Mainova Magazin 2009 (pdf | 10,45 MB)
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Mainovamagazin 09 Mainovamagazin 09 Porträts – Interviews – Reportagen Impressum/Kontakt Herausgeber Mainova AG Solmsstraße 38 60486 Frankfurt am Main Telefon 069 213-02 Telefax 069 213-81122 www.mainova.de Ansprechpartner für Aktionäre Stefan Schlink Telefon 069 213-83021 E-Mail: [email protected] Redaktion Kommunikation: Heinz D. Becker, Rita Wolf in Zusammenarbeit mit KOMMIT Medien GmbH, Hans C. Meister, Dr. Birgit Peters, Michael Brüggemann (CvD), Dr. Eva Caspers (Prolog) Konzept, Gestaltung und Produktion Trurnit Gruppe Frankfurt/Berlin Art Direction: Harald Burghardt Gestaltung und Satz: Zahl + Zeichen, Agentur für Corporate Communications Bildbearbeitung: Günter von Dulong www.trurnit.de Bildnachweise Jürgen Röhrscheid, S. 5 Martin Leclaire, S. 6-8, 11 Tom Wolf, Impressum, S. 12, 14-17, 20/21, 22/23, 25 Mitte, 26/27, 29, 31, 42-47, 58-61, 66/67 Fotoloft Maciej Rusinek/Atelier Wolfgang Rang, S. 13, 35 Stefan Dauth/Atelier Wolfgang Rang, S. 18, 25 rechts, 32/33 Wolfgang Rang, S. 21 oben, 25 links Arbeitsgruppe Lichtkokon, S. 23 oben, 34 Westermann Kommunikation, Ingelheim, S. 24 Mainova AG, S. 27, 66, 71, 79 Atelier Wolfgang Rang, S. 29/30 photocase, S. 36/37 Klinik für Augenheilkunde, Goethe-Universität Frankfurt am Main, S. 40/41 20/10 Perfect Visions Operations GmbH, Heidelberg, S. 41 rechts Frank Melcher, S. 48/49, 51, 72/73, 75, 77/78 PalaisQuartier GmbH & Co. KG, S. 49/50 Jens Weber, München, S. 52-57 Fraport AG, S. 60, 62-65 Deutsche Börse Aktiengesellschaft, S. 69 Finanzrepublik Deutschland – Finanzagentur GmbH, S. 69 Kelterei Possmann, S. 70 Alten- und Pflegeheim Anlagenring GmbH, S. 70 Turk Design, S. 74, 76 Druck Druckerei Hassmüller Graphische Betriebe, Frankfurt 80 M A I N O VA M A G A Z I N 0 9 Mainovamagazin 2009 INHALT 04 GRUSSWORT 06 VORWORT DES VORSTANDS 12 PROLOG: TRIUMPH DES LICHTS 24 HELMUT M. BIEN ZUR LUMINALE 28 WOLFGANG RANG ÜBER LICHT UND SCHATTEN 36 MEDIZIN: IM FOKUS DES LASERS 42 NEUES LICHT AUF DER ZEIL 48 IM GLASTRICHTER: MY ZEIL 52 DIE LADENPASSAGE FÜNF HÖFE 58 FRANKFURTS FLUGHAFEN IM LEUCHTFEUER 66 SONNENKRAFTWERK IN HEDDERNHEIM 68 DIE HELLE FREUDE: ÖKOPROFIT 72 SCHÖNMACHER: WIE DIE NEONREKLAME ENTSTEHT 02 M A I N O VA M A G A Z I N 0 9 INHALT 03 „Magie des Lichts“, der Titel des Magazins, welches Sie nun in Händen halten, ruft nach einem Wort von Frankfurts größtem Sohn; Goethe schreibt in seiner Farbenlehre: „Das Licht überliefert das Sichtbare dem Auge; das Auge überliefert’s dem ganzen Menschen.“ Das war die Wortmagie eines Johann Wolfgang Goethe. Sie, liebe Leserinnen und Leser, erwartet manches zu diesem Thema auf den kommenden rund 80 Magazinseiten. Eintauchen und durch jene Bilder verstehen, die oft mehr sagen als die sprichwörtlichen tausend Worte, darum geht es bei der „Magie des Lichts“. Während Sie durch die Seiten blättern, das Kaleidoskop Frankfurter Bilder vor Augen, werden Sie sicherlich verstehen, warum ich Frankfurt für zu vital halte, um durch eine Krise – und sei sie noch so gewaltig – dauerhaften Schaden zu erleiden. Nehmen Sie bitte zum Beispiel die städtische Lichtkunst der Luminale, die Kreativität der Unternehmen und Bürger, die sich darin manifestiert. Gehen auch Sie näher heran an das Alltägliche und studieren Sie Ungewohntes und Neues in scheinbar vertrauten Formen: die subtile Ausgewogenheit in den neuen Lichtern der Zeil, die dezente Illumination des Mainufers und die nahezu befremdlich-fantastische Befeuerung am Flughafen. Dinge wie diese sehen wir jeden Tag – im Vorbeigehen, aus der Ferne, bisweilen vielleicht auch vom Flugzeug aus. Wir beachten sie kaum; erst das Malen mit Licht, die Fotografie, enthüllt, was unser ungeduldiger Blick nicht erhascht. Die Schönheit und Vitalität, die in unserer Stadt steckt, übersehen manche nur allzu leicht. Dass diese Qualitäten nicht von profanen Dingen wie ein paar Lichtquellen an den geeigneten Stellen ausgehen, 04 M A I N O VA M A G A Z I N 0 9 wissen wir alle. Es sind die Menschen, die sie dorthin gebracht haben, die wohlüberlegt den richtigen Platz ausgewählt haben. Es sind Unternehmen wie Mainova, die ihre Verantwortung auch in solchen Details sehen – und in den Werten, die ein solches Bemühen ausdrücken. Viele halten auf diese Weise unsere Infrastruktur Tag und Nacht intakt. Die Lichter Frankfurts bezeugen die Lebenskraft dieser Stadt. Dieses Mainova Magazin zeigt Ihnen die Menschen dahinter, betrachtet durch die Kamera – deren Bild „überliefert’s dem ganzen Menschen“. Sie sind herzlich eingeladen zu einem bildbegeisternden Streifzug durch Frankfurt und die „Magie des Lichts“. Ihre Petra Roth Oberbürgermeisterin und Aufsichtsratsvorsitzende der Mainova AG GRUSSWORT 05 06 M A I N O VA M A G A Z I N 0 9 VORWORT D E S V O R S TA N D S 07 Hinterlässt die Finanz- und Wirtschaftskrise Spuren auch in Ihrem Geschäft? Dr. Constantin H. Alsheimer: Natürlich macht sich auch bei uns die konjunkturelle Schwäche bemerkbar, insbesondere beim Abnahmeverhalten der Industriekunden. Unser Hauptgeschäft liegt allerdings im Privat- und Gewerbekundensegment. Hier fällt der Rückgang wesentlich geringer aus. Zu diesem Segment zählen auch der Bankensektor mit Bürogebäuden und Serverfarmen. Der Standort könnte sogar gestärkt aus der Krise hervorgehen, weil Frankfurt international gesehen über die solidesten bankrechtlichen Aufsichtsregeln verfügt. Für unser Kerngeschäft bin ich deshalb verhalten optimistisch. Wie sieht Ihre Strategie für diese kritische Phase aus? Dr. Constantin H. Alsheimer: Wir setzen unseren Kurs moderater Expansion konsequent fort. In unserem Heimatmarkt haben wir trotz heftigsten Wettbewerbs eine überaus starke Position behauptet, außerhalb unseres Netzgebietes sind wir mit unseren prozessoptimierten und preisgünstigen Online-Tarifen sehr erfolgreich in der Neukundengewinnung. Ein wesentlicher Schlüssel zum Erfolg ist neben wettbewerbsfähigen Preisen unser Kundenservice, der regelmäßig bei Kundenbefragungen mit Bestnoten abschneidet, beispielsweise für Beratungsqualität und schnelle Bearbeitungszeit. Kundenservice genießt bei uns oberste Priorität, auch weil Verlässlichkeit und Transparenz gerade in wirtschaftlich kritischen Zeiten für unsere Kunden immer wichtiger werden. Großes Wachstumspotenzial sehen wir auch bei den Energiedienstleistungen für unsere Geschäftskunden. Hier konn- 08 M A I N O VA M A G A Z I N 0 9 ten wir mit unserer Tochter Mainova EnergieDienste unsere Position am Markt weiter ausbauen. Augenscheinlich wird dies an Frankfurts neuem Vorzeige-Hochhauskomplex PalaisQuartier, für das wir die komplette Wärmeversorgung gewinnen konnten. Ein Fülle weiterer Projekte lässt eine weiter ansteigende Geschäftsentwicklung erwarten. Bleibt Energie ein teures Gut? Dr. Constantin H. Alsheimer: Auch wenn die Energiepreise konjunkturbedingt leicht nachgeben sollten – Energie bleibt ein knappes Gut. Auf mittlere Sicht wird Energie auf den internationalen Märkten also eher teurer als günstiger. Wir können uns von der Marktentwicklung nicht abkoppeln, sehen uns aber als Partner unserer Kunden. Wir unterstützen unsere Kunden nach Kräften, die Effizienz bei der Nutzung von Energie zu verbessern, und haben dafür sowohl im Bereich der Privat- als auch der Gewerbeund Industriekunden umfangreiche Programme aufgelegt. Welchen Beitrag leistet Mainova zur Energiewende? Joachim Zientek: Da gibt es ein ganzes Bündel an Maßnahmen, in die wir unvermindert investieren. Zum einen setzen wir die Modernisierung unserer Heizkraftwerke fort, schließen in diesem Jahr den Umbau der Müllverbrennung in der Nordweststadt zu einem hochmodernen Müllheizkraftwerk ab, was erheblich zur Verbesserung der Klimabilanz beiträgt. Und die Mainova EnergieDienste werden für die Infraserve Hoechst Projektpartner bei der Errichtung einer der größten und technologisch modernsten Biogasanlagen in Deutschland sein. Außerdem haben wir in das Gemeinschaftskraftwerk im bayerischen Irsching investiert, das zu den energieeffizientesten aller erdgasbefeuerten Großkraftwerke in Deutschland zählt und im Herbst seinen kommerziellen Betrieb aufnehmen wird. Lothar Herbst: Auch intern tun wir sehr viel dafür, unserer Vorbildfunktion für umweltverantwortliches Handeln nachzukommen. Ein Beispiel: Mainova beteiligt sich an dem „Ökologischen Projekt für Integrierte Umwelttechnik“, kurz Ökoprofit genannt. So schaltet eine Zeitsteuerung nachts alle Außenleuchten auf dem Betriebsgelände aus, die Kühlleistung der Serverräume konnten wir spürbar senken und ein Datenverarbeitungssystem erfasst permanent die individuellen Energieverbräuche in allen Gebäuden an unserem Hauptsitz in der Solmsstraße und erlaubt so gezielte Energieeffizienz-Maßnahmen. Über 166 Tonnen CO2 konnten wir so einsparen. Mainova zählt damit zu den ausgezeichneten Ökoprofit-Unternehmen in der RheinMain-Region. Wird sich die gegenwärtige Krise auch auf die Qualität der Versorgungssicherheit beziehungsweise Energie-Infrastruktur im Rhein-Main-Gebiet auswirken? Joachim Zientek: Unsere Investitionen sowohl in die Erzeugung als auch in die Verteilnetze sind langfristig angelegt und von kurzfristigen konjunkturellen Bewegungen unabhängig. Gerade haben wir mit dem unterirdischen Neubau des Umspannwerkes Hochstraße begonnen, das nach seiner Inbetriebnahme im Jahr 2011 eine der modernsten Anlagen ihrer Art in Europa sein wird und die Versorgung der Frankfurter City auf lange Sicht auch für steigende Anforderungen sicherstellt. Mit der Netzregulierung hat die Bundesregierung zwar harte, aber klar kalkulierbare VORWORT D E S V O R S TA N D S 09 Rahmenbedingungen für unsere Investitionen in die NetzInfrastruktur gesetzt. Wir haben uns mit einem straffen Kostenmanagement frühzeitig darauf eingestellt und gewährleisten so, dass der hohe Standard der Versorgungssicherheit erhalten bleibt. Mainova hat kürzlich zusammen mit weiteren zwölf Energieversorgern die Energiehandelsgesellschaft Dynega gegründet. Was war der Beweggrund? Joachim Zientek: Auf dem immer stärker von Wettbewerb geprägten Markt ist die Beschaffung von Energie zu einer Schlüsselfunktion für Versorgungsunternehmen geworden. Längst gibt es einen Wettbewerb neu auftretender Vorlieferanten, auch um Energieunternehmen, die Mainova bisher beliefert hat. Die neue Marktsituation für einen optimierten Energieeinkauf zu nutzen, stellt allerdings hohe Anforderungen an Systemtechnik und Spezialistentum, die kleinere Energieunternehmen mit relativ geringen Handelsmengen überfordern. Mit der gemeinsamen Beschaffungsgesellschaft profitieren die regionalen Partner von der Handels- und Marktkompetenz von Mainova. Und Mainova erhält sich wichtige Partner beim Gasabsatz. Die Besonderheit der Dynega: Egal ob groß oder klein, alle Partner haben die gleichen Anteile und Stimmrechte. Dynega überzeugt durch ihre Leistung: Die Zusammenlegung der Nachfrage senkt für alle den Beschaffungsaufwand und erlaubt die Beschaffung zu günstigeren Preisen als jeder einzeln erzielen würde – eine klassische Win-winSituation, und das gleich dreizehnfach. 10 M A I N O VA M A G A Z I N 0 9 Wie stellt sich Mainova intern auf die künftigen Herausforderungen ein? Lothar Herbst: Wir sind ständig dabei, unser Unternehmen zu erneuern. Ein für alle sichtbares Zeichen wird der Abriss unseres alten Verwaltungshochhauses in der Solmsstraße und der Beginn des dritten Bauabschnitts sein. Eine permanente Aufgabe ist auch die Weiterentwicklung unserer IT im Hinblick auf die sich rasant verändernden gesetzlichen Rahmenbedingungen und die Erfordernisse des verschärften Wettbewerbs. Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang einen Mosaikstein hervorheben, der zeigt, dass auch in diesem Bereich Kundenorientierung eine zentrale Rolle spielt: Unseren Neukunden bieten wir mit dem neu eingerichteten Order Management System absolute Transparenz für den Wechselvorgang, sie können jederzeit online den aktuellen Stand ihres Wechsels abrufen. Insgesamt haben wir die Wechselprozesse deutlich verschlankt und beschleunigt, was auch den Verbraucherorganisationen überaus positiv auffiel. Wichtigste Triebfeder für den nachhaltigen Erfolg des Unternehmens sind aber die Kompetenz und Motivation unserer Mitarbeiter. Neben dem Ausbau umfangreicher Fortbildungsprogramme auf allen Ebenen und in allen Bereichen des Unternehmens haben wir mit dem Projekt „Unternehmenskultur weiterentwickeln“ einen nie da gewesenen, offenen Diskussionsprozess über die Kernwerte und Ziele unseres Unternehmens ausgelöst. Unsere Mitarbeiter wissen sehr genau, dass die Herausforderungen eines aufkommenden Verdrängungswettbewerbs auch eine Chance für jeden Einzelnen und das Unternehmen sind. Deshalb sehe ich uns bei allen Schwierigkeiten im Umfeld auf einem sehr guten Weg. LOTHAR HERBST DR. CONSTANTIN H. ALSHEIMER Bankkaufmann, Studium der Rechtswissenschaften. Begann seine berufliche Tätigkeit als Jurist im Geschäftsbereich Structured Finance bei einer Investmentbank in Frankfurt am Main. Er wechselte in den öffentlichen Dienst und arbeitete als Leiter des Büros des Stadtkämmerers der Stadt Frankfurt am Main. Als solcher versah er zeitweise die Funktion des Vorsitzenden des Aufsichtsrates und der Gesellschafterversammlung der DSM Deutsche Städte-Medien GmbH, Frankfurt am Main. Bis Mitte 2006 war Dr. Alsheimer Geschäftsführer der AVA Abfallverbrennungsanlage Nordweststadt GmbH. Seit Januar 2006 war er Mitglied des Vorstands der Mainova, seit Januar 2009 ist er Vorsitzender ebendieses Gremiums. In nebenamtlicher Tätigkeit nimmt Dr. Alsheimer die Funktion des Sprechers der Stadtwerke Frankfurt Holding GmbH wahr. Studium der Soziologie. Bis 2005 Geschäftsführer der Bezirksverwaltung der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di), Frankfurt am Main. Seit September 1999 Mitglied im Aufsichtsrat. Seit Januar 2006 Mitglied des Vorstands der Mainova AG als Arbeitsdirektor. Bereiche: Personal, Interne Dienste und Immobilienmanagement, Sicherheit und Umweltschutz, Arbeitsmedizinischer Dienst, Angelegenheiten des Betriebsrates, Informatik sowie Zentraleinkauf. JOACHIM ZIENTEK Studium der Physik. Seit 1977 im Unternehmen tätig. 1985 wurde er stellvertretender Leiter der Hauptabteilung Lastverteilung/ Anlagentechnik. 1991 wechselte er zur Erdgas Südbayern GmbH nach München. Dort übernahm er als Assistent des technischen Geschäftsführers Stabsaufgaben. Seit Januar 1993 Mitglied des Vorstands der Mainova AG. Bereiche: Asset Netze und Regulierungsmanagement, Erzeugung/ Asset Heizkraftwerke, Energiebezug und -handel, Beteiligungsmanagement und -controlling. Bereiche: Unternehmensentwicklung und Recht, Controlling und Unternehmenssteuerung, Rechnungswesen und Steuern, Beteiligungscontrolling, Vertrieb, Marketing und Konzernkommunikation, Interne Revision. VORWORT D E S VORSTANDS 11 Ein kulturgeschichtlicher Beitrag zum Kunstlicht im großstädtischen Raum. Die Inszenierung urbaner Lichtlandschaften ist heute ein beliebtes Instrument zur Imageaufwertung deutscher Städte. Kunstlicht erfüllt nicht nur die Aufgaben einer an Sicherheitsbedürfnissen orientierten Beleuchtung der nächtlichen Stadt, sondern dient auch als wichtiges Element der Gestaltung von Großstadtarchitektur. Neueste Lichttechnik bietet Architekten, Stadtplanern, Designern und Künstlern vielfältige Möglichkeiten, die nächtliche Ansicht von Gebäuden, Denkmälern, Straßen und öffentlichen Plätzen zu einem einprägsamen Bild zu verdichten. Welchen Zielen müssen innovative Beleuchtungskonzepte heute und in Zukunft gerecht werden? Auf diese Frage gibt es mehr als eine Antwort, und nicht jede wird von Fachleuten und Laien gleichermaßen akzeptiert. Durch beispielgebende Projekte profiliert sich die Stadt Frankfurt seit geraumer Zeit als Zentrum des öffentlichen Diskurses über die Qualitäten urbanen Lichtdesigns. Keine Frage: Licht zieht an. Die temporären Lichtinstallationen, die im Rahmen der „Luminale“ alle zwei Jahre den Frankfurter Stadtraum verzaubern, locken sowohl die Bewohner als auch Gäste von auswärts zu Tausenden in die nächtliche City. Die sich hier manifestierende Begeisterung mit einer naiven Lichteuphorie gleichzusetzen, wäre allerdings verfehlt. Denn nicht nur in wissenschaftlichen Diskussionsrunden, sondern auch in vielen konkreten Projekten von Stadtplanern und Lichtdesignern wird eine neue Sensibilität spürbar. Dabei erfährt der Aspekt der Nachhaltigkeit zunehmend größere Beachtung: Licht ist die optisch wirkungsvolle Umsetzung unsichtbarer Energie. Ein sorgfältiger Umgang mit diesem kostbaren Gut ist sowohl aus ökonomischen als auch aus ästhetischen Gründen geboten. Licht und Schatten bilden eine Einheit – so lautet das Credo ambitionierter Gestalter. Wer das Licht liebt, muss also auch die Bedeutung der Dunkelheit respektieren. Die Anerkennung des ästhetischen Eigenwerts der Nacht ist allerdings nur dort möglich, wo angesichts der Zivilisiertheit des urbanen Lebens die tief verwurzelte Angst der Menschen vor den unsichtbaren Gefahren der Nacht unbegründet erscheint. LICHTLABOR LUMINALE Das Licht-Kultur-Festival Luminale verwandelt Frankfurt am Main und die Rhein-Main-Region alle zwei Jahre in ein öffentlich zugängliches Lichtlabor. Im vergangenen Jahr tauchte eine 60 Meter lange Wassergardine – einer der von Mainova geförderten Festivalbeiträge – die Untermainbrücke in farbiges Licht (links). Im Hintergrund illuminiert das Lichtdach von Wolfgang Rang (s. auch Interview S. 28) den Nachthimmel. Der Architekt und Lichtkünstler spannte 2006 und 2008 ein Lichtdach über das Frankfurter Bahnhofsviertel. Hell wie der Tag Von jeher hat Licht in der Vorstellungswelt der Menschen einen hohen emotionalen Stellenwert. Licht steht für Leben, Wärme, Aufklärung und Wahrheit, für Hoffnung und für das moralisch Gute. Dunkelheit hingegen wird traditionell mit Kälte und Tod, mit geistigem Chaos und dem moralisch Schlechten assoziiert. Mythische Erzählungen feierten in alter Zeit die Kreation des Lichts als schöpferischen Akt eines göttlichen oder gottähnlichen Wesens. Der Wunsch der Menschen nach mehr Licht zieht sich durch die Jahrhunderte. Dabei paart sich das Bedürfnis, dem Tag mehr nutzbare Zeit abzugewinnen, häufig mit der Hoff- 12 M A I N O VA M A G A Z I N 0 9 PROLOG 13 Frankfurt begrüßt das neue Jahr 2009 mit einem atemberaubenden Spektakel explodierender Leuchtkörper. Das Gedächtnis der Kamera verbindet sie mit dem pulsierenden Licht der Stadt zu einem gleißenden Gemälde der Luminale-Metropole. 14–15 M A I N O VA M A G A Z I N 0 9 E N E R G I E U N D AR C H I T E K T U R 16–17 nung auf geistige Erleuchtung und Klarheit. Beim Bestreben, die Dunkelheit zu erhellen, entwickelte man in der vorindustriellen Zeit viel Fantasie und Erfindergeist. Doch Kienspan, Talglicht, Rüböllampen und Kerzen konnten die grundlegende Abhängigkeit der menschlichen Aktivitäten vom Tageslicht nur unzureichend mildern. Noch im 18. Jahrhundert galt die Verwendung von künstlichem Licht als Luxus; die Inszenierung prachtvoller Illuminationen war das feudale Privileg der Fürsten und Könige. Die industriell erzeugte Gasbeleuchtung, die um 1800 entwickelt wurde, entsprach dem Lichthunger der neuen Zeit. Wie dringlich die Menschen zu Beginn des 19. Jahrhunderts eine grundlegende technische Verbesserung der künstlichen Beleuchtung herbeisehnten, lässt sich durch den Kommentar eines berühmten Sohnes der Stadt Frankfurt aus dem Jahr 1815 belegen. „Wüsste nicht, was sie Besseres erfinden könnten, als wenn die Lichter ohne Putzen brennten“, meinte der Dichter Johann Wolfgang von Goethe. Ein Jahr später beaufsichtigte der Geheime Rath im Auftrag des Großherzogs Carl August von Sachsen-Weimar sogar höchstpersönlich einen wissenschaftlichen Versuch zur Gasbeleuchtung im Jenaer Schloss. Im Laufe des 19. Jahrhunderts revolutionierte die Einführung des Gaslichts die Lebensbedingungen der städtischen Bevölkerung grundlegend. Die helle Beleuchtung von Fabrikräumen und Straßen machte die Nacht zum Tage und veränderte den Lebensrhythmus der Menschen. Nun konnten Industriearbeiter rund um die Uhr beschäftigt werden. Erstmals stand der Stadtraum den Bürgern auch zu nächtlicher Zeit offen. Frankfurt errichtete 1835 die ersten Gas-Straßenlaternen; 1895 brannten in der Stadt bereits mehr als 5 600 Leuchten. 1899 wurden auf Frankfurter Hauptverkehrs- und Geschäftsstraßen die ersten elek- 18 M A I N O VA M A G A Z I N 0 9 trischen Leuchten aufgestellt. Ungeachtet der Warnungen mancher skeptischer Zeitgenossen schien der Lichthunger der Städte unersättlich. Der Siegeszug des industriell erzeugten Kunstlichts, den die rasch aufeinanderfolgenden technischen Neuerungen des 19. Jahrhunderts möglich machten, wurde von der Bevölkerung enthusiastisch befürwortet. Allerdings war der Einsatz von Gasglühlicht und erst recht von Glühlampenlicht in Privatwohnungen bis 1914 ein Luxus, den sich nur die wohlhabenden Bürger leisten konnten. Bei den Arbeiterfamilien blieben Öllaternen, Kerzen, Petroleumlampen oder Spiritusglühlicht noch lange im Gebrauch. Urbaner Lichthunger Das Flanieren durch die nächtliche Stadtszenerie entwickelte sich zu einem Volkssport, an dem sich Menschen aus allen Bevölkerungsschichten beteiligten. In den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts galt die im künstlichen Licht auflebende Stadt mit ihren mehrstöckigen Häusern, den breiten Boulevards, den illuminierten Schaufenstern, dem Gewimmel der Passanten, dem pulsierenden Verkehr und dem bunten Panorama der Vergnügungsstätten als Inbegriff von Modernität und Urbanität. Die Schriftzüge und Bilder der neuartigen Leuchtreklame stellten in den Augen der Zeitgenossen eine besonders reizvolle Belebung des Stadtbildes dar. 1927 machte ein „Lichtfest“ Frankfurts leuchtende Energie in der ganzen Welt bekannt. Die „Zentrale der deutschen Schaufenster-Lichtwerbung, Berlin“ hatte alle Bürger und Geschäftsinhaber der Innenstadt aufgerufen, am 4. Dezember 1927 anzuzünden, was immer Helligkeit verbreitete. Besucher aus vielen Städten des Inund Auslands strömten in die Stadt, um zu sehen, wie sich Frankfurt im Wettstreit der modernen europäischen Metro- PROLOG 19 polen profilierte. Der Berichterstatter einer amerikanischen Zeitung zeigte sich überaus beeindruckt von diesem „Lichtfest, wie ich es weder in Amerika noch sonst wo in Europa, auch nicht in der Lichtstadt Paris, bisher erlebt habe“. In den späten 20er-Jahren machten sich fortschrittlich denkende Architekten erstmals die Gefahr des Auseinanderfallens zwischen der Tages- und der Nachtansicht von einzelnen Bauten und ganzen Stadtbildern bewusst: An manchen Orten, wo sich nachts eine verheißungsvolle urbane Glitzerwelt entfaltete, breitete sich bei Tageslicht eine ungeordnete, banale und vernachlässigte Architekturlandschaft aus. So pries zum Beispiel Erich Mendelsohn in seiner 1926 erschienenen Publikation „Amerika, Bilderbuch eines Architekten“ die „phantastische Schönheit“ der nächtlichen Leuchtreklamen am New Yorker Broadway und wies zugleich darauf hin, dass sich die Szenerie bei Tage betrachtet als „grandiose Tölpelei des Weltjahrmarktes“ präsentiere. Zeitgemäße Architektur, so lautete die Schlussfolgerung der vom Bauhaus inspirierten Architekten, müsse das Nachtbild von Gebäuden von vornherein in die Planung einbeziehen und mit deren Tagesansicht harmonisch verbinden. Glas und Stahl wurden als die Materialien propagiert, die sich für eine gute, moderne Gestaltung von Architektur besonders eigneten. Renommierte Architekten der 20er-Jahre integrierten leuchtende Reklameflächen und -schriften in das gestalterische Konzept der Gebäude. Dabei unterstützten sie den Geschmackswandel innerhalb der deutschen Werbewelt vom amerikanisch inspirierten Grellen zum Ruhigen und für das menschliche Auge Angenehmen. Stadtplanung und Lichtdesign Die Architektur der 50er-Jahre knüpfte an die Bautradition der 20er-Jahre an. In der Bundesrepublik galt nun die autogerechte und elektrifizierte Stadt als Sinnbild für Fortschritt und Modernität. Auch der Wiederaufbau der im Zweiten Weltkrieg schwer zerstörten Stadt Frankfurt folgte diesem Ideal. Transparente Glasbauten, die man im Kontrast zur steinernen Repräsentationsarchitektur aus der Zeit des Nationalsozialismus als „demokratische Architektur“ verstand, entfalteten in der Nachtansicht eine heitere Schaufensterrhetorik, die sich wohltuend gegen die totalitäre Lichtmetaphorik der 30er-Jahre absetzte. Farbige Leuchtschriften und -bilder, für die nun bevorzugt Neonröhren eingesetzt wurden, warben für moderne Konsumgüter wie elektrische Geräte, Autoreifen, Leuchtmittel und neue Pro- GRÜNE SOSSE ZUR LUMINALE 2008 Grüne-Soße-Denkmal in Oberrad: Die sieben Gewächshäuser leuchten jeweils in anderem Grün, passend zu den sieben Kräutern des Frankfurter Leibgerichts. Bild unten: Der Hauptbahnhof im Luminale-Licht. 20 M A I N O VA M A G A Z I N 0 9 dukte der Nahrungsmittelindustrie. In den 70er-Jahren ließen sich die Mängel der stadtplanerischen Prinzipien der Nachkriegszeit nicht länger übersehen. Diskussionen über die viel zitierte Unwirtlichkeit der Städte und über die Grenzen des Wachstums stellten die Priorität von Verkehrssicherheit und Konsumförderung bei der Gestaltung der Innenstädte in Frage. Mit dem Lichtwachstum der Städte stieg auch die Unzufriedenheit über die Kakophonie der Lichter. Seit Mitte der 80er-Jahre wurde Stadtplanern zunehmend bewusst, wie stark das Kunstlicht als gestalterisches Mittel das nächtliche Bild und den öffentlichen Raum einer Stadt formt und prägt – im negativen wie auch im positiven Sinne. Lyon entwickelte als eine der ersten Städte einen städtebaulich orientierten Lichtmasterplan, der den Tendenzen zur unkoordinierten und kommerziell dominierten Beleuchtung mit einem durchdachten Konzept entgegenwirkte. An mehr als 200 Gebäuden, Straßen, Plätzen und Räumen installierte man Illuminationen, durch die der nächtliche Stadtraum zur attraktiven und kommunikativen Bühne der Bürger wurde. Lyons „Plan Lumière“, der übrigens mit einer Reduktion der städtischen Grundbeleuchtung verbunden war, machte in verschiedenen deutschen Städten Schule; nicht zuletzt auch in Frankfurt. Hier werden mittlerweile nicht nur qualitätvolle Beleuchtungsprojekte für einzelne Standorte realisiert, sondern auch ganzheitliche Konzepte zur Illumination der Landschaft am Mainufer und des Bankenviertels entwickelt. Kunstlicht und Lichtkunst „Die Blendung des Simson“ heißt ein berühmtes Gemälde von Rembrandt, das zu den Schätzen des Städelschen Kunstinstituts zählt. In dramatischem Hell-Dunkel setzt der Künstler die Tragödie in Szene, die der Verlust des Augenlichts für den Menschen bedeutet. Nicht nur wegen dieses Meisterwerks, sondern auch wegen vieler anderer eindrucksvoller Bilder sind Führungen zum Thema Licht für die Museumspädagogen des Städelschen Kunstinstituts eine dankbare Aufgabe. Seit der Renaissance haben sich die Maler von Licht und Schatten faszinieren lassen. Bis in die Zeit der Romantik hinein stand dabei allerdings nicht nur die Beobachtung der optischen Sensationen, die durch gleißendes Sonnen- und fahles Mondlicht, durch Feuerund Kerzenschein erzeugt werden, im Zentrum der Gestaltung. Zumeist ging es auch um die metaphysischen Dimensionen, die den Lichtphänomenen zugeordnet wurden. In der realistischen Malerei des 19. Jahrhunderts trat die symbolische Interpretation des Lichts in den Hintergrund. Bei der Darstellung nächtlicher Interieur- und Straßenszenen interessierte die Maler nun vor allem die genaue Erfassung spezifischer Lichtstimmungen und farbiger Effekte, die mit der Einführung des industriell erzeugten LICHTERTANZ UND LICHTMODE Impressionen von der Luminale 2008 (von oben): tanzende Lichtstreifen, Illumination der Frankfurter Börse, Modenschau im Cocoon Club mit belichteten Kleidern. PROLOG 21 Kunstlichts verbunden waren. Impressionisten und Expressionisten machten die Eroberung der nächtlichen Straße durch vergnügungshungrige Großstadtbewohner zum Thema ihrer Werke. Das nächtliche Bild der beleuchteten Stadt wurde zum Sinnbild für die Verheißungen und Gefährdungen der modernen, urban geprägten Zivilisation. Angeregt durch die Bestrebungen des Bauhauses experimentierten Künstler in den 20er-Jahren erstmals mit Kunstlicht als Medium der Kunst. Durch seinen „Licht-RaumModulator“ profilierte sich der ungarische Künstler Lázló Moholy-Nagy als Pionier der kinetischen Lichtkunst. Doch erst seit den 60er-Jahren entwickelte sich die Gestaltung mit künstlichem Licht zu einem Metier, das zahlreiche Künstler faszinierte. Im Umgang mit weißen und farbigen Glühbirnen, industriell gefertigten Leuchtstoffröhren und vielfältig formbaren Neonröhren entstanden meditative Farbräume von bestechender Schönheit sowie Lichtinstallationen mit hintergründigen Texten, die sich gegen die Banalität und Grellheit der Leuchtreklamewelt moderner Großstädte wohltuend abgrenzten. Das Museum für Moderne Kunst präsentiert eine Reihe von Arbeiten namhafter Lichtkünstler wie Dan Flavin, James Turrell und Keith Sonnier, deren Entwürfe nicht nur im musealen Kontext, sondern auch im öffentlichen Stadtraum eindrucksvoll zur Geltung kommen. Die mehrteilige Installation „Light Lab“ von Olafur Eliasson, die speziell für das Dach des neuen Portikus an der Alten Brücke konzipiert wurde, demonstriert, wie subtil die nächtliche Mainlandschaft durch Lichtkunst verwandelt werden kann. Helligkeit kombinieren und so dem häufig beklagten Problem der städtischen Lichtverschmutzung entgegenwirken. Mancher Lichtgestalter und -utopist träumt davon, alle Lichter der Stadt zunächst einmal auslöschen zu können. Doch ein derart radikaler Neuanfang auf dem Feld der urbanen Beleuchtung ist weder machbar noch wünschenswert. Die inspirierende Vielfalt der Lichtstimmungen, die man bei einer nächtlichen Wanderung durch die Großstadt Frankfurt erleben kann, entspricht den funktionalen, ökonomischen und ästhetischen Zielsetzungen einer demokratischen Zivilgesellschaft und reflektiert die Breite der Aktivitäten, die moderne Städter bei Nacht entfalten. Ohne die Zustimmung freier Bürger wird die Realisierung des Ziels nicht gelingen, die Überfülle an Kunstlicht zugunsten abgestimmter Hell-Dunkel-Zonen zu reduzieren und dem natürlichen Nachtlicht größere Wirkungsbereiche einzuräumen. Wenn engagierte Stadtplaner, Architekten, Landschaftsgestalter, Lichtdesigner und Künstler neue Beleuchtungsprojekte entwickeln und dabei verstärkt kooperieren, können sie die Menschen durch vorbildliche Lösungen für einen sorgfältigeren Umgang mit Kunstlicht sensibilisieren. Mit den Veranstaltungen der Fachmesse „Light + Building“ und mit den Aktivitäten der „Luminale“ übernimmt die Stadt Frankfurt im Diskussionsprozess über nachhaltige Konzepte der Stadtbeleuchtung einen engagierten Part. Und mit zahlreichen guten Beispielen zeigt sie das faszinierende gestalterische Potenzial auf, das Kunstlicht für die Definition der modernen Stadt als attraktiven Lebensraum der Menschen hat. Less is more Die Freude der Menschen am schöpferischen Akt des Illuminierens scheint ungebrochen. Dies erkennt man an der Überfülle vorweihnachtlicher Lichterketten ebenso wie am Siegeszug der LED-Werbung in den Schaufenstern kleiner Einzelhandelsgeschäfte, Imbissbuden und Kneipen. Wer Touristen, die durch das nächtliche Frankfurt flanieren, nach ihren Vorlieben für bestimmte Lichtstimmungen befragt, wird vermutlich ganz unterschiedliche Antworten erhalten. Da gibt es zum Beispiel die historisch interessierten Zeitgenossen, die an einer Stadtbegehung mit Laternenlicht teilnehmen, um sich – gemäß dem Versprechen der Veranstalter – „von allerhand nächtlichen Ereignissen, Gestalten, Märchen und Beleuchtungsarten im alten Frankfurt“ erzählen zu lassen. Die schönen alten Gaslaternen, die man heute noch in den Gassen von Sachsenhausen finden kann, dürften zu den Highlights einer derartigen Stadtbegehung zählen. Ganz anders sieht die Perspektive jener Touristen aus, die die Stadt als passionierte Hobbyfotografen wahrnehmen. Diese bauen ihre Stative gern am Mainufer auf, um die spektakuläre Ansicht der nächtlich beleuchteten Hochhausskyline von Frankfurt in einer gelungenen Aufnahme festzuhalten. Und dann gibt es auch noch die Liebhaber des nächtlichen Himmels, zu denen neben engagierten Astronomen und Biologen auch viele romantisch gestimmte Stadtbewohner zählen. Diese Sterngucker und Naturfreunde wissen es vor allem zu schätzen, wenn moderne Lichtkonzepte die Steigerung der Beleuchtungsqualität des städtischen Raumes mit einer Reduktion der DER GROSSMARKT IM LICHT Eines der Highlights der Luminale 2008: die Illumination der 220 Meter langen Großmarkthalle. Bild oben: der Lichtkokon von Wolfgang Rang auf der Luminale 2006 22 M A I N O VA M A G A Z I N 0 9 PROLOG 23 Luminale-Projektleiter Helmut M. Bien über die Luminale als Talentbühne, Passanten beim Gedankenaustausch und den Beginn von Urbanität. Warum brauchen wir die Luminale? Die Luminale begleitet die weltweit wichtigste Messe zum Thema Licht und Haustechnik: die Light + Building. Frankfurt und die Rhein-Main-Region empfangen diese Gäste mit einem Lichtfest, das inzwischen zu den größten der Welt gehört. Das ist gut so. Denn es ist nicht selbstverständlich, dass Frankfurt für die Messetage zum Mekka der Lichtwelt wird. Das Engagement vieler Initiativen zeigt, dass die Bürger von Frankfurt und Rhein-Main auch stolz darauf sind, dass hier so bedeutsame Veranstaltungen stattfinden. Welche Rolle spielt das Thema Energieeffizienz? Die Steigerung der Energieeffizienz ist das zentrale Thema der Light + Building. Auch die Luminale zeigt Projekte, wie sich mit geringem Energieaufwand große Effekte erzielen lassen. Die Luminale ist ein Labor, in dem neue Lösungen getestet werden. Das Thema Lichtverschmutzung hat uns dabei von Anfang an begleitet. Gerade zu diesem Thema gibt es Veranstaltungen und Informationsausstellungen. Oberstes Ziel der Luminale ist es, für den Umgang mit Licht zu sensibilisieren. Um das zu schaffen, braucht es auch Projekte, die verschwenderisch mit Energie umgehen wie beispielsweise die Installation der Künstlerin Siegrun Appelt in der Schirn Kunsthalle, die danach für die Biennale in Venedig weiterentwickelt wurde. Welche Chancen bietet die Luminale den Teilnehmern? In Frankfurt gibt es die Neigung, auf Dinge zu setzen, die sich andernorts bewährt haben. Die Luminale steht dagegen für Frankfurt als Ideenlabor, als Talentbühne, auf der sich neben Profis Studenten und Absolventen das erste Mal ausprobieren. Das macht ihre Lebendigkeit aus. Zahlreiche 24 M A I N O VA M A G A Z I N 0 9 ZUR PERSON Helmut M. Bien, Jahrgang 1957, Kurator der Luminale seit Beginn 2002; Geschäftsführer Westermann Kommunikation, Ingelheim; Journalist, Verleger, Kulturhistoriker und Ausstellungsmacher mit den Themen Lichtkunst, Baukultur, Design und Stadtmarketing. Luminale-Teilnehmer sind anschließend zu Festivals und Biennalen eingeladen worden – nach Frankreich, Australien, Jemen oder in die Vereinigten Staaten. Frankfurt ist vor allem als Bankenplatz und Wirtschaftsstandort bekannt. Wie wichtig ist die Luminale als Identifikationsmittel? Identifikation lässt sich nicht anordnen, Urbanität nicht bauen. Es braucht Ereignisse, die diese Mentalitäten entstehen lassen. Städte, in denen abends niemand mehr auf der Straße unterwegs ist, sind langweilig und ausgestorben. Mit der Luminale schicken wir Gäste und Einheimische auf Entdeckungstour. Wir möchten die Aktivität der Leute herausfordern, stumme Passanten zum Sprechen bringen. Für mich ist es immer die größte Freude zu sehen, wenn LUMINALE 25 LICHTLABOR LUMINALE Alle zwei Jahre verwandeln sich Frankfurt am Main und die gesamte Rhein-Main-Region in einen zauberhaften Lichtparcours. Parallel zur Weltmesse des Lichts, der Light + Building auf dem Frankfurter Messegelände, findet seit 2002 das Licht-Kultur-Festival Luminale statt. Es wendet sich neben dem Fachpublikum auch an die Öffentlichkeit und dient jungen Lichtkünstlern als Talentbühne. Neben der Main-Metropole sind Offenbach, Rüsselsheim, Mainz und Wiesbaden Spielorte des Festivals. Das Konzept ist vom ältesten Lichtfest in Lyon, der über 150 Jahre alten „Fête des lumières“, inspiriert. 2008 tauchten 227 Licht- und Licht-KlangInstallationen, Lichtkunstprojekte und Performances Architektur und öffentlichen Raum in neues Licht und ermöglichten veränderte Sichtweisen auf das Gewohnte. Ihr Licht illuminiert Museen und Parks, Brücken und Burgen, Industrie- und Lagerhallen wie hier das Mainova Heizkraftwerk West, Kellerlabyrinthe und Stadtbrachen. Weitere Infos zur Luminale unter www.luminapolis.com sich wildfremde Leute mit dem Programmheft in der Hand auf der Straße über das Gesehene austauschen. Das ist der Anfang von Urbanität. Wie beurteilen Sie die Entwicklung der Luminale? Ich bin sehr zufrieden. Als ich 2002 das Projekt im Auftrag der Messe Frankfurt startete, habe ich nicht damit gerechnet, dass wir so erfolgreich sein würden in der Kulturregion Frankfurt Rhein-Main zu expandieren. Ein Erfolgsrezept ist, dass die Luminale unterschiedliche Disziplinen wie Kunst, Technologie, Informatik, Geschichte und Stadtsoziologie verbindet. Nur so wird daraus ein Projekt, das nicht nur die Fachleute, sondern die Öffentlichkeit fasziniert. Welche Ideen und Visionen haben Sie für die Zukunft? Ich bin nur der Moderator. Es kommt auf diejenigen an, die in der Luminale eine Chance sehen, ihre Kreativität, ihre Ideen bekannt zu machen. Denn das unterscheidet die Luminale von allen anderen Lichtfesten: Für die Bürger ist sie ein Kulturspektakel, für die 165 000 Messegäste eine Biennale der Lichtkultur, eine Plattform für die Stars von heute und die Talente von morgen. Ich hoffe, dass wir den internationalen Status, den die Luminale hat, ausbauen können. Frankfurt braucht unverwechselbare Themen, bei denen die Stadt die erste Adresse auf der Welt ist. 26 M A I N O VA M A G A Z I N 0 9 LUMINALE 27 Der Frankfurter Architekt und Lichtkünstler Wolfgang Rang über die Magie von Lichträumen, Städte, die zu viel Licht machen, und unglaubliche Schatten. 28 M A I N O VA M A G A Z I N 0 9 LICHTKUN S T 29 Herr Rang, wir haben gehört, Sie sammeln Schatten? Ja, das stimmt. Im Schatten gibt es unglaubliche Geometrien. Das fasziniert mich. Ich reise viel in der Welt herum. Hier, das sind Bilder von Schatten (zeigt eine Mappe mit unterschiedlichen Mustern). Irgendwo in Indien habe ich diesen Schatten getroffen und den hier in Bakdapur, das ist in Nepal. Dies hier ist ein Schatten aus einem polnischen Kiefernwald. Das sind alles natürliche Schatten – von Bäumen und Sträuchern, die irgendwo herumliegen. Und die fotografieren Sie dann? Nein, ich lege das Papier auf die Straße und male den Schatten nach. Auf riesigen Papieren, zwei mal drei oder drei mal acht Meter groß. Wir nutzen die Schattenmuster unter anderem als Architekturelement. Im April haben wir auf dem Römerberg eine Hausfassade renoviert und mit einem Sichtschutz aus Aluminium verkleidet. Das Metall wurde in einem Schattenmuster ausgeschnitten. Die Fassade dahinter leuchtet rot durch die Spalten des Metalls hindurch. So wird aus dem Schatten ein Stück Architektur. In der Regel arbeitet Ihr Büro mehr mit Licht als mit Schatten. Zur Luminale 2006 spannten Sie ein Lichtdach über das Frankfurter Bahnhofsviertel. Warum ausge- 30 M A I N O VA M A G A Z I N 0 9 rechnet dort, in einem Viertel, das bisher eher durch Rotlicht auffiel? Wir wollten den Hauptbahnhof mit dem Bankenviertel und dem Geschäftszentrum der Innenstadt verbinden. Beides sind Orte mit positivem Image. Das Bahnhofsviertel hat dagegen – trotz seines Wandels – noch immer einen schlechten Ruf. Durch das Lichtdach hat sich dieser Raum verwandelt. Ab neun Uhr abends konnte man unter dem Licht Hunderte von Passanten beobachten. Die Leute haben nach oben geblickt und waren glücklich. Wir haben den Zwischenraum und sein Ansehen aufgewertet, zumindest für einen Augenblick. Lichtinszenierungen arbeiten immer mit der Erinnerung. Welche Chancen bieten sich mit Licht, um scheinbar verlorene Restflächen wiederaufleben zu lassen? Resträume sind für mich Orte, deren Qualität noch nicht erkannt wurde. Das Potenzial ist groß, wenn man dort etwas verändert. In Tirol gibt es einen kleinen Ort, der durch eine Bergkette immer verschattet ist. Weil selbst im Sommer kein Sonnenlicht in die schmalen Gassen dringt, ziehen die Leute weg. Der Lichtplaner Christian Bartenbach, mit dem wir seit knapp dreißig Jahren zusammenarbeiten, hat dort große Parabolspiegel aufgestellt, die das LICHTKUN S T 31 Licht umlenken. Als der Platz vor der Kirche das erste Mal beleuchtet wurde, haben sich viele gesagt: Da muss ich hin. Das muss ich erleben, wie eine künstliche Sonne den Platz beleuchtet. Ein kleines Raumwunder. Seitdem hat sich die Einwohnerzahl wieder stabilisiert. Sie sind konfrontiert mit reiner Emotion: Zustimmung oder sofortige Ablehnung. Wichtig ist, dass es eine temporäre Aktion ist. Sobald Sie einer Lichtinszenierung drei Monate lang begegnen, können Sie sie nicht mehr sehen. Das ist wie mit dem Lieblingsessen: Irgendwann hat man es satt. Welche Lichträume in Frankfurt finden Sie besonders gelungen? Die Brücken- und Uferbeleuchtung am Main. Durch das Licht ist der gesamte Flussraum und der Nachthimmel erlebbar. Was Objektlicht angeht, gefällt mir besonders die Beleuchtung der Commerzbank durch den Lichtplaner Thomas Emde. Die öffentlich zugänglichen Räume des Hochhauses, die „hängenden Gärten“, werden sehr schön in Szene gesetzt. Zugleich ist das Gebäude als Wahrzeichen und Stadtkrone von weither erlebbar. Ihre Lichtinszenierungen sind meist sehr groß. Geht es nicht auch kleiner? Das sind urbane Lichtinszenierungen, leuchtende Landschaften,die Raum brauchen, um ihre Wirkung zu entfalten. Das Spannende ist doch: Man kann in diese Inszenierung hineingehen, hindurchlaufen, sich an das Licht anlehnen. Man kann sie erfahren. Ich stehe nicht nur unter einer Lampe, sondern erlebe den Lichtraum aus vielen Perspektiven, von nah und fern. Welche Rolle spielen Emotionen bei der Lichtinszenierung? 32 M A I N O VA M A G A Z I N 0 9 Bei dem Lichtkokon, einer Lichtinszenierung mit Studenten der Fachhochschule Frankfurt für die Luminale 2006, haben Sie dagegen auf kleinem Raum gearbeitet ... Der Kokon ist knapp 20 Meter lang und fünf Meter hoch, aber wenn Sie drin sind, ist es erst mal eng. Das Gestell hat die Form eines Zeppelins und legt sich wie eine zweite Haut um die Besucher. Der Innenraum ist mit hochverspiegelten Blechen verkleidet, die das Licht unendlich spiegeln. Sie können sich das vorstellen wie eine riesige Reflektorleuchte aus gefaltetem Blech. Wenn es anfängt zu leuchten, fliegt alles weg, die Grenzen lösen sich auf. Das Licht schafft einen Raum ohne Grenzen. Licht als Gestaltungsmittel im Stadtraum wurde jahrelang vernachlässigt. Heute werden Lichtmasterpläne aufgestellt, Städte werben mit Licht als Marketinginstrument. Woher kommt der Wandel? Der Wettbewerb der Städte und Stadträume als wirtschaftlich und kulturell attraktive Standorte ist stärker geworden. Jede Stadt versucht sich ins rechte Licht zu setzen. Hinzu kommt, dass die Hauswände früher aus Stein waren. Heute bestehen immer mehr Fassaden komplett aus Glas. Wenn LICHTKUN S T 33 Sie diese Fassaden abends nicht beleuchten, werden sie von der Dunkelheit verschluckt. Das wirkt nicht nur unattraktiv, sondern auch bedrohlich. Der dritte Punkt ist: Die Lichtquellen werden immer kleiner und effizienter, die Technik wird immer ausgereifter. Das inspiriert Raumkünstler und Gestalter Neues auszuprobieren. Stichwort Lichtverschmutzung: Manche Fußgängerzonen erscheinen heute wie ein einziges Lichtermeer. Wird heute zu viel Licht gemacht? Ja, deutsche Städte sind zu hell. Ich war vor Kurzem mit Studenten sechs Wochen in Bakdapur, Nepal. Durch den Strommangel fehlen jedem Ort in Nepal in der Woche 36 Stunden Strom. Es gibt einen Zeitplan, welcher Ort wann abgeschaltet wird, und dann ist die ganze Stadt plötzlich ohne Straßenlicht. Man denkt immer, das sei unsicher, aber das ist es nicht. Etwa die Hälfte der Gruppe waren Studentinnen. Die waren anfangs beunruhigt, aber dann haben sie gemerkt, dass sich alle so benehmen als wäre es taghell. Und sie haben sich sicher gefühlt. Sieht man denn im Dunkeln überhaupt etwas? Aber ja. Tatsächlich sieht man sehr viel. Das Augenlicht gewöhnt sich nach einer Weile an die Dunkelheit. Und dann gibt es ja auch noch das Mondlicht und die Sterne. Unsere Städte sind sehr hell, zu hell. Mir gefällt, wenn man zumindest an bestimmten Stellen den Nachthimmel noch bewusst erleben kann. In Frankfurt geht das zum Beispiel sehr gut am Rossmarkt oder am Mainufer. Ich finde, das muss eine Stadtkultur möglich machen. Licht kann auch stören, Ruhe und Schlaf beeinträchtigen. Kann man sich auch vorstellen, das Licht in einzelnen Straßenzügen für eine bestimmte Zeit abzustellen? Natürlich. Die Hälfte des Lichts reicht komplett aus. Bei der Luminale 2008 haben wir gemeinsam mit Mainova etwas 34 M A I N O VA M A G A Z I N 0 9 ausprobiert: Mainova hat die Lichtstärke rund um die Hauptwache um die Hälfte reduziert. Teils wurde das Licht ganz ausgeschaltet, teils wurde ein Leuchtmittel ausgedreht – es sind ja in der Regel zwei in einer Leuchte. Das Sicherheitsgefühl hat sich dadurch nicht verändert. Aber auch Ihre Lichtinszenierungen brauchen Energie. Ist das nicht Verschwendung? Unsere Lichtinstallationen sind temporäre Projekte, die nach einigen Tagen wieder abgebaut werden. Natürlich verbrauchen sie Strom, aber im Vergleich mit der täglichen Überbeleuchtung unserer Städte fällt das nicht ins Gewicht. Bei der Belichtung des öffentlichen Raums können wir viel mehr Energie sparen: durch weniger Licht und effizientere Technik wie LED. Auf stadtraumbildende temporäre Lichtinszenierungen brauchen wir deshalb nicht zu verzichten. IM KURZPORTRÄT SCHNELLER ALS DER SCHATTEN Wolfgang Rang, geboren 1949 in Essen, studierte Architektur an der TH Darmstadt und an der University of California, Los Angeles, sowie Sinologie in Frankfurt am Main. Von 1981 bis 1996 führte er gemeinsam mit Norbert Berghof und Michael Landes das Büro „Berghof Landes Rang“ in Frankfurt. Dort wurden neben Gebäuden und städtebaulichen Planungen auch Möbel wie der Frankfurter Schrank und Lichtprojekte wie „Das Leuchtende Frankfurt“ entwickelt. 1991 gründete er mit Niels Gutschow, Hajo Neis und Vladislav Kirpichev die „global school of architecture – Schule des Sehens“ mit Standorten in Frankfurt, Moskau, San Francisco und Baktapur/Nepal. Wolfgang Rang ist seit 1993 Professor im Fach „Grundlagen der Gestaltung“ an der Fachhochschule Frankfurt und führt seit 1996 ein eigenes Architekturbüro in Frankfurt. Auf der Luminale 2006 und 2008 spannte sein Büro Lichtdächer durch den Frankfurter Stadtraum. Die Lichtraumklanginstallation „Lichtkokon“ für die Luminale 2006 wurde mehrfach ausgezeichnet. Weitere Infos unter www.atelier-rang.de Wenn der Schatten da ist, muss es schnell gehen: Dann zieht Wolfgang Rang irgendwo in Nepal oder Indien eine zwei mal drei Meter große Papierrolle aus dem Auto, kniet sich auf das Papier und zeichnet den Sonnenfleck mit einem Kohlestift in irrer Geschwindigkeit nach. Denn der Schatten bewegt sich – und der 59-Jährige hält die Bewegung in seinen Bildern wie mit einer Kamera fest. Für seine Schattenrisse verwendet Wolfgang Rang Loktapapier, ein handgeschöpftes Naturpapier aus Nepal. Ist der Schatten auf dem Papier, malt Rang den Umriss dunkelrot aus. Seine Schattenbilder lässt er auf Seide drucken, sodass sie als bewegte Kleider an Frauen wieder lebendig werden. LICHTKUN S T 35 36 M A I N O VA M A G A Z I N 0 9 MEDIZIN 37 Der Körper der Patientin ist vollständig mit sterilem blauen Tuch bedeckt, nur das rechte Auge hält eine Lidsperre auf. Durch einen winziger Saugring, der das Auge fixiert, blickt die Frau direkt in einen Laser. „Schauen Sie einfach weiter auf den roten Punkt“, sagt Professor Thomas Kohnen. „Ich beginne jetzt mit dem Lasern. Sie werden kaum etwas spüren.“ Den beruhigenden Worten des Arztes hört die Patientin gern zu. Wie den meisten Menschen ist ihr der Gedanke unheimlich, dass jemand ihr Auge operiert – für Thomas Kohnen ist der Eingriff dagegen Routine. 600 bis 800 Laseroperationen führt der stellvertretende Direktor der Klinik für Augenheilkunde an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt jährlich durch. Kohnen gilt international als Experte für Laserchirurgie und die sogenannte Lasik-Operation. Bei dieser OP modelliert ein Laser feinste Schichten im Innern der Hornhaut, der zirka 0,5 Millimeter dicken vorderen transparenten Haut des Auges. Bundesweit lassen jedes Jahr knapp 60 000 Patienten ihre Sehschwäche auf diese Weise korrigieren. Das Potenzial für Augenlaserbehandlungen ist jedoch noch weitaus größer: Rund 52 Millionen Deutsche sind 38 M A I N O VA M A G A Z I N 0 9 fehlsichtig. Bei etwa der Hälfte von ihnen liegt die Fehlsichtigkeit in jenem Bereich, der sich problemlos mit Hilfe eines Lasers beheben ließe: bis zu -8 Dioptrin bei Kurz- und +3 Dioptrin bei Weitsichtigkeit und Hornhautverkrümmungen. Trotzdem tragen die meisten lieber Brille oder Kontaktlinsen, als sich behandeln zu lassen. „Viele scheuen vor einer Operation zurück“, weiß Thomas Kohnen. „Dabei liegt die Komplikationsrate mittlerweile im Promillebereich.“ Die technischen Fortschritte in der Lasermedizin sind enorm. Der sogenannte Femtosekunden-Laser, mit dem der Universitätsprofessor hundert Prozent seiner Lasik-Eingriffe durchführt, ermöglicht schnelle und hochpräzise Schnitte mit einer konstanten Tiefe an allen Stellen der Hornhaut. In welcher Geschwindigkeit sich die Energie des Laserstrahls im Augeninneren entlädt, ist für einen Menschen nicht vorstellbar: in wenigen Hundertbilliardstel Sekunden (eine Femtosekunde entspricht 0,000.000.000.000.001 Sekunden). Eingesetzt wird der Femtosekunden-Laser bereits zu Beginn der Behandlung: beim sogenannten Lentikelschnitt. Statt wie bisher mit einer automatisch gesteu- MEDIZIN 39 erten feinen Klinge wird die oberste Hornhautschicht mit dem Laser durchtrennt und klappt wie ein Buchdeckel zur Seite. Anschließend fräst ein zweiter Laser das Innere der Hornhaut Schicht für Schicht um etwa fünf hundertstel Millimeter ab – das entspricht der Dicke eines Haares. Dann wird das Hornhautscheibchen wieder zurückgeklappt. Wie die Hornhaut am besten zu modellieren ist, errechnet ein Computerprogramm. Es benötigt dafür unter anderem die Hornhautdicke, die Form der Hornhautoberfläche und die benötigte Brillenstärke. Sogenannte Eyetracker registrieren während der OP kleinste Augenbewegungen und führen den Laserstrahl punktgenau nach. Der Abtrag ist durch den verwendeten Flying-Spot-Laser schonender, da keine Stelle zweimal hintereinander getroffen wird. Trotz aller technischen Präzision sei aber nach wie vor chirurgisches Handwerk gefragt, betont Kohnen. Nur das Werkzeug des Chirurgen habe sich geändert: „Sein Messer ist nun der Laser.“ Ein Werkzeug, das in rasantem Tempo arbeitet: Der Laserbeschuss dauert nur 20 Sekunden, die gesamte OP zwischen fünf und zehn Minuten, die umfassende Vor- und Nachsorge am OP-Tag etwa zwei bis drei Stunden. In der Regel kann der Patient schon am nächsten Tag wieder arbeiten. Die Qualität der Behandlung ist jedoch sehr unterschiedlich. In Deutschland bieten rund 300 Augenärzte und Laserzentren den Eingriff an. Hinzu kommen Billiganbieter, die Patienten mit vermeintlichen Preisschnäppchen zur OP ins Ausland locken. Türkische Augenlaserzentren bieten eine beidseitige Korrektur der Fehlsicht für rund 1.000 Euro an – in Deutschland kostet die Operation zwischen 2.000 und 5.000 Euro. Ein vertrauensvolles Arzt-Patienten-Gespräch ist bei solchen OPs jedoch durch die Sprachbarrieren kaum möglich. Zudem entfallen regelmäßige Nachuntersuchungen. „Die Lasik-OP ist ein Konsumgut, keine Notwendigkeit“, sagt Thomas Kohnen. Patienten sollten deshalb kein unnötiges Risiko eingehen. Einen besseren Durchblick im Angebotsdschungel verspricht ein Gütesiegel: Mit dem sogenannten Lasik-TÜV dürfen nur Anbieter werben, die mehrere hundert Behandlungen pro Jahr nachweisen können und einen strengen Anforderungskatalog erfüllen. Die Frankfurter Uniklinik hat das Zertifikat bereits. Doch auch so ist sich Thomas Kohnen seiner Sache sicher: Seit er sich bei seinen Lasik-Eingriffen auf einen Femtosekunden-Laser verlasse, sei keine einzige Schnittkomplikation mehr vorgekommen. Selbst die strengen Augenexperten der Nasa ließen sich im vergangenen Jahr von den Vorteilen der Lasik-OP mit dem Femto-Laser überzeugen. Seither fliegen auch Astronauten mit künstlich geschärftem Blick ins Weltall. DAMPF FÜRS KLINIKUM Das Klinikum der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main (KGU) hat eine Kapazität von 1 169 Betten und ist damit hinter dem vereinigten Universitätsklinikum Gießen und Marburg das zweitgrößte Krankenhaus in Hessen. Mit einer Fläche von rund 460 000 Quadratmetern ist das Gelände der Uniklinik etwa so groß wie die Frankfurter Altstadt. Rund 4 100 Mitarbeiter, darunter 1 090 Ärzte und Wissenschaftler sowie 1 350 Mitarbeiter im Pflege- und Funktionsdienst, versorgen jährlich zirka 46 000 stationäre und 210 000 ambulante Patienten. Zurzeit werden an der Uniklinik etwa 3 300 Studenten ausgebildet sowie 140 technische Assistenten/innen und 80 Krankenpfleger/innen. Damit Operationssäle und Forschungsinstitute, Hörsäle und Patientenzimmer rund um die Uhr mit Energie versorgt sind, liefert Mainova an das Uniklinikum jährlich rund 42 Millionen Kilowattstunden Strom, 300 000 Kubikmeter Wasser und 110 Millionen Kilowattstunden Fernwärme aus dem Heizkraftwerk West. Allein die Stromliefermenge entspricht dem Durchschnittsverbrauch von etwa 13 100 Haushalten. 40 M A I N O VA M A G A Z I N 0 9 MEDIZIN 41 Die neue Zeil-Beleuchtung ist eine stille Schönheit: Man könnte sie glatt übersehen, wäre da nicht ihre Abendvorführung. Scheinwerfer an für einen Glanzauftritt! 42 M A I N O VA M A G A Z I N 0 9 STRASSE N B E L E U C H T UN G 43 LICHTPLANER AUF DER ZEIL Im Gespräch auf Frankfurts Haupteinkaufsstraße: die Geschäftsführer der StraßenBeleuchtung Rhein-Main Johannes Kofler (links) und Clemens Naumann. Schon bei Tage fällt die neue Zeil-Beleuchtung kaum auf – mit ihren schlanken Masten, den filigranen Stegen und fingerdicken Stahlseilen. Mit Einbruch der Abenddämmerung versinkt das stählerne Tragwerk dann vollständig in der Dunkelheit. Nur noch die zylindrischen Hängeleuchten glühen stimmungsvoll zwischen den Baumkronen. „Die Konstruktion schwebt über den Leuchten“, sagt Stadtbaudirektor Michael Hootz. Ein stolzes Lächeln huscht über sein Gesicht: „Wir haben dem Statiker einiges zugemutet, aber es hat sich gelohnt.“ Monatelang feilten Stadtplanungsamt und die MainovaTochter StraßenBeleuchtung Rhein-Main (s. Seite 45) gemeinsam mit Architekten und Ingenieuren an Material, Lichtwirkung und Konstruktion. Seit dem Frühjahr 2009 ist das Ergebnis zu bestaunen: ein minimalistisches Tragwerk, bei dem das Licht im Mittelpunkt steht. Im Abstand von 20 bis 25 Metern stehen hohe Masten zwischen den beiden äußeren Baumreihen und halten ein schlankes Stahlrohrgitter. Der stählerne Rost ist an Stahlseilen abgehängt und überdeckt die Zeil wie eine Pergola. Auf den Auslegern der Konstruktion sitzen große Zylinderleuchten, die die Schaufensterzonen beleuchten. So bleiben die DIE STRASSENBELEUCHTUNG RHEIN-MAIN Defekte Lampen, gebrochene Gläser, ramponierte Masten und Schaltkästen – darum kümmert sich in Frankfurt die SRM StraßenBeleuchtung Rhein-Main. Bis zu 200 Störungen behebt das Tochterunternehmen der Mainova jeden Monat. Die 37 Mitarbeiter – darunter sechs Gas- und 19 Elektromonteure – haben alle Hände voll zu tun: Rund 68 000 Leuchten gibt es in der Mainmetropole, davon 6 000 Gasleuchten. Leuchten für Straßen, Wege und Plätze, für U-Bahn-Tunnel, Brücken, Durchgänge und Unterführungen. Sie müssen nicht nur bei Schäden repariert, sondern auch regelmäßig gewartet und die Lampen ausgetauscht werden. Neben Reparatur und Wartung berät die StraßenBeleuchtung Rhein-Main die Stadt bei der Auswahl von Leuchten und Leuchtmitteln, etwa beim Bau neuer Wohngebiete oder bei Großprojekten wie der Zeil- oder der Mainuferbeleuchtung. Im Leuchtenpark auf dem Firmengelände werden neue Modelle installiert, über Wochen geprüft, getestet und bewertet. Auch Mitarbeiter des Stadtplanungsamtes und des Amtes für Straßenbau und Erschließung stimmen sich hier regelmäßig mit den Experten der StraßenBeleuchtung Rhein-Main ab. Schließlich hängt eine Straßenleuchte im Durchschnitt 35 Jahre in der Gegend herum – da lohnt es sich, vorher genau hinzuschauen. 44 M A I N O VA M A G A Z I N 0 9 STRASSE N B E L E U C H T UN G 45 LICHTPLANER ÜBER DER ZEIL Schweben im Hubwagen über der neuen Zeil-Beleuchtung: Stadtbaudirektor Michael Hootz (rechts) und Thomas Erfert, Prokurist und Abteilungsleiter der StraßenBeleuchtung Rhein-Main. Fassaden längs der Zeil unberührt. Die Leuchten unter dem Tragrost erhellen gleichzeitig Boden und Blätterdach. Blicken die Passanten nach oben, erwartet sie kein dunkles Loch, sondern ein leuchtend grüner Blätterhimmel. „Das Blätterdach zieht sich wie ein grünes Band zwischen den Leuchten hindurch“, schwärmt Stadtplaner Michael Hootz. Auch der Bodenbelag unter den Bäumen wird erneuert: Nach der Fertigstellung werden die Baumkarrees von schwarzem Basalt, rotem Granit und weißem Marmor umfasst. Außerhalb der Baumfelder, vor den Schaufenstern und auf den neu geschaffenen Plätzen sollen großformatige teflonbeschichtete Betonplatten mit Natursteinvorsatz die alten Zeilplatten ersetzen. Neue Rundbänke, größere Papierkörbe und etwa 140 Fahrradbügel werten die grüne Mittelzone auf. Der neu gestaltete Licht-Raum wird sich von der Hauptwache bis zur Konstablerwache erstrecken und mit dieser Länge für eine Fußgängerzone in Deutschland einmalig sein. „Wir möchten die Stadt insgesamt attraktiver machen“, sagt Michael Hootz. „Nicht nur als Bankenplatz und Wirt- 46 M A I N O VA M A G A Z I N 0 9 schaftsstandort, sondern als sympathische Stadt, in der man gern lebt.“ Die Zeil ist Teil eines groß angelegten Licht-Masterplans: Stadtplanungsamt und die StraßenBeleuchtung Rhein-Main arbeiten stadtweit an zehn größeren Beleuchtungsprojekten. Die Ziele: niedrigerer Energieverbrauch, blendfreie Lichträume, sanfte Betonung statt gleißender Lichtteppiche. Wie sehr sich Stadträume durch gezielte Lichtakzente aufwerten lassen, zeigt eindrucksvoll die Illumination des Frankfurter Mainufers. Europas größtes Außenbeleuchtungsprojekt erstreckt sich über eine Länge von 6,7 Kilometern und setzt elegant die Schönheit der Flussufer und der Mainaue in Szene. Wie auf einer Theaterbühne werden die sieben Mainbrücken betont, die zuvor weitgehend im Dunkeln verschwanden. 280 Lichtpunkte tauchen etwa den Eisernen Steg – die wichtigste Verbindung von der Altstadt ins benachbarte Sachsenhausen – in ein geheimnisvolles Streiflicht. Entlang der Ufer bringen rund 700 Bodeneinbaustrahler die Brückenpfeiler und die zum Teil über hundert Jahre alten Platanen zur Geltung. Das Licht zeichnet MAINUFERBELEUCHTUNG Europas größtes Außenbeleuchtungsprojekt setzt die Mainbrücken stilvoll in Szene, zeichnet die Konturen historischer Bauten nach, illuminiert Auf- und Abgänge, Wege und Platanen. die Konturen historischer Bauten nach, wie des Städel Museums oder des Liebighauses. Die neuen Leuchten schmeicheln nicht nur dem Auge, sie drücken auch den Stromverbrauch. Obwohl am Mainufer dreimal so viele Leuchtmittel wie vorher zum Einsatz kommen, haben sich die Energiekosten für die Stadt nicht erhöht. Und durch die Halogen-Metalldampflampen auf der Zeil können jährlich bis zu 120 000 Kilowattstunden Strom eingespart werden. Noch mehr Energie lässt sich durch den Rückbau alter Gasleuchten sparen: „Gaslaternen brauchen etwa das Zwanzigfache an Energie im Vergleich zu modernen elektrischen Leuchten“, weiß Thomas Erfert, Prokurist und Abteilungsleiter der StraßenBeleuchtung Rhein-Main. „Die Instandhaltung ist so teuer und aufwendig wie bei einem alten Chevy.“ Die StraßenBeleuchtung Rhein-Main ersetzt alte Gaslaternen und Elektroleuchten nach Ablauf ihrer Lebenszeit durch neue Lichtmasten und effizientere Leuchtmittel. Denn Energieschleudern – ob mit Zündflamme oder Sechszylinder – sind auf Frankfurts Straßen ein Auslaufmodell geworden. STRASSE N B E L E U C H T UN G 47 Lichtdurchflutete Trichter, Deutschlands längste Rolltreppe und ein Gebirge von Dach: Das neue Einkaufszentrum „My Zeil“ ist ein gläsernes Spektakel, in dem Tageslicht eine Hauptrolle spielt. Der Anblick erscheint im ersten Moment irreal: Mitten in der gläsernen Fassade klafft eine weite Öffnung, die sich wie ein Trichter ins Innere stülpt. Darunter strömen Passanten und Flaneure scharenweise in das neue Einkaufszentrum – als würde sie der Trichter magisch anziehen. 50 000 bis 70 000 Besucher lockt es täglich in den neuen Shoppingtempel direkt an Frankfurts umsatzstärkster Einkaufsstraße. Und wenn der gläserne Trichter sie auch nicht hineinsaugt, so verrät er doch eine Menge über den spektakulären Neubau. Denn wer in die Öffnung schaut, blickt nicht in das Gebäude hinein, sondern hindurch – direkt in den Frankfurter Himmel. 48 M A I N O VA M A G A Z I N 0 9 Betritt man den überdachten Einkaufsboulevard, wandert der Blick immerzu aufwärts: Oval geschwungene Lufträume verbinden die vier Verkaufsebenen, dazwischen schießen Rolltreppen kreuz und quer empor. Ein lichtdurchfluteter Glastrichter schiebt sich wie ein gigantischer Rüssel durch alle Geschosse und filtert Licht in die Tiefe. Für den Besucher eröffnet sich mit jedem Schritt durch den Einkaufsparcours eine neue, ungeahnte Perspektive. Innen ist außen, außen ist innen, Raumgrenzen lösen sich auf. Ganz oben das spektakuläre Glasdach: Wie ein hin und her schwappender Wellenkamm legt es sich über den Besucherstrom. Mit einem Canyon vergleicht der italienische Stararchitekt Massimiliano Fuksas seinen außergewöhnlichen Dachentwurf. Die 13 000 Quadratmeter große Konstruktion besteht aus 3 250 dreieckigen Glasscheiben und 2 350 Metallelementen. 8 130 Stäbe und 2 830 Verbindungsknoten halten das biomorphe Gebilde zusammen. Das Dach geht nahtlos MY ZE IL 49 in die Hauptfassade über, die zur Zeil und zur Großen Eschenheimer Straße rautenförmig verglast ist. Acht Aufzüge und 24 Rolltreppen verbinden die Geschosse, darunter auch Deutschlands längste innenliegende und freitragende Rolltreppe. Der „Expressway“ bringt die Besucher in 120 Sekunden vom Erdgeschoss in die vierte Etage auf 47 Meter Höhe. Die Fahrt führt durch einen nierentischförmig im Stil der 50er-Jahre geschwungenen Luftraum – mit einem tänzelnden Geländer aus schlanken, gekreuzten Stäben und breiten Edelholz-Handläufen. Umlaufende perlmuttfarbene Lichtbänder bilden den sanften Schwung der Atrien nach. Oben angekommen erwartet den Besucher mit dem Gastroboulevard eine zweite „öffentliche“ Ebene mit Bars und Restaurants. Bei einem Glas Wein oder einem kurzen Snack schweift der Blick in die Wolken oder über die Dächer von Frankfurt. Für einkaufsmüde Kinder gibt es einen IndoorSpielplatz, für ihre Eltern einen 5 000 Quadratmeter großen Fitnessclub mit Swimmingpool. Wer einfach nur einkaufen will, findet auf rund 77 000 Quadratmetern Gesamtfläche mehr als 80 Läden, darunter Rewe, 50 M A I N O VA M A G A Z I N 0 9 Saturn, s.Oliver, der Herrenausstatter Anson’s sowie diverse Mode-, Freizeit- und Sportshops. Mit der herkömmlichen Passage – mittig der Boulevard, rechts und links flankiert von Läden – hat „My Zeil“ jedoch nur noch wenig zu tun: Fuksas macht den Einkauf zum Event und schickt die Flaneure durch einen schwungvollen Einkaufs- und Erlebnisparcours mit atemberaubenden Ausblicken. Das Einkaufszentrum gehört zu einem der bedeutendsten Innenstadtprojekte Europas, dem PalaisQuartier, zu dem neben der Einkaufsmall ein Büro- und ein Hotelturm, eine Tiefgarage für knapp 1 400 Autos und das rekonstruierte Thurn und Taxis Palais gehören (s. Seite 51). Tiefgarage und Palais stehen schon, die beiden spektakulär geknickten Hochhäuser sollen im Laufe des Jahres fertig werden. „My Zeil“ wird von den Frankfurtern gut angenommen. Am Eröffnungstag strömten mehr als 120 000 Schaulustige in das neue Shoppingcenter. Einzig an den Namen müssen sie sich wohl erst noch gewöhnen. Oberbürgermeisterin Petra Roth hat die deutsch-englische Wortschöpfung schon in ein hessisches „Mei Zeil“ übersetzt. Und es ist wohl nur noch eine Frage der Zeit, bis der gläserne Canyon an der Zeil seinen ersten Spitznamen hat. WÄRME FÜR DAS PALAISQUARTIER Das Einkaufszentrum „My Zeil“ mit seinem eindrucksvoll geschwungenen Glasdach ist Bestandteil eines der bedeutendsten Innenstadtprojekte Europas: dem PalaisQuartier. Zu dem 1,7 Hektar großen innerstädtischen Areal zwischen Zeil und Eschenheimer Turm gehören neben der Einkaufsmall ein 136 Meter hoher Büroturm, ein 99 Meter hoher Hotelturm, eine Tiefgarage für knapp 1 400 Autos und eine Rekonstruktion des historischen Thurn und Taxis Palais. Der gesamte rund 150 000 Quadratmeter große Gebäudekomplex wird von der Mainova EnergieDienste GmbH in den kommenden 15 Jahren mit Wärme versorgt. Darüber hinaus übernehmen die Mainova EnergieDienste die Wartung, Betriebsführung, Inspektion und Instandhaltung der technischen Anlagen. Alle Hauptanschlüsse für Strom, Fernwärme, Erdgas, Trink- und Löschwasser hat die NRM Netzdienste Rhein-Main GmbH gelegt. Damit stellt die Tochtergesellschaft der Mainova und der Stadtwerke Hanau die Energie- und Wasserversorgung des Objektes sicher. Die Gebäude werden über einen gemeinsamen Fernwärmeanschluss mit einer Leistung von 6 Megawatt und einen zentralen Stromanschluss mit einer Leistung von 9,5 Megawatt versorgt. Darüber hinaus werden insgesamt 350 Kilowatt Kochgas und 480 Kubikmeter Trink- und Löschwasser je Stunde benötigt, um den riesigen Gebäudekomplex zu versorgen. MY ZE IL 51 So beginnt eine Novelle von Thomas Mann – und diese Worte sind mittlerweile sprichwörtlich geworden. Sie spielt an einem strahlenden Junitag im München der späten Jugendstilzeit. Die Anspielung galt dem besonderen Licht der bayerischen Metropole und einem Himmel wie „von blauer Seide“. Das CityQuartier Fünf Höfe im Herzen der Stadt München lässt den Himmel dagegen weitestgehend über sich. Wo früher die HypoVereinsbank residierte, durchzieht heute ein Netz aus Gängen, Gewölben und lichten Flaniermeilen den Gebäudekomplex. Die Fünf Höfe gehören zu den erfolgreichsten Innenstadtquartieren Deutschlands – nicht zuletzt dank ihrer gelungenen Lichtplanung. Die Energie für Münchens Vorzeigepassage liefert Mainova. 52 M A I N O VA M A G A Z I N 0 9 FÜNF H ÖFE 53 HÄNGENDE GÄRTEN Eine prominentere Lage gibt es kaum in München: Die Fünf Höfe liegen im historischen Herzen der Stadt, im sogenannten Kreuzviertel, zwischen Maffai-, Theatiner-, Salvator- und Kardinal-Faulhaber-Straße. Der Gebäudeblock umschließt ein Areal von etwa 160 auf 220 Meter, das vor einigen Jahren umgebaut und für das urbane Leben geöffnet wurde. In der Salvatorpassage hängen Pflanzen, an Wellengittern befestigt, von der Decke herab. Durch das grüne Dach blicken die Passanten direkt in den Himmel. Die Schweizer Architekten Herzog & de Meuron – unter anderem bekannt durch den Bau des Pekinger Olympiastadions – gestalteten den Altstadtblock um und modellierten ihn neu. Es entstand ein urbanes CityQuartier aus Geschäften, Gastronomie, Büros, Wohnungen und einer neuen Kunsthalle, das 2004 von der Union Investment Real Estate AG erworben wurde. In ihrem Entwurf griffen die Architekten die historischen Innenhöfe der benachbarten Residenz auf und interpretierten sie neu. Enge und weite, 54 M A I N O VA M A G A Z I N 0 9 FÜNF H ÖFE 55 MAINOVAS ENERGIE FÜR MÜNCHENS FÜNF HÖFE überdeckte und nach oben offene Räume wechseln sich ab. Im Gegensatz zur herkömmlichen, in sich geschlossenen Einkaufspassage ist die „Außenwelt“ in den Fünf Höfen immer erfahrbar. So wird die Salvatorpassage von Wellengittern überdeckt, von denen Pflanzen herabhängen. Durch die Zwischenräume dringt Tageslicht bis tief in die Passage. Zusätzlich leuchten Halogenmetalldampflampen die Flaniermeile aus. Im Perusahof erscheinen raffinierte Spiegeleffekte beim Blick nach oben. Nur der nasse Boden bei Regen verdeutlicht, dass ein Streifen der Decke ausgespart wurde. Mit den Fünf Höfen wurde in Münchens Altstadt eine der ambitioniertesten und erfolgreichsten Innenstadtquartiere in Deutschland umgesetzt. Auf 13,5 Hektar bietet das neue CityQuartier einen urbanen Mix aus Geschäften, Gastronomie, Büros und Wohnungen. Das Spektrum reicht von einem Supermarkt über Buchhandlungen bis hin zu Designerläden und Galerien. Im zweiten Obergeschoss präsentiert die Hypo-Kultur-Stiftung hochkarätige Ausstellungen. Den Strom für das gesamte Areal liefert Mainova. Eigentümer ist die Union Investment Real Estate AG, einer der führenden europäischen Investmentmanager für Immobilien. Die Prannerpassage wirkt mit ihrer warmen Lichtstimmung dagegen wie ein Schatzkästchen. Das Gewölbe ist komplett mit Glaspailletten ausgekleidet. Durch unregelmäßig verteilte, schwenkbare Halogendownlights in der Tiefe der Decke wird das Licht auf die Verkehrsflächen konzentriert. Die Schaufenster treten optisch als Vitrinen aus den Wänden hervor. Dagegen ließ man die Spritzbetonwände im Viscardihof anarchisch unfertig. Über den Köpfen der Passanten schwebt eine acht Tonnen schwere Edelstahlkugel des isländischen Künstlers Olafur Eliasson. Kunst ist ein wesentlicher Bestandteil in den Fünf Höfen: Die Bodenplatten wurden mit Fotografien von Thomas Ruff bedruckt, die Treppenhäuser gestaltete der Schweizer Künstler Rémy Zaugg. Bislang ging das Konzept der „Fünf Höfe“ voll auf: Mehr als 7,2 Millionen Gäste besuchen jährlich das CityQuartier – nicht nur tagsüber, sondern auch nach Geschäftsschluss. 56 M A I N O VA M A G A Z I N 0 9 FÜNF H ÖFE 57 Stroboskopartige Lichtblitze, gleißende Flutlichtmasten, ein Meer aus farbig leuchtenden Linien: Das Licht auf dem Frankfurter Flughafen erinnert an Diskotheken, Rummelplätze, Feuerwerke. Und dient doch nur einem: der Sicherheit. Eine nächtliche Fahrt durch das Leuchtfeuer. 58 M A I N O VA M A G A Z I N 0 9 FLUGHAFE N F R A N K F U R T 59 ENERGIE FÜR DAS DREHKREUZ NUMMER EINS Der Flughafen Frankfurt ist der größte deutsche Flughafen und eines der weltweit bedeutendsten Luftverkehrsdrehkreuze. 2008 sind in Frankfurt rund 53,5 Millionen Passagiere gestartet, gelandet oder umgestiegen. Die Energie für den Flughafen und seine Infrastruktur kommt vor allem von Mainova. Partner ist die Fraport-Tochter Energy Air. Sie wurde 1998 als hundertprozentiges Tochterunternehmen der Fraport AG gegründet und gewährleistet die sichere und kostengünstige Versorgung der flughafennahen Unternehmen mit Strom, Fernwärme, Fernkälte und Nutzenergie. Da der Flughafen selbst über keine eigene Stromerzeugung verfügt, hat sich die Energy Air aus strategischen Überlegungen heraus über einen mehrjährigen Dienstleistungsvertrag an die Mainova AG gebunden. Hierdurch wird das Ziel verfolgt, über Mainova Strommengen zu Großhandelskonditionen zu beziehen. Dies erfolgt grundsätzlich über risikodiversifizierten Portfolioeinkauf. Flaschengrün, tiefseeblau, karminrot, mattgelb und weiß glühen die Lichtpunkte der Start- und Landebahn Süd – wie Lampions auf einem nächtlichen Gartenfest. Ein Netz aus kilometerlangen geraden und diagonalen Linien, das in der Ferne zu einem Lichtermeer verschwimmt. In einem orangen Werkstattwagen kurven wir über das Vorfeld. „Fast jede Leitlinie hier ist nachts beleuchtet“, erzählt Fahrer Günther Schmidt vom Befeuerungsteam der Fraport AG. Gemeinsam mit zwei Dutzend Kollegen sorgt er dafür, dass die Finsternis Straßen und Rollwege, Vorfeld und Baustellen, Start- und Landebahnen niemals verschluckt. BERATUNG FÜR SCHLÜSSELKUNDEN Das Key Account Management der Mainova AG betreut Schlüsselkunden (Key Accounts) seit 1999 umfassend, kompetent und im persönlichen Gespräch bei Fragen zu Energie (Strom, Erdgas, Wärme, Kälte, Wasser), Contracting, Abrechnung, Anschluss-Infrastruktur und neue Technologien. Zu den Kunden zählen unter anderem Fraport, Lufthansa, die Messe Frankfurt, die Uniklinik Frankfurt und die großen Banken wie Allianz Group, Commerzbank, Deutsche Bank, DZ Bank und Europäische Zentralbank (EZB). Das Leuchtfeuer des Towers kreist einsam durch die Dunkelheit. Terminal 2 ist ausgeleuchtet wie eine Arbeitsbühne. Turmhohe Leuchtmasten tauchen die Passagierflieger auf dem Vorfeld in blendfreies Licht. Durch den nebligen Lichtdunst flirren Staub und winzige Wasserpartikel. Lautes Dröhnen vom Vorfeld: Eine Boeing 747 rollt die grün strahlende Leitlinie entlang Richtung Startbahn. Günther Schmidt drückt auf die Bremse. „Luftfahrzeuge haben Vorfahrt, sonst wird’s teuer.“ Schmunzelnd deutet er auf drei gelbe im Boden versenkte Leuchten; Einbauleuchten und hinterleuchtete Hinweisschilder regeln den Nachtverkehr auf dem Frankfurter Flughafen. 60 M A I N O VA M A G A Z I N 0 9 FLUGHAFE N F R A N K F U R T 61 Wir parken den Wagen in Sichtweite auf einem Grünstreifen, als der Riesenvogel die grüne Lichtlinie entlang auf die Startbahn West schwenkt. Das Röhren schwillt nun zu einem krachenden Donnern an, der Koloss nimmt Fahrt auf. „Die Wucht der Turbinen ist so groß, dass sich dadurch sogar einzelne Schrauben der Leuchten lockern können“, weiß Günther Schmidt. Daher werden regelmäßig alle Leuchten inspiziert, Leuchtmittel ausgetauscht und die Schrauben, falls nötig, nachgezogen. Mehr als 20 000 Lampen wartet das Befeuerungsteam: von den 1000-Watt-Strahlern am Terminal 2 bis hin zu den 200-Watt-Halogenlampen in den Mittellinien der Start- und Landebahn. Ein ausrangierter Passagierbus dient als Werkstatt: im Boden ein Loch, so bekommen die Monteure beim Lampentausch keine klammen Finger. Mit Hilfe einer Kamera fährt der Fahrer direkt über die Leuchte – dann geht es los: Lampe losschrauben, Gehäuse abnehmen, Dichtung auswechseln, neues Leuchtmittel rein, fest- 62 M A I N O VA M A G A Z I N 0 9 schrauben, fertig. Fünf bis fünfzehn Minuten braucht ein dreiköpfiges Befeuerungsteam pro Lampe, maximal 90 schafft solch eine Wartungsmannschaft pro Nacht. 4 000 Meter misst allein die Start- und Landebahn Süd. „Das Leuchtfeuer am Boden ist unverzichtbar“, betont Günther Schmidt – trotz Autopilot, InstrumentenLandesystem und Tower-Unterstützung. „Es gibt den Piloten Sicherheit und Orientierung.“ Mehr noch als für den Start gilt das für den schwierigsten und gefährlichsten Teil ihres Jobs, die Landung: Radkappengroße 200-Watt-Halogenleuchten, zu fünft nebeneinander montiert, begleiten den Anflug der Flugzeuge. 270 Meter vor dem Beginn der Landebahn wird die Anflugführung durch rote Seitenreihenlichter ergänzt. Selbst durch dichten Nebel hindurch jagen stroboskopartige Lichtblitze ihre Botschaft gen Himmel. Ihr Licht flackert hektisch wie über der Tanzfläche einer Diskothek – doch es bringt Passagierflieger sicher zurück auf den Boden. FLUGHAFE N F R A N K F U R T 63 64 M A I N O VA M A G A Z I N 0 9 FLUGHAFE N F R A N K F U R T 65 Sonnenkraftwerk im Scheinwerferlicht: Eine der größten Solaranlagen in Frankfurt hat Mainova nun in Heddernheim realisiert. Mit einer Gesamtleistung von 182 Kilowatt peak (kWp) decken die 868 Fotovoltaikmodule den jährlichen Strombedarf von 60 Haushalten. Für das Projekt stellte die ABG Frankfurt Holding die Dächer ihrer Mehrfamilienhäuser in der Titusund Habelstraße zur Verfügung. Insgesamt wurden 1 260 Quadratmeter Solarzellen installiert – das entspricht einer Größe von sechs Tennisplätzen. Mit der neuen Anlage steigt der Anteil des mit Fotovoltaik erzeugten Stroms in Frankfurt um fast zehn Prozent. Die Baukosten wurden zum Teil aus Erlösen des Mainova-Ökostromtarifs ÖKaWe finanziert. Auf der Frankfurter Hauptwache hat Umweltdezernentin Manuela Rottmann Frankfurts erste Solartankstelle in Betrieb genommen (Bild links). An den beiden Zapfsäulen im Stil der 60er-Jahre können neben Velo-Taxis auch Elektroroller, Fahrräder mit Elektrohilfsmotor und Stehroller andocken. Statt Tankschläuche dienen sechs Steckdosen zum „Auftanken“. Ein Solardach versorgt die Tankstelle kostenlos mit Sonnenenergie: Die 18 Fotovoltaikmodule produzieren an einem schönen Sommertag bis zu 21 Kilowattstunden elektrische Energie – damit kann ein Elektroroller mehr als 700 Kilometer zurücklegen. Überschüssiger 66 M A I N O VA M A G A Z I N 0 9 Strom wird ins Netz der Mainova AG eingespeist und auf 20 Jahre hinaus mit 43 Cent pro Kilowattstunde vergütet. Die Solartankstelle gehört zur Verkehrsinsel der Nahverkehrsgesellschaft traffiQ Frankfurt am Main. Mainova beteiligte sich gemeinsam mit traffiQ, dem Umweltforum Rhein-Main und weiteren Partnern an den Investitionskosten von rund 65.000 Euro. „Elektrisch betriebene Fahrzeuge sind ein Ansatz, wie individuelle Mobilität und Umweltschutz kombiniert werden können“, sagte Mainova-Vorstand Dr. Constantin H. Alsheimer. „Die Eröffnung der ersten Solartankstelle Frankfurts ist ein wichtiger Meilenstein.“ FOTOV O LTAIK 67 Aktienhändler wissen, was sich rechnet. Deshalb setzt die Deutsche Börse beim Neubau ihrer Unternehmenszentrale konsequent auf Energieeffizienz und Nachhaltigkeit. Allein die Installation von Energiesparlampen in den Schreibtischleuchten spart jährlich 54 000 Kilowattstunden (kWh) Strom. Eine Energiesparwoche mit Mainova soll pro Jahr 260 000 kWh Ersparnis bringen. Weitere Sparmaßnahmen: niedrigere Vorlauftemperaturen durch witterungsabhängige Steuerung der Heizung, neue Glascontainer und Energiesparaufkleber. ÖKOPROFIT Strom Wärme CO2 Restmüll Wasser/ Abwasser „Ökoprofit“ steht für cleveres Umweltmanagement – auch was Licht angeht. Schon mehr als 200 Unternehmen im Rhein-Main-Gebiet erhielten das 314 000 kWh 42 800 kWh 163 000 kg 12 t 2 400 m³ begehrte Umweltsiegel. Fünf ausgezeichnete Betriebe aus Frankfurt und ihre Energiespartricks im Überblick. ÖKOPROFIT steht für „Ökologisches Projekt für integrierte UmweltTechnik“. Man kann den Namen aber auch anders lesen: ÖKO und PROFIT oder „cleveres Umweltmanagement“. Mit Hilfe des Energiereferats der Stadt Frankfurt und erfahrener Berater verbessern die teilnehmenden Betriebe ihr Umweltmanagement, senken ihre Betriebskosten und sparen zugleich Energie. Auch die Kosten fürs Licht lassen sich kräftig drücken – dank Energiesparlampen, zeitgesteuerter Außenbeleuchtung oder Solarkollektoren auf dem Dach. Über ein Jahr hinweg sammeln die Unternehmen in monat- lichen Workshops und bei Vorort-Beratungen Ideen und schnüren ein Paket mit Sparmaßnahmen. Anschließend werden sie anhand eines Kriterienkatalogs geprüft. Wer alle Kriterien erfüllt, bekommt von der Stadt die Auszeichnung „ÖKOPROFIT-Betrieb Frankfurt am Main“. Bereits jetzt entlasten mehr als 200 ausgezeichnete Betriebe im Rhein-MainGebiet die Atmosphäre um etwa 82 000 Tonnen Kohlendioxid. Und auch betriebswirtschaftlich geht die Rechnung auf: Jeder Betrieb spart im Durchschnitt jährlich rund 30.000 Euro Betriebskosten. Beim Bund muss gespart werden: Die Bundesrepublik Deutschland – Finanzagentur GmbH geht mit gutem Beispiel voran. Der Dienstleister mit Sitz in Frankfurt will sein Haus bis Ende 2011 mit neuen Leuchtstoffröhren ausrüsten. Außerdem wurden die Klimatisierung des Rechenzentrums geändert, Zeitschaltuhren an den Warmwasserboilern angebracht und den Dienstwagenbesitzern bei einem Training sparsameres Fahren beigebracht. 68 M A I N O VA M A G A Z I N 0 9 ÖKOPROFIT Strom Benzin CO2 105 100 kWh 4 300 l 78 570 kg ÖKOPROF I T 69 Die Traditionskelterei aus Frankfurt verbesserte ihre Abfalltrennung und spart Strom durch neue Energiesparlampen, Bewegungsmelder und die Trennung mehrerer Schaltkreise. Ein neues Blockheizkraftwerk, eine zentrale Heizwasserversorgung mit Solarkonvektoren und weitere Maßnahmen sollen die Energiebilanz in diesem Jahr weiter verbessern. ÖKOPROFIT Strom Heizöl Benzin Diesel CO2 Das Altenheim in der Frankfurter Innenstadt stellte sein Abfallsystem um, installierte Wasserperlatoren und kaufte einen neuen Drucker mit doppelseitiger Druckfunktion. Die Fotovoltaikanlage auf dem Dach gibt es dagegen schon seit mehreren Jahren. 2008 erwirtschaftete sie mehr als 1 200 Kilowattstunden Solarstrom. 34 288 kWh 16 800 l 1 569 l 3 346 l 90 236 kg Mainova spart Energie wie im Schlaf: Sämtliche Außenleuchten werden über eine Zeitsteuerung nachts abgestellt. Zudem ersetzte der Energieversorger einen alten überdimensionierten Gaskessel durch ein kompakteres und effizienteres Gerät. Die Raumtemperatur wurde in sämtlichen Serverräumen auf 23 Grad Celsius angehoben, sodass die Räume weniger heruntergekühlt werden müssen. In Kooperation mit der Abteilung Immobilienmanagement und den Mainova EnergieDiensten wurden Fenster und Rauchgasventilatoren der Neubauten auf Dichtheit überprüft und undichte Stellen ausgebessert. Die Heizungen in Fluren und Treppenhäusern bekamen feststellbare Thermostatregelköpfe. Zudem wurde ein Verbrauchsdatenverarbeitungssystem eingeführt: Zähler messen den individuellen Energieverbrauch (Strom, Fernwärme, Gas und Wasser) in allen Gebäuden am Standort Solmsstraße und speisen die Daten in das Facility Management System ein. Wo der Verbrauch zu hoch ist, werden Mängel gezielt behoben. ÖKOPROFIT Strom 328 050 kWh Erdgas 100 000 kWh CO2 166 500 kg ÖKOPROFIT Restmüll 28 600 l Papier 6 000 Blatt Wasser/ Abwasser 500 m³ 70 M A I N O VA M A G A Z I N 0 9 ÖKOPROF I T 71 DIE SCHÖN MACHER Neonreklamen ziehen Nachtschwärmer magnetisch an. Doch wie sie entstehen, weiß kaum jemand. Ein Besuch bei dem Frankfurter Industriedesigner Tomaz Turk und dem Leuchtröhren-Glasbläser Richard Backes, die das Licht in der Mainmetropole in Schwung bringen. 72 M A I N O VA M A G A Z I N 0 9 LEUCHTRE K L A M E 73 Tomaz Turk suchte die Liebe und fand – das Licht. Kurz nach dem Abitur 1981 folgte der damals 22-Jährige seiner Freundin aus Eifersucht nach Florenz. In einer Glasbläserei fand er Arbeit, lernte Gläser zu formen und mit Neon zum Leuchten zu bringen. Die Liebe ging, doch das Edelgas hat ihn nicht mehr losgelassen. Seit über 30 Jahren bringt der Frankfurter Industriedesigner Werbeschriftzüge zum Leuchten, die Passanten mit Einbruch der Dunkelheit in ihren Bann ziehen. Seine Leuchtbotschaften glühen an Hotelfassaden, über Eingängen von Altstadtkneipen, in Bars und Cafés ebenso wie als Lichtinstallation in Kunsthallen oder Privathäusern. „Nachts bedeutet Licht Verführung“, weiß der 49-Jährige. „Deshalb ist Neon im Dunkeln ein idealer Werbeträger. Es leuchtet kraftvoll und intensiv, es zieht den Betrachter an wie ein Magnet.“ Manche Leuchtreklamen haben sich auf ewig in das kollektive Gedächtnis eingebrannt, wie etwa das Bayer-Kreuz in Leverkusen, das in 118 Metern Höhe an zwei Stahlpfosten hängend nachts in der Dunkelheit zu schweben scheint. Auch in Turks Gründerzeitwohnung in Frankfurt-Sachsenhausen ist das glühende Edelgas eingezogen. In der Diele kurvt eine raumhohe mit Neon gefüllte Leuchtstele über die weiß getünchte Wand. Unter der Küchendecke ziehen zitronengelbe, feuerrote und violette Neonröhren ihre Bahnen. Zwar werden viele Laufschriften heute schon mit Leuchtdioden belichtet, doch den Charme und die Leuchtkraft von Neonröhren erreichen diese nicht. Dabei ist die Neonröhre eine Entdeckung der Gründerzeit: 1912, gerade vierzehn Jahre nach Entdeckung des Edelgases, verkauften George Claude und Jaques Fonseque einem Friseurladen in 74 M A I N O VA M A G A Z I N 0 9 LEUCHTRE K L A M E 75 Paris die erste Neonreklame. „Die Technik funktioniert noch genauso wie vor hundert Jahren“, sagt Turk. „Nur das Wissen darum ist weitgehend verloren gegangen.“ Zu den wenigen, die das Handwerk noch beherrschen, gehört der Glasbläser Richard Backes. Seit knapp zehn Jahren bringt er Turks Entwürfe mit Feuer in Form. Als Feuerstätte dient eine kleine Werkstatt in Ginnheim. FLAMMENTANZ Glasbläser Richard Backes lässt die 800 Grad heiße violette Stichflamme über das Glas tanzen, bis sich der Kolben mühelos in die gewünschte Form biegen lässt. Die fertigen Röhren werden mit Edelgas befüllt und unter Spannung gesetzt – bis sie sich nach und nach mit weißem Licht füllen (s. Bild oben). 76 M A I N O VA M A G A Z I N 0 9 Richard Backes ist ein kleiner, drahtiger Typ, schwarze Weste, grauer Zopf. In der Rechten hält er einen Handbrenner. „Glas ist ein ziemlich wehrloses Material“, sagt der 55-Jährige, grinst schelmisch und lässt die 800 Grad heiße violette Stichflamme über das Glas tanzen. Der Glaskolben klemmt kopfüber in einer Zwinge, er „sitzt in der Klemme“. Richard Backes lässt das Glas glühen, bis es einknickt, wie Honig zerfließt und sich mühelos biegen lässt. Dann bläst er die Backen auf und presst Luft durch einen schmalen Schlauch, der zwischen seinen Lippen klemmt. Es sieht aus, als würde er dem Glas wieder Leben einhauchen. Dabei bläst er es nur wieder auf, damit der Kolben an jeder Stelle den gleichen Durchmesser hat und später gleichmäßig leuchtet: „Unachtsamkeiten bestraft das Material sofort.“ Neben dem Handbrenner hat Backes eine Art „Feuerwand“, eine stabförmige Flamme, mit der er größere Bögen formt. Zwischen den beiden Flammen liegt der Entwurf ausgebreitet auf der Werkbank. Die Formen des rund zwei Meter langen Glasrohres sind mit Bleistift 1:1 aufgezeichnet. Winkel für Winkel arbeitet sich Backes durch den Plan. Wenn die Form steht, kühlen die Röhren einige Stunden ab. Dann geht es ans Bestäuben. LEUCHTRE K L A M E 77 Der Glasbläser schüttet eine Handvoll winziger Perlen in das Rohr und schüttelt es hin und her wie einen Cocktail. Die Perlen sind mit Alkohol und Phosphorsäure benetzt, die sich am Innenrand des Glases absetzen. Anschließend füllt er – wie ein Apotheker – mit einem Teelöffel ein schneeweißes Pulver in den Kolben und rüttelt erneut. Das Pulver, ein fluoreszierender Leuchtstoff, wird die Röhre später zum Glühen bringen. Zurück am Handbrenner schweißt Backes zwei Elektroden an die offenen Enden der Röhre. Dann wird mit einer Vakuumpumpe die Luft aus dem Glas gezogen, die Röhre mit Edelgas gefüllt und unter Spannung gesetzt. Erst ist es nur ein schwaches Glimmen, dann füllt sich die Leuchte nach und nach mit weißem Licht. Bald schon wird sie als Leuchtschrift Passanten anziehen. Was kaum einer weiß: In Wahrheit ist die Neonreklame gar keine Neonreklame. Das Füllgas besteht zu drei Vierteln aus Argon und nur zu einem Viertel aus Neon. Richard Backes schmunzelt: „Eigentlich müsste es Argonreklame heißen. Aber nach hundert Jahren ist es für einen neuen Namen wahrscheinlich zu spät.“ DAS LICHT DER ZUKUNFT Sie sind genügsam, langlebig und konzentrieren ihre Leuchtkraft auf einen Punkt: Leuchtstarke LED erobern den Alltag. Und lassen die neue Mainova-Leuchtreklame am umgebauten Müllheizkraftwerk Nordweststadt mit Einbruch der Dunkelheit glühen. Schon insgesamt vier Werbeanlagen der Mainova leuchten mit Hilfe der energieeffizienten Leuchtdioden. Die „jüngsten Kinder“ in der LED-Familie sind die beiden MainovaSchriftzüge am Müllheizkraftwerk (MHKW) Nordweststadt. Sowohl an der Metallfassade als auch am Luftkondensator des Heizkraftwerkes leuchtet nun das Mainova-Logo. Die 4 x 10 Meter große Leuchtschrift wurde von der Frankfurter Lichtwerbefirma Neon Zentgraf (s. unten) gebaut und montiert. Gegenüber herkömmlichen Neon-Hochspannungsröhren reduzieren die Leuchtdioden den Energieverbrauch auf etwa ein Siebtel. In zehn Stunden verbrauchen die beiden Logos 3,43 Kilowattstunden (kWh). Im Jahr kommt die LED-Leuchtwerbung damit auf 1 252 kWh, während Neonröhren 9 125 kWh verbraucht hätten. Neon-Zentgraf Anfang der 50er-Jahre gründet Kurt Zentgraf die NeonLeuchtröhrenfabrik in Frankfurt-Sachsenhausen. Während zunächst Neon-Hochspannungsröhren das Geschäft tragen, produziert die Familie ab 1954 komplette Werbeanlagen. Heute sitzt der Ausbildungsbetrieb in FrankfurtPreungesheim und beschäftigt 15 Mitarbeiter. Der jüngste Sohn Dieter Zentgraf und seine Frau Waltraud leiten das Familienunternehmen gemeinsam mit ihren Söhnen Klaus und Dirk. Neben individuell gestalteter Lichtwerbung kreiert Neon Zentgraf auch Lichtskulpturen. Die bekannteste ist der leuchtend blaue Euro vor der Europäischen Zentralbank. Zwölf gelbe Sterne umspielen das 15 Meter hohe Währungszeichen – ein jeder symbolisiert ein Land der Europäischen Union. Kein anderes Leuchtzeichen charakterisiert besser die Finanzmetropole Frankfurt am Main. 78 M A I N O VA M A G A Z I N 0 9 LEUCHTRE K L A M E 79