Auftreten eines neuen Influenzavirus A(H1N1) Maßnahmen des BMG
Transcrição
Auftreten eines neuen Influenzavirus A(H1N1) Maßnahmen des BMG
1 Auftreten eines neuen Influenzavirus A(H1N1) Maßnahmen des BMG Strauss R1, Muchl R1, El Belazi G1, Hain C1, Kraus G2, Feierabend P1, Sigl M1, Hrabcik H3 1 Bundesministerium für Gesundheit (BMG), Sektion III, Abt III/A/1 Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES), Bereich Daten, Statistik und Risikobewertung 3 Generaldirektor für Öffentliche Gesundheit, Leiter der Sektion III, BM für Gesundheit 2 Kontakt: Reinhild Strauss, Dr med, Dr phil, MSc, EPIET/Schweden Leiterin der Abt III/A/1 (Infektionskrankheiten, Seuchenbekämpfung, Krisenmanagement) Bundesministerium für Gesundheit Radetzkystr 2 A-1030 Wien Tel: 0043-1-71100 4367; 0043-664 13 22 163 E-Mail: [email protected] Hintergrund Bis April 2009 wurde von den meisten ExpertInnen als mögliche Ursache eines Ausbruchs einer schwerwiegenden Influenza-Epidemie/Pandemie das A/H5N1-Virus bzw. ein Subtyp angenommen. Als wahrscheinlicher Fokus wurde - zumindest am Beginn eines derartigen Ereignisses - Südostasien gesehen: einerseits kam es in SO-Asien erstmalig zum Auftreten von A/H5N1 beim Menschen und andererseits bietet die traditionell enge Nachbarschaft zwischen Mensch und Tier beste Rahmenbedingungen für die Entstehung von neuen Influenzavirus-Stämmen. Im März und April 2009 wurde dann aber aus Mexiko das verstärkte Auftreten einer Grippeähnlichen Erkrankung („ILI“ = Influenza Like Illness) mit hoher Letalitätsrate gemeldet. Vorerst wurde noch eine schwer verlaufende Grippewelle angenommen, aber mit der Identifizierung des verursachenden Virus wurde klar, dass es sich um einen bis dahin unbekannten Subtyp des Influenzavirus A(H1N1)-Virus handelte. Zusätzlich wurden Mitte April auch zwei Einzelfälle aus den USA gemeldet (1,2). Sehr rasch wurde offensichtlich, dass der neue Influenza-Erreger Erbinformationen aus Influenzaviren beinhaltet, die bisher bei Vogel, Schwein und Mensch beobachtet wurden (3). Am 25.4.2009 informierte die WHO die nationalen Kontaktpunkte zur Implementierung der Internationalen Gesundheitsvorschriften (IHR-focal points) über eine „gesundheitliche Notlage von internationaler Tragweite“ („public health emergency of international concern“). Die ursprünglichen Benennungen als „Schweinegrippe“ oder „Mexikanische 2 Grippe“ wurden rasch durch die offizielle Bezeichnung Neue Influenza A(H1N1) ersetzt, da es sich weder um eine Tierseuche noch um eine lokalisierte Erkrankung handelte. Am 26.4.2009 wurden die ersten Fälle aus Kanada gemeldet. Die WHO erhöhte am 27.4.2009 den Pandemie-Warnzustand von Stufe 3 auf Stufe 4 und am 29.4.2009 auf Stufe 5 einer sechsteiligen Skala. Phase 5 wird charakterisiert durch eine fortgesetzte Mensch-zuMensch-Übertragung des Virus in mindestens zwei Staaten einer WHO-Region. Phase 6 bedeutet die fortgesetzte Mensch-zu-Mensch Übertragung in mindestens 2 WHO-Regionen. Am 5.6.2009 gab es ein weiteres Meeting des WHO Emergency Committees, um über die Notwendigkeit der Ausrufung der Phase 6 zu beraten. Laut Einschätzung dieses Gremiums waren zu diesem Zeitpunkt noch nicht die Voraussetzungen dafür gegeben. Am 11.6.2009 wurde dann nach einem nochmaligen Meeting des WHO Emergency Committees von der WHO die Phase 6 ausgerufen - gleichzeitig wurden aber keinerlei Reisebeschränkungen angeraten und generell auf den moderaten Verlauf der Pandemie hingewiesen. Basis dafür war, dass es zusätzlich zu USA und Mexiko nun auch Australien und damit in einer 2. WHORegion zu fortgesetzter Übertragung kommt (4). Das neue Influenza-Virus hat sich mit Stand 30.6.2009 bereits weltweit verbreitet (n = ca. 73.000,Fälle, davon 324 Todesfälle). Fortgesetzte Übertragung („community transmission“) wurde bis zu diesem Datum in Mexiko, USA und Australien nachgewiesen. In der EU kam es bislang zu ca. 6.173 Fällen (davon 2 Todesfälle) (5), lediglich aus UK wird auch von Tertiärfällen berichtet (6). Das Virus ist zwar leicht übertragbar, aber der Krankheitsverlauf wird weltweit als (sehr) milde beschrieben und auch die anfänglich aus Mexiko gemeldete Zahl an Todesfällen wurde drastisch nach unten korrigiert. Somit erfüllt dieses neue Virus nicht die erwarteten Kriterien des befürchteten Pandemievirus. Die Definition der Pandemiephasen samt der damit verbundenen Maßnahmen ist auf Basis der geographischen Ausbreitung getroffen worden - der milde Krankheitsverlauf führt derzeit zur Diskussion über die flexible Anwendung der ursprünglich festgelegten phasengebundenen Maßnahmen und die WHO hat Kriterien zur Beurteilung des Schweregrades erarbeitet (4). Aktivitäten des BMG Sofort nach Bekanntwerden der Fälle in USA wurden die EU-Mitgliedstaaten über das EWRS (EU-Frühwarnsystem für Infektionskrankheiten) darüber informiert und noch am Freitag, 24.4.2009 abends wurde mit der Organisation der Krisenmanagement-Maßnahmen im BMG begonnen. Informationspolitik Generell werden die Prinzipien der proaktiven und transparenten Krisenkommunikation angewendet. ¾ Für generelle Fragen der Bevölkerung wurde in der AGES eine A/H1N1-Hotline eingerichtet (Tel.Nr. 050 555 555) und es wurden regelmäßig aktualisierte Informationen incl. „Frequently asked questions“ auf der BMG-Homepage angeboten. 3 ¾ FlugpassagierInnen werden auf den österreichischen Flughäfen mittels Infoblätter sowie mit Plakaten über die Symptome einer Influenza A/H1N1-Erkrankung sowie die Notwendigkeit der raschen ärztlichen Untersuchung/Diagnostik informiert ¾ Zusätzlich werden den Medien tägliche Informationen zur Lage durch die/den PressesprecherIn übermittelt (Media briefing) ¾ Der öffentliche Gesundheitsdienst wurde anfänglich täglich, später wöchentlich durch den Generaldirektor für Öffentliche Gesundheit über die neuesten Entwicklungen national und international informiert und es wurden konkrete Richtlinien für z. B. den Umgang mit Fällen/Kontaktpersonen etc. übermittelt ¾ Für die MitarbeiterInnen der in Wien ansässigen Botschaften fand ein spezifisches Briefing durch das Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten (BMEIA) und das BMG statt. Koordination auf nationaler/internationaler Ebene Sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene erfolgen regelmäßige Lagebesprechungen sowie die Abstimmung der Maßnahmen: ¾ Anfänglich fanden tägliche Koordinationssitzungen/Audiokonferenzen unter der Leitung des Büros des Herrn Bundesministers statt, welche zwischenzeitlich auf wöchentliche Meetings umgestellt wurden. Mit Ausrufung der Phase 6 fand wiederum eine adhoc einberufene Koordinationssitzung statt. Derzeit finden wieder wöchentliche Meetings statt. ¾ Der BMG-Krisenstabs (Leitung: GD Prof. Dr. Hrabcik) wurde aktiviert - dies bedeutet Rufbereitschaft für die Krisenstabmitglieder ¾ Am 4.5.2009 fand das Meeting der Bund-Länder Pandemiearbeitsgruppe im BMG statt, an dem auch alle involvierten Ministerien und Schlüsselbetriebe wie Telekom teilnehmen (Bild 1) ¾ Auf internationaler Ebene fanden anfänglich ebenfalls tägliche Audiokonferenzen des EU-Health Security Committees (HSC) statt (7), welche zwischenzeitlich auf 2x wöchentlich reduziert wurden. Mit Ausrufung der Phase 6 fand wiederum eine adhoc Audiokonferenz statt. An diesen Audiokonferenzen nehmen WHO, die Europäische Kommission (EK), das Europäische Zentrum für die Prävention und Bekämpfung von Krankheiten (ECDC) (8), die EU-Mitgliedstaaten, und - themenbezogen - auch die European Medicines Agency (EMEA) teil. Ziel ist es, die nationalen Maßnahmen mitzuteilen und wenn möglich zu akkordieren. ¾ Zur Erstellung von rechtlichen Grundlagen wie z.B. der Festlegung der EUFalldefinition, die Aufnahme von A(N1N1) in die Liste der zu meldenden Krankheiten oder die rechtliche Verankerung des EWRS selective exchange-Modus finden Audiokonferenzen des EU-Netzwerk-Komitees statt (9-12). ¾ Weiters wurde ein spezielles Netzwerk, „Network of Communicators“ (= meist PressesprecherInnen der Gesundheitsministerien) eingerichtet, welches Vorarbeiten für eine akkordierte Medienpolitik leistet ¾ Außerdem wurde ein informeller EU-Gesundheitsministerrat zum Thema A(H1N1) einberufen 4 Bild 1: Sitzung der Bund-Länder Pandemiegruppe, 4.5.09 Informationsquellen international Auf EU-und WHO-Ebene existieren effiziente Frühwarnsysteme, durch welche das BMG offizielle und verlässliche Informationen erhält. ¾ Die WHO-IHR (International Health Regulations) outbreak site informiert die nationalen IHR-contact points über Fälle aus allen WHO-Mitgliedstaaten ¾ Über das EU-Frühwarnsystem für Infektionskrankheiten (EWRS) informieren die EUMitgliedstaaten über neue Fälle und getroffene Maßnahmen ¾ Weiters werden über die EU-Informationssysteme HEDIS und MEDYSys Informationen weltweit gescreent und zur Verfügung gestellt (13) ¾ Das EISS (= European Influenza Surveillance System) wurde wieder aktiviert und liefert eine EU-weite Übersicht der Influenza-Aktivität Diagnostik Bereits am 28.4.2009 wurde in der Nationalen Influenza-Referenzzentrale (Inst. f. Virologie, Medizinische Universität Wien) die spezifische Diagnostik zum Nachweis von A(H1N1) sowie ein Bereitschaftsdienst etabliert. Da somit innerhalb von 6-8h nach Beginn der Untersuchung bereits der Nachweis bzw. der Ausschluss einer Infektion mit A(H1N1) bekannt gegeben wird, kann die Notwendigkeit von aufwendigen und kostenintensiven Maßnahmen bei möglichen Kontaktpersonen rasch geklärt werden. Laut Anweisung des BMG werden alle Proben zentral in der Referenzzentrale untersucht, um eine Zeitverzögerung aufgrund der in jedem Fall notwendigen Bestätigungsdiagnostik zu vermeiden sowie eine zentrale Auswertung garantieren zu können. Die Referenzzentrale übermittelt täglich einen Bericht über die Anzahl eingelangter Proben sowie über die Untersuchungsergebnisse. Epidemiologische Überwachung Die EU-Mitgliedstaaten geben A(H1N1)-Fälle in ein web-basiertes Eingabeformular im EWRS ein. Zusätzlich sind diese Fälle auch an die WHO zu melden, welche dafür ein Word-Formular 5 zur Verfügung stellt. Bis 11.6.2009 musste somit von den Mitgliedsstaaten ein DoppelReporting durchgeführt werden, da die WHO die Eingabe der Daten in das EWRS als Informationsquelle nicht akzeptierte. Zwischenzeitlich gab es eine Einigung zwischen WHO und EU und das Doppelreporting konnte beendet werden. ¾ Das ECDC erstellt einen täglichen epidemiologischen Report basierend auf den von den EU-Mitgliedstaaten an die EC bzw. WHO gemeldeten Fälle („Situation report“, „SITREP“). Darüber hinaus gibt das ECDC auch einen Überblick über die weltweite epidemiologische Lage ¾ Die WHO veröffentlicht ebenfalls tägliche updates der Fallzahlen weltweit („case counts“) auf ihrer Homepage Das BMG erstellt tägliche nationale Reports basierend auf den Untersuchungsergebnissen der Nationalen Referenzzentrale sowie dem Epidemiologischen Meldesystem (EMS) (14). Antiepidemische Maßnahmen Die EU befindet sich in der sogenannten „containment“ beziehungsweise Verzögerungsphase. Somit kommen alle Maßnahmen zur Anwendung, die die Ausbreitung des Virus und somit das Stadium einer fortgesetzten Übertragung verhindern sollen. Das BMG hat sich dabei weitgehend an den vom ECDC erarbeiteten und in den HSCAudiokonferenzen abgestimmten Richtlinien orientiert und Definitionen/Handlungsanweisungen veröffentlicht: ¾ EU-Falldefinition Um eine EU-weite Vergleichbarkeit der Daten zu erreichen wurde eine EUFalldefinition erarbeitet, die auch unmittelbar in Österreich implementiert wurde. ¾ Behandlung von Fällen und Kontaktpersonen Unter dem Titel „Vorläufige Richtlinie zum Umgang mit Erkrankten und Kontaktpersonen, sowie mit Personen die unter Beobachtung stehen und Personen die wahrscheinlich oder gesichert infiziert sind, im Zusammenhang mit dem neuen Influenzavirus A/H1N1“ wurde auf der Grundlage einer Richtlinie des ECDC und einer Empfehlung des Robert-Koch-Institut/Berlin (RKI) eine österreichische Richtlinie ausgearbeitet. In diesem Dokument wurde: - der betroffene Personenkreis definiert - die Vorgangsweise zur Bestätigung der Diagnose festgelegt - Maßnahmen zur Begrenzung der Verbreitung der Erkrankung bei der Einreise, im Haushalt und im Krankenhaus angeführt - Schutzmaßnahmen für medizinisches Personal vorgeschlagen - Eine Vorgangsweise zum Umgang mit „engen Kontakten“ beschrieben. ¾ Contact tracing von Flugpassagieren Die EU-Gesundheitsministerien informieren sich gegenseitig über neue Fälle bei Flugpassagieren und geben im Idealfall die Daten der Kontaktpersonen (= Personen, die in derselben Reihe sowie 2 Reihen davor oder danach gesessen sind) mittels der „passenger locator cards“ bekannt. Dabei handelt es sich um Formulare mit Angaben zur Person und Adresse sowie zur aktuellen Sitzplatznummer, dem Zielflughafen und der Adresse, unter der/die Passagier/in in den nächsten 7 Tagen erreichbar ist. Liegen diese nicht vor, wird versucht die KontaktpassagierInnen mittels der Passagierdaten 6 der Fluglinien zu identifizieren. Die betroffenen Personen werden durch die zuständigen Behörden über ihre mögliche Exposition informiert und ersucht, bei Auftreten von Symptomen sich einer ärztlichen Untersuchung/Diagnostik zu unterziehen. ¾ Management von erkrankten FlugpassagierInnen und deren Kontaktpersonen Erkrankt ein/e FlugpassagierIn an Board eines in Österreich landenden Flugzeugs, so wird er/sie direkt vom Flughafen in ein zuständiges Krankenhaus zu Abklärung gebracht und alle Kontaktpersonen identifiziert. Tritt die Erkrankung erst später auf und befinden sich mögliche Kontaktpersonen noch in der Inkubationszeit, werden diese ebenfalls identifiziert und informiert. In Flugzeugen der AUA werden für Direktflüge aus USA und Kanada nach Wien nun ebenfalls „passenger locator cards“ in Deutsch/Englisch ausgeteilt. Zusätzlich erhalten die PassagierInnen an Board ein Informationsblatt über das richtige Verhalten beim Auftreten von möglichen A(H1N1)-Symptomen. Rechtliche Anpassungen Da es sich bei der neuen Influenza A(H1N1) um eine neue und daher bis dahin nicht meldepflichtige Erkrankung handelt, bei der auch spezielle Maßnahmen erforderlich sind, wurden insgesamt drei Verordnungen zum Epidemiegesetz erlassen: • • • Verdachts-, Erkrankungs- und Todesfälle an Infektionen mit Influenza A/H1N1 wurden mit Verordnung des Bundesministers für Gesundheit betreffend anzeigepflichtige übertragbare Krankheiten, BGBl. II Nr. 123/2009, vom 27. April 2009, meldepflichtig. Mit Verordnung des Bundesministers für Gesundheit betreffend der Bekanntgabe von Flugpassagieren, BGBl. II Nr. 126/2009, vom 30. April 2009, wurden die Fluglinien verpflichtet auf Anforderung jene Passagiere zu melden deren Reiseherkunftsland Mexiko ist und die auf einem in Österreich gelegenen Flughafen eintreffen (werden). Flugpassagiere aus Mexiko wurden in österreichischen Flughäfen von Ärzten empfangen, auf entsprechende Symptome untersucht und über das Verhalten bei einem späteren Erkrankungsausbruch belehrt. In der Zwischenzeit wird diese Maßnahme bei Reisenden aus Mexiko nicht mehr durchgeführt, da in Mexiko kaum noch Neuinfektionen auftraten und die entsprechende Verordnung trat außer Kraft. Mit Verordnung des Bundesministers für Gesundheit betreffend die Bekanntgabe von Flugpassagieren, BGBl. II Nr. 169/2009, vom 5. Juni 2009 wurden die Luftverkehrsunternehmen verpflichtet, auf Anforderung des Bundesministeriums für Gesundheit der örtlich zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde unverzüglich jene PassagierInnen zu melden, deren Reiseherkunftsland USA oder Kanada ist (auch Transitreisende). Für diese Meldung ist gemäß Art. 23 EpidemiG in Verbindung mit Art. 35 der Internationalen Gesundheitsvorschriften (2005), BGBl. III Nr. 98/2008, die von der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation erstellte „Public Health Passenger Locator Card“ zu verwenden. Diese werden in einem geschlossenen Kuvert aufbewahrt und im Falle des Auftretens eines A(H1N1)- Erkrankungsfalles hinsichtlich der KontaktpassagierInnen gesichtet, damit wiederum ein contact tracing durchgeführt werden kann. Personen mit Aufenthalt in Österreich werden von den jeweils zuständigen Bezirksverwaltungsbehörden kontaktiert. Bei Personen mit 7 Aufenthalt in anderen EU-Staaten informiert das BMG über den „selective exchange“ -Modus den zuständigen EWRS-contact point im betroffenen Mitgliedsstaat. Wird eine Infektion mit dem neuen Influenzavirus A(H1N1) bestätigt, so ist das Luftverkehrsunternehmen darüber hinaus verpflichtet, auf Ersuchen des Bundesministeriums für Gesundheit diesem unverzüglich die gesamte Passagierliste zu übermitteln. Dies ist eine zusätzliche Maßnahme, um bei ev. fehlenden Aussteigekarten die notwendigen Daten eruieren zu können. Ergebnisse Epidemiologische Situation in Österreich Für die epidemiologische Überwachung der A(H1N1) Verdachtsfälle werden die täglichen Berichte der Referenzzentrale mit den Daten des EMS abgeglichen. Dabei zeigt sich, dass von den untersuchenden ÄrztInnen auch Proben an die Referenzzentrale gesendet werden, obwohl die EU-Falldefinition nicht erfüllt ist - konsequenterweise wird auch keine Meldung an die/den zuständigen Amtsärztin/arzt durchgeführt und somit ist auch kein Eintrag ins EMS möglich. In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass lt. Epidemiegesetz 1950 nur Laboruntersuchungen im Zusammenhang mit gemeldeten Verdachtsfällen vom Bund bezahlt werden. In Österreich wurden mit Stand 29.6.2009 insgesamt 135 Proben an die Referenzzentrale eingesendet. (Abb 1). Ca. ein Drittel der Proben stammten von Personen aus der Altersgruppe 20 – 29 Jahre und die meisten Proben stammten aus Wien und NÖ (n=73) (Tab 1-2). Bislang wurden 15 Fälle laborbestätigt (ca. 10 %). Während im Zeitraum 28.4.-31.5.2009 lediglich 1 Fall auftrat, kam es seit 1.6.2009 bislang zu 14 Fällen. Alle Fälle wurden isoliert, mit Neuraminidasehemmer behandelt und nach 3 negativen Rachenabstrichen entlassen. Alle zeigten eine milde bis moderate Symptomatik und bis auf die derzeit akut hospitalisierten Personen sind alle wieder gesund. Beim ersten Fall handelte es sich um eine 28jährige Patientin mit Guatemala-Aufenthalt und Zwischenstopp von wenigen Stunden in Mexiko in der Reiseanamnese. Sie wurde nach der Rückkehr nach Wien in der Nacht vom 27. auf den 28.4.2009 im Kaiser-Franz-Josef Krankenhaus hospitalisiert, isoliert und mit antiviralen Medikamenten therapiert. Sie konnte bereits nach drei Tagen wieder entlassen werden. Die meisten anderen Fälle hatten einen kürzlichen USA-Aufenthalt in der Anamnese, allerdings kam es auch zu Erkrankungen nach Aufenthalt in Spanien, Australien, Frankreich, Großbritannien, Hongkong, Kanada, Mexiko und Thailand. Das Alter der PatientInnen betrug großteils zwischen 20 – 29 Jahre wobei kürzlich auch PatientInnen im Alter von einem Jahr sowie 13 und 17 Jahren behandelt wurden. Es handelte sich bei den erkrankten Personen um 7 männliche, 7 weibliche Personen und bei einer/m PatientIn wurde das Geschlecht noch nicht bekanntgegeben. Eine detaillierte Auswertung der Fälle wird im kommenden Newsletter veröffentlicht. 28. April 2009 29. April 2009 30. April 2009 1. Mai 2009 2. Mai 2009 3. Mai 2009 4. Mai 2009 5. Mai 2009 6. Mai 2009 7. Mai 2009 8. Mai 2009 9. Mai 2009 10. Mai 2009 11. Mai 2009 12. Mai 2009 13. Mai 2009 14. Mai 2009 15. Mai 2009 16. Mai 2009 17. Mai 2009 18. Mai 2009 19. Mai 2009 20. Mai 2009 21. Mai 2009 22. Mai 2009 23. Mai 2009 24. Mai 2009 25. Mai 2009 26. Mai 2009 27. Mai 2009 28. Mai 2009 29. Mai 2009 30. Mai 2009 31. Mai 2009 1. Juni 2009 2. Juni 2009 3. Juni 2009 4. Juni 2009 5. Juni 2009 6. Juni 2009 7. Juni 2009 8. Juni 2009 9. Juni 2009 10. Juni 2009 11. Juni 2009 12. Juni 2009 13. Juni 2009 14. Juni 2009 15. Juni 2009 16. Juni 2009 17. Juni 2009 18. Juni 2009 19. Juni 2009 20. Juni 2009 21. Juni 2009 22. Juni 2009 23. Juni 2009 24. Juni 2009 25. Juni 2009 26. Juni 2009 27. Juni 2009 28. Juni 2009 29. Juni 2009 Anzahl der Proben 8 Abb 1: Anzahl der untersuchten Proben pro Meldedatum Anzahl der untersuchten Proben im Referenzlabor nach Meldedatum 13 12 11 positiv negativ 10 9 8 7 6 5 4 3 2 1 0 Meldedatum Tab 1: Untersuchte Proben Stand 29.6.2009: Aufschlüsselung nach Bundesland und Geschlecht B männlich 3 weiblich 1 unbekannt 1 Summe 5 Altersgruppe 0-9 10-19 20-29 30-39 40-49 50-59 60+ Unbekannt Summe K 3 4 3 10 B 1 3 1 5 K 1 3 2 2 2 10 NÖ 13 14 4 31 NÖ 1 4 13 1 7 3 2 31 OÖ 5 5 4 14 14 S 4 2 8 14 OÖ S 1 5 4 2 1 1 2 3 3 3 1 2 14 ST 4 2 6 12 ST 1 2 4 3 1 12 T 1 1 2 4 T 2 4 V 2 0 1 3 V 2 2 1 1 3 W 18 15 9 42 W 1 2 10 13 6 2 8 42 Österreich 53 44 38 135 Tab 2: Untersuchte Proben Stand 29.6.2009: Aufschlüsselung nach Bundesland und Altersgruppe Österreich 4 12 43 27 21 10 12 6 135 9 Zusammenfassung und Ausblick Da sich die EU derzeit in der sogenannten „containment“ beziehungsweise Verzögerungsphase befindet konzentrieren sich alle Aktivitäten des BMG auf die konsequente Surveillance sowie die rasche Durchführung von antiepidemischen Maßnahmen: • Von den zuständigen Gesundheitsbehörden wird konsequentes contact tracing durchgeführt, um Sekundärfälle bzw. Infektionsketten zu verhindern • Zur Beurteilung der epidemiologischen Lage wird eine jeweils tagesaktuelle Übersicht der untersuchten Proben und der davon bestätigten Fälle erstellt • Die EMS-Eingaben sind zu optimieren • Die ständige Rufbereitschaft der Gesundheitsbehörden auf nationaler sowie auf regionaler Ebene ist gegeben • Die Adaptierungen der internationalen guidelines für die österreichische Situation wird laufend durchgeführt Mit der Ausrufung der Phase 6 ändert sich an den laufenden Maßnahmen vorerst nichts, da auch die „Sicherstellung der Produktion des pandemischen Impfstoffes“ bereits durchgeführt wurde. Erst wenn in den Nachbarländern bzw. in Österreich selbst „sustained transmission“ stattfindet, muss entschieden werden, ob alle weiteren Schritte laut Pandemieplan durchgeführt werden. Da auch in einigen EU-Ländern bereits verstärkt Sekundärtransmissionen (z.B. UK, Spanien, Deutschland) - in UK auch Tertiärtransmissionen aufgetreten sind kann es bei Nachlassen der containment-Akivitäten potentiell relativ rasch zur community transmission kommen. Es müsste dann über die Ausgabe der antiviralen prophylaktischen Medikamente an das Gesundheits-/Schlüssel-Personal sowie die Planung und Durchführung der Durchimpfung der Bevölkerung samt ev. prioritär zu versorgenden Risikogruppen entschieden werden. Ab Produktionsauftrag für den Pandemieimpfstoff wären somit das Distributions- und Impfkonzept zu finalisieren und von den Bundesländern die logistisch-organisatorischen Voraussetzungen für Impfaktionen geschaffen werden. DANKSAGUNG: Das BM für Gesundheit bedankt sich bei allen Personen und Institutionen, die durch ihre gute Kooperation und Einsatzbereitschaft das erfolgreiche Krisenmanagement ermöglicht: Landessanitätsdirektionen, Gesundheitsämter in den Bezirksverwaltungsbehörden und Magistraten, Österreichische Ärztekammer, Mitglieder des Wissenschaftlichen Pandemiebeirates, Mitglieder der Bund-Länder Pandemiegruppe, Mitglieder des BMGKrisenstabs, AGES, AUA, Flughafen Schwechat, BM für Landesverteidigung und Sport, BM für Finanzen und Zollämter auf den österreichischen, internationalen Flughäfen, österreichische Veterinärgrenzkontrollstellen auf den Flughäfen Wien-Schwechat und Linz-Hörsching, DirektorInnen und MitarbeiterInnen in den österreichischen internationalen Flughäfen. 10 Insbesondere der Referenzzentrale für Influenza (Virologisches Institut der Medizinischen Universität Wien), Herrn Univ-Prof. Dr. Heinz, Univ.Prof.Dr. Popow-Kraupp, Frau Dr. Redlberger und Frau Dr. Aberle sowie dem gesamten Team, darf herzlicher Dank ausgesprochen werden! Referenzen 1. Novel Swine-Origin Influenza A (H1N1) Virus Investigation Team Emergence of a Novel SwineOrigin Influenza A (H1N1) Virus in Humans. N Engl J Med 2009:361 2. Swine influenza A (H1N1) infection in two children — Southern California, March–April 2009. MMWR Morb Mortal Wkly Rep 2009. 58:400-2 3. Rebecca J. Garten et. al. Antigenic and Genetic Characteristics of Swine-Origin 2009 A/H1N1 Influenza Viruses Circulating in Humans. Sciencexpress.www.sciencexpress.org/22 May 2009/Page 1- 6/ 10.1126/science.1176225 4. www.who.int 5. http://www.ecdc.europa.eu/en/files/pdf/Health_topics/Situation_Report_090611_1700hrs.pdf 6. http://www.eurosurveillance.org/ViewArticle.aspx?ArticleId=19232 7. Schreck S, Strauss R, Lücking G, Krause G. EU-Strukturen zur Überwachung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten. Bundesgesundheitsblatt 2009. 52: 147-148 8. Verordnung (EG) NR. 851/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 zur Errichtung eines Europäischen Zentrums für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten. ABl. EG L141/1. http://eur-lex.europa.eu/pri/de/oj/dat/2004/l_142/l_14220040430de00010011.pdf 9. Entscheidung Nr. 2119/98/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. September 1998 über die Schaffung eines Netzes für die epidemiologische Überwachung und die Kontrolle Übertragbarer Krankheiten in der Gemeinschaft. ABl. EG L268/1. http://eur-lex.europa.eu/pri/de/oj/dat/1998/l_268/l_26819981003de00010006.pdf 10. Entscheidung Nr. 2000/57/EG der Kommission vom 22. Dezember 1999 über ein Frühwarn- und Reaktionssystem für die Überwachung und die Kontrolle übertragbarer Krankheiten gemäß der Entscheidung Nr. 2119/98/EG des Europäischen Parlaments und des Rates, ABl. EG L21/32, http://eur-lex.europa.eu/pri/en/oj/dat/2000/l_021/l_02120000126en00320035.pdf 11. Entscheidung der Kommission vom 22. Dezember 1999 betreffend die von dem Gemeinschaftsnetz nach und nach zu erfassenden übertragbaren Krankheiten gemäß der Entscheidung Nr. 2119/98/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (2000/96/EG) ABl. EG L28/50. http://eur-lex.europa.eu/pri/de/oj/dat/2000/l_028/l_02820000203de00500053.pdf 12. Entscheidung der Kommission vom 28. April 2008 zur Änderung der Entscheidung 2002/253/EG der Kommission zur Festlegung von Falldefinitionen für die Meldung übertragbarer Krankheiten an das Gemeinschaftsnetz gemäß der Entscheidung 2119/98/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (2008/426/EG). ABl. EG L159/46. http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2008:159:0046:0090:DE:PDF 11 13. Strauss R, Thinus G, Muchl R, Hrabcik H. Krisenfälle im Gesundheitsbereich: Informations- und Kommunikationssysteme der EU und WHO http://www.verwaltung.steiermark.at/cms/dokumente/10039771_21212/22376fbd/Jahresbericht2007.pdf 14. Strauss R, El Belazi G, Scharinger R, Pregartbauer M, Auer CM, Hrabcik H. Das Epidemiologische Meldesystem für Infektionskrankheiten – ein Paradigmenwechsel. BMGFJ NEWSLETTER 4. Quartal http://www.bmgfj.gv.at/cms/site/attachments/7/1/4/CH0954/CMS1229426013856/ems.pdf