Fruchtsaft - Ein Kompendium

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Fruchtsaft - Ein Kompendium
Enzymierung |
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Fruchtsaft
Ein Kompendium !
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Vorwort
Lieber Anwender,
auch bei noch so perfekter technischer Ausstattung der Produktionsanlagen stehen wir von Saison zu Saison vor neuen Herausforderungen bei der Herstellung von Fruchtsaft und Fruchtweinen. Es
handelt sich nun einmal um Naturprodukte, die wir zu Säften oder
Weinen verarbeiten. Auf diese Probleme könnten wir eigentlich
gerne verzichten - jedoch machen sie unsere Arbeit interessant und
müssen gelöst werden. Und zwar von Fall zu Fall mit unterschiedlichen Ansätzen. Dazu finden Sie zahlreiche bewährte Lösungsansätze in diesem Kompendium.
Es ist gefüllt mit Informationen, die aus mehr als dreißig Jahren Berufserfahrung in der Anwendungstechnik und weltweiter Vertriebsarbeit herrühren. Ein großer Teil unseres gesammelten Wissens bei
Eaton stammt aus intensiver Zusammenarbeit mit den Herstellern
unserer Biotechnologieprodukte (Enzyme, Hefen und Bakterien),
Behandlungsmittel (Bentonit, Gelatine, Kieselsol und Aktivkohle)
und Filtrationshilfen (Kieselgur, Perlite und Cellulosen). Viele neue
Produktentwicklungen sind aus der gemeinsamen Arbeit mit diesen Kooperationspartnern hervorgegangen.
Mit dem ersten Kapitel stellen wir Ihnen heute unsere Empfehlungen zum Thema „Enzymierung“ als interaktive pdf zur Verfügung.
Alle weiteren im Inhaltsverzeichnis aufgeführten Kapitel werden
Schritt für Schritt ergänzt.
Wir wünschen Ihnen viel Freude und Erfolg bei Ihrer Arbeit und
stehen Ihnen bei tiefergehenden Fragen natürlich auch gerne persönlich mit Rat und Tat zu Seite.
Viele Grüße
Ihr Rainer Junker
Vertriebsleiter Fruchtsaft/Spirituosen
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1
Enzymierung
2
Klärung 3
Stabilisierung folgt
4
Filtration folgt
5
Früchteverarbeitung folgt
6
Trübungen folgt
7
Fruchtwein folgt
8
Linkliste Seite 5
Seite 33
Seite 59
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1 Enzymierung
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Inhaltsangabe
1.1 Was sind Enzyme?
1.2 Enzymatische Auf- und Abbaureaktionen in den
Früchten
1.3 Enzymatische Reaktionen durch fruchteigene Enzyme
1.3.1 Enzymatisch gesteuerte Reifung von Früchten nach der Ernte
1.3.2 Enzymatische Vorgänge nach der Reifung durch fruchteigene Enzyme
1.3.3 Enzymatische Vorgänge nach der Maischeherstellung
1.4 Enzymatische Veränderungen in Früchten nach Befall durch Mikroorganismen
1.5 Einsatz von industriellen Enzympräparaten bei der Fruchtsaftherstellung
1.5.1 Pektinabbau durch Pektinasen
1.5.2 Stärkeabbau durch Amylasen
1.6 Technische Enzympräparate bei der Fruchtsaftherstellung
1.6.1 Maischeenzymierung
1.6.2 Saftenzymierung
1.6.3 Anwendung von Spezialenzymen bei der Fruchtsaftbereitung
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1.1 Was sind Enzyme?
Enzyme sind Eiweißstoffe (Proteine)
Enzyme sind keine lebenden Organismen, sondern Eiweißstoffe. Wie alle anderen
Eiweißstoffe, bestehen Enzyme aus langen Ketten von Aminosäuren, die durch
Peptidbindungen miteinander verbunden sind. Sie sind vorhanden in allen lebenden
Zellen, wo sie für lebenswichtige Prozesse durch Aufbau von Zellmaterial und Gewinnung von Energie verantwortlich sind. Weiterhin bauen sie Makromoleküle bis
hin zu ihren monomeren Bausteinen ab, z. B. Pektin zu Galacturonsäure und Stärke
zu Glucose.
Enzyme sind biologische Katalysatoren
Enzyme beschleunigen chemische Reaktionen oder ermöglichen sie erst überhaupt.
Dabei werden Enzyme nicht verbraucht, sondern liegen nach der Reaktion unverändert vor. Auf diese Weise arbeiten Enzyme unbegrenzt lange, wenn sie nicht durch
Hitze, chemische Reaktionen oder Adsorbentien inaktiviert werden. Im Getränkebereich werden Enzyme durch Pasteurisation, Adsorption an Bentonit und Reaktion mit
Gerbstoffen ganz oder teilweise inaktiviert.
Enzyme arbeiten spezifisch
Im Gegensatz zu anorganischen Katalysatoren (Reaktionsbeschleunigern) arbeiten
Enzyme sehr spezifisch. Mit anderen Worten: jedes Enzym kann nur ein bestimmtes
Substrat umsetzen. Dadurch ermöglichen Enzyme industrielle Prozesse mit hohen
Ausbeuten und einem Minimum an unerwünschten Nebenprodukten.
Enzyme sind ein Teil der Natur
Enzyme kommen in allen biologischen Systemen vor. Sie werden durch biologische
Prozesse gewonnen und nach ihrer Nutzung biologisch zu ihren Grundbausteinen,den
Aminosäuren, wieder abgebaut.
Enzyme bauen nur nachwachsende Materialien ab, ohne dabei toxische Abbau- und
Nebenprodukte zu bilden.
Enzyme arbeiten unter milden Bedingungen
Enzyme sind konzipiert, um in lebenden Zellen unter atmosphärischem Druck, bei
niedrigen Temperaturen (15 – 70 °C) und in der Nähe des neutralen pH-Bereiches zu
arbeiten. Sie ermöglichen deshalb energiesparende chemische Reaktionen und ersparen Investitionen für besonders druck- und korrosionsbeständige Geräte
Enzym
Enzym Substrat Komplex
Enzym
Substrat (depolymerisiert)
Substrat Polymer
Funktionsmechanismus von Enzymen
Die hohe Spezifität von Enzymen beruht darauf, dass das Substrat - das ist der Stoff,
der enzymatisch umgesetzt werden soll - genau in das aktive Zentrum des Enzyms
wie „Schloss und Schlüssel“ hineinpassen muss. Erst danach kann das Enzym das
Substrat katalytisch umsetzen. Es wird zunächst ein Enzym-Substrat-Komplex gebildet, der aber schnell wieder in freies Enzym und das Spaltprodukt zerfällt. Das Enzym
verbindet sich erneut mit Substrat und setzt dieses nach dem gleichen Mechanismus
um.
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Enzyme arbeiten temperaturabhängig
Zur Berechnung der ungefähren temperaturabhängigen Aktivität eines Enzyms
können folgende Faustformeln angewendet werden:
Die Steigerung der Temperatur um 10 °C verdoppelt die Enzymaktivität
bzw. halbiert die Enzymierungszeit oder die Dosage.
Dies gilt für den Temperaturbereich, der durch die Enzymherstellerangaben (Mindest- und Maximaltemperatur) eingegrenzt ist. Diese sind in der Regel in den
Produktinformationen aufgeführt.
Es muss jedoch beachtet werden, dass Enzyme in ihrem Temperaturoptimum zwar
maximal schnell arbeiten, aber nur begrenzt lange. Pektinasen mit einem Temperaturoptimum von ca. 50 – 55 °C werden bei dieser Temperatur in etwa 2 – 3 Stunden
inaktiv. Innerhalb dieser Zeit muss die Enzymierung abgeschlossen sein oder Enzym
nachdosiert werden.
Darüber hinaus besteht noch ein Zusammenhang zwischen eingesetzter Enzymmenge und der erforderlichen Enzymierungszeit:
Die Verdoppelung der Dosage halbiert die Enzymierungszeit
bzw. die Halbierung der Dosage verdoppelt die Enzymierungszeit.
Mit diesen Formeln kann die ungefähre Enzymdosage für verschiedene Temperaturen
abgeschätzt werden.
Die Empfehlung des Enzymherstellers beträgt beispielsweise:
Dosage:
2 ml Enzym/100 l Saft
Enzymierungszeit: 8 Stunden bei 20 °C
Temperatur Dosage Enzymierungszeit
(°C)
(ml/100 l)
(Stunden)
202
8
302
4
402
2
502
1
oder50
1
2
oder50
0,5
4
Berechnung der Enzymdosage in Abhängigkeit von Temperatur und Enzymierungszeit
Enzyme arbeiten pH-abhängig
Jedes Enzym arbeitet nach seiner eigenen pH-Charakteristik. Es fängt bei einem
bestimmten pH-Wert an zu wirken, erreicht bei einem bestimmten pH-Wert seine
maximale Aktivität und wird bei Überschreitung dieses pH-Optimums zunehmend inaktiver, bis es seine Aktivität vollständig verliert (vergleiche dazu pH-Charakteristik
von Panzym Pro Color unter 1.6.1.2).
1.2 Enzymatische Auf- und Abbaureaktionen in den Früchten
Im Zusammenspiel unterschiedlicher Enzyme – der sogenannten Enzymkette – führen enzymatische Stoffumsetzungen zum Auf-, Um- und Abbau von Naturstoffen. An
dieser Reaktionskette ist eine Vielzahl verschiedener Enzymen beteiligt, wobei jedes
einzelne Enzym ganz spezifische Stoffumsetzungen durchführt.
Der gesamte Lebenszyklus einer Frucht ist gesteuert von kompliziert ineinandergreifenden, enzymatischen Reaktionen.
So beginnt das Wachstum einer Frucht mit der sogenannten Photosynthese. Hierbei bildet die grüne Pflanze durch Assimilation von Kohlendioxid auf enzymatischem
Wege energiereiche Kohlenhydrate, die zum Aufbau lebender, organischer Substanz
dienen. Durch weitere enzymatisch gesteuerte Reaktionen, werden neben den aus
Kohlenhydraten aufgebauten Zellbestandteilen eine Reihe von anderen Fruchtinhaltsstoffen synthetisiert, wie z. B. Proteine, Fette, Öle, Farb- und Gerbstoffe, um nur
einige zu nennen.
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Das Resultat aus den enzymatisch gesteuerten Aufbaureaktionen ist die reife Frucht.
Danach beginnen enzymatische Abbaureaktionen des Zellgewebes, die zunächst mit
einer zunehmenden Strukturerweichung des Fruchtfleisches beginnt. Zum Schluss
laufen die enzymatischen Reaktionen chaotisch ab und führen letztendlich zur vollständigen Auflösung der Frucht. Zurück bleiben lediglich die Kerne.
1.3
Enzymatische Reaktionen durch fruchteigene Enzyme
1.3.1 Enzymatisch gesteuerte Reifung von Früchten nach der Ernte
Stärkeverzuckerung durch fruchteigene Amylasen
Wie bereits erwähnt, besitzen Früchte ein natürliches Enzymsystem, das auch noch
nach der Ernte in den Früchten weiterwirkt. Die über einen längeren Zeitraum nach
der Fruchternte geordnet ablaufenden Enzymreaktionen führen z. B. beim Apfel zu
der gewünschten Umwandlungen von Stärke zu Zucker. Dadurch wird der Apfel süßer und die Oechsle- bzw. Brix-Grade steigen. Wie im Apfel vollzieht sich in vielen
anderen Früchten auch nach der Ernte noch eine enzymatisch gesteuerte Reifung.
Ein allseits bekanntes Beispiel dafür sind die Bananen, die grün geerntet werden
und nach langem Transportweg voll ausgereift, mit gelber Schale, beim Verbraucher
ankommen.
1.3.2 Enzymatische Vorgänge nach der Reifung durch fruchteigene Enzyme
Texturveränderung durch fruchteigene Pektinasen
Das in den Zellzwischenräumen, der sogenannten Mittellamelle, lokalisierte Pektin
wird auch als Zellkittsubstanz umschrieben. Dieses auch als Protopektin bezeichnete
Makromolekül ist wasserunlöslich und ist in dieser Form maßgeblich für die Festigkeit des Fruchtgewebes verantwortlich. Durch die Wirkung der fruchteigenen Pektinasen wird das unlösliche Protopektin in wasserlösliches Pektin umgewandelt. Mit
fortschreitendem, enzymatischem Abbau von Protopektin zu wasserlöslichem Pektin
wird die Frucht weicher und weicher.
1.3.3 Enzymatische Vorgänge nach der Maischeherstellung
Viskositätserhöhung durch fruchteigene Pektinasen
Bei der Maischeherstellung werden die Fruchtzellen durch mechanische Kräfte zerstört. Jetzt geht das harmonische Zusammenspiel der Enzyme verloren und es beginnen chaotisch ablaufende Enzymreaktionen. Die fruchteigenen Pektinasen greifen
das Protopektin in den Zellzwischenräumen an und bilden daraus wasserlösliches
Pektin. In der Folge steigt die Viskosität des in der Maische eingeschlossenen Saftes
an. Dadurch wird die Pressarbeit erschwert und die Saftausbeute vermindert.
Würde man eine Fruchtmaische über lange Zeit stehen lassen, so wären die fruchteigenen Enzyme in der Lage, das wasserlösliche Pektin vollständig zu seinen monomeren Bestandteilen abzubauen. Bei der Fruchtsaftherstellung reicht die fruchteigene
enzymatische Aktivität jedoch nicht aus, den Pektinabbau vor Einsetzen der Gärung
auszuführen.
Enzymatische Bräunung durch fruchteigene Polyphenoloxidasen
Man kann beobachten, dass sich nach Zerteilen eines Apfels die Schnittfläche innerhalb kurzer Zeit braun verfärbt. Hintergrund dieser Bräunungsreaktion ist die Wirkung
der fruchteigenen Polyphenoloxidasen. Diese übertragen Luftsauerstoff auf die phenolischen Inhaltsstoffe der Früchte. Die fortschreitende Oxidation der phenolischen
Inhaltstoffe führt zu einer Zunahme der Molekulargewichte und geht einher mit einer
Zunahme des adstringierenden Geschmacks und der Farbe. Ab einem Molekulargewicht von etwa 500 sind phenolische Substanzen in der Lage mit Eiweißstoffen
unlösliche Verbindungen zu bilden. Sie werden mit dieser Eigenschaft auch als Gerbstoffe bezeichnet.
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Das Grundprinzip dieser Reaktion ist die enzymatisch katalysierte Übertragung von
Luftsauerstoff auf die polyphenolischen Verbindungen der Früchte. Dabei entstehen
reaktionsfreudige Zwischenverbindungen, die in einer Folgereaktion Polyphenole zu
0-Chinonen oxidieren.
OH
O
OH
R
PPO
H2O
+ H2O
R
HO
O
HO
HO
O
R
O
+
O
HO
R
O
+
Polyphenoloxidase (PPO) oxidiert Polyphenole zu o-Chinonen
Einfluss der Polyphenoloxidation bei der Herstellung von klaren Apfel­
säften
Bei der Herstellung von klaren Apfelsäften ist dies ein positiv zu wertender Prozess.
Säfte mit einem hohen Gehalt an oxidierten, hochmolekularen Polyphenolen können
mit Gelatine effektiver geklärt werden als reduktiv hergestellte Säfte. Außerdem sind
– besonders bei Äpfeln – enzymatische Oxidationsvorgänge wichtig für die Ausbildung des Apfelaromas und eines nachhaltig guten Geschmacks. Apfelsäfte, die unter
Ausschluss von Luftsauerstoff hergestellt wurden, haben ein grasiges Aroma und
schmecken ausdruckslos und leer.
Einfluss der Polyphenoloxidation bei der Herstellung von trüben Apfelsäften
Bei der Herstellung von naturtrüben Apfelsäften führt eine zu weit gehende Polyphenoloxidation zu einer unerwünschten Braunfärbung, verbunden mit der Beeinträchtigung der Trubstabilität. Deshalb werden zur Herstellung von hellfarbigen Trübsäften
kurze Maische- und Saftstandzeiten und die schnelle Pasteurisation zur Inaktivierung
der Polyphenoloxidasen empfohlen. Die zusätzliche Anwendung von reduktiv wirkendem Vitamin C schützt den Saft vor Oxidation durch Bindung des Luftsauerstoffs.
Auch für die nachträgliche Aufhellung brauner Säfte ist Vitamin C geeignet, wenn die
Oxidation noch nicht zu weit fortgeschritten ist.
Einfluss der Polyphenoloxidation bei der Herstellung von Buntsäften
Bei der Verarbeitung von rot gefärbten Früchten führt eine zu weit gehende enzymatische Oxidation der roten Farbpigmente (Anthocyane) zu unansehnlichen Brauntönen. Die schnelle Verarbeitung ist hier die einzig praktikable Methode, die Oxidation
in Grenzen zu halten. Der Einsatz von Vitamin C hat sich bei Buntsäften nicht bewährt.
Einfluss der Polyphenoloxidation auf die Stabilität von klaren Säften
Polyphenole können mit sich selbst als auch mit anderen Inhaltsstoffen reagieren.
Durch enzymatische und chemische Reaktionen können im Laufe der Verarbeitung
und Lagerung folgende Reaktionen unter Ausbildung von Trübungen und weiteren
negativen Begleiterscheinungen stattfinden:
- Gerbstofftrübung, Hochfarbigkeit, Bräunung, Adstringens
Bildung hochmolekularer, unlöslicher Polyphenolverbindungen durch enzymatische
- Gerbstoff-Eiweiß-Trübung
Durch Reaktion der Gerbstoffe mit fruchteigenen Eiweißstoffen oder Gelatineresten
- Gerbstoff-Polysaccharid-Trübung
Durch Reaktion der Gerbstoffe mit Stärke oder Restpektinen
- Gerbstoff-Schwermetall-Trübung
Bildung von unlöslichen Verbindungen durch Reaktion der Gerbstoffe mit Eisen
oder Kupfer
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1.4 Enzymatische Veränderungen in Früchten nach Befall durch
Mikroorganismen
Industrieobst kommt nicht immer im kerngesunden Zustand in die Verarbeitung. Oft
besitzen diese Früchte Druckstellen an denen sich Mikroorganismen, insbesondere
Schimmelpilze, ansiedeln können. Diese Schimmelpilze produzieren eigene Enzyme,
die an oder in den Früchten enzymatische Umsetzungen vornehmen. Besonders anfällig gegenüber Mikroorganismen sind weiche Früchte und darunter besonders die
Himbeeren.
Technologisch wichtige Veränderungen in Früchten durch Mikroorganismenbefall
Anreicherung der Früchte mit den Enzymen:
- Pektinase (besonders negativ bei der Trübsaftherstellung)
- Polyphenoloxidase (besonders negativ bei der Trübsaft- und Buntsaftherstellung)
- Anreicherung der Früchte mit 1,3-ß-Glucan in Trauben und weichen Beerenfrüchten,
welches als Hydrokolloid die Klärung und Filtration von Fruchtsäften erschwert.
Maßnahmen zur Vermeidung nachteiliger Veränderungen in den Früchten
durch Mikroorganismen:
- Kurze Lagerzeiten nach der Ernte
- Kurze Transportwege
- Sorgfältiges Waschen der Früchte vor der Vermahlung
- Aussortieren fauler Früchte
- Ablehnung der Annahme von ungesunden Früchten
Besonders das Waschen und Aussortieren ist eine sehr wirkungsvolle Maßnahme bei
harten Früchten, also bei Kernobst. Bei weichen Früchten, darunter sind besonders
die Himbeeren, Erdbeeren und Brombeeren zu nennen, ist das Waschen und Aussortieren technologisch nicht durchführbar. Hier helfen nur ein sorgfältiger Einkauf und
die evtl. Ablehnung von ungesunden Lieferungen.
Die als Scheinfrucht bezeichnete Himbeere stellt bezüglich Mikroorganismenbefall
ein besonderes Problem dar.
Oft sind visuell gesund erscheinende, weiche Beerenfrüchte wie Himbeeren, Erdbeeren oder Brombeeren bereits durch Schimmelpilze befallen, die das stark filtrationserschwerende 1,3-ß-Glucan produzieren und in der Frucht ausscheiden. Dieses
hochmolekulare Kolloid gelangt in den Saft und erschwert nicht nur die Filtration, sondern bildet im Alkoholtest gelartige Ausscheidungen, die auf einen unvollständigen
Pektinabbau hindeuten. Dieses Problem betrifft vor allem die Halbwareproduzenten,
die Ihre Buntsäfte oder -konzentrate der Spirituosenindustrie anbieten.
1.5 Einsatz von industriellen Enzympräparaten bei der Fruchsaft-
herstellung
Welche Enzyme dürfen laut Fruchtsaftverordnung verwendet werden?
Die Fruchtsaftverordnung erlaubt ausdrücklich den Einsatz folgender Enzymgruppen:
1. Pektinasen 2. Amylasen 3. Proteasen
Warum werden technische Enzympräparate eingesetzt?
Wie bereits erwähnt, reicht die enzymatische Aktivität der fruchteigenen Enzyme
nicht aus, um die störenden Kolloide Pektin, Stärke und weitere makromolekularen
Inhaltstoffe in der zur Verfügung stehenden Zeit in ihre niedermolekularen Bestandteile zu zerlegen. Um den Kolloidabbau vor Einsetzen der Gärung abschließen zu können, werden besonders bei der Verarbeitung von pektin- und stärkereichen Früchten
technische Enzympräparate eingesetzt.
Was sind Haupt-, Einzel- und Nebenaktivitäten?
Beispiel: Pektinase
Die
Hauptaktivität:
= Pektinase
ist zusammengesetzt aus den
Einzelaktivitäten: = Pektinesterase,
Polygalacturonase, Pektinlyase
und besitzt daneben noch die
Nebenaktivitäten:= Hemicellulase und Cellulase
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Wichtig zu wissen ist, dass außer den durch die Fruchtsaftverordnung zugelassenen
drei Enzymgruppen keine Zumischung von anderen Enzymaktivitäten erlaubt ist.Es
werden lediglich Enzymaktivitäten toleriert, die bei der Herstellung von dem verwendeten Mikroorganismus nebenbei, also als Nebenaktivität gebildet werden.Diese Regelung schränkt die Entwicklung von Spezialenzymen zur Lösung von speziellen Problemen der früchteverarbeitenden Industrie stark ein. Eine Reihe von Wissenschaftlern
schlagen inzwischen vor, die Enzyme nach Anwendungsgebiet z. B. „Maischeenzym“
oder „Filtrationsenzym“ zuzulassen, ohne die einzelnen Enzymaktivitäten zu spezifizieren.
Technisch wichtige Nebenaktivitäten
Technisch konventionell, mit nicht genveränderten Mikroorganismen, hergestellte
Pektinasen enthalten immer Nebenaktivitäten. Zu den technologisch nützlichen Nebenaktivitäten zählen vor allem die Hemicellulasen. Hemicellulasen sind wichtig für
den Abbau von Pektinstoffen, die mit dem Pektin in den Zellzwischenräumen (Mittellamelle) der pflanzlichen Zellen verbunden sind. Diese Pektinstoffe werden unter
dem Begriff Hemicellulose zusammengefasst. Als weiterhin nützliche Nebenaktivitäten sind Cellulasen, Glucanasen und Arabanasen zu nennen. Wie wichtig gerade
die Hemicellulase-Nebenaktivitäten von Pektinasen sind, zeigt der komplexe Aufbau
der pflanzlichen Zellwand. Denn nahezu alle mit Pektin verknüpften, polymeren Verbindungen können bei der Fruchtsaftherstellung in den Saft gelangen und zu Klär-,
Filtrations- und Trübungsproblemen führen.
Zellulose
Fibrillen
Xyloglucan
Netz
PektinPolymerMatrix
(Smooth Region)
PektinPolymerMatrix
(Hairy Region)
Aufbau der primären, pflanzlichen Zellwand (Quelle: The Plant Journal, 1993,
Volume 3, Issue 1)
Diese faszinierende Darstellung zeigt, wie komplex das Netzwerk von polymeren
Substanzen, die Verbindung zwischen den einzelnen Fruchtzellen herstellt. Die röhrenförmigen Zellulosefasern werden durch ein Netzwerk von Xyloglucan und ein quer
gerichtetes Netzwerk von Rhamnogalacturonan (eigentliches Pektin, „smooth region“) zusammengehalten. Dazwischen befinden sich Seitenketten von Arabinogalactan („hairy region“).
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Durch mechanische Kräfte, Maischeenzymierung und wässrige Extraktion gelangt ein
Großteil dieser pflanzlichen Kolloide in den Saft. Ebenso komplex wie der Aufbau der
pflanzlichen Zellwand gestaltet sich der enzymatische Abbau dieser Bausteine später
im Fruchtsaft.
Enzymatischer Abbau von Zellwandkolloiden
Zusammenwirken von Pektinasen und Hemicellulasen
Der vollständige Abbau von in den Saft gelangten Zellwandkolloiden kann nur erfolgen, wenn komplex ineinandergreifende enzymatische Einzelreaktionen ablaufen.
Die nachfolgende Grafik stellt diese enzymatischen Einzelreaktionen nach dem heutigen Kenntnisstand dar.
Polygalacturonase
galA
galA
Arabinanase
ara
galA
ara
ara
Pectinesterase
galA
Arabinose
ara
galA
OMe
ara-ara
galA
galA
Galactanase
ara-ara
galA
Galacturonsäure
gal
ara
galA OMe
gal
gal
ara
galA
Pectinlyase
gal
Galactose
galA ara
gal
rha
gal
rha
Rhamnogalacturonan
galA
gal
Rhamnose
acetyl esterase
rha
OAc
galA gal
OAc
rha
Acetylgruppe
galA
Rhamnogalacturonase
galA
OMe
galA
Methylgruppe
In den heute verfügbaren Enzympräparaten sind einige der aufgeführten Pektinasen
und Hemicellulasen nur mit geringen Aktivitäten vertreten. Demzufolge ist es zurzeit
noch nicht möglich, die in den Saft gelangten Zellwandkolloide vollständig abzubauen.
Sicherlich werden bei der Entwicklung von maßgeschneiderten Spezialenzymen in
naher Zukunft Fortschritte zu erwarten sein. Ob dies mit den traditionellen Herstellungsmethoden möglich sein wird ist fraglich. Schnellere Erfolge sind mit Sicherheit
durch Einsatz von gentechnisch manipulierten Mikroorganismen zu erwarten. Diese
modernen Enzyme werden bereits in der Fruchtsaftindustrie eingesetzt. Sie zeichnen
sich durch eine sehr hohe und spezifische Aktivität aus. Störende Nebenaktivitäten
fehlen bei diesen Enzympräparaten vollständig. In Bezug auf Ausbeutesteigerung
bei der Maischeenzymierung sind sie den konventionellen Enzymen weit überlegen.
Auch Enzyme für den Pektin- und Stärkeabbau im Saft, hergestellt mit genmanipulierten Mikroorganismen, besitzen eine wesentlich höhere spezifische Leistung als
Konventionelle.Nachfolgend werden die Reaktionsmechanismen der „klassischen“
Pektinasen an einem unverzweigten Ausschnitt des Pektin Moleküls dargestellt.
1.5.1 Pektinabbau durch Pektinasen
Die chemische Bezeichnung für das Pektin ist Polygalacturonsäure. Dieser Name ist
abgeleitet von den monomeren Bausteinen des Pektins, der Galacturonsäure. Die
Galacturonsäure ist teilweise mit Methanol verestert; man spricht deshalb auch von
Polymethylgalacturonsäure. In Abhängigkeit von der Fruchtreife, aber auch von der
Fruchtsorte, kann das Pektin bis 90 % mit Methanol verestert sein.
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Enzymierung |
Abbau von Pektin durch Pektinesterase (PE) und Polygalacturonase (PG) durch Hydrolyse (Wassereinlagerung)
Polygalacturonsäure + H2O
PE
H2O
PE
H2O
PE
H2O
COOCH3
COOCH3
0
0
Galacturonsäure + Methanol
0
PE
H2O
COOCH3
Mono Galacturonsäure
COOCH3
COOCH3
0
0
0
0
0
H2O
H2O
H2O
PG
PG
PG
HO
HO
Bei diesem enzymatischen Abbau von mit Methanol verestertem Pektin, ist es erforderlich, dass zunächst durch Pektinesterase die Veresterung aufgespalten wird;
dabei wird Methanol freigesetzt. Erst danach kann das depolymerisierende Enzym
Polygalacturonase das langkettige Makromolekül in kurze Bruchstücke aufspalten.
Diese Depolymerisierung führt zu einer schnellen Reduzierung der Saftviskosität und
zum Zusammenbruch des trubstabilisierenden Pektin-Netzwerks an dem die Trubstoffe im Saft aufgehängt sind. Als kleinstes Abbauprodukt entsteht der monomere Baustein des Pektins, die Galacturonsäure. Die enzymatisch freigesetzten Mengen an
Methanol sind gesundheitlich völlig unbedenklich und unterschreiten die Mengen an
Methanol, die beim Verzehr der ganzen Frucht im Magen entstehen.
Pektinabbau durch Pektinlyase = Pektintranseliminase (PTE)
COOCH3
0
0
PTE
COOCH
COOCH3
COOCH
0
0
0
0
0
PTE
PTE
COOCH
0
0
HO
HO
PTE
Die Pektintranseliminase ist nicht wie die Polygalacturonase auf die vorherige Entesterung des Pektins durch Pektinesterase angewiesen.
PTE spaltet und depolymerisiert auch verestertes Pektin. Diese Spaltung findet nicht
durch Hydrolyse (Wassereinlagerung), sondern durch Ausbildung einer Doppelbindung
statt (= Transeliminierung).
Da PTE ein relativ hohes pH-Optimum besitzt, ist diese Aktivität in konventionellen
Enzymen im pH-Bereich der Fruchtsäfte (pH 3 – 4) sehr gering. Inzwischen ist es einigen Enzymherstellern gelungen mit Hilfe genmanipulierter Mikroorganismen, aber
auch mittels konventioneller Verfahren, PTE mit hoher Aktivität herzustellen. Mit Hilfe
dieser Enzyme kann die Bildung von Monogalcturonsäure kontrolliert werden. Der
Gehalt an Monogalcturonsäure wird als Indikator für eine stark forcierte Maischeenzymierung genutzt. Es existieren von Fruchtsaftabfüllern definierte Grenzwerte, die
zwischen 800 und 1000 mg/l liegen. In der Fruchtsaftverordnung oder im A.I.J.N Code
of Practice ist der Gehalt an Monogalacturonsäure nicht limitiert.
Kontrolle des Pektinabbau mittels Alkoholtest
Versetzt man Pektin haltige Säfte mit der gleichen Menge 96%igem Alkohol, so entzieht dieser Alkohol dem gelösten Pektin das Wasser. Dadurch verliert Pektin seine
Löslichkeit und fällt als Trübung, Flockung oder in Form eines Gels aus. Durch die
Gelbildung werden bei dem Test entstehende Luftblasen eingeschlossen. Dadurch
schwimmt das Gel im Reagenzglas nach oben und reichert sich gut sichtbar als Pfropfen an.
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Im Laufe des fortschreitenden Pektinabbaus treten folgende Erscheinungsformen
des Alkoholtests auf.
Pektintest in Apfelsaft
Glas 1: Gelpfropfen schwimmt nach oben auf
hoher Pektingehalt
Glas 2: Durchgängiges Gel mit Luftblaseneinschluss
mittlerer Pektingehalt
Glas 3: Geringer Luftblaseneinschluss und Flockung
geringer Pektingehalt
Glas 4: Grisselige Ablagerungen am Glas
Glas 5: Evtl. leichte Trübung, keine Flockung
Pektin nahezu abgebaut
Pektin vollständig abgebaut
Durchführung des Alkoholtests
Bei Säften für den normalen Gebrauch
5 ml Saft mit 5 ml 96%igem Alkohol durch 1 – 2-maliges Umstülpen mischen
Beurteilung im Trübsaft nach wenigen Minuten
Beurteilung im Blanksaft zum Nachweis von Restpektin nach 15 Minuten
Bei Säften für die Spirituosenindustrie
5 ml Saft mit 7,5 ml 96%igem Alkohol durch 1 – 2-maliges Umstülpen mischen
Beurteilung im Trübsaft nach wenigen Minuten
Beurteilung im Blanksaft zum Nachweis von Restpektin nach 15 Minuten
Bemerkungen:
Von einigen Enzymherstellern wird die Verwendung von angesäuertem Alkohol empfohlen. Diese Ansäuerung führt grundsätzlich zu einer Entschärfung des Tests, so
dass Pektinreste leicht übersehen werden können.
Eine übertriebene Schärfe des Alkoholtest wird erreicht, wenn ein Teil Saft mit zwei
Teilen Alkohol gemischt wird. Diese hohe Alkoholkonzentration führt in vielen Fällen
bereits zur Ausfällung von Saftinhaltsstoffen, die mit Pektin nichts mehr zu tun haben.
Auch die Verwendung von Isopropanol oder Aceton sollte in diesem Zusammenhang
in Frage gestellt werden.
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1.5.2 Stärkeabbau durch Amylasen
Zustandsformen der Stärke
Stärkekörner
In unreifem Kernobst (Äpfel, Birnen, Quitten) liegt die Stärke zum größten Teil in Form
von Stärkekörnern vor. Diese sind in den Fruchtzellen eingelagert und werden durch
mechanische Belastung der Maische in den Saft überführt.
Stärkekörner haben ein relativ hohes spezifisches Gewicht von ca. 1,5 g/cm3 und können deshalb durch Sedimentation oder mittels Zentrifuge abgetrennt werden. Auch
bei der Schönung wird Stärke gemeinsam mit dem Schönungstrub abgetrennt. Solange der Saft nicht über 50 °C erhitzt wird, stellen Stärkekörner bei der Fruchtsaftbereitung kein Problem dar. Erst nach dem Erhitzen auf über 50 °C fängt das Stärkekorn
an, durch Wasseraufnahme zu quellen und löst sich ab 80 °C kolloidal im Saft auf.
Kolloidal gelöste Stärke
Durch die fruchteigenen Amylasen werden Stärkekörner im Laufe der Reife in die
kolloidal gelöste Form überführt. Kolloidal gelöste Stärke zeigt das Phänomen der
Retrogradation. Bei diesem Vorgang lagern sich Stärkemoleküle wieder zu größeren
Aggregaten mit kristallinem Charakter zusammen. Dabei entstehen in klaren Säften
sichtbare Trübungen die reversibel sind, d.h. in der Kälte entstehen und beim Erwärmen verschwinden. In naturtrüben Apfelsäften besitzt frische, kolloidal gelöste Stärke
ein ausgezeichnetes Trubstabilisierungsvermögen. Durch die Alterung und Retrogradation der Stärke im naturtrüben Saft, kommt es im Laufe der Lagerung zu unansehnlichen Grauverfärbungen bis hin zum völligen Zusammenbrechen der Trubstabilität.
Probleme durch Stärke bei der Herstellung von Fruchtsäften
Die kolloidal gelöste Form der Stärke bereitet bei der Fruchtsaftbereitung folgende
Probleme:
1. Stärke stabilisiert Trubstoffe und behindert deshalb die Klärung
2. Stärke ist ein Makromolekül und behindert deshalb die Filtration
3. Stärke bildet reversible Trübungen in klaren Säften
4. Stärke gefährdet durch Alterung die Trubstabilität von naturtrüben Säften
Deshalb muss Stärke frühzeitig enzymatisch abgebaut werden. Frühzeitig deshalb,
weil der enzymatische Abbau der Stärke am einfachsten bei frisch gelöster Stärke
gelingt. Gealterte Stärke kann nur mit sehr hohen Amylase Dosagen und dann oft nur
noch unvollständig abgebaut werden. Bei retrogradierter Stärke ist ein enzymatischer
Abbau nicht mehr möglich. Der Abbau von retrogradierter Stärke gelingt nur, wenn
diese durch Erhitzung auf über 80 °C wieder kolloidal in Lösung gegangen ist. Das
gelingt jedoch nur ein einziges Mal.
Maßnahmen zur Verhinderungen von Stärkeproblemen in der Praxis:
1. Stärkekörner durch Einsatz von Separatoren mechanisch abtrennen
2. Erhitzung von nicht separierten Säften auf mindestens 85 °C, damit sich die Stärke
körner vollständig kolloidal auflösen und enzymatisch abgebaut werden können
3. Kolloidal gelöste Stärke frühzeitig enzymatisch abbauen, also am leichtesten im Frischsaft vor der Klärung und Steril-Einlagerung.
4. Der Abbau der Stärke kann auch während der Lagerung erfolgen. Dazu hat sich die
Steril-Dosage der Amylase in den Lagertank bewährt.
5. Den enzymatischen Stärkeabbau immer mittels Jodtest kontrollieren
Chemischer Aufbau von kolloidal gelöster Stärke
Stärke kommt von der chemischen Betrachtungsweise in zwei Formen vor:
1. Spiralförmige, unverzweigte Amylose
2. Verzweigtes Amylopektin
Beide Formen sind aus dem monomeren Baustein Glucose aufgebaut.
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Enzymierung |
Enzymatischer Abbau von kolloidal gelöster Stärke
Die nachfolgende Grafik zeigt den Aufbau von Amylopektin und die verschiedenen
Amylase Typen, die am Stärkeabbau beteiligt sein können:
Beta-Amylase
Exo Mechanismus
Pullulanase
Abspaltung von
Seitenketten
Amyloglucosidase
Exo Mechanismus
Alpha-Amylase
Endo Mechanismus
Bei der Fruchtsaftbereitung kommen nur zwei stärkeabbauende Enzyme zum Einsatz:
1. Alpha-Amylasen für den Stärkeabbau bis maximal 30 °C
2. Amyloglucosidasen für den Stärkeabbau bis 65 °C
Arbeitsweise der Alpha-Amylase
Alpha-Amylase spaltet im Endo-Mechanismus und greift deshalb das Stärkemolekül
willkürlich in der Mitte an. Dadurch wird das langkettige Molekül sehr schnell in kurze
und mittlere Bruchstücke zerlegt.
Es entsteht:
- wenig Maltose (bestehend aus zwei Glucose Molekülen),
- viele Oligomere (bestehend aus etwa 6 Glucose Molekülen) und
- wenige Dextrine (bestehend aus mehr als 6 Glucose Molekülen).
Arbeitsweise der Amyloglucosidase
Amyloglucosidase spaltet im Exo-Mechanismus und greift dadurch das Stärkemolekül
vom Kettenende her an. Es entsteht das Monomer Glucose.
Problem „Fädchen Trübung“ durch Einsatz von Amyloglucosidasen
Enzyme sind Proteine und tragen eine positive Ladung. Über diese positive Ladung
können die bei der Fruchtsaftbereitung eingesetzten Enzyme durch Adsorption an
Bentonit wieder aus dem Getränk entfernt werden. Amyloglucosidasen sind sogenannte Glycoproteine, das heißt, das Enzymeiweiß ist mit einem Zuckerrest verknüpft
und verliert dadurch seine positive Ladung. Dadurch können Amyloglucosidasen nicht
durch Bentonitschönung entfernt werden. Das Enzymeiweiß fällt beim Erhitzen auf
über 80 °C als irreversible, Fädchen förmige Trübung aus. Besonders bei der Heißabfüllung mittels Vakuumfüllern reichern sich die Fädchen als Schaumkranz im Füllerkessel an und werden bei Füllunterbrechungen oder bei Füllende als massive Trübungen
in die Flaschen gespült. Bei der Verarbeitung von Tafelobst, besonders als Lagerhausware, wurden in der Vergangenheit Fädchen Trübungen beobachtet, auch ohne dass
Amylasen zum Einsatz gekommen sind. Die ausgefallenen Glycoproteine mussten
in diesen Fällen aus den Früchten selbst stammen, denn Zellwände der Früchte sind
teilweise aus Glycoproteinen aufgebaut. In einem solchen Fall hilft nur ein zusätzlicher
Erhitzungsschritt wie er in nachfolgendem Absatz unter Punkt 2. beschrieben ist.
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Enzymierung |
Maßnahmen zur Vermeidung von Fädchen Trübungen:
1.Verwendung von nicht Fädchen bildenden Alpha-Amylasen oder AmyloglucosidaPanzym F2. Diese müssen aber
sen bei der Kalt- und Heißenzymierung z. B.
immer mit einer anschließenden Bentonitbehandlung kombiniert werden. Dosagen
von mindestens 100 g Bentonit/hl werden empfohlen.
2.Beachtung der Dosagehöchstmengen des Herstellers bei der Verwendung von FädPanzym HT 300/hl oder
chen bildenden Amyloglucosidasen z. B. maximal 3 ml
Ausführung einer zusätzlichen Erhitzung des vorgeklärten Saftes, nach z.B. Kieselgurfiltration, auf ca. 90 °C. Danach Rückkühlung und Filtration der ausgefallenen
Fädchen vor der Heißabfüllung.
Kontrolle des Stärkeabbaus mittels Jodtest
Kolloidal gelöste Stärke bildet mit Jod einen blauen Farbkomplex. Stärkekörner können mittels Jodlösung in Randbereichen blau eingefärbt werden, wenn sie kolloidal angelöst sind.
Diese Jod-Stärke-Reaktion ist bei höheren Temperaturen gestört; deshalb müssen
bei der Heißenzymierung die Säfte vor dem Jod Test auf Raumtemperatur abgekühlt
werden.
Jodtest zur Kontrolle der gesamten Stärke bei der ASK-Herstellung
Bei der Konzentrat Herstellung wird der trübe Saft bei der Aromagewinnung auf fast
100 °C erhitzt. Dabei werden die Stärkekörner aufgelöst und müssen als kolloidal
gelöste Stärke enzymatisch abgebaut werden. Um den Gehalt an gesamter Stärke
mittels Jod nachweisen zu können, muss der Saft vor dem Jodtest aufgekocht und
danach abgekühlt werden. Erst danach kann der gesamte Gehalt an Stärke (kolloidal
gelöste Stärke und in Lösung gebrachte Stärkekörner) mit Jod nachgewiesen werden.
Jodtest zum Nachweis der kolloidal gelösten Stärke
In diesem Fall darf der Saft vor dem Jodtest nicht aufgekocht werden. Die Stärkekörner, die in Randbereichen mit Jod angefärbt werden können, müssen vor dem
Jod Test über ein Faltenfilter abfiltriert werden. Im Filtrat befindet sich danach nur die
kolloidal gelöste Stärke, die mit Jod nachweisbar ist. Nur diese muss enzymatisch
abgebaut werden, wenn klarer Saft stärkefrei eingelagert werden soll.
Durchführung des Jodtests
Eine n/100 Jodlösung-Vorratslösung oder eine selbst hergestellte Vorratslösung
(20 g Kaliumjodit und 1 g Jod in einem Liter Wasser gelöst) mit Wasser auf hellbraune Farbe verdünnen. 5 – 10 ml Saft in einem schräggehaltenen Reagenzglas mit
0,5 – 1 ml dieser verdünnten Jodlösung vorsichtig überschichten. Danach die Verfärbung an der Grenzschicht, am besten vor einem weißen Hintergrund, beobachten.
Die nachfolgende Aufnahme zeigt den fortschreitenden Stärkeabbau in fünf Phasen.
Bemerkung: Amylose bildet mit Jod
eine tiefblaue Färbung, Amylopektin
dagegen nur eine violette bis rotbraune
Farbe. Deshalb wird ein unvollständiger Stärkeabbau oft übersehen, wenn
mit zu hoch konzentrierten Jodlösungen gearbeitet wird.
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Enzymierung |
1.6
Technische Enzympräparate bei der Fruchtsaftherstellung
1.6.1Maischeenzymierung
1.6.1.1
Maischeenzymierung von Kernobst (Äpfel, Birnen, Quitten)
Bei der Enzymierung von Maische aus Kernobst mit einer Spezial-Pektinase wie zum
Beispiel Panzym YieldMASH XXL oder Panzym First Yield wird durch die spezielle
Zusammensetzung der pektinolytischen Einzelfraktionen dieses Enzyms, vor allem
das lösliche Pektin in der Maische abgebaut. Dadurch kommt es zu einer drastischen
Reduzierung der Saftviskosität. Der niedrigviskose Saft kann leichter aus der Maische
abfließen. Gleichzeitig wird durch ein richtig zusammengesetztes Enzym das unlösliche Protopektin weitestgehend verschont, wodurch die Struktur der Maische erhalten
bleibt. Es findet keine Vermusung der Maische statt.
Vorteile der Apfelmaischeenzymierung:
1.Steigerung der Pressenkapazität von ca. 20 – 50 % bei gleichbleibender Ausbeute
durch Erhöhung des frei abfließenden Saftanteils. Eine Bucher HP 5000 kann mit
11 statt 8 – 9 Tonnen befüllt werden, bei gleichbleibender Presszeit.
2.Steigerung der Ausbeute um 5 – 20 %, je nach Ausgangszustand der Äpfel, bei
gleicher Pressenkapazität.
3.Variables Anpassen der vorhandenen Pressenkapazität auf die jeweilige Erntesituation. Bei geringer Ernte und hohen Rohstoffpreisen kann die Ausbeute forciert
werden. Bei großer Ernte und entsprechend niedrigem Rohstoffpreis, wird logischerweise die Pressenkapazität optimiert. Dazwischen sind jederzeit beliebige
Kombinationen frei wählbar.
Enzymierung der Frischmaische bei einstufiger Pressung
1.Mindesttemperatur 8 – 10 °C
Maximaltemperatur 30 °C, bei höherer Temperatur wird das Aroma geschädigt!
2.Mindeststandzeit
- für Bucherpressen:
ca. 0,5 – 1,0 h
- für Bandpressen:
ca. 1,0 – 1,5 h
- für Dekanter:
ca. 1,0 – 1,5 h
3.
Gleichmäßige Verteilung des Enzyms in der Maische, optimal durch Dosage einer 1:10 mit kaltem Wasser verdünnten Enzymlösung in die Mühle.
Es darf auf keinen Fall gerührt werden!
Dosage
Maischeenzym
für Kernobst
in die Mühle
Klärung
Mühle
Enzymdosage
Maischeerwärmung
Maischeenzymierung
Pressung
Zentrifuge
Enzymierung
und Schönung
oder Einlagerung
als Trübsaft
Herstellung von klarem oder trübem Saft aus Kernobst mit Frischmaischeenzymierung und 1-stufiger Pressung
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Kapitelübersicht
Enzymierung |
Dosageempfehlungen zur Enzymierung von Frischmaische
Frisches Obst:
40 – 60 ml
40 – 80 ml
Lagerobst.
50 – 100 ml
50 – 120 ml
Panzym YieldMASH XXL/Tonne oder
Panzym First Yield/Tonne
Panzym YieldMASH XXL/Tonne oder
Panzym First Yield/Tonne
Für die Herstellung von Trübsaft wird generell die niedrigste Dosierung und eine sofortige Pasteurisation des Saftes nach Pressung und Zentrifugation empfohlen. Längere
Zwischenlagerung des unpasteurisierten Saftes führt zu einer Entstabilisierung des
Trubes.
Herstellung von Trübsaft mit anschließender Enzymierung der Trestermaische bei 15 – 25 °C ohne Rühren
Diese Technologie basiert auf einer zweistufigen Pressung. Sie wird angewendet,
wenn z. B. der Saft aus der ersten Pressung als Trübsaft Verwendung finden soll. Die
Entsaftung der nicht enzymierten Frischmaische geschieht in der ersten Stufe mit
einer Ausbeute von 60 – 70 %.
Danach erfolgt die Nachextraktion des Tresters und Enzymierung der Trestermaische.
Dazu wird der Trester meist mit der gleichen Menge warmem oder heißem Wasser
ein gemaischt.
Das heiße Extraktionswasser (Brüden Kondensat oder entsalztes Wasser) erwärmt
den Trester auf die gewünschte Enzymierungstemperatur. Die Temperatur sollte zum
Schutz des Aromas 30 °C nicht überschreiten. Spielt die Qualität des Apfelaromas
keine Rolle, so könnte die Trestermaische auch bei 50 °C enzymiert und gepresst
werden, um die Ausbeute weiter zu steigern oder den Enzymverbrauch bzw. Standzeiten zu reduzieren. Die Enzymdosage erfolgt in den Tresterauswurf der Vorpresse.
Vorsicht! Das Enzym darf nicht in unmittelbaren Kontakt mit heißem Extraktionswasser kommen, da es dadurch inaktiviert würde.
Dosage
Maischeenzym
für Kernobst
in die Mühle
Mühle, evtl.
Enzymdosage
MaischeVorratstank
1. Pressung
Zentrifuge
Pasteurisation
Lagertank
Trester
Entaromatisierung
Enzymierung
Klärung
Filtration
Konzentrierung
Lagertank
Brüdenkondensat
Enzymdosage
Maischeenzymierung
2. Pressung
Zentrifuge
Herstellung von Trübsaft und Konzentrat aus Kernobst mit Enzymierung der
Trestermaische und zweistufiger Pressung
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Kapitelübersicht
Enzymierung |
Dosageempfehlungen zu Enzymierung von Trestermaische
Trester aus frischem Obst: 80 – 120 ml
80 – 160 ml
Trester aus Lagerobst:
Panzym YieldMASH XXL/Tonne oder
Panzym First Yield/Tonne
100 – 200 ml
100 – 240 ml
Panzym YieldMASH XXL/Tonne oder
Panzym First YieldTonne
Die Nachpressung der Trestermaische wird entweder auf der gleichen Presse, meist
aber auf einer in Reihe geschalteten zweiten Presse durchgeführt. Beim Einsatz von
Spezialenzymen mit wenig störenden Nebenaktivitäten, wie Cellulasen oder Hemicellulasen, können mit Hilfe dieser Technologie qualitativ hochwertige Konzentrate auf
sehr wirtschaftliche Weise hergestellt werden.
Kann eine Maische-Enzymierung auch bei der Trübsaftherstellung durchgeführt werden?
Ja, wenn der Saft sehr Pektin reich ist (
Alkoholtest).
Ja, wenn der Saft unmittelbar nach der Pressung pasteurisiert werden kann.
Nein, wenn der Saft wenig Pektin enthält und eine schnelle Pasteurisation nicht gewährleistet ist.
Die AFP-Technologie (Advanced Fruit Processing)
Pektinasen mit einem hohen Anteil an zellwandabbauenden Nebenaktivitäten sind in
der Lage, die pflanzliche Zelle weitestgehend aufzulösen. Dadurch wird neben einer
extremen Saftfreisetzung auch die unlösliche Trockensubstanz angegriffen.Durch die
enzymatische Auflösung unlöslicher Trockensubstanz ist es möglich, Ausbeuten von
über 100 % zu erzielen. Dies klingt unwahrscheinlich, kann aber mit einer einfachen
Modellrechnung belegt werden:
Ein Apfel besteht zu etwa: 10 – 12 % löslicher Trockensubstanz (= 10 – 12 Brix), ca.
85% Wasser und 3 – 5% unlöslicher Trockensubstanz. Das sind Stiele, Schalen, Kerngehäuse und Kerne, bestehend aus Zellulose, Protopektin und anderen Zellwandbestandteilen.
Setzt man die gemessene lösliche Trockensubstanz im Saft aus nicht enzymierter
Maische = 100 % erzielbare Ausbeute, so kann die enzymatische Überführung von
unlöslicher Trockensubstanz in lösliche Trockensubstanz, die Ausbeute auf über 100%
steigern, wenn eine leistungsfähige Saftextraktion durch Presse oder Dekanter
Panzym
zum Einsatz kommt. In vielen Praxisversuchen mit Panzym AFP-L oder
Second Yield wurde
Ein weiterer Vorteil dieser Technologie besteht in einem geringeren Tresteranfall, besonders wenn dieser kostenintensiv entsorgt werden muss.
Wichtig zu erwähnen ist, dass der Saft aus der AFP-Technologie aufgrund seines sehr
hohen Galacturonsäuregehalts oft nicht mehr die Anforderungen von ASK-Einkäufern
erfüllt. In der Branche kursieren maximal tolerierte Gehalte an Monoga-lacturonsäure
von 800 – 1500 mg/l. Die Fruchtsaftverordnung limitiert den Gehalt an Monogalacturonsäure dagegen nicht. Der Saft wird deshalb als B-Qualität eingestuft. Bei der
gleichzeitigen Anwendung von Cellulasen, die laut Fruchtsaftverordnung nicht zugelassen sind, ist der so hergestellte Saft nicht mehr als Fruchtsaft verkehrsfähig. Er
muss deshalb in Anwendungen außerhalb der Fruchtsaftverordnung eingesetzt werden, z. B. als Zuckerersatz (Fruchtsüße) in der Lebensmittelindustrie. Die jeweilige
Zulässigkeit seiner Verwendung ist von Fall zu Fall gesondert zu prüfen.
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Kapitelübersicht
Enzymierung |
Mühle
Enzymdosage
Maischeenzymierung
1. Pressung
Trester
Zentrifuge
2. Pressung
oder Dekanter
Lagertank
Brüdenkondensat
Enzym
Dosage
A-Saft
Entaromatisierung
Enzymierung
Klärung
Filtration
Konzentrierung
oder Einlagerung
als Trübsaft
B-Saft
Entaromatisierung
Enzymierung
Klärung
Filtration
Konzentrierung
Zentrifuge
Trester Maische
Enzymierung
AFP-Technologie: Herstellung von Saft oder Konzentrat aus Kernobst mit Enzymierung der Frisch- und Trestermaische und zweistufiger Pressung
Diese Technologie basiert auf einer zweistufigen Pressung.
Die Entsaftung der nicht enzymierten Frischmaische bei der Trübsaftherstellung oder
mit Panzym First Yield enzymierter Maische bei der Konzentrat Herstellung geschieht
in der ersten Stufe mit einer Ausbeute von 60 – 80 %.
Danach erfolgt die Nachextraktion des Tresters und Enzymierung der Trestermaische.
Der Trester wird meist mit der gleichen Menge warmem oder heißem Brüden Kondensat oder entmineralisiertem Wasser eingemaischt, um die Trestermaischetemperatur auf 50 – 55 °C zu erhöhen. Bei dieser Temperatur zeigt Panzym Second Yield
seine höchste Aktivität. Die Enzymdosage erfolgt in den Tresterauswurf der Vorpresse.
Vorsicht! Das Enzym darf nicht in unmittelbaren Kontakt mit heißem Extraktionswasser kommen, da es bei Temperaturen über 55 °C schnell inaktiviert würde. Auch
darf es aus gleichem Grund nicht gemeinsam mit der Ascorbinsäure Losung (Vitamin
C) dosiert werden.
Dosageempfehlungen zur Enzymierung von Frisch- und Trestermaische
Frischmaische
Frisches Obst:
40 – 60 ml
40 – 80 ml
Lagerobst:
50 – 100 ml
50 – 120 ml
Panzym YieldMASH XXL/Tonne oder
Panzym First Yield//Tonne
Panzym YieldMASH XXLTonne oder
Panzym First Yield/Tonne
Trestermaische
Die Dosageempfehlungen richten sich nach den Ausbeuten, die bei der ersten Saftextraktion erzielt wurden und sind abhängig davon, ob eine Frischmaischeenzymierung
stattgefunden hat oder nicht. Die niedrigeren Dosagen gelten für Trester aus enzymierter Frischmaische.
Alle Dosagen sind auf Trestermaische mit 1 Teil Trester + 1 Teil Wasser bezogen.
Ausbeute 80 %:
250 – 500 ml/Tonne Trestermaische
Ausbeute 70 %:
160 – 380 ml/Tonne Trestermaische
Ausbeute 60 %:
120 – 240 ml/Tonne Trestermaische
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Kapitelübersicht
Enzymierung |
1.6.1.2
Maischeenzymierung von Stein- und Beerenobst
Die Maische von Stein- und Beerenobst wird zur Gewinnung der wertvollen roten
Farbstoffe (Anthocyane) und zur Vermeidung der Maischegelierung, aufgrund ihres
hohen Pektin Gehalts, in der Regel bei 50 °C enzymiert. Die erhöhte Temperatur hilft
die Farbstoffe aus den Fruchtzellen freizulegen und erlaubt die wirtschaftliche
Enzymierung im Temperaturoptimum der Enzyme.
Oft wird die Maische zur maximalen Farbextraktion kurzfristig auf ca. 80 – 85 °C erhitzt; diese erhöhte Temperatur führt jedoch auch zu einer verstärkten Freilegung von
Kolloiden aus den Zellwänden der Früchte und zu nachfolgenden Problemen
bei der späteren Saftklärung und Filtration.
Welche
Pektinase für die Maischeenzymierung?
120
Aktivität (%)
Um die unerwünschte Freisetzung von Zellwandkolloiden in vernünftigen Grenzen
100 wird empfohlen, die Maischeenzymierung mit einer Pektinase durchzuzu halten,
führen, die nur über ein geringes Spektrum an Nebenaktivitäten verfügt. Panzym
80
Pro Color ist ein solches „Softenzym“. Es verfügt über ein ausreichendes Spektrum an60Enzymaktivitäten für die Farbfreisetzung und den Abbau des im Saft gePanzym Pro Color
lösten Pektins und erlaubt dadurch eine problemlose Pressung mit hoher Saft- und
Standartpektinase
Farbausbeute.
Panzym Pro Color liefert kolloidarme Säfte, die leicht depektinisier40
bar, klärbar und filtrierbar sind. Das gleiche gilt für Panzym BE XXL. Im Vergleich zu
20
Standardpektinasen
eignen sich Panzym Pro Color und Panzym BE XXL aufgrund
ihres niedrigen pH-Optimums besonders für die Enzymierung säurereicher Früchte.
0
2
2,5
3
3,5
4
4,5
5
5,5
6
Bei einem pH-Wert von 3,0 arbeitet Panzym Pro Color noch mit 60 % seiner maximalen Aktivität. Die Standardpektinase nur mit 20 %.
Herstellung von klarem Saft oder Konzentrat aus Stein- oder Beerenfrüchten
Aufgrund ihrer weichen Konsistenz können Stein- und Beerenfrüchte vor der Verarbeitung nicht gewaschen werden. Umso wichtiger ist die Eingangskontrolle bei der
Anlieferung von gefrorenen oder frischen Früchten. Ungesunde Partien müssen konsequent aussortiert werden.
Gefrorene Früchte werden in einem Annahmesystem mit Doppelmantel und
Schneckentransport mittels Dampf oder Heißwasser aufgetaut und in die Walzenmühle transportiert. Hier erfolgt die Dosage einer Enzymverdünnung, am besten mit
einer Dosierpumpe direkt in die Mühle oder in die Förderleitung.
Um starke Vermusung und spätere Klärschwierigkeiten zu vermeiden, sollte die
Maische nur gelegentlich gerührt werden.
Wird das Enzym per Hand in den Maischetank dosiert, so muss die Maische gelegentlich gerührt werden, um das Enzym gleichmäßig zu verteilen. Das Enzym wird in
diesem Fall frühzeitig mit den ersten Maischeanteilen im Tank vorgelegt.
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Kapitelübersicht
Enzymierung |
Entaromatisierung
Enzymierung
Klärung
Filtration
Einlagerung oder
Konzentrierung
Mühle
Enzymdosage
Maischeerwärmung
auf 50 - 55o C
Pressung
Maischeenzymierung
Zentrifuge
Herstellung von Saft oder Konzentrat aus Stein- oder Beerenfrüchten mit
Enzymierung der Frischmaische und einstufiger Pressung
Dosageempfehlungen für die Maischeenzymierung von Beerenobst mit
Pro Color oder Panzym BE XXL
Himbeeren:
50 – 120 ml/Tonne
Erdbeeren:
30 – 80 ml/Tonne
Johannisbeeren, schwarz:
80 – 200 ml/Tonne
Johannisbeeren, rot:
40 – 100 ml/Tonne
Preiselbeeren, Cranberry:
150 – 300 ml/Tonne
Brombeeren:
50 – 100 ml/Tonne
Stachelbeeren:
20 – 60 ml/Tonne
Standzeit:
Panzym
1 – 2 Stunden bei 50 – 55 °C
Besondere Empfehlungen zur Verarbeitung von Kirschen
Bei der Verarbeitung von Sauerkirschen empfehlen wir, auf die Maischeenzymierung
zu verzichten. Stattdessen sollte mit einer erhöhten Maischetemperatur gepresst
werden. Ab 60 – 70 °C koagulieren fruchteigene Eiweißstoffe, die ansonsten zu hartnäckigen Trübungen führen und die spätere Klärung erschweren.Bei dieser hohen
Maischetemperatur ist eine Enzymierung nicht mehr möglich, aber bei Sauerkirschen
auch nicht erforderlich, da diese relativ geringe Mengen an Pektinstoffen enthalten.
Das sofortige Pressen ohne Standzeit verhindert, dass sich Kerne im Maischetank absetzen und Probleme bei der Maischeförderung verursachen.Diese Arbeitsweise ist
besonders vorteilhaft beim Arbeiten mit Bandpressen.Die Maischeauftragsdicke bei
der Bandpresse sollte zur Erzielung guter Ausbeuten höher bemessen werden als bei
steinlosen Früchten.Sauerkirschen könnten aufgrund ihres niedrigen Pektin Gehalts
auch ohne vorherige Maischeenzymierung kalt gepresst werden. Die Heißpressung
ist jedoch mit Hinblick auf die Ausbeute vorzuziehen.
Besondere Empfehlungen zur Verarbeitung von Cranberry
Die Maischeenzymierung von Cranberry sollte bei etwas niedrigerer Temperatur von
ca. 40°C durchgeführt werden, um eine vorzeitige Inaktivierung des Maischeenzyms
aufgrund des sehr niedrigen pH-Wertes von ca. 2,5 zu vermeiden. Bei dieser sehr
markigen und Pektin reichen Frucht sind erhöhte Pektinasedosierungen in Maische
und Saft unumgänglich. Die Verlängerung der Standzeit zur Verringerung der Enzymdosagen sind bei der Verarbeitung dieser Frucht unproblematisch, denn der niedrige
pH-Wert in Verbindung mit vorhandener Benzoesäure, als natürlichem Konservierungsstoff, verringern die mikrobiologische Anfälligkeit der Maische beträchtlich.
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Kapitelübersicht
Enzymierung |
1.6.2. Saftenzymierung
Prozessablauf bei der Herstellung von klaren Direktsäften aus Kernobst
Bei der Herstellung von Premiumsäften sollte jeder unnötige Erhitzungsschritt vermieden werden. Bei der Verarbeitung von gesunden Früchten, verbunden mit intensivem Waschen der Früchte, kann in nördlichen Breitengraden auf die Pasteurisation
des frischen Presssaftes verzichtet werden. Der Saft wird nach einer Vorklärung über
Rüttelsiebe oder Separator kalt enzymiert und geschönt. Die Saftenzyme werden im
Enzymierungs- und Schönungstank vorgelegt und können schon während der Füllzeit
mit dem Pektin- und Stärkeabbau beginnen. Die Enzymierungszeit beträgt in Abhängigkeit von der Enzymdosage bei 15 – 20°C ca. 4 – 8 Stunden. Erst nach Überprüfung
des vollständigen Pektin- und Stärkeabbaus mittels Alkohol- und Jodtest darf die
Dosage der Schönungsmittel erfolgen.
Prozessablauf bei der Herstellung von klaren Konzentraten aus Kernobst
Bei der Konzentrat Herstellung bietet sich die Heißklärung an. Der frische Pressaft
wird nach Vorklärung mittels Rüttelsieb oder Separator direkt der Entaromatisierung
zugeführt. Während der Konzentrierung findet bei einer Temperatur von ca. 90 °C eine
Pasteurisation statt. Das Halbkonzentrat mit 20 – 24 Brix wird mit 50 – 55 °C aus der
Anlage herausgefahren und in den Enzymierungs- und Schönungstank überführt. Die
Saftenzyme werden mit den ersten Saftanteilen im Tank vorgelegt und können bereits während der Füllzeit mit dem Pektin- und Stärkeabbau beginnen. Bei 50 – 55 °C
arbeiten die Saftenzyme im Maximum ihrer Aktivität. Dem entsprechend beträgt die
Enzymierungszeit nur ca. 1 Stunde. Erst nach Überprüfung des vollständigen Pektinund Stärkeabbaus mittels Alkohol- und Jodtest darf die Dosage der Schönungsmittel erfolgen.
1.6.2.1 Einsatz von Pektinasen zur Depektinisierung von Fruchtsäften
Anforderungen an eine Pektinase zum Pektin Abbau in Kernobstsäften
- Ausgeglichenes Verhältnis von Pektinesterase und Polygalacturonase oder Verwendung einer Pektintranseliminase, welches Pektin auch ohne vorherige Entesterung
spalten kann.
- Ausreichende Aktivität an Arabanase, wenn Konzentrate aus Kernobst, besonders
von Birnen, unter Vermeidung von Arabantrübungen hergestellt werden sollen
Pektingehalt, Pektinasedosage
Der Pektingehalt in Fruchtsäften ist von folgenden Faktoren abhängig:
1. Obstsorte: Streuobst enthält meist mehr Pektin als Tafelobst.
2.Reifegrad der Früchte: Mit zunehmender Reife steigt der Gehalt an löslichem Pektin
3.Konzentrationsgrad der Fruchtsäfte: Halbkonzentrat mit 20 – 24 Brix enthält doppelt
so viel Pektin wie Saft ab Presse mit z.B. 10 – 12 Brix
4.Mechanische Beanspruchung der Maische durch das Press System :Packpressensäfte enthalten weniger Pektin als Säfte aus Horizontalpressen, Bandpressen oder
Dekantern
Die folgenden Dosageempfehlungen gelten für Säfte mit einer Konzentration von
ca. 10-12 Brix.
Kernobstsaft aus knappreifem Obst:
0,5 – 1,0 ml Panzym Pro Clear oder
Panzym XXL/100 Liter
Kernobstsaft aus reifem Obst:
1,0 – 2,0 ml Panzym Pro Clear oder
Panzym XXL/100 Liter
Kernobstsaft aus überlagertem Obst:
2,0 – 3,0 ml
Panzym Pro Clear oder
Panzym XXL/100 Liter
Enzymierungszeit in Abhängigkeit von der Safttemperatur:
bei 15 – 20°C:
ca. 8 Stunden
bei 50 – 55°C:
ca. 1 Stunde
(siehe dazu Kapitel 1.1 Berechnung der Enzymdosage in Abhängigkeit von Temperatur und Enzymierungszeit)
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Enzymierung |
1.6.2.2 Einsatz von Amylasen für den Stärkeabbau in Kernobstsäften
Grundsätzlich wird die Anwendung von Fädchen freien Amylasen ( Panzym F2)
empfohlen, um Probleme mit Trübungen in abgefüllten Säften zu vermeiden. Werden
aus Preisgründen trotzdem Fädchen bildende Amyloglucosidasen eingesetzt, sollte
die vom Hersteller empfohlene maximale Dosierung nicht überschritten werden.
Der Stärkegehalt in Fruchtsäften ist von folgenden Faktoren abhängig:
1 Reifegrad der Früchte: Mit zunehmender Reife sinkt der Gehalt an Stärke
2.Konzentrationsgrad der Fruchtsäfte: Halbkonzentrat mit 20 – 24 Brix enthält doppelt
so viel Stärke wie Saft ab Presse mit z.B. 10 – 12 Brix
3.Mechanische Beanspruchung der Maische durch das Press System.: Packpressensäfte enthalten weniger Stärke als Säfte aus Horizontalpressen, Bandpressen oder
Dekantern
4.Grad der Vorklärung: Der Einsatz von Separatoren reduziert den Gehalt an Stärke
um den Anteil an ungelösten Stärkekörnern
Dosageempfehlungen
Kaltklärung von nicht erhitzten Kernobstsäften:
4 – 6 ml
Panzym F2/100 Liter
Saft aus knappreifem Obst: 2 – 4 ml
Panzym F2/100 Liter
Saft aus reifem Obst:
Panzym F2/100 Liter
Saft aus unreifem Obst:
1 – 2 ml
Standzeit: ca. 6 - 8 Stunden bei 15-20°C.
Kaltklärung von erhitzten Kernobstsäften (Stärkekörner kolloidal gelöst):
Saft aus unreifem Obst:
8 – 12 ml
Panzym F2/100 Liter
Saft aus knappreifem Obst: 4 – 8 ml
Panzym F2/100 Liter
Saft aus reifem Obst:
Panzym F2/100 Liter
2 – 4 ml
Standzeit: ca. 6 - 8 Stunden bei 15 – 20°C
Heißklärung von Kernobstsäften
Saft aus unreifem Obst:
3 – 5 ml
Panzym HT 300 oder
2 – 3 ml
Panzym AG XXL oder
8 – 12 ml
Panzym F2/100 Liter
Saft aus knappreifem Obst: 2 – 3 ml
Panzym HT 300 oder
1 – 2 ml
Panzym AG XXL oder
4 – 8 ml
Panzym F2/100 Liter
Saft aus reifem Obst:
1 – 2 ml
Panzym HT 300 oder
1 – 2 ml
Panzym AG XXL oder
Panzym F2/100 Liter
2 – 4 ml
Standzeit: ca. 1 Stunde bei 50 – 55 °C
Gemeinsame Anwendung von Amylase und Pektinase
Pektinasen und Amylasen behindern sich nicht gegenseitig bei ihrer Arbeit und sollten
deshalb gemeinsam eingesetzt werden. Dabei sollten die Dosierungen so bemessen
werden, dass nach Ablauf der Enzymierungszeit Pektin und Stärke gleichzeitig abgebaut sind.
Um keine wertvolle Zeit zu verschwenden, werden die Enzyme mit den ersten Saftanteilen im Enzymierungs- und Schönungstank nach der Presse oder nach der Aromaanlage vorgelegt. Dadurch kann die Füllzeit des Tanks als Enzymierungszeit genutzt
werden. Gelegentliches Rühren ist wichtig, um die Enzyme gleichmäßig im Saft zu
verteilen. Bei der Heißenzymierung sind nach „Tankvollzustand“ oft nur noch wenige
Minuten bis zum Abschluss des Pektin- und Stärkeabbaus abzuwarten, bis die Klärung
mit Hilfe von Bentonit, Gelatine und Kieselsol ausgeführt werden kann.
Bitte beachten:
Mit der Zugabe von Bentonit oder Aktivkohle wird die Enzymierung abgebrochen, da
die Enzyme durch Adsorption an diese Mittel inaktiviert werden.
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Kapitelübersicht
Enzymierung |
Vorversuche zur Ermittlung der Pektinase und Amylasedosage
Dazu wird der Saft auf die in der Praxis vorherrschende Enzymierungstemperatur
temperiert. Bei der Kaltenzymierung sollte der Versuch in der Produktionshalle durchgeführt werden, da eine Kühlung im Labormaßstab oft nicht möglich ist. Für die Heißenzymierung ist die Erwärmung und Temperierung des Saftes in einem Wasserbad
notwendig. Empfehlenswert ist, eine gestaffelte Dosage der Enzyme im Bereich der
vom Hersteller empfohlenen Mindest- und Maximaldosage vorzunehmen.
z.B.:
1, 2 + 3 ml
Panzym Pro Clear/100 Liter
kombiniert mit z.B.:
1, 3, + 5 ml
Panzym F2/100 Liter
Dazu stellt man sich zunächst eine 1%ige Enzymverdünnung mit kaltem Wasser her
(1 ml Enzym werden mit Wasser auf 100 ml verdünnt)
1 ml dieser Enzymverdünnung zu 1 Liter Saft dosiert, entspricht einer Praxis-Dosage
von 1 ml/100 Liter Saft.
Für die Kontrolle des Pektin- und Stärkeabbaus werden bei der Kaltenzymierung jede
Stunde, bei der Heißenzymierung alle 15 Minuten mindestens 10 ml Probe aus dem
Überstand mittels Pipette entnommen und in zwei Reagenzgläser je 5 ml Probe ein
pipettiert.
Danach erfolgt der
Alkoholtest auf Pektin und der
Jodtest auf Stärke.
Es wird empfohlen, die Saftprobe vor den Tests über ein Faltenfilter zu filtrieren.
Dadurch werden nicht abbaubare, ungelöste Stärkekörner und grobe Trubstoffe beseitigt, welche zu falschen Interpretationen der Tests führen können. Die Dosage,
welche in der gewünschten Zeit das Pektin bzw. die Stärke vollständig abgebaut hat,
wird in der Praxis eingesetzt. Dabei sollte die Dosage mit einer Sicherheitsreserve
beaufschlagt werden, damit Schwankungen im Pektin und Stärkegehalt nicht zu späteren technischen Problemen führen.
In der Praxis sollte jede Enzymierung mittels
Alkohol- und
Jodtest kontrolliert
werden. Diese ständige Kontrolle erhöht die Sicherheit der Verarbeitung und erlaubt
die fortlaufende Anpassung der Enzymdosage an veränderte Pektin- und Stärkegehalte.
Anforderungen an eine Pektinase zum Pektinabbau in Beerensäften
Ausgeglichenes Verhältnis von Pektinesterase und Polygalacturonase
Ausreichende Hemicellulase-Nebenaktivitäten zur Farbfreisetzung und weitestgehendem Kolloidabbau
Niedriges pH-Optimum für eine gute Wirkung in Säften mit hohem Säuregehalt
Dosageempfehlungen für die Depektinisierung von Beeren- und Steinobstsäften
Für die Depektinisierung von Säure - und Pektinreichen Säften aus Stein- und Beerenobst wird die Verwendung einer Pektinase mit niedrigem pH-Optimum und einem
großen Spektrum an kolloidabbauenden Nebenaktivitäten empfohlen, beispielsweise
Panzym Pro Color oder Panzym BE XXL.
Himbeeren:
Erdbeeren:
Johannisbeeren, schwarz:
Johannisbeeren, rot:
Preiselbeeren, Cranberry:
Brombeeren:
Stachelbeeren:
40 ml/Tonne
30 ml/Tonne
60 ml/Tonne
50 ml/Tonne
100 ml/Tonne
40 ml/Tonne
20 ml/Tonne
Diese Dosageempfehlungen sind Orientierungswerte und gelten für Säfte mit einer
Konzentration von ca. 10 Brix.
Enzymierungszeit in Abhängigkeit von der Safttemperatur:
bei 20 °C:
ca. 8 Stunden
bei 50 °C:
ca. 1 Stunde
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Kapitelübersicht
Enzymierung |
1.6.3 Anwendung von Spezialenzymen bei der Fruchtsaftbereitung
1.6.3.1 Pektinase mit Arabanase-Nebenaktivität zur Herstellung von ASK
Werden Apfelsaftkonzentrate mittels Maischeenzymierung und/oder wässriger Extraktion - als ausbeutefördernde Maßnahmen - hergestellt, können Arabantrübungen
im Konzentrat auftreten. Arabane sind Bestandteile der pflanzlichen Zellwand, welche
in hoher Konzentration infolge Retrogradation Trübungen im Konzentrat bilden können.
Diese Trübungen treten allerdings nur im Konzentrat auf. Bei Saftstärke konnten noch
keine Arabantrübungen festgestellt werden.
Verhaltensweise und Erscheinungsbild von Arabantrübungen:
Arabantrübungen treten als weißer Bodensatz in Konzentraten auf. Unter dem Mikroskop sehen sie aus wie überdimensional große Hefezellen. Sie treten meist aus zwei
bis vier zusammenhängenden kugelförmigen Gebilden auf.
Tropft man 10%ige Natronlauge auf den Objektträger und zwar an den Rand des
Deckglases unter dem sich die Probe befindet, so kann man die Auflösung der Arabankugeln beobachten. Zunächst erscheinen die Arabankugeln wie durchsichtige
Weihnachtkugeln, welche dann wie Ufos platzen. Arabantrübungen lösen sich im Gegensatz zu Hefetrübungen durch Erwärmen auf 60 °C auf.
Verhinderung von Arabantrübungen
Einsatz von Pektinasen mit Arabanase-Nebenaktivität wie z.B.
oder Panzym XXL.
Panzym Pro Clear
Die Arabane werden gleichzeitig mit dem Pektin abgebaut
Technologische Bedeutung der Arabantrübungen
Arabantrübungen haben keine Bedeutung im abgefüllten Apfelsaft, da sie sich bei der
Heißabfüllung auflösen und bei Saftstärke nicht entstehen können. Arabantrübungen
treten in Konzentraten als messbare oder sichtbare Trübungen auf und verringern deshalb den Marktwert Araban haltiger Konzentrate.
1.6.3.2 Pektinase zur Steigerung der Filterleistung bei der Cross-Flow- Filtration und konventioneller Filtration
Durch den Einsatz von Pektinasen mit hoher Hemicellulase-Nebenaktivität, dazu zählen vor allem Rhamnogalacturonase und Arabinoglactanase, kann die Filterleistung
- besonders bei den kolloidempfindlichen Cross-Flow- Filtrationssystemen gesteigert
werden. Panzym Flux ist ein solches Spezialenzym.
Industrieversuche Abcor Ultrafiltration Durchschnitt über 7 Tage
130
120
110
100
90
80
105
119
70
60
50
Kontrolle
Panzym Flux 1,1 ml/hl
1. Steigerung der Fluxrate bei der Ultrafiltration
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Kapitelübersicht
Enzymierung |
Während einer ganzen Woche wurde entaromatisierter Apfelsaft zusätzlich mit durchschnittlich 1,1 ml Panzym Flux pro hl behandelt. Die Enzymierung mit Panzym Flux
erfolgte gleichzeitig mit dem Pektin- und Stärkeabbau bei ca. 50 °C in 1 – 2 Stunden.
Bei normaler Enzymierung konnte die Anlage mit einer Durchschnittsleistung von
105 l/m2 x h gefahren werden. Die Anwendung von Panzym Flux brachte eine Leistungssteigerung auf 119 l/m2 x h. Als zusätzlicher Effekt wurde festgestellt, dass sich
die Anlage leichter chemisch reinigen ließ.
Kieselgurverbrauch (kg/hl)
0,06
0,05
0,04
0,03
0,02
0,01
0
Seb
95
Okt
95
Dez
95
Nov
95
Jan
96
Feb Mrz
96
96
Apr
96
Mai
96
Kieselgurverbrauch (kg/hl)
Jun
95
Jul
95
Aug
95
Seb
95
Okt
95
Nov
95
Linear (Kieselgurverbrauch (kg/hl))
2. Senkung des Kieselgur Verbrauchs durch Panzym Flux:
Schichtenverbrauch (m2/hl)
0,06
0,05
0,04
0,03
0,02
0,01
0
Seb
95
Okt
95
Nov
95
Dez
95
Jan
96
Feb Mrz
96
96
Apr
96
Schichtenverbrauch (m2/hl)
Mai
96
Jun
95
Jul
95
Aug
95
Seb
95
Okt
95
Nov
95
Linear (Schichtenverbrauch (m2/hl))
3. Senkung des Filterschichtenverbrauchs durch Panzym Flux
Durch die Anwendung von Panzym Flux konnte durchschnittlich innerhalb eines Jahres der Kieselgur Verbrauch von 0,033 auf 0,022 kg/hl gesenkt werden. Schwankungen
des Kieselgur Verbrauchs innerhalb des Jahres waren bedingt durch Produktionsspitzen von schwierig filtrierbaren Produkten. Im gleichen Maße positiv wirkte sich der
Einsatz von Panzym Flux auf den Verbrauch von Tiefenfilterschichten aus. Innerhalb
des Beobachtungsjahres konnte der Verbrauch von 0,038 auf 0,025 m2/hl gesenkt werden.
Anwendung von Panzym Flux
Panzym Flux kann gemeinsam bei der Depektinisierung und dem Stärkeabbau angewendet werden. Panzym Flux wirkt sowohl bei der Kaltenzymierung (15 – 20 °C) als
auch bei der Heißenzymierung (50 – 55 °C).
Dosageempfehlung:
1 – 2 ml
Enzymierungszeit:
1 – 2 h bei 50 – 55 °C
4 – 8 h bei 10 – 20 °C
Panzym Flux/hl
Panzym Flux sollte immer in Kombination mit einer hochkonzentrierten Pektinase wie
z.B. Panzym Pro Clear eingesetzt werden. In stärkehaltigen Säften muss zusätzlich
eine Amylase kombiniert werden.
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Kapitelübersicht
Enzymierung |
1.6.3.3 Anwendung von Spezialenzymen zur Reinigung von Mikro- und Ultrafiltrationsmembranen
Enzyme, die zu Reinigungszwecken eingesetzt werden, müssen nicht der Fruchtsaftverordnung entsprechen. Sie enthalten in der Regel neben Pektinasen auch Amylasen, Hemicellulasen Cellulasen und Proteasen. Dieses weite Aktivitätsspektrum
ermöglicht den sehr aggressiven Angriff von Kolloiden, welche durch Deckschichtbildung und Verstopfung der Poren die Leistung der Filtermembran herabsetzen. Ein
solches Spezialenzym ist z.B. SIHA Cip Membrane.
Anwendung von SIHA Cip Membrane
500 – 1000 ml SIHA Cip Membrane in 1.000 Liter Reinigungswasser verdünnen. Der
pH-Wert der Enzymverdünnung sollte auf 5,0 korrigiert werden. Dies geschieht am
zweckmäßigsten durch Zusatz von Zitronensäure oder Natronlauge. Die Reinigung
erfolgt nach Erwärmen der Enzymlösung auf 50 °C durch 1-2stündiges Zirkulieren der
Enzymlösung oder ohne Zirkulation bei Raumtemperatur über Nacht.
Nach dem enzymatischen Abbau der Kolloide erfolgt die chemische Reinigung nach
den Empfehlungen des Membranherstellers. Die enzymatische Membranreinigung
sollte unbedingt vor der chemischen Reinigung vorgenommen werden.
1.6.4. Anwendungsformen von technischen Enzympräparaten
Enzyme werden in drei Anwendungsformen angeboten:
- als Enzympulver
- als Enzymgranulat
- als Flüssigenzym
Der Vorteil der festen Anwendungsform (Pulver oder Granulat) liegt in der längeren
Haltbarkeit der Enzympräparate. Meist wird vom Hersteller die Haltbarkeit der Enzyme in Form eines Aktivitätsverlustes in % der Ausgangsaktivität bei Lagerung unterhalb von 10 °C angegeben:
Die Aktivitätsverluste betragen in etwa:
bei festen Präparaten: minus 5 – 10 % pro Jahr
bei flüssigen Präparaten:
minus 10 – 20 % pro Jahr
Diese Aktivitätsverluste sollten aber sicherheitshalber aus den Produktinformationen
der Hersteller entnommen werden.
Das Enzym kann trotz Aktivitätsverlust noch weiter verwendet werden. Allerdings
muss die Dosierung um den Betrag der verlorenen Aktivität erhöht werden.
Die meisten Enzympräparate können durch Einfrieren über mehrere Jahre ohne nennenswerten Aktivitätsverlust gelagert werden. Allerdings sollten die Enzyme nach
dem Auftauen direkt verwendet werden. Das wiederholte Einfrieren kann nicht empfohlen werden.
Unter den festen Anwendungsformen hat das Granulat den Vorteil, dass es weniger
staubt und dadurch die Gefahr von Enzymstauballergien sehr gering ist. Aufgrund der
allergisierenden Wirkung von Enzymen bei empfindlichen Personen, tragen Enzyme
ein Andreaskreuz als Gefahrenhinweis. Auch flüssige Enzyme tragen diesen Gefahrenhinweis, da durch das Einatmen von Sprühnebeln (Aerosole) Allergien auftreten
können. Das Einatmen von Sprühnebeln von wässrigen Enzymlösungen ist in der
Getränkeindustrie allerdings sehr unwahrscheinlich.
1.6.5. Was ist beim Einkauf von Enzympräparaten zu beachten:
Das wesentlichste Kriterium beim Enzymeinkauf ist die Aktivitäts-/ Preisrelation, die
das Enzym bietet. Einige Hersteller geben die Aktivität ihrer Enzyme in Form von
hauseigenen Akti-vitätseinheiten an. Die Aktivitätsangaben der einzelnenHersteller
sind jedoch nicht miteinander vergleichbar, denn für Pektinasen und Amylasen existieren keine international genormten Aktivitätsbestimmungen. Die Dosageangaben
laut Herstellerinformation sind ebenfalls kein verlässlicher Berechnungsfaktor für das
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Kapitelübersicht
Enzymierung |
Preis-/Leistungsverhältnis eines Enzyms, denn diese basieren auf Erfahrungen und
die Erfahrungswerte der einzelnen Enzymhersteller können sehr weit voneinander
differieren.
Als verlässlichste Methode zur Beurteilung der Leistungsfähigkeit eines Enzyms
bleibt letztendlich nur die eigene Beurteilung durch einen Laborversuch (siehe dazu
Kapitel 1.6.2.2 Vorversuche zur Ermittlung der Pektinase und Amylasedosage).
Enzympreis in EURO/Liter oder EURO/kg?
Zur Ermittlung des Preisleistungsverhältnisses muss noch die Preisbasis der Enzyme
berücksichtigt werden.
Oft werden Flüssigenzyme in €/kg verkauft, obwohl sie volumetrisch dosiert werden.
In diesen Fällen muss der Enzympreis in €/kg mit der Dichte des Enzyms (meist 1,15)
multipliziert werden, um eine Vergleichbarkeit zu einem Preis in €/Liter herstellen zu
können. Das heißt der Enzympreis in €/kg erhöht sich um 15 %.
1.6.6. Kosten- und Wirtschaftlichkeitsberechnungen beim Einsatz von technischen Enzympräparaten
Berechnung der Wirtschaftlichkeit der Apfelmaischeenzymierung
1.Wie hoch ist der Mehrerlös in €/100 kg Maische durch die Maischeenzymierung, wenn der Saftpreis mit € 0,30/Liter kalkuliert wird und das Maischeenzym
€ 30,00/Liter kostet?
2.Ab welchem Saftpreis rentiert sich die Maischeenzymierung nicht mehr?
a)Die erzielbare Ausbeute ohne Maischeenzymierung beträgt mit einer Bandpresse
70 Liter Saft von 11 Brix/100 kg Apfelmaische. Der Saft wird mit € 0,30/Liter bewertet.
b)Die erzielte Ausbeute mit Maischeenzymierung beträgt 75,5 Liter Saft/100 kg Maische. Dieser Saft läuft durch die Verdünnung mit Bandwaschwasser mit 10 Brix von
der Presse ab.
Für die Enzymierung wurden 10 ml Maischeenzym je 100 kg Maische eingesetzt.
Das Maischeenzym kostet € 30,00/Liter.
Rechnung 1:
Saftmehrausbeute Brix korrigiert:
5,5 Liter x 10 Brix / 11Brix = 5 Liter Mehrausbeute (11 Brix)/100 kg Maische
5 x € 0,30/Liter = € 1,50 Mehrausbeute/100 kg Maische
Enzymkosten je 100 kg Maische:
€ 30,00/Liter = € 30,00/1000 ml x 10 ml/100 kg = € 0,30/100 kg Maische
Ergebnis :
Durch die Apfelmaischeenzymierung wird ein Mehrerlös von
€ 1,50 - € 0,30 = € 1,20 je 100 kg verarbeiteter Maische erzielt.
Rechnung 2:
5,0 Liter Mehrausbeute x ? € entsprechen € 0,30 an Enzymkosten
€ 0,30 / 5 = € 0,15/Liter
Ergebnis :
Wenn der Saftpreis unter € 0,15/Liter sinkt, sind die Enzymkosten höher als der Saftmehrerlös und die Maischeenzymierung rentiert sich nicht mehr.
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Kapitelübersicht
Enzymierung |
Rechnerischer Vergleich der Wirtschaftlichkeit von Enzympräparaten verschiedener Hersteller
In einem Laborversuch zum Vergleich zweier Enzympräparate wurde folgendes festgestellt:
Enzym 1 baut das Pektin mit einer Dosage von 5 ml/100 Liter Saft in 6 Stunden ab.
Das Enzym kostet € 30,00/kg. (Dichte = 1,2)
Enzym 2 baut das Pektin mit einer Dosage von 3 ml/100 Liter Saft in ebenfalls
6 Stunden ab. Das Enzym kostet € 40,00/Liter
Welches Enzym besitzt das beste Preis-/Leistungsverhältnis?
Rechnung:
Enzymkosten je 100 Liter Saft für Enzym 1:
Enzympreis €/kg x Dichte (1,2) = €/Liter
€ 30,00/kg x 1,2 = € 36,00/Liter = 36 x 100 Cent/1000 ml = 3,6 Cent/ml
3,6 Cent/ml x 5 ml/100 Liter = 18 Cent/100 Liter Saft
Enzymkosten je 100 Liter Saft für Enzym 2:
€ 40,00/Liter = 40 x 100 Cent/1000ml = 4,0 Cent/ml
4,0 Cent/ml x 3 ml/100 Liter = 12 Cent/100 Liter Saft
Ergebnis:
Enzym 2 bietet das beste Preis-/Leistungsverhältnis
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Kapitelübersicht
Klärung |
2 Klärung
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Kapitelübersicht
Klärung |
Inhaltsangabe
2.1 Klärung
2.1.1 Prinzip der Klärung von Fruchtsäften und Fruchtweinen
2.1.2 Die bei der Klärung beteiligten Reaktionspartner
2.1.3 Phasen der Klärung
2.2 Bentonit-Schönung
2.2.1 Was ist Bentonit?
2.2.2 Aufbau von Bentonit
2.2.3 Wirkungsweise von Bentonit
2.2.4 Bentonit-Typen für die Getränkeklärung und Stabilisierung
2.2.5 Dosage-Richtwerte
2.2.6 Ermittlung des Bentonit-Bedarfs für eiweißreiche Getränke im Vorversuch
2.2.7 Vorteile der Bentonit-Anwendung
2.2.8 Praktische Anwendung
2.3 Die Gelatineschönung
2.3.1 Aufbau
2.3.2 Herstellungsverfahren und Gelatinetypen
2.3.3 Qualitätsparameter
2.3.4 Aufgaben und Wirkungsweise der Gelatine
2.3.5 Kläreigenschaften verschiedener Gelatinetypen
2.3.6 Gelatine-Dosage
2.3.7 Gelatine-Bentonit-Klärung
2.4 Die Kieselsol-Schönung
2.4.1 Aufbau und Wirkungsweise
2.4.2 Herstellungsverfahren
2.4.3 Kieselsoltypen für die Getränkeklärung
2.4.4 Vorteile der Anwendung von Kieselsol bei der
Getränkeklärung
2.4.5 Die Gelatine-Kieselsol-Schönung
2.4.6. Die Bentonit-Gelatine-Kieselsol-Schönung
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Kapitelübersicht
Klärung |
Inhaltsangabe
2.5 Ermittlung des Schönungsmittelbedarfs im Vorversuch
2.5.1 Durchführung von Schönungsvorversuchen am Beispiel Apfelsaft
2.5.2.Ausführung im Detail
2.5.3.Lösungen und Dosierungen
2.6 Testmethoden
2.6.1 Alkoholtest auf Pektin Stoffe
2.6.2.Jodtest auf Stärke
2.6.3. Hitze- / Kältetest auf Stabilität gegen Nachtrübungen
2.6.4.Gelatinetest auf Gelatineunterschönung
2.6.5.BEVASIL 30-Test auf Gelatineüberschönung
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Kapitelübersicht
Klärung |
2.1Klärung
2.1.1 Prinzip der Klärung von Fruchtsäften und Fruchtweinen
Fruchtsäfte und Fruchtweine enthalten geladene Kolloide, welche die im Fruchtsaft
oder Fruchtwein enthaltenen Trubstoffe umhüllen und bei gleichsinniger Ladung durch
gegenseitige Abstoßung stabil in Schwebe halten. Das Prinzip der Klärung basiert auf
einem Ladungsausgleich durch Anwendung von entgegengesetzt geladenen Schönungsmitteln.
Voraussetzung für das Gelingen einer Schönung ist der vorhergehende enzymatische
Abbau von Pektinstoffen und Stärke, welche als Makromoleküle die Trubstoffe umhüllen und eine Entstabilisierung dieser Trubstoffe sehr wirkungsvoll verhindern. Bevor
die Anwendung der Schönungsmittel beginnt, muss die Saftenzymierung mit Pektinasen und/oder Amylasen deshalb abgeschlossen sein. Dies ist mit dem Alkoholtest
auf Pektin und Jodtest auf Stärke zu überprüfen.
2.1.2 Die bei der Klärung beteiligten Reaktionspartner
Polyphenole (negativ geladen)
Diese Gruppe von Kolloiden ist in Kernobst, Beerenobst und Steinobst enthalten.
Sie besitzen eine negative Ladung und reagieren vorwiegend mit positiv geladenen
Eiweißstoffen in Form einer Flockung, aber auch durch Bildung von Nachtrübungen
im abgefüllten Getränk. Besonders hohe Gehalte an Polyphenolen sind in Kernobst
(Äpfel, Birnen, Quitten), und hier besonders in alten Apfel- und Birnensorten (Streuobst), zu finden. Zu den besonders polyphenolhaltigen Früchten zählen auch Schlehen
und Speierling.
Eiweißstoffe (positiv geladen)
Eiweißstoffe sind Bestandteil der Fruchtzellen und praktisch in allen Früchten enthalten. Deren Gehalt ist in den verschieden Fruchtsorten sehr unterschiedlich und
innerhalb einer Fruchtsorte noch maßgeblich durch Witterungsbedingungen und Nährstofffaktoren (Düngung) beeinflusst. So enthalten in einem trockenen und heißen
Sommer herangereifte Früchte sogenannte Stressproteine, welche den Eiweißgehalt
deutlich erhöhen.
Citrusfrüchte (z.B. Orangen und Zitronen) und exotische Früchte (z.B. Maracuja und
Mango) besitzen von Natur aus einen sehr hohen Gehalt an eiweißähnlichen Verbindungen, jedoch keine reaktionsfähigen Polyphenole.
Von den einheimischen Früchten mit vergleichsweise hohem Eiweißgehalt sind besonders Sauerkirschen, weiße Trauben und Stachelbeeren zu nennen.
Diese Zusammenhänge sollte man bei der Auswahl der Schönungsmittel und deren
Dosierung berücksichtigen.
.
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Kapitelübersicht
Klärung |
2.1.3 Phasen der Klärung
Trübstoffe
Gelantine
Bentonit
Polyphenole
Kieselsol
Gleichsinnig negativ
geladene Trubstoffe
stoßen sich gegenseitig ab und bleiben
stabil in Schwebe.
Eine exakt dosierte
Gelatinemenge führt
zum Ladungsausgleich und zu einer
Flockungsreaktion
Bentonit und Kieselsol vervollständigen
die Reaktion, verbessern die Klärung und
beschleunigen die
Sedimentation.
Nach Ablauf der
Sedimentationszeit
entsteht ein kompaktes Trubdepot
und ein klarer Überstand.
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Kapitelübersicht
Klärung |
2.2Bentonit-Schönung
Die Bentonit-Schönung dient in erster Linie zur Stabilisierung von Getränken gegen
Eiweißtrübungen. Trauben, Kirschen, Zitrusfrüchte und Exoten enthalten im Vergleich
zu anderen Früchten relativ große Mengen an natürlichem Eiweiß. Die Eiweißgehalte
schwanken in Abhängigkeit von der Traubensorte und den Anbaubedingungen. Trauben
aus intensivem Anbau – mit entsprechend hohen Aufwandmengen an Düngemitteln
– sind besonderes eiweißreich. Besonders in heißen und trockenen Sommern lagern
Früchte Stressproteine ein und erhöhen dadurch den Bentonit-Bedarf.
Die Bentonit-Dosage muss deshalb dem jeweiligen Eiweißgehalt des Getränkes angepasst werden. Die Ermittlung des Bentonit-Bedarfs geschieht durch einen
Vorversuch (siehe 2.2.6).
2.2.1 Was ist Bentonit?
Bentonit ist ein natürlich vorkommendes Tonmineral.
Bentonit entstand durch Verwitterung vulkanischer Asche und wird auch als Tonerde
bezeichnet. Je nach Fundstätte besitzt diese Tonerde sehr unterschiedliches Aussehen. Seine Farbe variiert von weiß bis braun. Der Name „Bentonit“ leitet sich ab von
einer in der Nähe vom Fort Benton (Wyoming, USA) entdeckten Fundstätte.
Gebrochener Ton und daraus hergestellte Produkte (Quelle: Süd-Chemie AG)
2.2.2 Aufbau von Bentonit
Hauptbestandteil und maßgebend für die Eigenschaften von Bentonit ist das Tonmineral Montmorillonit. Dieses ist ein kristallines, schichtförmig aufgebautes Aluminium-Hydrosilikat. Der Name „Montmorillonit“ leitet sich ab von einer Lagerstätte bei
Montmorillon in Südfrankreich. .
Kristallgitter von Bentonit nach U. Hofmann, modifiziert
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Kapitelübersicht
Klärung |
Auf den Schichtoberflächen befinden sich negative Überschussladungen, die durch
Fehlstellen im Kristallgitter verursacht werden. Diese negativen Überschussladungen
werden durch positive Ladungen austauschfähiger Calcium-, Magnesium- oder Natrium-Ionen kompensiert. Die lonen befinden sich zwischen den Schichten und halten
diese entsprechend ihrer Ladung mehr oder weniger fest zusammen.
Schichtstruktur von Bentonit (Quelle: Süd-Chemie AG, modifiziert)
2.2.3 Wirkungsweise von Bentonit
Kommt Bentonit mit Wasser in Berührung, so tritt das Wasser zwischen die Schichten und der Schichtabstand zwischen den einzelnen Plättchen erweitert sich durch innerkristalline Quellung. Die Kristallplättchen des Calcium-Bentonits sind 16-mal dicker
als beim Natrium-Bentonit und werden aufgrund der zweifach positiven Ladung des
Calciums stärker durch Kationenbrücken zusammengehalten als beim einfach positiv
geladenen Natrium im Natrium-Bentonit. Die Bindung zwischen den einzelnen Schichten wird beim Quellen von Natrium-Bentonit teilweise vollständig aufgehoben. Dies
bedeutet, dass in einer wässrigen Suspension eines Natrium-Bentonits eine 15-20fach
höhere Anzahl dünner Teilchen mit entsprechend höherer wirksamer Oberfläche vorliegen als in einer Calcium-Bentonit-Suspension. Durch die vergrößerte Oberfläche des
Natrium-Bentonits steigt dessen Bindungskapazität gegenüber elektropositiv geladenen Getränkekolloiden, wie z.B. Eiweißstoffe der Getränke oder Gelatine.
Das Prinzip der Bentonitschönung besteht darin, dass elektropositiv geladene Kolloide
an die elektronegativ geladenen Oberflächen der Montmorillonit-Schichten gebunden
werden. Dabei kommt es in der Regel zur Ausflockung der Kolloide, gefolgt von einer
Sedimentation. Durch Abstich, Separation und Filtration wird der Bentonit gemeinsam
mit den unerwünschten, Trübungen verursachenden Kolloiden wieder aus dem Getränk
entfernt.
Je größer die Abstände zwischen den einzelnen Lamellen des Schichtpakets bei der
Quellung in Wasser wachsen, desto größer wird die negativ geladene Oberfläche und
desto größer wird die Bindungskraft für entgegengesetzt geladene Störstoffe im Getränk.
39 |
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Kapitelübersicht
Klärung |
Verhalten von Calcium- und Natrium-Bentoniten bei der Quellung in Wasser im
Vergleich
Vergrößerung des Schichtabstands bei der Quellung von
Ca-Bentonit
Zerfall des Schichtpaketes bei der
Quellung von Natrium-Bentonit
2.2.4 Bentonit-Typen für die Getränkeklärung und Stabilisierung
Es ist technisch möglich, das in Calcium-Bentoniten austauschfähige Calcium durch
Natriumionen zu ersetzen, um eine Änderung der Bentonit-Eigenschaften zu erreichen. Dieses Verfahren wird in großem Maßstab durchgeführt; man nennt es Bentonit-Aktivierung. Mit diesem Verfahren ist es möglich, fast beliebige Aktivierungsgrade
– vom reinen Calcium-Bentonit bis hin zum hoch aktivierten Na/Ca-Bentonit – herzustellen.
Bentonit-Typen
Aufgrund der zuvor genannten Eigenschaften unterteilt man heute die im Handel befindlichen Betonite in vier Grundtypen und Spezial-Bentonite:
- reine Calcium-Bentonite
- schwach aktivierte Ca-/Na-Bentonite
- hoch aktivierte Na/Ca-Bentonite
- reine Natrium-Bentonite (in Europa nicht zugelassen)
- Spezial-Bentonite, beispielsweise „sandfrei“
Bentonit Typ Ca-Bentonit Ca/Na-Bentonit Na/Ca-Bentonit
Spezialbentonit
(für die
Ultrafiltration)
SIHA SIHA SIHA SIHA
Ca-Bentonit G Aktivbentonit G
PURANIT PURANIT UF
niedrig
hoch
sehr hoch
Eigenschaften
Bindungkraft mittel
für Eiweiß
Quellvermögenniedrig
mittel
hoch
hoch
Trubvolumen
mittel
hoch
sehr hoch
niedrig
Na-Abgabe 1)keine
niedrig
mittel
mittel
Klärvermögen
niedrig
mittel
sehr hoch
hoch
Dosage
hoch
mittel
niedrig
sehr niedrig
1) durch
das dt. Weingesetz limitiert, für Fruchtsaft nicht limitiert
Charakteristische Eigenschaften verschiedener Bentonit-Typen
Reine Natrium-Bentonite dürfen aufgrund ihrer erhöhten Natriumabgabe an das Getränk gemäß dt. Weingesetz in Deutschland nicht eingesetzt werden. Für Fruchtsaft
besteht ein solches Regelwerk nicht. Jedoch muss der Anwender beim Einsatz von
Bentonit im Fruchtsaft darauf achten, dass der auf 30 mg/Liter limitierte NatriumGehalt im Fruchtsaft nicht überschritten wird.
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Klärung |
Spezialbentonit für die Crossflow-Filtration
Bentonite sind mehr oder weniger stark mit Sand verunreinigt. Sand wirkt abrasiv,
also zerstörend auf die empfindliche Membranoberfläche und schädigt Pumpen und
Rohrleitungen ebenfalls.
SIHA PURANIT UF ist es gelungen, einen sandfreien Bentonit herzustellen,
Mit
welcher darüber hinaus über eine optimierte Partikelgrößenverteilung verfügt. Durch
gezielte Auswahl des Roh-Tones konnte zusätzlich die Adsorptionskraft gesteigert
werden und die Abgabe von Schwermetallen, insbesondere von Blei deutlich reduziert werden.
Aufgrund der Summe seiner Eigenschaften besitzt
SIHA PURANIT UF Alleinstellungsmerkmale. Dem Anwender gibt dieses Produkt nicht nur Sicherheit im Betrieb
seiner teuren Crossflow-Filtrationsanlage, sondern auch wirtschaftliche und qualitative Vorteile wie:
- geringere Aufwandmengen (Dosage)
- verbesserte Stabilität im Hitze-/Kältetest
- farbschonende Behandlung von Buntsäften
- sehr geringe Abgabe von Schwermetall-Ionen an das Getränk
Welcher Bentonit-Typ für welchen Zweck?
Traubenwein: Für die Klärung und Stabilisierung von Traubenwein, insbesondere von
Weinen mit hohem pH-Wert (< 3,5), wird grundsätzlich die Anwendung von Aktivbentonit empfohlen. Reine Calcium-Bentonite besitzen eine zu geringe Adsorptionskapazität für Eiweißstoffe und ein zu geringes Klärvermögen im pH-Bereich > 3,5. Da
Traubenweine in der Regel hohe Eiweißgehalte aufweisen, sollte der Bentonitbedarf
Vorversuch (siehe 2.2.6) ermittelt werden. Da Bentonit auch Farbe
unbedingt im
adsorbiert, dient bei Rotweinen der Vorversuch insbesondere dazu, mit möglichst
niedrigen Bentonit-Dosagen Eiweißstabilität zu erzielen, um die wertvolle Farbe zu
schonen.
Fruchtsäfte und Fruchtweine: Die Auswahl des Bentonit-Typs zur Schönung von
Fruchtsäften und Fruchtweinen ist abhängig von
- Eiweißgehalt des Getränkes
- pH-Wert (Säuregehalt) des Getränkes
- Schönungstemperatur
Mit Ausnahme von Stachelbeeren und Kirschen ist der Eiweißgehalt bei den
heimischen Früchten - insbesondere bei gerbstoffreichen - relativ niedrig. Bentonit dient hier hauptsächlich zur Entfernung der zugesetzten Enzympräparate, welche als Eiweißstoffe Nachtrübungen verursachen können und zur
sicheren Entfernung der Klärgelatine. Als Reaktionspartner für niedermolekulare Gelatineanteile verbessert Bentonit - besonders bei der Heißschönung - die Klärung und
Stabilität der Getränke. Für die Heißschönung empfehlen wir SIHA PURANIT oder
SIHA Aktivbentonit G, für die Kaltschönung SIHA Ca-Bentonit G. Beim Einsatz von
Mikro- oder Ultrafiltrationsanlagen wird die Verwendung des völlig sandfreien Bentonits
SIHA PURANIT UF dringend empfohlen.
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Klärung |
2.2.5Dosage-Richtwerte
Getränk
pH-Wert
Schönungs-
Bentonit-Typ Dosage ca.
temperatur (°C) (g/hl)
Fruchtweine
Fruchtwein rot
< 3,5
Kellertemperatur
SIHA Ca-Bentonit G
25 – 50
Fruchtwein rot
> 3,5
Kellertemperatur
SIHA Aktivbentonit G 50 – 75
Fruchtwein weiß
< 3,5
Kellertemperatur
SIHA PURANIT
SIHA Ca-Bentonit G
Fruchtwein weiß
SIHA Aktivbentonit G 75 – 100
> 3,5
Kellertemperatur
SIHA PURANIT
25 – 50
75 – 100
50 – 75
Fruchtsäfte
Kernobst
< 3,5
10- 20
SIHA Ca-Bentonit G
Kernobst
> 3,5
10- 20
SIHA Aktivbentonit G 50 – 100
50 – 100
SIHA PURANIT
25 – 75
Kernobst,
mit Ultrafiltration
3 – 4
50-55
SIHA PURANIT UF
50 – 75
Stachelbeeren
3 – 4
10-20
SIHA Ca-Bentonit G
100 – 150
Stachelbeeren
3 – 4
50-55
SIHA Aktivbentonit G 100 – 150
SIHA PURANIT
Kirschen
3 – 4
10-20
SIHA Aktivbentonit G 100 – 150
SIHA PURANIT
75 – 100
Kirschen
SIHA Aktivbentonit G 100 – 150
3 – 4
50-55
75 – 100
SIHA PURANIT
75 – 100
Buntsäfte
2,5 – 3,5
10-20
SIHA Ca-Bentonit G
25 – 50
Buntsäfte
2,5 – 4
50-55
SIHA Aktivbentonit G 25 – 50
SIHA PURANIT
25 – 50
Die aufgeführten Dosageempfehlungen sind nur als Richtwerte zu verstehen. Sie
müssen dem jeweils vorliegenden Getränk und den betrieblichen Forderungen bezüglich gewünschter Stabilität, Farbe oder Klärergebnis angepasst werden. Besonders
bei der Klärung und Stabilisierung von eiweißreichen Getränken wird die Durchführung des nachfolgend beschriebenen Vorversuchs angeraten.
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Klärung |
2.2.6 Ermittlung des Bentonit-Bedarfs für eiweißreiche Getränke im Vorversuch
1. Mischen und 15 Minuten reagieren lassen
2. Über feines Filterpapier filtrieren
3. Trübung vor dem Test (NTU 1) mittels Trübungsphotometer messen
4. 5 ml Filtrat mit 0,5 ml BENTOTEST-Reagens mischen
5. Nach 15 Minuten Trübung (NTU 2) mittels Trübungsphotometer messen
6. Die Differenz NTU 2 minus NTU 1 soll den Wert 1,0 nicht überschreiten
7. Die geringste Bentonitdosage, welche diese Bedingung erfüllt, sollte in der Praxis
angewendet werden.
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Klärung |
2.2.7 Vorteile der Bentonit-Anwendung
Bentonit besitzt aufgrund seiner großen Oberfläche, mit negativen Flächenladungen
und leicht positiven RandIadungen, folgende wichtigen Eigenschaften:
Erhöhung der Getränkestabilität durch
- Bindung von Eiweißstoffen
- Leichte Reduzierung von Polyphenolen, aber auch geringe Reduzierung der
Farbstoffe
Verbesserung der Klärung durch
- Reaktion mit positiv geladenen Kolloiden
- Reaktion mit Proteinen des Getränkes
- Reaktion mit Gelatine
Beschleunigung der Trub-Sedimentation durch Erhöhung des spezifischen Gewichts
der Trubstoffe
Verbesserung der Bekömmlichkeit von Getränken durch
- Adsorption von biogenen Aminen
- Adsorption von Pflanzenschutzmittel-Rückständen
2.2.8 Praktische Anwendung
Bentonit benötigt eine Vorquellzeit in Wasser von ca. 8 – 12 Stunden, um seine optimale Wirksamkeit zu erreichen.
Dazu wird der Bentonit in die ca. 5 – 10fache Menge Wasser eingerührt und das überstehende Wasser nach der Quellzeit dekantiert.
Die Bentonit-Suspension wird in den Wein eingerührt. Nach ca. 15 Minuten kann die
Dosage der restlichen Schönungsmittel erfolgen.
Durch Vorquellung des Bentonits in warmem Wasser (50 bis maximal 60 °C) kann die
Quellzeit auf ca. 2 – 4 Stunden verkürzt werden.
Bemerkungen:
- Bentonit quillt in weichem oder entmineralisiertem Wasser besser als in hartem
Wasser.
- Die Quellung im Getränk würde zu Produktverlusten führen, deshalb wird die Quel
lung in Wasser empfohlen.
- Durch Quellung in einer hohen Menge Wasser und anschließendem Dekantieren des überstehenden Wassers kann der Bentonit gewaschen werden. Dadurch redu-
ziert sich der Eintrag von Fremdionen in das Produkt.
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Klärung |
2.3 Die Gelatineschönung
Die Gelatineschönung dient in erster Linie der Klärung des Getränkes. Gelatine reagiert als positiv geladenes Eiweiß mit den negativ geladenen Polyphenolen (Gerbstoffen) des Getränkes und bewirkt durch Ausgleich des negativen Ladungsüberschusses eine Flockungsreaktion.
Daneben führt die Reaktion mit den Getränkegerbstoffen zu einer Farbaufhellung
durch Entfernung oxidierter Polyphenole, einer Harmonisierung des Geschmacks und
ebenfalls zu einer Stabilisierung gegen Gerbstofftrübungen
2.3.1Aufbau
Gelatine ist fast reines tierisches Eiweiß, das durch schonende Hydrolyse aus Knochen oder Bindegewebe gewonnen wird. In Abhängigkeit von der Art der verwendeten Rohstoffe werden zwei Kollagen-Aufschluss-Verfahren und dementsprechend
zwei Gelatinetypen unterschieden:
- Gelatinetyp A: sauer aufgeschlossen
- Gelatinetyp B: alkalisch aufgeschlossen
2.3.2 Herstellungsverfahren und Gelatinetypen
Für sauer aufgeschlossene Gelatine (Gelatinetyp A) kommen als Rohstoff „Schwarten“ zum Einsatz, aus denen das Kollagen in einem schonenden, zeitlich relativ kurzen, sauren Aufschluss-Verfahren extrahiert wird.
Alkalisch aufgeschlossene Gelatinen (Gelatinetyp B), werden aus den Rohstoffen
„Spalthäute“ und „Knochen“ gewonnen. Das Kollagen wird auf alkalischem Wege in
einem langandauernden Prozess aufgeschlossen.
2.3.3Qualitätsparameter
Beide Aufschlussverfahren gehen von unterschiedlichen Rohstoffen aus und greifen
unterschiedlich stark in die Strukturen der Aminosäuren ein, aus denen das Gelatineeiweiß aufgebaut ist. Der Unterschied zwischen den Gelatinetypen A und B drückt
sich am deutlichsten im Isoelektrischen Punkt aus.
Isoelektrischer Punkt (IP)
Entfernt man aus einer wässrigen Gelatinelösung durch Ionenaustausch alle gelösten
Salze, so stellt der in der Lösung gemessene pH-Wert den Isoelektrischen Punkt dar.
Liegt der IP der Gelatine über dem pH-Wert des Getränkes, so besitzt die Gelatine
eine positive Ladung.
Liegt der pH-Wert des Mediums über dem IP der Gelatine, so trägt sie eine negative
Ladung.
Da Gelatine aufgrund ihrer positiven Ladung den Überschuss an negativen Ladungen
im Fruchtsaft ausgleichen muss, um eine Flockungsreaktion auszulösen, ist die Höhe
der positiven Ladung eine qualitäts-bestimmende Kenngröße für Klärgelatinen.
Die Höhe der positiven Ladung der Gelatine ist umso größer, je weiter der IP der
Gelatine vom pH-Wert des Getränkes entfernt liegt.
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Klärung |
Höhe der positiven Ladung von Gelatinen:
pH
8,0
IP Gelatine Typ A
7,0
6,0
IP Gelatine Typ B
5,0
Gelatine (Typ A)
Gelatine (Typ B)
4,0
3,0
pH-Wert Getränk
Positive Ladung von Gelatine in Abhängigkeit ihres IP
Bloom Zahl
Da Speisegelatine in der Lebensmittelindustrie hauptsächlich als Gelierungsmittel
eingesetzt wird, hat sich die Bloom-Zahl als Maß für die Gelierkraft einer Gelatine
als wichtige Qualitätszahl etabliert. Sie bestimmt letztendlich den Verkaufspreis. Als
Qualitätskenngröße für die Eignung der Gelatine zur Getränkeklärung ist sie nur bedingt aussagefähig.
Da die Gelierkraft von der Molekülgröße der Eiweißfraktionen abhängt, können von
der Bloom-Zahl Rückschlüsse auf das mittlere Molekulargewicht der Gelatine geführt
werden. Handelsübliche Gelatinen bestehen aus EiweißmoIekülen unterschiedlichster Größe. Das Molekulargewicht liegt zwischen 20.000 und 200.000. Hochmolekulares Gelatineeiweiß zeigt ein besonders gutes Reaktionsverhalten gegenüber negativ
geladenen Getränkekolloiden. Dagegen besteht bei niedermolekularem Gelatineeiweiß - als Hauptbestandteil von kaltlöslichen Gelatinen - die große Gefahr einer unvollständigen Reaktion der Gelatine mit Gerbstoffen und Kieselsol, wodurch Gelatinereste im Getränk verbleiben und dadurch Nachtrübungen entstehen können.
Entsprechend der Gelierfähigkeit ist folgende Klassifizierung von Speisegelatinen gebräuchlich:
kaltlöslich
niederbloomig
0 Bloom
50 – 100 Bloom
mittelbloomig
100 – 200 Bloom
hochbloomig
200 – 300 Bloom
In der Getränkeindustrie haben sich Gelatinen des niederbloomigen Bereichs von
80 -100 Bloom ( SIHA Gelatine feinkörnig) bewährt. Vergleicht man jedoch verschiedene Gelatinen dieses Bloom Bereichs bezüglich Klärleistung und Stabilität des behandelten Saftes gegen Nachtrübungen, so sind trotz gleichem Aufschluss Verfahren
oft deutliche Qualitätsdifferenzen unter diesen Gelatinepräparaten nachweisbar.
Der Grund ist in der Standardisierung der GeIatinepräparate zu suchen. Oft werden
hochbloomige Gelatinefraktionen durch Mischung mit extrem niederbloomiger Gelatine auf einem bestimmten Bloom Wert standardisiert. Dadurch enthält das Produkt einen zu hohen Anteil an niedermoIekuIarem Gelatineeiweiß mit entsprechend
niedriger Reaktionsfähigkeit. Es sollten deshalb stets Gelatinepräparate vorgezogen
werden, bei denen unter Inkaufnahme einer etwas inexakteren Standardisierung der
Gelierkraft, auf einen Verschnitt mit ungeeigneten Gelatinefraktionen verzichtet wird.
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Klärung |
2.3.4 Aufgaben und Wirkungsweise der Gelatine
Gelatine hat als Klär- und Stabilisierungsmittel für Getränke folgende Aufgaben:
- Ausflockung von gleichsinnig negativ geladenen Kolloiden durch Ladungsausgleich.
Diese Flockungsreaktion geschieht infolge elektrostatischer Anziehung und Aggre
gation.
- Stabilisierung gegen Nachtrübungen durch chemisch-adsorptive Bindung von kon densierten Polyphenolen, welche durch Kolloid-Alterung zu Gerbstofftrübungen
führen oder durch Reaktion mit Eiweiß oder Schwermetallen Trübungen verursa chen können.
- Geschmackskorrektur durch Senkung des Gerbstoffgehalts
- Farbaufhellung durch chemisch-adsorptive Bindung von braun gefärbten, konden sierten Polyphenolen und Gerbstoffen.
2.3.5 Kläreigenschaften verschiedener Gelatinetypen
% Gelatine im Trub
Grenze
Grenze
80
Gelatineüber-/
Gelatineüber- /
70
unterschönung
unterschönung
mit Gel. A 100
mit Gel. A 0
60
A 200
A 300
50
B 120
40
30
A0
A100
A200
A300
A120
20
10
0
o
5
10
15
Gelatinedosage (g/hl)
20
25
30
Kläreigenschaften von verschiedenen Gelatine-Qualitäten
Je höher die Bloom-Zahl, desto enger wird der Dosage-Spielraum, innerhalb dessen
eine befriedigende Klärung erzielt werden kann. Das bedeutet für die Schönungsvorversuche, dass diese sehr aufwendig und sorgfältig ausgeführt werden müssen, um
die optimale Gelatinedosierung herauszufinden. Das gleiche gilt für alkalisch aufgeschlossene Gelatinen des Typs B, die auch in niedrigem Bloom-Bereich einen ebenso
engen Dosage-Spielraum besitzen.
Tendenziell erreichen hochbloomige Gelatinen einen geringfügig höheren Klärgrad.
Unter den niederbloomigen Gelatinen bietet die Gelatine A 100 den besten Kompromiss zwischen weitem Dosage-Spielraum, einfacher Handhabung (gute Löslichkeit und geringere Gefahr der Gelierung der Gelatinelösung) und dem erzielbaren
Klärgrad. Die nullbloomige Gelatine des Typs A 0 verursacht bereits Gelatineüberschönungen in einem Dosage-Bereich, bei dem eine akzeptable Klärung noch lange nicht
erreicht ist. Dieser Gelatinetyp ist aus diesem Grunde vollkommen ungeeignet bei
alleiniger Verwendung als Klärungsmittel.
2.3.6Gelatine-Dosage
Die Ermittlung der optimalen Gelatine-Dosage erfolgt durch einen
unter 2.5.1 beschrieben ist.
Vorversuch der
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Klärung |
2.3.7Gelatine-Bentonit-Klärung
Zur Erzielung einer ausreichenden Stabilität gegenüber Eiweißtrübungen, wird in der
Praxis generell eine kombinierte Bentonit/Gelatine -Schönung praktiziert. Dabei wird
Bentonit am Anfang dosiert, um die volle Adsorptionskraft des Bentonits für die Bindung der fruchteigenen Proteine zu nutzen. Danach wird die vorher im Vorversuch
ermittelte Gelatinemenge dosiert. Neben der wichtigsten Eigenschaft von Bentonit,
das Getränk gegen Eiweißtrübungen zu stabilisieren, besitzt Bentonit ein ausgezeichnetes Klärvermögen, wie nachfolgende Grafik verdeutlicht:
14
12
Trübung (NTU)
ohne Bentonit
10
Bentonit (50g/hl)
8
Bentonit (100g/hl)
Bentonit (150g/hl)
6
4
2
0
Gel. A0
Gel.A100
Gelatinetypen
Gel. B120
Kläreigenschaften von Bentonit
Die Kombination von Gelatine und Bentonit führt in Abhängigkeit vom Gelatinetyp zu
unterschiedlichen Klärergebnissen. Die besten Klärergebnisse werden mit der Gelatine des Typs A 100 ( SIHA Gelatine feinkörnig, 100 Bloom, sauer aufgeschlossen)
erzielt. Mit kaltlöslicher Gelatine A 0 werden nur in Kombination mit hohen BentonitDosierungen akzeptable Ergebnisse erreicht. Alkalisch aufgeschlossene Gelatine (Typ
B) klärt generell schlechter als sauer aufgeschlossene.
Die Steigerung der Bentonit Dosage im Bereich der praxisüblichen Dosierungen von
50 bis 150 g/hl erhöhen die Effektivität der Klärung bei allen Gelatinetypen. Das angestrebte Klärungsziel von < 2 NTU (visuell sichtbare Grenze) wird mit Bentonit und
Gelatine alleine jedoch noch nicht erreicht (siehe mehr unter 2.4 Kieselsol).
2.4 Die Kieselsol-Schönung
Kieselsol wird bei der Saft- und Weinklärung nie alleine, sondern prinzipiell in Kombination mit Gelatine, Kasein oder sonstigen positiv geladenen Flockungsmitteln eingesetzt. In den meisten Fällen dient Kieselsol als Reaktionspartner für Gelatine und ist
besonders wirksam in Getränken mit geringem Gerbstoffgehalt.
2.4.1 Aufbau und Wirkungsweise
Kieselsol ist eine kolloidale Lösung von Kieselsäure in Wasser. Im Handel befinden
sich Kieselsole mit Kieselsäuregehalten zwischen 13 und 30 % G/G.
Die Kieselsolpartikel weisen je nach Handelspräparat eine Größe zwischen 50 und
1000 AE (Anström-Einheiten) auf. Sie sind an der Oberfläche hydroxyliert und tragen
deshalb eine negative Ladung. Diese negative Ladung ist verantwortlich für die Wirksamkeit von Kieselsolen als Klärungs- und Stabilisierungsmittel bei der Getränkeklärung.
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Klärung |
Negativ geladenes Kieselsol reagiert mit positiv geladener Gelatine und mit positiv
geladenen Getränkekolloiden, fällt diese aus und entfernt damit potenzielle Trübungsbildner. Als Reaktionspartner für Gelatine verbessert Kieselsol in gerbstoffarmen Getränken den Kläreffekt und erhöht die Sicherheit vor Gelatineüberschönungen. Weiterhin erhöht Kieselsol die Filtrierbarkeit der Getränke durch Ausfällung von positiv
geladenen Kolloiden.
2.4.2Herstellungsverfahren
Man gewinnt technische Kieselsole heute auf drei verschiedenen Wegen:
- Schnelles Ansäuern verdünnter Wasserglaslösungen und gezieltes Aufwachsen zu
räumlich unvernetzten Sekundärkolloiden durch Zugabe von Alkali.
Für die Getränkeklärung werden diese alkalisch stabilisierten Kieselsäure-Hydrosole
bevorzugt mit Kieselsolgehalten von 15 – 30% eingesetzt. Durch ein für Bayer AG,
Leverkusen, patentiertes Verfahren kann im Anschluss ein Spezial-Kieselsol für die
Getränkeklärung hergestellt werden. Dieses ist optimiert hinsichtlich seiner Reaktivität gegenüber Gelatine und bezüglich niedriges Trubvolumen.
- Saure Ausfällung von Kieselsäure-Gelen aus Wasserglaslösungen und Peptidisation
zu einem räumlich vernetzten Sol.
- Hydrolyse von Siliciumtetrachlorid in einer Knallgasflamme zu lockeren Kieselsäure
agglomeraten und Dispersion in Wasser.
Im Handel befinden sich diese Aerosil-Dispersionen als sogenannte „saure Kieselsole“ mit Kieselsolgehalten von maximal 18 %. Diese Art von Kieselsol bildet strukturbedingt besonders hohe Trubdepots.
2.4.3 Kieselsoltypen für die Getränkeklärung
Alkalisch stabilisierte Kieselsole (Kieselsäure-Hydrosole)
Alkalisch stabilisierte Kieselsole (Kieselsäure-Hydrosole)
Die im Handel angebotenen alkalisch stabilisierten Kieselsole weisen in der Regel
einen Kieselsolgehalt von 30 % auf. Sie unterscheiden sich hinsichtlich der Korngröße
ihrer Kieselsolpartikel, im Alkaligehalt und in der Höhe ihrer negativen Ladung.
In Abhängigkeit ihrer Korngröße besitzen diese Kieselsole ein schwach opaleszierendes bis milchig trübes Aussehen. Im Vergleich zu „sauren Kieselsolen“ besitzen
unvernetzte, alkalisch stabilisierte Kieselsole trotz ihres hohen Kieselsolgehaltes nur
eine geringe Viskosität und sind dadurch dünnflüssig wie Wasser. Durch ein Patent
der Fa. Bayer AG, Leverkusen, lassen sich auf Basis alkalisch stabilisierter Kieselsole
Spezialkieselsole – wie BEVASIL 30 – für die Getränkeklärung herstellen, das eine
extrem hohe negative Ladung und damit eine besonders hohe Reaktivität gegenüber
Gelatine besitzt und zusätzlich – aufgrund seiner optimalen Korngröße – ein außergewöhnlich
niedriges Trubvolumen bildet.
% Gelatine im Trub
120
Gelatine 100 Bloom /
100
Bevasil 30
80
60
Gelatine 100 Bloom /
Kieselsol
Gelatine 0 Bloom /
40
Bevasil 30
Gelatine 0 Bloom /
20
0
5
7,5
10
12,5
15
17,5
ml Kieselsol / g Gelatine
Kieselsol
20
Reaktivität von BEVASIL 30 im Vergleich zu Standard-Kieselsol gegenüber Gelatinen
Im Vergleich zu einem Standard-Kieselsol flockt
BEVASIL 30 gelbildende Gelatine
praktisch vollständig aus. Bei einem Standard-Kieselsol findet man lediglich 70 % der
dosierten Gelatine im Schönungstrub. Nicht gelbildende Gelatine ist aufgrund ihrer
eingeschränkten Reaktionsfähigkeit für die Getränkeklärung völlig ungeeignet.
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Klärung |
Elektronenmikroskopische Aufnahme von BEVASIL30
Die elektronenmikroskopische Aufnahme von
BEVASIL 30 zeigt, dass praktisch
alle SiO2-Partikel unvernetzt vorliegen. Diese völlig unvernetzte Struktur erklärt das
extrem niedrige Trubvolumen, das von BEVASIL 30 gebildet wird.
Sauer stabilisierte Kieselsole (Aerosil-Dispersionen)
Diese Gruppe von Kieselsolen präsentiert sich trotz niedrigem Kieselsäuregehalt von
max. 18 % durch extrem hohe Dickflüssigkeit, die nach relativ kurzzeitiger Lagerung
zur Gelierung führt. Die Dickflüssigkeit der sauren Kieselsole, verbunden mit ihrem
milchig-trüben Aussehen, begründet sich auf der Struktur ihrer Kieselsolpartikel. Diese sind agglomeriert und räumlich voluminös vernetzt. Daraus erklärt sich auch das
relativ hohe Trubvolumen, das von diesen Kieselsolen gebildet wird. Durch die Vorvernetzung findet im Labormaßstab meist eine spontane Flockungsreaktion statt. Die
gebildeten großen Flocken sedimentieren rasch zu Boden. Meist findet die endgültige Klärung nach einer zeitlich verzögerten Sedimentation des Feintrubes statt.
2.4.4 Vorteile der Anwendung von Kieselsol bei der Getränkeklärung
- Verbesserung der Klärung
- Verbesserung der Filtration
- Erhöhung der Stabilität gegenüber Nachtrübungen
- Vergrößerung des Dosage-Spielraumes für Gelatine
- Vermeidung von Gelatineüberschönungen)
2.4.5 Die Gelatine-Kieselsol-Schönung
Besonders in Getränken mit geringem Gehalt an Polyphenolen ist Kieselsol ein unverzichtbarer Schönungspartner für Gelatine. Kieselsol wird normalerweise in einem
bestimmten Verhältnis zur Gelatine dosiert.
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Klärung |
Gelatine-Kieselsol-Verhältnis
In Abhängigkeit des Gerbstoffgehaltes (Polyphenole) und der Schönungstemperatur
haben sich folgende Gelatine-Kieselsol-Verhältnisse in der Praxis bewährt:
Gerbstoffreiche Rotweine:
1:2-3
Gerbstoffarme Rotweine:
1:4-5
Gerbstoffreiche Weißweine:
1:4-5
Gerbstoffarme Weißweine:
1 : 5 - 10
Kaltschönung von gerbstoffreichen Säften:
1:2-3
Kaltschönung von gerbstoffarmen Säften:
1:4-5
Heißschönung von gerbstoffreichen Säften:
1:5
Heißschönung von gerbstoffarmen Säften:
1 :10
Die angegebenen Dosage-Verhältnisse gelten für 30%iges Kieselsol. Kieselsole mit
geringerem Kieselsolgehalt müssen entsprechend höher dosiert werden.
10
Trübung (NTU)
Gelatine : BEVASIL= 1:2,5
Gelatine : BEVASIL= 1:5
8
6
ohne BEVASIL 30
Gelatine : BEVASIL= 1:10
4
2
0
Gel. A 100
Verbesserung der Klärung durch Kieselsol
Mit steigender Kieselsol-Dosage nimmt der Klärgrad des Getränkes zu bzw. die Resttrübung, gemessen in NTU, ab.
2.4.6 Die Bentonit-Gelatine-Kieselsol-Schönung
2.4.6.1 Zugabe Reihenfolge
Bentonit wird aus Gründen der Eiweißstabilisierung in der Regel am Anfang dosiert.
Bentonit reagiert in dieser Reihenfolge vorzugsweise mit den fruchteigenen Eiweißstoffen und den niedermolekularen Anteilen der Gelatine. Danach erfolgt die GelatineDosage. Die hochmolekularen Gelatineanteile reagieren in einer Flockungsreaktion
mit den Polyphenolen des Getränkes. Das zum Schluss dosierte Kieselsol entfernt
die mittelmolekularen Gelatineanteile, die nicht mit den Polyphenolen des Getränkes
reagiert haben.
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Klärung |
Klärergebnisse mit Gelatine (Typ A, 100 Bloom) alleine und in Kombination mit Bentonit und/oder Kieselsol
10
Bentonit/Gelatine
Gelatine/Kieselsol
8
Trübung (NTU)
Gelatine
Bentonit/Gelatine/Kieselsol
6
4
2
0
Gel. A 100
Klärergebnisse von Bentonit-Gelatine-Kieselsol- Schönung
In dieser grafischen Darstellung wird deutlich, dass die Kombination der Gelatine mit
Bentonit und Kieselsol, neben den zuvor genannten Vorteilen hinsichtlich der Stabilität gegenüber Nachtrübungen, auch eine Optimierung des Klärergebnisses mit sich
bringt.
Klärergebnis in Abhängigkeit der Zugabe-Reihenfolge der Schönungs
mittel
3,50
1.Bentonit 2.Kieselsol 3.Gelatine
3,00
Trübung (NTU)
1.Bentonit 2.Gelatine 3.Kieselsol
1.Kieselsol 2.Bentonit 3.Gelatine
1.Kieselsol 2.Gelatine 3.Bentonit
2,50
1.Gelatine 2.Kieselsol 3.Bentonit
2,00
1.Gelatine 2.Bentonit 3.Kieselsol
1,50
1,00
0,50
0,00
Zugabe-Reihenfolge von Bentonit-Gelatine-Kieselsol
Die besten Klärergebnisse werden nach unserer Erfahrung in 90% aller Fälle mit folgender Zugabenreihenfolge erzielt:
1. Bentonit
2. Gelatine
3. Kieselsol
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Klärung |
Eine mögliche Alternative stellt die Reihenfolge
1. Bentonit
2. Kieselsol
3. Gelatine
dar, wenn in rot gefärbten Säften oder Weinen die wertvolle Farbe geschützt werden
soll.
2.5 Ermittlung der optimalen Schönungsmittel-Dosagen im Vorversuch
Die Höhe des Bentonit-Bedarfs ist abhängig vom Eiweißgehalt des Weines oder Saftes und kann im Vorversuch bestimmt werden.
Die Höhe der Gelatinedosage ist abhängig vom Gerbstoffgehalt des Getränkes. Da
der Gerbstoffgehalt in Relation zum Gelatinebedarf nicht analytisch bestimmt werden
kann, muss die optimale Gelatinedosierung ebenfalls im Vorversuch ermittelt werden.
Kieselsol wird in einem bestimmten Verhältnis zur Gelatine dosiert (siehe GelatineKieselsol-Verhältnis).
Da die Reaktionspartner Bentonit und Kieselsol den Gelatinebedarf beeinflussen,
müssen diese Mittel ebenfalls im Vorversuch eingesetzt werden. Sehr wichtig ist dabei die Einhaltung der richtigen Zugabe- Reihenfolge. Unter 2.4.6.1 wurde nachgewiesen, dass die Reihenfolge
1. Bentonit
2. Gelatine
3. Kieselsol
die besten Klärergebnisse bringt. Unter dem Aspekt Verhinderung von Eiweißtrübungen und Gelatineüberschönungen ist sie ebenfalls am sinnvollsten.
Eine Alternative zum Schutz der Farbe in rot gefärbten Säften oder Weinen ist unter
2.4.6.1 ebenfalls aufgeführt. Diese Reihenfolge wäre dann im Vorversuch ebenfalls
einzuhalten.
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Klärung |
2.5.1 Durchführung von Schönungsvorversuchen am Beispiel Apfelsaft
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Klärung |
2.5.2 Ausführung im Detail
2.5.2.1 Bentonit-Dosage
1 Liter Apfelsaft mit der geplanten Menge Bentonit versetzen, mischen und in
100 ml Standzylinder verteilen oder die Bentonit-Suspension einzeln in die Standzylinder dosieren.
Dosage-Vorschlag:
ca. 50 g / hl bei Packpressen-Säften
ca. 100 g / hl bei Band- und Horizontalpressen-Säften.
Wir empfehlen das Arbeiten mit einer 10%igen Bentonit-Suspension
10 ml Bentonit-Suspension zu 1 I Saft
= 100 g/hl.
1 ml Bentonit-Suspension zu 100 ml Saft = 100 g/hl
Durch Stülpen oder Rühren gut mischen. Nach einer Reaktionszeit von 5-10 Minuten
die restlichen Schönungsmittel nacheinander dosieren
2.5.2.2 Gelatine-Dosage
Die optimale Gelatine Dosage wird durch gestaffelte Dosage einer 1 %igen Gelatinelösung ermittelt.
1 ml Gelatinelösung (1 %) zu 100 ml Getränk = 10 g/hl
Wir empfehlen z. B. folgende Staffelung:
10 g/hl = 1,0 ml Gelatinelösung zu 100 ml Saft
15 g/hl = 1,5 ml Gelatinelösung zu 100 ml Saft
20 g/hl = 2,0 ml Gelatinelösung zu 100 ml Saft
25 g/hl = 2,5 ml Gelatinelösung zu 100 ml Saft
30 g/hl = 3,0 ml Gelatinelösung zu 100 ml Saft
35 g/hl = 3,5 ml Gelatinelösung zu 100 ml Saft
Die Proben mischen.
Bei Saft aus säure- und gerbstoffarmen Früchten, sowie bei der Heißschönung bei
50-55 °C BEVASIL 30 nachdosieren.
2.5.2.3
BEVASIL 30-Dosage
Wir empfehlen
BEVASIL 30 je nach zu schönendem Getränk und je nach Schönungstechnik in einem bestimmten Verhältnis zur Gelatine zu dosieren:
Kaltschönung von Kernobstsäften gerbstoffreich: 1: 2 - 1:3
Kaltschönung von Kernobstsäften gerbstoffarm:
1: 4 - 1:5
Heißschönung von Kernobstsäften gerbstoffreich: 1: 4 - 1:6
Heißschönung von Kernobstsäften gerbstoffarm:
Bewährt hat sich das Arbeiten mit einer
neralisiertem Wasser.
1 ml
1: 5 - 1:10
BEVASIL 30-Verdünnung 1:10 mit entmi-
BEVASIL 30-Verdünnung zu 100 ml Getränk = 100 ml/hl
Anschließend durch Stülpen der Standzylinder mischen und die Klärung und Sedimentation beobachten und beurteilen.
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Klärung |
2.5.2.4 Ermittlung des Schönungsmitteloptimums
Über ein Faltenfilter abfiltrieren, Filtrat in zwei Teile teilen und zur Überprüfung auf
Gelatine-Unterschönung den Gelatine-Test und zur Prüfung auf Gelatine-Überschönung den BEVASIL 30-Test durchführen.
Es sollte diejenige Schönungsmittelkombination zum praktischen Einsatz kommen, bei der im Gelatine-Test keine oder nur schwache Trübung entsteht, mit
BEVASIL 30 aber keinesfalls eine Trübung erkennbar ist. Diese Schönungsmittelkombination führt erfahrungsgemäß zu den besten Klär- und Filtrationsergebnissen,
bei gleichzeitig hoher Stabilität gegenüber Nachtrübungen.
Als mitentscheidende Auswahlkriterien können dienen:
- Trubvolumen
- Farbe
- Schönungsmittelverbrauch
- Stabilität
Durchführung von Stabilitäts-Tests
Mit einem Teil des Filtrats sollte ein
durchgeführt werden.
Stabilitäts-Test auf Hitze- und Kälteinstabilität
2.5.3 Lösungen und Dosierungen
2.5.3.1 Bentonit-Suspension 10%
Herstellung: 10 g Bentonit in 50 ml entmineralisiertes Wasser einrühren und mehrere
Stunden vorquellen. Mit entmineralisiertem Wasser auf 100 ml auffüllen.
Haltbarkeit: mehrere Monate
Dosage: 1 ml Suspension zu 100 ml Getränk = 100 g Bentonit/hl
Beachten: Bentonit-Suspension vor Gebrauch mischen!
2.5.3.2 Gelatinelösung 1 %
Herstellung: 1,0 g Gelatine in 20 ml kaltem, entmineralisiertem Wasser 15 min vorquellen. Durch Erwärmen auf 50 °C auflösen und mit kaltem, entmineralisiertem
Wasser auf 100 ml auffüllen.
Haltbarkeit: Lösung täglich frisch ansetzen.
Dosage: 1 ml Lösung zu 100 ml Getränk = 10 g Gelatine/hl
2.5.3.3
BEVASIL 30- Verdünnung 1:10
Herstellung: 10 ml
BEVASIL 30 mit entmineralisiertem Wasser auf 100 ml auffüllen.
Haltbarkeit: mehrere Monate
Dosage: 1 ml Verdünnung zu 100 ml Getränk = 100 ml
BEVASIL 30 / hl
Beachten: Vor Frost schützen!
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Klärung |
2.6
Testmethoden
2.6.1
Alkoholtest auf Pektin Stoffe
Ausführung:
5 ml Saft mit 5 ml 96 % igem Alkohol mischen. Von einer Ansäuerung des Alkohols wie von vielen Enzymherstellern empfohlen - wird abgeraten, da dadurch die Schärfe
des Tests reduziert wird.
Auswertung:
Im trübem Saft: Es darf keine Gelbildung oder Luftblaseneinschluss auftreten.
Im blanken Saft: Es darf keine Flockenbildung eintreten.
2.6.2
Jodtest auf Stärke
Ausführung:
5 ml Saft mit 0,5 - 1 ml n/100 (0,01n) Jodlösung überschichten
Auswertung:
An der Grenzschicht zwischen Saft und Jodlösung darf keine Verfärbung entstehen
(Dextrine können toleriert werden):
keine Verfärbung – stärkefrei
Rotfärbung
– Dextrine (unvollständig abgebaute, niedermolekulare Stärke)
Violettfärbung
– geringe Mengen höhermolekulare Stärke
Blaufärbung
– große Mengen hochmolekulare Stärke
2.6.3 Hitze-/Kältetest auf Stabilität gegen Nachtrübungen
Ausführung:
- ca. 50 ml blank filtrierten Saft kurz aufkochen
- unter fließendem Wasser abkühlen
- einfrieren
- bei Zimmertemperatur auftauen
- visuelle Beurteilung der Klarheit oder
- Messung der Trübung vor und nach dem Stabilitätstest:
Der Trübungsanstieg sollte 1 NTU nicht übersteigen.
Der Trübungswert – nach dem Test – sollte 2 NTU nicht überschreiten.
Bemerkungen:
Nach unserer Erfahrung ist eine Kühllagerung nach der Erhitzung über 12-24 Stunden
bei ca. 4-6 °C wesentlich aussagekräftiger für die Stabilität gegen Kältetrübungen als
das Einfrieren. Allerdings erfordert dieses Verfahren einen längeren Zeitaufwand, der
in der Praxis meist nicht realisierbar ist.
2.6.4 Gelatinetest auf Gelatineunterschönung
Ausführung:
In 5 ml blank filtrierten Saft 2-3 Tropfen 1%iger Gelatinelösung eintropfen.
Auswertung:
Eine entstehende Trübung zeigt noch vorhandene kondensierte Polyphenole, also einen Gelatinebedarf an.
Im Test darf keine oder nur eine schwache Trübung entstehen.
Bei starker Eintrübung sollte die Gelatine-Dosage erhöht werden.
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Klärung |
2.6.5
BEVASIL 30-Test auf Gelatineüberschönung
Ausführung:
In 5 ml blank filtriertem Saft 2 – 3 Tropfen
fen.
BEVASIL 30-Verdünnung (1:10) eintrop-
Auswertung:
Nach dem Eintropfen der BEVASIL 30-Verdünnung in den Saft entstehen zunächst
Schlieren, durch die Dichtunterschiede der Flüssigkeiten.
Bei Vorhandensein von überschüssiger Gelatine trüben sich die Schlieren nebelartig
ein. Dies kann am besten in einem dunklen Raum mit einer Taschenlampe beobachtet
werden.
Es darf auf keinen Fall eine Trübung erkennbar sein, denn überschüssige Gelatine
führt mit Sicherheit zu Nachtrübungen in der abgefüllten Flasche!
Eine nachgewiesene Gelatineüberschönung kann durch Nachbehandlung des Saftes
mit Bentonit oder BEVASIL 30 eliminiert werden.
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8 Linkliste
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Linkliste
1. Kapitel
Bentonit (Übersicht)
Fruchtsaft-Guide (Broschüre)
Panzym® AG XXL (Technisches Datenblatt)
Panzym® BE XXL (Technisches Datenblatt)
Panzym® F2 (Technisches Datenblatt)
Panzym® First Yield (Technisches Datenblatt)
Panzym® Flux (Technisches Datenblatt)
Panzym® HT 300 (Technisches Datenblatt)
Panzym® Pro Clear (Technisches Datenblatt)
Panzym® Pro Color (Technisches Datenblatt)
Panzym® Second Yield (Technisches Datenblatt)
Panzym® XXL (Technisches Datenblatt)
Panzym® YieldMash XXL (Technisches Datenblatt)
SIHA PURANIT® (Technisches Datenblatt)
www.eaton.de/filtration
2. Kapitel
BEVASIL® 30 (Technisches Datenblatt)
SIHA® Aktivbentonit G (Technisches Datenblatt)
SIHA® Ca-Bentonit G (Technisches Datenblatt)
SIHA® Gelatine feinkörnig (Technisches Datenblatt)
SIHA PURANIT® (Technisches Datenblatt)
SIHA PURANIT® UF (Technisches Datenblatt)
© 2014/2015, Rainer Junker, Eaton Technologies GmbH, Langenlonsheim, Deutschland
Nachdruck - auch auszugsweise - nur mit Quellenangabe gestattet.
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