Industrie-Applikationen

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Eine sensitive und komfortable cDNA-Synthese
an magnetischen Nanopartikeln
Claudia Reinhard, Silke Neuhauser und Volker Nölle,
Miltenyi Biotec GmbH, Bergisch Gladbach
Einleitung
Die Synthese von Erststrang-
cDNA ist ein häufig verwendeter Prozess, bei dem aus mRNA
mit Hilfe des Enzyms Reverse
Transkriptase cDNA hergestellt
wird, welche in Folgeapplikationen wie PCR direkt eingesetzt
werden kann. Wenn als Ausgangsmaterial Zellen vorliegen,
muss zunächst die RNA isoliert
werden, wobei sowohl die Gesamt-RNA-Isolation, als auch
die direkte mRNA-Isolation anerkannte Aufreinigungsschritte
sind. Idealerweise schließt sich
unmittelbar die cDNA-Synthese-Reaktion an, um die Degradation der mRNA zu verringern,
die sich in verkürzten Transkriptlängen sowie geringerer
Sensitivität äußern würde. Vor
allem letzter Punkt ist entscheidend, wenn es sich um die Expressionsanalyse weniger Zellen
handelt, da man sich durch das
limitierte Probenmaterial am
Detektionslimit bewegt.
Wir präsentieren hier eine
sensitive Methode, bei der mit
Hilfe etablierter magnetischer
Nanopartikel (MACS®-Technologie, [1]) zunächst aus Zellen
mRNA isoliert und im direkten
Anschluss cDNA synthetisiert
werden kann, welche beispielsweise für Genexpressionsanalysen mittels quantitativer PCR
eingesetzt werden kann.
Material und Methoden
mRNA-Isolierung
mRNA wurde mittels des
µMACS mRNA Isolation Kits
und µ-Säulen im beheizbaren
thermoMACS-Magneten aus
106 bzw. 5 oder 500 Jurkat-Zellen isoliert. Die mRNA wurde
nicht eluiert, sondern blieb für
die anschließende cDNA-Synthese an den Oligo (dT)-Magnetpartikeln gebunden. Als Vergleich diente die Aufreinigung
mit einem kommerziell erhältlichen mRNA-Isolationskit sowie die Trizol®-Methode (Invitrogen) zur Isolation der GesamtRNA, jeweils nach Herstellerangaben.
cDNA-Synthese auf der Säule
im beheizbaren Magneten
Primerpaar: GACATCAAGAAG
GTGGTGAAGC, AAGGGGT
CTACATGGCAACTG (372
Bp-GAPDH-Fragment). 20 %
des PCR-Ansatzes wurde mittels
Agarose-Gelelektrophorese aufgetrennt und mit Ethidiumbromid gefärbt.
Quantitative PCR
Die µ-Säule, auf der sich die
Magnetpartikel mit gebundener
mRNA befinden, wurde mit
2 x 100 µl Äquilibrierungs-/
Waschpuffer gewaschen. Der beheizbare Magnet wurde auf
42 °C gestellt. Der lyophilisierte
Enzym-Mix mit Reverser Transkriptase wurde mit 20 µl Resuspensionspuffer solubilisiert und
auf die µ-Säule gegeben. Nach
Abdichten der Säulenmatrix mit
1 µl „Sealing Solution“ erfolgte
die cDNA-Synthese bei 42 °C
für 1 Stunde. Anschließend
wurden freie Nukleotide, Enzym und sonstige Pufferbestandteile durch Waschen mit
2 x 100 µl Äquilibrierungs-/
Waschpuffer entfernt. Zur Freisetzung der an die Magnetpartikel gebundenen cDNA diente
eine 10-minütige Inkubation mit
20 µl einer cDNA-Freisetzungslösung bei 42 °C und anschließende Elution mit 50 µl Elutionspuffer.
Als Vergleich wurde eine
cDNA-Synthese im konventionellen Reaktionsgefäß mit 200
Units Superscript II Reverser
Transkriptase (Invitrogen) und
Oligo (dT)-Primern nach Hersteller-Protokoll durchgeführt.
Zur Bestimmung der cDNAKonzentration wurden quantitative PCR-Reaktionen mit Hilfe
des LightCyclers® (Roche)
durchgeführt. Dazu wurde je
10 % der erhaltenen cDNA direkt in eine quantitative PCR
nach Herstellerangaben eingesetzt. Verwendet wurden die
folgenden Primerpaare: GGCA
TGGACTGTGGTCATGAG,
TGCACCACCAACTGCTTA
GC (87 Bp-GAPDH-Fragment,
Exon-Exon-übergreifende Primer); TTCCTTGGTCAGGCA
GTATAATC, CTGGCTTATA
TCCAACACTTCGTG (89 BpHPRT-Fragment, Intron-um-
spannendes Primerpaar). Als
Kontrolle wurde eine Probe ohne cDNA mitgeführt (non-template control). Zur weiteren Analyse wurden die Ansätze nach
der quantitativen PCR mittels
Agarose-Gelelektrophorese aufgetrennt und mit Ethidiumbromid gefärbt.
Ergebnisse
Da die mRNA-Isolation mittels
magnetischer Nanopartikel auf
Säulen innerhalb eines Magneten stattfindet, musste eine Lösung gefunden werden, die es
erlaubt, die cDNA-Synthese im
direkten Anschluss an die
mRNA-Isolation auf der Säule
durchzuführen. Dazu wurde ein
beheizbarer Magnet entwickelt
(Abb. 1 A), der die Säulenmatrix
wahlweise auf 37 °C bzw. 42 °C
erhitzt. Um möglichst reproduzierbare Ergebnisse zu erhalten,
wurde ein Mastermix entwickelt, der neben der Reversen
Transkriptase alle für die cDNASynthese-Reaktion notwendigen Komponenten beinhaltet.
Dieser wurde als lyophilisierter
Enzym-Mix realisiert (Abb. 1 B),
welcher leicht durch Zugabe eines Resuspensionspuffers gelöst
werden kann.
Um die Sensitivität der Methode zu analysieren, wurde mit
Konventionelle PCR
Von der cDNA, die aus 5 bzw.
500 Zellen mittels magnetischer
mRNA-Isolation und anschließender cDNA-Synthese auf der
Säule gewonnen wurde, wurde
50 % in einer PCR-Reaktion eingesetzt. Verwendet wurde das
folgende, Intron-umspannende
Abb. 1: (A) Der beheizbare Magnet für µ-Säulen (thermoMACSTM). (B) Der
lyophilisierte Enzym-Mix für die cDNA-Synthese.
BIOspektrum · 4/04 · 10. Jahrgang
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Abb. 2: (A) Amplifikationskurven des Transkripts HPRT aus 106 Jurkat-Zellen
nach konventioneller mRNA-Isolation/cDNA-Synthese bzw. magnetischer
Prozessierung (Doppelansätze). (B) Agarosegel-Elektrophorese der LightCycler®-Ansätze. M: 50 Bp-Marker; 1, 2: magnetisch prozessiert; 3, 4:
konventionell aus Gesamt-RNA; 5, 6: konventionell aus mRNA; 7: Negativkontrolle (non-template control).
Hilfe von Magnetpartikeln aus
106 Jurkat-Zellen auf einer Säule mRNA isoliert/cDNA synthetisiert und gegen konventionelle RNA-Aufreinigungsmethoden (mRNA bzw. Gesamt-RNA)
mit anschließender konventioneller Reaktionsgefäß-cDNASynthese verglichen (jeweils
Doppelansätze). Untersucht
wurde dabei das schwach exprimierte Transkript des Haushaltsgens Hypoxanthin-Phosphoribosyltransferase (HPRT),
das mittels quantitativer PCR
amplifiziert wurde. Die Amplifikationskurven in Abb. 2 A zeigen,
dass magnetische mRNA-Isolation/cDNA-Synthese auf der
Säule einen Crossing Point-Wert
von durchschnittlich 18,5 ergab,
der im Schnitt 3,2 bzw. 5,3 besser ist als die Crossing PointWerte einer konventionellen
mRNA-Isolation bzw. einer Gesamt-RNA-Isolation mit jeweils
konventioneller cDNA-Synthe-
se (Tab. 1). Alle Produkte der
quantitativen PCR ergaben die
erwartete Produktlänge von 89
Bp, wobei der Reaktionsansatz
aus Gesamt-RNA (Abb. 2 B, Spuren 3 u. 4) den stärksten Hintergrund aufwies.
Noch höhere Anforderungen
ergeben sich, wenn als Ausgangsmaterial nur wenige Zellen
zur Verfügung stehen. Im Vergleich wurden 5 bzw. 500 JurkatZellen verwendet, um magnetisch mRNA zu isolieren/cDNA
zu synthetisieren bzw. dies konventionell im Reaktionsgefäß
durchzuführen. Die Amplifikationskurven (Abb. 3 A) des Transkripts des Haushaltsgens Glycerinaldehyd-3-Phosphat-Dehydrogenase (GAPDH) verdeutlichen, dass die magnetische Reaktion auf der Säule Crossing
Point-Werte aufweist, die jeweils
mindestens um 3 besser als die
der konventionellen Reaktion
liegen (Tab. 1). Die magnetisch
Tab. 1: Crossing Pointsa der LightCycler®-Ansätze
Ansatz
Crossing Point
HPRT, magnetisch
18,5 / 18,5
HPRT, mRNA konventionell
24,4 / 23,2
HPRT, Gesamt-RNA konventionell
20,4 / 23,0
HPRT, non-template control
32,2
GAPDH, magnetisch 5 Zellen
32,1 / 33,3b
GAPDH, konventionell 5 Zellen
> 36,0 / > 36,0b
GAPDH, magnetisch 500 Zellen
26,6 / 28,2b
GAPDH, konventionell 500 Zellen
30,1 / 31,7b
GAPDH, non-template control
> 36,0 / > 36,0b
a Der Crossing Point ist definiert als eine virtuelle Zyklusnummer, an der alle Proben gleiche
Mengen an PCR-Produkt enthalten.
b Abb. nicht gezeigt.
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Abb. 3: (A) Repräsentative Amplifikationskurven des Transkripts GAPDH aus
Jurkat-Zellen nach konventioneller mRNA-Isolation/cDNA-Synthese (c: 500
Zellen, d: 5 Zellen) bzw. magnetischer Prozessierung (a: 500 Zellen, b: 5
Zellen). e: Negativkontrolle (non-template control). (B) Agarosegel-Elektrophorese nach konventioneller GAPDH-PCR auf magnetisch prozessierte
cDNA aus 500 (Spur 1, 2) bzw. 5 (Spur 3, 4) Jurkat-Zellen (Doppelansätze).
M: 100 Bp-Marker.
erhaltene cDNA aus 500 bzw. 5
Zellen wurde zudem in einer
konventionellen PCR-Reaktion
zur Amplifikation eines 372 BpGAPDH-Fragments eingesetzt.
Das Agarosegel zeigt, dass beide
Doppelansätze das spezifische
Produkt aufweisen (Abb. 3 B;
durch genomische Verunreinigungen würde ein 476 Bp-Fragment amplifiziert werden).
Zusammenfassung
Genexpressionsanalysen stellen
mittlerweile sehr hohe Ansprüche, da ein Trend zur Analytik
weniger, im Idealfall einzelner
Zellen zu beobachten ist. Die
vorgestellten Versuche zeigen,
dass durch die magnetische Isolation von mRNA mit sich direkt
anschließender cDNA-Synthese eine Sensitivität erreicht werden kann, die für quantitative
Analysen aus limitiertem Ausgangsmaterial sehr gut geeignet
ist. Die Verwendung nur einer
Säule für mRNA-Isolation und
cDNA-Synthese in einem beheizbarem Magneten, zusammen mit der Formulierung des
Reaktionsansatzes als lyophilisierter Enzym-Mix, ergibt eine
für den Anwender einfache, reproduzierbare und nicht zuletzt
komfortable Methode.
Literatur
[1] Miltenyi, S., Müller, W., Weichel,
W., Radbruch, A. (1990): High gradient
magnetic cell separation with MACS. Cytometry 11:231–8
Korrespondenzadresse:
Dr. Volker Nölle
Miltenyi Biotec GmbH
Friedrich-Ebert-Str. 68
D-51429 Bergisch Gladbach
Tel.: 02204-8306-445
Fax.: 02204-8306-489
[email protected]
www.miltenyibiotec.com