PDF zum - Ökumenischer Arbeitskreis Enneagramm eV

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PDF zum - Ökumenischer Arbeitskreis Enneagramm eV
Nr. 30
November 2006
EnneaForum
Rundbrief des Ökumenischen Arbeitskreises Enneagramm e.V.
und
Heil Heilung
Thema: Ökumene
Liebe Leserinnen und Leser!
In diesem Herbst konnte ich mit meiner Familie
eine Woche in der Stadt Rom verbringen. Was mich
neben vielem anderen sehr beeindruckt hat, war die
Größe vieler Kirchen. Durch eine Kirche zu gehen,
die so groß war, dass unsere Lützschenaer Dorfkirche
problemlos noch mit hineingepasst hätte, hat mich
außerordentlich fasziniert.
„Du stellst meine Füße auf weiten Raum,“ eins
meiner Lieblingspsalmworte kam mir in den Sinn
und auch, wie vielfältig dieser Raum genutzt wurde.
In einer Seitenkapelle wurde die Eucharistie gefeiert,
in einer anderen gab es eine Ausstellung. In anderen wurde Musik gemacht, Bücher und Postkarten
verkauft, fotografiert oder Touristengruppen hindurch geführt. Es gab leise Gespräche und Menschen,
die ihre müden Füße ausruhten. Es gab Räume der
Andacht und der Anbetung, Räume, in denen die
Beichte gehört wurde und Räume, die zur Stille einluden. Räume zum Schauen, zum Hören und welche
zum einfach nur Dasein.
Dieses „Raum geben“ hat mich sehr beeindruckt.
Wie schön wäre es, wenn wir genau das in der Kirche
tun könnten: einander Raum geben. Beieinander
sein in dem großen Raum der Kirche und jedem die
Freiheit lassen, den Ort aufzusuchen, der zu ihm passt
ohne den Anspruch, dass nur das eigene das allein
Richtige ist. „Gottes Haus hat viele Wohnungen,“ wäre
das nicht ein schönes Wort, um den Gedanken von
Ökumene zu umschreiben?
Impressum Herausgeber : Ökumenischer Arbeitskreis Enneagramm e.V.
Vorsitzender : Pastor Rainer Fincke
Geschäftsstelle : Eveline Schmidt, Wehlstr. 23, 29221 Celle, Tel+Fax (0 51 41) 4 22 34, [email protected]
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Internet : www.enneagramm.eu
Redaktion : Heike Heinze, Am Graßdorfer Wäldchen 71, 04425 Taucha, Tel. (03 42 98) 1 43 59, [email protected]
Co-Redaktion & Layout : Michael Schlierbach, Tel. (0 80 35) 87 59 30, [email protected]
Titelbild: © Michael Schlierbach, weitere Bilder: Hans-Peter und Heike Heinze, S. 38 © M. Th. Schulz
Karikatur S. 7 Holger Forssman
Druck : Rapp-Druck, Flintsbach, Auflage : 700
Probeexemplare und Vertrieb über die Geschäftsstelle. Enneaforum erscheint halbjährlich (Mai/Nov). Beiträge und Termine bitte bis 1.3. bzw. 1.9. an die Redaktion.
Für dieses Heft haben sich einige Mitglieder
Gedanken zum Thema Ökumene gemacht und sie
aufgeschrieben. Auch diese Autoren haben ganz
unterschiedliche „Wohnungen“ im ÖAE und in der
Kirche, und sicher wird nicht jedem alles passen.
Wer seine Meinung zu dem Gelesenen kundtun
möchte, ist herzlich eingeladen, das in unserem
Internet-Forum www.enneagramm-deutschland.de zu
tun. Es wäre schön, wenn eine gute und konstruktive
Diskussion zu diesem Thema in Gang käme.
Herzliche Grüße
Vorstand des ÖAE e.V.
1. Vorsitzender Rainer Fincke,
Tel. (04 51) 30 42 92
[email protected]
2. Vorsitzende Doris Wetzig
Tel. (0 40) 71 40 05 85
[email protected]
Schatzmeister Werner Lambach
Tel. (0 56 61) 5 04 09
[email protected]
Schriftführer : Ludger Temme
Tel. (0 55 06) 76 44 62
[email protected]
Beisitzer Friedrich-Karl Völkner
Tel. (0 52 01) 30 87
[email protected]
EnneaForum 31
Mit Glauben und Wollen Berge versetzen
von Rainer Fincke, Vorsitzender des ÖAE
Liebe Leserinnen und Leser des EnneaForum,
wenn Ihr diese Zeilen lest steht der Evangelische Kirchentag
in Köln vor der Tür oder findet gerade statt.
Der ÖAE ist mit dabei. Lebendig und kräftig und schärfer
– so lautet das Motto des Kirchentages und unser Verein hat
sich in den letzten Jahren genau dieses Motto zu Herzen
genommen. Wir wollen eine lebendige Diskussion über die
Zukunft der Arbeit mit dem Enneagramm, wir wollen das
Profil unseres Vereins schärfen und kräftig vor allem in der
kirchlichen Öffentlichkeit auftreten.
Eine ganz wesentliche Frage lautet dabei: Was hilft uns
das Wissen um Persönlichkeitsstrukturen in sozialen, psychologischen und politischen Handlungsfeldern? Als die
Arbeit mit dem Enneagramm in Deutschland populär wurde,
haben wir uns im wesentlichen mit Fragen der individuellen
Persönlichkeitsentwicklung beschäftigt. Ich treffe immer
wieder Menschen, die mit dem Enneagramm vor Jahren
in Berührung kamen und wichtige Impulse für ihr Leben
bekamen. Sie haben das Enneagramm als ein Stück Alltagspsychologie erlebt – nicht streng wissenschaftlich begründet,
aber als Erfahrungstypologie hilfreich.
Inzwischen ist aber deutlich, dass eine wirkliche Heilung
unserer biographischen Verwundungen nicht rein individuell geschehen kann. Wir müssen vielmehr die sozialen
und politischen Dimensionen unseres Lebens erst nehmen.
Und so ist heute die Frage an alle, die mit dem Enneagramm arbeiten, zu stellen: Was leistest du mit deiner Arbeit
für eine gerechte und ökologische Entwicklung unseres
menschlichen Zusammenlebens? Wie können wir aus der
Erkenntnis über die Strukturen unserer Persönlichkeit Kraft
und Motivation finden, diese Gesellschaft menschlicher zu
gestalten?
Darum geht es z.B. bei unserer Podiumsdiskussion
während des Kirchentages am Freitag, dem 8.6., in der KarlRahner-Akademie in Köln zum Thema: „Mit Glauben und
Wollen Berge versetzen“.
Wir haben interessante Gäste gewonnen:
Richard Rohr und Jim Wallis aus den USA sind
zwei Ikonen der amerikanischen Friedensbewegung und Vertreter der neuen religiösen Linken
in den USA; Jim Wallis ist zudem spiritueller
Berater von Hillary Clinton.
Pfarrer Christian Führer aus Leipzig ist einer der Begründer
der Montagsdemonstrationen, die zum Zusammenbruch
der DDR einen wesentlichen Beitrag geleistet haben.
Cornelya Tenberken aus Bonn/Lhasa ist Geschäftsführerin
des Vereins „Braille ohne Grenzen“, die die Arbeit ihrer
blinden Tochter Sabriye Tenberken in Tibet unterstützt.
Sabriye hat mit ihrem Freund Paul in Lhasa eine Blindenschule und eine Schulungsfarm gegründet
Heidi von Wedemeyer ist Psychologin und hat unzählige
Seminare, Vorträge über das Enneagramm gegeben und
langjährige therapeutische Erfahrung.
Das sind alles Persönlichkeiten, die die Welt um sich herum
ein gutes Stück verwandelt haben und so zu Hoffnungszeichen wurden.
Ich denke, es wird uns bei dieser Veranstaltung etwas
deutlicher, welche Persönlichkeitsentwicklungen notwendig
sind, um das Reformpotential, das in jedem von uns steckt,
zu wecken. Der indische Gelehrte Sri Aurobindo, in seiner
Jugend ein radikaler Gegner des britischen Besatzungsregimes
in Indien, hat sich nach dem 1. Weltkrieg vom bewaffneten
Kampf distanziert und mit Yoga beschäftigt. Von ihm stammen hochinteressante Aussagen über die Vorraussetzungen
zur wirklichen Veränderung gesellschaftlicher Strukturen. Er
schrieb 1920 sinngemäß: Um Krieg und Gewalt, Rassismus
und Ausbeutung zu überwinden, reichen soziale und politische Reformen nicht aus. Erst wenn der Mensch ein höheres
Bewusstsein (super mind) erlangt, werden die Mächte des
Bösen zu besiegen sein.
Ich meine, dass da eine tiefe Wahrheit deutlich wird. Deshalb sollte bei der Arbeit mit dem Enneagramm immer auch
die Verantwortung deutlich werden für das soziale Umfeld, in
dem wir leben. Mit enneagrammatisch geschulten Politikern,
LehrerInnen, ManagerInnen oder auch Eltern könnte dann die
Welt wirklich ein Stück verwandelt werden …
Ich wünsche euch, liebe LeserInnen viele verwandelnde
Erfahrungen – vielleicht sehen wir uns ja auf dem Kirchentag?
Der ÖAE auf dem Kirchentag in Köln:
Do, 7.6.
bis Sa, 9.6. Der ÖAE hat einen Stand auf dem Markt der Möglichkeiten
Fr, 8.6.
9–17 Uhr
Ihr/Euer Rainer Fincke
Treffpunkt Enneagramm, Karl-Rahner-Akademie,
Jabachstraße 4–8, 50676 Köln, Tel. 0221-80 10 78 0
9.15 Uhr Bibelarbeit mit P Richard Rohr, OFM
11–14 Uhr Workshops zum Enneagramm, (Beginn halbstündlich)
15 Uhr
Mit Glauben und Wollen Berge versetzen.
Wie mit dem Wissen um die Strukturen der Persönlichkeit die
Reformation der Gesellschaft gefördert wird.
Mit Richard Rohr, Jim Wallis, Christian Führer, Cornelia Tenberken und Heidi v. Wedemeyer. Moderation: Rainer Fincke und
Sabine Neitzel, Übersetzung: Gerke Konka Unger
EnneaForum 31 Enneagramm und Heilung von Dietrich Koller
I. Ist das Enneagramm als Modell der Persönlichkeitsentwicklung auch ein Heilungsmodell?
Das Anliegen des Enneagramms ist es, einen Prozess zur
seelischen Heilung und geistlichen Reife in Gang zu setzen.
Gilt das aber auch für körperliche Leiden und Genesungen?
Wahrscheinlich nur in soweit, als bestimmte somatische
Krankheitssymptome eine psychische Grundlage haben und
falsche Lebenseinstellungen auch den Körper in Mitleidenschaft ziehen. Hier aber eine Typisierung heraus zu finden
oder hinein zu lesen, erscheint mir sehr spekulativ zu sein.
Dennoch: Im Laufe meines Lebens als Krankenhausseelsorger und gestaltpsychologisch orientierter Geistlicher
Begleiter habe ich oftmals empfunden: Diese Krankheit, jene
Todesart passt ziemlich genau zum Charakter und Lebensstil
des Betroffenen. Körpermenschen (ACHT, NEUN, EINS)
schienen mir demnach oft von dramatischen, besonders
aggressiven Krankheiten heimgesucht zu sein, auch von
plötzlichen Unfällen. Herzmenschen (ZWEI, DREI,VIER)
fallen häufig chronischen Herzleiden zum Opfer, etwa
Angina Pectoris, Herzkranzgefäß- und Blutkreislauf-Erkrankungen, die DREI besonders der Managerkrankeit Herzinfarkt. Kopfmenschen sind anfällig für Migräne, Augenleiden,
Gehirntumore. So schien es mir wenigstens. Aber was soll´s?
Ich gebe nicht viel drauf. Die Fälle sind viel zu atypisch, vielfältig und komplex, die Umweltfaktoren wohl gewichtiger
als die Innenfaktoren. Jedoch ist es gut, wenn jeder Mensch
ganz intim seine „Sollbruchstelle“ ahnt und sich in etwa
darauf einstellt.
II. Die christliche Religion ist eine Heilungsreligion.
Eine andere Frage ist: Gibt es wohl verschiedene Typen von
Heilern? Auch da ist schwer ein System herzustellen. Jedoch
verwendet Paulus in seinen Charismenlisten meistens den
doppelten Plural, wenn er vom Heilungscharisma spricht.
Er sagt etwa in 1.Kor. 12,9: Es gibt „Gaben von Heilungen
(charismata himaton)“. Eine nicht systematisierbare Vielzahl
von Heilungsarten und Heilungsbegabungen sehen wir ja
auch bei Jesus von Nazaret. Er ist immer spontan, immer
kreativ, immer situationsgemäß. Einmal benützt er Speichel,
oder rührt einen Erdbrei, ein andermal legt er die Hand auf
oder ergreift eine sterbende oder gestorbene Hand. Einmal
geschehen Fernheilungen ohne dass er seinen himmlischen
Vater anruft. Es genügt eine Fürbitte wie die vom Hauptmann in Kapernaum oder der syrophönizischen Frau, wo
die Patienten gar nicht anwesend sind. Einmal gibt er nur
einen Befehl: Los, steh
auf, nimm dein
Bettzeug
und mach dich nach Haus! So im Fall des seit
38 Jahren resignierten, von chronischem Selbstmitleid und Apathie befallenen Gelähmten an
der Heilquelle von Bethesda. Wieder ein andermal
(bei den zehn Leprakranken) sagt er nur: Zeigt euch
der Gesundheitsbehörde. Beim Taubstummen seufzt er ein
Hephata! Tu dich auf! Bei der blutflüssigen Frau geht nur eine
Kraft von den Quasten seines Gewandes aus. Niemals gibt er
sich als Heiler aus, es gehen nur Heilungsenergien von seinem
Wort und Wesen aus. Oft schreibt er die Heilung dem Patienten
selbst zu: Dein Glaube hat dich gesund gemacht. (Gehört der
Glaube zu unseren Selbstheilungskräften?) Bisweilen wird
jemand gesund auch ohne Glaube, wie bei den neun Aussätzigen, oder bei von Zweifeln durchmischter Fürbitte wie beim
Vater des epileptischen Knaben. Nur ein einziger Geheilter, der
blinde Bartimäus, (letzte Heilung vor der Passion!) tritt in die
Nachfolge ein (außer der von sieben Dämonien geheilten Maria
Magdalena). Wichtig scheint mir zu sein, dass Jesus auch nach
dem Geist einer Krankheit fragt. Auch wenn man nicht gleich
einen antiken Dämonenglauben hat, ist es wichtig, nach dem
verborgenen Geist bzw. Ungeist einer Krankheit zu fragen.
Denn spirituelle Krankheit und Verwirrung schädigt schließlich auch den Körper. Joh. Christoph Blumhardt d. Ä. hat das
am Krankenbett der Gottliebin Dittus massiv erfahren. (Übrigens ein ACHTER, der um die Machtfrage gegenüber Satan
wusste und deswegen immer den Bürgermeister mitnahm als
Symbol der irdischen Ordnungsmacht). Seinem Sohn Johann
Blumhardt d. J. war in Bad Boll ebenfalls eine reiche Heilungspraxis zuteil, aber eines Tages verzichtete er auf den Gebrauch
seines Heilungscharisma, weil die Leute bis von Ostpreußen
mit ihren Krampfadern kamen und gar
nicht mehr die Umkehr zum Eintritt ins
Reich Gottes suchten. Er trat vielmehr in
die damals atheistische Sozialdemokratie
ein, wurde Landtagsabgeordneter in Stuttgart, warnte vor der Wilhelminischen
Rüstungspolitik, die zu einem Weltkrieg
führen würde - und trat somit auf einem
ganz anderen Gebiet der Krankheit einer
dämonisierten Welt entgegen. Heute würde
er vielleicht energisch die riesige, profit-orientierte Pharma-Industrie diskreditieren,
aber auch die zwanghafte Geriatrie, die 80 %
der Gesundheitskosten verwendet, nur damit
die 85jährigen noch zehn Jahre länger (bei
rapide sinkender Lebensqualität) dahin leben
können.
III. Heilung ist ein ganzheitlicher Vorgang
Wir sehen, die vielfältigen Gaben
des Heilens sind
EnneaForum 31
mit natürlichen (schöpfungsgemäßen) Energien, andere mit
nicht systematisierbar, sie liegen unverfügbar
dämonischen Energien, wenige mit Energien des Spiritus
in der Freiheit und Treue der göttlichen Hände.
Sanctus.
So widerstehe ich dem Gedanken, mit Hilfe des
Das Kriterium ist nicht, ob es „hilft“ (auch der Teufel tut
Enneagramms neun verschiedene Heilungspraxen
seine Wunder), sondern ob der Heiler von der Macht des
zu konstruieren, um das Geheimnis von Krankheit und
Ego beherrscht ist, das Unterbewusstsein nervenschädigend
Genesung zu erklären.
anzapft oder einfach nur viel Geld für viel Gaukelei verlangt.
Wirkliche Heilung scheint sowieso nur da vorzuliegen,
wo es sich um einen ganzheitlichen, Leib, Seele und Geist
umfassenden Vorgang handelt. Schon Plato, der „Drei-ZenMeine eigene Geschichte mit dem Heilungscharisma begann vor
gut 30 Jahren, als nach einer ökumenisch-charismatischen Pfingsttren-Anthropologe“ (Soma, Psyche, Pneuma) hatte von
tagung, die ich mit einer Eucharistiefeier zu beenden hatte, drei
seinem Lehrer Sokrates erfahren, dass es in Kleinasien eine
schwedische Studenten der skandinavischen Pfingstbewegung
phrygische Priesterärztin gab, die z. B. zu einem an einer
nach dem Gottesdienst zu mir kamen und erklärten, sie hätten
Augenkrankheit leidenden Patienten sagte: „Ich kann deine
den Eindruck, ich hätte die Gabe der Krankenheilung. Ich war wie
Augen nur heilen, wenn du mir zuvor erlaubst, deinen Kopf
aus allen Wolken gefallen, erklärte, ich hätte schon dreimal als
zu untersuchen. Und dann: Ich kann deinen Kopf nur heilen, Gemeindepfarrer die Krankensalbung nach Jakobusbrief Kapitel 5
praktiziert, wie vorgeschrieben mit Öl, mit einem oder zwei Älteswenn du mir zuvor erlaubst, deinen ganzen Körper zu
ten des Kirchenvorstandes, mit Versöhnungsbeichte und Handaufuntersuchen. Und dann: ich kann deinen ganzen Körper nur
legung und natürlich mit der Vorbedingung, dass ich vom Patienten
heilen, wenn du mir zuvor erlaubst, deine Seele zu untersugerufen wurde. Alle drei Krebspatienten seien mir binnen kurzem
chen. Und die Seele wird nur geheilt durch das schöne und
weggestorben. Ich würde mich auf diesem Gebiet nicht mehr
vorwagen. Die Studenten beharrten auf ihrem Eindruck. So kniete
gute Wort!“ Offenbar ist es die Lichtenergie des göttlichen
ich nieder und sprach nur wie Maria zu Gabriel ein „Fiat! Möge
Logos, die alles ins Fließen bringt, was verstopft, blockiert,
mir geschehen, wie ihr gesagt habt.“ Aber auch weiterhin starben
verdickt, erstarrt ist - erst geistig, dann seelisch, dann körmeine Kranken, wenn auch getröstet und geistlich gesund. Erst
perlich.
viel später merkte ich, dass meine angebliche Heilungsgabe ganz
Der Logotherapeut Uwe Böschemeyer sagt präzisierend,
anders gemeint war: Ich wurde bei einem Institut für Gestalttherapie (IGW) in Gestaltseelsorge ausgebildet, die ich gut mit meinem
„heilen können nur solche Worte, die Ausdruck des Zusamtheologischen und geistlichen Anliegen verbinden konnte. Jetzt, als
menspiels von Erkenntnis und Gefühl sind.“
Ruheständler werde ich, solange mein Gehör noch funktioniert, heiHeute gibt es besonders in der esoterischen Szene (serilende Seelsorge und geistliche Begleitung in meinem Zimmer weiter
öser oder auch okkulter Art) viele Kurse zum Erlernen von
führen, egal, wer zu mir kommt, ob Christ, Jude, Türke oder Heide.
Homöopathie, Handauflegen, Ganzkörpermassagen. Es
Ich verstehe mich nicht als Therapeut, aber ich glaube, dass von
allen Christenmenschen ganz natürlich und wie selbstverständlich
gibt eine bunte Palette von Angeboten wie bioenergetische
heilende und befreiende Wirkungen ausgehen könnten. Hat doch
Meditation, Chakrenausgleichsverfahren, EnerJesus laut Matth. Kap. 10 sämtliche Jünger ausgesandt, anzusagen,
gieanatomie, Klangmassage, schamanische
dass die Heilszeit angebrochen ist. Als Zeichen dafür sollten sie
Heilzeremonien, Pranaheilen, Akuseinen Heilungs- und Befreiungsdienst weiterführen.
punktur, Alexandertechnik (Lösung
Durch das Enneagrammn aber habe ich noch folgendes dazu
von Muskel-, Nerven- und Gedangelernt: Vielleicht wäre meine Anwendung der Krankensalbung
nach Jakobus 5 erfolgreicher verlaufen, wenn ich als FÜNFER nicht
ken-Verspannung), Augentraining
nur eine von präziser Gedankenarbeit geleitete Praxis getätigt hätte,
(Eye-Code) usw. Viele arbeiten
sondern mir von meinem hilfreichen Ergänzungspunkt ACHT die
ergänzend zur Schulmedizin, vor
leidenschaftliche Power geholt hätte, die ein Martin Luther meinte,
allem an den entscheidenden
wenn er brieflich dem Pfarrer zu Belgern den Krankenheilungsritus
Übergängen von Psyche und
nach Jakobus 5 für einen physisch und psychisch schwer erkrankten Schmuckkästchenmacher empfiehlt und hinzufügt: „Dieses
Körper, wo das Immunsystem
wiederhole bis zu dreimal täglich.“ Luther, eine EINS, sah in der
erreicht und gestärkt werden
Krankheit einen „versuchlichen Angriff des Teufels, dem man durch
kann. Immer geht es um eine
Gebet des Glaubens in der Kraft Christi begegnen muss.“ Es geht
fließende Balance unsrer drei
also um einen herausfordernden Heilungskampf! So hat er ja seinen
Zentren, also um eine HarFreund Melanchthon „dem Tod aus dem Rachen gerissen“, als er
hörte, sein Philipp liege im Sterben. Er eilte ins Sterbezimmer, rief:
monie unsrer Gedanken„Philipp, wie hat dich der Satan zugerichtet!“, stopfte dem schon in
welt, Gefühlswelt und
Agonie Liegenden ein Stück SchwarzKörperwelt. Von den
brot in den Mund und holte ihn
sogenannten
mit starkem Gebet zurück ins
spirituellen
Leben. Das ist offenbar
die Heilungsart und
Geistheilern
Heilkraft von Körperagieren
menschen!
einige
EnneaForum 31 IV. Ein neunfacher Totentanz
Um nun aber doch noch einen Aspekt des Enneagramms
anzufügen, kam mir die Idee eines neunfachen Totentanzes.
Der mittelalterliche Totentanz war ja ein großer sozialkritischer Trost für die gesellschaftlich Benachteiligten. Der
Kaiser und der Papst, der Kaufmann und der Bauer, alle
werden sie vom großen Gleichmacher in den Reigen gerufen
und tanzend zur Grube gebracht. Mir jedoch geht es nicht
um den Tod als gerechten Sozialrevolutionär, sondern
um den spezifischen Tod als heilsamen Seelenarzt. Jede
Krankheit ist ja eine Vorbotin des Todes und enthält ein
Angebot, mein Ego zu entmachten, mein Leben zu ändern
und meine Seele zu reinigen. Übrigens habe ich mehrfach
bei Sterbenden erlebt, dass in den Tagen oder Wochen des
Sterbens das ganze „neurotische Kostüm“ als erstes abstarb
und das wahre Wesen eines Menschen erstmals sichtbar
wurde. So lasse ich neunmal den Tod als Seelenarzt auftreten. Vielleicht sind es neun verschiedene Tode, denen jedes
Der Tod als Seelenarzt – Ein neunfacher Totentanz
von Dietrich Koller
Der Tod und der Moralmensch
Der Tod und der Helfermensch
Halt ein, rechtschaff ’ner Zürner,
wach auf, du blinder Hüter des Gesetzes,
Besinn dich, eifriger Reformer!
Verstehst zwar viel von Richtig und von Falsch,
doch nichts von Wachstum und Vollendung
und nichts von Fehlerfreundlichkeit und von Verzeihung.
Der Mensch: Was soll das Lob, was soll der Tadel?
Betreibst du mein Geschäft an mir?
Der Tod: Ich fahre dir jetzt feurig ins Gebein und ins
Gedärm.
Der Mensch: Was soll die Drohung?
Dir fehlt es an Erbarmen und Humor.
Der Tod: Wie dir! Doch höre:
Ich bin gekommen, dich durchs Feuer des Gerichts zu
tragen,
zur Wandlung, Läuterung und Heilung deiner Seele.
Ich bin gekommen, dich zurecht zu schaffen.
Der Mensch: Was habe ich denn falsch gemacht?
Der Tod: Du warst korrekt.
Doch weil du selber dich gerecht gesprochen hast,
hast du noch nie getrunken aus der Quelle aller Gnaden.
Komm mit, ich nehme dich in meine Kur.
Dein Geist wird sanft und milde und geduldig.
Du wirst am Tor des Paradieses Gärtner sein.
Der Mensch:
Der Tod:
EnneaForum 31
Das kannst du doch nicht machen, grausam
liebeloser Tod!
Du kommst zu früh, ich werde noch gebraucht!
Der Tod: O nein, die Zeit ist da, und meine Zeit ist immer.
Ich bin gekommen, dich aus allen Netzen der Beziehungswelt zu lösen.
Für andre hast du gut gesorgt.
Dich selbst hast du missbraucht und hingeopfert.
Für welchen Lohn? Das Spiel ist jetzt zu Ende.
Der Mensch: Du stößt mich in die tiefste Einsamkeit.
Der Tod: Ich breche dir dein heimlich stolzes Herz
und bette es im Humusboden puren Seins.
Der Mensch: Schweren Herzens willige ich ein und spüre:
In der Tiefe hat mein Herz sich immer schon gesehnt,
aus der Betriebsamkeit der Menschendienerei
zum stillen Anschau’n Gottes zu gelangen.
Individuum bzw. jedes Ego in seinem Leben begegnen muss,
um ein ganzer und heiler Mensch zu werden und als solcher
zum Sterben bereit zu werden?
Würde man den Totentanz spielen, könnten Vertreter
der neun Energien sehr unterschiedliche Patienten und
sehr unterschiedliche „Gevatter“ Tod darstellen. Wollte
eine Gruppe tatsächlich Tanzschritte dazu gehen, so würde
ich vorschlagen, nicht in der Reihenfolge von Platz EINS
bis Platz NEUN im Kreis voran zu schreiten, sondern
nacheinander die drei Dreiecke zu benützen, das manifeste
Dreieck 3-6-9 am Schluss, die beiden im Stern verborgenen
sogenannten „latenten“ Dreiecke 2-5-8 und 4-7-1 zu Beginn.
Dadurch würde jeder Tänzer dreimal die drei Zentren Herz,
Kopf, Bauch, die jeder von uns in sich hat, durchspüren. Wir
würden unsere inneren Zentren als Angriffsziele der Krankheit und als Orte der Heilung empfinden können.
Der Tod und der Erfolgsmensch
Der Tod und der Spiegelmensch
Es war ein Rausch, ein Siegeszug zum Gipfel.
Hier oben stehst du plötzlich vor mir da
und greifst mir an das Herz.
Der Tod: Ich hab hier lang auf dich gewartet,
wie ein vergess´ner, aber treuer Herzensfreund.
Der Mensch: Du stürzt mich in die Tiefe!
Der Tod: Ich fang dich auf.
Der Mensch: Mein Herz steht still.
Der Tod: Nein, nur der ganze Selbstbetrug, der ist zerflattert.
Der Mensch: Was nun?
Der Tod: Vertraue mir!
So weit du draußen warst und droben,
so weit sollst du nach drinnen in die Tiefe kommen.
Dort schlägt dem Hoffenden bar jeder Illusionen
des Vaters aller Dinge großes Herz.
Der Mensch:
Der Mensch:
Geliebter, oft schon hab ich dich herbeigesehnt,
doch jetzt, wo du so beinhart hässlich und gemein
erscheinst,
wehrt sich mein Herz mit aller Kraft.
Der Tod: Im Spiegel deiner dunklen Seele
hast du mich allzu oft zu schön gesehn.
Jetzt kommt die Stunde der Ernüchterung.
Der Mensch: Du bist ein sehr gestrenger Herr.
Der Tod: Gib her die wunderbaren falschen Kleider,
leg ab dein schönstes Kleid, die samt´ne Haut.
Du hast dich selber nie darin gefunden.
Der Mensch: Gewiss, ein Leben lang hab ich nach mir gesucht,
mit andren Menschen mich verglichen.
Der Tod: Ich will in dir vereinen, was sich widerspricht,
ich will dir deinen Leichtsinn und deine Schwermut heilen,
so dass du leben kannst mit leichtem Mut und tiefem Sinn.
Der Mensch: Wie mag ein solches Wunderwerk an mir
geschehn?
Der Tod: Wir werden miteinander tanzen,
bis du allen Menschen gleich geworden bist
und ins Gleichgewicht des Seins gelangst,
bekleidet mit der nackten Schönheit höchster Nüchternheit.
EnneaForum 31 Der Tod und der Brillenmensch
Der Tod und der Gewissensmensch
Der Tod und der Lebem
Hast du mich gefunden hier in meiner gut versteckten Zelle!
Tritt ein, wenn du mir Weisheit bringst und
Wissen!
Der Tod: Ich trete ein in deine vollen Zellen des
Gehirns
und löse alles auf.
Du musst den Kopfschmerz still ertragen.
Der Mensch: So löst du auf
auch alle meine höchstens scheinbar gut gelösten Rätsel?
Der Tod: Ja, alle inneren Regale leeren sich dann
Buch um Buch.
Der Mensch: Ich fürchte furchtbar mich,
hinauszutreten vor die Augen aller Engel.
Wie kann ich mich in meiner Scham verbergen?
Der Tod: Komm mit, ich schließe deine Augenlider,
der Himmel draußen aber schenkt dir neues
Augenlicht
und heilt dir deinen Blick in jedem Augenblick
der Ewigkeit.
Dann hast du dir noch eine kleine Zeit gewonnen,
um sinnvoll einzugreifen in die Menschenwelt.
Der Tod:
Fürchte dich nicht! Ich komme nicht zu
strafen.
Der Mensch: Doch mein Gewissen schlägt mich
sehr.
Der Tod: Ich will mit dir das höchste Fest der
Freiheit feiern.
Der Mensch: Das bin ich nicht gewohnt.
Ich will in meiner Krankheit lieber ganz gehorsam sein.
Der Tod: Du sollst in deiner Todeskrankheit
die falsche Treue zur Gesetzlichkeit verlieren.
Los lassen allen Zwang von Sorgen und
Befürchtungen.
Der Mensch: Das kann ich nicht.
Der Tod: Sieh, deine Kind- und Kindeskinder, all
deine Freunde
steh´n um dein Krankenlager
und lernen von dir Gottesfurcht gepaart mit
Mut und Glaube.
Der Mensch:
Der Mensch:
EnneaForum 31
Muss das de
dass du mich ausgerec
Schon seit Kindertage
du warst unheimlich n
Ich hab das Füllhorn m
noch längst nicht bis z
Der Tod: Ich mein` es gut
therapieren.
Ich möchte dich von d
heilen,
damit du dich nicht la
und selbst zerstörst.
Der Mensch: Könnt’ ich im
als einen Freund begr
Der Tod: Wegraffen werd
Ich reduziere dich auf
und tanze mit dir in d
Der Mensch: Und das wär
Der Tod: Du selbst in dein
der ewig ist und unze
Der Mensch: So komm he
willkommen,
wenn meine höchste L
und mein tiefster Ern
sich bald in einem Ho
mensch
enn sein, Freund Hein,
chnet jetzt besuchst?
en hab ich dich gemieden,
nah. Bleib mir bitte fern.
meines Lebens
zur Neige ausgekostet.
t mit dir. Ich kann dich
deiner Sündenkrankheit
angsam selbst zerstreust
m Ernst auch dich, o Tod,
rüßen und genießen?
de ich das Viel zu Viele.
f Null,
das Ganze, Höchste, Eine.
re, mit Verlaub?
nem Seelengrund,
erstörbar, voll von Gott.
erein. Es ist mir sehr
Lebensfreude
nst
ochzeitsfest vermählen.
Der Tod und der Machtmensch
Der Tod und der Gutmensch
Komm her, mein Herr, mit deiner
Macht,
ich scheue keine Götter, keine Menschen,
keinen Tod..
Der Tod: Ich werde dich sogleich das Fürchten
lehren,
wenn ich dir an die Wampe greife.
Der Mensch: So protestiert doch mein Geschlecht
und mein Gemächt.
Der Tod: Ich ringe mit dir bis dir schwach und
schwindlig wird.
Der Mensch: Du bist brutal. Ich rufe Stop!
Der Tod: Erstmals im Leben bis du angezählt.
Der Mensch: Erstmals im Leben brauche ich
Erbarmen.
Der Tod: Jetzt bist du angewiesen auf die Hilfe
derer,
die du einst verachtest hast.
Wenn ich dir noch einmal das Leben schenke,
was schenkst du deinem Gott?
Der Mensch: Ich will die Großmacht des Erbarmens leben.
Der Tod:
Der Mensch:
Oftmals hab ich angeklopft, und sanft.
Du hast mich überhört.
Der Mensch: Ich habe tief geschlafen. Entschuldige!
Der Tod: Sanft und gelassen hast du mich hereingelassen.
Ich danke dir.
Der Mensch: Ich hab schon hin und wieder mal von dir
geträumt.
Doch jetzt bin ich ganz schön erschreckt.
Du bist so ungeheuer wirklich und real.
Lass mich in Frieden, ich bin doch nicht so wichtig.
Der Tod: Ich seh’ auf deiner Backe eine Träne. Was
bedeutet sie?
Der Mensch: Ich weiß nicht, wie mir ist. Alles ist verschwommen.
Der Tod: Die Zeit der Nebelschleier ist vorbei.
Der Mensch: Ja, jetzt, wo du so unausweichlich in
Erscheinung trittst,
muss ich doch sehr bereuen,
dass ich mein Lebtag lang hab schlecht geliebt und
viel versäumt.
Ich hab´s zwar immer gut gemeint.
Doch leider ist es jetzt zu spät.
Der Tod: Jetzt oder nie! Entscheide dich! Sofort! Was
ist dein Wille?
Der Mensch: Ach schenk mir bitte noch ein wenig Zeit,
mich zu bedenken.
Der Tod: Die Zeit des Zögerns ist vorbei.
Der Mensch: Dann schenk mir bitte noch ein wenig
Zeit,
mich aufzuraffen und mich einzubringen mit
höh´rem Mut
in die Mitte meiner Welt.
Der Tod: Du sollst haben alle Zeit und alle Friedensschlüssel
für die Welt, die dich noch dringend braucht.
Auf Wiedersehn!
EnneaForum 31 Mein Weg zur JHV in Eisenach
von Michael Weber
Ein Zug, den es nicht gab – mein Startpunkt zur JHV. Im Januar befinde ich mich in einem völlig überfüllten
Ersatzzug von Köln nach Hamburg, Platzreservierungen
gelten nicht mehr. Ich bin mit viel Gepäck unterwegs und
eine deutlich ältere Dame besteht darauf, mir ihren Platz
anzubieten. Trotz meines Protestes verschwindet sie und
ihr Gegenüber kommentiert das Geschehen mit „typischer
Helfertyp“. Meine spontane Frage „Kennen sie das Enneagramm?“ beantwortet er mit einem verblüfften „Sie auch?“
und dem Hinweis auf seine Frau, die eine zertifizierte Enneagramm-Trainerin sei.
In den folgenden, sehr anregenden 2 ½ Stunden
erwähnte er auch die JHV im März. Er selbst wolle ja nur als
Begleitung mitfahren und eher Eisenach und die Wartburg
erforschen. Da in meinem Leben einige wichtige Weichenstellungen durch Zufälle bedingt waren, nahm ich – seit
einem Jahr rein passives ÖAE-Mitglied – dies als Zeichen,
nun mal Ernst zu machen. Schnell noch die Ehefrau überredet, die Schwiegermutter zum Wochenend-Kinderhüten
engagiert und alles war klar.
Die Anreise
JHV 00
… war eher traurig. Seit drei Jahren Wochenendehe, da ich
in Köln arbeite und die Familie in Hamburg lebt, nun die
Gelegenheit, mit meiner Frau ein schönes Wochenende zu
verleben – und sie liegt Freitag morgen mit über 39° Fieber
flach! Da die Schwiegermutter alles im Griff hatte, bin ich
trotzdem nach Eisenach gefahren.
Das verblüffte Gesicht meines Zugnachbarn hat dann
beim Abendessen für vieles entschädigt und mit ihm und
seiner reizenden Frau habe ich mich hervorragend verstanden.
10 EnneaForum 31
Kleine Anekdote am Rande: mein Zugnachbar hat wohl die
Wartburg, nicht aber so viel von Eisenach mitbekommen. Er
war, genau wie ich, doch sehr von der Ernsthaftigkeit und
dem hohen Diskussionsniveau, so wie dem angenehmen
Miteinander, gerade auch bei kontroversen Themen, angetan
und blieb daher bei allen Veranstaltungen präsent.
Die abendliche Podiumsdiskussion…
wies den Weg für die folgenden Tage: „Heilung und Enneagramm“ wurde aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet.
Angenehm zurückhaltend und souverän leitete der durch
eine starke Erkältung gebeutelte Rainer Fincke die Diskussion.
Arno Kohlhoff, Dipl.-Psychologe aus Amberg und
Enneagrammlehrer, stieg gleich in das Thema ein mit
einer Beschreibung der neun Enneagrammtypen und ihrer
Defizite. Das Enneagramm benenne zwar ein spirituelles
Entwicklungsziel, verspräche Heilung, bleibe aber dürftig
beim Aufzeigen des Weges von A nach B. So spräche Helen
Palmer vom „Richten der Aufmerksamkeit“, Rohr/Ebert
betonen die „Entwicklungsstufen“ und Neidhard fokussiere
auf die „Beziehungsentwicklung“.
Sr. Anneliese Heine erläuterte den Begriff der Heilung im
spirituellen Sinne: Wieder die Begegnung mit dem Überweltlichen in uns finden, weg vom Ego – hin zum wahren
Wesen, dem „inneren Christus“. Auf die Frage, wie der
Mensch diese Heilung erlebe, antwortete sie damit, dass der
Mensch Bürger zweier Welten sei, der irdisch-erdigen und
der transzendenten, dem „Ursprung“. Um diesen Ursprung
zu erleben, sei ein anderes Bewusstsein nötig. Wege dorthin
können sein ein kontinuierliches, inneres Arbeiten an sich
selbst, die Ego-Verleugnung, Kontemplation und das Üben
von Achtsamkeit. Das Ziel der Heilung zu erreichen, sei
aber ein Geschenk. Abschließend verwies Sr. Heine auf die
Droschkenparabel von Gurdjeff, in der sich der Mensch als
Ganzes und als Teil eines Ganzen erfahre. Isoliert gibt es
keine Heilung!
Die nächste Diskussionsteilnehmerin, Dr. Anne Schattenfroh vom HEILHAUS in Kassel, sprach das
Bewusstsein von der Spaltung des Menschen in der
heutigen (westlichen) Welt an. Auch sie betonte
die Heilwerdung des Individuums im universellen
Kontext (göttlich-ganzheitlich), wenn es sich mit
allem verbindet.
Sehr bewegt hat mich hierbei der Hinweis einer
langjährigen JHV-Teilnehmerin, die ein langjähriges körperliches Martyrium hinter sich hat, dass
ein gesunder Mensch „nicht-heil“ sein kann, ein
Kranker hingegen - entgegen allem Anschein und
selbst in aussichtsloser Lage - ein durchaus „heiler
Mensch“ sein, bzw. werden kann.
Die Schlüsselfrage nach dem Sinn erschließt
sich dem Menschen nur aus religiösen/spirituellen
Zusammenhängen. Dies bedingt Ehrlichkeit zu sich
selbst. Weitere Aussagen: Die Vereinigung des Geistes mit dem Menschen läuft über den Körper, der
Mensch ist ein Energiewesen. Heilung sei die Suche
nach dem Wesenskern, wer wir wirklich sind.
Die vierte Teilnehmerin der Podiumsdiskussion,
Dr. Susanne Marx, outete sich als „kopfgesteuerte Fünferin“ und betonte die praktische, konkret-erfahrbare Seite
von Heilung durch das Enneagramm und EFT (Emotional
Freedom Technique). Ebenso wie die anderen Debattenredner wies sie darauf hin, dass wir ein Selbst hinter
unseren Persönlichkeitsstrukturen, unseren reflexartigen
Einstellungen und Verhaltensweisen hätten. Heilung wäre
eine Rückverbindung zu dieser Quelle. Startpunkt sei
eine Einstellungsveränderung, insbesondere gegen die je
nach Enneagrammtyp unterschiedlichen Schmerzpunkte.
Erkenntnis sei ein weiterer wichtiger Teil von Heilung,
aber das Weggehen von (körperlichem und seelischem)
Schmerz gehöre dazu. Hier verwies sie auf EFT, eine
Klopftechnik, die die aus der Akupunktur/-pressur
bekannten Meridiane behandelt, wobei das Enneagramm
als Landkarte zur Orientierung beschrieben wurde und
EFT als Auto, um zum Ziel zu gelangen.
Abschließend gab Rainer Fincke den Podiumsteilnehmern die Frage auf, inwieweit Heilung überhaupt „machbar“ sei. Die schönste Antwort gab hier für mich Sr.
Anneliese Heine: Sie provozierte mit der These „Heilung
ist nicht machbar“, löste diese aber auf durch den Hinweis,
dass wir nur Räume eröffnen können, sie freimachen, um
Gott eintreten zu lassen. Also: Heilung ist machbar, aber
nicht durch „machen“.
Der anschließende „Neulings-Empfang und der fröhliche Umtrunk danach...
waren eine gute Sache, denn man war gleich mitten drin.
Ich kam gut in Kontakt und möchte dennoch an dieser
Stelle nicht viel erzählen. Mir ist nur klar geworden, wie
viele Wege es zum Enneagramm gibt. Die meisten Teilnehmer sind scheinbar über einen persönlichen Schmerz
hierzu gekommen. Für mich als Siebener nicht ganz
einfach zuzugeben, aber bei mir war es ebenso.
So waren schon die Anreise und der erste Tag ein
Gewinn für mich und ich freute mich auf den Rest der
Tagung – über die nun jemand anders erzählen mag.
Bericht über die Jahrestagung in Eisenach
von Peter Pfandt
Vom 2. bis 4. März 2007 habe ich in Eisenach zum erstenmal
an einer Jahrestagung des ÖAE teilgenommen. Mit Aussicht
auf die etwa 1 km entfernte Wartburg waren die Teilnehmer im
Haus Hainstein ruhig und komfortabel untergebracht. Die in
größerer Zahl vorhandenen Tagungsräume boten den Teilnehmern der Workshops der jeweiligen Größe der Gruppe entsprechend einen angemessenen Rahmen. Für mein Gefühl förderte
die vor bald 120 Jahren als Kuranstalt und Pension erbaute
Tagungsstätte als äußere Form die inhaltliche Beschäftigung mit
dem diesjährigen Thema „Heilung“.
2005 war ich dem Verein während einer Veranstaltung im
Schloß Craheim mit Richard Rohr beigetreten. Auf das Thema
Enneagramm war ich zuvor über das Lesen von Büchern
von Richard Rohr gestoßen, der mir einen neuen Zugang
zur christlichen Spiritualität verschafft hat. Mich interessiert
insbesondere auch seine Arbeit mit Männern und so stand das
Thema Enneagramm bei mir bisher etwas stiefmütterlich im
Hintergrund. Die Tagung hat mir gezeigt, dass eine intensivere
Auseinandersetzung mit den vorgefundenen Persönlichkeitsmustern für die Bereitschaft zur Öffnung auf Tiefe hin fruchtbar gemacht werden kann.
Für einen mit dem Thema Enneagramm nur oberflächlich
bekannten Menschen machten allein schon die Gespräche
bei Tisch neugierig auf „mehr“. Mir begegneten Frauen und
Männer, die bereits durch die Art des Umgangs miteinander
erkennen lassen, dass sie um eigene Muster und Verletzlichkeiten wissen und daher den anderen so anzunehmen versuchen wie sich selbst. Eine gewisse Gelassenheit legt sich auf die
Gesprächsführung, niemand scheint etwas beweisen oder argumentativ durchexerzieren zu müssen. Ich bekam Diskussionen
über Typenfragen mit, aus denen persönliche Betroffenheit
deutlich wurde und mir zeigte, dass ein Austausch über eigene
Fixierungen demütig machen und gleichzeitig Energie zur
Weiterentwicklung freisetzen kann. Da scheint mir die (wegen
Wolken nicht zu sehende) Mondfinsternis Samstagnacht ein
gutes Sinnbild zu bieten: Es gibt Wirkkräfte im menschlichen
Leben, die oft im Kernschatten unserer auf die Oberfläche konzentrieren Aufmerksamkeit liegen, aber auf alles ihren Einfluss
nehmen. Erst wenn wir genauer hinschauen, tritt langsam die
Gestalt einer inneren Dynamik aus dem Dunkel. Und wenn wir
deren Zyklen und Strukturen länger wahrnehmen, bekommen
sie für uns eine Bedeutung, können den Weg erhellen und weisen gleichzeitig über sich selbst hinaus auf ein zentrales Licht,
um das alles kreist.
Vielleicht schält sich für den einen oder anderen schon
heraus, dass hier eine Sieben schreibt. Zwei andere traf ich in
einer „Typenrunde“ genannten Zusammenkunft von Leuten
derselben Enneagrammzahl. Mein erster Gedanke war: „Die“
(eine Frau und ein Mann) sehen so anders aus und sollen vom
gleichen Typus sein? Aber sobald sie von sich zu erzählen anfingen, musste ich unwillkürlich lächeln. Alles klar, die scheinen in
vieler Hinsicht so zu ticken wie ich, wenn auch in einem ganz
anderen Leben. Interessieren würde mich noch der Unterschied
JHV 00
EnneaForum 31 11
in den Typen, wenn man ihre Ausprägungen geschlechtsspezifisch untersucht. Diese Differenzierung könnte vermutlich
die Arbeit damit für die/den einzelne/n Frau/Mann noch
wirksamer machen.
Samstagvormittag konnte man entweder Bibliodrama
oder nacheinander zwei von insgesamt vier Workshops
besuchen, deren Leiter sich am Vorabend mit Statements
zu ihren Auffassungen von Heilung und Heilsein vorgestellt
hatten. Auch wenn ein Workshop nur 90 Minuten läuft, kann
man Einblick in neue Zusammenhänge gewinnen und etwas
mitnehmen. Wie Typisierung in (psycho)therapeutischen
Strategien sinnvoll verwendet werden kann, lernte ich im 1.
Workshop. Ausgehend von der persönlichen Fragestellung,
was mich in meiner Entwicklung blockieren und was mir bei
der Überwindung von Blockaden helfen kann, wurde deutlich gemacht, dass typgerechte Ziele für gewünschte Veränderungen entscheidende Voraussetzungen für deren Gelingen
sind. Am wirksamsten sind therapeutische Strategien, wenn
sie den Typen „gegen den Strich bürsten“, also Verhalten
abverlangen, das seinen Gewohnheiten genau entgegengesetzt ist, dabei aber das typgerechte Ziel - auf eine höhere
Ebene versetzt - beibehalten. Mein 2. Workshop vermittelte
mir etwas über den „Weg des Heils“ wie er im Kasseler
Heilhaus gelehrt wird. Zunächst wurde anhand von Skizzen
die Auffassung von der Situation des Menschen in der Welt
erläutert. Die Überwindung des Leidens als Gespaltensein
einer ursprünglichen Einheit wird durch den Weg des Heils,
der der Weg des Kreuzes ist, beschritten. Entscheidendes
Medium dieses Weges ist der Körper. Durch Integration
östlichen Wissens über sieben Energiezentren (Chakren) im
Körper wurde eine Abfolge von Gebärden als „Körpergebet“
entwickelt. Die gemeinsame Übung dieses Gebetes machte
schließlich in seiner Kombination von auf die Chakren bezogenen Gebärden und gesprochenen kurzen Imaginationen
die daraus erfolgende Öffnung zum Empfang der Gnade
leibhaftig erfahrbar.
Der Aufforderung von Seiten des Vorstandes zu mehr
Engagement für die Zeitschrift und die Internetseiten entnahm ich, dass auch in diesem Verein ein gewisser Widerstand zur (virtuellen) Mitarbeit zu überwinden ist. Es macht
immer noch einen Unterschied, von sich selber im persönlichen Gespräch zu erzählen oder sich schriftlich mitzuteilen.
JHV 00
1 EnneaForum 31
Vielleicht ist das auch der Grund, weshalb das „Enneaforum“, die
Zeitschrift des Vereins, noch nicht so viele Beiträge von Mitgliedern enthält, die nicht „professionell“ im Schreiben bereits geübt
sind. Meines Erachtens sollten schriftliche Beiträge stärker als
„Übung auf dem Weg“ mit positiver Auswirkung auf die Arbeit
mit dem eigenen Typus herausgestellt werden. Der gewünschte
Aufbau einer Online-Gemeinschaft, die sich über das Medium
Internet miteinander austauscht, ist meiner Erfahrung nach ohne
unterstützende Moderation erst gar nicht möglich. Die Gemeinschaften, die ich aus meinem Arbeitsumfeld kenne, haben eher
technische Themen zum Gegenstand. Darüber lässt sich wohl
auch leichter schreiben und diskutieren. Je näher wir unserer
„inneren“ Erlebniswelt kommen, um so schwieriger wird der
rechte Ausdruck und um so leichter ist die Neigung zum Missverständnis. Seminare oder auch diese Tagung zeigen, dass nur
der Mensch als Ganzes mit seiner Mimik und Körpersprache für
wesentliche Entwicklungsziele fruchtbar gemacht werden kann.
Trotzdem gibt es einen Bereich des Austausches von Wissen, der
gut über Onlinemedien entwickelt werden kann.
Der Samstagabend stieß durch seine harmonische Kombination von spirituellen Texten, die sich in den Bildern einer
Gartenliebhaberin ausdrückten und dazu passenden Liedern mit
Gitarrenbegleitung auf begeisterte Resonanz. Die Thomasmesse
am Sonntag fand in der zum Hotelkomplex gehörenden Kapelle
statt, deren Glasfenster mit den im Jugendstil gestalteten Figuren
im Sonnenlicht erstrahlten. Der schön gestaltete, kleine Raum
verdichtete in gewisser Weise das Gefühl der Zusammengehörigkeit der anwesenden Menschen. Der offene Teil der Messe
ließ Platz für individuelle Entdeckungen. Die umgebende Natur
wurde durch die Umwandlung des Minirosengartens hinter der
Kapelle einbezogen. Auf den Bäumen des abfallenden Waldes
turnte ein Eichhörnchen und in der nahen Ferne thronte die
Wartburg. Diese Umgebung blieb nicht ohne Auswirkung auf
den Abschlusssegen. Der die katholische Liturgie zitierende
Zelebrierende fügte nach Erwähnung von Maria noch schnell
„und Martin Luther“ ein, was die Heiterkeit aller erregte und
nochmals die ökumenische Grundausrichtung des Ganzen
offenbarte.
Durch die vielfältigen Anregungen energetisch aufgeladen,
fuhr ich wieder nach Hause. Ich würde es gern anderen Menschen auch gönnen, sich in dieser Weise aufbauen zu lassen. Man
muss nur hinfahren und mitmachen.
Bibliodrama: Die Pharisäerin
von Ingrid Dickenscheid
Die Geschichte vom Gelähmten am Teich Betesda hat mich
nie angesprochen. Die Gesamtsituation schien so schlecht
organisiert, dass ich es kaum aushielt. Ich anstelle einer der
Kranken hätte mir was einfallen lassen! Ich hätte doch nicht
38 Jahre dort gelegen!
Glücklicherweise ergab sich bereits zu Beginn des Workshops die Möglichkeit, alle Fragen und Bedenken auszusprechen. Ich konnte dadurch meine innere Abwehr lösen, war
bereiter, mich einzulassen.
Der Satz, der mich am meisten ansprach, war „Und es
war Sabbat. Und die Pharisäer sprachen zu dem Geheilten:
‚Es ist Sabbat und du darfst dein Bett nicht tragen.’“ Ich
fand diese Bemerkung völlig bescheuert und gleichzeitig in
ihrer Klarheit faszinierend. Bereits in einer kleinen Spielsequenzen zu Beginn genoss ich die Pharisäerrolle: Ich wusste,
wo es lang geht. Ich war auf der richtigen Seite. Ich hatte
Recht. Und ich war dadurch sehr mächtig – so lange ich
nicht alleine war.
Eine weitere Spielmöglichkeit nahm ich erst wahr, als ich
die Struktur des Morgens zu verstehen glaubte. Ich stellte
einen Baum dar: ruhig, kein Gefühl, viel Erfahrung, Überblick.
Und im abschließenden Spiel wollte ich dann natürlich
die Pharisäerin spielen.
Diese Rolle wage ich im Leben bisher beruflich und privat nur sehr selten. Aber sie ist in mir. Ich traue mich meist
nicht, zu ihr zu stehen, halte mich eher im Hintergrund,
äußere mich nur vage. Meine Ängste sind: Halten meine
Argumente stand? Bekomme ich Unterstützung oder stehe
ich alleine da? Werde ich womöglich abgelehnt? Wie komme
ich mit aufwallenden Gefühlen klar?
Das Rollenspiel eröffnete mir die Möglichkeit einer
Überprüfung, was passiert, wenn ich „so bin“: Ich kostete
das Machtgefühl aus, ich spürte eine gewisse Einfachheit
des Lebens, ich machte große Gesten. Alles war in Ordnung,
ich hatte die Dinge im Griff. Ich wusste, wo es lang geht. Ich
hatte meine Gesetze und wusste genau, was richtig und was
falsch ist.
Allerdings spürte ich auch sehr stark meine Verletzlichkeit.
Ich war voll und ganz darauf angewiesen, dass ich Verbündete
hatte und mein Gegenüber meine Rolle akzeptiert. Sobald dies
nicht mehr gewährleistet wäre, bräche für mich mein Boden
weg.
Die Worte der geheilten Frau bedeuteten für mich Gefahr, sie
durften mich nicht erreichen. Freude und Glück über die wundersame Heilung standen in meinem sicheren Einser-System
unter Recht und Gesetz.
Als Jesus mich berührte, kam ich mit einer neuen Wahrheit
in Kontakt. Ich spürte Wärme, Schutz und eine andere Form
von Sicherheit. Sie ging viel tiefer. Ich ahnte, dass es auch andere
Wahrheiten jenseits meines Regelwerkes gibt, ich erkannte darin
auch Chancen für mich.
Meine Entscheidung, auf der Seite von Recht und Gesetz
stehen zu wollen, kam ins Wanken. Es war gut, dass das Bibliodrama vorzeitig endete, denn dadurch blieb mir Zeit zum
Denken und Fühlen.
Im wirklichen Leben bedeutet diese Erfahrung für mich als
Eins, dass ich meinen sicheren Boden aufgebe, nicht mehr kontrolliere, dass sich mein Blick weitet und ich die Erlaubnis habe,
selbst neue Wege gehen zu dürfen.
In anderen Bereichen meines Lebens ist ein klares und
sicheres Auftreten nach außen absolut notwendig, um meine
Aufgaben gut zu erfüllen und um handlungsfähig zu sein und
zu bleiben. Dort werden klare Entscheidungen von mir erwartet.
Allerdings dürfen sie nichts mit Gesetzlichkeit zu tun haben.
Ich als Eins auf dem Weg möchte beide Rollen einnehmen
können, je nachdem, wo sie angebracht sind.
Zur Frage, was Heilung für mich bedeutet: Wenn ich
Erfahrungen, wie ich sie im oben beschriebenen Bibliodrama
gemacht habe, in mein Leben integrieren und sie in meinen
Lebensalltag übertragen kann und mich besser fühle, besser
zurecht komme, dann fühle ich mich auch ein wenig geheilt. JHV 00
EnneaForum 31 1
Workshop Bibliodrama
von Joachim Lange
Was bewegte mich, an dem Bibliodrama teilzunehmen?
Ich hatte schon einmal an einem Bibliodramawochenende
teilgenommen. Dort konnte ich mich ganz einbringen, mit
meinem Körper und Gefühlen und mich selbst erkennen,
angeregt durch Text, Gruppe und Leitung. Trotzdem ich
eine Sechs mit einem Fünferflügel bin, konnte ich mich
nicht zurückhalten, in der Ecke sitzen bleiben, schmollen.
So ließ mich auch zur JHV anregen durch den biblischen
Text Joh. 5, 1 – 15 und die Teilnehmer.
Wir gerieten schnell in Bewegung. „Achtunddreißig
Jahre krank“, wie drückt man das aus, wie legt man sich auf
den Boden? Dabei konnte ich meine Stimme einsetzen, z.
B. durch lautes Stöhnen. Jeder von uns in der Gruppe war
jetzt an der Stelle angelangt „was spricht mich an?“ Das
war natürlich sehr unterschiedlich. Wie nun trotzdem sich
und den anderen wahrnehmen, welche Beziehung, welche
Distanz und Solidarität erfährt sich dabei. Das war sehr
spannend. Mehrfach erreicht ich das gesund machende
Wasser nicht. Blieb ängstlich hoffend, wartend, deprimiert
zurück. Bis Jesus kam, sich zu uns setzte. Ohne ein Wort
zu sagen, mit einer Ruhe, die von ihm/ihr ausging, fasste er
eine Kranke am Arm und half ihr aufzustehen. Jetzt wurde
ich auch aktiv, kniete mich hin und wollte, dass auch mir
geholfen wurde.
Ich war aber auch Welle und Wasser, das vom Engel
bewegt wurde. Dann traute ich mich, Jesus zu sein, der in
den Augen und Körpern die Hilflosigkeit und Angst und
Hoffnung sah. Ich fühlte mich herausgefordert, hockte
mich hin, sah in die Augen, fasste die Hand und den Arm
eines Kranken. Sah dann doch in den Augen einer anderen
JHV 00
1 EnneaForum 31
Kranken die Verzweiflung. Bei ihr musste ich meine gesamten physischen und psychischen Kräfte aufwenden, um sie
aufzurichten. Zugleich fassten mich die anderen Kranken an
Füßen und Beinen, hielten mich fest, versuchten sich an mir
aufzurichten. Hierzu reichte meine Kraft nicht. Auch war
mir hinterher bewusst, dass ich als Sechs mich vereinnahmt
gefühlt hatte. Ich musste abbrechen. So habe ich mich auch
in diesem Bibliodrama selbst eingebracht, wieder erkannt
und neu erkannt.
Wie eine Fünf sich durch ihr reflexartiges Rückzugs-Muster der Teilnahme am Leben entzieht:
Eigentlich „dachte“ ich, ich sei schon ziemlich erlöst von
meinem typischen Musterverhalten. Als ich daher beim
Abendessen jemanden sagen hörte, er freue sich jedes Jahr
schon immer auf das anschließende gesellige Zusammensein,
nahm ich mir vor, hinzugehen. Als es so weit war, ging ich,
machte die Tür auf, sah die vielen Leute lachen und reden und
- schwupps zog ich die Tür leise wieder zu, verzog mich ins Bett
mit einem guten Buch. In der Nacht konnte ich nicht schlafen,
mir wurde bewusst, dass ich nach der Tagung noch oft genug
abends lesen konnte, aber nicht Leute kennen lernen, mit
ihnen fröhlich sein.
Dies durfte ich dann am zweiten Abend noch und danke
den Fünfern, die mir, als ich etwas zögernd bei der Tür stand,
zuriefen: „Komm zu uns, wir rutschen zusammen.“
Ruth Niederbäumer
Enneagramm und Heilung im spirituellen Sinn
von Sr. Anneliese Heine
1. Was ist mit Heilung im spirituellen Sinn gemeint?
Heilung im spirituellen Sinn bedeutet, dass der in seinem alltäglichen Welt-Ich aufgehende Mensch wieder zur
Begegnung mit seinem überweltlichen Wesen findet. Unter
„Wesen“ versteht Graf Dürckheim „die individuelle Weise,
in der das überweltliche göttliche Sein in jedem von uns
anwesend ist und nach Offenbarwerden in unserem weltlichen Dasein, in unserem persönlichen Erleben, Erkennen,
Gestalten und Liebe in die Welt drängt.“
Um diese Art Heilung geht es letztendlich jeder Religion;
sie bietet u.a. Hilfe, Begleitung und Unterstützung in dem
mitunter mühevollen Prozess – weg vom Ego bzw. vom
egozentrischen Teil des Ego, hin zum wahren Wesen, jener
Verfasstheit des Menschen, welche die christlichen Mystiker
die „Christusgeburt im Menschen“ nennen, (oder: „Vereinigung mit Gott“, „Erlangen des Christus-Bewusstseins“), dem
letzten Ziel unserer Entwicklung als Mensch aus christlicher
Sicht.
Die Heil-losigkeit, um die es hier geht, ist die Grundsituation des Menschen: heil-los, weil in seinem Ego gefangen,
verstrickt in das je spezifische, vom Ego errichtete Verteidigungssystem, um sich selbst kreisend, getrennt vom wahren
Wesen. Hinzu kommt, dass wir diesen Zustand über weite
Strecken gar nicht als Mangel bzw. Unheil empfinden, weil
das Bewusstsein dafür noch nicht erwacht ist. Vielmehr versuchen wir, die „Begleiterscheinungen“ auf anderen Seinsebenen zu heilen (z.B. der physischen oder der psychischen)
Im christlichen Sinn - und nur auf diesem Hintergrund
kann ich sprechen - handelt es sich beim spirituellen Heilungsweg um den Weg zum inneren Christus, zum Christus-Bewusstsein, der Christus-Geburt im Menschen. Damit
ist nicht ausschließlich der historische Jesus von Nazareth
gemeint, sondern auch der universelle Christus (kosmischer
Christus, T. de Chardin), der den Menschen zu sich selber
finden lässt - der Christus also, der den Menschen in einem
Prozess der Wandlung in die Verwirklichung seines wahren
Wesens hineinführt.
Nach Graf Dürckheim gibt es heute (schon immer) „…
neben der Religion des Glaubens an einen transzendenten
Gott eine auf Erfahrung des Göttlichen begründete Religiosität des inneren Weges. Neben dem Glauben an eine
Erlösung, die wir niemals selbst bewirken können, tritt die
Gewissheit der Möglichkeit eines Erwachens zu einem uns
innewohnenden göttlichen Sein, das uns aber aufgrund
unserer Egozentriertheit verstellt ist“, und daher nicht in
unser Bewusstsein gelangen kann, so lange es verstellt bleibt.
. Wie erlebt der Mensch/ich Heilung im spirituellen Sinn?
Ein Kriterium spiritueller Heilung ist es, wenn wir uns
unseres „doppelten Ur-sprungs“ immer bewusster werden, - nicht nur als Kopf- und Glaubenswissen, sondern im
Innewerden und in der Erfahrung, und in der Gestaltung
des Lebens.
Wir sind Bürger/innen zweier Welten, der irdisch-erdhaften und der himmlisch-geistigen Welt. Unser Bewusstsein dafür kann sich entwickeln, wenn wir es zu-lassen;
wenn wir uns wie die Welle ihres Meerseins, wie das Blatt
seines Baumseins und wie die Rebe ihres Weinstockseins
innewerden als des uns geheimnisvoll als Lebenssinn innewohnenden Ganzen, wissen wir um unseren transzendenten
Ursprung als Erfahrung, Verheißung und Auftrag und
brauchen nicht mehr nur an ihn zu glauben. Ich möchte dies
durch eine Beispielgeschichte erläutern:
„Ja“, sagt die Rebe, „ich hänge am Weinstock. Ich bin eine
Rebe, und da, wo mein Stiel aufhört, da beginnt dann der
Weinstock.“
So sagt sie, wenn sie wie der noch unerwachte Mensch
nur im Schema des „Ich bin ich“ und „das ist das“ die Wirklichkeit wahrnimmt.
Es könnte der „Rebe“ aber auch einmal ganz von innen
her aufgehen, dass der Weinstock ja auch in ihr anwesend
ist und sie in ihm, dass sie teil hat an ihm – ja, dass sie selber
der Weinstock ist in der besonderen Weise dieser Rebe, und
dass ihr eigentlicher Lebensquell, die Wurzel ihrer Gestalt
und ihr Zuhause der Weinstock ist, das Ganze also, von
dem sie ein Teil ist. Und dass sie erst, wenn sie das wirklich
im Innesein hätte, zu dem ihrem Wesen gemäßen Selbstbewusstsein gelangt wäre.
Aber eben dazu bedarf es eines anderen Bewusstseins.
. Wodurch wird spirituelle Heilung gefördert oder verhindert?
a) Wodurch wird spirituelle Heilung gefördert?
EnneaForum 31 1
Ein guter Weg besteht in der Anwendung der Hilfsmittel
wie Gebet und Meditation in vielfältigen Formen, bis hin
zur kontemplative Beten, Üben der Achtsamkeit, geistliches
Studium, auch geistliche Begleitung, kontinuierliche Arbeit
an sich selbst, schrittweise Lockerung der Ego-Fixierungen
(in der traditionelle katholischen Aszese „Selbstverleugnung“
genannt; ich bevorzuge den Ausdruck „Ego-Verleugnung“)
– all dies sind Mittel der spirituellen Heilung, nicht das spirituelle Heil selbst. Das ist ein Geschenk des Geistes/Gottes.
b) Wodurch wird spirituelle Heilung verhindert?
Verharren im egozentrischen Ego, das den Weg zur Ganzheit bzw. zum wahren Wesen blockiert; Verhaftet sein in der
materiellen, diesseitigen Welt; ein Leben in „Gottvergessenheit“, sich zufrieden geben mit dem einigermaßen intakten
Funktionieren der drei Zentren (Kopf, Herz, Bauch). Was
damit gemeint ist, wird vielleicht im nächsten Punkt noch
verdeutlicht durch die „Droschkenparabel“.
. Die Bedeutung des Enneagramms auf dem Weg der spirituellen Heilung Die Droschkenparabel enthält lt. Gurdjieff die Grundelemente des Enneagramms und ist ein vorzügliches Verstehensmodell der menschlichen Seele.
In der Parabel bedeutet
– Kutsche, Droschke: physischer Körper (Bauch)
– Pferd: Gefühle/Emotionen (May: Anima)
– astraler Körper – Herz
– Kutscher: menschlicher Verstand (bei May: Seele)
– mentaler Körper
– „Herr“, Fahrgast: göttlicher Geist, höheres Bewusstsein
(May: Gott, Christus)
Relevant ist in unserm Zusammenhang die Erkenntnis, dass
sowohl die brahmanische Weisheit, als auch Gurdjieff, Karl
May, aber auch die Paulinische Theologie in der Verwandlung des menschlichen Bewusstseins durch Transformation
des gewöhnlichen Bewusstseins ins „Gottesbewusstsein“
(Christus-Bewusstsein) das Entwicklungsziel des Menschen
sehen, wobei G. die „höheren Zentren“ nicht eindeutig mit
dem „Herrn“/Fahrgast in Verbindung bringt.
In der Deutung G.´s zeigt das Enneagramm, wie psychische
Entwicklungsprozesse miteinander „vernetzt“ sein müssen,
dass sie sich gegenseitig unterstützen und die Persönlichkeit
von Grund auf erneuern. Kombiniert mit der alten Lehre von
den drei Energiezentren (Wagen, Pferd, Kutscher) war G´s
zentrale Idee die spirituelle Transformation des Menschen, die
er als 4. Weg bezeichnete, zu dem er viele Menschen bewegen
wollte. Eine bedeutende Rolle im spirituellen TransformationsProzess spielt auch das „Gesetz der Sieben“ und das „Gesetz
der Drei“
Der GEIST, der die Zielrichtung des Lebens angeben
soll, ist im Bilde der Droschkenparabel der Herr/Fahrgast.
Je nachdem, welche Mächte, welchen Geist ich „Herr“ über
mich selbst sein lasse, wird das Ziel des Lebens - die Menschwerdung/Verwirklichung des wahren Selbst - erreicht oder
verfehlt. Die Seele (Kutscher) ist um so kränker und umso
weniger „sie selbst“, je mehr sie sich von lebensfeindlichen
egozentrischen Mächten beherrschen lässt.
Um ganzheitlich heil zu werden gilt es, der Einladung des
Leben schaffenden GEISTES zu folgen; um sich zur Vollgestalt
entwickeln zu können, ist die menschliche Person auf eine die
drei Energiezentren übersteigende Dimension des Daseins
verwiesen.
Diese transzendente, aber doch im Menschen immanent
angelegte Dimension, ist im Bilde der Droschkenparabel der
„sehr hohe Fahrgast“, der den Kutscher in die Selbständigkeit
hineinführt, wenn dieser den Fahrgast dorthin „befördert“, wo
er hin will. Durch das Einssein des Menschen mit Gott bzw.
des Kutschers mit dem „hohen göttlichen Fahrgast“ kann die
Heilung der Seele, die Geburt des neuen Lebens und damit die
Selbstwerdung des Menschen voranschreiten. Dies ist nach
Gurdjieff das Entwicklungsziel des Menschen, die Einheit mit
dem transzendent-immanenten Schöpfer, die Gottesgeburt
in der Seele des Menschen, um es in der Sprache der Mystik
auszudrücken. (Paulus: Nicht mehr ich lebe, Christus lebt in
mir…)
Gerade dadurch wird der Kutscher frei und selbständig, dass er mit dem Geist Jesu Christi vereint
lebt, ihn sozusagen in seinem Wagen „transportiert“
und sich nach den Wünschen des „hohen Fahrgastes“
richtet.
In dem Maße, wie das geschieht, wird die Psychologie praktisch aufgehoben in die Mystik, denn dies
ist nicht mehr Thema der „reinen“ Psychologie. Die
Psychologie kann Unbewusstes bewusst machen. Die
Psychotherapie kann den notwendigen Heilungsprozess auf den Weg bringen. Die Transformation der
Persönlichkeit im neuen Leben mit und aus Gott/
Christus ist nicht mehr Gegenstand der Psychologie.
Verwendete Literatur: Graf Dürckheim, Das Tor zum
Geheimen öffnen, Herder Spektrum 4027, 1991
Kathleen Riordan Speeth, The Gurdjieff Work, G.P.
Putnam´s Sons, New York, 1989
Hermann Wohlgschaft, Mays Droschkenparabel und
das Enneagramm oder die Gottesgeburt in der Seele des
Menschen, 1999
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Heilung von Dr. Anne Schattenfroh
Der ÖAE hatte das Heilhaus Kassel auf seine diesjährige
Jahreshauptversammlung mit dem Thema „Enneagramm
und Heilung“ eingeladen, um zu erfahren, wie Heilung in der
Philosophie und Geisteshaltung im Heilhaus verstanden wird.
Vertreten wurde das Heilhaus durch Dr. Anne Schattenfroh,
Mitglied des Kuratoriums der HEILHAUS-STIFTUNG URSA
PAUL.
Das Heilhaus in Kassel steht Menschen in allen Phasen des
Lebens offen: Hier kommen Kinder zur Welt, Menschen mit
körperlichen Erkrankungen oder in seelischen Krisen erfahren eine individuelle und menschliche Begleitung, Sterbende
können ihr Leben in Würde bis zu Ende leben.
Das Heilhaus bietet ein umfassendes Angebot in der
medizinischen, therapeutischen, sozialen und spirituellen
Begleitung von Menschen.
Geburt, Leben und Sterben werden im Kreislauf des
Lebens als Einheit gesehen und gelebt. Unabhängig von
einer bestimmten Konfession bietet das Heilhaus Raum für
die spirituelle Suche, für die Erfahrung von Gemeinschaft,
für Gesundung und Heilung.
Gründerin des Heilhauses ist Ursa Paul. Um ihre Vision
eines heilenden Hauses zu realisieren, rief sie 1989 zunächst
den gemeinnützigen Verein Freundeskreis für Lebensenergie ins Leben. Im Mai 1990 öffnete das Heilhaus unter dem
ursprünglichen Namen ‚Zentrum für Lebensenergie‘ seine
Türen (nähere Informationen unter www.heilhaus.org). Die
Heilhaus-Stiftung Ursa Paul wurde 2004 gegründet, um die
Vision des Heilhauses weiter zu realisieren und dauerhaft in
der Welt zu verankern.
Die Therapie- und Heilweisen im Heilhaus basieren auf
einem ganzheitlichen Gesundheits- und Heilungsverständnis, das durch die Lehre von Ursa Paul geprägt ist:
Körper, Seele und Geist des Menschen bilden eine Einheit. Krankheit – KrankSein ist so gesehen ein Verlust der
Ganzheit von Körper, Seele und Geist. In diesem Sinn ist
Heil/Heilwerdung umfassender als Gesundheit/Gesundung:
Heil-Sein umfasst neben den physischen immer auch
seelische und geistige Aspekte. So kann ein „kranker“ Mensch
durchaus heil sein und ein „gesunder“ Mensch nicht heil. Ein
Mensch kann sterben in seinem kranken Körper, aber geheilt
sein in seiner Seele.
Der Weg der Heilung ist nicht unbedingt so, wie Menschen Heil verstehen mögen: Der Weg der Heilung kann
durch Krise, Krankheit, Leid, Dunkelheit und Tod führen.
Dieser Weg ist immer zu verstehen im Sinn von Lern- und
Heilzyklen der Seele: In allem, was einem Menschen widerfährt, liegt das Potential von Wachstum und Reifung seiner
Seele, seines Mensch-Seins.
Der Weg des Heils begründet sich in der Annahme
des eigenen Lebens, einer womöglich „dunklen Nacht“
(Johannes vom Kreuz) – und ist immer nur in Selbstverantwortung zu beschreiten.
Heil-Werdung bedeutet, dass der Mensch einen Sinn
in seinem Leben findet und danach strebt, in diesem Sinn
zu leben und zu handeln. Die Sinndimension des Lebens
erschließt sich allein aus den religiösen, spirituellen oder
mystischen Ebenen. So kann das eigene Leben als sinnvoll
verstanden werden, auch wenn die äußeren Umstände vermeintlich sinnwidrig zu sein scheinen.
Um Heil oder Heilung zu erfahren gilt es, diese Suche in
unser alltägliches Leben zu integrieren. Ohne das ErkennenWollen, ohne die Ernsthaftigkeit der Suche, wie Gott in uns
wirkt, kann Heil-Werdung in unserem Leben nicht geschehen.
Heilung in diesem Sinne bedeutet, in uns selbst auf die
Suche nach der Erinnerung zu gehen, wer wir wirklich sind,
die abgetrennten Teil unserer Psyche und unseres Körpers
wieder mit dem Kern unserer Seele in Verbindung zu bringen
und demgemäß zu handeln und zu leben. (Aus der Präambel
der HEILHAUS-STIFTUNG URSA PAUL.)
Die Seele krankt in ihrer Sehnsucht nach der verlorenen
Einheit. Geist und Materie, Gott und Menschlichkeit sind
gespalten – unser zutiefst spirituelles Wesen ist den meisten
Menschen nicht bewusst.
Es kommt zu einer Krise im menschlichen Leben, wenn
sich der Mensch seine spirituellen Grundbedürfnisse nicht
erfüllt, ja sogar in der Tragik ist, gar nicht spüren zu können,
dass er spirituelle Bedürfnisse hat. Dies wird oft nicht als
Ursache für Leiden erkannt.
Wir Menschen werden, so scheint es, aus der Einheit in
eine Erfahrung des Getrenntseins von unserem Ursprung =
Gott = Liebe hineingeboren.
Aller Schmerz ist Trennungsschmerz. So ist auch zu
verstehen, dass unsere Sehnsucht, unser Drang nach Eins-
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Sein mit uns geboren wird, genauso wie die Endlichkeit des
körperlichen Lebens.
Über diese Spaltung der Einheit hinaus, die uns in Furcht
vor der Geistebene = Schöpfungskraft = Gott = Liebe = …
sein lässt, leben wir zudem noch gespalten in den Polaritäten
unserer Menschlichkeit, angstvoll gebunden im Dualismus
von Licht und Schatten, Gut und Böse, Freude und Schmerz,
Glück und Leid …
Wir sind zumeist nicht bewusst damit und nicht ausgebildet in der Integration der Polaritäten, in einer möglichen
Transzendierung = Überwindung der Spaltung, nicht
angeleitet in alltäglicher spiritueller Praxis. So leben, atmen
und schwingen wir nicht mehr im ganzen Potential unseres
Mensch-Seins – und unser Wesen, unsere Seele krankt.
Der Weg des Heils, auch: Der spirituelle Entwicklungsweg
entspricht den Prinzipien von Himmel – Erde und Mensch.
Nach diesen Prinzipien entsteht Heil-Sein darin, dass der
Mensch in sich Selbst Himmel und Erde verbindet.
So verstanden heißt Spiritualität,
damit leben zu lernen, dass Polarität und Spaltungen zum
Mensch-Sein gehören und darüber hinaus zu wachsen
Gegensätze in uns selbst zu Versöhnung und diesen Frieden
in die Gemeinschaft und in die Welt zu bringen
Im Alltag der Heilhausgemeinschaft/der Schülerschaft von
Ursa Paul heißt dies, in sehr individueller, unterschiedlicher
und doch einheitlicher Weise Stadien der Seelenentwicklung
(Reinigung, Vergebung, Herzensöffnung, Wesenskernerschließung…) in ihrer geistigen Lehre zu durchlaufen.
Der Weg über die Chakren, Aurareinigung, spirituelle
Leibarbeit und die von ihr entwickelte Nährsystemarbeit
bilden die Säulen ihrer Heilweisen.
Durch ihr Wirken können die heilsuchenden Menschen
gerade auch über ihren Körper, schließlich über die Herzensöffnung in das Spürbewusstsein ihrer Seele kommen.
Die Suche nach HeilWerdung:
Schmerz breitet sich aus in meinem Innern
tiefer, alter Schmerz
Wunde der Ewigkeit
Leiden der Menschen wegen der Seelen
die die Spaltungen des Seins
in immer wiederkehrenden Wellen
leben müssen
Aus und mit Liebe
am Kreuz des Geschehens hängend
blute ich
schreie ich in meiner Seele
nach Erlösung
Wohl spürend
dass Erlösung nur geschieht
wenn der Mensch danach sucht…
Denn: Seelenbildung ist ein Erkenntnis – Bewusstseinsprozess,
den nicht jeder Mensch geht aus Angst vor Veränderung. Es
gibt nur wenig Menschen, die über ihre Schatten und Schmerzen diese Dimension betreten. (…) Das Leiden gehört zu
diesem Prozess des Erkennens dazu; im freiwilligen Leiden
leben und lösen wir den Schmerz des Unvermeidlichen, in der
Hoffnung auf Veränderung.
So nehmen wir dennoch die Welt als eine spannungsvolle
Einheit mit Gott, als Geheimnis und in Liebe wahr. Ohne
Liebe gibt es keine Heilung.
Durch das Wieder-Eintreten in die Liebe, durch das Annehmen dieser Kraft wird es uns möglich, Spaltungen zu überwinden und heil zu werden – Schritt für Schritt. Wir wollen auf
der Suche nach Heil-Werden die Welt gestalten und verändern,
ohne uns darin zu verlieren…
Was ist Liebe
das Mysterium des Lebens
die Geburt des Kindes
was ist Liebe
die Suche nach Gott
das Verstehen der Natur
das Mitgefühl zu Menschen…
Liebe zeigt sich in allem
wenn du bereit bist
sie in allem zu sehen…
was ist Liebe
das Loslassen der Angst
das Annehmen des Lebens
das Annehmen des Todes…
was ist Liebe
das Glücklichsein
die Vereinigung
zweier Menschen…
Liebe zeigt sich in allem
wenn du bereit bist
sie in allem zu sehen…
kursiv gedruckte Textstellen/Dichtung: Ursa Paul
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Enneagramm und EFT
von Susanne Marx
Mit diesem Artikel stehe ich vor der schwierigen Frage, wie
ich etwas so Komplexes wie das Enneagramm, meine Sicht
darauf und damit auf unser gesamtes menschliches Sein in
wenigen Worten beschreiben kann. Und wie ich gleichzeitig einer zwar einfachen, aber nichtsdestotrotz tiefen und
umfassenden Technik wie EFT gerecht werden kann. Die
Antwort besteht für mich darin, die Worte ihren eigenen
Weg und das Thema seine eigene Struktur finden zu lassen
– im Vertrauen darauf, dass alles Wichtige enthalten ist.
Ich arbeite seit vielen Jahren in dem Bereich Spiritualität, Selbstentwicklung und Heilung und habe bei mir und
anderen immer wieder festgestellt, dass Probleme, seien es
nun Kopfschmerzen, Ängste oder einschränkende Verhaltensweisen, sich mit der Frage „Und was steckt dahinter?“
auf einige wenige Grundüberzeugungen bzw. -erfahrungen
zurückführen lassen. Vergleichbar mit Pflanzen, die über der
Oberfläche ganz unterschiedlich aussehen und anscheinend
nichts miteinander zu tun haben, unter der Oberfläche aber
alle aus der gleichen Wurzel stammen. Bei einigen Menschen kann diese Wurzel das Grundgefühl ‚Ich verdiene es
nicht.’ sein, bei anderen ‚Es hat sowieso keinen Sinn.’ oder
‚Ich muss alles alleine und aus eigener Kraft schaffen, weil
mir niemand hilft’.
Als ich dann im Lauf meiner Arbeit auf das Enneagramm
stieß, wusste ich, dass ich damit ein System gefunden
hatte, das diese innere Dynamik oder Landschaft auf sehr
umfassende, treffende und klare Weise beschreibt. Von den
verschiedenen Richtungen, Schulen und Verständnisweisen
des Enneagramms steht mir dabei die spirituell geprägte
von Sandra Maitri am nächsten. Stark vereinfacht geht sie,
basierend auf dem sogenannten Diamantweg von A. Almaas,
davon aus, dass jeder Mensch ein Selbst und darauf aufbauend bestimmte Persönlichkeitsstrukturen hat. Während sehr
kleine Kinder noch ganz in diesem Selbst (oder eben ganz
sie selbst) sind, was nicht nur ein ungespaltenes, heiles und
mit sich, sondern auch mit dem Ganzen und damit Gott verbundenes Selbstgefühl bedeutet, verlieren wir durch Erziehung, das Getrenntsein unserer Eltern von ihrem eigenen
Selbst und die Anpassung an die Gesellschaft mit der Zeit
immer mehr den Kontakt zu unserem wirklichen Wesen.
Diesen Kontaktverlust nennt Sandra Maitri das ‚Loch’ an
der Basis unserer Persönlichkeit - ein Gefühl von Verlust,
Abgeschnittensein und Leere, wo früher einmal Verbindung
und Ganzheit war. Da jedes Selbst eine spezielle Resonanz
mit einer bestimmten Qualität der Ganzheit hat, bei Fünfern
z.B. Klarheit und Verstehen, bei Neunern Harmonie und
Liebe und bei Einsern Vollkommenheit, die zusammen mit
dem Kontakt zu unserem Selbst verloren geht, versuchen wir
diese mit Hilfe von Strukturen (Denk- und Verhaltensmustern) zu imitieren - in der Hoffnung diese verlorengeglaubte
Qualität wieder zu erlangen. Doch je mehr wir diese Persönlichkeitsstrukturen ausbilden und optimieren, desto weiter
entfernen wir uns paradoxerweise von unserem echten Kern,
der diese Qualität schon die ganze Zeit hat.
Aber wenn dieser Weg nicht funktioniert, wie können
wir dann den Weg zu uns und unserem wirklichen Wesen
zurückfinden? Meiner Erfahrung nach zuerst durch eine
mitfühlende, ehrliche Bestandsaufnahme des eigenen
Ist-Zustandes. Indem wir alles, was in uns ist, anerkennen,
verstehen und bejahen hören wir auf, ständig gegen uns
selber zu kämpfen. Eine Eigenschaft oder ein Gefühl, das wir
bejahen, verändert seine Qualität und verliert gleichzeitig
seinen Schrecken. Und wir können auch nur das loslassen,
was wir vorher bewusst und wirklich festgehalten haben.
Ein weiterer Schritt besteht darin, Verhaltensweisen
mit ihren begleitenden Gedanken und Gefühlen innerlich
zurück zu verfolgen bis hin zu unseren individuellen Grundüberzeugungen und ihren im Grunde positiven Intentionen:
nämlich uns zu helfen, indem sie versuchen die verloren
geglaubte Qualität des Selbst zu imitieren. Hinter jedem
Unbehagen, hinter jeder einschränkenden Verhaltensweise
steht ein Leid – eben jene Trennung von uns selber und von
der Quelle. Hier ist das Enneagramm ein sehr hilfreiche
Landkarte, die mir persönlich hilft, die alltäglichen Dinge an
der Oberfläche zurückzuverfolgen bis hin zu ihrer Wurzel. Ich fühle mich auf der einen Seite damit gesehen und
verstanden, auf der anderen Seite bedeutet das Erkennen
und Verstehen einer Struktur aber nicht automatisch auch
ihre Lösung. Ich weiß nicht wie es anderen Enneatypen geht,
aber ich als Fünf empfinde meine Strukturen als z.T. sehr
einengend und blockierend und bin mir auch des Loches
an der Basis meiner Persönlichkeit sehr bewusst. Deshalb
war ich auf der Suche nach einer Technik, die wirklich
Leid, Stress und Schmerz lösen kann und fühl- und sicht-
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bare Effekte im Leben hat, und habe sie persönlich mit EFT
gefunden.
EFT (abgekürzt für ‚Emotional Freedom Techniques’
– übersetzt etwa ‚Emotionale Freiheitstechnik’) wurde von
dem Amerikaner Gary Craig entwickelt und ist eine einfache,
dabei aber hocheffektive Meridian-Klopf-Technik. Als Teil der
sogenannten Meridian- oder Energetischen Therapien, basiert
EFT auf der Meridianlehre der Traditionellen Chinesischen
Medizin. Meridiane sind Bahnen erhöhter elektrischer Aktivität im Körper und mittlerweile nicht nur empirisch, sondern
auch wissenschaftlich nachgewiesen. Die Traditionelle Chinesische Medizin geht davon aus, dass alle Krankheits- oder
Leidenssituationen eine Verbindung mit dem elektrischen
System der Körpers haben und auch dort wirksam behandelt
werden können. Dafür wird beim EFT leicht mit den Fingerspitzen auf besonders wirksame Punkte der einzelnen Meridiane geklopft und damit Impulse in den Meridian gegeben.
EFT hat ein sehr breites Anwendungsspektrum und eignet
sich dadurch, dass es einfach zu lernen und anzuwenden ist,
auch sehr gut als Selbsthilfetechnik.
Eine komplette EFT-Sequenz besteht aus sieben einzelnen
Schritten und dauert, wenn man etwas Übung hat, nicht mehr
als zwei Minuten. Am Anfang jeder Sequenz steht immer
die Einstimmung auf das jeweilige Thema – z.B. ‚Ich habe
starke Kopfschmerzen’ oder ‚Ich fühle mich im Kontakt mit
anderen immer so gehemmt und unbehaglich’ – mitsamt
der mit diesem Thema im Meridiansystem gespeicherten
Informationen, die wir als Unbehagen oder Schmerz empfinden. Dann folgt eine kurze Einschätzung des sogenannten
‚Stresswertes’ anhand einer Skala von 0 bis 10 (dieser Schritt
ist nicht unbedingt notwendig, kann aber hilfreich sein, um
die Wirkung klarer einschätzen zu können), wobei 0 keinerlei
Stress und 10 den für Sie größtmöglichen Stress bedeutet. Im
dritten Schritt wird der Meridianpunkt Dünndarm 3 an der
Außenseite der Hand geklopft, und damit eine möglicherweise mit diesem Thema verbundene psychische Umkehr
korrigiert. Eine psychische Umkehr ist ein Phänomen, das
wir alle schon mehr oder weniger stark kennen gelernt haben
– nämlich immer dann, wenn wir bewusst eine Sache tun
oder nicht mehr tun wollen (z.B. mit dem Rauchen aufhören),
dann aber nach kurzer Zeit trotz guten Willens doch wieder
in die alte Verhaltensweise zurückfallen. Hier gibt es in uns
eine Instanz, die, oft unbewusst, ‚nein’ zu der Veränderung
sagt. Dieser Mechanismus wird durch das Klopfen des
Dünndarmpunktes für die Zeit der Behandlung aufgehoben,
so dass die eigentliche Klopfsequenz wirken kann. Diese ist
der nächste Schritt einer EFT-Sequenz. Es werden sieben
leicht erreichbare Meridianpunkte im Gesicht und auf
dem Oberkörper mit den Fingerspitzen geklopft, die noch
bei Bedarf durch vier weitere Punkte an der Hand ergänzt
werden. Pro Punkt hat sich ein Klopfrhythmus von fünf bis
acht Berührungen bewährt, wobei Sie auch gerne länger
bei einem Punkt bleiben können. Nachdem Sie alle Punkte
einmal geklopft haben, wird die sogenannte Brücke oder
Gehirn-Balance durchgeführt. Dafür wird ein Punkt auf
dem Handrücken sanft geklopft – der zugehörige Meridian
heißt in der chinesischen Tradition ‚Dreifacher Erwärmer’
– und dabei eine Reihe von Augenbewegungen bzw. kleinen
Übungen wie Zählen ausgeführt. Die Brücke dient dazu,
alle auditiven, visuellen und kinästhetischen Aspekte die
ein Thema haben kann, aufzurufen. Diese können dann in
der darauf folgenden zweiten Klopfsequenz bearbeitet und
gelöst werden. Nach diesem vollständigen Durchgang wird
wieder der Stresswert zu dem behandelten Thema festgestellt
und die Sequenz solange wiederholt, bis eine Erleichterung
oder Lösung des Stresses erreicht ist.
Wenn Sie EFT zusammen mit der Enneagrammarbeit
anwenden möchten, so können Sie entweder immer dann
klopfen, wenn etwas im Alltag auftaucht oder Sie arbeiten
systematisch an der für Ihren Enneatyp charakteristischen
inneren Dynamik.
Eine gewissen Vertrautheit mit EFT ist allerdings bei
beiden Vorgehensweisen sinnvoll – zum einen weil Sie
sich dann nicht mehr auf die reine Technik konzentrieren
müssen, sondern ganz beim Thema sein können, und zum
anderen, weil die Themen, die wir hier bearbeiten, relativ
komplex und vielschichtig sind (in der Sprache des EFT
‚viele Aspekte haben’). Da EFT aber bei so vielen Beschwerden des täglichen Lebens helfen kann, ist es sicher eine gute
Investition.
Was ich aus eigener Erfahrung über die kombinierte
Arbeit mit EFT und dem Enneagramm sagen kann, ist dass
dadurch viele Strukturen flexibler und durchlässiger geworden sind und sich meine Lebensqualität und mein Grundlebensgefühl ganz entscheidend verändert hat. Das Gefühl der
Leere und des Abgeschnittenseins sind fast vollständig verschwunden und haben einem Gefühl von innerem Frieden,
Klarheit (Heimat für mich als Fünf) und Rückverbindung
Raum gegeben.
Literaturtipps: Sandra Maitri, Neun Portraits der Seele. Die spirituelle Dimension des Enneagramms, J. Kamphausen, 2001
Susanne Marx, Klopfen befreit, VAK-Verlag, 2006
Susanne Marx, Neun Wege zur Freiheit. Persönliche Entwicklung
mit Enneagramm und EFT, VAK-Verlag, 2006
Über aktuelle EFT-Kurse können Sie sich unter www.eft-bonn.de
informieren.
Auf der englischsprachigen Seite von Gary Craig, www.emofree.
com können Sie das kostenlose EFT-Manual herunerladen.
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Heil werden
Gedanken von Teilnehmenden
Heil werden heißt Ausrichtung auf Ganzheit: wo zerteilte
Flügel miteinander kämpfen, nehmen wir die höhere
Ordnung wieder wahr. Und zur Gemeinschaft ermächtigt
beschreiten wir den Weg ins Ungeteilte. Peter Pfandt
Heilung bedeutet für mich: Von innen heraus ZUFRIEDEN
SEIN.
Mit dieser inneren Einstellung bin ich schon „heil“.
Versöhnt mit mir selbst und meinem Schöpfer. Dies zieht
Barmherzigkeit und Liebe nach sich zu mir selbst und meinen Mitmenschen. Liebe bewirkt Heilung.
Das bedeutet nicht, keine Hilfe zur Gesundung zu suchen
und anzunehmen. Aber an Krankheiten können wir oft
nichts ändern, auch Ärzte uns nicht helfen. Im Großen und
auch im Kleinen. Beschwerden, die uns im Kleinen oft quälen. Dies kennt jeder von uns.
Sich darüber zu ärgern, zu verzweifeln zieht uns nur noch
mehr in den Strudel der Verzweiflung und der Hoffnungslosigkeit. Versuchen zufrieden und dankbar zu sein in jeder
Lage bewirkt Heilung und ist Heilung.
„Wenn ich nur dich habe, so frage ich nichts nach Himmel und Erde. Wenn mir gleich Leib und Seele verschmachtet, so bist du doch, Gott, allezeit meines Herzens Trost und
mein Teil.“ Ps 73,25–26
Julia Wendzinski
»Für mich als Vier ist es klar, dass Schmerz, Trauer und
Leiden untrennbare Bestandteile des Lebens selber sind. Sie
einfach zu beseitigen, würde dem Leben seine Ausdehnung
in die Tiefe rauben. „Heilung“ hat darum mehr mit Integration als mit Abspaltung zu tun, mehr mit Durchstehen und
Aushalten als mit Abtöten und Wegmachen.
Zugleich kenne ich das in der Bibel verheißene „Heil“
nicht nur als abstrakte und ferne Angelegenheit. In meiner
Sehnsucht ist es lebendig und gegenwärtig, oftmals stärker
und gleichsam realer als die übrige Umwelt und Wirklichkeit. Während mein Schmerz mich in die Tiefe führt, hilft
mir meine Sehnsucht, mich nach oben auszurichten, auf die
Ewigkeit.
Holger Forssmann
Heil sein bedeutet für mich, dass die äußeren Umstände
immer weniger meinen inneren Kern, meinen inneren
Frieden beeinflussen; wenn also „das Außen“ immer mehr
Macht über „das Innen“ verliert.
Das bedeutet nicht, dass ich „abgebrüht“ durchs Leben
gehen möchte, dass mich nichts mehr berührt oder betroffen macht. Es bedeutet nur, dass das, was mir widerfährt,
mich innerlich nicht umhaut, mich nicht lähmt, änglichstdepressiv oder aggressiv macht, sondern ich diese Dinge
trotz aller Betroffenheit aus einem Abstand beobachten
lerne, anstatt damit identifiziert, und deshalb ohnmächtig zu
werden.
Beispielsweise ganz konkret für mich als eine DREI:
Wenn die Meinung der anderen über mich, also die Reso-
nanz mir immer unwichtiger wird (bzw. die Bedeutung auf
ein gesundes Maß heruntergeschraubt wird), dass z.B. Kritik
mich nicht völlig umhaut, dass abgelehnt oder ignoriert zu
werden kein Weltuntergang ist.
Dazu ist es für mich wichtig, „das Innen“ zu pflegen, zu
stärken bzw. überhaupt den Zugang zu meinem WesensKern frei zu halten; diese Haltung ist ein Zeichen der Wertschätzung mir selber gegenüber (außerordentlich wichtig
für DREIER, sich den eigenen Wert nicht nur von anderen
zusprechen zu lassen).
Diese Kontaktpflege zur mir selber (letztendlich zu Gott)
geschieht durch Stille, Naturerfahrungen oder ganz einfach,
wenn ich genüsslich im Cafe in Travemünde an meinem
Milchkaffee nippe und auf die Schiffe schaue, die ins Meer
hinausfahren... Dann habe ich jedes Mal das Gefühl, in
Anbetracht der Weite da draußen auch die unendliche Weite
und Tiefe in mir zu spüren. Und ich glaube, dieses Gefühl,
ganz bei mir zuhause zu sein, lässt mich ein Stück heil werden.
Ulla Peffermann-Fincke
Enneagramm und Heilung gehören für mich zusammen.
Seit 1990 beschäftige ich mich mit dem Enneagramm
und habe erfahren - oftmals sehr schmerzlich -, dass die
Erkenntnisse über meine (Vierer)persönlichkeit in die
Realität meines Alltags führten. Das Anschauen, Auseinandersetzen und Annehmen des eigenen Musters brachte mir
Klarheit, warum ich in einzelnen Lebenssituationen so oder
so reagiere. Die intensive Arbeit mit dem Enneagamm in
Workshops und Einzelarbeit hat mir über die Jahre ein wunderbares Geschenk gemacht: das Wissen, dass ich getragen
werde. So empfinde ich meine schwere Gehbehinderung, die
Folge eines missglückten operativen Eingriffs vor 21 Jahren,
zwar als Last, aber nicht als Lebensunglück. Mein Körper
ist nicht mehr normal leistungsfähig, aber eben auch nicht
krank. Durch die Behinderung
habe ich erfahren, dass Gott
mich mit vielen Möglichkeiten
das Leben zu erfahren und
mitzugestalten ausgestattet
hat. Ohne meinen konkreten
körperlichen Defekt, der mich
indirekt zur Arbeit mit dem
Enneagramm geführt hat, hätte
mich meine Traurigkeit an
der Welt wohl wirklich krank
gemacht.
Die Workshops von Frau
Dr. Susanne Marx und Frau Dr.
Anne Schattenfroh auf unserer
Jahreshauptversammlung, an
denen ich teilnahm, waren für
mich Bestätigungen meiner
Überzeugung, dass ich stets
selbst aktiv an mir arbeiten
muss, aber immer auch zulassen und mir gewiss sein darf,
dass Gott sich meiner gnädig
annimmt. Regina Goebel
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Auf dem Weg des Heil Werdens
Hinabsteigen in die eigene Tiefe
an die göttliche Quelle gelangen
– Ort meiner Sehnsucht –
Mein Schicksal umarmen
mich
JETZT dem Fluss des Lebens
anvertrauen
Gedanken der Hoffnung
zur Übung im gegenwärtigen Sein
einer VIER
Ursula Möckel
„Heil sein“ kann man trotz Krankheit. Es ist ein StimmigSein von Körper, Seele und Geist, das weit über das reine
„Gesund-Sein“ hinausgeht.
Margit Lambach
„Gesund bleiben wir nur, wenn wir darauf achten, dass
zwischenmenschliche Beziehungen und die Gestaltung von
Beziehungen in unserem Leben den gebührenden Platz und
die notwendige Zeit erhalten.“ Publik Forum 3/2006 S. 9
„Ganzheitliche Heilung bedeutet die Versöhnung mit der
eigenen Realität und Endlichkeit.“
„Ich muss mehr ich selbst und auch beziehungsfähiger
werden. Das ist eine Entwicklung, die diesen inneren Heiler
wach werden lässt und die ihn mit dem äußeren Heiler, den
ich vielleicht ebenfalls brauche, zusammen arbeiten lässt.“
(Publik Forum 7/2006 S. 46 u. 48)
Bei einem Krankenhausaufenthalt nach einer größeren
Operation machte ich folgende Erfahrung: eine Krankenschwester, die ich in einer für mich unangenehmen Situation
um Hilfe bat, reagierte ruppig und unfreundlich. Dies verletzte mich sehr. Weil mich das so beschäftigte, bat ich die
Seelsorgerin um ein Gespräch. Auch ein weiteres Gespräch
mit einer Schwester und ein Besuch von zwei Mitschwestern
aus unserer diakonischen Schwestern- und Bruderschaft
ließen die Heilung auf eine andere
Art und Weise beginnen als es
sonst bei Schwestern und Medizinern geschieht. So war ich durch
die Worte der einen blockiert
und gelähmt gewesen, durch die
anderen Gespräche und Besuche
fühlte ich mich angenommen und
bejaht. Ich kann durch die Worte
angerührt werden und mein
Herz öffnen. So kann ein gutes
Gespräch und eine Begegnung an
mir die Heilung beginnen lassen.
Ob auch Menschen durch
mich, wenn ich Werkzeug
Gottes bin, heil geworden sind?
Joachim Lange
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Gedanken über Heilung
von Frank Uekermann
Heilung ist ein Prozess von Unheil zu Heil
Erste Überlegung: Was verstehe ich unter Unheil im Allgemeinen? Unheil ist die Erfahrung eines Zustandes, eines Energiepotentials, welches mir über Signale bewusst wird, und zwar
durch Schmerzen (Warnsignale!) unterschiedlicher Form und
Intensität auf körperlicher oder und seelischer Ebene. Diese
beiden Ebenen Körper, Seele sind ja nicht unabhängig voneinander.
Wenn uns Unheil im seelischen Bereich widerfährt und
Warnsignale (seelische Schmerzen) nicht genügend bewusst
werden (vielleicht „wollen“ wir sie auch nicht bemerken), also
unsere korrigierenden Reaktionen, gelenkt durch unseren
Geist, Verstand, ausbleiben, verstärkt sich das Signal des seelischen Schmerzes und eskaliert zusätzlich auf der Ebene des
Körpers, wird dort dann nicht mehr ignoriert werden können.
Letztendlich kann dieser Zustand sich soweit verschlimmern,
dass er zur Zerstörung einzelner Organe bis hin zum Tod führt.
Der umgekehrte Weg vom kranken Körper zur kranken
Seele ist genauso denkbar. Es handelt sich bei der Heilung
also um ein kompliziertes Zusammenspiel von Körper, Seele
und Geist (im Enneagramm: Bauch-, Herz und Kopfenergie).
Heilsein ist demnach ein Zustand, Energiepotential, in dem
Schmerz nicht vorkommt.
Weitere Überlegungen: Bin ich also heil, wenn ich keine
Schmerzen habe? Eine banale Frage: Sind Kriminelle ohne
seelische oder körperliche Schmerzen heil? Sind Menschen, die
andere diskriminieren, schädigen, ausnutzen, verletzen, töten
heil, wenn sie dabei keine seelischen Schmerzen verspüren?
Sie sind sozial unheil. Also hat auch der Umgang mit anderen
Menschen in meinem Lebensumfeld mit meinem persönlichen Heil zu tun. Gibt es auch hier ein Signal des Unheils. Ich
glaube, das so genannte schlechte Gewissen ist eine Vorstufe
von Schmerz.
Was hat ein schlechtes Gewissen mit Unheil zu tun? Was ist schlecht? Was ist Gewissen? Das Gewissen ist eine geistige Kontrollinstanz des
Bewusstseins. Es hat zu tun mit der Bewertung, ob mein
Denken, Fühlen, Handeln gut oder schlecht ist. Was gut oder
schlecht ist, wird von der Gesellschaft, in der ich lebe, definiert und den Generationen weitergegeben (Gesetze, Ethik,
Moral), außerdem, so glaube ich, ist das Wissen, was gut oder
schlecht ist, irgendwie auch angeboren, also ein Teil unseres
Menschseins.
Ein gutes Gewissen ist also ein wichtiger Bestandteil des
Heilseins. Ich glaube, ein wirklich gutes, gar bestes Gewissen
habe ich im Bewusstsein der Liebe, in der Liebe zu anderen
Menschen und natürlich auch in der Liebe zu mir selbst. Ganz
nebenbei erwähnt, soll im Zustand des Verliebtseins unser
Immunsystem am stärksten sein.
Das Heil ist also ein sehr komplizierter Zustand, zusammengesetzt aus vielen Komponenten, die alle von einander
abhängig sind und Heilung ist der Weg zum Heil, für mich
der eigentliche Sinn des Lebens. Ich spüre immer wieder,
mal mehr mal weniger, wie unheil ich denke, fühle, handle
und mir ist bewusst, welche Sehnsucht zum Heilsein daraus
erwächst.
Ich glaube Heilsein ist allumfassende Liebe und das völlige
Eintauchen in sie, wo jede Sehnsucht und Wunschdenken
aufhört, sie ist GOTT und wir sind als Menschen in welcher
Situation auch immer auf dem Weg zu ihm.
folgende Schlussfolgerung: HEILUNG ist mit Gott möglich,
stückweit in Raum und Zeit oder ganz in seiner Gegenwart
(im Himmel), auch und obwohl wir wissen, dass wir sterben
müssen. Am Ende des Sterbeprozesses steht letztendlich
Gottes Heil. In diesem Sinn ist der Sterbeprozess auch
Heilung.
Als Altenpfleger konnte ich das bereits mehrfach erfahren.
Ein persönlicher Heilungsweg aus der Sicht einer „VIER“
von Adelheid Weller
„Was bedeutet für dich Heilung?“ Diese Frage begleitet mich
nach der Tagung in Eisenach in meinem Alltag. Gedanklich
begebe ich mich auf eine Reise durch wichtige Stationen
meiner Biografie. Schaue ich mein Lebenspanorama an,
erkenne ich kraftvolle Wachstumsphasen und einschneidende Krisen mit Schwellenerfahrungen der Unsicherheit.
Hier gibt es frühe Verluste, manchmal nicht genug betrauert,
gefolgt von Energieschüben, ausgelöst durch die „richtigen
Menschen zum richtigen Zeitpunkt“, die in sinnvoller Weise
mein Leben kreuzen.
Licht und Schatten, Freude und Leid, Begeisterung und
Zeiten der Melancholie - Achterbahnen der Gefühle des
Persönlichkeitsmusters „VIER“. Haltegriffe in Jugend und
Kann ich nun als Mensch Heilsein erreichen? Nach meinen
Überlegungen ist dieser Zustand derart komplex, dass uns die Erwachsenenalter finde ich im Flügel Drei mit seinen positiven Anteilen. Später versuche ich den „Reifungsweg“ zum
Fähigkeit fehlt, ihn mit unserem Verstand (Geist) herstellen
Muster der „EINS“ zu gehen. Er führt mich allerdings in
zu können. Stückweit auf der Ebene des Körpers oder auch
der Seele durch uns selbst oder Therapeuten kommen wir der die Falle des Versuchs, im fordernden Berufsalltag „perfekt“
werden zu wollen und den sich daraus entwickelnden ÜberHeilung sicher näher.
forderungen. Mein Leben steht unter dem Ziel, Pflegende
Allerdings, so meine ich, brauchen wir selbst und jeder
auf dem Weg in der Ausbildung, Fortbildung und WeiterTherapeut immer auch den GEIST unseres HEILIGEN
bildung zu begleiten. 28 Jahre versuche ich, ganzheitliche
(heilen) GOTTES, wenn wir uns bewusst in den Prozess der
Pflege mit „Kopf, Herz und Hand in gelingender Beziehung“
Heilung begeben.
In Wahrheit gehen wir nicht den kleinsten Schritt ohne ihn. zu vermitteln. In der Rolle der Supervisorin und mit dem
Mir ist es wichtig, dies mir immer wieder auf´s Neue bewusst Handwerkszeug einer systemischen Organisationsberaterin
begleite ich Pflegende in unterschiedlichen Arbeitsfeldern
zu machen.
Christen wissen, dass das Leid, das Unheil Sein, in unserer im Dreieck von Person, Aufgabenprofil und der sich wandelnden Organisation in ihrer beruflichen Identität. Ich
als polar wahrgenommenen Welt zum Heilsbewusstsein
spüre den eigenen Druck als „VIER“, etwas „Außergewöhnunumgänglich ist, sonst wäre der Tod Christi unsinnig und
liches“ leisten zu wollen. Hier bewege ich mich im Spanauch, wenn wir es nicht verstehen können, Gott hat die
nungsfeld von Theorie und Vielfalt der Praxisfelder sowie
Polung Unheil - Heil durch Christi Tod aufgelöst und alles
den unterschiedlichen Begabungen der Menschen, die sich
was an Heilung getan werden muss, ist bereits getan. Nur in
dem Anspruch des Berufsprofils stellen.
unserer Dimension von Raum und Zeit müssen wir „noch“
das Heilsein als „Prozess der Heilung“ erfahren.
Wunderbar, wenn wir von Menschen hören, die von einer Nach 28 Jahren Einsatz erlebe ich eine Krise, die mich aus
Erkrankung geheilt worden sind. Aber das ist vielleicht dann dem Beruf ausscheiden lässt.
Eine Krebserkrankung stellt mein Leben auf den Kopf
nur auf Zeit. Erneute Erkrankungen oder Unfälle, die zu Verletzung und Erkrankung führen, können auf uns zu kommen. – alles wird schlagartig anders.
Abschiede prägen nachhaltig mein Leben – die einEs tut gut von Menschen zu hören, die in „Augenblicken“,
„Momenten“ sich des Heilseins in der Ewigkeit Gottes bewusst schneidende Veränderung des Körperbildes, der Verlust der
wurden, egal welch vielleicht schlimmste Erkrankung sie zur sinngebenden Aufgabe, der plötzliche Tod meines einzigen
Bruders in der Zeit meiner Rehabilitation, der wohlüberlegte
Zeit gerade am eigenen Körper oder Seele erleiden müssen.
Umzug in eine andere Stadt.
Hier denke ich auch an „Nahtoderlebnisse“.
Meine Frage, die ich mir in Zeiten der Krankheit stelle,
Solche Menschen sind die zuverlässigsten Zeugen für
EnneaForum 31 lautet: „WOZU JETZT und WOZU DIES“? Was ist meine
Lebenslektion, die ich in dieser neuen Situation zu lernen
herausgefordert bin? Wie kann mein HEILWERDEN geschehen?
In meinem Enneagrammmuster als „VIER“ bewege ich
mich in dieser Zeit vermehrt in meinen FÜNFERFLÜGEL.
In geborgenem Rückzug und mit therapeutischer Hilfe löse
ich mich langsam aus den altbekannten Rollen und Aufgaben.
Verschiedene „Geburtshelfer/-innen“ begleiten mich in
meinem Übergang zu einem anderen Lebensentwurf in
vielfältiger Weise. Im therapeutischen Team von Mediziner/-innen, Seelsorgern, Klinischen Psychologen und einer
Craniosakraltherapeutin lerne ich vorsichtig, wieder in die
Balance zu kommen. Stärkend auf dem Weg der Heilung sind
für mich Maltherapie, Poesie- und Bibliotherapie, Musiktherapie, Weisheiten aus dem Zen, Beschäftigung mit der Mystik
und die Teilnahme an Spiritualitätsvorlesungen in der Philosophisch-Theologischen Hochschule mit einem Institut für
Spiritualität in Münster.
Erhellend und für den weiteren Lebensweg entscheidend
erfahre ich die geistliche Begleitung durch eine im Enneagramm kundige Ordensfrau. Unter ihrer Führung betrachte
ich im geleiteten Rückblick die wichtigen Stationen meines
Lebens. Sie erschließt mir die Weisheit des Enneagramms
und lehrt mich, meine Leben mit seinen verschiedenen
Wegen neu zu verstehen. Endlich komme ich meinen Lebensbewegungen auf die Spur, kann mich mit meinem Inneren
Kind anfreunden und meine Schatten versöhnlicher betrachten. Vor dem Hintergrund der Landkarte des Enneagramms
erkenne ich, dass ich mich nicht gewaltsam verändern muss.
Das Geheimnis der Heilung liegt in meinen Augen in der
Verwandlung. Verwandeln anstatt verändern wird für mich
ein langsamer Heilungsweg. Die unerlöste Einserenergie mit
dem ausgeprägten Inneren Kritiker darf in Annehmen und
Zulassen meines SOSEINS mit seinen Grenzen verwandelt
werden. Meine Krankheit versucht mir zu sagen, dass etwas
in mir leben möchte, was ich noch nicht zugelassen habe.
Ich entdecke den „heilen/heiligen Raum in meinem Herzen“, der mir für meine Begegnung mit Gott vorbehalten ist.
Hier haben keine negativen Einflüsse Zugang. Alles, was ist,
darf ich einfach Gott hinhalten mit der Bitte, es zu wandeln.
Ich glaube heute, dass alles, was mir in meinem Leben begegnet, eine Lektion zur Wandlung ist.
Durch intensive Arbeit mit Träumen, Symbolen und
Malen versuche ich Bilder, die das Unterbewusste mir
schenkt, aufzugreifen. Im bewussten Lesen der Wandlungsmärchen entdecke ich eine tiefe Weisheit: z.B. springt das
Mädchen bei Frau Holle in den Brunnen, geht in die eigene
Tiefe. Enge und Verlust werden in neue Lebensfülle umgewandelt.
Die Fabel des „Wolfs von Gubbio“ zeigt, dass ich wie Franziskus den heulenden Wölfen in mir Beachtung und Nahrung
schenken, den Wolf in mir zähmen und zum Freund werden
lassen kann. Das, was ich verachte und fürchte, führt mich
im Grunde hin zu meinem Lebenskern und meiner Vitalität.
Lieben und Annehmen wird für mich der Schlüssel für die
Umwandlung ungemütlicher Gefühle, derer ich mich schäme.
Ich erkenne, dass alles krampfhafte Festhalten am Vergangenen mich erstarren lässt. Die Ablösung vom Erfolg in
EnneaForum 31
beruflichen Rollen gibt mir die Chance, mich den Themen des
Unbewussten und Verdrängten zu stellen und als Kraft auf dem
Weg des Ganzwerdens zu integrieren. Immer mehr lerne ich
unter Schmerzen, was Mensch-Werdung bedeutet.
Heilwerden heißt für mich, das Dunkel des Schattens zu
durchschreiten und liebend als zu mir gehörend anzuerkennen.
Ich denke oft an den Satz von Carl Gustav Jung: „Wenn die
Dame in Schwarz an deine Tür klopft, bitte sie hinein, lass sie an
deinem Tisch Platz nehmen und höre, was sie dir zu sagen hat.“
Die Worte der Dame in Schwarz habe ich vernommen, versucht
zu verstehen. Irgendwann wandte sie sich um und verschwand
aus meinem Zimmer.
In dieser Integrationsarbeit hilft mir das Gedankengut von
Anselm Grün in den Büchern: „Spiritualität von unten“ und
„Verwandlung - Eine vergessene Dimension geistlichen Lebens“.
Sie werden für mich eine Anleitung in meinem Tasten nach Heilwerdung.
In der Arbeit mit dem Enneagramm versuche ich, wieder
in die Einheit mit Gott und den Menschen zu kommen. Eine
wichtige Erfahrung wird für mich die Versöhnungsarbeit mit
kränkenden Situationen und Menschen, aber auch die Versöhnung in und mit mir in Zusammenhang mit dem richtenden
Inneren Kritiker.
Wichtige Anregungen in meinem Heil-werden erfahre ich
auch in dem Buch: “Heilung geschieht von innen“ des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie in Zürich, Prof. Dr.
med. Balthasar Staehelin. Er hat in jahrelanger Forschung und
geübter Praxis eine christliche Therapiearbeit mit dem „heilenden Christus medicus“ in die Schulmedizin eingeführt. In der
medizinischen Poliklinik des UniversitätsSpitals Zürich führte er
selbst während 35 Jahren eine psychosomatische Sprechstunde.
Dabei entwickelte er die psychosomatische Basistherapie - eine
Therapieform mit dem Ziel, den Glauben an den dreifaltigen
Gott aufzubauen, zu vergrößern und zu vertiefen. Mit dem heilenden Christus will er Patientinnen und Patienten, die in ihrer
Grundstimmung zu wenig Urvertrauen, zu wenig Halt bekommen haben, Glaube, Hoffnung und Liebe in Christus anbieten.
In einem Vortrag sagt Balthasar Staehelin: „Die Unvergänglichkeit jeder Natur des Menschen verlangt deshalb für ihr
Morgen ein Menschenbild, das in der ewigen Eigenschaft des
göttlichen Haltgebens, des Liebegebens und des Vertrauengebens seine therapeutischen Wurzeln hat. Christus ist in jedem
Menschen.“
Christus soll für uns zum „psychosomatischen Christus“ werden, indem er alle unsere Bereiche, Seele und Leib durchdringt.
Er sagt: “Mein Beruf als Arzt und Psychotherapeut hat mich
gelehrt, dass es Sinn und Bestimmung des Menschen ist und ihn
heilt, sich in seinem Innern von Gott führen und lieben zu lassen und diese Gottesliebe im persönlichen Alltag weiterzugeben
und zu bekunden.“
In meinem Vierermuster ist es auch ein Hochgenuss, Bücher
des Theologen und Philosophen John O´ Donohue zu lesen, z.B.
„Echo der Seele - Von der Sehnsucht nach Geborgenheit“ und
„Schönheit - Das Buch vom Reichtum des Lebens - In Schönheit wurden wir erträumt und erschaffen.“ Ich lerne hier den
Umgang mit meiner Sehnsucht nach dem „Außergewöhnlichen“,
dem „Besonderen“: die Sehnsucht nach dem Außergewöhnlichen wird durch das Sehen der Schönheit im Gewöhnlichen
abgelöst.
EnneaForum Termine
Rundbrief des Ökumenischen Arbeitskreises Enneagramm e.V.
Nr. 30 November 2006
Ökumenischer Arbeitskreis Enneagramm e.V.,
Geschäftsstelle : Eveline Schmidt, Wehlstr. 23, 29221 Celle, Tel./Fax : (0 51 41) 4 22 34, [email protected], www.öae.de
Treffpunkt „Enneagramm“
beim Kirchentag in Köln
Das Enneagram wird einen Tag lang einem größeren Publikum anlässlich des Deutschen Evangelischen Kirchentages
vorgestellt als ein psychologisch – spirituelles Modell von
Persönlichkeitsentwicklung mit christlichem Hintergrund.
Ort: Karl Rahner Akademie Köln
Zeit: Freitag, 8.6.2007, 10-17 Uhr
Elemente:
Podiumsveranstaltung (11.00 – 12.30 Uhr):
„Mit Glauben und Wollen Berge versetzen“ Wie mit dem
Wissen um die Persönlichkeitsstrukturen die Reformation der
Gesellschaft gefördert werden mit Pfarrer Christian Führer
(Leipzig), Oliver Bierhoff (Frankfurt). Richard Rohr OSB
(Albuquerque), Bischöfin Warenberg Potter (Lübeck), Marion
Küstenmacher, Sabrye Tenberken (Lhasa) Moderation: Rainer
Fincke, NN Musik: NN
Enneagrammcafé mit Bücherstube (10.00 – 17.00 Uhr)
Einführungsworkshops ins Enneagramm (jeweils 1 St.; 13.00
Uhr; 14.00; 15.00 Uhr, 16.00 Uhr)
Infoworkshop „Ausbildung zum Enneagrammlehrer“ (mehrfach)
Thematische Workshops stündlich ab 13.00 Uhr (Themenvorschläge: „biblische Charaktere“, Enneagramm und Heilung;
Enneagramm und Mitarbeiterführung ; Enneagramm in
Schule und Bildung, …),
Organisationsteam: Rainer Fincke, Ulla Peffermann- Fincke
(Kommunikation, Kultur), , Werner Lambach (Büchertisch),
Ludger Temme (Homepage, Corporate desighn), Doris Wetzig
(Logistik, Enneagrammcafé)
Workshopleiter: Friedrich Karl Völkner (biblische Charaktere),
Anneliese Heine (Enneagramm und Heilung), Gerd- und Ute
Heck, Justrine Krause (Einführung Enneagrammworkshop),
Marion Küstenmacher, NN (Einführung in das Enneagramm
4 Personen), evt. Richard Rohr
Zur Umsetzung dieses Projektes sind wir auf die Mitarbeit
vieler Enneagrammfreunde angewiesen.
Bitte meldet euch bei Ulla Peffermann-Fincke, 0451/ 304292
oder Doris Wetzig, 040 60559296
Wie kann ich meine eigenen reformatorischen Fähigkeiten
entwickeln?
Wie kann ich Visionen entwickeln, die gemeinschaftsfähig
sind?
Wie kann ich Kraft finden, um in meinem Leben und in der
Gesellschaft etwas zu verändern?
Vision Deutschland
Vision Kirche
Vision einer Globalisierung des „Reich Gottes Glaubens“?
Die Podiumsgäste (z.T. zugesagt):
Christian Führer, Pfarrer, an der Nikolaikirche in Leipzig,
Mitinitiator der Montagsdemonstrationen, die zum Ende des
DDR – Staates führten.
Oliver Bierhoff, Manager der Deutschen Fußball Nationalmannschaft, organisierte den Aufbruch des Deutschen Fußballs während der WM im Juni 2006.
Richard Rohr OSB , Leiter des Centers for action and contemplation in Albuquerque, NM), einer der bekanntesten
christlichen Redner in den USA*
Bärbel Wartenberg-Potter, Bischöfin in der Nordelbischen
Kirche (Lübeck), Weltbürgerin, kennt von ihrer Arbeit beim
ÖRK die Situation der weltweiten Christenheit wie kaum ein
anderer
Marion Küstenmacher, Enneagrammlehrerin, Buchautorin,
Expertin in „Simplify your life“
Sabrye Tenberken, blinde Tibetologin, Gründerin der Blindenschule in Lhasa/Tibet und der weltweiten Organisation
„Braille ohne Grenzen“, die blinden Menschen Mut macht, ihr
Schicksal in die eigenen Hände zu nehmen
7.-9.6.2007 Infostand
beim Kirchentag in Köln
Auch beim Kirchentag in Köln werden wir wieder mit einem
Infostand auf dem Markt der Möglichkeiten vertreten sein.
Der Stand hat am 7, 8. und 9.6. 2007 jeweils von 10. – 18.00
Uhr geöffnet und dient als Anlaufstelle für interessierte KirchentagsbesucherInnen.
Bitte meldet euch bei Doris Wetzig, wenn ihr den Stand mit
betreuen könnt! (040 60559296)
Podiumsveranstaltung
während des Kirchentages in Köln
Themen:
Deutschland im Frühjahr 2007: Zwischen Stillstand und
Leidenschaft“
Welche Charaktereigenschaften zeichnen reformatorisch
begabte Menschen aus?
Welche Blockaden verhindern Reformationen und führen zu
Stillstand?
EnneaForum Termine
I
Regionale Gesprächskreise
Raum Aachen: Gisela Engel/Regina Walz. Ofdener Gracht 7,
52477 Alsdorf, Tel. 02404/55 64 2, [email protected]
Raum Ahrensburg/Hamburg-Nord
Doris Wetzig, Diekskamp 3 h, 22949 Ammersbek, Tel.: (040)
60 55 92 96, [email protected]
Dortmund: Erstes Treffen am 9.6.2006, 19.30 Uhr, Julia
Wendzinski, Bergmeisterstraße 15b, 44269 Dortmund, Telefon (0231) 4772030
Duisburg: Herbert Friedrich, Innsbrucker Allee 40, 47249
Duisburg, Tel. 0203/70 40 34 (Treffen einmal monatlich)
Freising: Sr Marie Helene Hübben, Vinzens-Pallotti-Haus,
Pallottiner Str. 2, 85354 Freising, Tel. 08161/96 89 0, maria@
cplusnet.de (jeweils dienstags, 9-11 Uhr, am 30.5., 4.7., 25.7.,
22.8., 19.9., 24.10., 28.11., 12.12.06)
Hamburg: Pamela Michaelis, Isestr. 55, 20149 Hamburg,
Te. 040/4 80 80 99, Fax: 040/ 4 80 17 87, pamela-michaelis@
t-online.de
Raum Köln/Bonn: Gerd Heck und Ute Fassbender-Heck,
Kantstr. 8, 53332 Bornheim, Tel. 02222/93 67 75, heck-aipf@
web.de
Marburg: Barbara Melnyk, In der Gemoll 42, 35037 Marburg,
Tel. 06421/3 49 35, [email protected]
Melsungen: Heidrun und Werner Lambach, Küstriner Str.
34, 34212 Melsungen, Tel. 05661/5 04 09, Werner.Lambach@
t-online.de (jeden letzten Donnerstag im Monat)
Reutlingen: Gisela Eichner, Hesseweg 2, 72581 Dettingen, Tel.
07123/87 86 1, [email protected] (Offene Gruppe, jeweils
am 3. Mittwoch im Monat, 19.30-22 Uhr, im Kath. Bildungswerk, Schulstr. 28, 72764 Reutlingen)
Raum Zürich: Ludwig Zink, Theseacher Str. 50, CH-8126
Zumikon, Tel. 0041/043 288 08 30, [email protected]
Ansprechpartner Frankfurt Main: Enneagrammgesprächskreis Hans Ide, Guiollettstr.35, 60325 Frankfurt am Main
handy 0175 547 5801.
Wer hat Interesse an einer Enneagramm-Gesprächsrunde im Raum Bad Vilbel (1 mal monatl.)?
Ein Raum steht zur Verfügung .Themen und Ablauf der Arbeit
in der Gruppe müssten wir uns gemeinsam überlegen. Bei
Interesse meldet Euch bitte bei : Marianne Nitsche, Vogelsbergstr. 8, 61184 Karben. Tel06039/3700.
e-mail: [email protected].
II EnneaForum Termine
Termine und Kursleiter
Enneagrammtrainer
Brigitte Beyer
NLP Trainerin und Coach (DVNLP), Enneagrammtrainerin
(IPE), Holtruperstr. 43, 48308 Senden, Tel. (0 25 97) 17 12,
Fax : (0 25 97) 9 67 07,
[email protected], www.nlp-enneagramm.de
Themen meiner Arbeit sind: Selbsterkenntnis, Spiritualität,
Heilung, Seminartitel: „Mich und andere besser verstehen und
erkennen“, „Mit mir und anderen im Einklang sein“, „Spielerisches
Entdecken der eigenen Fähigkeiten“, „Erfolgreich – ich selbst sein“,
„Selbstwert und Gesundheit leben“.
Weitere Informationen und aktuelle Seminartermine entnehmen
Sie bitte www.nlp-enneagramm.de
Michaele Casselmann / Norbert Lomb
Michaele Casselmann, Dipl. Psych., Dipl. Theol., Europ. Zertifikat für Psychotherapie
Norbert Lomb, Pfarrer, Europ. Zertifikat für Psychotherapie
Kasseler Str. 28, 37247 Großalmerode, Tel: 05604-6389
Email: [email protected]
Andreas Ebert
12.-13.1.2007 Vertiefungskurs zum Enneagramm: Von der Fixierung zum Charisma
Teilnahmevoraussetzung: vorheriger Einführungskurs bzw.
Lektüre eines Enneagrammbuches. Es ist hilfreich, wenn man
zumindest eine Vermutung im Blick auf das eigene Enneagramm-Muster hat.
Ort/Veranstalter: Spirituelles Zentrum St. Martin, Arndtstr. 8,
80469 München, in Kooperation mit der Evangelischen Stadtakademie München, Referenten: Andreas Ebert, Pfarrer – Wolfgang Zink, Dipl.-Sozialpädagoge, Kosten: 80 Euro
Anmeldung: bis 05.01.2007 unter [email protected]
Gisela Eichner
Erwachsenenbildnerin und Lektorin, [email protected]
Fr.Ebert-Str. 3 72581 Dettingen Tel.: 07123-87861
Angeboten werden: Einführungskurs/Vertiefungskurs-Beziehungen/Aufbaukurs-Spiritualität. Angebote in VHS und evgl.
+ kath. Erwachsenenbildungshäusern der Region BalingenTübingen-Reutlingen-Bad Urach-Münsingen-Ludwigsburg.
Rainer Fincke, Ulla Peffermann-Fincke
Dummersdorfer Str. 2a, 23569 Lübeck, Tel. (04 51) 30 42 92
Unsere Schwerpunkte sind : Spirituelle Arbeit mit dem Enneagramm, Betrachtung von Lebensthemen unter Berücksichtigung
des Enneagramms. Wir organisieren Seminare und Vorträgen zu
folgenden Themen : Einführung in das Enneagramm, Hilfe bei
persönlichen Entscheidungsfindungen, Verbesserung der kommunikativen Kompetenz, Motivationstraining, Enneagramm und
Beziehung, Hilfen zur Krisenbewältigung, zeitgemäße Ethik.
Lebenshilfe und Persönlichkeitsentwicklung mit dem Enneagramm
Gutes erhalten und Neues gestalten – Wege zu einem erfüllten
Leben
11.-14.06.2007 Gott suchen – Workshop mit Richard Rohr.
Erfahrungen auf dem Weg zu einem Glauben, der verwandelt
Workshopleiter: Br. J. Geiger OSB, Pastor F.-K. Völkner, Sr. Dr.
I. Eggemann
Gotthard Fuhrmann
Supervisor, DGSv
Winzerstraße 82 A, 01445 Radebeul, Tel. (03 51) 8 30 13 68 ;
[email protected].
Angeboten werden : Einführungskurs / Vertiefungskurs / Beziehungskurs / Neun heilende Bilder / Partnerschaft & Enneagramm
(Paar-Kurs) / Enneagramm & eigene Biografie (Doppelkurs).
Gearbeitet wird in allen Kursen mit Körperübungen, Wahrnehmungsübungen aus dem focusing, Imaginationen und mit
Erkenntnissen u.a. Dürckheims und seiner Schüler. Mindestalter
für die Teilnahme : 25 Jahre. Inhaltliche und terminliche Fragen
bitte an den Kursleiter. Info Finanzen und Anmeldung für alle
Kurse : Evang. Erwachsenenbildung Sachsen, Barlachstr. 3, 01219
Dresden, Tel. (03 51) 4 71 72 95, Fax (03 51) 4 72 09 32, [email protected]
Gündel/Häg /Moore
Gesellschaft für Enneagrammstudien
Schimperstr. 1, 68167 Mannheim, Tel./Fax (06 21) 1 44 49, [email protected], www.enneagrammportal.de
Professional Training Programm:
11.–16.1.2007
Typisierung & die höheren Aspekte, MA/HD
Seminare:
13.–15.7.2006
Enneagramm – Alltag – Psychotherapie
– Spiritualität, Allgäu, Arlene Moore und Uwe Doll
Fortlaufende Gruppen: Entwicklung mit dem Enneagramm
Di. 19–21 Uhr, “out of the maze“, 14-täglich mit Jürgen Gündel, Mannheim
Di. 20–22 Uhr, 1× im Monat, mit Pamela Michaelis, Hamburg
dienstags, Termine auf Anfrage, mit U. und S. Doll, Allgäu
Do. 20–22 Uhr alle zwei Monate mit M. Sonderegger, Luzern
Kontakte für weitere Informationen:
Mannheim: Jürgen Gündel – [email protected], Arlene
Moore: [email protected]
Hamburg: Pamela Michaelis –[email protected]
Allgäu: Uwe Doll – [email protected]
Luzern (CH) – [email protected]
Gerd Heck und Ute Faßbender-Heck
Arena-Praxis für psycholog. Fortbildung (aipf), Kantstr. 8,
53332 Bornheim, Tel. (0 22 22) 93 67 75, Fax (0 22 22) 93 67 73,
[email protected].
E. für Paare ; E. für Lehrer ; E. für pflegende Berufe ; Individuelle
Partnerschaftsanalyse für Einzelpaare ; Diagnose–Beratung–Training, Termine/Kosten auf Anfrage. Alle Kurse finden statt in der
Arena-Praxis Bornheim.
Kurse in der Kommunität Grimnitz/Brandenburg Joachimsthal :
Psychologie praktisch : Menschenkenntnis nach dem E. ; Bibel
lebendig : Bibliodrama in Aktion. Info bei uns.
Sr. Marie-Helene Hübben msc
Pallotti-Haus, 85354 Freising, Tel. (0 81 61) 96 89-16
[email protected], www.pallottiner-freising.de
Einführung in das Enneagramm
30.5.; 25.7.; 22.8.; 19.9.; 24.10.; 28.11.; 12.12.06
Einführung in das Enneagramm:
Barbara Hugentobler-Rudolf/Gustav Etter
Barbara Hugentobler-Rudolf, VDM, Lettenstr. 3, CH-8126
Zumikon/ZH, Tel. +41.44.918.05.88/FAX +41.44.918.21.49,
E-Mail : [email protected]
Meine Schwerpunkte : Seelsorgerliches Beraten und Begleiten, spirituelles Heilen, Meditationsleiterin, Enneagrammlehrerin
Enneagramm-Austausch Gruppe « miteinander wachsen » in
Zürich, Nähe kunsthaus ca. 4x pro Jahr, Mittwoch 19–21 Uhr
Eigene Enneagramm-Einführungskurse in Kirchgemeinden auf
Anfrage
Gustav Etter-Schuler, Pfarrer, Hegiweg 5, CH-8193 Eglisau/ZH
Tel. +41.44.867.32.81, FAX +41.44.867.09.46, [email protected]
Meine Schwerpunkte sind: Erwachsenenbildung, Meditationsleiter,
Enneagrammlehrer
Enneagramm-Austauschgruppein Zürich, 6-wöchentlich, jeweils
donnerstag, 19.45–21.45 Uhr
Tagesseminare in Zürich : « Entwicklungswege mit den Flügeln »,
« Entwicklungswege mit den Trost- und Stresspunkten », « Einführung in die spirituelle Dimension und die spirituelle Praxis »
Dr. Samuel Jakob
Halden 132, CH 5728 Gontenschwil, Tel. 0041 (0)62 773 13 31,
Fax 0041 (0)62 773 82 68, [email protected];
Kurse und Vorträge auf Anfrage.
Dipl. Päd. Johanna Jesse-Goebel
Sauerbruchstr. 12, 45470 Mühlheim/Ruhr, Tel. (02 08) 38 10
56, Fax 38 10 57, e-Mail : [email protected]
Ich arbeite mit Konzepten der Transaktionsanalyse und
Erkenntnissen des Enneagramms (nach H. Palmer).
Koller Dietrich
19.-20.1.2007 Martin Buber: „Der Weg des Menschen nach der
chassidischen Lehre“ Wir erarbeiten den Text und verbinden
ihn mit spirituellen Übungen, die der Aneignung dienen.
Ort: Spirituelles Zentrum St. Martin, Arndtstr. 8, 80469
München, Kosten: 60 Euro, Anmeldung: bis 12.01.2007 unter
[email protected]
Justine Krause
Beratung – Supervison – Coaching – Seminare
Niendorfer Kirchenweg 5e, 22459 Hamburg, Tel.: 040/588009
[email protected]
Werner Lambach
Küstriner Str. 34, 34212 Melsungen, Tel. (0 56 61) 5 04 09, Fax
92 13 31, [email protected]
Auf Anfrage Enneagrammseminare vor Ort für einzelne Gruppen oder Gemeinden. Individuelle Wünsche zu Seminarinhalten/-schwerpunkten können mit mir abgestimmt werden.
Einzelberatung/-begleitung (Lebensberatung) : Kosten auf
Anfrage ; im Rahmen dieser Einzelgespräche wird auf die
individuellen Fragen des eigenen Typs intensiv eingegangen.
Die Beziehungsdynamiken z.B. zwischen PartnerIn, Kindern,
Eltern, Kollegen werden aufgezeigt. Diese Gespräche können
einzeln oder auch als Paar, je nach Bedarf bzw. auch prozessbegleitend über einen längeren Zeitraum durchgeführt
werden. Die Einzelberatung bietet sich besonders in Schnittstellensituationen des Lebens an (Neubeginn privat/beruflich,
Trauer, Trennung/Scheidung etc.).
EnneaForum Termine
III
Margit Lambach-Bialowons
Enneagramm- und Bibliodrama-Kurse, Pangesweg 11, 34132
Kassel, Tel. (05 61) 4 00 37 77, [email protected]
16.–20.4.07 „Einführung ins Enneagramm mit Streß- und
Trostpunkt-Integration“, Bildungsstätte St. Bonifatius, Bonifatiusweg 1-5, 59955 Winterberg, Tel.: 02981-92730, Fax: 029819273161; e-Mail: [email protected]
22.–26.10.07 Bibliodrama „Aus Lähmungen zur Lebendigkeit“
- mit enneagrammatischer Auswertung; Bildungsstätte St.
Bonifatius, Bonifatiusweg 1-5, 59955 Winterberg, Tel.: 0298192730, Fax: 02981-9273161; e-Mail: [email protected]
Pamela Michaelis
zert. Enneagrammlehrerin, Supervisorin, Trainerin
Typisierungsinterviews, Einzel- Paar- und Teamcoaching.
Spirituelles Wachstum – Transformation der Leidenschaft
– fortlaufende Gruppe in Hamburg, Isestrasse 55,
20149 Hamburg, Tel. (0 40) 4 80 80 99, Fax. (0 40) 4 80 17 87,
e-Mail : [email protected]
Wendzinski, Julia
Enneagramm-Trainerin (ÖAE)
Bergmeisterstraße 15b, 44269 Dortmund, 0231/4772030,
[email protected]
24.-25.11.2006 Enneagramm-Einführungskurs
Anmeldung: VHS Schwerte, Am Markt 11, 58239 Schwerte, Tel.
(02304) 104-850, Fax: (02304) 104-877, [email protected], www.
kuwebe.de unter Kompetenzen für Beruf und Alltag
9.12.2006 Enneagramm-Fortführungskurs - für Teilnehmer
des Enneagramm-Einführungskurses
Anmeldung: VHS Schwerte, Am Markt 11, 58239 Schwerte, Tel.
(02304) 104-850, Fax: (02304) 104-877, [email protected], www.
kuwebe.de unter Kompetenzen für Beruf und Alltag
2.-3.2.2007 Enneagramm-Einführungskurs
Veranstalter und Anmeldung: Katholische Bildungsstätte
Dortmund, Propsteihof 10, 44137 Dortmund, Tel. (0231)
1848-132, Fax: (0231) 1848-137, [email protected], www.
fbs-dortmund.de unter Familienzeit/ persönliche Kompetenz
Doris Wetzig
Carola Modrejewski
Lebenswerkstatt. Individuelle Lebensberatung – Seminare
Langer Kamp 25, 31139 Hildesheim, Tel. (0 51 21) 20 87 11,
Fax 20 87 13, e-Mail : [email protected]
Dagmar Levsen
Enneagramm Trainerin, Typisierung
Gothastr. 46, 53757 Sankt Augustin, Tel./Fax 02241-332254
e-Mail: [email protected]
Zum Ehrentag, für alle Feste, / Ist eine Rede doch das Beste.
Ich schreib´, was Ihnen steht im Sinn. / Ob ernst, ob froh, in
Versen hin ! / Auch Panto Mime führ´ ich auf, / Neun Typen
Mensch, die hab´ ich drauf, / So nimmt Ihr Fest den schönsten
Lauf !
„Rede & Mime“, Tel./Fax 02241-332254
e-Mail: [email protected]
Sonderaufführung nach Wunsch: „Dinner for Nine”
Hans Neidhardt + Karin Kunze-Neidhardt
Moltkestr. 18, 69469 Weinheim
Hans Neidhardt : Tel. (0 62 01) 18 68 05, Fax (0 62 01) 18 68 06,
www.hans-neidhardt.de , [email protected]
Karin Kunze-Neidhardt („Mensch und System“) : Tel. (0 62 01)
50 72 78, Fax (0 62 01) 50 72 99, www.mensch-und-system.de
[email protected]
Enneagramm live – der Basiskurs:
12 Abende im Herbst 2006, Hirschberg (bei Heidelberg),
Leitung: Karin Kunze-Neidhardt und Hans Neidhardt,
weitere Kurstermine auf Anfrage
Miteinander wachsen – die Jahresgruppe für Paare:
7.–10.12.06., 28.3.-1.4.07, Schloss Schwanberg (bei Würzburg),
Leitung: Karin Kunze-Neidhardt und Hans Neidhardt
Enneagramm-Intensivtraining:
23.-26.11.06, 1.–4.2.07, 19.-22.4.07, Hirschberg (bei Heidelberg),
Leitung: Karin Kunze-Neidhardt und Hans Neidhardt
IV EnneaForum Termine
Enneagramm-Trainerin (ÖAE)
Diekskamp 3 h, 22949 Ammersbek (U-Bahnstation Hoisbüttel), Tel.: (040) 60 55 92 96, [email protected]
Ich arbeite mit Informationen, Selbsterfahrung und Wahrnehmungsübungen und biete Enneagramm-Einführungs- und
–Vertiefungskurse an. Die Kurse sind für Frauen, Männer, Singles
oder Paare gleichermaßen geeignet, die ihre soziale Kompetenz
verbessern wollen und zu mehr Verständnis und Zufriedenheit
in ihrem persönlichen und beruflichen Umfeld gelangen möchten.
Einzeltermine nach Vereinbarung.
Enneagramm-Einführungsangebote:
12.-13.1.2007 VHS Sachsenwald in Reinbek
16.-17.2.2007 VHS Brunsbüttel
23./24.2.2007 VHS Ahrensburg
9.+10.3.2007 VHS Sachsenwald in Reinbek
Enneagramm-Vertiefungsangebote:
24.+25.11.2006 Begegnungsstätte Hamburg-Bergstedt
16.+17.3.2007 VHS Ahrensburg
11./12.5.2007 VHS Sachsenwald in Reinbek
Detailinformationen, Adressen und Tel.-Nummern unter
www.doris-wetzig.de oder unter meiner o.g. Tel.-Nummer.
Dipl.-Päd. Gerald Weidner
Im Kammerfest 3, 63628 Bad Soden Salmünster, Tel. ( 0 66 60)
17 42, e-Mail : [email protected]
Einführungs- und Vertiefungskurse unter Einbeziehung der Logotherapie V. Frankls und der Dialogischen Philosophie M. Bubers.
Jürgen Werner & Ulf Tödter –
Seminare & Coaching
Wintererstr. 59, D-79104 Freiburg, Tel. (07 61) 20 22 98-6,
Fax 20 22 98-7, e-Mail : [email protected] ;
www.werner-und-toedter.de.
Seminarangebote und zusätzliche Informationen zu diesen Seminaren finden Sie auf unserer Homepage.
www.plansecur.de
Plansecur zum Thema – Geld und Beratung
„Das Maß jeder Plansecur-Beratung sind
die Menschen, die sie in Anspruch nehmen.
Überzeugen Sie sich selbst!“
Berater und Begleiter zu
sein – das ist meine
eigentliche Berufung.
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Agentur für Kommunikation
www.k-und-g.net
Zwei Dinge haben
mir immer Freude
bereitet: der Umgang mit Zahlen
und die Beratung
und Begleitung
von Menschen.
Deshalb war ich
nach meiner Tätigkeit als Bankkaufmann und einer
theologisch-pädagogischen Ausbildung im diakonischen und kirchlichen Bereich tätig.
Dabei wurde mir klar: „Berater und
Begleiter zu sein – das ist meine
eigentliche Berufung.“ Seit 1995 bin
ich selbstständiger Plansecur-Berater,
seit 1998 auch Gesellschafter der
bundesweit tätigen Unternehmensgruppe. Hier kann ich diese beiden
Begabungen gleichermaßen leben: Ich
möchte nicht nur ein Experte für
Finanzfragen sein, sondern auch ein
Ratgeber, dem man vertrauen kann
und der sich dauerhaft um die anstehenden Fragen gewissenhaft kümmert. Ich sehe es als ein Geschenk an,
dass dies auch die Beratungsphilosophie der Plansecur ist.
Ganzheitliche Vermögensberatung und systematische Finanzplanung, wie sie
die Plansecur seit mehr als 15 Jahren praktiziert, beginnt nicht immer mit einem
Vermögen. Aber stets mit einem fachkundigen Rat und einem individuellen Plan.
Denn kein Mensch gleicht dem anderen. Entsprechend vielfältig sind die Wünsche und Ziele, die unsere Kunden mit Hilfe ihres persönlichen Beraters verwirklichen: ■ Vernünftige Grundabsicherung der ganzen Familie ■ Kapitalaufbau
mit Maß und System ■ Ertragreiche Geldanlagen ■ Vorsorge fürs Alter ■ Tragfähige Hausfinanzierungen ■ Solide Konzepte für Existenzgründer ■ Kurzum –
beruhigende Sicherheit in allen persönlichen und beruflichen Geldangelegenheiten.
Doch bei aller Vielfalt, eines haben unsere Kunden gemeinsam: den Wunsch, verantwortungsvoll und erfolgreich mit ihrem Geld umzugehen, um das Beste aus
ihrer jeweiligen Vermögenslage zu machen. Darum vertrauen sie der Plansecur.
Sie haben erfahren, dass sie hier nicht nur bedarfsgerecht und kompetent beraten werden, sondern auch glaubwürdig.
Falls auch Sie Sicherheit in all Ihren privaten und beruflichen Geldfragen wünschen und individuellen Rat suchen, dann sollten wir uns einmal näher kennen
lernen. Bei dieser Gelegenheit können wir über die Plansecur, unser Beratungsangebot und ebenso ausführlich über Ihre Ziele und Wünsche sprechen. Rufen
Sie doch einfach einmal an. Zeit für ein gutes Gespräch findet sich immer.
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Das Sich-vergleichen-mit-anderen, welches mir Ansporn
zum so-genannten Weiterkommen im Beruf diente, wird
durch Erspüren der Einmaligkeit eines jeden Menschen
ergänzt. Das Annehmen, dessen, was i s t, wird die Lernaufgabe: „Es ist, was es ist, sagt die Liebe“ - so Erich Fried.
Langsam befreie ich mich mit diesen Gedanken auch aus
der Falle des „Komm her – geh weg“ in nahen Beziehungen.
Welche Befreiung für ein Vierermuster!
Heute glaube ich, dass die Krankheit ein lauter Hilfeschrei meiner Seele war.
Durch die Symptome einer Erkrankung dient mir mein
Leib als Wegweiser, was in mir leben möchte, was ich bisher
verhindert habe. Ich denke, Krankheit gilt es nicht in den
„Griff “ zu bekommen, sie zu bekämpfen. Stattdessen darf ich
mich in sie hineinspüren und sie fragen, was sie mich lehren
will. Was will durch meine Krankheit zum Leben erweckt
werden?
Im Gang durch eine schwere Erkrankung habe ich vielfältige Wandlung erfahren:
– Eine Vertiefung der Beziehung zu mir, zu Gott und den
Menschen
– Die Versöhnung mit Menschen und Situationen
– Das Aufspüren einer seit längerer Zeit verschütteten
Quelle der Kreativität in meinem Inneren
– Das Anerkennen des Rhythmus eines „Stirb und Werde“
im Leben
– Das Erkennen des Schönen im Gewöhnlichen, eine
„Mystik im Alltag“ meines Lebens
– Die Erkenntnis: Heilung kann ich nicht „machen“, sie
wird mir geschenkt, ich darf dafür offen werden
– Im Wendepunkt der Erkrankung verändert sich mein
Lebensentwurf.
Heute heißt dies für mich: Meine „Ortkenntnis“, die ich im
Durchleben von Schmerz und Abschied gewonnen habe,
macht mich zur Kundigen für Menschen in ähnlichen Krisenverläufen. Die Sinne sind geschärft, ich erkenne, welche
eigentlichen Fragen beantwortet werden wollen, wenn ein
Mensch in Krankheit und Krise gerät.
Mein Aufgabenfeld hat sich gewandelt. Heute begleite
ich Menschen mit Krebserkrankungen unter Zuhilfenahme
der Landkarte des Enneagramms. Gemeinsam mit einer
Gestaltseelsorgeberaterin leite ich Trauerbegleitungsgruppen. Menschen mit Verlusten haben in Solidarität mit
anderen Betroffenen die Chance, der Trauer als Ausdruck
der Liebe Raum zum Durchleben zu geben, um zum Leben
neu aufzuerstehen.
Ich danke dem ÖAE für die Möglichkeit der Teilnahme
an einem Pilotkurs zur Enneagrammtrainerin. In meiner
Biografie war das Angebot des Enneagramm-Trainerkurses
eine wichtige Erfahrung auf dem Weg meines Heil-werdens mit anderen lebenserfahrenen Mitlernenden. Ute und
Gerd Heck als Leitung haben mich in liebevoller Achtsamkeit gefordert und gefördert. Durch die unterschiedlichen
Ansätze der mitwirkenden Dozentinnen und Dozenten und
der Verbindung von sowohl christlich orientiertem als auch
psychologisch gegründetem Anschauen des Enneagramms
bin ich befähigt worden, je nach Zielgruppe aus der Vielfalt der Wege mit situativer Kompetenz ein angemessenes
Kurskonzept zu entwickeln.
EnneaForum 31
Das Fundament ist gelegt. Meine Aufgabe sehe ich darin,
auf der Grundlage des Trainerkurses alte und neue Lernund Lebenserfahrungen auszubauen und miteinander zu
verknüpfen. Die Weisheit des Enneagramms ist für mich
eine wichtige Orientierung auf dem Weg meiner Heilung
geworden. Ich danke allen Lehrerinnen und Lehrern,
„Geburtshelferinnen und Geburtshelfern“ auf meinem Weg
zum „Mensch-werden“.
Das anspruchsvolle Thema der Jahreshauptversammlung
2007 ist für mich ein Ansporn zur Weiterarbeit in meinen
Kurs- und Begleitungsangeboten. Mein Dank gilt auch
Mitwirkenden der Tagung für die fundierten Statements und
die künstlerische Ausgestaltung des Gesamtrahmens. Die
Segnung in der Thomasmesse möge das Wirken des Geistes
unterstützen und im Alltag begleiten.
Schließen möchte ich meine Gedanken mit einem mir
wichtig gewordenem Gebet von Romano Guardini:
„Immerfort empfange ich mich aus Deiner Hand.
Das ist meine Wahrheit und meine Freude.
Immerfort blickt mich voll Liebe
Dein Auge an, und ich lebe aus
Deinem Blick, Du mein Schöpfer und mein Heil.
Lehre mich in der Stille
Deiner Gegenwart
das Geheimnis zu verstehen,
dass ich bin.
Und dass ich bin durch Dich
und vor Dir
und für Dich.“
Heilende Begegnung mit dem „verlorenen“ Vater
„Ver-töchterung“ mit ihr. Doch mein Stellvertreter-Vater, den
ich anstelle meines Vater vor Dankbarkeit umarmen wollte,
ließ dies nicht zu. Dieser St.-Vater war gefühlskalt. Das
kannte ich an meinem Vater nicht. Mir war, als verliere ich
meinen Vater! Ich war völlig niedergeschlagen und verwirrt.
Im zweiten Block versuchte ich in Übungseinheiten noch
einmal meinem Vater näher zu kommen. Doch auch dieses
von Sr. Marie-Helene Hübben
Mal wurde ich enttäuscht. Er war wütend über mich, was
Mein Vater war für mich in meiner Kindheit der Wichtigste.
ich nie erlebt hatte. Viele Male habe ich vom ersten AusbilSpäter, in einer EMDR- Therapie wechselte das innere
dungsblock an gebetet, Gott, der Vater, möge sich erbarmen
Bild immer zwischen Schutzengel und Vater. Das stimmt,
und die Verwirrung in bezug auf meinen leiblichen Vater
sagte ich mir, das stimmt! Mein Vater ist mein Schutzengel
wegnehmen oder mich erkennen lassen, dass ich mich geirrt
gewesen. Einer, der wollte, dass ich lebte, als ich „halbtot“
hatte. Mehr als 50 Jahre war ich auf dem Weg zu meiner
geboren wurde.
Mutter, aber der „Vater-Verlust“ von ca. 3 Monaten machte
Er hat an meinem Bettchen gebetet, und als er gefragt
mich fertig.
wurde was er da mache, sagte er: „Was ich da jetzt hinein
Hatte ich mich tatsächlich geirrt? Habe ich meinen Vater
gelegt habe kann niemand mehr wegnehmen“! Meine Mutter
hatte sich wegen ihrer harten Lebensgeschichte, der strengen überidealisiert? Habe ich in meiner Blindheit mir selbst ein
gutes Vaterbild zurecht gebastelt, was gar nicht stimmt? Bin
Kirche in ihrer Heimat (Holland) und der häuslichen Armut
ich einer Täuschung aufgesessen? Wenn ja, dann hätte das
eher von der Kirche distanziert.
furchtbare Konsequenzen für mein Leben. Von nun an würde
Meine Mutter wusste, was in ihrem Mann steckte, aber
ich mehr vom Misstrauen den Menschen und mir selbst
sie konnte es nicht erwecken, die Kriegserfahrung als
gegenüber leben als vom Vertrauen. War die Wahrheit, die
jugendlicher Soldat hatte seine Sanftmut in Ohmacht
Gerechtigkeit, die Sanftmut, die Liebe, die zwischen uns hin
verwandelt, wenn es um ihn selbst ging. Mein Wesen und
und her floss, alles nur ein Hirngespinst meiner Kinderseele?
die Art zu handeln glichen genau meinem Vater. Deshalb
Ich betete zu Gott dem Vater, er möge meine Blindheit
hatte ich es auch schwer mit meiner Mutter, die streng mit
erleuchten oder mir den „verlorenen Vater“ wiedergeben.
mir umging, wenn ich in einer Ecke saß und las. Durch die
Dann kam eine dritte Übungseinheit. Ich versuchte es
unterbrochene Hinbewegung zur Mutter im frühen Kleinnoch einmal mit meinem Vater. Ich kniete mich vor die
kindalter und die Missverständnisse zwischen ihr und mir
Stellvertreter-Person und sagte: „Du bist der Große, ich bin
war ich familien- therapeutisch die „bessere Frau meines
die Kleine, du bist der Vater und ich bin das Kind und das
Vaters“. Mit sechzehn formulierte ich mein Lebensthema:
bin ich gern!“ Da hob mich der Stellvertreter vom Boden
„Wenn Gott in Jesus Christus weiß, was Leiden
auf, mit einer Sanftheit und Liebe, nahm mich in den Arm
bedeutet, dann will ich mit ihm zusamund sagte: „Es ist eine Freude, ein Kind wie Dich zu haben.“
men helfen, Leiden zu lindern.“
Ich weinte wie ein Kind, denn ich hatte endlich meinen
Nach der diesjährigen Jahres„verlorenen Vater“, so wie ich ihn kannte, wiedergefunden.
hauptversammlung in Eisenach
Gleichzeitig hatte ich durch meine Sehnsucht nach meinem
besuchte ich den letzten Block
einer Fortbildung über “Bibel und Vater, den mich aufrichtenden, göttlichen Vater erfahren, der
mich umarmte und sich über mich freute. Jetzt erst, nach 60
Familientherapie“. Die Erfahrung
Jahren, erlebte ich Schutz und Stärke dieser Vaterkraft.
mit zwei Stellvertretern meines
Was war geschehen? Die zwei Stellvertreter, die mich so
Vaters führte mich in eine tiefe
verwirrt hatten, stellten auch Eigenschaften meines Vaters
Verwirrung, die ich monatelang
dar, die meine Mutter vermutlich besser kannte als ich. Uns
nicht wegstecken konnte. Zum
Kindern gegenüber hatte der Vater diese Seiten nicht gelebt.
ersten Mal stellte ich – durch
Die erlösende Erfahrung kam, als ich mich klein machte vor
Stellvertreter – meine Familie
„meinem Vater“. Heute weiß ich, dass dadurch die Haltung,
auf. Die Stellvertretedie bessere Frau für ihn zu sein, aufgehoben wurde. Der Vater
rin meiner Mutter
konnte liebevoll reagieren, weil ich wirklich mit Freuden zum
bestätigte die
Kind geworden bin. Ich habe mich klein gemacht, und ich
Tatsache
fühlte, dass er wirklich der Große ist und ich nur das Kind.
meiMit einem Mal war es gut. Ich war glücklich und frei. Voller
ner
Dankbarkeit erkennen ich die Güte des VATER GOTTES
der mich in und durch diese Krise geführt hat. Ich habe ihn
wiedergefunden; IHN den zärtlichen Gott, der darum wirbt,
geliebt zu werden. ER hat mich nicht im Stich gelassen. Sein
ohnmächtiger Sohn dessen Bild in mein Herz gebrannt war,
ist der Ausdruck seiner BARMHERZIGKEIT , die seine
GERECHTIGKEIT vollendet. ER hat meine Hand genommen und mich „vor SEIN Angesicht“ gestellt. Und das alles
bei einer kleinen, familientherapeutischen Übung.
EnneaForum 31 „ … und Enneagramm“, „Enneagramm und … “
Wider eine unzulässige Vermengung
ein Diskussionsbeitrag von Siegfried Götz
Diese Geschichte mag historisch nicht verifizierbar, also nur
Wichtige Vorbemerkung: Bei der JHV 2007 in Eisenach
„gut erfunden“ sein. Doch meine Gesprächspartner können
haben wir bedeutende und hilfreiche Vorträge von kompedurch die darin geschilderten Umstände recht gut und schnell
tenten Fachleuten gehört. Durchgehende und wichtige Aussagen sind für mich u.a. gewesen: 1. Wenn der Enneagramm- verstehen, was das Enneagramm aussagt, vor allem aber, dass
es eine nachprüfbare und gültige Wahrheit über alle Menschen
Typ eines Menschen bekannt ist, kann man ihm bei einer
vermittelt.
Beratung usw. viel besser als sonst gerecht werden. 2. Jeder
Den Betreffenden wird vor allem deutlich, dass das EnneEnneagramm-Typ hat seine je eigenem Vorgaben und Ziele.
agramm nicht in den diffusen Bereich der Esoterik [1] gehört,
Wenn sie beachtet werden, gelingt es, dem Betreffenden mit
sondern eine erkennbare Realität benennt, die im jeweils
Psychologie und/oder anderen bewährten Methoden viel
eigenen Leben ihren Platz hat, sogar dann, wenn man sich
wirksamer und anhaltender als sonst zu helfen.
nicht sofort einem der neun Muster zuordnen kann und die
Ich habe durch diese Vorträge und Darlegungen erfreulicherweise eine volle Bestätigung meiner Kenntnisse über das Vielzahl der Aussagen noch nicht kennt.
Enneagramm und meiner Erfahrungen mit ihm erlebt und
[1] Wenn man in Nachschlagewerken usw. nach dem Begriff
möchte mich dafür aufrichtig bedanken.
„Esoterik“ sucht, begegnet einem darin eine unübersichtliche
Das Folgende ist also nichts mit dem zu tun, was wir in
und zum Teil sogar widersprüchliche Vielzahl von DefiniEisenach zum und fürs Arbeiten mit dem Enneagramm
tionen und Erklärungen. Für mich habe ich die (vielleicht
vernommen haben. Ich möchte hier vielmehr ein Problem
unvollständige) Fassung gefunden: „Esoterik benennt ein
ansprechen, das mich schon seit vielen Jahren beschäftigt.
Geheimwissen, das 1. nur Eingeweihten zugänglich ist, 2. mit
wissenschaftlichen Methoden nicht beweisbar/ verifizierbar ist,
1994 habe ich über das Buch von Richard Rohr und Andreas
3. neben Gott oder gar ohne ihn mit Mächten rechnet, die nur
Ebert das Enneagramm kennen gelernt. Als damals Verantmit geheimen Methoden (mit sog. „Arkanwissen“) beeinflusswortlicher für Erwachsenenbildung in der Ev. Kirchengebar am Werk sind, 4. von Menschen, die sich darauf eingemeinde Lorch habe ich bald danach das Enneagramm ins
lassen haben allen logischen Gegenargumenten zum Trotz
Programm genommen, um dieses Wissen auch anderen
hartnäckig festgehalten wird.“ Was mir nun aber doch sehr zu
zugänglich zu machen. Es hat zwei gut besuchte Enneaschaffen macht, ist die Beobachtung, dass die unterschiedlichsgramm-Tagesseminare unter der Leitung von Frau Gabriele
ten Leute das Enneagramm als eine Art Stütze [2] für ihre Sicht
Mück aus Göppingen–Faurndau gegeben. Sie hat sich sogar
der Dinge verwenden und dann (oft sogar stillschweigend)
anschließend bereit erklärt, für uns eine auf drei Jahre angeeine der im Titel genannten Kombinationen „..... und Ennelegte Enneagramm-Gruppe weiterzuführen.
agramm“ bzw. „Enneagramm und .....“ gebrauchen, also das
Persönlich habe ich das Enneagramm (als „6er“) mehr
Enneagramm mit ihrer je eigenen Vorstellung vermengen.
und mehr – vor allem in einer hinter mir liegenden massiven Krise – als eine wahre Lebenshilfe erfahren, speziell
[2] Dieses Phänomen dürfte nicht nur mir, sondern uns allen
auch im Bezug auf meinen „Trost- und Stresspunkt“. Ich
immer wieder begegnet sein: Aus dem dumpfen Gefühl heraus,
habe z.B. gelernt und erkannt, dass ich Menschen, die mir
sich einer letztlich doch fragwürdigen Sache zugewandt zu
weh getan und sogar geschadet haben, nicht (mehr) hassen
haben, wird nach Argumenten aus anderen Bereichen gesucht,
muss, sondern von ihnen sagen kann: „Wegen ihrer Ennenach den oben genannten „Stützen“. Nehmen wir als eher
agramm-Vorgabe haben sie so gehandelt, vielleicht sogar
unverfängliches Beispiel den Kreationismus, also die Behauphandeln müssen“.
tung, dass der biblische Schöpfungsbericht und auch alle
Bekanntlich sind die Ursprünge des Enneagramms nicht
sonstigen Bibelaussagen wortwörtlich zu nehmen seien: Man
mehr genau zu ermitteln. Wenn ich – was immer wieder
hantiert da mit Begriffen wie z.B. „Entropie“ (oft ohne genau
geschieht – jemandem das Enneagramm nahe bringen will,
zu wissen, was mit diesem physikalischen Ausdruck gemeint
erzähle ich die mir irgendwann und irgendwo mitgeteilte
ist) und schreckt nicht einmal vor Täuschungen zurück, z.B.
Geschichte von einem großen Kloster im Mittelalter. Dort
wenn das Foto eines Fossils um 180° gedreht wird, und man so
habe eines Tages ein Mönch eine Art Gedankenblitz gehabt:
den optischen Eindruck entstehen lässt, als sei da kein uraltes
„Meine Mitbrüder erleben Tag für Tag genau das Gleiche:
versteinertes Lebewesen sondern nur ein fast schon neuzeitgleicher Tagesablauf, gleiche Gottesdienste, gleiche Mahllicher Abdruck eines Sintflutopfers zu erkennen.
zeiten, gleiche Lesungen im Kapitelsaal, gleiche Arbeit und
vieles andere mehr. Die müssten sich doch im Lauf der Zeit
Erstens die Konstellation „ … und Enneagramm“
immer ähnlicher oder sogar einander gleich werden.“ Er
habe sie darauf genauer angesehen und dann erkannt, dass
Was ich immer wieder beobachten muss, ist vor allem die wohl
sie neun verschiedene Formen der Lebensgestaltung und
am häufigsten vorkommende Vermischung der Astrologie mit
-bewältigung haben, eben die sogenannten „neun Gesichter
dem Enneagramm.
der Seele“, die das Enneagramm beschreibt.
Öfter als mir lieb ist, habe ich schon jemanden sinngemäß
EnneaForum 31
sagen hören: „Was und wie ich laut Astrologie und deren
Horoskope als Wassermann/Fische/ Widder usw. bin, ist für
mich bisher uneindeutig gewesen. Doch nun lässt sich das
endlich zu meiner Zufriedenheit untermauern oder sogar
beweisen mit dem Enneagramm-Typ Nr. ...“.
Man beachte dabei, wie bezeichnenderweise die Reihenfolge abläuft: die Astrologie hat den Vorrang, das Enneagramm wird zu ihrem bloßen Hilfsinstrument.
Dazu möchte ich ganz kurz auf zweierlei verweisen:
1. Hier liegt zunächst eine sog. „Koinzidenz“ vor: Zwei
gleichzeitig ablaufende oder sonst wie beobachtbare
Tatbestände oder Ereignisse werden in einen ursächlichen
Zusammenhang gebracht. Wenn man danach sucht und vor
allem auch von diesem „Wechselwirkungsschema“ überzeugt
ist, kann es zu den eigenartigsten Koinzidenz-Aussagen
kommen. Wie wenn zum Beispiel an einem schwülen Sommertag ideale Lebensbedingungen für bestimmte Bakterien
herrschen, so dass ungekühlte Milch schneller als sonst
„sauer“ wird. Andererseits kann es an so einem Tag auch
ein Gewitter mit Blitz und Donner geben. Der KoinzidenzSchluss lautet dann: „Blitz und Donner machen die Milch
sauer“.
2. In der Astrologie (speziell in ihren Horoskopen) spielt
aber erwiesenermaßen auch der sog. „Barnum-Effekt“ eine
entscheidend große Rolle. Ich zitiere dazu aus der Internetseite der „GWUP“ („Gesellschaft zur wissenschaftlichen
Untersuchung von Parawissenschaften“): „Barnum-Effekt. ...
Darunter versteht man die Tendenz, allgemeine und vage
gehaltene Aussagen als für einen persönlich zutreffend zu
betrachten. Typische Barnum-Aussagen wären ‚Sie neigen
zur Selbstkritik’ oder ‚Zuweilen haben Sie ernste Zweifel, ob
sie eine richtige Entscheidung getroffen oder das Richtige
getan haben’. Fast 100 % von beliebig befragten Personen
bejahen diese Aussagen.“
Was von der Astrologie zu halten ist, müsste spätestens
seit 30 Jahren klar sein, als Hoimar von Ditfurth und Volker
Arzt nach ihrer Fernsehsendung über die Astrologie im Jahr
1977 die alles widerlegenden und alle Astrologen mit ihren
Ansprüchen bloßstellenden Ergebnisse in ihrem Buch von
1978 veröffentlicht haben. (Hoimar von Ditfurth / Volker
Arzt: „Querschnitt – Dimensionen des Lebens II“. Hoffmann
und Campe, Hamburg, 1978, S. 182 – 197)
Aktueller sind die Ausführungen der „GWUP“ in
Roßdorf bei Darmstadt, z.Z. nachzulesen unter http://www.
gwup.org/themen/texte/astrologie/, wo unter anderem
steht: „Warum ein solcher Zusammenhang (zwischen den
Stellungen von Gestirnen und irdischen Geschehen) überhaupt existieren soll, bleibt offen. Die GWUP hat zudem auf
einen sehr eigenwilligen Tatbestand hingewiesen:„Auf ihrer
Generalversammlung hat die Internationale Astronomische
Union am 24. August 2006 beschlossen, Pluto künftig nicht
mehr als Planet zu zählen“, sondern nur noch als „Zwergplanet“ zu bezeichnen. Das hindert den Deutschen Astrologenverband (DAV) aber nicht daran, Pluto weiterhin als gleichwertig mit den „richtigen“ 8 Planeten in ihre Horoskope
einzubauen. Die leichthin vorgenommene Vermischung der
9 Typen des Enneagramms mit den bisherigen 9 Planeten
dürfte somit eigentlich nicht mehr möglich sein, doch wieder gilt da der alte entlarvende Satz, dass „nicht sein kann,
was nicht sein darf “.
Warum also muss ausgerechnet das Enneagramm bei
dieser evidenten Sachlage für etwas herhalten, was seinem
ganzen Wesen als empirisch nachvollziehbarem und einsichtigem Wissen so eklatant widerspricht wie eben gerade die
Astrologie ?!
Zweitens die Konstellation „Enneagramm und .....“
Auch da kann ich mich an Voten erinnern, in denen es sinngemäß geheißen hat: „An vielen (!) entscheidenden Stellen
ist das Enneagramm unvollständig und ungenau, es muss
darum durch ... ergänzt
(oder gar korrigiert!)
werden.“
Die Vielzahl der
„Ergänzungen“, die
dabei genannt werden,
kann ich hier gar nicht
auflisten. Darum möchte
ich nur ein paar Beispiele erwähnen (ohne
auf deren Bewertung
näher einzugehen, weil
sie für sich genommen
sehr wohl sinnvoll sind
bzw. sein können): Neue
psychologische Erkenntnisse und Entwürfe,
Homöopathie, asiatische
Meditationsübungen, die
bei vielen heute wieder
aktuell gewordenen Neuauflagen der Gnosis [3]
und vieles andere mehr.
Dazu kommt aber leider
EnneaForum 31 auch hier wieder eine Kombination mit für mich eindeutig
Esoterischem. Konkret begegnet ist mir bei dieser Vermengung mit Esoterischem z.B. die für mich überhaupt nicht
nachvollziehbare Vorstellung, dass neun unterschiedliche
Kristallarten (warum gerade neun ?) auf das Befinden des
Menschen jeweils unterschiedlich einwirkende Kräfte haben
sollen, und dass sich das dann durch die neun EnneagrammTypen belegen ließe.
[3] Auch dazu eine mir zugängliche Definition: „Gnosis“ ist
die fast gleichzeitig mit dem christlichen Glauben entstandene Lehre, dass ein böser (!) Schöpfer die sichtbare Welt
geschaffen habe, aus der man sich mit Hilfe des im Menschen vorhandenen „Seelenfünkchen“ befreien könne. Die
Erlösung sei durch geheimes Wissen (was „Gnosis“ wörtlich
bedeutet) aus eigener (!) Kraft zu leisten. Die Gnosis ist im
1. Jahrhundert eine ernste Bedrohung für den noch jungen
christlichen Glaubens gewesen. Bei dieser zweiten Vorgehensweise wird m.E. offen, also nicht nur unterschwellig, das
Enneagramm im wörtlichen Sinn als „mangel-haft“, als mit
Mängeln behaftet angesehen. Ich habe die ganze Aussagefülle des Enneagramms zugegebenermaßen noch längst
nicht erfasst, doch bei diesen „Ergänzungen“ bekomme
ich ein heftig beklemmendes Gefühl: Soll das, was mir
so wichtig geworden ist, nur einen von vielen möglichen
Aspekten über mich darstellen und beschreiben? Ich habe
es erfreulicherweise ganz anders erlebt, nämlich dass das
Enneagramm die volle ganze Wahrheit über meine Person
und meine Lebensgestaltung ausspricht und muss darum
auch diese zweite Sichtweise „Enneagramm und ...“ genau
so betrachten wie die oben beschriebene erste Form der
Vermischung.
Zusammenfassung:
Mich macht bei all dem sehr betroffen, dass bei der für mich
unzulässigen ersten Vermengung das Enneagramm selbst
in den Dunstkreis der Esoterik hineingezogen wird, wo es
wahrlich nicht hingehört. Das Enneagramm ist doch kein
0 EnneaForum 31
Geheimwissen für besonders Eingeweihte und Adepten,
sondern kann von allen, die es kennen gelernt haben, als
eine wohltuende Lebenshilfe erfahren werden, vor allem
auch, weil es sich sogar unabhängig von religiösen oder
sonstigen weltanschaulichen Vorgaben des Betreffenden
verifizieren und annehmen lässt.
Bei der unzulässigen zweiten Vermengung habe ich das
dumpfe Gefühl, dass das Enneagramm als etwas angeblich
Unvollständiges, Ungenaues und Vorläufiges genaugenommen in die Beliebigkeit jedes einzelnen abzugleiten droht
(was genau so schlimm und falsch ist). Das wäre m.E. für
das Enneagramm eine schwere Belastung, gerade so, als
könne man jeweils persönlich entscheiden und festlegen, ob
am Enneagramm „etwas dran ist“ (oder auch nicht).
Ich jedenfalls sehe es so, denn für mich ist jede Art von
Synkretismus [4] immer schon mehr als problematisch.
[4] „Synkretismus“ nennt man die (willkürliche) Vermischung unterschiedlichster Elemente aus Weltreligionen,
Weltanschauungen, Lebensdeutungen und oft genug eben
auch esoterischen Darlegungen: ein bisschen ..., ein bisschen ... usw. Der Synkretismus und die Bewertung anderer
Religionen ist ein sehr weites Thema - hier nur so viel: Ich
erlebe seit einiger Zeit mit ziemlicher Betroffenheit, dass die
beiden grundverschiedenen Begriffe „Toleranz“ (abgeleitet
vom lateinischen Wort für „ertragen“) und „Akzeptanz“
(abgeleitet vom lateinischen Wort für „gelten lassen“) für
mein Empfinden leichtfertig in eins gesetzt, also synonym
verwendet werden. Es heißt dann z.B.: „Ich akzeptiere
..., lasse also ... als gleichwertig z.B. mit dem christlichen
Glauben oder eben auch mit dem Enneagramm gelten“, wo
eigentlich zu sagen ist: „Ich bin tolerant und muss darum ...
tolerieren, also ... ertragen, obwohl ich ... nicht für richtig
halte, also ... nicht akzeptieren kann.“
Darum kann ich selbst nur sagen: Entweder man hat die
Wahrheit des Enneagramms persönlich erfahren und kann
sie im Leben ein- und umsetzen, oder man hängt einer esoterischen Lehre wie z.B. der Astrologie bzw. anderen genau
so problematischen weil nicht verifizierbaren WeltdeutungsEntwürfen an.
Dieses „entweder – oder“ darf und soll m.E. nie zu einem
„sowohl – als auch“ werden.
Das würde nämlich für mich genau genommen eine
Leugnung all der guten Erfahrungen und Weisheiten bedeuten, die mir nur das Enneagramm bietet und oft schon in
meinen Leben geboten hat.
Verzauberter April
ein Lesetipp von Margrita Appelhans
Die Novelle der britischen Autorin Elizabeth von Arnim ist
für mich eine ganz besonders empfehlenswerte Grundlage
für enneagrammatische Studien. Hier gibt es gleich eine
ganze Reihe von wunderschön gezeichneten Charakteren.
Und das auch noch auf dem Hintergrund einer lebenssprühenden und doch so beschaulichen Italienreise.
Eine Anzeige in der Times lässt zu Beginn der zwanziger Jahre des letzten Jahrhunderts Lotty Wilkins und Rose
Arbuthnot davon träumen, das regnerische London und
ihre Männer zu verlassen und den April in Portofino am
Golf von Genua in einer zu vermietenden Villa zu verbringen. Damit dieser Plan gelingen kann, müssen zwei weitere
Mitreisende gefunden werden, denn die beiden allein können sich diesen Urlaub finanziell nicht leisten. Sie inserieren
selber in der Times, und nach einem Auswahlverfahren
machen Mrs. Fisher und Lady Caroline Dester das Quartett vollständig; ein Quartett aus ganz unterschiedlichen
Gesellschaftsschichten und Lebensumständen und mit stark
differierenden Erwartungen an die Italienreise.
So beginnt der gemeinsame Aufenthalt im Castello
„San Salvatore“ zwangsläufig mit dem Streit um Räumlichkeiten, Rang, das adäquate Benehmen und den Platz für
persönliche Bedürfnisse im Tagesablauf. Exemplarisch
hier Auszüge aus dem Kapitel, das vom ersten Frühstück
berichtet: Lotty und Rose, die spät am Abend angekommen
sind, werden durch die Anwesenheit der beiden anderen
Damen überrascht; sie haben mit deren Ankunft erst später
gerechnet. Lady Caroline, der es nur darum geht, Abstand
von ihren zahllosen Verehrern und gesellschaftlichen Verpflichtungen zu gewinnen, hängt bereits im Garten ihren
Träumen nach:
„Ich habe auf meinem Zimmer gefrühstückt“, sagte sie
und tat ihr möglichstes, um schroff zu klingen. „Vielleicht
sehe ich Sie später.“
Sie nickte ihnen zu und ging zurück zu ihrem Platz auf
der Mauer, wo die Lilien sich so angenehm kühl um ihre
Füße schmiegten.
Von Francesca, dem Hausmädchen, werden sie in den
Speisesaal geleitet: dort thronte am Kopfende des Tisches
Mrs. Fisher und frühstückte. (…)
„Wo wollen Sie sitzen?“ fragte Mrs. Fisher Mrs. Arbuthnot
(…)
„Oh, danke …“, sagte Mrs. Arbuthnot und setzte sich
ziemlich abrupt neben sie.
Es gab nur zwei Plätze, auf die sie sich setzen konnte, die
Plätze an den Seiten von Mrs. Fisher, die gedeckt waren. So
setzte sie sich auf den einen Platz, und Mrs. Wilkins setzte
sich ihr gegenüber auf den anderen.
Mrs. Fisher saß am Kopfende. Um sie herum waren Kaffee und Tee platziert. Natürlich hatten sie alle den gleichen
Anteil an San Salvatore, aber sie selbst und Lotty waren es
doch gewesen, überlegte Mrs. Arbuthnot sanftmütig, die es
entdeckt und sich die Mühe gemacht hatten, es zu kriegen,
und die sich entschieden hatten, Mrs. Fisher mitmachen zu
lassen. Ohne sie beide, musste sie denken, wäre Mrs. Fisher
nicht hier. Moralisch gesehen war Mrs. Fisher ein Gast. Es
gab keine Gastgeberin in dieser Runde, aber angenommen,
es gäbe eine, dann wäre das nicht Mrs. Fisher, dann wäre
das nicht Lady Caroline, sondern sie selbst oder Lotty. Mrs.
Arbuthnot empfand das ganz unwillkürlich, als sie sich hinsetzte und Mrs. Fisher die Hand, die Ruskin gedrückt hatte,
unentschieden über dem Kännchen vor ihr hielt und sich
erkundigte: „Tee oder Kaffee?“ Dieses Empfinden verstärkte
sich noch in ihr, da Mrs. Fisher einen kleinen Tischgong
schlug, als wären ihr dieser Gong und dieser Tisch seit ihrer
Kindheit vertraut, und beim Erscheinen Francescas in der
Sprache Dantes bat, noch Milch zu bringen. Mrs. Fisher
hatte eine merkwürdige Art, dachte Mrs. Arbuthnot, das
Kommando zu übernehmen; und wäre sie selbst nicht so
glücklich gewesen, hätte es ihr vielleicht etwas ausgemacht.
Auch Mrs. Wilkins bemerkte das, aber ihrem schweifenden Geist fiel dazu nur der Kuckuck ein. Sie hätte unweigerlich vom Kuckuck gesprochen, unzusammenhängend,
hemmungslos und kläglich, wenn sie sich in dem nervösen
und verschüchterten Zustand befunden hätte, in dem Mrs.
Fisher sie zuletzt gesehen hatte. Aber das Glücksgefühl hatte
die Schüchternheit verdrängt — sie war gelassen; sie hatte
ihre Konversation im Griff; sie musste nicht entsetzt hören,
wie sie selbst Dinge sagte, die sie am Anfang der Rede
überhaupt nicht hatte sagen wollen; sie fühlte sich rundum
wohl und war ganz ungezwungen. Die Enttäuschung, auch
die Willkommensvorbereitungen für Mrs. Fisher streichen
zu müssen, war sofort verflogen, denn es war unmöglich, im
EnneaForum 31 1
Paradies dauerhaft enttäuscht zu sein. Sie hatte auch nichts
konnte sich vier Wochen lang wirklich wohl fühlen, wenn
dagegen, wenn die sich als Gastgeberin aufspielte. Was
da jemand eine Angewohnheit hatte. (...)
machte das schon? Im Paradies kümmerte man sich um so
„Sollen wir gehen?“ schlug sie vor.
was nicht. (...)
„Lassen Sie mich Ihnen beim Aufstehen helfen“, sagte Mrs.
„Hoffentlich“, sagte Mrs. Arbuthnot im lächelnden VerArbuthnot, ganz Rücksicht.
such, Mrs. Fisher beizubringen, noch weniger denn als Gast
„Oh, danke — ich komme bestens zurecht. Nur manchmal
könne sie als Gastgeberin auftreten, „ist Ihr Zimmer gemütbehindert mich mein Stock ...“
lich.“
Mrs. Fisher stand mit Leichtigkeit auf; Mrs. Arbuthnot
„Sehr“, sagte Mrs. Fisher. „Möchten Sie noch Kaffee?“
hatte sich umsonst in ihrer Nähe aufgehalten.
„Nein, danke. Möchten Sie?“
„Ich werde mir eine dieser Prachtorangen nehmen“, sagte
„Nein, danke. In meinem Schlafzimmer standen zwei
Mrs. Wilkins, blieb sitzen und griff nach einer schwarzen
Betten, die es unnötig vollgestopft haben, und ich habe
Schale, in der Orangen angehäuft waren. „Rose, wie kannst
eines herausschaffen lassen. Das hat es viel annehmlicher
du denen widerstehen. Schau doch nur, nimm die hier ...
gemacht.“
Dieses Prachtstück ...“ Und sie hielt ihr eine große Orange
„Ach, darum habe ich zwei Betten in meinem Zimmer!“
entgegen.
rief Mrs. Wilkins aus, wie erleuchtet; das zweite Bett in ihrer
„Nein, ich werde mich um meine Pflichten kümmern“,
Zelle war ihr vom ersten Augenblick an, da sie es gesehen
sagte Mrs. Arbuthnot und ging zur Tür. „Ich bitte um
hatte, unnatürlich und unpassend vorgekommen.
Vergebung, dass ich Sie allein lasse“, fügte sie höflich zu Mrs.
„Ich habe keinerlei Anweisungen gegeben“, sagte Mrs. FisFisher gewandt hinzu.
her zu Mrs. Arbuthnot gewandt. „Ich habe Francesca bloß
Mrs. Fisher ging auch zur Tür; richtig behänd; beinah
gebeten, es zu entfernen.“
schnell; ihr Stock behinderte sie überhaupt nicht. Sie hatte
„Auch ich habe zwei in meinem Zimmer“, sagte Mrs.
nicht die Absicht, mit Mrs. Wilkins allein gelassen zu werArbuthnot.
den.
„Das zweite bei Ihnen muss das von Lady Caroline sein.
„Wann hätten Sie gern das Mittagessen?“ fragte Mrs.
Sie hat ihres ebenfalls wegräumen lassen“, sagte Mrs. Fisher.
Arbuthnot sie in dem Versuch, ihre Position, wenn nicht
„Es ist irgendwie albern, mehr Betten als Bewohner in einem
gerade als Gastgeberin, dann zumindest als Nichtgast, zu
Zimmer zu haben.“
behaupten.
„Aber wir haben auch keine Männer hier“, entgegnete
„Mittagessen“, sagte Mrs. Fisher, „ist um halb eins.“
Mrs. Wilkins, „und ich sehe den Nutzen von zusätzlichen
„Das Mittagessen wird also um halb eins für Sie bereit
Betten im Schlafzimmer, wenn die Ehemänner nicht da sind, sein“, sagte Mrs. Arbuthnot. „Ich gebe der Köchin Bescheid.
um sich hineinzulegen, nicht ein. Können wir sie nicht auch
Das wird recht mühevoll werden“, fuhr sie lächelnd fort,
wegtun?“
„aber ich habe ein kleines Wörterbuch mitgebracht ...“
„Betten“, sagte Mrs. Fisher in frostigem Ton, „können
„Die Köchin“, sagte Mrs. Fisher, „weiß Bescheid.“
nicht von einem Zimmer zum anderen geräumt werden.
„Ach ja?“ sagte Mrs. Arbuthnot.
Irgendwo müssen sie bleiben.“
„Lady Caroline hat ihr schon Bescheid gegeben“, sagte
Mrs. Wilkins‘ Bemerkungen erschienen Mrs. Fisher
Mrs. Fisher.
ständig fehl am Platz. Jedesmal, wenn sie den Mund öffnete,
„Ach ja?“ wiederholte Mrs. Arbuthnot.
sagte sie etwas, was besser ungesagt bliebe. Loses Gerede
„Ja. Lady Caroline spricht das Italienisch, das Köchinnen
über Ehemänner war in Mrs. Fishers Kreis nicht gerade
verstehen. Ich bin wegen meines Stockes daran gehindert,
ermutigt worden. (...) Betten, wenn sie denn erwähnt
in die Küche zu gehen. Und selbst wenn ich es könnte, so
werden mussten, ging man mit Vorsicht an; und schickliche
befürchte ich, würde man mich nicht verstehen.“
Zurückhaltung verhinderte es, dass sie und die Ehemänner
„Aber ...“, begann Mrs. Arbuthnot.
in einem Atemzug genannt wurden.
„Aber das ist einfach herrlich“, beendete Mrs. Wilkins vom
Sie wandte sich deutlicher denn je an Mrs. Arbuthnot.
Tisch aus den Satz für sie, entzückt von diesen unerwarteten
„Lassen Sie mich Ihnen noch ein wenig Kaffee einschenVereinfachungen in ihrem und Roses Leben. „Wir haben
ken“, sagte sie.
wirklich rein gar nichts hier zu tun, keine von uns beiden,
„Nein, danke. Aber möchten Sie nicht noch ein wenig
außer glücklich zu sein. Sie würden es nicht glauben“, sagte
Kaffee haben?“
sie, drehte den Kopf zu Mrs. Fisher und redete sie direkt
„Um Himmels willen. Ich trinke nie mehr als zwei Tassen
an, Orangestückchen in beiden Händen, „wie furchtbar gut
zum Frühstück. Möchten Sie eine Orange?“
Rose und ich die Jahre hindurch immerzu gewesen sind und
„Nein, danke. Möchten Sie eine?“
wie sehr wir jetzt Erholung brauchen.“
„Nein, ich esse kein Obst zum Frühstück. Es ist eine ameriUnd Mrs. Fisher ging, ohne sie einer Antwort zu würdikanische Sitte, und ich bin aus dem Alter, um dergleichen
gen, aus dem Raum und sagte sich: ‚Sie muss, sie wird im
Moden aufzugreifen. Haben Sie alles, was Sie wollen?“
Zaum gehalten werden.’
„Gewiss doch. Und haben Sie alles?“
Als bald darauf Mrs. Wilkins und Mrs. Arbuthnot, aller
Mrs. Fisher machte eine Pause, bevor sie antwortete. War
Pflichten ledig, herausspaziert kamen und die ausgetretenen
das womöglich eine Angewohnheit, dieser Tick, eine einStufen hinunter und durch die Pergola bis in den unteren
fache Frage mit derselben Frage zu beantworten? Wenn ja,
Garten gingen, sagte Mrs. Wilkins zu Mrs. Arbuthnot, die
dann musste das im Zaum gehalten werden, denn niemand
nachdenklicher Stimmung schien: „Ist dir nicht klar: wenn
EnneaForum 31
jemand anderes die Anordnungen erteilt, sind wir frei?“
Mrs. Arbuthnot sagte, das sei ihr durchaus klar, dennoch
komme es ihr absurd vor, dass alles ihnen aus den Händen
genommen worden sei.
„Ich hab‘s gern, wenn die Dinge mir aus den Händen
genommen werden“, befand Mrs. Wilkins.
„Aber wir haben San Salvatore entdeckt“, sagte Mrs.
Arbuthnot, „und ich finde es schon ziemlich absurd, dass
Mrs. Fisher sich aufführt, als gehörte das Castello einzig und
allein ihr.“
„Ziemlich absurd ist es“, sagte Mrs. Wilkins mit großer
Gelassenheit, „wenn man sich daran stößt. Ich sehe überhaupt keinen Sinn darin, das Kommando um den Preis der
eigenen Freiheit führen zu wollen.“
Mrs. Arbuthnot sagte aus zweierlei Gründen nichts darauf. Erstens war sie beeindruckt von der zunehmenden und
so bemerkenswerten Ruhe der bisher konfusen, zappeligen
Lotty; und zweitens war das, was sie gerade anschaute, wunderschön.
Zu beiden Seiten der Steintreppe war das Immergrün
voll aufgeblüht, (...) GLYZINEN UND SONNENSCHEIN
... sie erinnerte sich an das Inserat. Hier gab es tatsächlich
beides im Übermaß. Die Glyzinen überschlugen sich in
exzessiver Lebenslust, Blütenüppigkeit; und da, wo die Pergola aufhörte, strahlte die Sonne auf scharlachrote Geranien,
wahre Büsche, auf Unmengen von Kapuzinerkresse und
leuchtende Ringelblumen, die zu brennen schienen, auf
rote und rosafarbene Löwenmäulchen, und jede Pflanze
übertraf die andere an Leuchtkraft der Farbe. Hinter diesen
flammenden Gebilden fiel das Gelände terrassenförmig zum
Meer hin ab, … Wen kann es noch überraschen: eine solche
Atmosphäre wirkt Wunder – nicht nur bei Mrs. Wilkins. Die
vier Frauen entdecken ungeahnte Potentiale bei sich selbst,
lernen sich gegenseitig respektieren, ja sogar schätzen. Und
dann kommen nach und nach Ehe- und andere Männer ins
Spiel. Keiner reist ab, wie er gekommen ist – nicht selten, zur
eigenen Verblüffung: Mrs. Fisher dachte gerade daran, wie
verdutzt die anderen sein würden, wenn sie ihnen von ihrem
so seltsamen und erregenden Gefühl erzählen würde, sie
müsse bald in Knospen ausbrechen. Sie würden sie für eine
lächerliche alte Frau halten, und genau das hätte sie selbst
noch vor zwei Tagen gedacht; aber die Vorstellung vom
Knospen wurde ihr langsam vertraut, sie war jetzt schon
ganz apprivoisee, wie der gute Matthew Arnold zu sagen
pflegte. Zweifellos wäre es am schönsten, wenn das Äußere
den Gefühlen entsprach, aber angenommen, das ginge nicht
- und man konnte nicht alles haben -, wäre es dann nicht
besser, sich wenigstens teilweise jung zu fühlen, als ganz alt?
Es bliebe ihr noch genügend Zeit, sich wieder ganz alt zu
fühlen, innerlich wie äußerlich, wenn sie zu ihrem Sarkophag in der Prince-of-Wales-Terrace heimkehrte.
Diese 1922 erschienene Novelle kann ich mit größter
Überzeugung als Enneagrammlehrbuch empfehlen. Die
Charaktere sind großartig getroffen, inklusive ihrer Entwicklungschancen. Anschaulicher kann man kaum vorgeführt
bekommen, wie viel das Enneagramm mit dem Leben zu
tun hat.
EnneaForum 31 Ernst Penzoldt und Ernst Heimeran. Eine Künstlerfreundschaft. von Holger Forssman
Verborgene Linien!
Immer wieder wird gefragt, ob es neben den „amtlichen“,
weithin bekannten Verbindungslinien im Enneagramm
(den „Flügeln“ und „Pfeilen“) weitere verborgene Diagonalen im Neunerkreis gibt. Einige Anzeichen scheinen darauf
hinzudeuten. Da gibt es zum einen verblüffende Ähnlichkeiten zwischen eigentlich unverbundenen Typen. ZWEI
und NEUN haben beispielsweise beide die Fähigkeit zur
intuitiven Verschmelzung mitanderen Menschen; DREI
häufig in unterschiedlichen Kreisen. Ich bin Jahrgang 1964
und habe die beiden Männer, von denen ich an dieser Stelle
berichte, nicht persönlich gekannt. Ihre enneagrammatische
Einordnung ist deshalb mit dem notwendigen Vorbehalt zu
betrachten.
1.
Die VIER. Der Künstler Ernst Penzoldt (1892-1955) bezeichnete sich selber als „Liebenden“. Die Welt erschloss sich ihm
über das Gefühl. Innenwelt und Außenwelt gingen für ohne
scharfe Trennung ineinander über. Die Liebe zu einzelnen,
ausgewählten Menschen, Frauen oder Männern, gab ihm
immer wieder die nötige Anregung für sein künstlerisches
Werk. Ernst Penzoldt wurde in Erlangen geboren und
hatte begonnen, in Weimar und Kassel bildende Kunst zu
studieren. Dann kam der erste Weltkrieg. Ihn erlebte er
– freiwillig – als Sanitäter mit. Abgemagert, mit Herzrhythmusstörungen und Depressionen kehrte er zurück. Seine
zwei besten Freunde hatte er verloren. Mit ihnen hatte er in
München das Kunststudium fortsetzen wollen. Nun saß er
allein im Atelier – und schrieb Gedichte. 1920 lernte er Ernst
Heimeran kennen. Dieser, damals noch Abiturient, hatte
gleichwohl schon einen Namen als Jugendschriftsteller. Der
10 Jahre ältere Ernst Penzoldt fand in ihm den ersehnten,
neuen Seelengefährten.
.
und SIEBEN sind gleichermaßen optimistisch, dynamisch,
stellen sich in den Vordergrund und suchen Bestätigung.
Helen Palmer berichtet in ihrem Enneagramm-Buch von
diesen Gemeinsamkeiten, die oft zur Verwechslung Anlass
geben. Da gibt es zum anderen grundlegende, aber einander
sinnvoll ergänzende Verschiedenheiten. ZWEI und FÜNF
werden sich beispielsweise immer wieder gegenseitig zum
Rätsel – und scheinen sich zugleich auf geheimnisvolle
Weise anzuziehen. Ich habe in meinem Bekanntenkreis
gleich vier Ehepaare dieser Konstellation. Es lassen sich also
verschiedene heimliche Verbindungslinien beobachten. Aber
sie lassen sich noch nicht sinnvoll in das System einfügen.
Einstweilen ist es gut, Erfahrungen und Beobachtungen zu
sammeln und weiter zu erzählen.
SIEBEN und VIER Ich habe ein historisches Beispiel für eine Freundschaft
zwischen VIER und SIEBEN ausgewählt, um über eine dieser verborgenen Linien nachzudenken.VIER und SIEBEN
gehören zu den gegensätzlichen Typen. In der alltäglichen
Begegnung gehen sie sich leicht gegenseitig auf die Nerven,
weil sie widersprechende Bedürfnisse haben und entgegengesetzte Stimmungslagen bevorzugen. Sie verkehren darum
EnneaForum 31
Die SIEBEN. Ernst Heimeran (1902-1955) war in vielem
ein Gegensatz zum sensiblen und träumerischen Freund.
Er war immer fröhlich, temperamentvoll, lebenslustig und
geschäftstüchtig. Dazu kam eine bleibend jugendliche
Ausstrahlung und eine musikalische Begabung. Noch als
Student gründete Ernst Heimeran einen eigenen Verlag.
Er promovierte in Philosophie und hatte den Ehrgeiz,
anspruchsvolle Literatur in schöner Ausstattung zu verlegen. Der eigentliche Erfolgsautor seines Verlages aber
war er selber. Mit seinen witzigen Büchlein im Plauderton,
humorvollen Ratgebern und heiteren Betrachtungen, die er
scheinbar nebenbei mit leichter Hand schrieb, brachte er das
Geld für die Projekte auf, die ihm wirklich wichtig waren.
.
Die Freundschaft. Was haben die beiden gegensätzlichen
Freunde sich gegeben? Die Heimeransche Zusammenfassung der Freundschaft liest sich kurz und launig: „Vor allem
lernte ich Ernst Penzoldt kennen. Er modellierte mich, er las
mir seine Gedichte vor, ich las ihm meine Gedichte vor, ich
begleitete ihn, er begleitete mich zurück, beständig steckten
wir zusammen. Wir fuhren miteinander nach Italien, wir
saßen miteinander bei Wölfflin*, er heiratete meine Schwester und lebte nun mit im Haus – da musste etwas Entscheidendes geschehen.“ (Büchermachen, München 1947) Das
Entscheidende war der Entschluss, Verleger zu werden. Penzoldt wurde also gewissermaßen Geburtshelfer für Heimerans Lebenswerk, den eigenen Verlag. Umgekehrt sind Wert
und Wirkung der Freundschaft genauso hoch einzuschätzen:
Penzoldt gewann durch die Beziehung zu Heimeran in einer
Lebenskrise seine Schaffenskraft und Daseinsfreude zurück.
Dabei entdeckte er, dass die Lösung für sein Schwanken
zwischen verschiedenen künstlerischen Begabungen nicht in
der Entscheidung für eine von ihnen liegen konnte. Er war
genauso Bildhauer wie Zeichner, Schriftsteller wie Dichter.
Weiterhin kam Penzoldt durch den Freund unter Leute.
Heimeran führte ihn in seinen Bekanntenkreis ein. Durch
Penzoldts Heirat mit Heimerans Schwester Friederike wurde
aus der Freundschaft dann sogar Verwandtschaft. Penzoldt
hat seinem Freund vielfache Denkmäler gesetzt, bildliche
und literarische. In seinemRoman „Der Zwerg“ von 1927,
der viele autobiografische Züge trägt, begegnen wir auch
der Freundesgestalt. Und wir erfahren, wie der Protagonist
Adrian, ein schüchterner, träumerischer Künstler, aus den
Begegnungen mit seinem lebenslustigen und welterfahrenen Freund Klaus eigene Kraft bezieht. In einem Gedicht
Adrians an Klaus heißt es: Wenn du zurückkehrst, tu die
Erde nicht / Heiliger Haine ab von deinen Schuhen / Und
nicht das Salz von deinem Angesicht, /Aus deinen Augen
Frauen nicht und Sterne, / Eh du dich bücktest, um bei mir
zu ruhen: / Spürt so mein Mund doch die geliebte Ferne.
Verborgene Linien?
Die beiden Freunde haben sich gegenseitig Lebensräume
erschlossen, die ohne den jeweils anderen nicht oder nicht
so leicht zugänglich gewesen wären. Der spontane, fröhliche
Heimeran hat erwachsene Verantwortung übernommen
und sein Leben an ein großes und edles Vorhaben gebunden,
das ihn bis zu seinem frühen Tod beschäftigt und ausgefüllt
hat. Der versonnene, manchmal ein wenig schwermütige
Penzoldt hat Lebenskraft gewonnen und ein überraschend
vielseitiges Werk geschaffen. Vielseitig nicht nur wegen der
unterschiedlichen Kunstformen, sondern auch wegen der
Mannigfaltigkeit der geäußerten Gefühle. Eines der lustigsten Bücher in Deutscher Sprache, der Schelmenroman „Die
Powenzbande“ (Berlin 1930) stammt aus der Feder einer
VIER! Von einer echten Verbindung zwischen VIER und
SIEBEN zu sprechen, kommt mir trotz dieser Beobachtungen noch übereilt vor. Der angehende Philosophiestudent Heimeran war ja offensichtlich schon alleine zu seinem
„Trostpunkt“, der FÜNF unterwegs, als ihn Penzoldt traf und
in dieser Bewegung bestärkte. Und der zum Lieben bereite
Penzoldt fand in dem gegensätzlichen Freund über die Brücke der Kunst genug Gemeinsamkeiten, um sich die neuen,
seelischen Länder zu erschließen. So ist diese erstaunliche
Freundschaft zweier sehr verschiedenartiger Typen ein
gutes Beispiel dafür, wie sich unter günstigen Umständen
die „Zwischenräume“ des Enneagramms mit Leben füllen
können. Wenn genug Offenheit und Lernbereitschaft auf
beiden Seiten da ist, können uns gerade Energien, die uns
selber fremd sind, neue Lebens- und Handlungsmöglichkeiten aufzeigen. Es gibt aber keine zwingende Notwendigkeit, die Freundschaft von Penzoldt und Heimeran mit einer
zusätzlichen Linie in der bereits bekannten Neunerfigur
zuerklären. Das Enneagramm legt uns nicht auf „ausgetretene Pfade“ fest. Die „verborgenen Linien“ warten noch auf
weitere Forschungen.
Nikoläuse im September???
Nein, die gefallen uns auch nicht, wenn sie kurz nach dem
Sommerurlaub wieder in den Kaufmarkt-Regalen rumstehen. Trotzdem haben wir eine ähnlich unmögliche Bitte an
euch. Fürs nächste Heft suchen wir Weihnachtsgeschichten,
kurz, typspezifisch und möglichst heiter. Erzählt uns, wie ihr
zu Hause mit euren FÜNFERgroßeltern, ACHTERenkeln
und ZWEIERschwiegertöchtern Weihnachten feiert, was
euch selber als Typ ... an diesem alle Jahre wiederkehrenden
Fest wichtig ist und was euch in euren typgemixten Familien
auch in diesem Jahr wieder für Strapazen erwarten werden.
Natürlich könnt ihr auch eure Phantasie spielen lassen. Wir
freuen uns über enneagrammatische Weihnachtgeschichten,
Gedichte und Texte aller Art.
Und weil der September nun wirklich noch ein bisschen
früh ist, gibt es für das Weihnachtsthema als Bonus einen
Extra-Einsendeschlusstermin: der 20. Oktober.
„Meine Gottsuche“
Ein zweiter und etwas ernsterer Schreibaufruf führt uns zum
Thema des neuen Heftes: Gott suchen, inspiriert von dem im
Juni stattfindenden Seminar mit Richard Rohr in Damme.
Jeder hat seine eigene typspezifische Biografie, seine eigenen
typspezifischen Zugänge zum Glauben, zu gelebter Spiritualität, zu Gott. Dem wollen wir ein bisschen nachspüren und
gern von euch hören, wie sich eure „Gottsuche“ gestaltet
hat, was ihr vielleicht unterwegs gefunden habt und was ihr
gern anderen weitergeben oder mitteilen wollt. Ist es so, dass
jeder Typ sein eigenes spezifisches Bild von Gott hat, auch
eigene spezifische Hindernisse auf dem Weg des Glaubens?
Bedeuten Worte wie „Heil“, „Erlösung“ und „Glauben“ für
jeden Typ das selbe? Es müssen keine langen und geschliffenen Aufsätze sein, nur ein paar Gedanken, die euch zu
diesem Thema kommen. Was heißt es für mich, Gott zu
suchen oder vielleicht auch: gefunden zu haben?
Einsendeschluss ist hier der 15. September.
* Münchner Professor für Kunstgeschichte, dessen Vorlesung die Freunde gemeinsam besuchten.
EnneaForum 31 Double
ICH und mein Image, schau, wie klar,
Sind zwei in einem, stimmts, nicht wahr?
Hier haben Zweifel kein Gewicht:
Man seh der DREI gern ins Gesicht!
Psst, mir ist gerade „was“ passiert.
Wird mein Erfolg nun minimiert?
Ich muss partout jetzt glänzend scheinen:
Nur Bestes soll man von mir meinen!
Dafür ist jedes Mittel recht,
Hauptsache mir geht es nicht schlecht!
Ich werd die Leute um mich scannen,
Karriere, Wohlstand, Titel nennen
Und zeig als Frau, wie du mich willst,
Auf dass du vor Bewund’rung schmilzt,
Wo Eifersucht, als Leidenschaft,
Mit Eifer sucht, was Leiden schafft!
Ne Konkurrenz tritt in mein’ Blick,
Die werd ich schnell erledigen:
Ich blende mit so manchem Trick,
Ohne ein Wort zu predigen.
Doch kann es diesmal auch gelingen?
Mein Gegenüber hats in sich!
Mit Ellenbogen, Rasierklingen,
Setze ich in ihr Herz ein’ Stich!
Ich selbst bleib glatt und glänzend freundlich.
Auf meine Maske fällst du rein.
Entwaffnet, innen, wirst du endlich,
Kannst nichts, außer „begeistert“ sein,
Siehst mich als Queen, gar majestätisch,
Natürlich, heiter, gern ästhetisch.
Das Spiel hat einen einz’gen Sinn:
Am Ende steht bei mir Gewinn!
Versag ich heute, stimmt was nicht?
Muss mich vom Double distanzieren?
Mein’ eigne Schwäche akzeptieren,
Selbsttäuschung statt echtem Gesicht?
Schwer geb ich meine Maske auf,
Nehm’ Angst und Leid dazu in Kauf.
Liegt manche Lüge auf der Hand,
Bis wahre Liebe ich erkannt.
Dagmar Levsen
EnneaForum 31
Ulf Tödter und Jürgen Werner: Erfolgsfaktor Menschenkenntnis Buchbesprechung von Hans Neidhardt
Cornelsen 2006
Im Sommer 2006 ist ein Enneagrammbuch erschienen, das
auf den ersten Blick gar nicht als solches erkennbar ist. Kein
Enneagrammsymbol weit und breit, keine Rede von „NEUNERN“; „DREIERN“ und so weiter. Also nichts, was den
(noch) nicht „eingeweihten“ Interessenten von vorneherein
eigenartig berühren könnte - und insofern vielleicht eine
ganz gute Gelegenheit, mal wieder kurz darüber nachzudenken, wie seltsam das andere Menschen anmuten kann, wenn
wir ganz selbstverständlich unsere Insider-Sprache benutzen.
Ich nehme an, dass diese ganz andere Form der Darstellung
des Enneagramm-Materials sehr bewusst von den Autoren
so gewählt ist.
Versprochen wird eine praxisnahe Erweiterung der
Menschenkenntnis: „Sie erfahren anschaulich, was Ihre
Kollegen und Mitarbeiter, aber auch Ihre Chefs motiviert,
wie sie bevorzugt Entscheidungen treffen, mit Zeit umgehen,
was ihnen Stress macht und ihre Entwicklungspotentiale
liegen.“ (S.3) Damit ist schon klar, für welche Zielgruppe
„Erfolgsfaktor Menschenkenntnis“ gedacht ist, und so finden
sich in vielen Details inhaltliche Parallelen etwa zu „Das
Enneagramm im Beruf “ (Palmer/Brown) und – was mich
persönlich natürlich freut – eine stimmige theoretische Ausdifferenzierung und Weiterwicklung der Gallen-NeidhardtInterpretation des Enneagramms:
Tödter und Werner bestimmen die neun Muster (von
ihnen „Persönlichkeitsprofile“ genannt) über drei zentrale
Motive (Selbstbestimmung – Anerkennung – Sicherheit)
und beschreiben pro Motiv je drei Strategien, um diese
grundlegenden Bedürfnislagen sicherzustellen. Sie schreiben
z.B. „Sicher gibt es nicht nur einen Weg, wie man sich z.B.
Anerkennung verschaffen kann. Es gibt offene und direkte,
aber auch verdeckte und verschlungene Wege, die jedoch
nicht minder zielführend sein können.“(S. 23). So beschreiben sie
– für das Zentralmotiv „Selbststimmung“ die drei Strategien „Machtorientierung“, „Konsensorientierung“ und
„Prinzipienorientierung“.
– für das Zentralmotiv „Anerkennung“ die drei Strategien
„Beziehungsorientierung“, „Wettbewerbsorientierung“
und „Gefühlsorientierung“.
– für das Zentralmotiv „Sicherheit“ die drei Strategien
„Gedankenorientierung“, „Problemorientierung“, „Genussorientierung“.
Und so entfaltet sich auf 180 Seiten das Enneagramm-Wissen über die neun Charaktermuster auf eine gut lesbare
und schlüssige Weise, schmackhaft gewürzt mit originellen
Zitaten und anschaulichen Beispielen. Was fehlt (wahrscheinlich als Zugeständnis an die Zielgruppe) sind die
biografischen („kindliche Not“ – Charaktermuster als
„Not-Lösungsstrategie“) und die spirituellen Implikationen
des Enneagramms („Leidenschaften“/“Tugenden“ usw.), die
für andere Anwender und andere Zielgruppen (ideologiebedingt) „unverzichtbar“ sein mögen. Ich persönlich will das
mal lieber nicht so eng sehen.
Einen besonderen Pfiff bekommt der Ansatz von Tödter
und Werner durch die Anpassung des (auf Aristoteles
zurückgehenden, von Paul Helwig ausgearbeiteten und
von Schulz von Thun reichlich verwendeten) „Werte- und
Entwicklungsquadrats“, das jedem Wert einen positiven
Gegenwert gegenüberstellt. Man sieht auf einen Blick, wie
die einseitige Betonung eines absolut gesetzten Werts in
eine Fehlentwicklung (Charakter-Fixierung) führt und
dass gelingende Entwicklung eine Werte-Balance erfordert
(z.B. „Authentizität“ und „Takt“). Diese Dynamik ist für die
neun Persönlichkeitsprofile anhand zahlreicher Werte- und
Entwicklungsquadrate ausgearbeitet und hat, wie ich finde,
einen ausgezeichneten heuristischen Nutzen.
Fazit: Ein gut durchdachtes, gut lesbares, originelles
Enneagrammbuch. Für den Bereich Kommunikationstraining und Persönlichkeitscoaching im Business-Bereich ganz
bestimmt sehr gut geeignet. Und – wer weiß? – vielleicht ja
auch als Einstiegsdroge in psychotherapeutische und spirituelle Aspekte der Enneagrammarbeit.
EnneaForum 31 Die neun Drachen im Finsterwald des Lebens
von Marion und Werner Tiki Küstenmacher
Typ EINS: Der zornglühende Feuerspucker
In ihrem neuesten Buch “ simplify your love“ beschreiben
die Küstenmachers fünf Stationen im Land der Liebe (Turm,
Liebeszelt, Gutshof, Finsterwald und Schloss). Der Finsterwald verkörpert darin die schwierigen Phasen, Krisen und
Schrecken im Leben, die aber auch für neue Selbst- und
Paarerkenntnis sorgen können. Hier kommt das Enneagramm ins Spiel. Denn wer den Finsterwald näher und
ernsthaft erkundet, wird darin irgendwann neun schauerlichen Drachen begegnen, die dort hausen.
Er benimmt sich lange hochkontrolliert und diszipliniert,
ein Musterdrache gewissermaßen, dessen gewaltiges inneres
Feuer aber irgendwann ausbrechen kann wie ein Vulkan. Er
überschüttet Sie mit heftigen Schuldgefühlen, bitterbösen
Vorwürfen und ätzender Kritik. Der Grund dafür ist ein
unbewusster Zorn darüber, dass er sich immer beherrscht
und zusammengerissen hat, aber diese Selbstkontrolle nicht
zu besseren Lebensbedingungen für seine Herrin Seele
geführt hat. Dieser Schmerz brennt in ihm wie ein verzehrendes Feuer, das er in größter Ungeduld von sich weg auf
andere schleudert.
So wird Ihr Drache zahm: Freunden Sie sich mit dem
Gedanken an, dass auch Sie aggressiv sind. Füttern Sie
Ihren inneren Drachen mit viel Güte, Geduld und Humor.
Sie müssen sich nicht dauernd selbst Gewalt antun und
aus Pflichtbewusstsein auf das Glück verzichten. Erholen
Sie sich in der Natur. Gönnen Sie sich leichte, spielerische
Momente. Das Leben ist nicht nur ernst, es ist auch heiter!
Das Schreckliche in uns braucht Hilfe
Typ ZWEI: Der schleimhäutige Riesenstolzdrache
Jeder der neun Drachen verkörpert die größtmögliche
Gegenkraft zu unserer hellsten und reinsten Seite: Feindschaft und Destruktivität nach innen und außen. Wenn man
ihn aufgespürt hat, ist man seinem Ego, aber auch seinem
verlorenen wahren Selbst, der Seele, ganz nahe gekommen.
Der Drache ist der Gegner der feinen Seele, spielt sich
zugleich aber als ihr Beschützer auf. Man kann jahrelang
so tun, als gäbe es den Drachen nicht und stattdessen auf
die gut sichtbaren der anderen verweisen. Die Seele aber
wünscht sich nichts sehnlicher, als dass man endlich sein
eigenes Untier ausfindig macht und tapfer darauf zugeht.
Der Dichter Rainer Maria Rilke hat darauf hingewiesen,
dass womöglich „alle Drachen unseres Lebens Prinzessinnen sind, die nur darauf warten, uns einmal schön und
mutig zu sehen“. Gerade das Schreckliche in uns ist „im
Grunde das Hilflose, das von uns Hilfe will“. Eilen Sie also
Ihrem hilflosen Drachen zu Hilfe, füttern Sie ihn mit liebevollem Verständnis, damit er sich wieder an seine gute Seele
erinnern und sich verwandeln kann.
Auf den ersten Blick wirkt dieser Drache gar nicht schrecklich, sondern wie ein anhängliches Haustier. Er gibt sich
gern bescheiden, weiß aber genau, wie unentbehrlich seine
Hilfe ist. Keiner, so meint er, könne so gut wie er die Seele
unterstützen. Keiner kümmere sich so gut um seine Herrin
EnneaForum 31
wie er. Er ist stolz, weil er so wichtig für sie ist. Dafür will
er gefüttert werden mit Anerkennung, sonst ist er zutiefst
gekränkt. Dieser Schmerz in seinem Drachenherz offenbart,
wie abhängig er von anderen ist.
So wird Ihr Drache zahm: Verhelfen Sie Ihrem Drachen
zu mehr Freiheit. Heften Sie sich nicht so eng an die Fersen
von anderen. Ihre Beziehungen brauchen Luft und weniger
Dauer-Fürsorge als Sie denken. Manipulieren Sie andere
nicht durch Gefälligkeiten.
Geben Sie sich frei. Sie brauchen
mehr Zeit, wo Sie für sich allein
das tun dürfen, was Ihnen
Freude macht.
Schatzhüter, der wirklich weiß, was die Seele braucht. Mit
anderen Drachen verträgt er sich selten. Sie sind ihm zu grob,
zu dumm und zu gewöhnlich. Heimlich wird er aber von Neid
über fremde schöne Türme, Zelte und Gutshöfe zerfressen. Er
versteht nicht, warum so viel Schönheit und Glück bei anderen
zu finden ist, aber er trotz seines Gespürs für alles Echte und
Edle das schlechtere Los zieht. Sein großer Schmerz ist es, die
eigenen Gefühle nicht ausbalancieren zu können.
So wird dieser Drache zahm: Schaffen Sie alle Extrawürste
für dieses feinnervige Tier ab. Setzen Sie auf Einfachheit und
Schlichtheit. Das fördert das innere Gleichgewicht. Zur inneren
Stärke gehört auch die Kraft
zum Gewöhnlichen, etwa
einen ganz normalen Tag
erleben zu dürfen.
Typ FÜNF: Der habgierige Drachenraffer
Typ DREI: Der trickreiche Funkensprüher
Dieser dynamische Drache hat schon mehrere Oscars
gewonnen – zumindest behauptet er das. Sein Image und
seinen Status möbelt er publikumswirksam auf, um als
leistungsstarker Funkeldrache bekannt zu werden. Er ist ein
ausgebuffter Taktiker, der in viele Rollen schlüpfen kann. Er
blufft, täuscht und schummelt. Er hat den Augenaufschlag
eines Siegers, wickelt andere ein mit der Macht seiner Worte.
Für seinen Erfolg verbiegt er die Wahrheit und geht über
eigene und fremde Gefühle hinweg. Er verwechselt Bewunderung mit Liebe und täuscht nicht nur andere, sondern vor
allem sich selbst. Den größten Schmerz aber fühlt er nicht:
dass ihm die Tapferkeit fehlt, vollkommen aufrichtig zu sein
gegenüber sich selbst.
So wird Ihr Drache zahm: Umgeben Sie sich mit ein paar
ehrlichen Menschen, die Ihnen unverhohlen die Wahrheit
sagen dürfen. Üben Sie, nach innen zu schauen und Ihre
echten Gefühle auszugraben und weiterzugeben. Tun Sie
Gutes, ohne darüber zu reden und ohne dabei nach Gewinn
zu streben.
Typ VIER: Die missgünstige Trauerechse
Ein schillernd extravaganter, oft schwermütiger
Drache. Er neigt zu starken
Stimmungsschwankungen und fühlt
sich schnell auf den
Schwanz getreten.
Unsensible Worte
reizen ihn. Er
hält sich für
den einzig
wahren
Ein schweigsamer
Eigenbrötler, der
zurückgezogen in seiner kühlen Grotte lebt.
Kaum bekommt man ihn
zu Gesicht, ist er auch schon wieder verschwunden. Spontanes
hasst er. Wer ihm zu nahe kommt, wird von ihm mit Schwaden aus Fachchinesisch eingenebelt. Ängstlich hortet er seine
Wissensschätze, teilt ungern Zeit mit anderen, grübelt über
seinen Fachgebieten und hütet sich, seine Gefühle zu zeigen. Es
ist seine größte Leidenschaft, Informationen aufzuschnappen.
Er ist unersättlich im Nehmen. Der bohrende Schmerz in seiner
Drachenbrust kommt daher, dass er nicht weiß, wie er sich für
andere öffnen soll.
So wird Ihr Drache zahm: Verlassen Sie Ihr Geheimversteck
und gehen Sie mehr ins Licht der Öffentlichkeit. Überwinden
Sie Ihre Menschenscheu. Üben Sie täglich, anderen gegenüber
freigiebig zu sein. Wagen Sie es, Ihre tiefen Gefühle auszudrücken. Laden Sie andere Menschen ein und übernehmen Sie die
Rolle des großzügigen Gastgebers.
Typ SECHS: Der misstrauische Zitterdrachendrohling
Er wittert ständig
Angreifer und ist
äußerst wachsam,
immer auf der Hut,
extrem misstrauisch.
Übervorsichtig
warnt er die
Seele vor
definitiv harmlosen Dingen, die er zitternd als höchste
Bedrohung ausgemacht hat. Er verbreitet Verschwörungstheorien und wittert überall Feinde. Nichts ist
sicher, nicht einmal sich selbst traut er wirklich. Sein
Hasenherz verbirgt er hinter Drohgebärden und Blitz-
EnneaForum 31 attacken, mit denen keiner rechnet. Anschließend ergreift er
sofort die Flucht. Er wird schmerzlich gequält von Selbstzweifeln, die ihn dazu verdammen, sich nach einer Autorität
zu sehnen, der er dann doch wieder misstrauen muss.
So wird Ihr Drache zahm: Nutzen Sie Ihre Fähigkeit zum
klugen Planen und verordnen Sie sich ein Anti-Angst-Programm: eine Entscheidung treffen und dazu stehen; drei
Dinge nennen, die heute gut gegangen sind; anderen Mut
machen und ihnen Vertrauen bekunden. Betrachten Sie das
Universum als eine Verschwörung zu Ihrem Wohl!
Typ SIEBEN: Der unersättliche Vergnügungslindwurm
Ein Vagabund,
der blitzschnell
die Position
wechselt und
überall auftaucht, wo es etwas
zu holen gibt.
Richtige Drachenkämpfe mag er
nicht, lieber entzieht er sich der Gefahrenzone durch clevere
Manöver. Getrieben von seinem unersättlichem Bedürfnis
nach reizvollen Erlebnissen oder Aufgaben kreist er unruhig
hoch über dem Boden. So überwindet er alle lächerlichen
Beschränkungen, die sich andere selbst auferlegen. Bei seinen weit schweifenden Jagdflügen stürzt er sich auf alles, was
sich bewegt und schlingt wahllos in sich hinein, was ihm
Interessantes in die Quere kommt. Der Schmerzpunkt ist bei
diesem genusssüchtigen Wesen versiegelt und verdeckt so
die Angst vor Leere, die diesen Drachen umtreibt.
So wird Ihr Drache zahm: Holen Sie sich herunter auf
den Boden der Realität. Reduzieren Sie Ihre Aktivitäten.
Laufen Sie nicht jedem Reiz hinterher. Weniger ist mehr!
Schauen Sie mehr in die Partnerschaft hinein, Ihr Partner
hat Ruhezeiten verdient. Schicken Sie sich in die Stille, um
zu sich zu kommen und aus der Tiefe zu schöpfen.
Typ ACHT: Der schamlose Drachenzertrümmerer
Ein von Kraft strotzender Lindwurm, der
rücksichtslos
niederwalzen
kann, was
sich ihm in
den
Weg
stellt.
Wenn er
wütend um sich schlägt, um
seine arme kleine Seele zu beschützen, merkt er gar nicht,
was er dabei alles zerstört. Rücksichtslos setzt er sich mit
dem Recht des Stärkeren durch. Kränkungen merkt er sich
für ewig und rächt sich dadurch, dass er die Schwachstel-
0 EnneaForum 31
len seiner Gegner gnadenlos aufdeckt. Schamgefühle zeigt
er dabei nicht. Der quälende Schmerz liegt für ihn darin,
dass er kaum jemanden findet, der ihm ebenbürtig ist oder
unerschrocken auf ihn zugeht und ihn in all seiner Wucht
aushält.
So wird Ihr Drache zahm: Suchen Sie sich etwas Kleines,
Zartes, das Sie beschützen können – ein Kind, ein Tier, eine
Blume. Damit finden Sie den Zugang zu Ihrem anrührend
weichen Kern, aus dem Ihre ganze Kraft letzten Endes ihre
Energie bezieht. Achten Sie die Grenzen Ihrer Mitmenschen.
Muten Sie sich selbst und anderen weniger zu. Lassen Sie
Ihre Kraft durch zarte Worte und milde Gesten in Beziehungen einfließen.
Typ NEUN: Der stinkfaulige Großgähndrache
Dieser Lindwurm sackt
manchmal einfach auf
dem Waldboden
zusammen, bewegt
sich kaum noch
und schläft,
während
andere ihre liebe Not haben, für seinen Komfort zu sorgen.
Er kann sich in seiner enormen Größe stur verweigern, Langeweile verbreiten, in nichts einen Sinn sehen und die eigene
Antriebsschwäche als Friedfertigkeit verkaufen. Wo dieser
träge Drache zu Hause ist, schleichen sich bald Resignation,
Passivität und Gleichgültigkeit ein. Zusätzlich zersetzend
wirkt seine provozierende Anspruchslosigkeit, mit der er
Begeisterung im Keim ersticken kann. Der verborgene
Schmerz in seinem armen Drachenherz: Er weiß nicht, wie
er seine Talente entfalten soll und kann deswegen auf kein
Ziel zugehen.
So wird Ihr Drache zahm: Kommen Sie auf die Beine und
verabschieden Sie sich von Ihrer Bequemlichkeit. Lassen
Sie nicht andere machen, sondern ergreifen Sie von sich aus
die Initiative. Staunen Sie, welche Kräfte das in Ihnen weckt.
Stellen Sie sich täglich kleine Beziehungsaufgaben, die Sie
innerhalb kurzer Zeit erledigen. Trauen Sie sich nach und
nach Größeres zu.
Leicht überarbeiteter Auszug aus: Marion und Werner Küstenmacher, simplify your love. Gemeinsam einfacher und glücklicher
leben, campus, Frankfurt am Main 2006. Nachdruck mit freundlicher Genehmigung des Verlages.
Enneatainment
Ein FÜNFERwissenschaftler ist mit einer VIERERfrau verheiratet.
Eines Tages macht ihm seine Frau Vorwürfe. „Ich meine, du solltest
dich etwas mehr danach kleiden, wie es deiner Stellung als angesehener Wissenschaftler entspricht. Es ist mir peinlich, dass du dich so gehen lässt
und so schäbig aussiehst.“
„Also erstens,“ verteidigt sich der FÜNFER, „ist mir meine wissenschaftliche
Arbeit wichtiger als mein Aussehen. Zweitens: so schäbig sehe ich nun auch
wieder nicht aus.“
„Doch das tust du,“ ereifert sich die VIERERfrau. „Nimm deinen Großvater. Er war
immer elegant angezogen. Seine Anzüge waren sehr teuer und von einem guten
Schneider.“
„Jetzt verstehe ich gar nichts mehr,“ klagt der FÜNFER. „Ich trage doch
Großvaters Anzüge.“
Enneagrammatische Witzvarianten:
Pauline Widmann, Schrobenhausen.
Zeichnungen: Philipp Buchheister, Hamburg.
Ein EINSERrabbi ärgert sich, dass viele Gläubige ohne
Käppi in die Synagoge kommen. Also schreibt er an den
Eingang:
„Das Betreten der Synagoge ohne Kopfbedeckung ist ein
dem Ehebruch vergleichbares Vergehen!“
Am nächsten Tag steht darunter:
„Hab ich probiert. Kein Vergleich. Ein ACHTER.“
Ein DREIERdramatiker kommt spät nachts in
seinen Club, nachdem er der Premiere eines seiner
Stücke beigewohnt hat, das durchgefallen ist.
Hier fragt man ihn: „Nun, wie ging es mit deinem
Stück heute Abend?“
Der DREIER antwortet: „Das Stück war ein großer
Erfolg. Die Zuschauer waren ein Misserfolg.“
EnneaForum 31 1
Heiko Ernst: Wie uns der Teufel reitet
Von der Aktualität der 7 Todsünden
Buchbesprechung von Wolfram Göpfert
Ullstein Buchverlage GmbH Berlin 2006
ISBN 3 550 07832 3, 271 Seiten
Verblüffend wirkt das schon: Heiko Ernst ist Chefredakteur
der Zeitschrift „Psychologie heute“. Im Jahre 2006 erscheint
sein Buch mit dem Titel: „Wie uns der Teufel reitet. Von der
Aktualität der 7 Todsünden“. Und das Buch lässt keinen einzigen – doch nahe liegenden - Hinweis zum Enneagramm
erkennen!
Immerhin – auch ohne einen derartigen Bezug zum
Enneagramm ist das Buch zweifelsohne lesenswert, zumal
für Leser mit christlichem Hintergrund. Denn gleich in
den ersten Sätzen des Vorwortes gibt Heiko Ernst sich als
Ex-Katholik zu erkennen – und er handelt gleichwohl dieses
religiös geprägte Sündenthema in voller Breite ab.
Allerdings schreibt er nicht gezielt für theologische
Experten, seine Leserschaft wird sich eher bei denen finden,
die sich für moderne Psychologie mit Ansätzen zur Spiritualität interessieren. Und vor diesem Hintergrund ist es
durchaus spannend zu erlesen, welche vielfältigen Bezüge
zum uralten Thema Todsünden sich auch für den modernen
Menschen im 21. Jahrhundert ergeben – nach wie vor und
erst recht jetzt wieder.
EnneaForum 31
Nach einigen vorbereitenden Anmerkungen im Vorwort – so
auch zur Transformation der Sünden in Tugenden – fokussiert
sich der Autor im Hauptteil auf jede einzelne der 7 Todsünden.
Er stellt sie dem Leser nacheinander ins Blickfeld, indes ohne
die Verknüpfungen, die das Enneagramm zu erfassen hilft.
Statt dessen spricht Heiko Ernst in den einzelnen Kapiteln eine
Fülle von sozialpolitischen Gesichtspunkten an, die dem Leser
aus seinen beruflichen und privaten Lebensumfeldern nur zu
gut vertraut sind – jede Tageszeitung ist voll von ihnen. Und
diesen Gegebenheiten verleiht der Autor nicht nur das jeweils
passende schlagwortartige Etikett – von Hochmut, Neid und
Habgier über Zorn und Trägheit bis hin zu Völlerei und Wollust -, vielmehr zeigt er im Detail auf, wie die Menschen unter
diesen alten Leidenschaften heute neu leiden – so als hätte sich
über die Jahrhunderte hinweg wenig verändert.
Das Buch endet ziemlich abrupt mit dem Kapitel zur siebten
Sünde. Mancher Leser würde sich vielleicht einen versöhnlichen Ausklang wünschen. Aber Sünden, zumal Todsünden
sind ein knallhartes aktuelles Thema, das anzupacken Heiko
Ernst gewiss gelungen ist. Wer unter seinen Lesern sich eine
weichere Verpackung wünscht, dem mag es helfen, zum
Schluss nochmals das Vorwort zu lesen. Er wird dort fündig
mit dem Hinweis des Autors: „Auch für Sünden gilt: Das mittlere Maß finden“.
Spirituelle Wege – nicht nur für Kopfmuster
Eine geistliche und theologische Entfaltung auf der Grundlage des Enneagramms von Michael Schulz
I Zerstreuung
Einer meiner geistlichen Lehrer prägte das erhellende
Wort: „Feind der Meditation ist die Meditation“. Er meinte
die im Kopf hin und her „meditierenden“ Gedanken, also
das gut bekannte Thema der Zerstreuungen bei der Stille
und der Meditation. „Zerstreuung“ heißt im Griechischen d
i a s p o r a und kommt von d i a s p e i r e i n: Ausstreuen,
im Passiv auch: zerstreut werden, sich zerstreuen, sich
auflösen, auseinanderlaufen usw. „Diaspora“ nun meint seit
alters (im konfessionellen oder nationalen Sinn) ein Gebiet,
in dem die Anhänger einer Konfession oder einer Nation
gegenüber einer anderen in der Minderheit sind, also in der
Fremde, z.B. Israel nach der Zerstörung Jerusalems 587 v.Chr.
in der babylonischen Gefangenschaft.
In einer gewissen Verfremdung des Wortes Diaspora
könnten wir also hier gleich zu Beginn formulieren: Als
Menschen, die wir durch besondere Muster begabt aber
zugleich auch entfremdet sind, leben wir alle in der Diaspora, in der Zerstreuung. Ich meine also hier mit Diaspora
z.B. die Zerstreuungen während der Stille und Sammlung,
der Meditation und Kontemplation; darüber hinaus aber
auch die Zerstreuungen im Alltag und Sonntag unseres
Lebens und vor allem unsere je spezifische Entfremdung
und Zerstreuung, die wir alle „Jenseits von Eden“ leben. So
tragen wir eben Segen und Fluch unseres Musters.
Eine Aufgabe des einübenden Innehaltens ist es nun
immer wieder, in den inneren Abstand zu gehen und somit
zum stillen Beobachter der eigenen Gedanken, Gefühle, ja
des eigenen Verhaltens zu werden. Dabei gilt es beständig:
Gegenwärtigkeit, Geistes-Gegenwart einüben. Die Sorgen,
die ängstlichen, traurigen, lustigen usw., Filme im Kopf, die
mich so oft in die Zukunft und Vergangenheit ausbüchsen
lassen, durchschauen und Gegenwart (Gottes) einüben. Aber
auch immer wieder jenes Hintergrundrauschen einer inneren Unzufriedenheit hören und durchschauen lernen. Dankbares Herz und Frieden im Herzen erbitten und suchen.
Ich könnte auch sagen: Immer wieder - gerade auch im
Alltag - aus der Ebene des oftmals zwanghaften Egos, mich
auf den Weg zum tiefen Selbst machen. Allerdings sind wir
als Christen meist zu wenig eingeübt, zu unterscheiden (in
der Pflege jener Gabe der „Unterscheidung der Geister“ bei
uns selbst) wann es gilt, unser Ego zurückzunehmen oder
gar loszulassen und wann wir unser Ego einbringen dürfen
und sollen. Es soll uns nicht beherrschen, sondern gehört
eigentlich an die lange Leine, um es im Alltag dieser Welt
einzusetzen wenn es nötig ist. In diesem Sinne sagte der
Dalai Lama in einem Interview: „Oh, ego is very good“. Aber
weil wir zu wenig eingeübt und zu wenig angeleitet sind, ist
dies in der Regel ein für uns unbekanntes Terrain, auf dem
wir aus simpler Re-aktion oftmals geradezu umgekehrt und
falsch handeln.
Ohne dies alles zu vermischen oder gar gleichzusetzen,
transportiert folgende, mehr klassisch christliche Formu-
lierung, einen guten Geist: Ich übe mich ein, aus meinem
spezifischen Muster - damit aber auch aus meinem eingeengten
Blickwinkel - im vertrauensvollen Aufblick zu Gott zu leben;
oder noch einmal anders: Aus der Zerstreuung, aus meiner
spezifischen „Diaspora“ immer wieder umkehren und vertrauensvoll hinkehren an das Herz Gottes und Christi.
Im Alten und Neuen Testament wird im Zusammenhang der
Zerstreuung oftmals das Bild von den zerstreuten und „verirrten Schafen“, von schlechten Hirten (Hesekiel 34) und vom
guten Hirten (Johannes 10) gebraucht. Der 2. Jesaja (Deuterojesaja) klagt angesichts des messianisch leidenden Gottesknechtes über dies beständige Irregehen des Gottesvolkes (Jes
53, 6): „Wir gingen alle in die Irre wie Schafe, ein jeder sah auf
seinen Weg“.
Wie oft sind wir befangen, ja gefangen - ohne es zu merken - in unserer eigenen verzerrten Welt nur unseres Denkens
und Fühlens. Ein jeder sieht nur seinen Weg. Das eben ist eine
wesentliche Grunderkenntnis aller Arbeit mit dem Enneagramm und zwar in einem tiefen und bedrängenden Sinn.
Als enneagrammatisch geschulte Menschen entdecken wir
nun, dass jener eingangs genannte Satz „Feind der Meditation
ist die Meditation“ zwar auf der einen Seite stimmt, aber auf
der anderen Seite wiederum nicht. Jene „Meditation“, jene
Bewegung der zerstreuenden Gedanken, die Kontemplation
und echte Meditation hindert, muss geradezu hinein in das
Gespräch mit Christus genommen werden. In diesem Bereich
erkennt der Übende und Erfahrene, dass die eigenen Themen,
Urteile, Gedanken, Gefühle, Bilder, Meinungen, Ziele, Behauptungen, Erwartungen usw. ein ganz bestimmtes je eigenes Profil
haben, das jedem in der Stille begegnet und das sich wiederholt
und allzu oft verselbständigt.
Die Einübung in den nicht wertenden inneren Abstand ist
sicher ein wesentliches Ziel enneagrammatischer Arbeit, um
geistlich zu wachsen. Nun geht es aber nicht nur um jene mehr
oder weniger regelmäßigen Zeiten und Inseln des Stillewerdens
und der Meditation, sondern ebenso wichtig, ja, für das Leben
und den Glauben fast noch wichtiger, ist die geistlich spirituelle Einübung in eine vertrauensvolle Haltung im alltäglichen
Leben. Eine Gefährdung, z.B. unseres stark kognitiv geprägten
und damit kopf-lastigen Protestantismus ist es doch seit fast
500 Jahren immer wieder, von Glaube, Liebe und auch vom
Heiligen Geist zu reden, aber darüber wurde oft versäumt,
vertrauensvoll und liebevoll zu leben, versäumt, sich auch
spirituell in eine vertrauensvolle und liebevolle Grundhaltung
einzuüben.
Dabei bleibt die fundamentale Priorität der Gnade Gottes
und des Angewiesenseins auf den Heiligen Geist unwidersprochen. Ohne den Geist der Gnade, der die Herzen und Augen
des Glaubens öffnet, geht auch alle Einübung ins Leere. Dennoch, hier geht es um eine prozessuale Gegenbewegung christlicher Spiritualität. Praktisch theologisch gilt: Geist, Methode
und Einübung schließen sich nicht aus.
Sollte ich nämlich das große Wort „Spiritualität“ pointieren,
EnneaForum 31 so geht es in den verschiedenen Bereichen und Ausprägungen unserer christlichen Spiritualität wesentlich um
Einübung und Verleiblichung. Für unsere je persönliche Spiritualität könnte dies schließlich heißen: Was ich beständig
einübe, manchmal auch gegen den eigenen Strich, das prägt
mich. Bereits schon bei Evagrius Pontikus weiß christliche
Spiritualität, dass meine sündhafte Grundgefährdung sich
in geistliche Tugend, ja in geistliches Charisma verwandeln
kann, in der Regel aber nicht ohne geistliche Übung.
II Geistliche Einreden
Nun hat unser ökumenisch meist gelesener christlicher
Autor und Spiritual, Anselm Grün, vor vielen Jahren - als er
noch ein Geheimtipp war - in einer seiner ersten Schriften
ein biblisches Exerzitium verfasst, nämlich eine Art geistliche Einübung für den Alltag. Man könnte auch sagen eine
Art geistliche Einübung in ein legitimes christliches „positives Denken“. Diese Einübung in eine konstruktive positive
mentale Haltung geht nicht naiv oder oberflächlich an den
großen Leiden und Kreuzrealitäten der jeweiligen Zeit
vorbei (wie sogenanntes „positives Denken“ öfters in Gefahr
steht), sondern stellt geradezu ein geistlich – christliches
Exerzitium dar, das spirituell, mental lösende Vollmacht für
den Alltag bereit hält. Anselm Grün schreibt zum Umgang
mit den positiven Einreden: „Wenn man die positiven Einreden geübt hat, wird man mit ihnen auf alles reagieren, was
einem begegnet“. Z.B. mit jenem Psalmvers etwa für ängstliche Gemüter: ‚Mit Dir erstürme ich Wälle, mit meinem Gott
überspringe ich Mauern‘. „Die positive Einrede prägt meine
Reaktion auf die Ereignisse des Alltags. Keiner kann seinen
Alltag durchplanen. Wir können unser Leben nicht in den
Griff bekommen. Unsere Mitmenschen stellen uns immer
wieder vor unvorhergesehene Situationen. Dafür haben wir
kein Programm.“
(Grün, A., Einreden, Vom Umgang mit den Gedanken,
Münsterschwarzach, 1983).
An dieser Stelle würden wir von der Erfahrung des Enneagramms her sagen: Normalerweise reagiert der Mensch in
solchen Situationen automatisch seinem jeweiligen Muster
gemäß. Die innere Achtsamkeit kann ihm helfen, seine
eigene Reaktionsweise (in Gedanken, Gefühlen, Worten,
Reaktionen usw.) durch Lockerung der Identifikation nüchtern distanziert anzuschauen:
„Aha, jetzt kommt diese Reaktion. Diese Gedanken kenne
ich bereits. Aha, dieses Gefühl der Verletzung, der Trauer,
des Ärgers, des Zorns, des Rückzugs, des Stolzes, der Betulichkeit, des verbalen Zudeckens, des aggressiven Angreifens,
der Flucht in Aktivitäten oder Nebensächlichkeiten, ins
Detail, der charmanten Flucht nach vorn, der Rationalisierung, des Überspielens oder der Melancholie, all dies kenne
ich jeweils als das mir eigene, oftmals unangemessene Muster des Umgehens mit solchen Situationen. Ich muss mich
jetzt aber nicht damit identifizieren, ich muss mich nicht
darauf einlassen. Die innere Achtsamkeit wacht darüber.
Was will mich jetzt mental, emotional oder auch somatisch
überkommen oder auch von mir Besitz ergreifen?“
Durch das Einüben des metaphorischen inneren Beobachters sind wir der Situation nicht ausgeliefert, sondern
bekommen die Fähigkeit, zunehmend der Wirklichkeit
EnneaForum 31
in einer solchen Situation angemessener zu begegnen; mit
innerer Distanz lerne ich, mich aufmerksam im Inneren zu
beobachten. Ich nehme ohne Lob und Tadel und möglichst
absichtslos wahr, was sich mir da zeigt und was kommt. Ich
bewerte es nicht, ich setze mich nicht einem Zwang zur
Veränderung aus, sondern lerne, wach hinzuschauen. Ich übe
mich ein, als Beobachter gegenwärtig zu bleiben. Man könnte
auch sagen: Ich übe den inneren Supervisor ein.
Bei den positiven Einreden, wie sie Anselm Grün darstellte,
ist die innere Achtsamkeit ein wenig anders geleitet als in der
enneagrammatischen Arbeit mit dem Inneren Beobachter.
Dennoch wird durch eine eingeübte positive Reaktion, durch
die Einrede, die aus der Tiefe auftaucht, die automatische
Reaktion in einer solchen Situation unterbrochen und ein
Stück gelockert.
Eine solche biblische Einrede ist z.B. das Wort aus Sprüche
3, 5f. Es ist ein Wort besonders für die Kopfmuster aber auch
für die anderen, da ja vieles über den Kopf geht. „Verlass dich
auf den Herrn von ganzem Herzen, und verlass dich nicht
auf deinen Verstand, sondern gedenke an ihn in allen deinen
Wegen so wird er dich recht führen“. (Sprüche 3, 5f).
III Verlass dich auf den Herrn von ganzem Herzen ... und gedenke an ihn in allen deinen Wegen
Wie können wir das einüben und ein wenig mehr leben? Als
Christen sind wir berufen, auch als Einzelne zu unserer je
eigenen persönlichen Spiritualität zu finden und darin geistlich zu wachsen. Dabei kann uns gerade das Enneagramm
gute Hilfestellung geben, weil es nicht nur die sehr unterschiedlichen menschlichen Charaktermuster differenziert,
auffächert und in ihrer Dynamik ausarbeitet, sondern weil es
eben auch auf die verschiedenen Typen persönlicher Spiritualität und damit auf die unterschiedlichen geistlichen Übungswege hinweist. Wenn wir uns darauf einlassen, tun wir nicht
nur etwas für uns selbst, sondern ganz positiv und geistlich
auch für unser Umfeld, unsere Kirche und unsere Welt.
Neben den chassidischen Legenden von Martin Buber
gehört zu meinem spirituellen Handgepäck seit vielen Jahren
ein kleines Buch, ein verborgenes Schatzkästlein: „Nicolas
Herman, Die wahre Freude, Gespräche, Aufzeichnungen,
Briefe. Diese kleine Schrift atmet auch heute noch eine frische,
authentische, ansprechende Spiritualität eines französischen
Laienbruders aus dem 17. Jahrhundert, der im Hauptberuf
viele Jahre Koch in einem Kloster in Burgund war. Ehemals
wurde diese Schrift bereits von dem Mystiker und Liederdichter Gerhard Tersteegen im 18. Jahrhundert aus dem Französischen klassisch übersetzt und kommentiert.
In seinen „Maximes spirituelles ...“, Paris 1692; leitet
Nicolas Herman alias Frère Laurent dazu an, die großen und
kleinen Dinge des Alltags aus der Präsenz Gottes zu leben.
Natürlich ganz ohne enneagrammatische Weisheit findet und
führt er aus der mystischen Tradition zu tiefer authentischer
Selbsterkenntnis vor Gott und einem ansprechenden alltäglichen Leben aus der Gegenwart Gottes. Er legt authentisch
aus, was es heißen kann, „sich auf den Herrn verlassen von
ganzem Herzen und an ihn gedenken in allen deinen Wegen“.
Er vermag so zu einer tiefen spirituellen Freude anzuleiten.
Er sagt: „Die heiligste und für alle Menschen, die geistig
(geistlich) leben wollen, notwendigste Übung ist die Gegen-
wart Gottes, das heißt: Man muss Gefallen daran finden und
sich daran gewöhnen, in der Gesellschaft Gottes zu leben,
indem man mit ihm demütig spricht, sich zu jeder Zeit mit
ihm liebevoll unterhält, in jedem Augenblick, ohne Regel,
ohne Maß, besonders in den Zeiten der Versuchung, des
Kummers, der Trockenheit, der Lustlosigkeit, ja sogar in der
Zeit der Untreue und der Sünde ...“
„Gott verlangt von uns nichts Großes, nämlich dass Sie
sich von Zeit zu Zeit an ihn erinnern, dass Sie ein wenig
beten, dass Sie ihn manchmal um seine Gnade bitten, dass
Sie ihm bisweilen Ihre Sorgen anvertrauen, dass Sie ihm ein
anderes Mal für die Gnaden danken, die er Ihnen geschenkt
hat und die er Ihnen mitten in Ihrer Arbeit gewährt. Freuen
Sie sich an ihm, so oft Sie können. Erheben Sie Ihr Herz
zu ihm während Ihrer Mahlzeiten oder auch, wenn Sie in
Gesellschaft sind. Er wird sich über das kleinste Gedenken
freuen.
Wir müssen dazu nicht laut rufen; denn er ist uns näher,
als wir vermuten. Es ist nicht nötig, immer in einer Kirche
zu sein, wenn wir mit Gott zusammen sein wollen. Wir
können unser Herz in eine Kapelle verwandeln“.
Als enneagrammatisch und tiefenpsychologisch geschulte
Menschen wissen wir allerdings, dass unser Muster mit seinen bedeutsamen Anteilen des inneren Systems eben nicht
nur unsere Emotionen, unser Verhalten prägt, sondern eben
auch so wesentlich das Profil unseres Denkens, Verstehens
und Verstandes. Unser Muster macht nicht nur unser Charisma aus, sondern eben auch unsere spezifischen Blindheiten, die Einengung und Begrenzung unseres Verstehens.
Die geistige und geistliche Behinderung durch unser Muster
eröffnet uns letztlich nur einen kleinen Spalt und einen kleinen Teil der Wirklichkeit, bedingt also auch unsere blinden
Flecken, die größer sind als wir in der Regel annehmen.
IV Verlass dich nicht auf deinen Verstand.
Was bedeutet das? Das Hebräische könnte man auch anders
übersetzen: „Verlass dich nicht auf Dein Verstehen“. Im
Hebräischen steht „Binah“. Das heißt: Verlass dich nicht,
stütze dich nicht auf deine menschliche Einsicht, nicht nur
auf dein geistiges Unterscheidungsvermögen (FÜNFer und
SECHSerproblematik).
Volkstümlich könnten wir also nicht nur für die Kopfmuster sagen, denn auch bei den anderen Mustern läuft viel
über den Kopf: „Verlass dich nicht nur auf deinen „Kopf “!
Es gibt auch andere intelligente Zugänge.
Dabei muss aber gleich im Ansatz einem antiintellektuellen Missverständnis und damit der Fehldeutung einer
falschen Wirkungsgeschichte gewehrt werden. Nämlich
als sei mit diesem biblischen Wort von Sprüche 3, 5f, ein
Gegensatz von klarem Verstand einerseits und Spiritualität
und Frömmigkeit andererseits angesprochen. Keineswegs
geht es um eine etwa wissenschaftsfeindliche Verachtung
des Verstandes. Vielmehr Wissenschaften und Spiritualität
können sich gegenseitig erschließen.
Auch geschichtlich müssen wir rückschauend sagen:
Menschlicher Verstand, das Entstehen der Wissenschaften,
ja die westliche Aufklärung waren eben auch ein geschichtsmächtiges Wirken des Geistes Gottes. Eine Hilfe zum „aufrechten Gang“, zur Emanzipation des Menschen bis hin zu
einem deutlicheren Leben in Würde und Freiheit.
Immanuel Kant sagte: „Aufklärung ist der Ausgang des
Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit ...
Sapere aude! Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu
bedienen. ! … Es ist so bequem, unmündig zu sein, habe
ich ein Buch, das für mich Verstand hat, einen Seelsorger,
der für mich Gewissen hat, einen Arzt, der für mich die
Diät beurteilt usw., so brauche ich mich ja nicht selbst zu
bemühen“.
Also der Verstand, menschliche Aufklärung, ist permanent zu pflegen als ein Geschenk der imago dei, der Gottesebenbildlichkeit.
EnneaForum 31 „Verlass dich nicht auf deinen Verstand“ könnte nun
heißen: Verlass dich nicht nur auf dein Denken und deine
Gedanken, verlass dich nicht auf den Spalt deines Verstehens, der durch dein spezifisches Muster nicht nur eröffnet
wird sondern eben auch erheblich eingeengt ist. Pflege
darum auch deine Bauchintelligenz und deine Herzintelligenz und vor allem: „Gott schütze mich auch vor mir selbst.
Schütze mich vor meinen blinden Flecken und meinen so
oft nicht erkannten Wirklichkeitsverengungen. Herr schütze
mich gerade auch angesichts der immer wieder verdrängten
oder überspielten Ängste (FÜNFer, SECHSer und SIEBENer
Problematik). Lass mich immer wieder auch wahrnehmen,
erst einmal hören, hinschauen auf die dunklen Gefühle und
Ängste. Mit ihnen komme ich zu dir, schaue dich an, halte
sie und mich dir hin“.
Statt eines Gebetes kann auch ein innerer Dialog entstehen, etwa so: „Ich schaue meine Angst an, ich lasse sie mit
innerem Abstand kommen: Du Angst gehört zu mir, ich
habe Angst, aber ich bin nicht meine Angst; auch muss ich
mich nicht dauernd an dich hingeben, muss mich nicht dauernd mit dir identifizieren. Ebenso ein daraus resultierendes
übertriebenes Sicherheitsbedürfnis muss mir nicht immer
als Angstflüsterer im Nacken sitzen. Das alles gehört zwar zu
mir, aber gehört immer wieder an die lange Leine!“
Verlass dich auf den Herrn von ganzem Herzen, verlass
dich nicht auf deinen Kopf - ich spüre vielleicht, dass es im
Kopf auf „Turboautomatik“ gehen will oder sich Sorgenund Angst-Szenarien hochspielen. Da allerdings nötigt mich
die biblische Einrede erst einmal kurz innezuhalten, z.B. bei
situativen Auseinandersetzungen oder Herausforderungen
etwa im Beruf, in Beziehung. Die geistliche Einrede sagt
erst einmal: „Stopp!“ Keine automatische Reaktion aus dem
Muster, sondern innehalten. Stellt sich nun die automatische
Reaktion ein, z.B. Groll, Ärger, Zorn, Rückzug aus Stolz oder
Angst, Betulichkeit, verbales Zudecken, aggressive Angriffe,
Sturheit usw. dann lasse ich diese Reaktionen kommen,
schaue sie an, mit innerem Abstand nehme ich sie wahr,
halte sie aus, verdränge sie nicht und agiere sie nicht aus. Ich
stütze mich nicht mehr auf meine gewohnte Reaktion, nicht
nur auf meinen Kopf, auch nicht auf meine allzu paraten
oder nicht paraten Emotionen. Ich halte die automatische
Reaktion an und übe mich ein, z.B. mit der Angst, die sich
zeigt, vertrauensvoll zu Gott aufzuschauen: Was wäre jetzt
dran? Ich warte, ertrage die eventuelle „Anfechtung“ des
Vertrauens. Ich übe mich vertrauensvoll ein (trotz angefochtenem Vertrauen, auch hypothetisches Vertrauen wäre hier
möglich) in die Gegenwart Gottes.
Aus dieser Haltung des inneren Auf-Blicks und des
Augen-Blicks, wie auf dem Hintergrund des Einübens in
die Gegenwart Gottes, gewinne ich ein wenig gnadenvollen
Abstand zur ganzen Maschinerie meiner inneren Automatik
(z.B. zu der Zorn-Groll-Automatik bei EINSer- und ACHTermustern). Die Reaktion aus dem Muster wird durch den
Auf-Blick, den Augen-Blick unterbrochen.
Innerer Dialog etwa: „Ich vertraue Dir Gott und Deiner Führung mehr als meinen sorgenden oder ängstlichen
Gedanken, trotz Anfechtung und Schwächung des Vertrauens halte ich die innerliche Blickrichtung zu dir Christus bei.
Ich gehe innerlich von meiner automatischen Reaktion weg
EnneaForum 31
und wende mich vertrauensvoll zu Deinem Herzen hin, überlasse mich Deiner Führung!“ Ich übe mich gleichzeitig ein im
Vertrauen und wachen Hinschauen und warte auf oder suche
eine angemessene Antwort.
Angesichts der vielfältigen Herausforderungen („challenges“) im täglichen Leben oder darüber hinaus eben auch so oft
in Politik und Gesellschaft, hieße die Kurzformel: „challenge
and response“ und nicht „challenge and react“.
Im persönlichen Alltag des Glaubens und Vertrauens laufen
die einzuübenden Schritte kurz etwa so ab: „challenge“ – kurzes
Innehalten – atmen – innerlich aufblicken – einen inneren
Augen-Blick in die Gegenwart (Gottes – vor dem Hintergrund
seiner Gegenwart) – hinschauen was kommt (geistig, emotional,
somatisch). Nicht gleich ausagieren oder automatisch reagieren
– innerlich Vertrauen wagen – Anfechtung des Glaubens, des
Vertrauens aushalten oder ertragen - zur Gelassenheit finden
– offen bleiben, angemessene Antwort abwarten und suchen.
Diese Schritte immer wieder im Alltag ein Stück einüben.
Natürlich bleiben wir die alten. Luther und Paulus würden
sagen, wir bleiben „Sünder“. Das ist auch so. Jedoch so viele
Menschen sinken ins Grab und sind ein Leben lang nur identifiziert mit ihrem Denken, Fühlen und ihrem Tun und haben
nicht gelernt, in den inneren Abstand zu gehen, aus dem inneren Abstand das eigene Verhalten anzuschauen und so zu geistlichen und christlichen Veränderungen zu kommen. Von daher
gilt, ohne Einübung bleibt unser Glaube und unsere Liebe viel
zu kopflastig, stehen wir in der Gefahr, mehr von Glauben und
Liebe zu reden als mit kleinen Schritten der Einübung immer
wieder auch angemessene Antworten des Vertrauens, des Glaubens und der Liebe zu suchen.
Dabei befinden wir uns nicht nur in guter katholischer
Spiritualität sondern auch ökumenisch in evangelischer Katholizität. Die lutherischen Wesensmerkmale für eine christliche
Spiritualität, ja für einen christlichen Theologen, sind in diesem
Exerzitium und auch in den am Ende kurz genannten kleinen Schritten immer untergemischt: meditatio (Betrachtung
des Wortes, innehalten, stille werden, Meditation), tentatio
(Anfechtung, vorübergehende Schwächung des Glaubens
und des Vertrauens), oratio (Gebet, Auf-Blick, bis hin zu der
Haltung des Gebetes auch ohne Worte, einüben und warten auf
Wachstum im Vertrauen).
Luther selbst sagt: „Ich habe meine Theologie nicht auf einmal gelernt, sondern habe immer tiefer hineingraben müssen;
dahin haben mich meine Anfechtungen gebracht, weil man
ohne Übung nichts lernt“.
Die Inhalte dieses Aufsatzes sind in ausführlicher Form auch
in dem Buch „Enneagramm, Spiritualität und Spiritualität der
Zukunft“ von Dr. Michael Schulz, Neukirchener Verlag 2006,
ausgeführt.
Segen Es segne Euch Gott,
der mehr ist als Vater und Mutter.
Er gebe,
dass jeder und jede
die besonderen Gaben
in die Gemeinschaft einbringe.
Er lasse Euch
mit Euren dunklen Seiten
klug umgehen,
dass sie Euch begleiten
und sich Eurer nicht bemächtigen.
Er schenke Euch
die Vollkommenheit,
die nicht zur Arroganz wird,
die Liebe,
die nicht im Stolz endet,
das Selbstvertrauen,
das nicht verführerisch ist.
Er gewähre Euch
Schönheit,
die sich nicht selbstgefällig
zur Schau stellt.
Er gebe Euch Weisheit,
die verständlich ist
und eine Loyalität,
die kein Mitläufertum duldet.
Er mache Euch
reich an Fröhlichkeit,
die nicht leichtfertig ist.
Er schenke Euch
Power und Kraft,
die nicht egoistischen Zielen dient
und den Frieden,
der keine Bequemlichkeit kennt.
Dies gewähre Euch
der gütige Gott:
der Vater,
der Sohn
und der heilige Geist.
Ludwig Zink
am 4.3.2007 bei der JHV in Eisenach
EnneaForum 31 Herr was ich brauche
Herr was ich brauche
du teilst es mir zu
du hältst mein Los in der Hand
meine Seele kommt bei dir zu Ruh
du hast mich bei meinem Namen genannt
Mir ist ein schöner Anteil zugefallen
den du mir zugemessen hast
ein fruchtbares Land
eine Heimat die mich fand
eine sanfte Last
ein Weg der zu mir passt
Du lässt mich deine Schönheit sehen
sättigst mich an deinem Angesicht
glückselige Stille
Freude die Fülle
ein wärmendes Licht
Du – meine Zuversicht
Musik und Text: Frieder Gutscher nach Psalm 16