Wertentwicklung von Personenwagen

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Wertentwicklung von Personenwagen
Fahrzeugkauf
Wertentwicklung von Personenwagen
Starker Franken
Viele Autoimporteure haben in den letzten Wochen verkündet, dass aufgrund des
starken Frankens tiefere Neuwagenpreise,
kostenlose Sonderausstattungen, Rabatte
oder ein Eurobonus gewährt werden. Dieser
Druck auf die Neuwagenpreise pflanzt sich
auf die Occasionsfahrzeuge und damit auf
den Zeitwert von Autos in Kundenhand
fort. Ihr Wert wird ebenfalls sinken, weil
zwischen Occasionsfahrzeugen (auch Vorführwagen, Jahreswagen etc.) zu den Neuwagen ein Preisabstand bestehen muss. Der
Neuwagenkäufer zahlt mehr, weil er vom
modernsten Stand der Technik profitiert
und Farbe, Innenausstattung etc. auswählen
kann. Er hat eine Werksgarantie und je nach
Anzahl Gratisservice auch praktisch keine
Unterhaltskosten.
Ein Auto, das vor vier Jahren neu gekauft
wurde, ist beim Eintausch heute rund 60 %
weniger wert. Dies zeigen die Marktnotierungen für Occasionsfahrzeuge von
EurotaxGlass’s. Der TCS geht zudem
davon aus, dass die Preise von Occasionsfahrzeugen in den kommenden Monaten
noch sinken. Die Ursachen sind energieeffizientere Neuwagen und der starke
Franken.
Wer seinen im Mai 2007 neu gekauften VW
Golf 1.4 TSI Leader mit 103 kW/140 PS Benzinmotor, Schaltgetriebe und heute 70’000
km gegen einen Neuwagen eintauscht, realisiert einen happigen Verlust. Das Auto, das
vor vier Jahren fast 31’000 Franken kostete,
hat rund 19’000 Franken an Wert verloren.
Sein Eintausch-Richtwert beträgt noch ca.
12’000 Franken (39 % vom Neupreis). Der
Einzelfall wird vom Zustand, Mehr/MinderKilometer, Servicepflege, Gebrauchsspuren,
etc. mitbeeinflusst.
Das Beispiel gilt fast für den gesamten
Markt. Autos werden technisch modernisiert und verbessert. Der neue VW Golf 1.4
TSI «Comfortline» für CHF 31’000.– hat
zwar «nur» 122 PS. Dafür hat er modernere Sitze, Tagfahrlicht, Abbiegelicht und
sein Radio kann auch MP3 abspielen. Diese
Neuerungen drücken den Wert des Vorgängermodells jedoch kaum. Druck kommt vor
allem von der monetären Seite.
Treibstoffverbrauch
In den letzten 4 Jahren ist der durchschnittliche Treibstoffverbrauch der verkauften
Neuwagen um einen ganzen Liter pro hundert Kilometer gesunken (von 7.62 auf 6.62
l/100 km). Der Golf aus dem Jahr 2007 liegt
mit 7.0 l/100 km Benzinverbrauch noch
unter dem Durchschnitt von damals, aber
er verbraucht immerhin 13 % mehr als der
Neue (Normverbrauch 6.2 l/100 km). Zwar
ist der Normverbrauch im Alltag nur schwer
erreichbar. Einen Effizienzfortschritt von
rund einem halben Liter rechnen darf man
dennoch erwarten. Dieser halbe Liter macht
in den kommenden vier Jahren mehrere
hundert Franken an Treibstoffkosten aus.
Je nach Unsicherheit, ob der Benzinpreis
weiter steigt, wird er auch die Freude am
Auto mit beeinflussen.
Der TCS geht davon aus, dass der Treibstoffverbrauch in den nächsten vier bis fünf
Jahren in diesem Ausmass weiter sinkt. Wir
erwarten, dass viele der kommenden Neuwagen, auch grössere Modelle, weniger
als 6 l/100 km Benzin bzw. weniger als 5
l/100 km Diesel verbrauchen werden. Occasionsfahrzeuge und heutige Neuwagen mit
einem Treibstoffverbrauch von 8 l/100 km
und mehr werden dadurch weniger attraktiv.
Der Nachbesitzer zahlt einen tieferen Preis.
Er hat zwar nicht das allermodernste Auto,
doch ein heute vierjähriger Golf hält in der
Regel noch lange und hat auch im Jahr
2015 noch einen Wert. Nur ist bald einmal
mit ersten Verschleisserscheinungen, z. B.
Batterie, Reifen, Bremsbeläge, zu rechnen.
Der Richtwert für den zum Verkauf bereitgestellten vier jährigen VW Golf liegt bei CHF
15’300.–. Inbegriffen ist eine Garantie von
3 Monaten auf Teile und Arbeit. Zwar gibt
es keine Vorschrift wonach der Anbieter sein
Occasionsfahrzeug nicht mit einem höheren
Preis (als den Richtwert) anschreiben darf.
Umgekehrt gibt es aber auch keine, die
den Occasionskäufer verpflichtet den angeschriebenen Betrag zu bezahlen. Beide Partner verhandeln und bestimmen gemeinsam
den Preis.
Die Grafik zeigt: Die Preisunterschiede der
angebotenen Occasionsfahrzeuge sind
gross. Ursächlich sind unter anderem wie
die Fahrzeuge aussehen, Farbe, Räder, allfällige Mehrausstattungen, Garantie(-versicherungen) unterschiedlicher Länge, in welcher
Region das Fahrzeug angeboten wird, ob
ein bestimmter Anbieter zur Zeit mehrere
ähnliche Fahrzeuge vorrätig hat. Bei vielen
im Internet angebotenen Occasionsfahrzeuge liegen die Preise um mehrere tausend
Franken über dem Richtwert. Viele Anbieter
tun sich noch schwer damit, die Preise zu
senken. Zudem wurden in den vergangenen
Monaten oft Aktionen mit Eintauschpreisen
über dem Richtwert geboten.
1
FAZIT
Der starke Franken und der Druck auf die
Neuwagenpreise werden sich auch auf
den Occasionsmarkt und die Fahrzeuge
in Kundenbesitz auswirken. Die Garagen
werden die Preise der ausgestellten
Occasionsfahrzeuge reduzieren (müssen), damit die Differenz zu den Neuwagenpreisen genügend gross bleibt.
Dadurch werden sie versuchen dem
Kunden einen tieferen Eintauschpreis zu
bieten und trotzdem zum Geschäftsabschluss zu kommen. Auf der anderen
Seite kann der aufmerksame Occasionskäufer bald günstig zu einem Auto
kommen, das früher einmal viel gekostet
hat.
Empfehlungen
• Wer den Kauf eines Vorführwagens oder
einer jungen Occasion erwägt, sollte sich
immer auch informieren, wie viel ein Neuwagen kosten würde. Preise von Vorführwagen und Occasionen, die fast gleich viel
kosten wie ein Neuwagen (Werksbestellung), werden so rasch erkannt.
• In den Neuwagen Listenpreisen sind derzeit Rabatte, temporäre Aktionspreise, Eurobous und Umweltprämien etc. in der Regel
nicht enthalten. Deshalb ist es wichtig konkrete Offerten einzuholen.
• Die Auswirkung der Wechselkurse macht
vor dem Handel zwischen Privatpersonen
nicht halt. Beim Kauf von Privatpersonen hat
sich als Verhandlungsbasis der Mittelwert
zwischen den beiden Eurotax Richtwerten «Ankauf» und «Verkauf» bewährt.
• Bieten Sie dem Käufer an, dass das Fahrzeug beim einem technischen Zentrum
des TCS geprüft wird. Dies gibt beiden Partnern, dem Käufer und dem Verkäufer, Aufschluss über den Fahrzeugzustand.
• Es lohnt sich, den Zeitpunkt des Verkaufs gut auszuwählen. Der Cabriomarkt
blüht im Frühjahr, Autos mit Allradantrieb
und billige «Winterautos» lassen sich im
Herbst besser verkaufen.
• Eine Prognose für Neuwagenkäufer,
welche Marken, Modelle oder Karosserieformen am meisten Wert behalten, sind
schwierig. Auch das Occasionsangebot bei
den SUV und Minivans ist derzeit genügend
gross. Occasionsfahrzeuge in dieser Kategorie sind in der Regel keine Raritäten mehr.
• Grundsätzlich sind kleine und energieeffiziente Fahrzeuge wertbeständiger
und finden ein grösseres Zielpublikum als
viertürige Stufenhecklimousinen und Fahrzeuge der Luxusklasse mit sechs und mehr
Zylindern.
• Die Farben Silber und Anthrazit sind
auch bei vielen Occasionskäufern beliebter als ein leuchtendes Hellblau, Gelb, oder
Orange.
2
Autos altern schnell
Der Wertverlust ist bei weitem der grösste
«Brocken» in der Betriebskostenrechnung.
Rund 40 Prozent der gesamten Autokosten
gehen auf’s Konto des Wertverlustes.
Diese Kosten enthalten eine variable Komponente, die Wertverminderung und eine
feste Komponente, den Wertverlust. Dass
Autos mit zunehmendem Kilometerstand
weniger wert sind, liegt nahe. Aber auch
wenn sie nicht gefahren werden, verlieren
Autos an Wert, weil die neuen Modelle
immer wieder technisch verbessert und
umfangreicher ausgestattet sind. Der Zeitabhängige Wertverlust ist beim Normalfahrer mit 15’000 km im Jahr sogar grösser als
die Wertverminderung durch die steigende
Kilometerzahl.
Eurotax Marktbericht
Neuwagenkäufer haben am liebsten werbeständige Autos. Für diese
«bekommt man noch etwas, wenn
man sie später wieder eintauscht. Der
Occasionskäufer mag es gerade umgekehrt. Hat der Erstbesitzer viel abgeschrieben ergibt dies einen günstigen
Occasionspreis.
Der Garagist lebt davon, mit beiden
Kunden ins Geschäft zu kommen. Wie
beim Geldwechsel vor oder nach eine
Auslandreise gibt es deshalb auch zwei
Preise; nämlich einen für den Eintausch
und einen für den Verkauf. In der Differenz sind die Aufwendungen der
Garage für technische und optische
Aufbereitung – damit eine Garantie
gewährt werden kann – Abgaswartung, amtliche Kontrolle, Ausstellung,
aber auch die Mehrwertsteuer und ein
Gewinn enthalten.
Anders als beim Geldwechsel wird auf
dem Occasionsmarkt noch individuell
über den Preis verhandelt. Schliesslich
sind nicht alle Autos in gleich gutem
Zustand und es geht um grössere
Beträge. Als Kunde darf man deshalb
ohne Gewissensbisse «so frech sein»
und am Preis feilschen. Vor allem dann,
wenn die eigenen Recherchen ergeben,
dass das gewünschte Modell oder ein
sehr ähnliches woanders günstiger ist.
Occasionsfahrzeuge gibt es so viele wie
Aktien an der Börse, und ähnlich wie
dort bleibt der Preis nur hoch, wenn
viele Käufer nach dem gleichen Modell
fragen. Ein Spiegel dieser Verhältnisse
auf dem Schweizer Occasionsmarkt
bilden die Preise im EurotaxGlass’sMarktbericht www.eurotax.ch.
Vor allem Wenigfahrer, deren Fahrzeug
auch nach 10 Jahren noch deutlich weniger
als 100’000 km auf dem Zähler hat, sind
daher gelegentlich frustriert, wie wenig die
zwar durchaus gebrauchstaugliche, in den
Augen anderer Autofahrer jedoch veraltete
Technik noch Wert ist.
Allerdings hat es im heutigen Fahrzeugangebot sehr viele Modelle mit kleinen Fensterflächen und schlechter Sicht nach hinten.
Damit das Parkieren nicht allzu schwer wird,
sind sie oft (optional) mit Abstandswarner
und Rückfahrkamera ausgerüstet. Dass
der Wunsch nach guter und direkter Sicht
wieder mehr in Mode kommt, ist durchaus
möglich. Fahrzeuge mit besserer sind in
diesem Fall wertbeständiger.
© TCS Beratung & Begutachtung, Emmen
Doctech:
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01
Aktuelle Nr.:
5063de
Datum: 06.10.2011