußes stimuliert werden, das macht sich beispielsweise die Fußreflexzonenmassage zunutze. Was viele Menschen nicht wissen, ist, dass der Fuß genauso viele Tastrezeptoren an der Hautoberfläche hat wie die Hand. Somit ist der Fuß sehr berührungsempfindlich, was dem Gehenden ein Empfinden für den Untergrund schenkt, auf welchem er sich bewegt. Leider haben wir in unserer Gesellschaft nur wenig Möglichkeit das Gehen mit den bloßen Füßen zu genießen. Ein Mensch, der bewusst geht, ist der Ferne zugewandt. Denn seine Füße tragen ihn weg, aber er handelt auch aktiv und zieht so die Weite an. 39 Doppelhelix Spirale des Lebens Lange vor unserer Zeitrechnung wurde die Einzelspirale als Symbol des Lebens verehrt. Die neue Form, von Hugo Kükelhaus als Doppelspirale erdacht, erinnert an die DNA-Spirale unserer Erbanlagen; sie ist aber gegenläufig. Die Einheit der Gegensätze wird demonstriert, sie ist ohne Anfang und Ende. Sie symbolisiert das Leben, das leibliche Vergehen, aber auch die Wiederauferstehung. Die Doppelhelix wird in langsame Drehung versetzt. Bei der Hängespirale wird der Haltefaden an einem Haken eingehängt. Einmal aufgezogen rotiert die Hängespirale automatisch; durch selbstständiges Zurückspulen dreht sie mehrmals rechts- und linksherum im Wechsel. Bei der Standspirale wird der Wechsel jeweils oben von Hand eingeleitet. Während wir hinsehen, entsteht der Eindruck, als wenn sich entweder die äußere Spirale nach oben, die innere nach unten oder umgekehrt bei Änderung der Drehrichtung - die äußere nach unten, die innere nach oben bewegt. Wir sehen einen Kreislauf, bei dem die beiden gegensätzlichen Bewegungsrichtungen von einem zum anderen Ende so auseinander hervorgehen, wie sie ineinander einmünden, während doch bei der Schraube selber sich kein Punkt aus der Drehebene herausbewegt. Alle Punkte bleiben ja in gleicher Höhe. Man lässt sich Zeit, den Weg der Spiralwindungen zu verfolgen. Ruhe wird bei Ihnen einkehren. Die harmonische Umkehr der Windungen lassen 40 Sie den ewigen Kreislauf erkennen. In einer Bewegung finden Auf- und Abstieg statt - die Einheit der Gegensätze. Dreizeitenpendel Es handelt sich bei diesen, um den gleichen Drehpunkt schwingenden Kugelpendeln darum, dass sie in der gleichen Zeiteinheit verschieden schnell schwingen. Während das Kugelgewicht mit dem längsten Pendelarm eine Rollschwingung ausführt, führt das mittlere zwei, das obere drei Schwingungen aus. Das geschieht entsprechend der darauf gemessenen Länge der Pendelarme. Die Gewichte sind gleich. Der dreifältige Rhythmus des Vorgangs beeinflusst - nach Art der Resonanz - das Befinden des Beobachters. Ähnlich wie es beim Klang von drei verschiedenen Glocken immer wieder zum gleichzeitigen Zusammenklang aller drei Laute kommt, so kommt es auch bei den drei verschieden schnellen Schwingungen immer wieder dazu, dass ihre Pendelgewichte zur gleichen Zeit auf der gleichen Linie liegen. Der ausgesprochen rhythmischen Eigenschaft des Dreizeitenpendels entspricht eine rhythmisierende Wirkung auf den Beobachter. Die vorliegende Anordnung 1 : 2 : 3 könnte auch nach dem Frequenzverhältnis der Quinte = 2 : 3 oder der Quinte = 3 : 4 abgewandelt werden. 1 : 2 ist das Frequenzverhältnis der Oktave. Die hier über das Sehen eintretende Wirkung kann mit dem musikalischen Hörerlebnis verglichen werden. 41 Große Balancierscheibe Die große Balancierscheibe besteht aus einer runden Holzplatte mit 2 m Durchmesser, die in der Mitte auf einer stählernen Halbkugel gelagert ist. Wenn etwas in Balance ist, bezeichnet dies einen Zustand in dem sich alles, was daran beteiligt ist, im Gleichgewicht befindet. Wie schnell dieses Gleichgewicht kippen kann, kennt wohl jeder aus seinem alltäglichen Leben. Auf der großen Balancierscheibe kann der große Balanceakt des Alltags auf spielerische Art und Weise erfahren werden. Sie lädt Besucher aller Altersstufen dazu ein, das Gefühl einer gemeinsamen Lage und die Faktoren, die diese Lage ändern, kennen zu lernen. Sie erfahren wie Bewegungen zusammenwirken können, aber auch dass man sich gemeinsam darüber verständigen muss, wie man das große Ziel der Balance erreicht. Dafür müssen sie achtsam sein für sich, ihr Gegenüber und die gemeinsame Lage. Ganz nebenbei wird der Besucher zu sehr natürlichen Bewegungsformen zurückgeführt. Denn auf der Balancierscheibe sind die Bewegungen klein, pendelnd und kreisend. Ein geradliniges Vorgehen wie wir es vom Alltag gewohnt sind, führt auf der Balancierscheibe zu keinem großen Erfolg. So heißt es für alle Teilnehmer dieses Erlebnisses erst einmal: loslassen. Vor allem von der Vorstellung ein Ziel müsse möglichst geradlinig und mit einem kurzen Handlungsweg erreicht werden. Und noch etwas begegnet uns auf der Balancier42 scheibe: Ruhe. Viel zu selten treffen die meisten Menschen diese in ihrem Alltag an. So sind die ersten Bewegungen auf der Balancierscheibe auch eher von forscher Natur. Aber dadurch, dass hier jeder spürbar mit jedem in Verbindung steht, verwandelt sich die hektische Bewegung des Alltags schnell in eine sensiblere, behutsame Bewegung, was das Spiel auf der Balancierscheibe auch zu einer Erfahrung der Ruhe macht. Impulskugeln Elastizität oder Rückstellkraft Ein gegen eine Wand geworfener Schneeball bleibt daran kleben. Ein Ball prallt zurück. Ebenso eine gehärtete Stahlkugel, vorausgesetzt, dass die Wand die annähernd gleiche Härte aufweist wie Ball und Stahlkugel. Die Eigenschaft, die Ball und Kugel befähigt, zurückzuprallen, heißt „Elastizität”. Der Schneeball hat sie nicht. Elastisch ist ein Gegenstand, der nach einer gewaltsamen Verformung in seine ursprüngliche Form zurückspringt. Ein Kugelgewicht, das an Fäden hängt, die einen gleichschenkligen Winkel bilden, schwingt bei einer Auslenkung in ein und derselben Ebene. Eine derart schwingfähige Stahlkugel berührt statt einer Wand eine Nachbarkugel. Mit dieser und einigen weiteren in der gleichen Weise aufgehängten Stahlkugeln bildet sie eine Reihe. Man lenke die erste Kugel aus und lasse sie zurückschwingen. Sie stößt ihren Nachbarn an. Dieser gibt den Anstoß (den Impuls) weiter an seinen Nachbarn. Der Impuls eilt durch alle Kugeln hindurch, ohne dass diese dadurch bewegt werden, bis zur letzten, die keinen Nachbarn mehr vor sich hat. Sie fliegt fast so hoch, wie die erste Kugel ausgelenkt war. Sie fällt zurück und stößt ihren Nachbarn an. Damit wiederholt sich der Vorgang bis die Energie aufgezehrt und in Wärme umgesetzt ist. Statt einer kann man auch mehrere äußere Kugeln zugleich oder in Intervallen auslenken. Was geschieht dann? 43 Kleine Balancierscheiben Auch bei den kleinen Balancierscheiben (40 100 cm) geht es darum, mit dem Gleichgewicht zu spielen, Polaritäten und Mitte am eigenen Leib zu erfahren. Ungleichgewicht und Gleichgewicht werden hier für den Einzelnen erfahrbar. Hierbei wird besonders das Ohr stimuliert, welches neben dem Hören auch noch für die Balance des gesamten Körpers verantwortlich ist. Denn ohne das Ohr wäre es dem Menschen gar nicht erst möglich gewesen sich zum Gehen aufzurichten. Schon während der embryonalen Entwicklung dient das Ohr zum Ausgleich von Körperprozessen zwischen der Mutter und dem ungeborenen Kind. Nach der Geburt wandelt sich diese Ausgleichsfunktion in ein Balance Organ. Doch die Balance durch das Ohr leidet in unserer bewegungsarmen Zeit.Wenn der Besucher auf der Balancierscheibe die Augen schließt kann er dies ganz eindrücklich erfahren. Dabei wird er schnell das Gleichgewicht verlieren und es wird ihm ins Bewusstsein gerufen, wie sehr wir uns mit den Augen an etwas festhalten müssen. Ganz besonders erfahrbar wird der Zusammenhang vom Hören und der Balance, wenn man versucht in einem schallgedämpften Raum zu balancieren. Denn dadurch wird der Akt der Balance zu einem schwierigen Unternehmen, das den meisten Menschen nicht oder nur unter größten Mühen gelingt. 44 Partnerschaukel Die Partnerschaukel besteht aus zwei gegenüberliegenden Schaukeln. Diese haben einen langen Schaukelweg und sind durch Seile miteinander verbunden, so dass sich die Bewegung der einen Schaukel auf die andere überträgt. Die Partnerschaukel ermöglicht es den Besuchern, die Bewegung des Pendels mit dem ganzen Körper zu erfahren. Beim Schaukeln mit einem Partner wird die Wechselwirkung der Bewegung erfahrbar. Denn eine Schaukel verhält sich immer passiv und reagiert auf den Schwung der anderen, der mittels einer Seilkonstruktion übertragen wird. Aber das Schaukeln ist auch ein Training der sozialen Kompetenzen der Schaukelnden. Denn es ist wichtig die Bewegungen in Gleichklang zu bringen, um ein harmonisches Schaukeln zu ermöglichen. In der Schwingung müssen beide Partner ein großes Maß an Achtsamkeit aufbringen, denn kleine Abweichungen der Schaukelbewegung müssen durch Vermindern oder Steigern der Tätigkeit ausgeglichen werden. So üben Besucher ganz spielerisch, was in unser aller Leben so wichtig ist: ein achtsamer Umgang mit sich selbst und seinem Gegenüber. 45 Pendelstein An dieser Station entdeckt der Besucher einen großen Natursteinbrocken, der an einem Stahlseil pendelnd befestigt ist. Der Pendelstein vereint die gegensätzlichen Prinzipien der Schwerkraft und der Aufrichtung. Die Aufrechte des Menschen ist kein starrer Zustand, vielmehr entspringt sie unzähligen kleinen Pendelbewegungen des Körpers um die eigene innere Achse. Genau diese Schwingung wird am Pendelstein fühlbar. Schwingung ist etwas Universales, wir schwingen mit unserer Umwelt so wie diese mit uns schwingt. Fühlbar wird die Schwingung wenn die Besucher die Möglichkeit erhalten sich unter den Pendelstein zu legen, der sanft in Bewegung gebracht wird. Jedoch lässt der Pendelstein mehrere intensive Sinneserfahrungen zu. So können sich die Besucher auf den Stein setzen und mit geschlossenen Augen im Kreis schwingen. Dadurch entsteht ein völlig neues Körpergefühl, da die eigene Bewegung so verlangsamt wird, dass der Besucher einen Eindruck in das Gefühl der Schwerelosigkeit bekommt. Aber auch die Wirkung von Masse und Erdanziehung wird vom Pendelstein erlebbar gemacht. Und auch das Erlebnis wie leicht der schwere Brocken horizontal in Bewegung gebracht werden kann, wird manchen Besucher erstaunen. 46 Rieseltafel Die Rieseltafel schenkt den Besuchern die Möglichkeit, große Vorgänge im Kleinen zu erleben. Denn sie ist mit zwei unterschiedlichen Sanden gefüllt, die sich neben der Körnung auch durch ihre Farbe unterscheiden. Durch das Drehen der ganzen Tafel kann der Sand auf die Oberseite befördert werden, wo er durch Trichter nach unten rieseln kann. Eigentlich würde man nun erwarten, dass sich die beiden Sande vermischen und nach unten rieseln. Doch genau das Gegenteil ist der Fall, sie rieseln geordnet Schicht für Schicht, Farbe für Farbe. Dreht man die Tafel nur ein wenig, verändert sich das Bild wiederum. Es entstehen neue fließende, harmonische Formen. Dreht man jedoch die Tafel zu schnell, entsteht nichts weiter als Chaos, welches sich wiederum ordnet, wenn die Geschwindigkeit der Tafel wieder langsamer wird. Beim Betrachten bekommt der Beobachter eine Idee vom Entstehenden, das durch die Bewegung geordnet wird. Eng ist dieser Eindruck mit der Erfassung von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft verbunden. Übergänge werden klar, so wie der vom Chaos zum Geordneten. Zustand und Zeit sind keine festen Dimensionen mehr, sondern abhängig von Rhythmus und Bewegung. 47 Strömungstafel Diese Station besteht aus einer Acrylglas Doppelscheibe, die auf einem Holzgestell montiert ist. Die Tafel ist beweglich gelagert, sodass der Besucher sie durch Anstoßen in Bewegung setzen kann. Zwischen den zwei Acrylglasscheiben befindet sich Wasser, das mit kleinen Teilchen angereichert ist. Hier bekommt der Besucher einen Eindruck vom Zusammenhang zwischen Rhythmus und Gestaltbildung. Denn sobald man die Tafel in eine Pendelbewegung versetzt, beginnt das Wasser damit ein- und ausrollende Spiralen zu bilden, welche das Formprinzip nahezu aller Lebewesen ist. Durch den Rhythmus erst prallt das Wasser an die Wand der Scheiben, bildet Stauwellen und somit Strukturen, die stark an die Struktur des Meeresuntergrundes erinnern. Ganz deutlich wird beim Beobachten, wie das Wasser mit Hindernissen umgeht. Es umspült sie sacht und umschifft sie, weil es durch engere Kanäle schneller fließt. Trifft das Wasser auf einen Widerstand, so bildet sich ein Stau vor ihm und ein Sog nach ihm. So kann der Betrachter alle Urbewegungen des Lebendigen in der Strömungstafel beobachten. Aber auch die Zeit wird durch den Rhythmus von Wasser und Gestaltbildung beeinflusst. Denn im Lauf der Zeit verändern sich die Bilder der Strömungstafel. Dadurch geht das Spiel mit der Strömungstafel in die körperliche Befindlichkeit des Menschen über. Denn die Zeit und Geduld, wel48 che der Besucher zur Beobachtung aufbringt, ist erlebbare Zeit. Wasserstrudel Ein Rührwerk im Innern des Zylinders setzt durch Handkurbelantrieb das Wasser, das die Hälfte des Behälters ausfüllt, in erst langsame, dann schnellere Umdrehung. Das Wasser steigt dabei an den Wänden hoch und formiert sich zu einem Strudel mit einem bis zum Boden reichenden Sogtrichter in seinem Inneren. Die Wassermengen, die den Körper des Trichters bilden, rotieren in spiraliger Bewegungsform in zwei Richtungen: von oben nach unten, zugleich aber - ähnlich wie bei einer Pendelschwingung in gegenläufiger Richtung von unten nach oben! Die Schraubung von oben nach unten wirkt saugend, die von unten nach oben treibend. Oben beginnt das Kreisen langsam, um sich nach unten hin zu beschleunigen. Umgekehrt verhält es sich mit der Rotationsgeschwindigkeit von unten nach oben. Die Spirale ist das formende Prinzip der Strudelbewegung. In der Spiralbewegung offenbart sich eine zentrale Gestaltungskraft der Natur, wie man sie beispielsweise in Schnecken, Farnen Tannenzapfen oder auch der menschlichen DNA wiederfindet. Die Spirale ist ein Leben beherrschendes Ordnungsprinzip. Als Kinder waren wir fasziniert vom Anblick des Strudels, mit dem das Badewasser in den Abfluss gurgelte. Kinder sehen anders als Erwachsene. Bei ihnen ist der sowohl nervöse wie bluthafte Zusammenhang der Sehvorgänge und der Sehgegenstände mit allen anderen Sinnesverrichtungsorganen noch ebenso innig, wie während deren Entwicklungsgeschichte vor der Geburt. Für sie gilt der Satz: Nicht das Auge sieht, sondern der Mensch sieht. Die Spiralbewegung ist eine der Urformen, die die Entwicklungsbewegung des werdenden Lebens ausführen. Wem es gelingt, sie mit den Augen des Kindes zu sehen, an dem vollzieht sich über die Vernetzung von Nerven- und Blutbahnen eine erinnernde Rückbindung an die frühesten Bewegungsmuster der Keimgeschichte. Darin liegt der Grund für die Faszination des „Badewasserstrudels”. 49 ERFAHRUNGSFELDER - EINE In Nürnberg, Essen und Wiesbaden gibt es umfassende Erfahrungsfelder zur Entfaltung der Sinne, die mit großem Erfolg arbeiten. Allein das „Erfahrungsfeld zur Entfaltung der Sinne und des Denkens“ im Schloss Freudenberg in Wiesbaden wird jährlich von mehr als 120.000 Menschen besucht und wird mittlerweile auch stark von weltweit operierenden Wirtschaftsunternehmen als Fortbildungsstätte genutzt. Auch das Nürnberger Erfahrungsfeld, das nur über Sommer seine Tore öffnet, weist über 100.000 Besucher pro Jahr auf. Hier ist das Erfahrungsfeld mit jährlich wechselndem Themenschwerpunkt in einem städtischen Park aufgebaut, was es zu einem besonders attraktiven Ausflugsziel für Schulklassen, Kindergartengruppen und Familien macht. Weitere öffentliche Erfahrunsgfelder gibt es in Essen, Biberach, Bremervörde, in Rütthubelbad (Bern/CH) sowie in Manila/Philippinen. An vielen weiteren Orten in Deutschland gibt es kleinere Projekte und mobile Erfahrungsfelder zur Entfaltung der Sinne, die für gezielte Veranstaltungen genutzt werden können. So bietet z.B. die Landeszentrale für Gesundheit in Bayern e.V. ein Sortiment an Erfahrungsstationen an, die Schulen, Kindergärten und anderen Bildungseinrichtungen zur Verfügung gestellt werden bzw. bei gesundheitsbezogenen Aktionstagen genutzt werden. Außerdem werden die von Hugo Kükelhaus entwickelten Erfahrungsstationen zunehmend in ihrem spielerisch-therapeutischen Wert erkannt und werden vielerorts mehr oder weniger aktiv zur Gestaltung von Therapiegärten, Kurparkanlagen, Klinikgeländen etc. verwendet. 50 ERFOLGSGESCHICHTE Die Erfahrungsfelder zur Entfaltung der Sinne treffen einen Nerv der Zeit, sie scheinen in Menschen etwas anzusprechen, was sie bewegt. Besucherzahlen In Kaufungen rechnen wir in den ersten Jahren mit einer Besucherzahl von rund 10.000 Personen. Dabei gehen wir von Öffnungszeiten an allen Wochenenden in den Monaten Mai bis September sowie Führungen und Workshops für Schulklassen unter der Woche aus. ANGEBOTE UND ZIELGRUPPEN Die Sinnesgänge zeichnen sich durch die Ansprache einer sehr großen Bandbreite an Zielgruppen aus. Aus mehreren Jahren Erfahrung mit mobilen und temporären Projekten mit sehr unterschiedlichem Klientel hat sich gezeigt, dass das Erfahrungsfeld zur Entfaltung der Sinne ein hohes Potenzial hat, Besucher quer durch alle Altersgruppen, unabhängig von Bildungsniveau und ethnischer Herkunft, anzusprechen und zu begeistern. Staunen, Entdecken und Spaß haben ist ebenso möglich wie eine intensive Weiterbildung, Forschungs- und Studienarbeit an Themen der Wahrnehmung, der Kommunikation und des sozialen Lernens. Öffnungszeiten In der Zeit zwischen Ostern und September sind die Sinnesgänge samstags, sonn- und feiertags von 11.00 – 18.00 Uhr geöffnet. Montags bis freitags werden nach Voranmeldung Führungen, Workshops und Seminare angeboten. Darüberhinaus sind Sonderaktionen und kulturelle Abendveranstaltungen geplant, die separat angekündigt werden. Außerdem können die Räume der SinnesGänge ganz oder teilweise für Firmenevents, Feste und private Veranstaltungen gemietet werden. Einzelbesucher, Familien, Kleingruppen... Als zentrales Anliegen sollen die Besucher angeregt werden, selbstständig und aktiv die Stationen des Erfahrungsfeldes zu entdecken, zu staunen, zu experimentieren und beobachten. Dies wird zum einen durch eine Beschriftung der einzelnen Stationen erreicht, die neben einer kurzen Anleitung vor allem Anregungen und Fragen mit auf den Weg gibt, die in der Auseinandersetzung mit der entsprechenden Station zum Gedankenanstoß werden können. Zum anderen wird die Ausstellung von 3 – 4 pädagogisch und fachlich geschulten Mitarbeitern betreut. Ihre Aufgabe ist es, so viel wie möglich den Besucher selbst entdecken und erfahren zu lassen, nur Wegbegleiter zu sein und keine Erfahrungen vorweg zu nehmen. Je nach Intensität der Auseinandersetzung und der Verweildauer an den einzelnen Stationen dauert ein Rundgang durch die SinnesGänge 1,5 bis 2 Stunden. Schulklassen und Kindergartengruppen Die größte Zielgruppe für Führungen und Workshops unter der Woche sind Schulklassen und Kindergartengruppen. Auch bei den geführten Rundgängen steht das eigene Entdecken und Experimentieren der Besucher im Vordergrund. Die Führung kann dabei helfen, Zusammenhänge und Verknüpfungen der einzelnen Themen untereinander herzustellen und vor allem Brücken in den Lebensalltag der Besucher zu bauen. Kinder haben ein natürliches Bedürfnis, die Welt zu entdecken und auszuprobieren. In den SinnesGängen ist ein spielerisch-experimentelles Lernen gefragt und angeregt. Es geht nicht in erster Linie darum Wissen über die Sinne zu vermitteln, sondern anhand des Umgangs mit den Phänomenen des Hörens, des Sehens, des Tastens zu erleben, was die Eindrücke mit uns machen, berührt zu werden von der Welt, zuzulassen, dass Eindrücke mich be-eindrucken im wahrsten Sinne des Wortes. Ein solches Erlebnis, vom Klang des Gongs berührt zu werden, kann viel aufschlussreicher sein, als manch eine wissenschaftliche Erklärung über das Wirken der Schallwellen im Ohr. Die Sinnesgänge sind ein idealer Ort, um eine entdeckende, experimentelle Lernkultur zu pflegen. Neben dem zentralen Thema der menschlichen Wahrnehmung können in Führungen Workshops anhand von Experimenten und Gruppenübungen auch übergreifende Themen wie soziale Fähigkeiten, Nähe und Distanz, Leben ohne Licht usw. bearbeitet werden. Sozialkompetenz entwickeln – für Schüler, Jugendgruppen, Teams... In der menschlichen Begegnung und Kommunikation spielt die Wahrnehmung eine zentrale Rolle. 51 Die Stationen des Erfahrungsfeldes zur Entfaltung der Sinne vermitteln durch ihren spielerisch-experimentellen Charakter eine lockere und ungezwungene Arbeitsatmosphäre, um die Grundphänomene der Wahrnehmung und des eigenen Erlebens und Interpretierens der Umwelt zu entdecken und zu erarbeiten. Durch gezielte Kommunikationsübungen und Gruppenerfahrungen können diese Entdeckungen leicht in den Alltag übertragen werden. Für diese Projekte kooperiert das Erfahrungsfeld zur Entfaltung der Sinne Kassel mit weiteren Partnern aus den Bereichen Coaching, Beratung sowie Erlebnis- und Zirkuspädagogik. Senioren Im Alter lässt die Kraft der Sinnesorgane nach. Ältere Menschen hören und sehen oft schlechter, die Bewegungs- und Koordinationsfähigkeiten werden eingeschränkter. Der spielerisch-entdeckende Ansatz des Erfahrungsfeldes zur Entfaltung der Sinne kann hier die Wahrnehmungsorgane anregen und stimulieren und neue Entdeckerfreude an Klängen, Farben, Formen, Bewegung und Gleichgewicht wachrufen. In Kooperation mit Senioren-Wohn- und Pflegeeinrichtungen bieten wir spezielle Führungen und Projektnachmittage an. 52 DER STANDORT 53 ! "#$% &'( ) !%*+, -. */ , 0$%1 $ $%2*331-4-1, & $1 / / 5%#-2 5%67 )06%3# *"/ ! -18-19-13, 5% .8-28.:& ;"%< 1 ) 5%: &) ;:< =& " ">( "/' ! 5%&' =&"%%1( & )!!*( ,0 "!! 54 >$ Urrsprünglich war der Ofen „umhaust“, d.h. der Luftraum um den Ofen war mit einer Holzdecke geschlossen, auf der Trockenregale standen. Die Umhausung soll in Teilen wieder hergestellt werden. Sowohl im EG als auch in der Mitte des Bohlengangs lief der sog. „Kreistransporteur“ mit dem die Steine aus der Trocknung ins EG verbracht wurden. Im EG abgebaut, soll die Eisenkonstruktion im Luftraum erhalten bleiben. Die gusseisernen Rundbogenfenster und das Sichtmauer-werk der Außenwände und des Ofens geben dem Raum einen ganz eigenen Charakter der – schon aus denkmal-pflegerischen Gründen erhalten werden soll. Das Ofengewölbe wurde in den Jahrzehnten seiner Nutzung immer wieder repariert und geflickt. Hierdurch ist ein sehr vielfältiges Oberflächenprofil in den verschie-densten Rot-Brauntönen entstanden, das mit entsprech-ender Beleuchtung zur Geltung gebracht werden soll. Alle Wand- und Gewölbeflächen müssen jedoch gereinigt und offenporig versiegelt werden. Der Estrich um den Ofen ist nicht zu halten, er muss voll- ständig erneuert werden und soll mit eingelegten Eisen- und Ziegelsteinen strukturiert werden. Der in Sand verlegte Ziegelboden auf dem Ofen muss aufgenommen und neu verlegt werden. Die über 350 Feuerungs- und Lüftungsöffnungen sollen verkürzt und mit dem Ziegelboden bündig verlegt werden. Der (heizbare) Seminarraum wird über den Luftraum zur Außenwand hin erweitert, erhält Holzkastenfenster und ist zum Ausstellungsbereich hin vollständig (isolier-)verglast. 55 !" # $% & '! '( $ )*+* !,! 56 () "-.)./ ,-" $' /0 .12134+ , !45345667784534566 DER ZEITPLAN 2009: Einwerben der Sponsoren und (ehrenamtliche) Vorarbeiten 2010: Baumaßnahmen 1. Bauabschnitt 2011: Jan - März Beleuchtung und Einbau der Stationen 2011: Mitte Mai: Eröffnung im Rahmen der 1000 Jahrfeier von Kaufungen 57