Chicago Felix Müller

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Chicago Felix Müller
Austauschsemester am Chicago-Kent College of Law, Herbst 2013
Erfahrungsbericht von Felix Müller
Da es mittlerweile sehr viele sich ähnelnde Erfahrungsberichte gibt, werde ich in meinem
Bericht hauptsächlich auf die Dinge eingehen, die nicht zum Standardprogramm gehören, die
mir persönlich etwas Probleme bereitet haben oder die ich sonst als wissenswert empfinde.
Darüber hinaus gehende Fragen aller Art beantworte ich immer gerne. Meine E-Mail Adresse
ist [email protected].
1.
TOEFL Test
Ich rate dazu, möglichst einen Bogen um den Test zu machen. Er kostet ca. 180€, ist ein
richtiger Stressfaktor und nur 2 Jahre gültig. Bei euren nächsten großen Bewerbungen, oft
vermutlich Job-Bewerbungen nach der ersten juristischen Prüfung, wird er dann
wahrscheinlich schon abgelaufen sein und außerdem hat sich euer Englisch bis dahin ohnehin
signifikant verbessert. Für mich war er jedoch unumgänglich, da ich den Kurs „Basic Legal
English“ nicht belegt hatte.
Zur Vorbereitung auf den TOEFL iBT habe ich das Buch „The Official Guide to the new
TOEFL iBT“ von ETS benutzt. Es gibt es in der Bibliothek unter [65 HD 220 T641]. Ich habe
Englisch in der elften Klasse abgelegt und seitdem keine nennenswerte Sprachpraxis gehabt.
Nach einer Woche intensiver Vorbereitung bin ich mit dem Test trotzdem gut zurecht
gekommen. Man ist leicht geneigt, wegen Unsicherheit unnötig viel Zeit in die Vorbereitung
zu investieren. Daher empfehle ich, gleich zu Beginn der Vorbereitung einen Probetest aus
jeder Sektion des Buches machen, um zu sehen, wo man steht. Außerdem muss man so früh
wie möglich Testorte und –termine checken. Eine spontane Teilnahme ist sehr
unwahrscheinlich.
2.
Wohnung
Sowohl die Canterbury Court Apartments (http://www.canterburycourtapartments.com) als
auch die Tailor Lofts (http://tailorlofts.info) sind solide Wohnungen, mit denen man nichts
falsch machen kann. Man kann sich aber auch in der LL.M. Facebook Gruppe oder auf
http://chicago.craigslist.org nach einer privaten WG in der Stadt umsehen. Mit etwas Glück,
wie ich es hatte, kann man dann z.B. für 700$ im Loop (downtown) mit netten Mitbewohnern
wohnen. Für mich war das schwer zu toppen. Allerdings hatte vorher Max Herrle ganze
Vorarbeit geleistet und mir den nötigen Kontakt zum Untervermieter hergestellt. Danke dafür!
3.
Fortbewegung
Natürlich hat jeder den obligatorischen Ventra-Pass, mit dem man U-Bahn und Busse nutzen
kann. Zusätzlich ist es aber vor allem im Sommer auch praktisch, ein Fahrrad zu haben. Auf
http://divvybikes.com kann man sich einen Jahrespass für 75$ kaufen. Die blauen Fahrräder
kann man damit überall in der Stadt aus den Stationen entnehmen und für die erste halbe
Stunde kostenlos benutzen. Das reicht eigentlich, um überall hinzukommen. Danach muss
man sie wieder in eine der Stationen zurückstellen. Wenn man mehr Zeit braucht und
trotzdem nicht extra zahlen will, stellt man es in die nächstgelegene Station zurück und nimmt
sich es sich sofort wieder heraus. Eine der Stationen steht fast unmittelbar vor der Law
School.
4.
Geldmanagement
Ich habe kein neues Konto in den USA eröffnet, sondern stets bar bezahlt (auch die Miete).
Mit meiner VISA-Karte bei der comdirect Bank konnte ich bei allen Geldautomaten, die das
VISA-Symbol angebracht hatten, gebührenfrei Bargeld abheben. Ein oder zwei notwendige
bargeldlose Transaktionen für die Lawschool hat dann ein Kommilitone für mich getätigt. Es
war zwar etwas umständlicher und auch ungewöhnlicher, immer mal wieder Bargeld
abzuheben, denn der Amerikaner zahlt grundsätzlich alles mit Kreditkarte. Aber dafür hat es
mich keine Gebühren gekostet und auch sonst macht das hantieren mit einer fremden
Währung doch auch mal Spaß. Durchschnittlich habe ich 230$ für Essen, 190$ für Freizeit
und 50$ für Haushalt ausgegeben.
5.
Kurse an der Law School
Business Organizations bei Prof. Conviser
Der wohl populärste Professor der Law School. Er hat eine sehr ruhige und freundliche Art
und mag vor allem auch deutsche Studenten. Sein Englisch ist wegen Nuschelns nicht ganz
leicht zu verstehen und seine Kurse sind oft die frühesten am Tag (8:30 am) und manchmal
etwas langsam. Dafür ist sein Programm relativ entspannt. Für seinen Kurs braucht mein kein
(i.d.R. sehr teures) Buch kaufen und Lesehausaufgaben gibt es auch nur an wenigen Tagen.
Sein Lehrstil ist wie der deutsche, also keine socratic method. Als Spitzenunternehmer hat er
eine immense Erfahrung und vermittelt hauptsächlich Grundwissen in Wirtschaft und USamerikanischem Gesellschaftsrecht. Der Kurs ist interessant und hat eine reine Multiple
Choice Klausur.
Commercial Law: Survey bei Prof. Spak
Er ist einer der ältesten Dozenten am College. Sehr freundlich und humorvoll, hat einige Jahre
in Harvard unterrichtet und kann den Stoff sehr gut weil kurz und prägnant erklären. Es gibt
kein Buch zum Kurs sondern eigens von ihm erstellte Skripte, die man dann mitlesen und
gleichzeitig ausfüllen kann. Lesehausaufgaben gibt es keine, dafür ist der Kurs aber ziemlich
straight forward: Er schweift nie vom Thema ab und so sammelt sich dann mit der Zeit eine
beachtliche Menge Stoff an. Vergleichbar mit hiesigem Zivil- und Handelsrecht. Man wird im
Unterricht immer mal wieder drangenommen, jedoch geht das immer sehr kurz und
schmerzlos von statten. Die Abschlussklausur ist teils Multiple Choice und teils Essay.
Comparative Law bei Prof. Harding
Die äußerst nette Dozentin kümmert sich sehr um ihre Studenten, ist verständnisvoll, hält
einen über alles und jeden per E-Mail auf dem Laufenden, lädt alle für den Kurs notwendigen
Unterlagen ins Internet hoch, passt ihren Lehrplan an die Bedürfnisse Ihrer Studenten an und
freut sich über jede Meldung im Unterricht. Jedoch gibt es Unmengen an Lesehausaufgaben
und die Studenten klagen ausnahmslos über die Trockenheit des Stoffes. Besprochen werden
Rechtssysteme aus aller Welt (hauptsächlich europäisches und amerikanisches, aber auch
chinesisches, islamisches und afrikanisches Recht). Die Abschlussklausur ist eine kleine
Hausarbeit, für deren Bearbeitung man 3 Tage Zeit hat.
6.
Sport
Über das College selbst hat meiner Erfahrung nach kaum einer Sport getrieben. Mit etwas
Recherche findet man aber viele andere Anbieter. Eine sehr tolle Erfahrung war für mich z.B.
das (den Sommer und Herbst über) allsonntagabendliche Softballmatch. Obwohl mir die
Spielregeln zunächst kaum bekannt waren, habe ich mich mit einem Freund bei
http://www.chicagosocial.com zur Softball (auch andere Sportarten mögl.) Freizeit-Liga
angemeldet. Dem Hobbysportler reichen da zur Eingewöhnung ein paar YouTube Videos und
Erklärungen von anderen Spielern. Für insgesamt knapp 100$ wird ein Spiel pro Woche unter
Aufsicht eines professionellen Schiedsrichters gespielt. Später gibt es dann eine Endrunde mit
K.O. System. Man kann dort viele Kontakte knüpfen, seinem sportlichen Ehrgeiz freien Lauf
lassen und eben einfach mal etwas typisch Amerikanisches ausprobieren.
7.
Kleidung
Wenn man nur ein Semester bleibt, also nicht an der offiziellen LL.M.-Abschlusszeremonie
teilnimmt, kann man Anzug und Krawatte zu Hause lassen. Bei den ein bis drei
Gelegenheiten, an denen man ihn tragen könnte (z.B. Begrüßung am ersten Tag, sonstige
Empfänge in der Lobby, Party beim Professor) ist man auch mit sauberen Schuhen, Jeans und
ordentlichem Hemd gut gekleidet und fällt überhaupt nicht aus der Reihe.
Wer auf dem Hinflug keinen Platz mehr für Winterkleidung im Koffer hat, kann an einem der
vergünstigten Einkaufstage wie Labour-Day oder in einem der Outlets ziemlich günstig
Winterstiefel und Winterjacken kaufen. Auch am Wochenende des Black-Friday gibt es
unzählige Angebote. Jedoch ist letzteres meist schon nach der ersten Kältewelle. Im Schnitt
kann man zu den ohnehin schon niedrigeren Preisen in den USA oft noch einen Rabatt von
etwa 30% mitnehmen.
8.
Reisen
Je nach Kurswahl und eigenen Bedürfnissen sind zwei bis vier Kurzreisen realistisch.
Inlandsflüge sind relativ günstig. Vorplanen und Vorbuchen muss man nicht. Auch nach der
Ankunft hat man immer noch genug Zeit, seine Pläne mit der Gruppe zu koordinieren.
Allerdings sollte man sich dort relativ frühzeitig den akademischen Kalender zu Gemüte
führen und dann Flüge und Unterkünfte für die verlängerten Wochenenden suchen.
9.
Danke
Das Team um Prof. Möllers und Andreas Harrer unterhält hier –auch im Vergleich zu den
Universitäten der anderen europäischen Austauschstudenten am IIT– ein überragend gut
organisiertes Programm. Dafür möchte ich mich hiermit bedanken. Es war mir eine Ehre, dass
ich daran teilnehmen durfte. Das Auslandssemester ist in akademischer, sozialer und
finanzieller Hinsicht außerordentlich gewinnbringend. Augsburger Jurastudenten können sich
wirklich glücklich schätzen, denn es ist nicht selbstverständlich, eine solch gute Infrastruktur
an einer Universität vorzufinden. Man muss sich nur trauen.

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