Tier - Mensch

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Tier - Mensch
Mit dem Katalog des Objektbeitrags zur Ausstellung
Halbturn 2016
2016
Tier - Mensch
Mythos, Fabelwesen und Wirklichkeit
Peter Krejsa
www.krejsa.eu
Peter Krejsa
Aus „Die Haut des Anderen“
www.krejsa.eu
Anlässlich der Jahresausstellung auf Schloss Halbturn 1 wurden wir gebeten, wie zur Afrika Ausstellung 2012, Objekte aus unserer Sammlung zur Verfügung zu stellen.
Ich nehme das Thema als Anlass, mich mit einigen Aspekten der Beziehungen afrikanischer Kulturen
mit Tieren auseinanderzusetzen und einige Objekte unserer Sammlungen zusätzlich zu den ausgestellten, in diesem Zusammenhang zu präsentieren. 2
Mai 2016
Washington D.C., Wien, Mbouda
Peter Krejsa & Sophia Angelini Krejsa
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http://www.schlosshalbturn.com/en/art-and-culture/exhibition/
Textzusammenstellung aus Peter Krejsa, Die Haut des Anderen, in Vorbereitung zur Veröffentlichung, www.krejsa.eu
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Peter Krejsa
Aus „Die Haut des Anderen“
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1. Am Anfang
Beziehungen sind Wechselwirkungen. Auch zwischen Menschen, Menschen und Tieren, Pflanzen und
Objekten. Zögert man jenseits der Menschen, so liegt es daran, dass man als Voraussetzung Gefühle
meint.
Haben Tiere Gefühle?
Beziehungsformen, die weit zurückreichen, denen die Menschen von Anfang an ausgesetzt waren,
sind in den Religionen verankert.
In Europa ist es das Christentum, vom AT beeinflusst; durch die Kultur der Griechen, Ägypter, Kelten,
Germanen und Slaven salonfähig gemacht.
Änderungen haben stattgefunden, wo Inhalte mit den europäischen Wertvorstellungen nicht vereinbar gewesen sind. Wie Paulus richtig erkannt hat, wer hätte sich hier für einen Gott beschneiden
lassen?
Allenfalls für eine Göttin, hätte sie darauf bestanden.
Andere Beziehungsformen sind geblieben, haben sogar zu weiteren Entwicklungen geführt, wie von
der jüdischen zur protestantischen Ethik hin, zum Kapitalismus.
So wurden Tiere zu Nutztieren.
Rechtloses, seelen- und gefühlloses Rohmaterial, grauenvollen Viehtransporten unterworfen und auf
Schlachthöfen bestialisch ermordet.
Eine Frage der Definition. Der die Macht hat, definiert.
Keine Menschen sind sie und fühlen daher nichts.
(2015) Neuseeland entschied: Tiere können Schmerz, Freude, Angst und Wohlsein empfinden. Sie
sind kein Gegenstand, den man nutzen kann, wie man möchte.
Ein ähnlicher Rest des AT, der über die 10 Gebote zu uns gekommen ist, ist die Beziehung zu Frauen,
die in den ursprünglichen Formen der Gebote als Besitz des Mannes neben dem Vieh und dem Hausrat genannt werden.
Eine Betrachtungsweise, die vom AT direkt in die Scharia der Muslime Eingang gefunden hat.
In Europa hat sich diese Betrachtungsweise in Form des Erbrechtes manchmal, mancherorts durchgesetzt (Lex Salica). Ausgangspunkt für hundert Jahre Krieg, eine pragmatische Sanktion, weitere
Kriege.
Im religiösen Raum galt der Ausschluss der Frauen von der Priesterschaft, was eigentlich einer Festschreibung einer revolutionären Entwicklung gleichkam, in dem Frauen keine Funktionen mehr ausüben könnten, die sie in den Hochkulturen innegehabt hatten.
Die Reste dieses männlichen Besitzanspruches zeigen sich sogar im weltlichen Bereich bis ins 19./20.
Jh., dass nämlich der Mann über die Frau zu bestimmen hat, dass es ihm zusteht im Falle von Geburtsproblemen zu entscheiden, ob Frau oder Kind gerettet werden soll.
Bis hin zu dem bis heute noch tobenden Kampf, der vor allem in den USA neue Glaubensdimensionen
angenommen hat, dass nämlich die Mehrheit der Gesetzgeber den Frauen das Recht über ihren Körper abspricht. (Was nicht sehr anders als die Scharia Herrschaft in islamischen Ländern ist.)
Europäische Tradition gegen biblische.
Im Verhältnis Mensch Tier bestand auch hier ein anderes Verhältnis in der europäischen Vergangenheit, in dem nämlich den Tieren eine wesentlich größere Nähe zum Menschen zugestanden wurde,
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wie auch aus der berühmten Formel zu sehen ist, dass beim Tod eines Bauern die Tiere im Stall besucht worden sind und ihnen mitgeteilt worden ist: Der Bauer ist tot.
Die Verhältnisse Mensch -Tier in den afrikanischen Kulturen ist besonderer Art, wie z.B. bei den Massai, wo eine besondere Beziehung zu den Herdentieren besteht, oder bei den Bororos Kameruns.
Diese besondere Beziehung zu Tieren ist auch im Westen noch nicht gänzlich verloren gegangen, als
nämlich Kinder meistens eine bemerkenswert nonverbale Kommunikation mit Tieren beherrschen,
die dann allerdings im Laufe der „menschlichen“ Entwicklung verloren geht.
Die biblische Sicht der Weltordnung muss nicht besonders erläutert werden, da sie bei den meisten
noch zur Grundausbildung gehört.
Der Gott der Juden hat bekanntlich in 7 Tagen alles geschaffen, von den Sternen zu den Bäumen, den
Tieren bis zur Krone der Schöpfung, Adam, den hat er nach seinem Vorbild geschaffen – männlich/weiblich, was das auch heißen mag.
Und?
Als er einmal mit seiner Schöpfung unzufrieden war, da hat er die Sintflut geschickt. Vorher wurde
die Arche gebaut, von allen Tieren je 2 draufgesetzt, dann das Ende des Regenwetters abgewartet
und anschließend sind alle ausgestiegen und haben sich vermehrt.
Die Kosmogonie der Dogon, Mali, Afrika ist anders.
Amma, der oberste Gott, schuf das erste Wesen. Nommo hatte unbestimmte Gliedmaßen, war nicht
definierten Geschlechtes. Er rebellierte gegen Amma und beschloss den Himmel zu verlassen, mitzunehmen, was auf Erden nützlich sein könnte.
Nommo baute eine Arche in der Form, in der noch heute die Dogon Kornspeicher bauen und strukturieren.
Die kreisförmige Basis stellt die Sonne dar, die quadratische Decke den Himmel und ein Kreis innerhalb dieses Quadrates den Mond.
Von jeder Seite führen Stufen herab. Die Stufenhöhe ist männlich, die Stufenfläche weiblich. Die vier
Stiegen mit je 10 Stufen repräsentieren die großen Familien, die dem Ursprungswesen entstammen.
Jede Stiege, die unter einer besonderen Sternkonstellation steht, wurde von verschiedenen Wesen
besiedelt.
Im Norden die Menschen und Fische unter den Plejaden. Im Süden Haustiere unter dem Orion. Im
Osten Vögel und im Westen die wilden Tiere, Insekten und Pflanzen.
Jede Stiege beinhaltet auch eine Hierarchie. Im Westen die ersten 6 Stufen absteigend mit Antilopen,
Hyänen, Raubkatzen, Reptilien, Affen, Gazellen und Elefanten.
In dieser Form waren alle Lebewesen verteilt. Die Menschen waren Bozo, die Ureinwohner des Niger
Delta Gebietes.
Das Innere der Arche war geteilt in Abteilungen, die mit menschlichen Organen verbunden sind.
Als die Arche beladen war, stahl Nommo ein Stück Sonne, um für die Schmiede vorzusorgen.
Dieser Akt war der Anfang menschlicher Kultur, führte aber auch zu Verlust, Tod und Trauer in der
menschlichen Welt.
Zur Erinnerung wird das auch heute noch von der Yona Gesellschaft gefeiert.
Amman war wütend als Nommo den Regenbogen hinab zur Erde fuhr und so schleuderte er ihm Blitze nach. Die Arche zerschellte schließlich auf der Erde, der Aufprall brach Nommos Arme und Beine
an verschiedenen Stellen, nämlich dort, wo Bewegungen möglich sein müssen, um die erforderlichen
menschlichen Arbeiten durchführen zu können.
Der Aufprall schleudert auch die Pflanzen und Tiere auf die Erde, wo sie sich verteilten.
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Die Verbindung Mensch - Natur
Wird durch Beziehungen ausgedrückt, Verwandlungen, Metamorphosen.
Der Mensch als Teil der Natur. Pflanzen, Bäume.
Das kennen wir auch aus der europäischen Frühzeit. So die Verwandlung der Daphne in einen Lorbeerbaum auf ihrer Flucht vor Apollo.
Dem religiösen Empfinden, dem Animismus afrikanischer Kulturen, wohnt die beseelte Natur inne.
Leo Frobenius hat den Einzug der Seelen der Toten in die über dem Grab gepflanzten Bäume zum
Gegenstand einer Kunsttheorie gemacht.
Die Ableitung vieler afrikanischer Plastiken aus dem Baumstrumpf; die Befreiung oder Freisetzung
der darin wohnenden Seele, so dass die Statuen im Wesentlichen die Form des Baumes beibehalten.
Deutlich herausgearbeitet wird der Kopf, die Gliedmaßen sind nur als nicht proportionale Anhängsel
vorhanden.
Psychoanalytisch ist versucht worden, das anders zu deuten, als Geist in Form eines Kindes, mit großem Kopf, bereit zur Wiedergeburt.3
Mir scheint das wenig zutreffend, da viele figurale Darstellungen, die nichts mit Totendienst zu tun
haben, gleichfalls diese „negligence“ der Gliedmaßen aufweisen. (z.B. der Reiter KS 5707)
Transformationen wie Baum – Geist – Figur finden sich auch bei Mensch -Tier. Der Mensch, der eventuell dem Tierkörper entsteigt, wie man auch Zentauren deuten kann.
Haben wir im Westen diese Transformationen im Wesentlichen auf die Kunst, die Fantasie verschoben oder wie in der griechischen Tradition die Verwandlungen von Zeus in Stier, Schwan, so ist das in
Afrika heute noch für viele Realität. Wie eben in Afrika Magie, Zauber, Hexerei als wirklich angesehen
werden, während wir, da wir diese Begriffe und Tatbestände aus unseren Gesetzbüchern gestrichen
haben, ihnen auch ihre Existenz geraubt haben. Verbannt zu Kabarettvorstellungen und Kinderjausen.
Zoomorphe Darstellungen gibt es in der Darstellung von Führung, Macht, Zauber, Medizin; bei Übergangsriten und Ritualen. Tierformen auf Stoffen, Töpfen, Möbelstücken, traditionellen Sesseln und
Thronen.
Erst in der modernen Zeit haben diese Beziehungen, vor allem in der Entwicklung des Westens andere Formen angenommen.
In der Zeit der Industrialisierung sind Tiere aus dem Alltagsleben verschwunden.
Geblieben sind Haustiere. Knuddeltiere.
Die ideelle Entfernung vom Tier hat schon früher eingesetzt.
Descartes hat Tiere als Maschinen ohne Seele erklärt. Daraus wurde auch das Verständnis, dass Tiere
keine Erfahrungen und keine Geheimnisse besitzen. Was auch den ihnen vorher zugeordneten oder
mit ihnen verbundenen Zauber auflöste.
Besonders als der Westen Hexerei für nicht existent erklärt hat. Es gibt keinen Zauber also auch keine
Hexen. Die über Jahrhunderte anhaltende Herxenjagd ist erloschen. Hexerei wurde aus der Liste der
Verbrechen gestrichen. Geblieben sind Jahrmarktsgaukler, Taschenspieler, launige Unterhaltungen in
Kabaretts oder bei Betriebsfeiern.
Die Gesetze westlicher Staaten kennen den Tatbestand Hexerei nicht mehr.
Man könnte es die fortschreitende „Entzauberung der Welt“ nennen.4
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Schon Freud hat in Totem und Tabu herumgedeutelt und versucht seine Ideen dort wiederzufinden, wie er auch den Ödipus Mythos
gänzlich missverstanden und auf seine persönlichen Probleme anlegen wollte.
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„Die zunehmende Intellektualisierung und Rationalisierung bedeutet also nicht eine zunehmende allgemeine Kenntnis der Lebensbedingungen. Es geht darum, dass man, wenn man nur wollte, alles jederzeit erfahren könnte. Es gibt keine geheimnisvollen, unberechenbaren
Mächte. Das aber ist die Entzauberung der Welt. Nicht mehr, wie der Wilde, für den es solche Mächte gab, muss man zu magischen Mitteln
greifen, um die Geister zu beherrschen oder Hilfe zu erbitten. Sondern technische Mittel und Berechnung leisten das. Dies vor allem be-
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Das ist in den afrikanischen Staaten anders. Auch in den modernen Gesetzen wird Hexerei zu den
Verbrechen gezählt und Folgen bestraft.
Mit der Descartschen Begründung fiel es dann leicht, Tiere als Material zu sehen und auch so zu behandeln.
Schlachthöfe mit all ihren Gemeinheiten, Grausamkeiten; Geflügelfarmen in denen Millionen Küken
vernichtet werden, geschreddert, zerrieben, erstickt.
Die Reflexionen über diese Entwicklung führen zu unterschiedlichen Ergebnissen.
Ein konstruktivistischer Ansatz besteht darin, dass eine „Art“ keine natürliche Begründung findet,
sondern eine kulturelle Konstruktion ist.
Die westliche Entwicklung der Beziehung Mensch - Tier als Nutztier, auch in der anscheinend wissenschaftlich begründeten Abgrenzung von Descartes, wird im Hintergrund durch die Bibel bestimmt.
Basierend auf der Genesis.
Man sollte gar nicht glauben, wie viele Grässlichkeiten biblischen, AT Ursprungs sind.
Jüdisch – christliche Weltsicht. Ich empfehle Christen sich davon zu distanzieren. Als Atheist ist es mir
aber gleichgültig, was ihr macht.
Gott habe den Menschen nach seinem Bild geschaffen, auch wenn das ganz schön hinkt, denn männlich, weiblich hat er ihn geschaffen, was uns eher zu Dogon Zwitter Darstellungen führt, als zu der
klaren Gender Trennung, nach der sich konservative Christen so sehnen.
Jedenfalls hat der Gott der Juden den Auftrag gegeben, die Erde zu bevölkern und zu unterwerfen.
Der Mensch soll die Herrschaft über die Fische, die Vögel und über alles Leben haben, das sich auf
Erden bewegt.
Dazu wieder die afrikanische Philosophie im Gegensatz. Sie sieht ein Kultur – Natur Kontinuum. Tiere
haben Seelen und beherrschen Magie.
Im Westen ist die Feststellung des „Tieres im Menschen“ negativ besetzt, in Afrika nicht. Dort verläuft die Grenze zwischen Mensch und Tier sehr unscharf, wie in manchen Entstehungsmythen, aber
auch im Totemismus, in Taburegeln erkennbar ist.
Gestaltänderungen sind möglich. Wandlungen.
Die Beobachtung zeigt, dass nicht alle Tiere der afrikanischen Fauna in diesen Bezug Mensch-Tier
gleichermaßen eingebaut sind.
Welche Tiere und aus welchen Gründen werden sie in diesen Beziehungen dargestellt?
Die Begründungen für die Wahl lassen sich über Tropen darstellen, dabei sind vier Haupttropen von
Bedeutung.
Metapher, Metonymie, Synecdoche und Ironie.
In der Metapher werden Brücken zwischen Formen oder Verhaltensweisen gefunden, es erfolgt die
Transformation eines Geschehens in ein anderes.
deutet die Intellektualisierung als solche.“ Max Weber, Wissenschaft als Beruf, München 1919. Spengler hat das auf seine Art dargestellt.
Im Gegensatzpaar Schicksal – Kausalität. Einige Jahrzehnte später können wir das neu bestimmen. Kausalität als point attractor. Schicksal
als strange attractor..
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Die Metonymie lenkt das Augenmerk auf eine spezifische Qualität, wodurch auch unterschiedliche
Objekte, verschieden aussehend, als gleich angesehen werden können und auf dieselbe Art verwendet werden.
Beispiele: die Unterschiede innerhalb der Gruppen Gelede, Chiwara, Batcham Masken, die aber für
den jeweils gleichen Zweck eingesetzt werden.
Synecdoch: Teile eines Objektes werden hervorgehoben, die das Ganze beschreiben. In der Praxis
kann es auch um die Verwendung eines Teiles z.B. für magische Zwecke handeln. (Haare eines Tieres,
Zähne, Beschreibung eines Bestandteils für das Ganze)
Die Interpretation einer Maske stellt daher die Metapher dar, die diese ausdrückt. Die Verknüpfung
des dargestellten Tieres mit dem Menschen, der Gesellschaft, der Situation.
Häufig sind in den westafrikanischen Kulturen Büffelmasken mit den zugehörenden Maskeraden und
Tänzen.
Abbildung 1
Nguon Fest, 2002, Foumban, Buschgeist in Büffelmaske Detail , Silberdrachme von Knossos etwa 400 v.c.
Was führt dazu, dass dem Büffel diese Bedeutung zukommt, welcher Metapher ist darin zu sehen?
Das lässt sich auch als Frage so formulieren: Was hat das „Büffel-sein“ mit dem „Mensch-sein“ zu
tun?
Dem Büffel werden Eigenschaften und Verhaltensweisen zugeschrieben, wie Herdenleben, Austragen
eines Kindes, meist sanft wie Rinder, doch furchtbar, wenn gereizt.
Während des Tages ist er gut getarnt, verbirgt sich.
Die Büffel sind da, der Jäger sieht sie aber nicht.
Der Jäger denkt, das Tier sei vor ihm, doch plötzlich attackiert es von hinten. Wie Hexen, Zauber,
Magie. So werden auch in manchen Gesellschaften Büffelmasken nur im Zwielicht getragen und
getanzt.
Eigenschaften: Kühe meist rötlich, Bullen schwarz; sanft/aggressiv, sichtbar/unsichtbar, aktiv/inaktiv.
Sie stellen Widersprüchlichkeiten, entgegengesetzte Eigenschaften dar. Eine Basis für metaphorische
Brücken zwischen Mensch und Tier.
Eine besondere Verbindung besteht häufig zwischen Büffeln und Kulturhelden, Gründern und Chefs
von Völkern.
Teile, die fürs Ganze stehen: Aus Büffelschwänzen werden magische Besen gemacht, Würdezeichen,
sie helfen auch bei Krankheiten, gegen Hexen; in manchen Kulturen auch gegen terroristische Gesellschaften wie früher gegen die Löwenmenschen.
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Bei den Luba werden die jungen Männer, die aus den Initiationscamps kommen mit „da kommt der
Büffel“ begrüßt. So sind in manchen Kulten Büffelmasken mit Initiationsriten verbunden.
Mbidi Kiluwe, der Gründer des Luba Reiches, wird beschrieben als schwarz glänzend wie ein Büffel.
(Metapher dieser Art sind auch aus indo-europäischen Kulturen bekannt, wie etwa die „kuhäugige
Athene oder in der Verbindung Epona/Pferd.)
Eine Geheimgesellschaft der Luba heißt Mbudye. Ihre Zentralfigur ist Lolo Inang’ombe, das Produkt
der Beziehung einer Frau mit einem Büffel.
Lolo hat den Körper eines Tieres, Torso und Kopf eines Menschen. (Vgl. Minotauros Mythos)
Was als paradoxes Verhalten der Büffel gesehen wird, lässt sich als Ambivalenz gegenüber der Macht
deuten. Könige schützen ihr Volk vor Hexen, Zauber, sind aber selbst die mächtigsten Hexer, oft
grausam. Die Mächtigen geben und nehmen. Der Staat schützt und fordert.
Eine Ambivalenz, die sich in Rätseln findet, für die es keine endgültige Lösung gibt.
Luc de Heusch hat das Konzept des Bantu Königtums „heilige Monster“ bezeichnet. Der König
herrscht über die Gesellschaft und ist gleichzeitig mit der Natur verbunden.
Solches wird durch Büffelmasken ausgedrückt. Die Ambivalenz von Macht und Zauber, von
Mensch/Natur.
Die afrikanischen Kulturen sind geprägt von Animismus und Totemismus.
Der Animismus sieht die gesamte Welt geistig belebt, Seelen in Tieren, Menschen, Pflanzen, in der
Natur.
Um mit den Schwierigkeiten in der Umwelt besser fertig zu werden, gegen die Angriffe aus der
Geistwelt geschützt zu sein, verbünden sich Menschen mit Tieren.
Bei den Bamileke gibt es die Bruderschaften (Geheimgesellschaften) der Schlangen, Elefanten, Nashörner, Flusspferde, Hyänen, Raben, Büffel usw.
Der Totemismus stellt den Bezug zum fernen Ahnen her, die Beziehung Mensch – Tier wird darüber
bestimmt. Totem wird der wahre Ahne der Gruppe, des Clans genannt. 5
Die Dogon sehen Tiere als Geschwister der Menschen an; bei den Bambara hat jede Familie ein Totemtier. Dessen Fleisch zu essen, ihr untersagt ist.
Ein ähnliches Weltbild hat offenbar auch in Europa existiert.
In der keltischen Mythologie ist das Ende des Helden Cuchulainn offenbar darauf zurückzuführen.
So gab es Zwänge, die man erfüllen musste, auch wenn man wusste, dass sie katastrophale Folgen
haben (Geis).
Cuchulainn hatte zwei.
Er musste Essen, was ihm angeboten wurde und er durfte nicht das Fleisch eines Hundes essen.
[wahrscheinlich Totemtier] Drei Hexen, die ihn vernichten wollten, lagerten ihm auf und luden ihn
ein zu essen, servierten das Fleisch eines Hundes.
Das hat sein Ende eingeleitet.
In Dahomey (Benin) wird die Python verehrt. Begegnet jemand einer Python, so grüßt er sie, nennt
sie „Vater“. Bei den Kotoko im Norden Kameruns wird jedes Dorf von einem Waran beschützt.
In Zimbabwe kehrt ein verstorbener König in der Gestalt eines Löwen wieder.
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Spuren europäischen Totemismus kann man in Adelswappen sehen, überall dort, wo Tiere dargestellt sind. Wie auch in der Abneigung
das Fleisch gewisser Tiere (anders als in den semitischen Religionen) zu essen (Pferde, Hunde).
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Bei den Douala (Kamerun) gibt es die Bruderschaft der Krokodilmenschen. Ihr Aktivitätsbereich liegt
in der Politik und Wirtschaft.
Die Gesellschaften der Leopard (Panther) – Menschen, die weit verbreitet über Westafrika sind, ihren
Opfern wurden die Herzen herausgerissen, aus ihnen Zauber produziert, die u.a. gegen andere Hexer
schützen sollten.
Bei den Bamileke ist das Totem eigentlich das Pi eines Menschen. Jeder Mensch hat von seiner Geburt an einen Tier-Doppelgänger.
Beide Konzepte sind mit dem Kè verbunden. Das ist die transzendentale Kraft. Jemand, der über Kè
verfügt, hat auch die Macht ein Tier- Double, Pi, zu haben, das eine ganz besondere Beziehung
Mensch-Tier darstellt.
Es stellt den Pakt eines Menschen mit einem Tier dar.
Das Tier lebt weiter im Busch, ist aber mit dem Menschen verbunden.
Was dem einem geschieht, geschieht auch dem anderen. (In in der Quantenmechanik nennt man das
einen verschränkten Zustand.)
Aus westlicher Sicht kann das interpretiert werden, als unterschiedliche Phasen der Zivilisation.
Die Trennung des Menschen von seinen animalischen Ursprüngen, mit der Möglichkeit von Mischfiguren; die der Verwandlung Mensch in Tier, des Tieres, das dem Menschen verbunden ist, aber doch
schon getrennt, im Busch lebt; dann zur Erinnerung an den Urahn, wenn eigentlich diese Kraft der
Beziehung nicht mehr existiert, wenn es nur noch um eine rituelle Formalität geht, bis hin zur Folklore.
Mit Kè wird in den traditionellen Kulturen nicht nur die spirituelle Macht verstanden, sondern auch
die Technik sie zu gebrauchen. So etwa die Seher, wie der Ghègom, der die Spuren der Spinnen deutet.
Nicht alle Tiere können Pi werden. Die meisten sind große Säugetiere, mit Ausnahme der Schlangen,
Krokodilen und einigen Vogelarten.
Diese Tier-Doppelgänger kann ein Jäger von denen unterscheiden, die kein Pi sind.
Die Pi sind aggressiver, weniger scheu. Das liegt daran, dass sie vom Menschen Intelligenz, Seele und
Bösartigkeit erhalten haben.
Ein Mensch kann mehrere Pi haben, Könige und hohe Würdenträger haben dies.
Er kann somit auch mehreren Totemgesellschaften angehören.
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2. „Aus der Haut fahren“
ist ein bekannter Ausdruck für einen bestimmten Gemütszustand.
Aus seiner Haut, wie immer dann der Endzustand aussehen mag.
In vielen afrikanischen Sprachen gibt es eine besondere Bezeichnung: „Die Haut wechseln“.
Ein Vorgang, der durch Magie ermöglicht wird. Menschen verwandeln sich in Tiere.
Alligatoren, Elefanten, Büffel, Löwen, Ameisen. 6
Für die hohen Würdenträger und die Könige ist das eine, mit ihrer Funktion verbundene Prozedur.
Sie soll dazu dienen, dem Volk Vorteile zu verschaffen.
Es geschieht zum Wohl des Volkes, wenn der König die Kraft als Büffel, als Elefant annimmt; Mut des
Tigers, des Löwen.
Selbst wenn es die heute alle nicht mehr in den schrecklich dicht besiedelten und krebsartig wuchernden Siedlungen in zersiedelten Savannen gibt.
Trotzdem gehören Metamorphosen zu den Vorstellungen, die auch heute noch gelten.
Selbst unter jungen, ausgebildeten Kunsthistorikern, glauben manche, dass Verwandlungen MenschTier möglich sind.
Der Schlüssel zu dieser Transformationsmöglichkeit ist bei den Bamileke (Hochland von Kamerun) Kè.
Der Glaube an Zauberei ist in Afrika so stark, dass in den meisten Sub-Sahara Staaten Gesetze zur
Bestrafung von Zauberei gelten.
Viele afrikanische Geschichten handeln davon, dass Menschen ihre Gestalt ändern und dadurch Unheil auslösen, Verbrechen begehen. i
Auch die europäischen Mythen kennen Geschichten dieser Art; Werwölfe, Vampire.
Kafka hat die Novelle „die Verwandlung“ geschrieben.
Eine besondere Beziehung Mensch Tier ist in west-afrikanischen Kulturen das Pi Wesen.
Ein Mensch findet ein Tier der freien Wildbahn, mit dem er seelisch-körperlich verbunden ist.
Ihr Schicksal ist aneinander gebunden. Was dem einen widerfährt, geschieht auch dem anderen.
Die Nähe Mensch Tier, die Verbindung, wird auch durch Mischwesen dargestellt. Ausgedrückt in
Masken oder Statuen.
Eine Maske, die aus verschiedenen Tieren zusammengesetzt scheint. Das bedeutet den Rückblick auf
eine Welt des Chaos, als es noch keine Ordnung gegeben hat, oder aber die Zusammenführung von
besonderen Qualitäten, die in diesen Tieren gesehen werden und die für bestimmte Situationen eingesetzt werden müssen. (James Bond, in den guten alten Vor-Craig Zeiten bekam immer neue technische Entwicklungen von Q mit auf den Weg ins neue Abenteuer, die er dann prompt einsetzen
musste, um dem Guten zum Sieg zu verhelfen.)
Diese Mischwesen haben eine sehr lange Tradition. Sie sind aus ägyptischen Darstellungen der Götter bekannt.
Die menschliche Gestalt mit dem Kopf eines Tieres.
Anubis Darstellungen, der Schakal-köpfige, im Zusammenhang mit Begräbnisritualen geht auf vorägyptische Kulturen zurück.
In der Sahara wurden Objekte dieser Art gefunden, die offenbar aus der Zeit stammen, in der die
Sahara noch Weideland war, also zumindest vor etwa 8000 Jahren.
Darstellungen, die in diese Richtung deuten gehen noch weiter zurück.
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Metamorphosen derart kennen wir auch in Europa, wie der keltischen Mythologie.
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In Fels- und Höhlenmalereien tragen menschliche Körper zoomorphe Köpfe, wobei nicht klar ist, ob
es sich um Masken oder um Köpfe handelt.
Alles verschwimmt.
Das stellt auch einen möglichen Zusammenhang zwischen der ägyptischen und Sub Sahara Kulturen
her.
Manche nämlich führen ihre Völker/Stämme auf Ägypten zurück.
Manche gehen dabei auf eine Auswanderung zurück, die in historischer Zeit stattgefunden haben soll
(wie die Tikar), andere wie die Schilluk im Sudan zeigen Rituale, die man im Zusammenhang mit altägyptischen sehen kann. 7
Abbildung 2
Prähistorische
Mischwesen
Felsmalerei
Nehebkau (ägypt.)
Anubis (ägypt.)
König Behanzin (Dahomey 19.Jh.)
Shaanxi , China
Sekhmet, Fundstelle Luxor
Häufig werden auch Mischwesen in Form von Statuen dargestellt.
Ein menschlicher Körper mit einem Tierkopf. Das erinnert an die Darstellung ägyptischer Götter.
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Intensiver Vertreter dieser Theorie war Cheik Anta Diop etwa mit: The African Origin of Civilization: Myth or Reality,1974.
Allerdings wurde dieser Zusammenhang auch von Ägyptologen wie E.A.Wallis Budge in From Fetish to God in Ancient Egypt (1934) untersucht. Der Weiterführung der Gedanken, die afrikanische Kultur als Mutter der griechischen Kultur darzustellen, wie das von M.Bernal in
dem dreibändigen und sehr ausführlichen Werk „Die schwarze Athene“ ( Bd.1 1987)dargestellt wird, kann man nicht folgen. In Not Out of
Africa (1997) belegt M. Lefkowitz die schwerwiegenden Fehler Bernals. In der Zwischenzeit haben auch weitere Fachgelehrte die Unhaltbarkeit der Thesen Bernals gezeigt. Ich habe mit ihr zu dem Thema korrespondiert, da ich gleichfalls, aus wesentlich weniger fachspezifischen Gründen die Argumentation von Bernal ablehne. http://www.krejsa.eu/Axiome-und-Imaginationen.htm. Das Thema hat aber immer
noch eine politische Relevanz, da der Afrozentrismus eine Entschuldigung dafür wurde, Mythos als Geschichte zu lehren, wie es Lefkowitz
nennt.
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König Behanzin von Abomey ist als Fischwesen dargestellt; von König Glélé gibt es eine Statue als
Mischwesen Mensch-Bär, Mensch-Löwe; wer weiß?
Und in gewisser Weise auch an die von Zentauren. Darin kann man auch die Lösung des Menschen
aus seinem tierischen Ursprung sehen. Er tritt heraus, versucht sich zu befreien. Sind das nur die
klassischen Darstellungen?.
Frühere zeigen einfach die Verbindung. Der Hintern wird durch die Pferdegestalt fortgesetzt. Das
jedenfalls reicht nicht für einen Befreiungsmythos.
Hat jemals jemand einen weiblichen Zentaur gesehen?
Vielleicht doch die Interpretation eines Clubs nur für Männer.
Diese Figuren können auch die Darstellung von Geistern sein.
Die Welt ist voll von Geistern. Manche wohlwollend, manche böse. ii
Es gibt Busch-, Wasser –, Wald – , Luftgeister.
Buschgeister oder Wassergeister, die werden gestaltet, wie sie erscheinen.
Mischwesen.
Vielleicht sind sie auch hier mehr gebunden, als es scheinen mag. Durch Erzählungen, die Berichte
sind und die auch zum Erkennen helfen sollen. Auch durch Träume, wenn sich ein Geist offenbart.
Masken vermischen manchmal menschliche und tierische Züge.
Sie schaffen Bastarde oder stellen diese dar. Mischwesen. Geschöpfe, die auf die Schaffung der Welt
zurückgehen.
Die Vitalkraft eines Tieres kann im Augenblick seines Todes in ein Stück Holz übergehen, das seine
Gestalt besitzt.
Das gilt aber auch für Menschen. Bäume, die aus den Gräbern wachsen, tragen die Geister der Ahnen.
Aus dieser Vorstellung folgt auch die Interpretation der stilistischen Körpergestaltung, die Leo Frobenius gefunden hat. Der Geistbaum.
Die Statue bleibt an die Form des Baumes, des Baumstammes gebunden. Die Gliedmaße werden nur
angedeutet.
Orakel und Magie.
Und dann ist die Bedeutung von Tieren für die Magie, die Schau der Zukunft. Aus dem Flug von besonderen Hühnern, wie sie im Palast von Foumban ( Bamum, Kamerun) gehalten werden, kann auf
die Zukunft geschlossen werden. Vogelorakel wurden und werden auch von anderen Völkern (z.B.
Benin) verwendet.
In vielen Palastbezirken der Bamum und Bamileke in Kamerun werden Erdspinnen gehalten. Sie werden für das Spinnenorakel gebraucht.
Ihre Qualität ist Weisheit. Diese haben sie dadurch, dass sie mit den Ahnen unter der Erde in Kontakt
stehen und von ihnen erfahren, was sich ereignen wird. Alle Ereignisse müssen sich nämlich zuerst in
der Geistwelt bilden, bevor sie sich in unserer Welt realisieren können. Hier besteht auch die Möglichkeit die Zukunft zu beeinflussen. Ein witch doctor (Mfon kushuop – Bamum Bezeichnung) kann
auf die Geister Einfluss nehmen.
Für Spinnenorakel gibt es gleichfalls Spezialisten.
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Abbildung 3 Das Spinnenorakel (Bamendjinda, Kamerun)
a
b
c
3 a Der Bote der Unterwelt
3 b Der Experte vor Ort
3 c Die Botschaft der Spinne
Er legt um den Bau der Erdspinne Blätter und Zweige aus, die mit Fragestellungen verbunden sind.
Dafür wird er von Interessierten beauftragt. Nächstens verlässt die Spinne ihren Bau und verändert
dabei die Lage der Blätter und Zweige.
Wir sagen: zufällig. Der Chef des Spinnenorakels aber interpretiert am nächsten Morgen diese Veränderungen, die neue Lage der Objekte zueinander.
Verwandlung durch Masken
Der Mensch, den eine Maske in ein anderes Wesen verwandelt, trägt ein Risiko. Auf keinen Fall darf
der Träger erkannt werden. Er muss daher außer mit der Maske auch mit Grasbüscheln oder Stoffen
bedeckt sein, ja direkt dahinter versteckt werden. Würde nämlich das Gesicht des Tänzers einen Augenblick lang nur den Zusehern offenbar werden, so hätte das schreckliche Folgen für ihn.
Es ist auch sehr gefährlich, wenn während des Tanzes eine Maske einen Zuschauer berührt, denn
dadurch kann die Kraft der Maske in den eindringen, der sie nicht zu ertragen vermag.
Der Maskenträger, wie auch der Besessene sind nicht identisch mit der Kraft, die sie repräsentieren,
sie sind nur Träger, „Pferde Gottes“.
Menschen, Tiere, Pflanzen, Steine, Wasser. Jedes Naturphänomen besteht außer der Materie, die wir
sehen, aus einer immateriellen Substanz – ein Widerspruch in sich – kann Substanz immateriell sein?
Das liegt an unseren Sprachproblemen. Der Westen hat keinen Ausdruck dafür, oder hat ihn verloren.
Die Geister
bewohnen die Erde und sind ihre eigentlichen Besitzer. Wenn sich die Erde erhitzt, weil die Geister
wütend sind, hilft es nicht, die Erde irgendwie abzukühlen. Das wäre völlig nutzlos, weil die Erde nicht
aus sich heraus heiß wird. Dazu braucht man ein Opfer.
Es dient zur Abkühlung. Aber nicht, um die Erde direkt abzukühlen, sondern mit dem Blut eines geopferten Tieres werden die Geister beruhigt und dadurch wird die Erde abgekühlt.
Doch es reicht nicht, einfach Blut auszuschütten. Die Kraft des Blutes muss erst durch Rituale aktiviert werden.
Dazu braucht man Wissende.
Witch doctors.
Es gibt solche, die für die gute Sache sind und böse. iii
Das ist auch die Verbindung zum „Hautwechsel“. Zur Verwandlung der Könige und der Nkamveu,
der besonderen Notablen (Adel) in Tiere oder Naturphänomene wie Donner und Blitz, Sturm und
Regenbogen. Dort sind die besonderen Geheimgesellschaften tätig wie die Troh und Kuemtong.
Nachtgesellschaften. Die Ngil bei den Fang.
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Nicht wenige, die, sobald sie getauft waren, erkannten, ihre Qualität als Jäger verloren zu haben.
Die Tiere lachten sie aus, ließen sich nicht mehr fangen, erlegen. Sie wurden hilflos, glücklos.
Die Tiere des Waldes blicken auf und erkannten, das waren nicht mehr ihresgleichen und rannten
daher davon.
Eine Darstellung, die an das Gilgamesch Epos erinnert. Als Enkidu nach seiner Vereinigung mit der
Frau aufschaute, die als Prostituierte bezeichnet wird, die geschickt worden war, um ihn durch den
Liebesakt zu bändigen, da flohen die Tiere vor ihm, denn in seinen Augen war der Tod.
Früher konnte ein guter Jäger inmitten einer Herde von Antilopen gehen, ohne bemerkt zu werden.
Vielleicht schon, aber sie nahmen ihn als einen der ihren wahr. Die Getauften verströmten einen
neuen Geruch, sie verstanden nicht mehr die Sprache der Tiere, ihre Gestik wies sie als Feinde aus.
Abbildung 4
Vorkommen von Felsmalerei in Afrika
Jagdzauber, Hexer, Mischwesen?
Lekang ist ein Wort für Hexenkraft, das auch Hexe, Geist oder Tier bedeuten kann.
Dieses Wort schließt unter Umständen auch Schadenszauber ein. Lè ist der Name des Wahrheitstrankes bei den Bamum.
Kè, das hatten wir schon.
Personen, die mit dem Übersinnlichen umzugehen wissen sind z. B. der Nganga, kann auch Hexen
identifizieren.
In der Magengegend wohnt bei den Menschen ein imaginäres Tier, das ausgesandt werden kann, um
in der imaginären Welt der Geist-Wesen zur Tat zu schreiten.
Das Geheimnis der Magie liegt in den jujus, zauberkräftigen Substanzen; sowie dem Initiationsritual und in bestimmten Objekten, darunter Musikinstrumente und Masken, die das Unsichtbare hörbar
oder sichtbar machen. Tief liegende «Eulenaugen» kennzeichnen viele Nachtmasken: Denn Eulen, als
Nachtwesen, gelten als Verbündete der Hexen. Über die nächtlichen (imaginären) Reisen des Häuptlings und des Nachtbundes sind viele Geschichten im Umlauf. Er gleitet mit seiner Entourage durch
den sternklaren Himmel, oder sie wählen die Gischt von Wasserfällen als Transportmittel. Sie ver13
Peter Krejsa
Aus „Die Haut des Anderen“
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wandeln sich in Regenbogen, Unwetter oder Raubtiere. Der Häuptling und die neun des Nachtbundes
bewegen sich in Gestalt von Wildkatzen durch den Hexenbusch, um das Dorf zu schützen. Nur die
Dorfgemeinschaft bietet Sicherheit, das Leben draußen ist voller Gefahren.
14
Peter Krejsa
Aus „Die Haut des Anderen“
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3. Mischfiguren und Verwandlungen
Der Gedanke der Verwandlung, Mischung Mensch Tier geht von den Höhlen-, Felsmalereien, wie es
scheint in allen Kulturen, bis in die Gegenwart und sei es nur noch als Metapher.
Einige Beispiele dazu
Abbildung 5
a
b
c
4a Burney Relief, Babylon, ca 1800 v.C. Wahrscheinlich Ishtar, im AT dann zu Lilith verformt.
4b Harpyie - Mischwesen, Sturmwind
4c Kampf Zentaur gegen einen Lapithen; Metopenrelief, Athen 8.Jh. v.C
Die Zentauren, berüchtigt für ihre Lüsternheit, unbeherrscht. Eine Interpretation ist, dass sich aus
dem tierischen Leib der Mensch herausbildet.
Abbildung 6
a
b
5a Herkules im Löwenfell
5b Pegasus
5c Anthropomorph, Afrika
Pegasus, ein Mischwesen Pferd - Vogel
15
c
Peter Krejsa
Aus „Die Haut des Anderen“
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Abbildung 7
a
b
c
6a Dolon, der eine Wolfshaut trägt (Iliade)
6b Schwedisch, Vendel-Zeit, 550 -800 nC. Krieger in Wolfshaut
6c KS 4603 Bamileke. Kamerun. Ritualobjekt einer Krieger-Gesellschaft
Der Krieger in der Wolfshaut, der die wilden, tierischen, unmenschlichen Eigenschaften annimmt.
Das Bamileke (Kamerun) Ritualobjekt gehört zu einer Krieger-Gesellschaft. Zu den Riten gehört das
Zerfleischen eines lebenden Huhnes mit den Zähnen; Ausdruck der blinden Wut der Krieger.
Abbildung 8
a
b
7a
Zeus verwandelt Lycaon in einen Wolf (H. Goltzius)
Lycaon, König der Arkadier hatte Zeus das Fleisch seines Sohnes vorgesetzt, um die Allwissenheit des Gottes zu prüfen. Zeus verwandelte
ihn daraufhin in einen Wolf.
7b
Halbrelief, Palast von Dahomey, Krieger mit Büffelkopf
16
Peter Krejsa
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4. Tiere, Menschen, Interpretationen
Hunde
In vielen afrikanischen Gesellschaften sind Hunde mit menschlichen Aktivitäten verbunden. Herdenwächter, Jagdgehilfen, Haus-und Hof Wächter, ja, sogar als Haushilfen, da sie nach den Mahlzeiten
„aufräumen“.
Ganz im Stil afrikanischer Namensgebung können sie auch Namen erhalten wie „Der-die-Lügner-indem-Busch-treibt“.
In manchen Gesellschaften werden Hunde beigesetzt wie Menschen.
Ambivalenz. In anderen afrikanischen Gesellschaften werden Hunde mehr als Plage verstanden.
Für manche wieder haben Hunde einen besonderen Zugang zur Geistwelt, prophetische Vision, was
nicht unbedingt positiv sein muss, da bei bestimmten Vorhersagen in Bamileke Chefferien, Hunde
lebend vergraben werden.
Der Blick der Hunde, so denken manche, erlaubt Dunkelheit zu überwinden.
Abbildung 9
Magische Wächterfigur, Hund
KS 5261
Träumt jemand von einem Hund, so bedeutet es, dass ein Geist angekommen ist, der Rat spenden
wird.
Bei den Tabwa (Lungu, Rungu oder Warungu), eine kleine Bantu-Ethnie im Südwesten von Tansania
und Nordosten von Sambia) wird dann ein Amulett gebaut. Mit Samen und Glasperlen, „Augen des
Hundes“ .
Diese Amulette dienen als spirituelle Selbsthilfe.
Die besondere Qualität von Hunden erlaubt es, hinter den Handlungen der realen Welt, die der Hexen zu erkennen. Ihre Möglichkeit in die Geistwelt zu blicken, prädestiniert sie für Orakel.
Wenn hier auch nur über Bilder, Imaginationen gesprochen wird, so muss doch auf Realitäten verwiesen werden, die ihrerseits keine sind, oder doch?
Da die Vorstellung existiert, dass Hunde eine Rolle in der Geistwelt spielen (Imagination), werden
Hundeaugen geröstet (real), zerrieben und mit anderen Substanzen, aus Gründen der Synecdoch
gewählt, vermischt, eingenommen.
Erfolgreiche Nachtwächter, so wird gesagt, machen davon Gebrauch.
Manche denken, dass die Geister der Toten, auf dem Weg in ihr Ahnendorf durch das Dorf der Hunde
kommen müssen. Die Hunde bewachen die Grenze zum Totenreich.8
Hunde können auch Nachrichten in die Geistwelt und von dort her transportieren.
Deswegen sind manche nkisi in der Gestalt von Hunden dargestellt; mit Köpfen in entgegengesetzte
Richtungen.
8
Keltische Mythen. Mabigonion. „Die Stunde des Hundes war noch nicht gekommen“; Zerberos Mythos.
17
Peter Krejsa
Aus „Die Haut des Anderen“
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Doch auch die Beziehung zu Hunden ist ambivalent. Sie gehören ins Haus, werden aber als unrein
behandelt, weil sie Fäkalien essen und Inzest betreiben.
In manchen Gesellschaften wird auch Hundefleisch gegessen, das wieder aus rituellen und medizinischen Gründen. Auch die Opferung von Hunden ist mit deren Beziehung zur Geistwelt zu verstehen.
Opferung und damit verbundene Tötung von Hunden kann nun wieder verschiedentlich interpretiert
werden, bis hin zu Mord.
Eine Problematik, mit der wir bei der Interpretation jeder Art von Opfer konfrontiert werden.9
Pferde
„Das Denken überlassen wir den Pferden“, so oder in abgewandelter Form, stellt es auch die Beziehung Afrikas Sub Sahara zu diesen Tieren dar.
Afrika Sub Sahara wurde erst relativ spät mit Pferden vertraut.
Sie waren ein besonderes Kriegsinstrument der muslimischen Eindringlinge aus dem Norden.
Ein nachhaltiges Vorkommen von Pferden ist in den Sub Sahara Gebieten klimatisch und gesundheitlich problematisch.
So ist auf der einen Seite das Vordringen des Islam über die Fulani eben mit den Pferden, und der
damit daraus resultierenden Kriegsführung verbunden.
Die wieder hat dem letzten unabhängigen König der Bamum (vor der Besetzung durch Frankreich),
Njoya, im Bürgerkrieg geholfen.
Dieser Sieg wird als „Sieg des Pferdes“ bezeichnet und er gehört auch heute noch zu den Gedenken
und Feierlichkeiten der Bamum. (Abbildung 56)
Abbildung 10 Reiterstatue zum Gedenken an den „Sieg des Pferdes“ vor dem Sultanspalast in Foumban, 2002,Kamerun;
Berittene anlässlich des Festes des Schafes (2011)
Rinder
Die Art des Haltens von Rindern ist wohl ein kulturelles Phänomen. So erleben wir Völker, die mit
ihren Herden verbunden sind und solche, die schon den Weg in den westlichen Kapitalismus gegangen sind: Tiere als Sache.
Auch hier. Rinder als Reichtum. Vermehrung wie bei Aktien.
Rinder als Geldanlage
Die Mitgift.
Nuer: Herdenhalter. Verwandtschaft und Reichtum wird durch die Herden der Rinder bestimmt; der
Reichtum der Braut.
9
Das Abraham-Isaak Opfer wird gerne als Durchbruch gesehen. Der von seinem Stamm erschaffene Gott wird neu „aufgesetzt“ und „will“
keine weiteren Menschenopfer.
18
Peter Krejsa
Abbildung 11
Aus „Die Haut des Anderen“
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Rindermarkt bei Foumban
Schafe und Schafböcke
Vor allem die Schafböcke sind beliebt, in ihren Kampfpositionen. Benin, aber auch auf den Gelede
Masken.
Ikenga Darstellungen. Diese Schreine verbinden die Macht der Ahnen mit der des rechten Armes, wie
man sagt.
Abbildung 12
KS 5393
Ikenga; Büffelmaske mit Widderhörnern; Kwele Maske;
KS 6424
Benue Gebiet (Idoma?)
KS 7477
KS 6546
Der Schafbock ist für viele mit Blitz und Donner verbunden.
Schafe sind Basis für Metapher für gedankenloses Folgen. Sogar die US Politik macht davon Gebrauch.
Bellwether, der Leithammel.
Für Trendsetting. Der glockentragende kastrierte Hammel, der die Herde anführt, bis in den
Schlachthof folgen sie ihm gerne.
Bei den Kwele bedeutet die Form des Bocks eine Metapher für Harmonie.
19
Peter Krejsa
Abbildung 13
Aus „Die Haut des Anderen“
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Fest des Schafes, Foumban (2011)
Hühner
Ubiquitär, werden daher überall verwendet und werden auch schützend verstanden
Blut, Farbe, Federn, Opfergaben und stellvertretend für den Menschen bei der Einnahme des Wahrheitstrankes.
Und sie spielen eine wesentliche Rolle bei den Initiationsriten der Bruderschaften - Geheimgesellschaften, an denen Afrika so reich ist.
Alle Tätigkeiten sind über Bruderschaften organisiert. Handel, Politik, Verwaltung, Gericht, Polizei.
Zünfte, Innungen, Interessensvertretungen.
Abbildung 14
KS 6476
Vögel
Oft als Vorzeichen, zur Deutung kommender Ereignisse, bringen im Schnabel den Samen einer
Frucht.
Abbildung 15
Kopfaufsatz, Bamileke
KS 6207
KS 6667
20
Peter Krejsa
Aus „Die Haut des Anderen“
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Weiters: Abbildung 48, Abbildung 49
Zuordnungen, Kategorisierung
Das Herstellen von Beziehungen, Verwandtschaften von Objekten, von Tieren, wie auch von Tieren
mit Menschen kann auf verschiedene Weise erfolgen.
Der Westen hat sich auf die wissenschaftliche Beziehungsebene geeinigt, alles, was fünf Beine hat,
wird in eine Gruppe zusammengefasst und dann gibt es noch weitere Merkmale, getupft, gestreift.
Doch es gibt auch andere Möglichkeiten der Zuordnung und Zusammengehörigkeit, die können wir
mehr in den Bereich der metamorphologischen sehen, der Metapher, die sich bilden lassen, da werden Eigenschaften verbunden auch wenn sie nach westlichem Verständnis gar nichts miteinander zu
tun haben.
Und dort sind auch magische Elemente angesiedelt, wie Frazer Beispiele zitiert, dass etwa Gold zur
Behandlung von Gelbsucht angewendet worden ist, wegen der Farbzugehörigkeit.
Gesellschaften in denen Tabus gelten haben ihre Kriterien, wie die Zuordnung zu rein –unrein. Die
Bibel ist voll von Kochrezepten, was koscher und nicht koscher ist und der Islam hat das auch mit
halal übernommen.
Michel Foucault „Die Ordnung der Dinge“ zu der er von Borges angeregt worden ist.
Eine gewisse chinesische Enzyklopädie soll die Tiere folgendermaßen eingeteilt haben:
a) dem Kaiser gehörend
b) balsamiert
c) zahm
d) säugende Schweine
e) Sirenen
f) Fabelwesen
g) streunende Hunde
usw.
Diese Gruppierungen basieren auf Metonymie. Eine konzeptionelle Menge von Gemeinsamkeiten.
Eine sehr liebe Freundin, promovierte Biologin, hat eine Trennung der Tiere in essbar – streichelbar
gemacht. Das ist natürlich heute nicht mehr politisch korrekt, aber zur Beschreibung der eigentlichen
Bedeutung gut geeignet.)
So wurden in manchen afrikanischen Kulturen Zuordnungen nachtaktiv/tagaktiv, Körperformen usw.
gemacht.
Spinnen
Netzwebende. Netze werden als Grenzen verstanden, sind weder das eine, noch das andere. Damit
sind auch die Trickster Erzählungen verbunden.
Erdspinnen haben einen besonderen Zugang zur Unterwelt, zur Welt der Ahnen und sind daher Kontakte zur Geistwelt. Im Spinnenorakel werden ihnen Fragen gestellt. Manche Chefferien verfügen für
die Orakel über eine Erdspinnenzucht.
Das Spinnenmotiv kommt häufig auf Masken, Statuen und Gegenständen vor.
Abbildung 41, Abbildung 44, Abbildung 58
21
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Aus „Die Haut des Anderen“
Abbildung 16 Tabouret mit Spinnenmuster;
Ritualgefäß, Detail, , Bamum
KS 7210
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Pfeifenkopf, Bamum
KS 5667
KS 4016
Der spinnenverzierte Chefsitz wird auch für bestimmte Rechtsfälle verwendet. Der Beschuldigte
nimmt darauf Platz. Ist er unschuldig, so geschieht nichts. Ist er schuldig, so wird er innerhalb von
drei Tagen sterben.
Chamäleon
Die Farbänderung wird gleichgesetzt mit „Verschwinden“, magische Fähigkeit. Sie werden auch mit
Fruchtbarkeit in Verbindung gebracht. So wird Erde, auf dem sich Chamäleons paarten mit nach Hause gebracht, um die Fruchtbarkeit in der Familie zu sichern.
Für manche sind Chamäleon auch die Reittiere von Buschgeistern.
Abbildung 17 Kriegermaske mit Chamäleon, Tikar; Armschiene, Bamum; Trinkhorn mit Tiermotiven, Bamum; Ritualschöpfer, Bamum
KS 6528
KS 4076
KS 4182
KS 5277
Antilopen
Ihnen werden gleichfalls Trickster Eigenschaften zugeschrieben. Lene teilweise außerhalb ihres Habitats, verwüsten Gärten, sind schwer zu jagen, in dem Zusammenhang sind auch Attribute wie Hörner
auf Masken zu verstehen. Die Hörner werden auch als Behältnisse für magische Substanzen verwendet.
22
Peter Krejsa
Aus „Die Haut des Anderen“
Abbildung 18 Ekoi Kopfaufsatz, Cross River; Igbo;
KS 7807
KS 6628
Idoma;
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Mali
KS 5794 10
KS 6894
KS 7131
Buschbock
Weit verbreitet südlich der Sahelzone. Sehr kräftig, nachtaktiv, lebt gern im Dickicht. Gefürchtet bei
den Bauern, da er Gärten verwüstet. Sein „Bellen“ wird als Verhöhnung der Gärtner verstanden, die
ihn nicht fangen können.
Die aschfarbenen Punkte werden in Verbindung zu Lepra gebracht. Sein Fleisch wird daher nicht gerne gegessen.
Er gilt als asozial und bei Initiationsriten wird dem Initianden das Buschbock Herz (in Form einer Hühnerleber) entfernt, um ihn für die Gesellschaft verträglich zu machen.
Buschbockhörner werden zur Aufbewahrung der stärksten Medizinen verwendet. Sie werden auch
auf Statuen aufgesetzt, um ihnen besondere Kraft zu verleihen. Ilande und eki Figuren (Songye). Sie
werden zum Schutz von Dörfern aufgestellt.
Manchmal wird der Buschbock auch mit Unheil in Verbindung gebracht. Daher der Name „Derseinen-Herrn-frisst“, „Der-die-eigene-Mutter-tötet“. Das alles steht für sehr starken Zauber.
Siehe Abbildung 51
Abbildung 19 Powerfigur; Buschbock Kopfaufsatz, Benue;
KS 8288
10
Kopfaufsatz Buschgeist, Mumuye
KS 7527
KS 7252
Gazellenjagd Szene auf der Rückseite einer Maske Batcham Typ
23
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Affen
Paviane gelten als sehr schlau.
In Baule Statuen (Mbotumbo) stehen sie aufrecht, mit Opferschalen. Als Geist des Waldes und der
Felder. In seiner Fähigkeit zu zerstören liegt auch die das Dorf zu schützen. Figuren dieser Art werden
außerhalb der Dörfer aufgestellt. Geopfert wird den Statuen bei Neumond oder wenn gesät wird.
Diese Figuren können auch für Weissagungen verwendet werden, wenn die Ursachen für Trockenheit
oder Epidemien gesucht werden sollen, zum Schutz vor Hexen und zur Sicherung der Fortpflanzung.
Die Vermischung Mensch, Tier, das Aufheben der Grenzen findet auch in den Trancen statt, bei Heilungszeremonien.
Abbildung 20 Statue Opferdarbringung;
KS 7973
KS 5124
Baule;
Kopfaufsatz
KS 4399
KS 5986
KS 6830
KS 4551
KS 5958
Buschschweine
Sind bei Bauern besonders gefürchtet, da sie ganze Kulturen bis auf die Wurzeln zerstören können.
Sie sind in Afrika weit verbreitet, mancherorts zur Landplage geworden, da ihre natürlichen Feinde,
Leoparden weitgehend verschwunden sind.
Manche Gesellschaften haben das Buschschwein als Emblem gewählt, um die kriegerischen Qualitäten zu betonen.
Die Banyang (Cross River), vertreten die Ansicht, dass Missgeschicke auf ein Ereignis bei bestimmten
Tieren zurückzuführen ist. (entspricht den Pi-Wesen der Bamileke). Das Leben dieser Tiere verläuft
parallel zu dem von Menschen. (Man kann es auch dahingehend interpretieren, dass man bestimmte
Eigenschaften, die den Tieren zugeschrieben werden, in den Menschen wiederfindet.)
Auf diese Eigenschaften Ähnlichkeiten gehen auch Totem- und Tabu Vorstellungen zurück. (Eine
Frau, die vom Fleisch eines Buschschweines gegessen hat, ist gestorben, da sie quasi ihr eigenes
Fleisch gegessen hat.)
Da Buschschweine selbst geschicktest aufgebauten Fallen entgehen, wird angenommen, sie besitzen,
wie Hunde auch ein übernatürliches Sehvermögen.
Eine Luge Geschichte erzählt von einem Jäger, der ein verwundetes Buschschwein in eine Höhle verfolgte. Da stürzte er plötzlich ab und in eine andere Welt.gegnet er seinem verstporbenen Bruder,
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Peter Krejsa
Aus „Die Haut des Anderen“
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der ihn aufklärte, dass dieses Schwein sein geistigher Führer sei (mutumk), der ihm von nun an zur
Seite stehen werde. Er kehrte in sein Dorf zurück und wurde ein bulumbu Medium, das durch göttliche Inspiration anderen helfen kann.
Verbindungen von Buschschwein mit Schöpfungsmythenm sind gleichfalls bekannt, dort wo der Kultur Heros auftritt.
Abbildung 21 Buschschwein
Die Hauer der Buschschweine werden für Ritualzwecke, Kunstobjekte verwendet.
Abbildung 22
Bamum Tafel, Details, aus der Stammesgeschichte, Material Buschschweinhauer
11
KS 5695 (Zwei Tafeln aus einer Bamum Chefferie. Zurückgehend auf den Sohn eines Königs
In diesen Darstellungen übernehmen die unbearbeiteten Hauer, von Sklaven gehalten, die Funktion
der Elefantenstoßzähne, die rechts und links die Throne der Könige begrenzen. Hier stellen sie also
eine Miniaturisierung dar.
Mit dem Aussterben der Elefanten wurden Stoßzähne für den Throngebrauch auch aus Holz gebildet.
Schlangen
Viele meinen, dass Schlangen die erste und wichtigste Tier in der Begegnung für Menschen war. Die
ewigen Wiedergeburten; der Körper eine Linie von der Vergangenheit zur Gegenwart.
Mircea Eliade: Schlangen sind amorph und virtuell, alles, was noch nicht Gestalt angenommen hat.
Die Schlange bewegt sich ohne Pfoten vorwärts. Sie fasziniert durch ihren Blick, tötet durch ihr Gift
oder erstickt ihr Opfer.
Manche Schlangen bleiben dort, wohin sie gehören, jenseits der Höfe der Menschen, manche dringen in die menschlichen Räume ein. Andere wieder sind so sehr entfernt, dass selbst die größten
Schamanen Mühe haben, sie aufzufinden.
11
Darstellungen dieser Art können nur über das Wissen der jeweiligen Dorfgeschichte (Stammsitz eines Fürsten, Nji, Ndé) entziffert werden. Vergleichbar mit der Betrachtung eines mittelalterlichen Altargemäldes von jemand, der die Bibel nicht kennt. Ohne Texte nicht
erschließbar.
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Sie stehen in Beziehung zu den Erdgeistern. Die Python repräsentiert häufig Erdgeister.
Manche Völker wurden von einer Schlange zum Platz der Gründung ihrer Dörfer gebracht. (Standort
Wahl obliegt manchmal Tieren, auch in den Alpen, wo Ochsen für Standortfestlegungen verantwortlich waren.) Die Standortwahl war für die die Sicherheit des Dorfes von Bedeutung, Sicherheit auch
der Versorgung mit Nahrungsmitteln
Ein Bespiel für die Hilfe von Schlangen bei der Wanderung von Völkern ist die Geschichte der Béti. Sie
konnten den Sanaga Fluss auf dem Rücken einer Schlange bei ihrem Weg in den Süden überqueren.
Bei den Bantu im Süd-Osten ist die Vorstellung weit verbreitet, dass sich die Toten in Schlangen verwandeln.
Schlangen stehen häufig im Zentrum von Kulten, spielen im Vaudou sogar eine zentrale Rolle. Sie
werden gefürchtet und geehrt. Bei den Völkern des Grassland Kameruns ist die doppelköpfige
Schlange ein königliches Symbol.
Der Bamileke Chef ist ein Mensch-Schlange. Schlange als sein Pi, zum Schutz der Chefferie, haust im
hl. Hain der Chefferie.
Manche Objekte, wie auch die Türrahmen, die mit Schlangen verziert sind, weisen auf die Heiligkeiten von Orten hin.
Von der Python wird erzählt, sie unterhalte bei ihrer Behausung ein Licht, an dem sie sich nächstens
orientieren kann.
Dieses Licht ist ein begehrtes Beuteobjekt. Alleredings ist es gefährlich es zu entwenden, da die Python den Täter verfolgt und tötet.
Das Licht kommt aus dem Ei der Python. Es gibt besondere Orte, wo es gefunden werden kann. Dazu
gehören Kraterseen wie von Baleng oder der heilige Ort der Bamoun bei Foumbot.
Abbildung 23 Kratersee Foumbot;
Priesterin am Kratersee Baleng
.
Die Schlangengottheiten könnten zu den ältesten Kult Straten gehören und sind weit verbreitet auch
bei den Yoruba und Fon. Bei den Yoruba wird die Macht der Frau mit der Schlangen in Verbindung
gebracht.
Die Regenbogenschlange, die aus Termitenhügeln aufsteigt und die so mit den von dort ausschwärmenden Termiten in Verbindung gebracht wird, die manchmal den Eindruck aufsteigenden Rauches
erwecken.
Die doppelköpfige Schlange am Hochland von Kamerun, deren Deutung nicht klar ist, Königssymbol
jedenfalls, das manche Bamileke gerne den Bamum in der Interpretation der Doppelzüngigkeit zuordnen.
Zu allen Tieren, die für Verwandlungen bzw. als „Doppelgänger“ in Frage kommen, gibt es auch Bruderschaften – Geheimgesellschaften.
Kènok ist die Bruderschaft der Schlange bei den Bamileke.
26
Peter Krejsa
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Abbildung 24 Maternité mit beschützender Schlange; Kopfaufsatz mit Schlangen und Chamäleon
KS 5531
KS 5596
KS 6252
KS 6265
Detail KS 7234
Weitere: Abbildung 44, Abbildung 58
Krokodile
Ihre offensichtliche Trägheit , die sich in einen blitzartigen Angriff verwandeln kann. Wasser Geister,
halb Mensch – halb Tier, kommt häufig in Erzählungen vor, von der Verwandlung Mensch in ein Tier.
Abbildung 25
KS 7818
Papua
Chines. Drachenboot
KS 7573
Ekoi, Cross River
KS 6522
Bamileke
KS 7824
Nashornvogel
Die Laute, die diese Vögel von sich geben können auch als Laute anderer Tiere interpretiert werden,
bis hin zum Grollen der Löwen.
Die Maske wird auch mit der Poro Gesellschaft (Liberien) in Verbindung gebracht, mit manchen Gesellschaften in Zaire und Angola.
27
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Abbildung 26
KS 4486
KS 6011
KS 5330
KS 7472
Eulen
Als Nachttiere werden sie mit Tod und Hexerei verbunden. In manchen Völkern leitet sich ihr Name
von „sterben“ ab. Die Nacht ist die Zeit der Hexen. Sucht eine Eule ein Gehöft auf, so bedeutet es,
dass jemand sterben wird.
Diese Todesbeziehung wird auch übertragen, so hießen die Wächter von Präsident Mobuto „die Eulen“.
In manchen Völkern sind sie auch mit Initiationsriten verbunden. Der Initiand „stirbt“ ja bei den Riten
des Überganges, wird neu geboren, erhält auch oft einen anderen Namen.
Eulenmasken können auch Buschgeister darstellen. Bei den Mambila sind Eulen mit der Menstruation verbunden.
Abbildung 27 Eulen-Masken
KS 6322
KS 6553
KS 6803
KS 6483
KS 6656
28
KS 6067
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Schimpansen
Schädel, Fellstücke, werden häufig für magische Objekte verwendet. KS 3948
Die Schimpansen werden als sehr menschenähnlich verstanden.
Die Maske KS 6070 heißt mwisi gwa so’o – „Geist besetztes Objekt des Schimpansen Mensch“.
Abbildung 28
Schimpansen Maske, Hemba
KS 6070
KS 5129
Das breite Lachen auf der Maske wird missverstanden – es ist kein Lachen, sondern ein Schrecken
verbreitender Mund.
Frauen werden gewarnt. Schimpansen könnten sie vergewaltigen, rauben.
Abbildung 29
Reliquienbehälter
KS 3948
Detail davon
Affe zieht Hund hinter sich her
KS 6549
Maske mit Affenschädel, Nguon Fest
Die Mensch-Schimpansen Bruderschaft bezieht sich auf die Kraft und Schlauheit der Schimpansen,
denen als einzige Tiere zugetraut wird den Panther zu besiegen.
Hyänen
Hyänen liefern alle Voraussetzungen für die Liebe afrikanischer Kulturen zu Vieldeutigkeit.
Aasfresser, Knochenfresser und doch gefährlicher Jäger.
Seltsame Gestalt mit den Vorderbeinen höher als die Hinterbeine, seltsame Laute, Stimme, die dämonisch verstanden wird.
Die sichtbare Sexualität ist irritierend. Eine Unterscheidung Männchen- Weibchen nur bei genauer
Untersuchung möglich.
Die Klitoris hat etwa dieselbe Größe wie der Penis und zeigt Erregungszustände. Frühe Kommentare
dazu gibt es, wie von Aristoteles.
Die Hyäne wird daher als hermaphroditisch gesehen. Im Bestiarium des 12. Jh. wurde vermerkt, dass
die Natur der Hyäne in einem Augenblick weiblich, im anderen männlich sei.
29
Peter Krejsa
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Sie hat auch in Mythen ihren Platz. Die Tabwa sagen, dass die gefleckte Hyäne die Sonne zur Erde
gebracht habe, um sie zu wärmen.
Haare der Hyäne werden für starke Zauber verwendet.
Dieser starke Bezug zur Magie bringt sie auch in die Nähe von Geheimgesellschaften, Entdeckung von
Hexern, deren Knochen nach der Hinrichtung freigelegt werden, um für starke Zauber Verwendung
zu finden.
Bei manchen Völkern werden die Hexenjäger „Hyänen“ genannt. Sie operieren am Rande der Gesellschaft.
Bei den Senufo wird mit Hyänenmasken bei Trauerfeiern getanzt, aber auch um „Seelen-Esser“, das
sind Hexer zu finden. Auch hier ein Bezug zur Beobachtung, dass Hyänen oft Gräber ausgraben, um
an die Leichen zu kommen.
In vielen Gegenden Afrikas sind Hyänen die Reittiere von Hexen.
Bei der Kore Gesellschaft der Bamana spielen sie eine wichtige Rolle. Eine Gesellschaft, die für den
Triumpf über den Tod wirkt, Abgehobenheit, intellektuelle Freiheit, geistige Harmonie.
Hyänenmasken finden bei Initiationsriten Verwendung, da werden Neophyten gequält, der Bezug zur
Rückkehr von Toten ins Leben, wie der von Knaben als Männer.
Abbildung 30 Hyänen
KS 6918
KS 6924
KS 7359
Panther, Leoparden
Panther sind mit der Autorität von Königin verbunden. Gemäß der Glaubensvorstellungen können
sich Könige auch in Panther verwandeln, wie auch in Elefanten, Büffel und Krokodile. Sie tun es, um
ihr Volk zu schützen oder Missetaten zu rächen.
Aus diesen Vorstellungen kommen auch Taburegeln, so dass ein König kein Fleisch eines Panthers
essen darf. „Panther fressen keine Panther.“
Die Muster im Fell können gedeutet werden, womit sich die Zukunft vorhersagen lässt. Es gibt dazu
auch metaphorische Beziehungen, der Wechsel weiß/schwarz als Tag und Nacht Symbolik, die Farbtriade rot/weiß/schwarz spielt auch bei Übergangen, Verwandlungen und Unbestimmtheiten eine
Rolle.
Berüchtigt ist er auch wegen seiner Lust am Töten. Dringt er in ein Gehege ein, so täötet er alle dort
befindlichen Tiere, nimmt aber n ur ein Beutestück mit.
Leoparden wurden auch mit Terrorakten in Verbindung gebracht: Leopardenmenschen, auch Anioto,
die Geheimgesellschaften angehört haben, die einen Ahnen- und Geisterkult pflegen, bei dem ein
Leopard im Mittelpunkt steht. Dem Kult liegt die Vorstellung zugrunde, dass sowohl ein Mensch von
einem Tier, als auch ein Tier von einem Menschen Besitz ergreifen kann. Zum Verbreitungsgebiet
gehörten bis ins 20. Jahrhundert die Kolonien Belgisch-Kongo (Zaire), Französisch-Afrika, Sierra Leone, Nigeria, Goldküste, Liberia, Tanganjika und Angola.
Ein besonderer Bezug wurde der Poro Gesellschaft zu den Leopardenmenschen nachgesagt. Die Mitglieder des Bundes verwandeln sich ihrer Auffassung zufolge in Leoparden. Sie töten mit eisernen
30
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Aus „Die Haut des Anderen“
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oder hölzernen Leopardenkrallen Menschen und verwenden Blut, Fett und Fleischteile zu magischen
Zwecken.
Zwischen 1850 und 1950 wurden etwa 1.000 Menschen bei den sogenannten Leopardenmorden
getötet.
Der langjährige Diktator des Kongo, Mobutu Sese Seko nutzte den Mythos des Leoparden bei seiner
Selbstdarstellung.
Die Panther-Menschen Bruderschaft ist für hochgestellte Mitglieder der Gesellschaft. Sie können sich
in Panther verwandeln. Alle, die mit Panthern eine Allianz geschlossen haben, gehören zu dieser Bruderschaft.
Bei den Douala ist Mungi die Bruderschaft des Sohnes-des-Panthers. Sie spielt in der Administration,
der Polizei eine wesentliche Rolle, ja, es wird sogar gesagt, sie stelle eine Art Parallelregierung dar.
Alle Objekte auf denen Panther dargestellt sind, gehören definitionsmäßig dem König.
Abbildung 31 Panther, Leoparden
KS
5751
KS 7204
Detail KS 7234
Abbildung 43
KS 7212
KS 5953
KS 8250
J.-M. Tanefo, König von Bamendjinda (2002)
KS 4050
Büffel
Darstellungen von Büffeln sind sehr häuf und reichen auch sehr lange in der afrikaninischen Darstellungstradition zurück, so auf Felsbildern (ca 12 000 Jahre) ig, sowohl als Masken wie auch auf Objekten.
Sie sind gefährlich, stark und auch Tierkörper für Könige. Die Masken werden bei Festen getragen,
gezeigt. Früher waren das hunderte, bescheiden geworden.
Die Mepfeli Gesellschaften der Grasslands gehören zu den ältesten religiösen Oragsnisationen. Die
Masken der Gesellschaft heißen tseh-mepfeli oder mepfelibu und gehören zu den bekanntesten Büffelmasken.
Büffelmaskeraden nehmen auch an den traditionellen Festen teil.
31
Peter Krejsa
Aus „Die Haut des Anderen“
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In der Ausstellung: Abbildung 45Abbildung 46, Abbildung 51, Abbildung 52, Abbildung 53, Abbildung 54, Abbildung 55, Abbildung 70
Abbildung 32 Buschgeistmaskerade, Nguon Fest 2002, Foumban; Besiegung des Geistes
Masken Defilee
Nguon
Abbildung 33
KS
5962
KS 6075
KS 5760 (Deckel)
KS 6444
Elefanten
Als mächtige Tiere und vor den Schusswaffen auch als schwierige Beutetiere, gehören auch sie zu
den bevorzugten Tiere der Könige. Die Stoßzähne lieferten sowohl das Material für Objekte, Masken
und Blasinstrumente.
Elefantenmasken gehören zu den bedeutenden Gesellschaften der Chefferien.
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Aus „Die Haut des Anderen“
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Bei den Bamilike und Bamum wurde der Tso Tanz durch Elefantenmasken bestimmt. Besondere
Masken am Hochland von Kamerun sind die großen perlbestickten Stoffmasken, mit großen Ohren
und einem langen Stoffteil, perlbestickt, der den Rüssel darstellt.
Sie sind ein Symbol der Macht der Gesellschaft Kemjyeh. Sie ist in den Chefferien für Justizangelegenheiten zuständig.
Abbildung 34
KS 5945
KS 5965
KS 5977 Stoßzähne, Holz, für den Thron
Abbildung 35 Deckel, Reliquienbehälter, Elfenbein ;
Reliquienbehälter mit Szenen Palastleben, Elfenbein
KS 3960
Abbildung 36 Ahnenfiguren,
KS 3948
KS 4039
KS 4035
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Bamum Thron, flankiert von Stoßzähnen
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Aus „Die Haut des Anderen“
Abbildung 37 Elefantenmaske Bamendjinda
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Rückenseite
Nilpferde (Flusspferde)
Werden gleichfalls mit der Macht in Verbindung gebracht, mit Flussgeistern. Eine der wichtigsten
Masken, die auf Flusspferde Bezug nehmen, sind Masken der Msop Gesellschaft, die zu den ältesten
Einrichtungen der Bamileke Chefferien gehört (14.Jh.) Sie wird daher auch ta’nkem (Vater-derGesellschaften) genannt.
Es ist die Tsekom Maske, im Westen unter dem Namen Batcham Masken bekannt. Der Name kommt
von der Chefferie in der sie zum ersten Mal gesehen worden ist.
Sie wird selten getragen; bei Trauerfeierlichkeiten für Chefs und beim Tso Tanz, der aber kaum mehr
aufgeführt wird.
Die Deutung der Symbolik ist schwierig, da sie der Geheimhaltung der Gesellschaften unterliegt.
Flusspferd, das aus dem Wasser auftaucht, Augen die so gestellt sind, dass die Tränen des Königs
nicht den Boden berühren können.
Manche Könige amüsieren sich auch, indem sie auf Fragen besondere Deutungen geben. Tragbare
Sitze oder portable Schilde, hinter denen man sich versteckt hat, um den Pfeilen der Feinde zu entgehen.
Abbildung 38
KS 6787
KS 5794
KS 7938
KS 6331
Mischwesen, zoomorph
Mischwesen nehmen immer Bezug auf Geister. Buschgeister, Flussgeister, Waldgeister usw. Diese
Beziehungen werden durch die Vorstellung des Animismus hergestellt.
Elefanten werden mit Büffelformen verbunden, Affen mit Büffeln, Krokodile mit Büffeln, Eulenaugen
mit anthropomorphen Formen usw.
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Mischwesen kommen auch in anderen Kulturen vor. Bekannt ist der Wolpertinger (Herkunft ungeklärt), der ein bayerisches Fabelwesen ist. Mischwesen sind aus der Antike bekannt. Kein festes
Schema, es wurden zum Beispiel Eichhörnchen mit Entenschnäbeln versehen oder Hasen mit Entenflügeln. Tierpräparatoren im 19. Jahrhundert begannen, Präparate aus Körperteilen von unterschiedlichen Tierarten zusammenzusetzen, um diese an leichtgläubige Touristen zu verkaufen.
KS 6361
12
13
KS 6380
Wolperdinger 12
James Steakley Stuffed Wolpertinger, on display in der Rheinfelder Beerhall (Zurich)
www.bayerwaldshop.de
35
13
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Leihgaben für die Ausstellung
Fotos: Gerhard Katterbauer
Abbildung 39
KS 6203
Ekoi, Cross River, Kamerun/Nigeria
Kopfaufsatz, Holz, mit Leder beschichtet.
Ekpe Bund. Haargeflecht das auf Tierhörner zurückgeht
Abbildung 40
KS 6107
Idoma, Benue Region, Nigeria.
Ahnenstele. Je weiter zeitlich die Ahnen entfernt
sind, desto mehr gehen sie in den Geistzustand
über, werden zu allgemeinen Geistern, Göttern.
Abbildung 41
KS 4057
Bamum/Bamileke
Armschiene, Bronze mit Erdspinne.
Schienen dieser Art können auch als Hausaltäre
verwendet werden.
Abbildung 42
KS 3980
Bamileke/Bamum, Holz
Statue eines Mischwesens Affe/Mensch
Darstellungsform eines Busch/Wald Geistes.
Möglicherweise Diener, „Werkzeug“ eines witch
doctors.
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Abbildung 43
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KS 4050
Bronze, verlorene Wachstechnik, Bamum, 20. Jh.
Angelehnt an die Benin übliche Darstellung der
Leoparden. (Abbildung 66)
Im Gegensatz dazu durch Köperhaltung Bewegungsgestaltung.
Abbildung 44
KS 5675
Gong aus Eisen für Ritualzwecke.
Bamum, Graslands, Kopf Verkörperung des Geistes des Gongs. Verziert mit dem königlichen
Emblem. Kriegsgong, doppelköpfige Schlange
und Spinne.
Eisen war bis Anfang des 20.Jh. ein königliches
Privileg.
Abbildung 45
6373
Bamileke/Bamum, Kamerun, Holz, Stoff mit aufgenähten Perlsträngen
Kopfaufsatz Büffel mit Echsen
Abbildung 46
KS 6386
Bamileke/Bamum, Kamerun, Holz, Stoff mit aufgenähten Perlsträngen
Kopfaufsatz Büffel. Gehört zum Bestand einer
Geheimgesellschaft und wird bei festlichen Anlässen vorgeführt.
37
Peter Krejsa
Abbildung 47
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KS 6522
Ekoi, Kamerun/Nigeria, Cross River
Kopfaufsatz, Leder bespannt,
Wassergeist, Krokodilwesen gehörnt
Abbildung 48
KS 3944
Bamum, Holz, Deckel für einen Vorratsbehälter
Abbildung 49
KS 5724
Hahn, Gelbguss, verlorene Wachstechnik,
Bamum, im Stil der Benin Hähne die vor den
königlichen Altären stehen, die sich auf den
Kronprinzen beziehen. (Dauphin in Frankreich)
Die älteste Frau des Oba (König) mit dem Titel
Eson, wird als „der Hahn, der am lautesten
kräht“ bezeichnet. Die Bezeichnung bedeutet
ihre Vorrangstellung im Harem.
Abbildung 50
KS 7171
Izzi, Nigeria,
Maske des Elefantengeistes, Ogbodo, Holz
38
Peter Krejsa
Abbildung 51
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KS 5760
Bamum, Ritualbehälter –
Holz, bespannt und mit Perlen bestickt. Deckel
mit einem Büffelkopf, Körper als zoomorphes
Fabelwesen, Kopf Buschbock
Abbildung 52
KS 6419
Bamileke/Bamum, Kamerun, Holz
Kopfaufsatz Büffel
Abbildung 53
KS 6453
Bamileke/Bamum, Kamerun, Holz
Kopfaufsatz Büffel
Abbildung 54
KS 6722
Bamileke/Bamum, Kamerun, Holz
Kopfaufsatz Büffel
39
Peter Krejsa
Abbildung 55
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KS 6427
Bamum, Kamerun, Holz, Stoff aufgenähte Perlstränge, Kopfaufsatz Büffel.
Anlässlich des Nja Festes erfolgte ein Maskendefilee an dem hunderte Masken beteiligt waren.
Heute werden Masken beim Nguon Fest vorgeführt, es sind aber nur sehr wenige beteiligt.
Abbildung 56
KS 5707
Reitergedenkstatue, Bronze. Bamum. Der
Lamido von Banyo, Fulbe-Kleidung des Reiters.
Zur Erinnerung an den „Sieg des Pferdes“ (etwa
1895/97) der königstreuen Bamum (König Njoya)
mit Hilfe der muslimischen Fulbe im Bürgerkrieg
gegen den Usurpator Gbetnkom Ndombuo. 14
Abbildung 57 KS 5751
Bamileke
Thronsessel eines Königs, Sitz getragen von Leoparden.
Holz, Bespannung Stoff und bestickt mit Perlen.
Tabourets dieser Art gibt es auch für die hohen
Würdenträger. An der Zahl der Füße, der Dekoration ist der Rang des „Besitzenden“ zu erkennen.
Abbildung 58
KS 7026
Bamileke, königliches Bett. Kopfstütze ein Kopf,
königliche Embleme, Kriegsgong, doppelköpfige
Schlange und Spinne. Seitlich mit Menschenund Büffelköpfen verziert.
14
Die Hilfe der muslimischen Fulbe und die spätere Unverträglichkeit mit der frz. Besatzungsmacht, die während des ersten Weltkriegs die
Deutschen ablöste, zu denen Njoya ein herzliches Verhältnis gehabt hatte, führten schließlich zur Islamisierung der Bamum.
40
Peter Krejsa
Abbildung 59
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KS 7034
Bamum oder Bamilike. Ritualbehälter für Zeremonien in den Chefferien. Elefantenköpfe,
Büffel, Eidechsen, Köpfe – als Schutzfunktion.
Abbildung 60
KS 6476
Bamileke, Kopfaufsatz einer Geheimgesellschaft
Abbildung 61
KS 6557
Ibio, Nigeria
Holzmaske gehörnt mit Mischwesen oder
Mensch zwischen den Hörnern.
Bedeutung unklar, wurde im Erntefest verwendet.
Abbildung 62
6565
Mambila, Benue Gebiet, Kamerun/Nigeria
Kopfaufsatz Fabelwesen.
41
Peter Krejsa
Aus „Die Haut des Anderen“
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Abbildung 63 KS 6080
Bamileke, Kopfausatz Geheimgesellschaft,
Mischwesen Büffel und Elefant
Abbildung 64
KS 4150
Bamilke/Bamum Bronze Pfeife. In Form eines
Elefanten. Der König wurde wegen seiner Macht
oft mit einem Elefanten gleichgesetzt.
Pfeifen wurden als Ehrengaben von den Königen
an verdiente Mitglieder des Hofes gegeben.
Metall war lange Zeit ein Privileg der Könige.
Abbildung 65
KS 6924
Tikar-Maske, Bronze,
Hyäne oder Schakal am Kopf iv
Maske einer Geheimgesellschaft
Abbildung 66
KS 8250
Leopard, Bronze, wahrscheinlich Bamum, im Stil
Benin
42
Peter Krejsa
Abbildung 67
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KS 4088
Wahrscheinlich Bamum, im Benin Stil, Bronze.
Reiterstatue stellt (wahrscheinlich) den Gründer
der derzeitigen Dynastie Benins dar, den aus Ife
gekommenen Oranmiyan. v(ca. um 1200)
Kopfschmuck: alte Krone, ein ausgehöhlter
Maiskolben und ein mit Amuletten gefülltes
Palmwedel-Geflecht.vi
Abbildung 68
KS 4323
Bamileke, Ton, Öllampe für Ritualzwecke in Form
eines Elefantenkopfes und mit dem Muster von
Kaurimuscheln verziert.
Abbildung 69
KS 5261
Ritualobjekt, Holz.
Hunde gelten als Kontakt zur Geistwelt.
Orakel des Hundes.
Das Verhalten von Hunden wird auch innerhalb
des Dorfes beobachtet und aus seinem Verhalten an Hütten Schlüsse auf deren Bewohner
gezogen.
Abbildung 70
KS 5601
Bamileke Throngeist. Holz. Für jeden König werden zu Beginn der Herrschaft Statuen von
Throngeistern angefertigt, die den Thron beschützen und bewachen. Sie sind die Verkörperung von Ahnengeistern.
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Peter Krejsa
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Literatur
u.a.
Louis Perrois. Jean Paul Notué ; Rois et sculpteurs de l’ouest Cameroun
Esther A. Dagan, L’image de l’esprit ; Galerie AMRAD African Art Publications, 1992
Siroto/Holcombe, African Spirit Images and Identities; Pace Primitive and Ancient Art, 1976
Ladislas Segy, African Sculpture; Dover Publications, 1958
Christraud M. Geary, Images from Bamum; National Museum of African Art, 1988
Claude Tardits, L’histoire singulière de l’art bamoum; Maisonneuve & Larose, 2004
Hg. B. Plankensteiner, Benin Könige und Rituale ; snoek, 2007
J. Knappert, Bantu Myths and other Tales; Leiden, 1977
F. Becker, Afrikanische Märchen; Fischer Taschenbuch, 1969
H. Courlander, A Treasury of African Folklore; Marlowe & Company, 1996
44
Peter Krejsa
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Anhang
Erzählungen - Reflexionen
i
Der Krokodil Mann (aus Bantu Myths and other Tales)
Ein Mann ist jeden Tag zum Fluss zum Schwimmen gegangen. Oft, wenn er Kinder baden sah, Frauen
Wäsche waschen, dann dachte er, wie schön es wäre ihr Fleisch zu essen. Er besorgte sich den mächtigen Krokodil-Fetisch. Dann beauftragte er seine Frau einen großen Topf dicke Hafergrütze vorzubereiten. Den nahm er mit zum Fluss und formte daraus einen Menschen. Der erwachte und ging heim.
Der Mann aber verwandelte sich. Ihm wuchs das Gesicht in die Länge, große Zähne wuchsen ihm,
sein Körper bedeckte sich mit einem Schuppenpanzer. Er tauchte ins Wasser und blieb dort.
Was für eine Freude für ihn, einen Jungen oder ein Mädchen am Fuß zu packen und ins Wasser zu
ziehen.
Bald begriffen die Dorfbewohner, dass da kein normales Krokodil sein Unwesen trieb.
Der witch doctor wurde gerufen. Er bereitete einen Krokodil-Töter Fetisch.
Eines Tages war eine Frau in einem Boot auf dem Fluss. Unachtsam hielt sie die Hand im Wasser. Da
biss das Krokodil zu. Die Frau aber schlug mit einem Beil auf seinen Kopf ein, so dass es los ließ.
In dieser Nacht ist im Dorf an Mann an Kopfverletzungen gestorben.
ii
Der Tebo Geist (aus Bantu Myths and other Tales)
Ein Mann hatte viele Ziegen und Schweine. Doch dann brach eine Seuche aus und er verlor alle
Schweine und die Leoparden trugen alle Ziegen weg. So saß er da und haderte mit dem Schicksal.
Warum sein Nachbar nichts verloren hatte.
Schließlich nahm er sein Gewehr und schoss einen Leoparden. Er öffnete seinen Bauch und entnahm
die Galle. Mit ihr bestrich er einen Krug und lud seinen Nachbarn auf ein Bier ein. Bald danach verstarb der Nachbar unter schrecklichen Bauchschmerzen. Seine Witwe befragte einen witch doctor,
der identifizierte den Nachbarn als Täter.
Daher wurde der Mann der Probe mit dem Wahrheitstrank unterzogen. Der Mann starb, als er den
Trank eingenommen hatte.
Nach seinem Tod nahmen in seine Ahnen nicht in das unterirdische Dorf des Clans auf. So irrt er als
hässlicher, übelriechender Zwerg umher.
Er tötet einsame Wanderer und ernährt sich von ihrem Fleisch.
iii
Wie wird man Hexer? (aus Bantu Myths and other Tales)
Ein junger Mann wollte Hexer werden, um Macht über andere zu haben. Er hörte, dass ein Mann
gesehen worden war, wie er Fledermausschädel spaltete. Er wusste, das ist ein Hexer. Mit einem
großen Krug Palmwein besuchte er ihn. Und dann wieder. Und er brachte auch zu essen mit. Nach
Monaten sagte er dem alten Mann endlich, dass er reif werden möchte. Bist du sicher, fragte der alte
Mann. Und da es der junge Mann beteuerte, so sagte er, um ihn zu prüfen: Dann gib mir deinen Onkel. Er ist bestens für den Zweck geschaffen. Der junge Mann stimmte schließlich zu. Da verwandelte
sie der alte in zwei Ameisen. Sie gingen in die Schlafhütte des Onkels wanderten über dessen Leib
hoch in drangen in die Nase ein. Von dort kamen sie zum Herz. Dort saugten sie Blut. Sie waren nun
Blutsbrüder geworden. Der Onkel siechte dahin und verstarb bald, Kein Medizinmann konnte die
Ursache entdecken.
Nach ein paar Jahren war das ganze Dorf ausgestorben. Aufgefressen.
Vorgänge dieser Art werden heute in vielen Sub Sahara Staaten gerichtlich verfolgt. (Hexerei ist auch
in Saudi Arabien ein Delikt, dem mehr und mehr Beachtung zukommt, da hauptsächlich von Fremd45
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arbeiterinnen begangen.) Zur Untersuchung der Anklage gibt es Experten, Gerichtssachverständige,
die ihrerseits Hexer sind, aber auf der guten Seite stehen. Als Strafe für Hexerei, die zum Schaden
eines Menschen führt, steht lebenslängliches Gefängnis. Hexerei wird denunziert, wenn jemand besonderen Erfolg im Beruf, in der Politik hat, aber auch manchmal die siegreiche Mannschaft beim
Fußballspiel.
Die Hyäne und das kluge Mädchen (Tschad)
In einem Dorf wurde ein Erntedankfest gefeiert. Es wurde getanzt, getrunken, musiziert. Eine hungrige Hyäne wurde davon angezogen. Sie hatte schon lange keine Beute gemacht und hatte vorher seine Frau angewiesen Bohnen zu kochen, Bohnen in Salz.
Jetzt witterte sie Fleisch. Sie fand ein Tuch, das zum Trocknen aufgehängt worden war. Rollte sich
ein, dass nur Kopf und Füße frei blieben und mischte sich unter die Tänzer, um einen Fleischhappen
zu ergattern. Doch als einmal das Licht aufloderte wurde sie erkannt und musste fliehen.
Da fand sie ein schlafendes Mädchen. Lud es als Fleischbeute auf den Rücken.
Nun folgt Täuschung und List des erwachenden Mädchens.
Es gelingt ihr, sich in das Geäst eines Baumes zu retten.
Da wirft die Sonne ihren Schatten auf den Fluss. Die Hyäne erkennt sie und denkt, sie wäre im Fluss,
versucht sie zu ergreifen.
Schließlich kommen die Suchenden aus dem Dorf, retten das Mädchen und fangen die Hyäne, die im
Jubel ins Dorf gebracht wird.
Dort wird die Hyäne in eine Grube gebracht, bis zum Hals mit Erde zu gestampft, ein Holzhaufen um
den Kopf errichtet, der in Brand gesteckt wird.
Männer und Frauen tanzen und singen, die Hyäne ist tot, die Hyäne ist tot.
Oranmiyan, the warrior hero of Ife (Nigeria) (Objekt KS 4088)
Oduduwa herrschte seit langem über Ife.
Orunmila, so heißt es, herrschte über Benin. Nach einiger Zeit mochte er nicht mehr und zog sich in
den Himmel zurück.
Die Menschen von Benin baten nun Oduduwa, auch über Benin zu herrschen.
Doch der wollte nicht. „Gehe ich nach Benin, damit Benin einen Vater hat, dann hat Ife keinen.“
Doch dann hat er nachgegeben und ist mit seinem Sohn Oranmiyan nach Benin gegangen. Dort hat er
ihn als Herrscher von Benin installiert und kehrte nach Ife zurück.
Als er im Sterben lag, rief er Oranmiyan zurück, der nun Herrscher von Ife wurde und der seinen Sohn
als König von Benin eingesetzt hatte.
Er vollbrachte viele Heldentaten gegen umgebende Könige, die Ife einnehmen wollten.
Als er sein Ende nahen fühlte, da erklärte er, dass er den Tod nicht aufhalten könne, dass aber ein
Alten- Rat etabliert werden sollte, der auf ihn in kritischen Situationen zurückgreifen könne.
Am Marktplatz schließlich rammte er seinen Stab in den Boden, der sich zu Stein verwandelte, die
Erde tat sich auf und er stieg hinunter.
Als das Ende Oranmiyans bekannt wurde, versuchten wieder viele Obas (Könige) umgebender Stämme, Ife in Besitz zu nehmen.
Doch der Ältestenrat, der die geheimen Worte zur Aktivierung Oranmiyans kannte, konnte dessen
Geist an die Spitze der Armee stellen und die Feinde besiegen.
Lange danach, Ife hatte eine wunderbare Entwicklung hinter sich, da feierten die Bürger und manche
wollten, dass Oranmiyan mitfeiere. Sie zwangen Mitglieder des Ältestenrates das Codewort bekannt
zu geben, mit dem Oranmiyan angefordert werden konnte.
Der erschien auch prompt, es war Nacht und er vermutete in dem Tumult, dass der Feind schon in Ife
eingedrungen war, so richtete er ein schreckliches Gemetzel unter der Ife Bevölkerung an.
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Peter Krejsa
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In den traditionellen Gesellschaften
ist der „Hexerei“ durch Institutionen wie die „Geheimgesellschaften“ einigermaßen klar nach Gut
und Böse (im westlichen Sinn) aufgeteilt. Es gibt Geheimgesellschaften, die sind darauf spezialisiert
Hexer zu entlarven, aufzufinden (Kungang, wie die Ngil Masken der Fang), es gibt solche, die setzen
Hexerei ein, um übernatürliche Kräfte zum Wohl des Volkes zu gewinnen (KS 4603) und natürlich
solche, die mit Hexerei Übeltaten vollbringen. (Nachtbünde)
Zauberkraft ist ambivalent; was historisch als „sakrales Königtum“ bezeichnet wird, entspricht auch
den positiven übernatürlichen Fähigkeiten, die einem Chef zugeschrieben werden, der über ein „gutes“ Charisma verfügen muss, um den „bösen“ Zauber aus dem Hexenbusch von der Dorfgemeinschaft fernzuhalten.
Dort auch ist die Grenze zwischen Kultur und Wildnis. Dorthin werden die Geister der Toten geleitet.
„Gleichzeitige Vielfältigkeit“ («principle of simultaneous multiplicities») hat ein Ethnologe aus Kamerun das Vermengen des Unsichtbaren, Emotionalen und Phantastischen mit dem Realen und Objektiven bezeichnet.
Das Irrationale, Subjektive oder Übernatürliche werde nicht deutlich vom Rationalen, Realen, Natürlichen oder Wissenschaftlichen getrennt. Wobei diese Bezeichnungen, Bestimmungen und Zuordnungen westliche Begriffe sind. (Der Westen selbst hat in seinen tiefen Schichten gleichfalls keine
Eindeutigkeit erreicht. Da ist noch viel vom Ursprung enthalten, wenn die emotionale Angst vor
Kernenergie von manchen als rational wissenschaftlich geglaubt wird.)
Die populäre Epistemologie in Kamerun und in anderen afrikanischen Ländern bildet fließende Übergänge zwischen dem Objektiven und dem Subjektiven. (Auch hier haben wir ein Problem, wenn wir in
die Tiefe gehen, denn das liebgewordene philosophische „objektiv“ gibt es so nicht, weil jedes Objekt
nur über die Wechselwirkung mit einem anderen bestimmbar ist.)
In Douala vermischen sich afrikanische und postkoloniale Ideen, hier treibt der Hexenglaube ungeahnte Blüten in neuen Zusammenhängen. Der Horror, der solchermaßen verarbeitet wird, hat seinen
Ursprung jedoch in realen Ereignissen. Am 20. Februar 2000 gründete die Regierung von Kamerun
das Commandement opérationnel (C. O.), eine paramilitärische Körperschaft, aus Polizei und bewaffneten Kräften. Offizieller Zweck des C. O. ist dem Banditentum Einhalt zu gebieten.
Anfangs wurde das C. O. von allen begrüßt, denn die Stadtpolizei konnte nicht mehr die Sicherheit
gewährleisten.
Die Stadthistorikerin Dominique Malaquais beschreibt, wie es bald zum falschen Lauf kam. Ganze
Stadtteile wurden abgesperrt und besonders Jugendliche verhaftet. Am 16. Juni 2000 klagt Christian
Tumi, der Erzbischof von Douala, dass in sechs Monaten 500 Personen Opfer außergerichtlicher Tötungen durch die C. O. geworden seien. Im kolonialen Stadtkern stellt die C. O. Leichname ihrer Opfer
vor wichtigen Gebäuden aus. Massengräber umgeben die Stadt.
Unter der Bevölkerung kursieren zuerst mehrdeutige Bezeichnungen für Straßen und Orte wie «Arterie», «Vollblüter», «Lebensfluss», «Blutgefäß», bald verbreiten sich Gerüchte und Anklagen wegen
Hexerei.
In einer Stadt, wo Körper real verschwinden, wird über den Handel mit Knochen und Körperteilen zu
okkulten Zwecken gesprochen. Der Wahrheitsgehalt der Gerüchte bleibt ungeklärt. Die in Douala
kursierende Geschichte, dass Menschen in Zombies verwandelt wurden, um auf unsichtbaren Plantagen von Besitzern ausgebeutet zu werden, hört man auch in anderen afrikanischen Großstädten.
(Das war auch eine Erzählung, die über die Kolonialherren im Gange war, dass die in Zombies verwandelten Gefangenen für die Weißen in Manufakturen unter dem Meer arbeiten mussten.)
Filme wie „The Night of the Living Dead“ unterstützen solche Vorstellungen.
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Aus „Die Haut des Anderen“
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Der Glaube an Zombies wird auch als implizite Kritik am Kapitalismus gedeutet. Eine reale Erinnerung
an Zwangsarbeit auf kolonialen Plantagen wird mit der Vorstellung, dass Hexen in einer unsichtbaren
Welt das Leben eines Opfers verzehren verbunden.
Auch den „Feymen“ in Douala wird nachgesagt, sich okkulter Praktiken zu bedienen.
Das sind „Falschspieler“, z. B. Anlagebetrüger im großen Stil. Der Rückgriff auf die Welt der Hexerei
und Magie liefert für viele eine plausible Begründung für die schwer zu akzeptierende Diskrepanz
zwischen dem Luxusleben weniger und der Armut vieler. Plötzlicher Reichtum und unerwartete finanzielle Karrieren verdanken sich der selbstsüchtigen Hingabe an dunkle Mächte, die ihren Lohn für
den Erfolg des Paktes durch die Opferung von Verwandten und Freunden verlangen.
Die Aktualität des Bösen und Okkulten in Afrika bietet Stoff für ethnologische Debatten. Das Okkulte
wird meist auf das Böse beschränkt und als Antwort auf den neoliberal entfesselten Kapitalismus
begriffen.
Die afrikanische Weltsicht besteht in einem Zusammenwirken des Realen und unsichtbarer Kräfte.
Freud hätte das dem „Es“ zugeordnet, nicht eine unabhängige Existenz und Wirksamkeit eingeräumt.
Als Prinzip der „gleichzeitigen Vielfältigkeit“ wurde dies bezeichnet. Was z. B. bedeuten kann, dass
Konflikte und Leiden als sinnvoll verstanden werden können, wenn sie in übernatürlichen Zusammenhängen gedeutet werden. So entwickelten afrikanische Terroropfer spezielle, an magischen Szenarien orientierte Erzählstrategien, durch die sie versuchten, der eigenen Gewalterfahrung Gestalt zu
geben und sie zu verarbeiten. Die Täter seien übernatürliche Gestalten, und ihr Wirkungsort sei der
Busch, die Wildnis gewesen, wo sich ihre unheimlichen Taten vollzogen.
Siehe zum Thema: «Africa Screams» - Das Böse in Kino, Kunst und Kult. Ausstellungskatalog. Hrsg.:
Tobias Wendl. Peter-Hammer-Verlag, Wuppertal 2004.
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