Spurensuche im Klosterviertel

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Spurensuche im Klosterviertel
Spurensuche im Klosterviertel
- Orte und Geschichte(n)
Spurensuche im Klosterviertel
- Orte und Geschichte(n)
Herzlich Willkommen!
Mit diesem Katalog zeigen wir
nun, was wir auf unserer mehrwöchigen Spurensuche durch
das Klosterviertel in Berlin
Mitte entdeckt haben.
Wie fing es eigentlich an?
Im Herbst 2010 kamen wir alle
im Projektunterricht zusammen und hörten zum ersten
Mal von der Idee “Spurensuche im Klosterviertel”.
Was soll eine Spurensuche
überhaupt sein & gibt es wirklich
Interessantes im Klosterviertel?
Es gibt ein Klosterviertel? Wo? Denn gerade Berlin ist eine
Stadt im Wandel! Buckelalt,
Wir erfuhren im Zentrum für aber immer wieder modern mit
Berlin-Studien, in der Aus- einer bewegten und wechselstellung “Berlins vergessene vollen Geschichte.
Mitte“ und während unserer eigenen Recherchen, dass sich Wir zogen los! Mit Kamera und
unsere Umwelt immer wieder alten Archivfotos bewaffnet,
auf vielfältigste Art und Weise suchten wir unsere Spurenverändert:
suchepunkte. Wir interviewManchmal bemerken wir diese ten Zeitzeugen & Schriftsteller,
Veränderungen, manchmal je- stöberten in der Bibliothek und
doch nicht. Wir können aber sammelten unser Material.
einige Veränderungen mit der
Kamera sichtbar machen.
Projektgruppe der „Evangelischen Schule Berlin Zentrum“
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Herzlich Willkommen!
Das Ergebnis liegt nun vor:
Eine begehbare Ausstellung,
Kataloge und wir präsentieren
unsere Interviews und viele
weitere Fotos auf dem Spurensucheportal
www.spurensucheprojekt.de
Viel Spaß wünschen die Spurensucher der ESBZ.
.
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Herzlich willkommen zu unserem Spaziergang
durch das Klosterviertel - der Urzelle Berlins!
Erlebt mit uns eine kleine Zeitreise durch das
Viertel und entdeckt wie wir, viele neue und interessante Details zur Stadtgeschichte.
Unsere Spurensuchepunkte:
° Die Klosterstraße
° Das Amtsgericht Mitte & die Littenstraße
° Der U-Bahnhof Klosterstraße & der Bunker in der Waisenstraße
° Das Palais Podewil
° Das Restaurant “Zur letzten Instanz“
° Der Jüdenhof
° Das Alte Stadthaus
° Die Schleuse Mühlendamm
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Die Klosterstraße 1830
Eduard Gärtner “Die Klosterstraße“, 1830
Seit wann gibt es überhaupt
die Klosterstraße? Sollte hier
wirklich einmal mehr Leben
gewesen sein als jetzt? Kaum
vorstellbar, denn das Klosterviertel ist heute augenschein-
lich fast ausgestorben. Ab und
zu sieht man Menschen, die
in die umliegenden Büros eilen oder Touristen, erkennbar
an den Stadtführern, die sie in
Taschenform mit sich herumtragen... Also muss hier doch mal
was tolles gewesen sein und es
interessante Dinge zu entdecken geben?!
Wir machten uns auf die Suche
– geleitet von den Fragen: Wer,
wieso weshalb, warum..
Die erste Spur führte uns in die
Stadtbibliothek, wo wir in den
Büchern zum Viertel stöberten.
Ein Buch mit dem Titel „Quer
durch Mitte - Das Klosterviertel“, geschrieben von Ralph
Hoppe, inspirierte uns sehr.
Wir luden ihn zu einem Interview in unsere Schule ein. Und
zwei Wochen später saßen wir
mit unserem Diktiergerät in
der Schulbibliothek. Das Interview kann man sich im Portal
anhören. Es war eine unserer
Hauptquellen für unsere weitere
Recherche:
Die Klosterstraße in Berlin Mitte
ist eine der ältesten Straßen der
Stadt.
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Die Klosterstraße 1910
“Die Klosterstraße“, 1910
Der Name ist auf das ehemalige
Franziskaner-Kloster zurückzuführen, welches sich in der
Klosterstraße befand. Heute
ist es nur noch eine Ruine und
heißt wie früher Graues Kloster,
nach den Mönchen, die dort
immer graue Kutten trugen. Die
Straße wurde nach dem Kloster
benannt und das Viertel nach
dieser Straße.
Die Klosterstraße ist eine etwa
400 Meter lange, heute relativ
ruhige und idyllische Straße.
Sie beginnt an der heutigen
Grunerstraße und führt dann in
Richtung Süden in einem leichten Bogen bis hin zur Spree
ans Rolandufer. Auf ihrem Weg
kreuzt sie die Parochialstraße
und die Stralauer Straße.
Ihr ursprünglicher Verlauf begann am Neuen Mark an der
Marienkirche. In einem Bogen
lief sie von dort aus parallel zur
Stadtmauer bis hin zur Stralauer
Straße. Die Stadtmauer bildete
am nördlichen Ende zunächst
eine Sackgasse. Als die Stadtmauer dann allerdings abgerissen wurde, führte die Straße bis
zur Neuen Friedrichstraße.
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Die Klosterstraße 2011
“Die Klosterstraße“, 2011
Heute ist die Klosterstraße nur
noch halb solang wie damals.
Heute existiert nur noch der
südliche Teil.
Die Klosterstraße ist in etwa so
alt wie die Stadt Berlin. Sie entstand im Zuge der Vergrößerung
des heutigen Nikolaiviertels Anfang des 13. Jahrhunderts.
Im
Mittelalter
war
die
Klosterstraße die vornehmste
Straße in Berlin. Markgrafen
und Kurfürsten suchten diese
Straße auf, um dort zu zumindest für eine kurze Zeit zu leben.
Das Viertel gehörte zur „gehobenen Wohngegend“ der
Stadt. Im 17. und 18. Jahrhundert entstanden vor allem zweibis dreigeschossige Bürgerhäuser wie zum Beispiel das
Palais Podewil, welches durch
seine bemerkenswerte Architek-
tur auffällt. Die Parochialkirche
befindet sich ebenfalls an der
Klosterstraße. Aus der Luftperspektive sieht sie aus, wie ein
vierblättriges Kleeblatt. Das Besondere an ihr, war das Glockenspiel mit 37 Glocken. Leider
wurde der Kirchturm, nachdem
er im II. Weltkrieg zerstört wurde,
bisher noch nicht wieder aufgebaut. Aber die Bemühungen zum
Wiederaufbau bestehen.
Die Klosterstraße hat eine
sehr abwechslungsreiche Namensgeschichte:
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Die Klosterstraße 2011
1690 wurden zunächst mehrere
Straßenabschnitte unter dem Namen Klostergasse zusammengefasst. Die Abschnitte waren meist
nicht größer als ein Block oder
eine Straßenseite. Diese Straßenabschnitte hatten im Laufe der
Jahre verschiedene Namen: „Gegen dem Grauen Kloster“, „Neben dem Grauen Kloster“, „Am
Georgenthor“, „Am Oderberger
Tor“, „Neben der Kanzlei“, „Gegen der Kanzlei“.
Erst zu Beginn des 18. Jahrhunderts bekam die Klostergasse ihren
heutigen Namen “Klosterstraße”,
um ihrer damaligen Bedeutung
gerecht zu werden.
In der Klosterstraße gibt es eine
Menge historischer Gebäude zu
entdecken: Zum Beispiel die Parochialkirche – berühmt für ihr
Glockenspiel, welches nicht nur
in Berlin bekannt war, oder das
Alte Stadthaus, die Reste der alten Stadtmauer oder man besucht
Berlins ältestes Restaurant „Zur
letzten Instanz“, ein Fingerzeig
auf den Justizpalast in der Littenstraße.
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Der U-Bahnhof Klosterstraße
An der aufwendig gestalteten
U-Bahnstation “Klosterstraße”,
welche am 1.Juli 1913 in Betrieb ging, hält die U-Bahnlinie
U2. Der Name der Bahnstation
be-schreibt auch seine Lage:
Er befindet sich in der
Klosterstraße in Berlin-Mitte.
Alfred Grenander, ein schwedischer Architekt, der viele UBahnhöfe in Berlin gestaltet hat,
plante auch die Station in der
Klosterstraße.
Der U-Bahnhof Klosterstraße
liegt 6,3 Meter unter der Erde. Er
wurde allerdings in 8 Meter Tiefe
gegründet. Das war damals für
einen U-Bahnhof eine beachtliche Tiefe. Wenn man auf den
Bahnsteig steht, erkennt man
seine beachtliche Breite und
seine kurvige Lage.
Die Breite (11,6 Meter) begründet sich damit, dass der Bahnsteig ursprünglich für 3 Gleise
– 3 verschiedene Strecken gedacht war. Eigentlich sollten
die Fahrgäste von hier aus mit
den angedachten 3 Zügen zur
Schönhauser Alle, zur Frankfurter Allee und zum Potsdamer
Platz fahren können.
Die aufwendige Gestaltung der
Station mit seinen verschiedenfarbigen Kacheln sticht jedem
Besucher ins Auge. Auch die
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Der U-Bahnhof Klosterstraße früher/heute
großen Tafeln zeigen, welche
verschiedenen Verkehrsmittel in
Berlin im Laufe der Jahrzehnte
zum Einsatz kamen. Ein- und
Aussteigende können sich zum
Beispiel den Wagen 12 genauer
anschauen.
Wer aufmerksam durch den
Bahnhof geht, dem wird eine
Bronzetafel auffallen. Auf ihr sind
die geschichtlichen Eckdaten
der Berliner U-Bahn aufgezählt.
Ebenso zeigt die Tafel die Gesichter aller für den U-Bahnbau
wichtigen Personen. Nach dem
II. Weltkrieg war die Tafel verschollen und tauchte erst in den
80er Jahren wieder auf.
Wer schon einmal auf dem Bahnsteig Klosterstraße stand, sind
bestimmt auch die sogenannten
Vorhallen im Zwischengeschoss
aufgefallen. Fachleute sprechen
hier von einer gehobenen Ausstattung, denn der Bahnhof befand sich in der Nähe des Alten
und Neuen Stadthauses, Außenstellen des Roten Rathauses.
Deshalb musste auch der Bahnhof repräsentativer gestaltet
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Der U-Bahnhof Klosterstraße
sein. In der südlichen Vorhalle
gibt es außerdem eine kleine
Kunstgalerie: 4 Ölgemälde des
Münchner Künstlers Friedrich
Holwein zieren die Halle.
“U-Bahnhof Klosterstraße“ 2011
“U-Bahnhof Klosterstraße“,
Ende 19. Jahrhundert
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Der Bunker in der Waisenstraße 2011
Bunkereingang Waisenstraße
Der Bunker Waisentunnel ist ein
ehemaliger U-Bahnhofsrohbau,
der zu einer geplanten U-Bahnstrecke von Gesundbrunnen
nach Neukölln gehörte. Diese
wurde 1912 von der AEG für
die Stadt Berlin geplant und teil-
weise gebaut.
Durch den I. Weltkrieg wurden
die Bauarbeiten unterbrochen
und nach dem Krieg nicht mehr
nach den alten Plänen weitergeführt.
Im II. Weltkrieg wurde in den UBahnhofsrohbau ein Luftschutzbunker eingebaut, der auch
heute noch existiert.
Wir waren auf einer kleinen
Zeitreise:
Die Bunkeranlage ist 260 m
lang. Sie besteht aus einem langen Gang, von dem auf beiden
Seiten Räume (Aufenthalts- und
Sanitärräume) abgehen. Der
Bunker hat 1200 qm Nutzfläche.
Der Eingang des Bunkers liegt
im Boden. Er besteht aus einem
Betonrahmen, in dem ein Gitter
liegt, durch das man eine Treppe, die nach unten führt, sehen
kann.
Mit den ersten Bombenangriffen auf Berlin beschloss die
Stadt Sicherungsmaßnahmen
für die Bevölkerung und für die
Rüstungsindustrie. Dazu gehörte unter anderem auch die
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Der Bunker in der Waisenstraße 2011
lag zu nah an der Oberfläche. Ein
schlimmer Treffer hätte ausgereicht, viele Schutzsuchende zu
töten.
Maßnahme „Aktion Mutter und
Kind“. Dafür sollten Mütter und
Kinder in neugeschaffenen Bunkeranlagen schlafen gehen.
Dazu gehörte auch der Bunker
in der Waisenstraße.
Die Verwaltung schaffte in diesen unterirdischen Räumen
Platz für zirka 1000 Personen,
doch in den schlimmsten Zeiten
des Krieges mussten viel mehr
Menschen darin Schutz suchen.
Gasschleusen sollten sie vor
Vergiftung schützen, doch eigentlich waren die Menschen
ungeschützt, denn die Anlage
Die Mütter wurden mit ihren
Kindern in kleinen zellenartigen Räumen untergebracht. Die
Räume waren jeweils ca. 3 x 2
Metern groß und wurden mit 7
Personen belegt, obwohl nur
zwei 3 Stockbetten pro „Zelle“
zur Verfügung standen. Nur
wer einen Berechtigungsschein
hatte, durfte den Bunker betreten – streng geprüft in den Räu-
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Der Bunker in der Waisenstraße 2011
men der Bunkeraufsicht.
Zum weiteren Schutz wurde eine
ausgeklügelten
Belüftungsanlage mit Kohlefiltern und Gasschleusen installiert. Es gab ein
Notstromaggregat und weitere
Versorgungsräume.
Über drei Eingänge konnte die
Schutzanlage betreten werden,
am Nord- bzw. Südende befanden sich Notausgänge in den
Waisentunnel. Heute sind nur
noch der Mitteleingang in Höhe
der Voltairestraße und die Notausgänge intakt.
In einzelnen Abschnitten des
Bunkers herrscht unterschiedliches Klima. Das liegt an der Nähe
zur Spree. So ist es am Südende,
Richtung Spree, feuchter als am
Nordende. Davon zeugen die
unterschiedlichen Rostzustände
der im Bunker verbauten Eisenteile.
Nach dem Ende des II. Weltkrieges wurde der Bunker nicht
mehr als Schutzraum genutzt.
Kurzzeitig nutzte der VEB Champignonzucht einige Räume in
den 50ger Jahren. Die Ertragsquote war allerdings nicht sehr
hoch, so dass die Zucht in den
60er Jahren wieder eingestellt
wurde.
Heute wird der Bunker ab und
zu für Filmarbeiten genutzt und
ist zu Sonderveranstaltungen
der Öffentlichkeit zugänglich.
Er ist Eigentum der BVG und ist
man im Bunker, hat man keinen
Handyempfang.
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Das Palais Podewil 1951
Der französische Architekt Jan
de Bodt entwarf das Barockpalais, welches nach seinen Plänen
1701 bis 1704 in der damals sehr
vornehmen Klosterstraße gebaut
wurde. Vorher stand hier ein einfaches Lehmfachhaus, welches
nach Bränden mehrfach wiederaufgebaut wurde und bautechnisch den jeweiligen Umständen
angepasst wurde.
welcher für Friedrich den Großen
als Staatsminister für Auswärtiges tätig war. Podewil war allerdings mit dem Aussehen des
Hauses nicht ganz zufrieden und
ließ es durch das Anbringen von
Stuckdecken und Auftragen von
Wandgemälden aufwerten.
Nach dem Tod Podewils ging
das Haus durch viele Hände und
seine Nutzung änderte sich dadurch stetig:
Das dreigeschossige Wohnhaus So wurde das Palais 1874 vom
mit Balkon gehörte seit 1732 Berliner Magistrat gekauft, der
Heinrich Graf von Podewil, im ersten Stock das Märkische
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Das Palais Podewil 2011
Provinzialmuseum unterbrachte.
Das Museum war das das erste
rein bürgerliche, vom Königshaus unabhängige Museum
Berlins. Heute kennt man es
unter dem Namen „Märkisches
Museum“ am Köllnischen Park.
Die oberen Etagen wurden als
Dienststellen des Magistrats genutzt.
Ende des 19. Jahrhunderts
wurde das Haus renoviert und
erhielt einen Anbau. Und wieder
änderte sich seine Nutzung: So
war es zuerst Sitz der Berliner
Wasserwerke und ab 1920 zog
die Bezirksverwaltung von Berlin Mitte ein. Es wird sogar wieder Amtssitz - ab 1937 war der
Bezirksbürgermeister von Mitte
neuer Hausherr.
Im II. Weltkrieg wurde das Palais Podewil schwer beschädigt
– eigentlich bis auf die Grundmauern zerstört. Allerdings lässt
die DDR-Regierung das Haus ab
1952 wiederaufbauen. Die Fassade erhält fast originalge-treu
den barocken Stil wieder.
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Das Palais Podewil
Allerdings wird das Dach als
einfaches Satteldach aufgebaut. Auch die verwendeten
Materialien der Rekonstruktion
beim Außen- und Innenausbau
sind nicht original. Die Bauarbeiter verwenden zum Beispiel
Stahlbeton und die Innenräume
werden komplett neu angeordnet.
Schon 1954 wird das Haus neu
eröffnet. Ab jetzt dient es als
Klubhaus der Freien Deutsche
Jugend (FDJ). Unter der Leitung
der FDJ wird es zum „Haus der
jungen Talente“ (HdjT) –
ein attraktiver Anziehungspunkt
für die Jugend.
1966 werden die Festsäle und
der Dachstuhl durch einen Brand
erneut vernichtet. Die Zerstörung
gibt aber auch die Möglichkeit,
das Dach nach der historischen
Vorlage wieder aufzubauen.
Mittlerweile nutzen die Jugendlichen den großen Saal des
Hauses für Konzerte und Filmvorführungen oder treffen sich
in einer der zahlreichen Arbeitsgemeinschaften, die es im HdjT
gibt: Literaturzirkel, Foto-AG,
philosophische Gesprächsrunden, Pantomime, Tanz und vieles
mehr. Zwischenzeitlich werden
etwa 40 verschiedene FreizeitGruppen gezählt.
Beim
Kartenvorverkauf
für
Konzerte ist der Andrang oftmals so groß, dass die Schlange
bis auf die Straße geht und die
Jugendlichen im Haus schlafen,
damit sie sich ihre Karten sichern
können.
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Das Palais Podewil in den 70er und 80er Jahren
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Das Palais Podewil 2011
Mit der Wende ändert sich wieder
die Nutzung des Hauses. Noch
bis 1991 existiert das „Haus der
jungen Talente“. Danach wird es
geschlossen und wieder, noch
aufwendiger, renoviert. Von der
Hausaufteilung der DDR bleibt
kaum etwas zurück. Ein neuer
Zeitgeist zieht ein.
1992 wird das Haus unter dem
Namen „Podewil“ wieder eröffnet. Es ist immer noch ein Kulturzentrum für verschiedenste
kulturelle Veranstaltungen.
Hof des Podewils, 2011
Im Zuschauersaal gibt es heute
450 Plätze und es finden verschiedenste Konzerte oder Literaturlesungen statt. Auch der
Innenhof wurde saniert und für
Freilichtveranstaltungen wieder
nutzbar gemacht.
Die Zweigstelle des Grips-Theaters hat hier ein Zuhause gefunden und zieht wieder junges
Publikum an.
Das Palais steht heute unter
Denkmalschutz.
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„Zur letzten Instanz“
Willkommen im ältesten Restaurant Berlins!
Das Gebäude wurde 1561 zum
ersten Mal erwähnt. Im Jahr 1621
wurde hier von einem Reitknecht
des Kurfürsten Georg Wilhelm
als Branntweinstube eröffnet.
Weil viele Menschen das Graue
Kloster in der Waisenstraße besuchten, kehrten sie oft auch in
der Stube ein und so wurde der
Treffpunkt immer bekannter.
Die Parochialkirche gegenüber
erhielt 1719 ihr berühmtes
“Zur letzten Instanz”, ohne Jahresangabe
Glockenspiel und wurde somit ein Ausflugspunkt. Auch die
Gastube profitierte davon. Um
ordentlicher und anziehender
auf Familien zu wirken, wurde
sie in „Biedermeierstübchen am
Glockenspiel“ umbenannt.
Über die Jahre aßen und tranken
viele berühmte Persönlichkeiten
in der Gaststube. Vor allem in
der 20er Jahren scheint es ein
Treffpunkt für Promis zu sein.
Davon Zeugen Fotos, Bilder und
Gedichte. Die heutigen Besitzer
zählen stolz auf: Maxim Gorki
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„Zur letzten Instanz“
vlnr. Heinrich Zille,
Clara Zetkin, Charlie Chaplin,
Henny Porten
(russ. Schriftsteller), Hermann
Sundermann
(Schriftsteller),
Heinrich Zille (Maler, Zeichner),
Charlie Chaplin (brit. Schauspieler), Clara Zetkin (Politikerin und
Frauenrechtlerin), Otto Nagel
(Maler), Henny Porten (Schauspielerin),
Wilhelm
Raabe
(Schriftsteller) und viele mehr.
1924 erhält die Gaststube einen
wieder einen neuen Namen: „Zur
letzten Instanz“, eine Anspielung
auf das nahe liegende Amtsgericht in der Littenstraße. Um die
erneute Namensgebung ranken
sich viele Mythen. Zum Beispiel
die Geschichte von zwei Bauern,
die miteinander im Rechts-streit
waren, aber ihn in letzter Instanz
bei einem Bier (zuviel) beilegten.
Oder die romantische Geschichte eines Ehepaares, welches
sich eigentlich scheiden lassen
möchte, aber ihre Liebe in der
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„Zur letzten Instanz“
letzen Instanz neu erblühen lassen.
Während des II.Weltkriegs erlitt
das Gebäude starke Schäden.
Deshalb wurde es 1961 geschlossen und an den DDRStaat übergeben. Der Staat als
neuer Eigentümer sorgte für die
originalgetreue
Restaurierung
und schon 1963 wurde das Restaurant wieder eröffnet und erfreut sich seitdem wieder großer
Beliebtheit.
Berühmt ist auch der große Biergarten. Die hintere Wand des
Restaurants ist in die Stadtmauer eingefügt. Das soll noch an
die alten Zeiten erinnern. Was
ebenfalls sehr besonders ist, ist
der alte Majolika Kachelofen aus
Berliner Produktion, an welchem
sich schon Napoleon Bonaparte
gewärmt haben soll.
Alle Speisen im Restaurant haben einen Bezug zur Justiz. So
heißt die Bulette „Verhandlungspause“ und die kurz angebratene
Kalbsleber „Kreuzverhör“.
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“Zur letzten Instanz“, 2011
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„Zur letzten Instanz“
Auch heute kommen noch
viele berühmte Gäste: z.B. der
ehemalige französische Präsident Jacques Chirac oder der
Ex-Bundeskanzler
Gerhard
Schröder.
2003 war das Restaurant Drehort für den Kinofilm "Liegen lernen".
“Zur letzten Instanz“, 1987
“Zur letzten Instanz“, 2011
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Das Amtsgericht Berlin-Mitte
Wir sind Deniz, Mohammed,
Paula, Jasper und Richard haben im Rahmen des Spurensucheprojekts das Amtsgericht
Berlin-Mitte in der Littenstraße
genauer erforscht. Dabei haben
wir auch zum Namensgeber der
Straße - Hans Litten - Fakten recherchiert.
Für unsere Nachforschungen
waren auch die Interviews mit
dem Schriftsteller Ralph Hoppe
und mit dem Pförtner des Amtsgerichts hilfreich. Diese kann
sich jeder unter www.spuren-
sucheprojekt.de anhören.
Hinter der Klosterruine erhebt
sich das imposante Amtsgericht.
Es ist im Stile des süddeutschen
Barocks errichtet.
Noch 1693 stand hier ein
barockes
Amphitheater
für
Tierkämpfe und Wasserspiele.
Für ein neues Kadettenhaus
wurde aber zwischen 17761779 alles abgerissen. Allerdings
benötigte die Stadt auch bald
die Kadettenanstalt nicht mehr
und schon bald zog das Gericht
in die Räumlichkeiten ein. Doch
Amtsgericht-Mitte, 1959
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Das Amtsgericht Berlin-Mitte
der Platz reichte nach kurzer Zeit
nicht mehr aus: Es gab mehr
Bedarf an Räumlichkeiten und
so wurde das Gebäude ab 1900
erweitert. Innerhalb von nur 4
Jahren entstand ein neues Gebäude.
Wie zum Beispiel das Gericht in
Berlin-Wedding wird auch das
Gericht in der Littenstraße als
“Justizpalast” bezeichnet. Ein
Palast ist immer beeindruckend,
oft auch bedrückend. Genau diesen Effekt wollten die Architek-
ten erreichen. Angeklagte sollten
sich in diesem Gebäude noch
kleiner fühlen und die Übermacht
der Justiz noch stärker spüren.
Aber auch Nichtangeklagte
sollten sich der Justizmacht immer bewusst sein.
Im Inneren des Gebäudes eröffnet sich eine große, fast kreisrunde Halle. Das Herzstück
dieser Halle ist die wunderschöne Zwillingswendeltreppe.
Der Grundriss der Treppe bildet
eine 8. Jede einzelne Zwillingswendeltreppe wird von jeweils
Amtsgericht-Mitte, 2011
10 Pfeilern getragen. Bei näherer
Betrachtung sehen die Treppen im Eingangsbereich wie ein
Wasserfall aus. Der Wartebereich wirkt dabei wie ein Teich. In
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Treppe im Amtsgericht-Mitte, 2011
Das Amtsgericht Berlin-Mitte
der Halle wird der Besucher von
Ritterfiguren beobachtet. In der
Halle wacht die unbestechliche,
weil blinde, Justizia über Kläger
und Angeklagte.
Der II. Weltkrieg verursachte
starke Schäden am Haus. Viele
schöne Details gingen dabei verloren. So wurde der Haupteingang bei der Reparatur nur vereinfacht wiederhergestellt. Noch
heute finden sich Einschusslöcher in der Hausfassade.
Ende der 60er Jahre beschloss
die DDR-Regierung eine umfassende Neugestaltung des Viertels. Die Grunerstraße wurde zu
der Hauptverkehrsstraße wie wir
sie heute kennen. Laut & vielbefahren! Dafür musste unter an-
derem der nördliche Flügel des
Amtsgerichts abgerissen werden
und auch andere Gebäudeteile
wurden abgetragen. Die Symmetrie des Hauses wurde dabei zerstört. Eine Tafel am Fußgängerübergang zum Shopping
Centre “Alexa” erinnert daran.
Nach der Wende wurde zuerst
das undichte Dach des Gerichts
renoviert und eine Alarmanlage
eingebaut. Auch die Büros der
Angestellten wurden modernisiert, ebenso die maroden Leitungen.
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Hans Litten
Heute ist das renovierte Haus ein
beliebtes Ziel auf vielen Stadtführungen, nur als Angeklagter
kommt man immer noch nicht
gerne hierher.
Wie fast alle Straßen im Viertel
hat auch die Littenstraße eine
wechselnde Namensgeschichte:
Seit dem 17. Jahrhundert bis
vor 1778 hieß die Straße „Am
Stralauer Thor“, seit 1778 bis
zum 10.5.1951 „Neue Friedrichstrasse“ und seit dem 10.5.1951
„Littenstraße“.
Namensgeber für die Neubenen-
nung war der jüdische Rechtsanwalt Hans Litten. Er wurde
am 19. Juni 1903 in Halle an
der Saale geboren und wuchs in
Königsberg auf.
Schon früh interessierte und engagierte sich Litten für Politik.
So arbeitet er nach seinem Studienabschluss in Berlin für die
Rote Hilfe. Eine Organisation, die
Wilhelm Pieck und Clara Zetkin
gründeten, um notleidende Arbeiterfamilien zu unterstützten.
Die Rote Hilfe gab auch Rechtsschutz und half bei der Vertei-
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Hans Litten
digung von Arbeitern, die wegen
ihrer politischen Aktivitäten oder
Überzeugungen angeklagt wurden. Hans Litten übernahm als
Verteidiger einige Mandate.
In seinen Prozessen versuchte er
zu zeigen, dass die NSDAP keine legitime Partei war, denn mit
Sorge bemerkte er das Erstarken
Hitlers in Deutschland. Um sei
Recht vor Gericht zu bekommen,
lud er dafür sogar Adolf Hitler in
den Zeugenstand und gab ihn
dort der Lächerlichkeit preis.
Nach der Machtergreifung Hit-
lers wurde Hans Litten sofort in
sogenannte Schutzhaft genommen. Die Hilfegesuche seiner
Mutter und anderer Rechtsanwälte mit Bitte auf Freilassung
des Inhaftierten wurden abschlägig beurteilt. Während seiner Zeit
als Anwalt hatte er sich zu viele
mächtige Feinde gemacht. Litten war 5 Jahre in verschiedenen
Konzentrationslagern inhaftiert.
Geschwächt und gebrochen,
erhängte er sich am 5. Februar
1938 im KZ Dachau.
Auf dem Friedhof Pankow III in
Niederschönhausen wurde er
beigesetzt und ihm zu Ehren
wurde die Neue Friedrichstraße
in
Littenstraße
umbenannt.
Eine Gedenktafel am Gerichtsgebäude sowie eine Büste erweisen ihm die letzte Ehre.
Hans Litten-Büste, 2011
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Das Alte Stadthaus
Das Alte Stadthaus wurde von
1902 -1911 für sieben Millionen
Goldmark nach den Plänen des
Architekten Ludwig Hoffmann errichtet. Die feierliche Einweihung
fand am 29.10.1911 statt.
Gebaut wurde es, weil Berlin
stetig wuchs und die Verwaltung
schon bald mehr Platz brauchte
als im Rathaus zur Verfügung
stand – es war also ein ergänzender Verwaltungsbau zum
Berliner Rathaus. Der Magistrat
der Stadt kaufte für den Bau
alle benötigten Grundstücke auf
und riss die darauf bestehenden Gebäude ab. Bis 1938 hieß
das imposante Gebäude übrigens Neues Stadthaus, bis das
„Neue Stadthaus“ in der Parochialstraße diese Bezeichnung
erhielt.
Das „Alte Stadthaus“ ist ein
monumentales Gebäude mit fünf
Innenhöfen, einem Festsaal und
einem Turm. Der Grundriss ist
unregelmäßig:
Die Frontseite (Jüdenstraße)
misst ca. 83 m, die Seite zur
Klosterstraße 127 m, an der Pa-
rochialstraße 108 m sowie
zur Stralauer Straße stolze 94
m. Auf dem Dach des Turms stand bis 1951 eine Fortuna Statue, die durch eine
Fernsehantenne und später
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Längsschnitt der Mittelachse
Spurensuche im Klosterviertel
- Orte und Geschichte(n)
Das Alte Stadthaus 1955
durch einen Fahnenmast ersetzt
wurde. Die Fortuna Statue wurde
rekonstruiert und ist heute wieder auf dem Dach des alten
Stadthauses zu sehen.
Die Architekten in Berlin träumten schon immer von einer
Umgestaltung des Viertels um
das Stadthaus. Während der
Nazizeit plante man rund um
das Alte Stadthaus alles neu zu
bauen und ein großes Stadt- und
Verwaltungsareal zu schaffen.
Dafür mussten die Häuser vor
dem Stadthaus weichen, denn
hier sollte ein großer Aufmarschplatz entstehen. So erklärt sich
die heutige Freifläche vor dem
Haus, auf welcher nur Fahnenmasten und ein traurig verloren
wirkender Springbrunnen stehen.
Während des II. Weltkriegs wurde
das Gebäude von Fliegerbomben getroffen, doch die größte
Zerstörung des Gebäudes erfolgte in den letzten Kriegsmonaten.
Nach Kriegsende wurde das
zum Teil abgebrannte Mansar-
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Das Alte Stadthaus 2011
dendach nicht originalgetreu,
sondern als Satteldach wieder
aufgebaut. Für das Mansardendach fehlte das nötige Schnittholz. Auch andere Reparaturen
blieben liegen, da Geld, Material und Personal fehlten. Im
Allgemeinen entsprachen „wilhelminische“ Gebäude auch
nicht dem sozialistischen Idealbild, deshalb wurde es nur repariert, statt saniert, und Büros
fanden darin einen neuen Platz.
Erst als 1955 der DDR-Ministerpräsident Otto Grotewohl ins
Alte Stadthaus einziehen wollte,
wurde es modernisiert: Eine Heizung und eine Lüftung, in den
Fluren wurde roter Teppich ausgelegt und die elektrischen Anlagen wurden modernisiert.
Im Zuge dieser Umbauarbeiten
bekam auch der „Bärensaal“,
der Festsaal, ein völlig neues
Gesicht. Während er vorher über
1000 Personen fasste, fanden
nachher nur noch 300 Personen
darin Platz. Aus dem Stadthaus
wurde das „Haus des Ministerrats“.
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Das Alte Stadthaus
Das wohl wichtigste Ereignis, welches jemals im „Alten
Stadthaus“ stattfand, war die
Verhandlung zum Einigungsvertrags 1990 unter Führung von
Lothar de Maizière – dem letzten
Ministerpräsidenten der DDR.
Heute hat hier die Senatsinnenverwaltung ihren Sitz und es
steht unter Denkmalschutz.
Bärensaal 1911
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Bärensaal 1999
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Die Jüdenstraße & der Jüdenhof
Das Wort Jüden ist eine Nebenform zum mittelhochdeutschen
Wort Juden. Also bedeutet
Jüdenstraße Judenstraße.
Die Jüdenstraße ist eine der ältesten Straßen von Alt-Berlin.
Sie ist Ende des 13. Jahrhunderts nach dem hier gelegenen
Großen Jüdenhof benannt. Die
Benennung der Straße hat sich
bis heute erhalten und wurde
auch in der nationalsozialistischen Zeit nicht verändert.
Die Jüdenstraße wurde im 13.
Jahrhundert angelegt. Jüdische
Einwohner sind schon seit 1295
in Berlin nachweisbar.
Von der alten Bebauung der
Jüdenstraße blieben nach den
Zerstörungen im II. Weltkrieg und
den Abrissen in der DDR-Zeit
nur das Rote Rathaus sowie das
Alte und das Neue Stadthaus erhalten.
Von der Jüdenstraße zweigte der
platzartige Große Jüdenhof ab,
dessen alte Bebauung sich bis in
die 30er Jahre erhalten blieb.
1936 stand auf dessen Straßenschild:
Spielende Kinder im “Jüdenhof”, 1930
„Großer Jüdenhof"
Der Große Jüdenhof wurde
nach dem (dort befindlichen)
verschließbaren Wohnsitz der
Juden benannt. Abseits von den
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Die Jüdenstraße & der Jüdenhof
bekannten jüdischen Zentren
wohnten hier viele jüdische
Kaufleute, die im Viertel Handel
betrieben. Ein Ghetto war der
Jüdenhof aber nicht, auch wenn
es zuerst so scheint. Die Juden,
die ab 1671 in die Stadt kamen,
wohnten nicht im Jüdenhof. Sie
waren zu wohlhabend und die
kleinen Häuser im Jüdenhof waren ihnen zu klein.
Der im Hochmittelalter angelegte Große Jüdenhof bestand bis
1937 als ein Ensemble von zwölf
Wohnhäusern um einen fast qua-
dratischen Hofraum zwischen
Jüden- und Klosterstraße.
Der einzige öffentliche Zugang
zum Hof befand sich zwischen
den Häusern Jüdenstraße 46
und 47. Nach der Sanierung
eines Teils der Altbauten und teilweiser Neubebauung in den 30er
Jahren wurde die Bebauung des
Großen Jüdenhofes im Zweiten
Weltkrieg größtenteils zerstört.
Die übrig gebliebenen Gebäude
wurden zu DDR-Zeiten für einen
Parkplatzes abgerissen.
Der Große Jüdenhof ist bis
“Jüdenhof”, 2011
auf seine neben dem Neuen
Stadthaus gelegene Einfahrt im
heutigen Stadtgrundriss nicht
mehr kenntlich.
1937/38 wurden die Häuser
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“Jüdenhof”, 1951
Die Jüdenstraße & der Jüdenhof
Nr. 1 bis 5 für den Neubau der
Städtischen Feuersozietät (heute
Neues Stadthaus) abgerissen.
Die Häuser Nr. 6 bis 12 wurden
renoviert.
1950/51 wurden die Reste des
im Krieg schwer beschädigten
Großen Jüdenhofs abgerissen
und aufgeräumt.
Die oft fotografierte etwa 200
Jahre alte Akazie vor dem Haus
Großer Jüdenhof Nr. 9 wurde
1938 gefällt. Anstelle der Laterne, die danach in der Mitte
des Hofes stand, pflanzte man
um 1939 eine junge Scheinakazie. Dieser mittlerweile stark
verkrüppelte Baum überdauerte
als einziges Relikt des Großen
Jüdenhofs den Krieg und die
Nachkriegszeit. Am Anfang des
20. Jahrhundert befand sich
dort noch der Große Judenfriedhof der israelischen Gemeinde.
Dieser ist ebenfalls nicht mehr
vorhanden.
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Spurensuche im Klosterviertel
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Die Jüdenstraße & der Jüdenhof
Im Zuge der angedachten Sanierung und Umgestaltung im
Stadtgebiet Klosterviertel, inklusive Straßenverlegungen und angedachtem Wiederausbau des
Straßenbahnnetzes soll auch
der Jüdenhof wieder zur Geltung
kommen.
“Jüdenhof”, 2011
Entwurf “Jüdenhof“,
Architektenbüro Haberland
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Die Mühlendammschleuse
Klödenplan Berlin-Cölln, 13. Jhd.
Der Mühlendamm - „Molendam
tu Berlin“ - wurde im 13. Jahrhundert zwischen den beiden
Städten Berlin und Cölln erbaut.
Die Schleuse war damals noch
die einzige Verbindung zwischen
Berlin und Cölln. Meist hatte der,
der den Mühlendamm besaß, die
Macht in den beiden Städten. Mit
dem Bau des Mühlendammes
begann das Zeitalter der Schifffahrt in Berlin und Cölln.
Berlin wurde vom Wasser aus
erbaut, viele Schiffe brachten die
Baustoffe in das Zentrum, denn
die Pferdefuhrwerke konnten
die benötigten Mengen nur sehr
langsam in die Stadt transportieren. Auch der spätere Einsatz
von Autos oder Zügen war dem
Transportschiffsverkehr
keine
Konkurrenz. Also kann man sa-
gen, dass Berlin vom Wasser
her erbaut wurde und der Mühlendamm sozusagen die Urzelle
von Berlin ist.
Der Mühlendamm war ein
sehr wichtiger Standort für die
Produktion, denn am Mühlendamm standen früher Tabakund Getreidemühlen. Außerdem gab es noch in den alten
Bögen Händler, die zwischen
den beiden Städten hin und her
fuhren, und die Städte mit Lebensmitteln versorgten.
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Die Mühlendammschleuse
Die Schleuse wurde im Laufe
der Jahre mehrmals erweitert
und umgebaut. Der Standort
vom Mühlendamm wurde in den
30er Jahren geändert. Den II.
Weltkrieg überstand die Schleuse fast unzerstört, ein Treffer ist
heute noch am leicht abgesackten Führerstandhäuschen erkennbar. 1966 wurde dann der alte
Mühlendamm abgerissen.
1973 wurde die Schleuse
schließlich komplett neu aufgebaut und nochmals erweitert.
Die Kammerlänge des Müh-
Albert Schwendy “Aussicht von den Königlichen Mühlen am Mühlendamm nach der
Langen Brücke in Berlin”, 1850
lendamms beträgt heute 136,00
m, die Kammerbreite der Nordkammer 11,75 m und die der
Südkammer 12,00 m. Außerdem
hat die Schleuse eine Hubhöhe
von 1,50 m. Die Schleuse wurde
als Doppelkammerschleuse von
je 140 m Länge errichtet, von
denen 136 m nutzbar sind.
Die Kammerwände bestehen aus
verankerten Stahlspundbohlen,
die Häupter aus Stahlbeton,
die angrenzenden Ufermauern
wurden aus Granitsteinmauerwerk hergestellt. Die Sohle der
Schleusenkammer besteht aus
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Die Mühlendammschleuse
Mühlendammschleuse, 1981
Mühlendammschleuse, 2011
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Die Mühlendammschleuse
einem Wabenpflaster. Jeder der
8 Stemmtorflügel wiegt ca. 12
Tonnen, sie bestehen aus geschweißtem Stahl. Der Antrieb
der Tore erfolgt über Hydraulikzylinder. Zur Füllung und Entleerung der Kammern befinden sich
in den Toren Segmentschütze.
Seit 1990 werden die Berliner
Wasserstraßen vom Wasser-und
Schifffahrtsamt Berlin unterhalten .
Der Außenbezirk Neukölln ist
u.a. für den Betrieb der Schleuse
Mühlendamm zuständig.
Früher wurden 5-6 Personen für
das Betreiben der Schleuse pro
Schicht gebraucht, doch heute
werden nur noch 2 Schleusenwärter gebraucht – die neue
Computertechnik und die Überwachungskameras machen es
möglich.
Sobald die Sonne nach Berlin
kommt und das Wetter beginnt,
wärmer zu werden, nimmt der
Verkehr auf der Spree sehr stark
zu: die vielen Sportboote und die
Ausflugsdampfer der verschiedenen Reedereien lassen den
Fluss zu einer stark befahrenen
Seestraße werden. In dieser Zeit
ist die Schleuse im Dauerbetrieb.
Mühlendammschleuse, 2011
Projektgruppe der „Evangelischen Schule Berlin Zentrum“
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Spurensuche im Klosterviertel
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Vielen Dank!
Projekträger:
Denk mal an Berlin e.V.
c/o Wall AG
Friedrichstraße 118
10117 Berlin
Dieses Spurensucheprojekt wurde
möglich gemacht durch die materielle & finanzielle Unterstützung von:
Stiftung Lotto Berlin, Evangelische
Schule Berlin Zentrum
„Berlins vergessene Mitte“, Herrn
Grabow im Amtsgericht Mitte für
das Interview, Herrn Petzold von
der Schleuse Mühlendamm, dem
BVG-Mitarbeiter Herrn Joachim
Gorell für die Führung durch den
Kooperationspartner:
Wir danken außerdem herzlich:
Bunker Waisenstraße und Frau Dr.
Centre for Modern Education
Frau Jenny Porschien für die Füh- Gabriele Miketta für das Interview
Anja Kreisel
rung durch das Zentrum für Berlin- zum Palais Podewil & die vielen FoLychener Straße 82
Studien, dem Schriftsteller Ralph tos.
10437, Berlin
Hoppe für das Interview zu „Quer
e-mail: [email protected]
durch Mitte – Das Klosterviertel“,
Herrn Peter Teicher für die Führung
Evangelische Schule Berlin Zentrum durch die Parochialkirche, dem
Wallstraße 32, Gebäude B
Ephraim Palais für die interessante
10179 Berlin-Mitte
Ausstellung & Führung durch die
Projektgruppe der „Evangelischen Schule Berlin Zentrum“
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Bildnachweis
Klosterviertel:
„Berlin Klosterstraße“, Gärtner, Eduard, 1830, wikimedia
„Klosterstraße mit Parochialkirche um 1910“; Hochschule der Künste, Berlin
U-Bahnhof Klosterstraße:
„U-Bahnhof Klosterstraße“, Künstler unbekannt; BVG
Berlin
Palais Podewil:
“Haus der Berliner Jugend”, Gielow, 1952; Deutsches
Bundesarchiv (German Federal Archive), Bild 18313307-0004
Fotos aus dem Archiv des Podewil
“Zur letzten Instanz“:
„Das schöne Berlin“, Fotograf unbekannt, Jahr unbekannt; Deutsches Bundesarchiv (German Federal
Archive), Bild 146-1983-020-01A
Bilder prom. Gäste; wikipedia, 2011
Logo, http://www.zurletzteninstanz.de, 2011
“Zur letzten Instanz”, Oberst, Klaus, 1987; Deutsches
Bundesarchiv (German Federal Archive), Bild 183-19870324-017
Amtsgericht Berlin-Mitte:
“Reste der Stadtmauer und Gericht Mitte”, Brietzke,
1959; Deutsches Bundesarchiv (German Federal Archive), Bild 183-670720001
Hans Litten:
Bild Litten; http://www.tekla-szymanski.com/graphics/
litten.jpg, 2011
Altes Stadthaus:
„Längsschnitt der Mittelachse“, Zeichner unbekannt,
Jahr unbekannt; Festschrift zur Wiedereröffnung des
Bärensaals im Alten Stadthaus Berlin am 21. Juni 1999,
Senatsverwaltung für Inneres, Berlin
„Berlin, Stadthaus, Straßenbahn“, Junge, Peter Heinz,
1955; Deutsches Bundesarchiv (German Federal Archive), Bild 183-28540-0004
„Bärensaal 1911“, Fotograf unbekannt, 1911; Festschrift zur Wiedereröffnung des Bärensaals im Alten
Stadthaus Berlin am 21. Juni 1999, Senatsverwaltung
für Inneres, Berlin
„Bärensaal 1999“, Fotograf unbekannt, 1999; Festschrift zur Wiedereröffnung des Bärensaals im Alten
Stadthaus Berlin am 21. Juni 1999, Senatsverwaltung
für Inneres, Berlin
Jüdenstraße & Jüdenhof:
„Berlin, spielende Kinder im “Jüdenhof”, Fotograf unbekannt, 1930; Deutsches Bundesarchiv (German Fed-
eral Archive), Bild 145 Bild-P063067
„Alt-Berlin - Großer Jüdenhof”, Rudolph, 1950;
Deutsches Bundesarchiv (German Federal Archive),
Bild 183-S99981
„Entwurf Jüdenhof“, Haberland Architekten, Jahr unbekannt; Stadtentwicklung, Berlin
Mühlendamm-Schleuse:
“Berlin und Kölln im Anfang des 13. Jahrhunderts”,
Klöden; wikipedia, 2011
„Aussicht von den Königlichen Mühlen am Mühlendamm nach der Langen Brücke in Berlin“, Schwendy, Albert, 1850; wikimedia
„Berlin Mühlendammschleuse“, Settnik, Bernd, 1981;
Deutsches Bundesarchiv (German Federal Archive),
Bild 183-Z0325-028
aktuelle Fotos:
Spurensucher, Herr Buschner,
Straßenausschnittskarte: googlemaps, 2011
Projektgruppe der „Evangelischen Schule Berlin Zentrum“
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