Armut und Gesundheit in Indien - bei der Deutsch

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Armut und Gesundheit in Indien - bei der Deutsch
Schwerpunktthema 2013
Armut und Gesundheit in Indien
Übersicht
Armut
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Gesamtsituation
Wohnbedingungen
Aktuelle Beobachtungen
Definition
Gesundheit
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Organisation des Gesundheitswesens und Rahmendaten
Mangelnde Hygiene
Gesundheitswissen
Verbesserte Gesundheitsversorgung durch Entwicklungszusammenarbeit
Kampf gegen HIV/AIDS
Hilfe vor Ort durch Freiwillige der DIZ
Überwindung von Armut
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
Regierungsprojekte
Regionale Programme
o AFARM
o Madhyan Foundation
o MSS
o NIWCYD
Rolle der Bildung
Zusammenfassung der Maßnahmen zur Armutsüberwindung und zur Gesundheitsförderung
Literatur und Links
Die Deutsch-Indische Zusammenarbeit ist Gründungsmitglied des Entwicklungspolitischen Netzwerks Hessen.
Spendenkonto: Evangelische Kreditgenossenschaft (EKK) • BLZ: 520 604 10 • Kto.-Nr.: 4004108
Sitz des Vereins: Odrellstraße 43, 60486 Frankfurt am Main • [email protected] • www.diz-ev.de
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Deutsch-Indische Zusammenarbeit e. V.
Die DIZ möchte mit der entwicklungspolitischen Bildungsarbeit des Jahres 2013 durch Seminare
und fachliche Vorträge Schlaglichter auf die verschiedenen Aspekte von Armut und Gesundheit
und deren Auswirkungen auf die gesellschaftliche Entwicklung Indiens werfen. Während es bei
Armut um Zustandsbeschreibung, Ursachen und Armutsbekämpfung geht, befasst sich der 2.
Aspekt des Schwerpunktthemas mit der Gesundheit in Indien. Armut und Gesundheit stehen
dabei in gegenseitiger Abhängigkeit. Bezogen auf Kinder kann das z. B. bedeuten:
Schwangere, die in Armut leben, können ihren werdenden Kindern nicht die notwendige
Versorgung z. B. mit HB (Eisenwert im Blut) bieten. Darunter wird später die
Intelligenzentwicklung des geborenen Kindes leiden. Weniger Intelligenz bedeutet schlechtere
Bildungs- und Berufschancen, bedeutet erneute Armut, bedeutet schlechtere gesundheitliche
Versorgung, weniger Gesundheitswissen. Ein Teufelskreis.
Nachfolgend finden Sie einige Verweise auf die wirtschaftlichen Rahmendaten, die Lebens- und
Wohnbedingungen, Ansätze zur Armutsbekämpfung und zur Gesundheitssituation in Indien
sowie zu ihrer Verbesserung.
Armut
Gesamtsituation
Erzählt man von einer bevorstehenden Indienreise, wird dies im Kopf des Gegenübers immer
noch in erster Linie mit dem Begriff Armut assoziiert. Wer Indienbilder im Kopf hat, der sieht
auch Bettler und Menschen, die auf der Straße leben. Bilder, die sich aufdrängen, sind die
überquellenden Slums in den Großstädten und auf den Bürgersteigen schlafende
Elendsgestalten. Bekannt durch die Medien wurde die unermüdliche Arbeit einiger humanitärer
Organisationen in diesen Elendsvierteln, wie die der kleinen Schwestern von Kolkata (ehemals
Kalkutta) mit der Lichtgestalt der Mutter Theresa an ihrer Spitze.
"Ein Haufen Scheiße, wie Gott ihn fallen ließ und Kalkutta nannte" - dies sind die Worte, mit
denen Günter Grass eine der meistbevölkerten Metropolen der Welt beschrieb.
Besonders arme Regionen, in denen der Reisende mit schockierenden Alltagsszenen konfrontiert
wird, sind das Zentrum und der Osten des Landes. Dort befinden sich die Staaten Bihar, Orissa,
Uttar Pradesh und Madhya Pradesh, sie sind wechselnd betroffen von Dürre oder
Monsunüberschwemmungen und hier kämpfen vor allem Kleinbauern ums Überleben.
Die indische Bevölkerung hat heute die Milliardengrenze deutlich überschritten und auch die
Bevölkerungsdichte ist extrem groß. Selbst die karge Thar-Wüste im Nordwesten gehört zu den
am dichtesten besiedelten Wüsten der Erde. Geschätzte 30 Prozent der Gesamtbevölkerung
leben in Armut, die meisten davon auf dem Land. Damit ist Indien neben Schwarzafrika die
Hauptarmutsregion der Erde. Vor allem die selbständigen Kleinbauern mit ihrem MiniLandbesitz, durch Parzellierung und Landreformen erzeugt, haben kaum Zugang zu Wasser und
Dünger. Die von Grundbesitzern abhängigen, landlosen Landarbeiter sind die Ärmsten der
Armen.
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Das starke Bevölkerungswachstum wird oft als größtes Problem für die wirtschaftliche
Entwicklung angesehen, doch anders als in China mischt sich der Staat hier nicht mit einer EinKind-Politik ein. Schon eine Aufwertung der indischen Frauen würde helfen, denn in Indien
müsste der Staat dringend verhindern, dass so viele Mädchen schon als Fötus im
Mutterleibgetötet oder in vieler Hinsicht diskriminiert werden. Frauen sind in sozialer, kulturelltraditioneller wie wirtschaftlicher Stellung nach wie vor marginalisiert. Die Benachteiligung von
Frauen durchzieht dabei nahezu alle Lebensphasen, angefangen bei geringeren
Nahrungsmengen und Bildungsmöglichkeiten für Mädchen bis hin zu informellen, prekären und
schlecht bezahlten Beschäftigungsverhältnissen für Frauen. Darüber hinaus ist der Anteil an
Mädchen im tertiären Bildungssektor weiterhin geringer und die Alphabetisierungsrate liegt bei
Männern deutlich höher als bei Frauen. Darüber hinaus stellt Gewalt gegen Frauen, sowohl im
familiären wie auch im öffentlichen Leben, ein erhebliches Problem der indischen Gesellschaft
dar. Während häusliche Gewalt gegen Frauen kaum nach außen getragen wird, sind sexuelle
Belästigungen am Arbeitsplatz sowie Angriffe gegen Frauen oder Vergewaltigungstaten
öffentlich bekannte, jedoch nur unzureichend verfolgte und bestrafte Phänomene.
Wohnbedingungen
Die indischen Slums werden in den seltensten Fällen von Straßen durchlaufen, wesentlich
häufiger sind engste Gässchen und dunkle Durchgänge zu finden. Da diese ungepflastert sind,
werden sie vor allem während der Monsunregenzeit unpassierbar. Die Häuser sind zumeist ein
bis zweigeschossig und sehr nah aneinander gebaut.
Die Bewohner der Slums und ebenso der Rest
der Bevölkerung bezeichnen die Armutsviertel
der verschiedenen Gegenden und Städte mit
spezifischen Namen, die auf den Haustyp, die
Art der Konstruktion und die benutzen
Materialien verweisen sollen.
Katras: kleine Ein-Raum-Wohnhäuser, die
zumeist in Reihen gebaut wurden. Viele der
Katras in Delhi sind Teile alter Behausungen
der Muslime, die ursprünglich Schutz vor
Plünderungen bieten sollten und außerdem die Frauen vor den Blicken von Männern, die nicht
zur Familien gehörten, abschirmen sollten.
Chawls: Die Gebäude der Slums in Bombay werden als Chawls bezeichnet. In diesen leben
oftmals mehr als 3 Familien in einem Raum, der selbst am Mittag nicht von Sonne durchflutet
wird und immer dunkel ist. Auf Grund des Platzmangels müssen die Bewohner der Chawls
abwechselnd schlafen.
Bustees: sind kleine Hütten, die aus Schlammstücken zusammengebaut wurden. Seitenwände
und Dächer sind mit Sackleinwänden, Holz- oder Metallspänen bedeckt.
Neben den Bewohnern der Slums gehören, vor allem in Kolkata die sogenannten pavement
dwellers (Gehsteigbewohner) zum Stadtbild. Hunderttausende leben auf der Straße, ganze
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Familien, deren Mitglieder auf den Gehsteigen geboren und großgezogen werden, dort schlafen,
essen und sterben. Am Tag werden ihre mageren Besitztümer von benachbart lebenden
Menschen verwahrt – am Abend jedoch füllen sich die Gehsteige mit Hunderten von Kochstellen
und schlafenden Menschen, die, wie Mumien eingerollt in schmutzige Decken neben den
Häusern der Stadt ihre Schlafstätte finden.
Aktuelle Beobachtungen
Zwei Drittel der Bevölkerung leben von weniger als zwei US-Dollar am Tag (vgl. United States
Agency for International Development - USAID- India). Die Hälfte der weltweit Hungernden
leben in Indien (United Nations Development Programme – UNDP 2010). Schätzungen der
indischen Regierung gehen davon aus, dass 43 Prozent der Kinder unter fünf Jahren unterernährt
sind (World Food Programme - WFP 2010). Gemäß dem menschlichen Entwicklungsindex
(Human Development Index, HDI) rangiert Indien nur auf Rang 119 von 169 aufgeführten
Staaten (HDI 2010) (UNDP 2011: Platz 134 unter 187 erfassten Staaten). Während Indien
weltweit die meisten Millionäre und Milliardäre beheimatet, liegt es bei vielen
Sozialindikatoren deutlich unter den Durchschnittswerten von Subsahara-Afrika.
Insbesondere Menschen, die im landwirtschaftlichen Sektor beschäftigt sind und/oder in einem
in-formellen Beschäftigungsverhältnis stehen, sind von Armut und sozialer Marginalisierung
betroffen (Auswärtiges Amt – AA 2010).
Bislang erreichen staatlich finanzierte Sozialprogramme nahezu nur die Bevölkerungsteile, die in
einem formalen Beschäftigungsverhältnis stehen (Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit GTZ 2009, heute: GIZ - Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit).
Weiterhin ist Indien das Land, das im weltweiten Vergleich den größten Bevölkerungsanteil mit
unzureichendem oder fehlendem Zugang zu Wasser- und Sanitärversorgung hat, was
Auswirkungen auf die generelle Lebensqualität und besonders die Bereiche Gesundheit, Umwelt
und Geschlechtergerechtigkeit hat (UNDP 2010).
Definition
Die Bemessung der Armut richtet sich nach dem Lebensstandard der betreffenden Gesellschaft.
In wohlhabenden Gesellschaften gehört der Besitz eines Fernsehers zu den Grundbedürfnissen,
auf die selbst jene Anspruch haben, die von Sozialhilfe leben. Indien hat dagegen eine
„objektive“ Bemessungsgrundlage zu finden gesucht, um die Armutsgrenze zu definieren. Es
geht dabei um die Mindestmenge an Kalorien (2400 Kalorien für ländliche und 2100 Kalorien für
städtische Gebiete), die zum Überleben notwendig sind, mit einem geringen Aufschlag für
andere Grundbedürfnisse. Diese Definition der Armutsgrenze durch Ernährungsstandards lässt
Gesundheitswesen und Bildung, Wohnung und Kleidung außer Acht. Analphabetismus wäre ein
weiteres Kriterium zur Definition der Armutsgrenze. Nicht alle Analphabeten sind arm, und die
meisten sind recht gut informiert, aber Lesen und Schreiben sind keine wichtigen Funktionen in
der Landwirtschaft. Zurzeit sind ca. 35 Prozent der indischen Bevölkerung Analphabeten
(Rothermund: Indien, 2008).
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Vereinfachend wird Armut immer noch über das Einkommen definiert. Zurzeit gilt in Indien per
Setzung der Weltbank als arm, wer die Armutsgrenze unterschreitet. Mindestens ein Drittel
der Bevölkerung lebt unterhalb der Armutsgrenze von 1 US-Dollar pro Kopf/Tag und ca.
70 Prozent von weniger als 2 US-Dollar. Das heißt:
Da in Indien zur Zeit (2012) rund 1,2 Milliarden Menschen leben, müssen trotz des jahrelangen
Wirtschaftsbooms immer noch rund 350 Millionen Menschen unterhalb der Armutsgrenze
leben. Anders gesagt: Indiens Arme machen etwa 30 Prozent der Bevölkerung aus, sind
Analphabeten und haben ein Pro-Kopf-Einkommen von 0,43 US-Dollar pro Tag.
Auch wenn die Ernährungssituation seit den 1970er Jahren entscheidend verbessert werden
konnte, ist noch immer mehr als ein Viertel der Bevölkerung zu arm, um sich eine ausreichende
Ernährung leisten zu können. Unter- und Fehlernährung (wie Vitaminmangel) sind vornehmlich
in ländlichen Gebieten ein weit verbreitetes Problem, wo der Anteil der Armen besonders hoch
ist. Die regionale Aufteilung des Problems lässt sich am Hunger-Index für Indien klar erkennen,
der Bundesstaat Madhya Pradesh (Nachbarstaat zu Maharashtra) fällt hier besonders ins Auge.
2007 waren 46 Prozent der Kinder in Indien mangelernährt, nach Angaben von UNICEF sterben
in Indien jährlich 2,1 Millionen Kinder vor dem fünften Lebensjahr (Wikipedia).
Das hohe Wachstum der letzten Jahre hat die regionalen Entwicklungsunterschiede auf dem
Subkontinent und das zunehmende Einkommensgefälle zwischen der expandierenden
städtischen Mittelschicht und der überwiegend armen Bevölkerung auf dem Lande, wo noch
knapp 70 Prozent aller Inder leben, schärfer hervortreten lassen. Die erhofften massiven
Beschäftigungseffekte des Wachstums sind bislang ausgeblieben.
Während die Ärmsten der Armen sicher unter den Landlosen auf dem Lande zu finden sind,
verdient das Phänomen der städtischen Armut gleichermaßen Aufmerksamkeit. Die Armen
bilden in Indien eine riesige Reservearmee an billigen Arbeitskräften. Die organisierten
Arbeitskräfte im „formellen“ Sektor der Wirtschaft sind eine kleine Minderheit (27 Mio. Arbeiter
/2003). Die Entwicklung im informellen Sektor hat dazu geführt, dass die meisten Arbeitskräfte
dort eigentlich Gelegenheitsarbeiter sind. Dies gilt vor allem für den Einsatz weiblicher
Arbeitskräfte. Dies kann „Feminisierung der Armut“ genannt werden. Gelegenheitsarbeiter
werden nur bei Bedarf eingesetzt. Sie verdienen wesentlich weniger als im formellen Sektor,
Frauen dabei fast nur die Hälfte männlicher Arbeitskräfte. Ein grausames Zeichen der
städtischen Armut sind die riesigen Slums in den indischen Industriemetropolen. Es wird
geschätzt, dass etwa die Hälfte der Bevölkerung vom Mumbai (ehemals Bombay) und Delhi in
Slums lebt. Die Armut der Slumbewohner lässt sich mit Kategorien ausreichender Ernährung
nicht erfassen. Sozialwissenschaftler haben für Mumbai festgestellt, dass nur 8 Prozent der
Slumbewohner unterhalb der Armutsgrenze leben. Manche von ihnen haben sogar Fernseher
und Kühlschränke, aber keine Toiletten und keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Ihr
Einkommen mag sogar über der Armutsgrenze liegen, aber sie können die Miete für eine
ordentliche Wohnung in einer Stadt wie Mumbai nicht bezahlen.
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Gesundheit
Organisation des Gesundheitswesens und Rahmendaten
Das Gesundheitswesen ist überwiegend staatlich, wenngleich es auch viele private
Krankenhäuser gibt. Obwohl die Gesundheitsbetreuung auf dem Land bereits erheblich
verbessert wurde, insbesondere durch Erste-Hilfe-Stationen in Dörfern, besteht noch ein großes
Stadt-Land-Gefälle. In vielen Dörfern gibt es keine medizinischen Einrichtungen. Verschlimmert
wird die Lage durch schlechte hygienische Bedingungen, wie fehlendem Zugang zu sauberem
Trinkwasser und Sanitäranlagen, sowie Unterernährung. Ähnliche Bedingungen herrschen in
städtischen Elendsvierteln. Seuchen wie Malaria, Filariose, Tuberkulose und Cholera sind in
manchen Regionen noch immer ein großes Problem. Trotz aller Schwierigkeiten und Hemmnisse
stieg die Lebenserwartung bei Geburt von 53,3 Jahren 1980 auf 64,4 Jahre (Männer: 63,6 Jahre,
Frauen: 65,2 Jahre) 2005. Früher war Indien eines der wenigen Länder der Erde, in denen Männer
eine höhere Lebenserwartung aufwiesen als Frauen. In den letzten Jahren hat sich dies
umgekehrt.
In diesem Zusammenhang sei auch das staatliche Gesundheitsprogramm NRHM –National
Rural Health Mission und beispielhaft das RSBY-Programm zur Verbesserung der Mutter-KindGesundheit erwähnt. Wie aus einem Briefwechsel zwischen DIZ und BMZ anlässlich eines
Förderantrages für das Projekt zur Mutter-Kind-Gesundheit hervorgeht, macht hier die
Registrierungsrate in der Bevölkerung Sorgen (in Nagpurs Nachbardistrikt Chandrapur nur ca. 35
% trotz längerer Laufzeit). Dabei entziehen sich offenbar vor allem die Männer, obwohl die
Familien-Beratungsstelle durch den Sangam an die örtliche Polizeistation angegliedert ist und sie
angesprochen werden, wenn sie ihre Frauen zur Dorfgesundheitsstation bringen. Die männlichen
Partner sollen im Rahmen der Gesundheitsberatung vor allem Denkanstöße zu Hygiene und
Familienplanung (Family Welfare), auch unter dem Aspekt der sexuellen Selbstbestimmung,
erhalten. (Stand: 15.10.2012, http://www.rsby.gov.in).
Beobachtung am Rande: Wegen der geringen Kosten und der guten Qualität der ärztlichen
Behandlung in spezialisierten Krankenhäusern gewinnt der Gesundheitstourismus aus
nordamerikanischen und europäischen Industrieländern immer mehr an Bedeutung.
Hier einige Daten aus dem Gesundheitswesen aus dem Jahr 2006:
Indien
Kerala
Lebenserwartung
64,35 Jahre
73 Jahre
Geburtenrate
22,32 je 1000 Einwohner
18 auf 1000 Einwohner
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Sterberate
8,28 je 1000 Einwohner
6 je 1000 Einwohner
Säuglingssterblichkeit 56,29 auf 1000 Lebendgeburten 14 auf 1000 Lebendgeburten
Quelle: Indexmundi; Quelle (Kerala): UNDP
Kerala zeigt als entwickeltes Küsten-Bundesland Indiens Entwicklungsperspektiven für GesamtIndien auf.
Weitere Daten:
Kindersterblichkeit (unter 5 Jahre): 85 (von 1000
Lebendgeburten, 2004), Müttersterblichkeit: 540 (auf
100.000 Lebendgeburten, 2000), Untergewicht (Kinder unter
5 Jahre): 47 Prozent, Wachstumshemmung durch
Unterernährung ("stunting", unter 5 Jahre): 46 Prozent,
Extreme Abmagerung ("wasting", unter 5 Jahre): 16 Prozent,
Aids / HIV-Infizierte: 0,9 Prozent (Bevölkerung 15-49 Jahre,
2005); Tuberkulosefälle: 312 (auf 100.000 Einwohner, 2004);
Trinkwasserzugang: 86 Prozent der Bevölkerung (2004)
(Quellen: UNDP; Untergewicht, stunting, wasting: UNICEF
2006)
Mangelnde Hygiene
Kritische Stimmen bezeichnen die indischen Slums bis heute als die schmutzigsten weltweit. Die
Kanalisation liegt offen, und das Wasser steht in den Abflüssen, die zum Teil verstopft sind. Von
den wenigen, zur Verfügung stehenden Containern werden nur wenige genutzt und Abfälle
füllen die Straßen, ebenso menschliche Fäkalien.
Feuchtigkeit, Unsauberkeit und überfüllte Häuser haben schwere gesundheitliche Probleme für
die Slumbewohner zur Folge. Vor allem die Kinder leiden an Typhus, Cholera oder Ruhr.
Es sind einige wesentliche Faktoren zu nennen, welche für die schlechten Bedingungen der
indischen Slums verantwortlich zu machen sind:
Da sich die Slumbewohner nicht immer zugänglich
genug zeigen, wenn es um die Verbesserung der
hygienischen Bedingungen ihrer Wohnviertel geht,
sind die Möglichkeiten der kommunalen
Regierungen hier begrenzt. Ganz im Gegensatz zu
den NGOs (Non-Governmental Organizations /
Nichtregierungsorganisationen), die in den Slums
mit einer Vielzahl von Einzelprojekten sehr aktiv
sind. Immer noch verwendet ein Großteil der
Familien mehr Sorge auf die Säuberung der eigenen
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Kochutensilien, als auf den Erhalt der ihnen zur Verfügung gestellten Latrinen und Wasserstellen.
Die Überbevölkerung der Slumregion wird durch Fußgänger, Hitze und hohe Luftfeuchtigkeit
zusätzlich verschlimmert. Ein Großteil der Menschen verbringt den Tag auf den Straßen und trägt
damit ebenfalls zur Verschmutzung der Städte bei.
Auch Religion und Riten spielen eine wesentliche Rolle, wenn es um das Problem mangelnder
Hygiene innerhalb der indischen Slums geht. Rinder irren herrenlos durch die Straßen der Stadt,
und vor allem in den Slumregionen werden effiziente Maßnahmen gegen diesen Zustand von
der Einstellung und dem Verhalten der Bewohner verhindert. Die Hindus sehen in der Kuh ein
heiliges Tier, deren Fütterung nicht nur eine menschliche, sondern vielmehr noch eine religiöse
Pflicht der Gläubigen ist. So ist es üblich, die Reste von Obst und Gemüse in den engen, stickigen
Gässchen der Slums abzulegen.
Über Jahrhunderte hat die Hindu-Religion die Wichtigkeit von Sauberkeit und Reinheit
propagiert, wenn auch nicht konsequent und für alle Bereiche gültig. Eine fromme Hindu-Frau
wird einerseits streng darauf achten, dass ihre Angehörigen den Schmutz der Straße nicht in ihre
Küche tragen, andererseits ist sie unzugänglich für die gesundheitlichen Probleme, die das
Trinken von verunreinigtem Wasser oder die Fliegenschwärme an ihrer Kochstelle mit sich
bringen. Ebenso fühlt sich ein gläubiger Hindu erst dann für seine religiösen Handlungen bereit,
nachdem er sich zuvor gründlich gereinigt hat, dennoch zeigt er sich in den seltensten Fällen von
Schmutz und Gestank im Inneren und auch außerhalb des Tempels beeindruckt.
Gesundheitswissen
Das Wissen der einfachen Bevölkerung um Gesundheit, Gesundheitspflege, Ernährung und
Kinderpflege ist nach wie vor gering. Village Visits, an denen die weltwärts-Freiwilligen Sarah K.
und Elena W. (von der DIZ entsandt) 2012 im Rahmen eines Health Projects des Ecumenical
Sangam mitwirkten, versuchen Abhilfe zu schaffen, sind z. T. aber noch unzureichend organisiert
oder werden zu wenig angenommen. Gesundheitscamps (z. B. das General Camp Bamhani), hier
mit Ärzten aus den Lions-Club der Stadt Nagpur, so unsere weltwärts-Freiwilligen des
diesjährigen Nachbereitungsseminars, informieren zwar über General Health Care, leben aber in
der Umsetzung stark von Improvisation. So wirken sie noch nicht konsequent in die Breite und
wenig nachhaltig über einen längeren Zeitraum hinweg. Daher soll die 2012 beim BMZ
beantragte Förderung für Aufklärungsmaßnahmen im Bereich Mutter-Kind-Gesundheit in dieser
Situation Abhilfe schaffen. Über mehr als drei Jahre soll systematisch das Thema Mutter-KindGesundheit - übrigens auch ein Schwerpunktthema des BMZ - in den Fokus gerückt und der
ruralen und urbanen Zielgruppe aufgezeigt werden, was für Mutter und Kind in der fragilen Zeit
getan werden kann, und welche staatliche Unterstützung sie an welcher Stelle nachfragen
können. Hier sollen auch Vertreter der staatlichen Gesundheitsbehörden einbezogen werden.
Unzureichende Beratung in Fragen der reproduktiven Gesundheit hat zur Folge, dass die Zahl
der HIV-Infizierten rasch angestiegen ist, seit 1986 die ersten Infektionsfälle bekannt wurden.
2008 trugen rund 2,27 Millionen Inder im Alter zwischen 15 und 49 Jahren das Virus. Die Zahl der
Infizierten liegt damit weltweit an dritter Stelle hinter Südafrika und Nigeria.
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Verbesserte Gesundheitsversorgung durch Entwicklungszusammenarbeit in Indien
Seit geraumer Zeit arbeiten wir als DIZ mit unserem Partner Ecumenical Sangam im
zentralindischen Nagpur zusammen. In Kooperation mit dem Sangam ist es uns gelungen, mit
Prem Sewa und CRTDP (Comprehensive Rural Tribal Development Programme, zu Deutsch:
Umfassendes Entwicklungsprogramm auf dörflicher Ebene und für Ureinwohner;
http://www.crtdp.org/), dem Mure Memorial Hospital und Nav-Jeevan Sanstha weitere indische
Partnerorganisationen zu gewinnen.
Hinter dem Comprehensive Rural Tribal Development Programme (Kürzel CRTDP) steht
eine gemeinnützige Organisation, die seit den 1980er-Jahren umfassende Programme ländlicher
Entwicklung in den Regionen um Nagpur betreibt. Das Ziel ist, Armut zu bekämpfen und das
Bewusstsein der Bevölkerung zu stärken. Mit dem Zugang zu Bildung soll das Fundament für
eine positive Veränderung ihrer Lebensbedingungen weg von Ausbeutung und Unterdrückung
gelegt werden. Die verschiedenen Projekte befassen sich mit ländlicher Entwicklung als
Überbegriff. Die Unterpunkte setzen sich aus einzelnen Programmen zusammen, die Hilfe für
mittellose Kinder und Frauen, HIV/AIDS-Prävention und Unterstützung auf dem Weg in
die wirtschaftliche Selbständigkeit durch Kurse anbietet.
Ein neuer Partner im Rahmen der Entsendung von Freiwilligen im Freiwilligendienstprogramm
weltwärts ist seit 2011 das Mure Memorial Hospital. Die DIZ unterstützt in diesem
Zusammenhang konkret - wiederum mithilfe einer Kofinanzierung des BMZ - die Rehabilitation
von Jugendlichen, die mit HIV/AIDS leben oder familiär davon betroffen sind, indem diesen
Jugendlichen in einem nicht-diskriminatorischen Umfeld eine Ausbildung in einem Handwerk
oder als Krankenschwester ermöglicht wird.
Pediatric Camp
Dentist Camp
Das gemeinnützige und kirchliche Krankenhaus Mure Memorial Hospital mit 165 Betten liegt
in Nagpur. Außer "normalen" Krankenhausdienstleistungen arbeitet das Krankenhaus auch in
Dörfern um Nagpur und in 23 Slums. Dort stellt das Mure Memorial Hospital weitgehend
kostenlos die medizinische Expertise zur Verfügung. Die Arbeit in den Slums und Dörfern
konzentriert sich vor allem auf vorgeburtliche Mutter-und-Kind-Sorge.
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Weitere Arbeitsfelder sind Aufklärung in Ernährungsfragen - sowohl gegenüber der
Zielgruppe als auch im Rahmen der Ausbildung junger Krankenschwestern.
Ebenfalls ein neuer Partner im Rahmen der Freiwilligendienste ist die Schule Nav-Jeevan
Sanstha (NJS) in Nagpur. 2003 wurde diese Schule gegründet und nimmt etwa 220
Schülerinnen und Schüler auf, die aus den Slums von Nagpur stammen und sonst keinen
Zugang zu Bildung hätten. 110 der Schülerinnen und Schüler leben im organisationseigenen
Internat. Ziel ist, den Kindern durch Bildung und die damit verbesserten Chancen auf Teilnahme
am gesellschaftlichen Leben eine bessere Zukunft zu ermöglichen.
Zugang zu schulischer und beruflicher Bildung für Mädchen
Kampf gegen HIV/AIDS
Die Deutsch-Indische Zusammenarbeit unterstützt mit dem aktuellen Projekt „Rehabilitation
von Jugendlichen, die mit HIV leben oder familiär davon betroffen sind“, welches seit 1.
Oktober 2011 für 3 Jahre läuft, den indischen Partner CRTDP (Comprehensive Rural Tribal
Development Programme). Dieses Projekt bietet den jungen Menschen, die durch die Krankheit
diskriminiert werden, eine Perspektive, um auf die eigenen Beine zu kommen und ein
selbstbestimmtes Leben zu führen. (Siehe DIZ Homepage und
www.betterplace.org/de/projects/8877-rehabilitation-von-jugendlichen-die-mit-hiv-leben .)
Erfahrungen und Hilfe vor Ort durch weltwärts-Entsendung (1.3.2012 – 1.9.2012)im
Zuständigkeitsbereich der DIZ
Viele der weltwärts-Einsatzplätze sind gezielt in den Schwerpunkten „Überwindung von Armut“
und „Gesundheitssicherung“ lokalisiert. Die Einsätze dauern 6-8 Monate und helfen durch:


Assistenz bei Einkommen schaffenden Maßnahmen bei CRTDP/Nagpur und in der
Mikrofinanzierung sowie beim Fairtrade („Auf die eigenen Füße kommen“) - beim
ECUMENICAL SANGAM/Nagpur
Instandhaltung von Watershed-Einrichtungen und Dokumentation von WatershedMaßnahmen beim ECUMENICAL SANGAM NAGPUR
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



Assistenz in dörflicher Gesundheit bei CRTDP/Nagpur und beim ECUMENICAL
SANGAM/Nagpur
Beratung in Ernährungsfragen bei CRTDP/Nagpur und Ernährungsberatung im
Rahmen der Aufklärungsarbeit des Krankenhauses MURE MEMORIAL HOSPITAL/Nagpur
Medizinische Assistenz im Krankenhaus MURE MEMORIAL HOSPITAL/Nagpur
Assistenz in der Lepra-Aufklärung beim ECUMENICAL SANGAM/Nagpur
Überwindung von Armut
Programme der indischen Regierungen, z.B. „Garibi hatao“ (Beseitigt die Armut) gibt es
mindestens seit Indira Gandhis Zeiten (Wahlkampfslogan von 1971). (Indira Gandhi wurde unter
dem Familiennamen Nehru am 19.11.1917 geboren. Sie war von 1966 bis 1977 und von 1980 bis
1984 Premierministerin Indiens. Der Grundstein zur politischen Bedeutung der Familie wurde
durch Indiras Großvater Motilal Nehru gelegt, der zweimal Präsident der Congress Party war und
zusammen mit seinem Sohn an der Unabhängigkeitsbewegung gegen die britischen Besatzer
teilnahm. Motilal und Jawaharlal, Indiras Vater, gehörten zusammen mit Mahatma Gandhi, der
aber nicht mit der Nehru-Gandhi-Familie verwandt ist, zu den führenden Persönlichkeiten der
Unabhängigkeitsbewegung, und auch Indiras Mutter Kamala war trotz fortschreitender
Erkrankung politisch aktiv. ) Seit Indira Gandhi wurden immer wieder große Programme
aufgelegt, um die ländliche Armut zu lindern. Sie stießen alle auf Schwierigkeiten, wenn es
darum ging, die Armen wirklich zu erreichen. Ein anderes Programm in Andhra Pradesh hat
jedoch größere Erfolge erzielt. Das DPIP – District Poverty Initiative Programme - stützte sich auf
örtliche Selbsthilfegruppen in den Dörfern. Jedes Mitglied verpflichtete sich, eine Rupie pro Tag
zu sparen. So entstanden Fonds, aus denen Klein-Kredite vergeben werden konnten.
Nachfolgeprojekte, auch auf andere Distrikte ausgedehnt, dienten dazu, den Armen den Weg zur
Selbsthilfe zu bahnen, statt sie – wie früher- karitativ zu versorgen. Man glaubte, dass
Nichtregierungsorganisationen, die auf der untersten Ebene ansetzen (grassroots), sich besser
um die Armen kümmern können. Doch auch diese Programme hatten sehr unterschiedliche
Erfolge.
Das neueste und ambitionierteste Programm beruht auf dem Gesetz zur Garantie ländlicher
Arbeit (National Rural Employment Act = NREGA). Sein Ideengeber war Jean Drèze, geboren
1959 in Belgien. Als einflussreicher Entwicklungsökonom nahm er die indische
Staatsbürgerschaft an. Zu seiner Arbeit in Indien gehören Themen wie Hunger, Hungersnot,
Ungleichheit der Geschlechter, Kindergesundheit und das NREGA.. Von diesem Gesetz hatte er
die erste Version entworfen. Derzeit ist Drèze Honorarprofessor an der Delhi School of
Economics und Gastprofessor an der Department of Economics, Allahabad University. Er war
Mitglied des National Advisory Council of India in erster und zweiter Amtszeit.)
Die Garantie des NREGA umfasst 100 Tage Arbeit für geringen Lohn. Aufgabe der Regierung
war es, für alle Bewerber Arbeit zu finden, zuerst nur in den 200 ärmsten Distrikten; die spätere
Ausweitung auf alle Distrikte Indiens ist geplant. Erfahrungen in Maharashtra zeigen, dass es als
Hilfsmaßnahme wirkt, aber noch nicht zur dauerhaften Beseitigung der Armut führt.
Erfolgversprechender scheinen regionale Projekte zu sein, die mit dem Engagement einzelner
Organisationen betrieben und durch internationale Gruppen unterstützt werden. Beispielhaft
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seien nachfolgende Einrichtungen genannt, deren Vertreter wir bei einem DIZ-Seminar in
Frankfurt (10.11.2012) persönlich kennenlernten. Sie sind die Projektpartner unseres
Kooperationspartners AWO.
Watershed Projekte
- AFARM
Action for the Agricultural Renewal in Maharashtra (AFARM). Sie wurde 1969 mit dem Ziel
gegründet, eine koordinierende Institution für die diversen NGO-Projekte zur Verbesserung der
Lebensbedingungen und der landwirtschaftlichen Produktion im ländlichen Maharashtra zu
schaffen. Gemeinsam mit AWO International setzt AFARM das Projekt „Mit nachhaltiger
Landwirtschaft gegen Bauernselbstmorde in Maharashtra“ um. Gründe: sehr hohe Verschuldung,
abnehmende Hilfe durch Regierung und Banken, starke Abhängigkeit von Düngemittelanbietern
und Geldleihern, nicht-kostendeckende Erlöse. Hauptziel des Projektes ist es, die Lebenssituation
von Kleinstbauern in 20 Dörfern in der Region Vidarbha durch die Förderung einer nachhaltigen
organischen Landwirtschaft zu verbessern.
Erfolge in Maharashtra:
- 286 Bauern-Interessen-Gruppen
- 223 Selbsthilfegruppen
- 111 Wasser-Nutzer-Gemeinschaften (mit der Schaffung baulicher Grundlagen für bessere
Ernten: „Soil and Water Conservation“)
- 46 Dorf-Entwicklungs-Gruppen
Eines der vorrangigen Ziele: das von Geldleihern unabhängige Dorf.
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Bamhani Watersearch
Watershed
- Madhyam Foundation
Die Madhyam Foundation wurde 2004 gegründet, um Selbsthilfegruppen und
Mikrofinanzinstitutionen in Orissa durch Trainings, Forschung, Hilfe bei der
Organisationsentwicklung und anderer Maßnahmen zu stärken. Gemeinsam mit AWO
International setzt die Madhyam Foundation in Orissa das Projekt ‚Gemüseanbau in
Frauenkooperativen’ um. Ziel des Projektes ist es, insgesamt 5.000 Frauen aus zahlreichen
Selbsthilfegruppen in den Distrikten Kalahandi, Khurdha und Malkangiri in selbstbewussten
Kooperativen zu organisieren, die erfolgreich Gemüseanbau betreiben und so nicht nur über
eine sichere Nahrungsquelle, sondern durch Verkauf und Vermarktung ihrer Produkte
auch über eine zusätzliche Einkommensquelle verfügen.
- MSS
MSS wurde 1988 von einer Gruppe von Entwicklungsaktivisten um Uma Shankar Tripathi
gegründet, einem Schullehrer und Anhänger des berühmten indischen Sozialarbeiters Baba
Amte. Gemeinsam
mit AWO International setzt MSS das Projekt ‚Verbesserung der Lebensbedingungen der
Musahar’ um. Ziel des Projektes ist es, einen Beitrag zur Verbesserung der Existenzgrundlagen
der Musahar, einer besonders benachteiligten Bevölkerungsgruppe Nordindiens, zu leisten und
sie durch den
Aufbau und die Förderung von Basisorganisationen auf Gemeindeebene, durch
Aufklärungskampagnen und die Lobbyarbeit gegenüber Regierungsbehörden zu befähigen,
ihnen zustehende Ansprüche auch einzufordern.
- NIWCYD
National Institute for Women, Child and Youth Development’ (NIWCYD). Die NRO NIWCYD
wurde 1982 von einer Gruppe engagierter Sozialaktivisten mit dem Ziel gegründet, sich für die
Entwicklung
marginalisierter Bevölkerungsgruppen in Indien einzusetzen. Im Vordergrund sollte dabei ein
Selbsthilfeansatz stehen. Gemeinsam mit AWO International setzt NIWCYD das Projekt
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‚Selbstbestimmte Entwicklung durch Dorffreiwillige’ um. Ziel des Projektes, das in 34 Dörfern der
Baiga und Madia – Stammesgruppen in Zentralindien - umgesetzt wird, ist es, den
Dorfbewohnern zu
einer selbstbestimmten Entwicklung und würdigen Lebensumständen zu verhelfen, ohne dabei
zu sehr in ihren Lebensalltag einzugreifen. Sie sollen ihre Entwicklung selbst in die Hand nehmen
und ihnen zustehende Ansprüche aus staatlichen Wohlfahrtsprogrammen und gesetzlich
garantierte Rechte einfordern.
Erfolge, angelehnt an das DPIP (s.o.) durch NIWCYD sind im Rahmen struktureller Entwicklungen:
- Getreide- und Samen-Banken werden in 34 Projekt-Dörfern eingerichtet
- Gramkosh (Bargeld-Fonds) – gespeist aus den gesparten Beiträgen der Bauern – stehen für
die Finanzbedürfnisse der Dorfbewohner bereit
- Dorf-Entwicklungs-Komitees fördern die Mit-Entscheidung der Bevölkerung auf Dorfebene
- Frauen legen in Selbsthilfegruppen gemeinsame Spar-Fonds an; sie werden damit
unabhängig von Geldleihern
- Zahlreiche Jugend- und Kulturgruppen sind entstanden.
Rolle der Bildung
Bildung ist der entscheidende Hebel zum selbständigen Erwirtschaften-Können des eigenen
Lebensunterhalts (Armutsüberwindung), für die Realisierung einer gesunden Lebensführung und
für nachhaltiges Gesundheitshandeln (vgl. unseren Flyer „Zukunft durch Bildung“ – Kindergärten,
Handwerkerausbildung, Schneider- und Nähunterricht).
Grundbildung bis zum 14. Lebensjahr gehört mittlerweile zu den sozialen Grundrechten in der
indischen Verfassung (Art. 45). Durch eine Reihe konkreter bildungspolitischer Maßnahmen
konnten insbesondere im Bereich der Primärbildung zuletzt einige Erfolge erzielt werden (UNDP
2010; UNICEF). So wurde die Analphabetenrate deutlich auf etwa 35 Prozent gesenkt und
konnten die Einschulungsraten im Bereich der Primär- und Sekundärbildung gesteigert werden
(Betz 2007).
Dennoch bleibt Indien das Land mit den meisten Analphabetinnen und Analphabeten weltweit
(Bertelsmann Stiftung 2009). Auch mit Blick auf die teilweise mangelhafte Ausbildung der
Lehrkräfte, einer zudem schwachen finanziellen und materiellen Ausstattung der Schulen, einem
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großen Defizit im Bereich der beruflichen Bildung sowie teilweise erheblichen regionalen wie
sozialen Ungleichheiten muss festgehalten werden, dass das staatliche Bildungssystem eine
vergleichsweise niedrige Qualität aufweist und den Erfordernissen einer wachsenden, jungen
Bevölkerung nur mit zusätzlichen Anstrengungen und Maßnahmen gerecht werden kann (AA
2011; Bertelsmann Stiftung 2009; Betz 2007).
Zusammenfassend lässt sich sagen: Die Überwindung von Armut und einer damit
verbundenen Verbesserung von Lebensaussichten, Lebensqualität und Gesundheit scheint erst
durch eine Kombination einer Vielzahl von Maßnahmen und Initiativen denkbar, etwa durch:
- ländliche und industrielle Entwicklung
- institutionelle Entwicklung,
- Bildung,
- Hilfe zur Selbsthilfe,
- Einkommen schaffende Maßnahmen,
- Lobbyarbeit für die Zielgruppen,
- Mikrokredite,
- soziale Mobilisierung
Unter sozialer Mobilisierung versteht man die Teilhabe auch der Armen an der politischen
Entscheidungsfindung auf Gemeindeebene, der Verbesserung ihres Zugangs zu sozialen
Dienstleistungen, der Gründung kleiner Selbsthilfegruppen, von Spar- und Kreditvereinen, von
Kooperativen und Bauernverbänden sowie größeren Netzwerken der ländlichen
Interessenvertretung und der Alphabetisierung aller Inder (siehe entwicklungspolitisches
Seminar im Anschluss an die Mitgliederversammlung der DIZ am 10.11.2012: „Strukturen
schaffen, um Armut zu bekämpfen: Soziale Mobilisierung auf dem Land in Indien und Nepal“).
Beispielhaft für die Förderung des Gesundheitsniveaus in Indien lässt sich Hoffnung aus dem
NIWCYD-Projekt (s.o.) schöpfen. Das Programm erreichte
- ein erhöhtes Gesundheitsbewusstsein
- Erreichbarkeit von ausgebildeten Gesundheits-Freiwilligen in den Dörfern
- Reduzierung der Kindersterblichkeit von 73 im Jahre 2008 auf 14 im Jahre 2011
- Abnahme der Geburten von 326 (2008) auf 46 bis Ende Juni 2011
- Funktionierender staatlicher Gesundheitsdienst
- Stärkeres Vertrauen in diesen Dienst und damit dessen verstärkte Annahme
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Die eingesetzten Methoden waren:
- Mobile Gesundheitsdienste
- Regelmäßige Gesundheitschecks
- Gesundheit als Thema von Treffen auf Dorfebene
- Ausbildung von Gesundheits-Freiwilligen für die Dörfer
- Zusammenarbeit mit den staatlichen Gesundheitsbehörden
Bei allen positiven Ansätzen bleibt beim Wissen um die gegenseitige Abhängigkeit von
Wohlstand und Gesundheit die Suche nach befriedigenden und präzisen Antworten zur Frage:
In welchem Zusammenhang stehen Bildungsgrad, finanzielle Situation, Zugehörigkeit zu
Religion, Ethnie, Sprache und Kaste mit der Gesundheit und Lebenserwartung des Einzelnen?
Berufliche Bildung im Ecumenical Sangam. Zu sehen ist der Handwerkslehrer
im Basiszentrum in Bamhani, Herr Rewade.
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Literatur und Links:
Drèze, J., „Empty Stomachs and the Union Budget“, in: The Hindu, 9. März 2007
Government of India /Ministry of Finance, „Economic Survey“, 2005-2006, S. 205
th
Government of India/Planning Commission, “Towards Faster and More Inclusive Growth. Approach to the 11 Five
Year Plan, New Delhi, 9. 12.2006, S. 75
Radhakrishna, R. und Ray, S. Hg., „Handbook of Poverty in India“, New Delhi 2006
Rothermund, Dietmar „Indien – Aufstieg einer asiatischen Weltmacht. Beck 2008
www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik
www.uni-muenster.de/PeaCon/stadt/indien/Indien.html
UNICEF, Progress for Children: A Report Card on Nutrition (No. 4), 2006
United Nations Development Program (UNDP): Human Development Report 2006, Statistics
United Nations (UN) Statistics Division, Millennium Indicators Database
Worldbank, Data & Statistics, India
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