Bericht Kamerun - Evangelische Hochschule Ludwigsburg
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Bericht Kamerun - Evangelische Hochschule Ludwigsburg
Reisebericht einer ökumenischen Begegnungsreise Kamerun Reisebericht einer ökumenischen Begegnungsreise 11.11. - 21.11.2014 Reisebericht einer ökumenischen Begegnungsreise Einleitung Im Rahmen einer hochschulübergreifenden Einladung von Brot für die Welt begaben wir uns auf eine 12-tägige ökumenische Begegnungsreise in das westliche Kamerun, um uns mit Expert/innen aus verschiedenen sozialen und kulturellen Projekten und Einrichtungen auszutauschen. Kamerun wird aufgrund seiner Vielfalt an Landschaften und Vegetationszonen, Ethnien und Sprachen auch als „l‘ Afrique en miniature“ bezeichnet. Die geschätzte Bevölkerungszahl liegt bei ca. 20 Millionen Einwohnern. Die offiziellen Landessprachen sind Französisch und Englisch. Gleichzeitig werden ca. 230 lokale Sprachen gesprochen. Schätzungen gehen davon aus, dass ca. 50 % der Bevölkerung christlichen Glaubensrichtungen angehören und ca. 20 % Muslime sind. Das ProKopf-Einkommen lag 2011 bei ca. 870 Euro. Die Arbeitslosigkeit beträgt zwischen 40% und 60%. Ein Großteil der Bevölkerung lebt in extremer Armut. Als Ressourcen des Landes gelten die Landwirtschaft und Bodenschätze. Neben dem primären Wirtschaftssektor und dem tertiären Sektor der Dienstleistungen, existiert ein ausgeprägter informeller Sektor des Straßenhandels. Die wenigen Betriebe des produzierenden sekundären Sektors sind, wie Teile des primären Sektors, häufig in ausländischer Hand oder stehen unter Kontrolle internationaler Konzerne. Was aber führt vier Vertreter/innen evangelischer Hochschulen in Deutschland nach Kamerun? Die Zusammenarbeit der AGLEH (Arbeitsstelle Globales Lernen an ev. Hochschulen am Comeniusinstitut) mit Brot für die Welt eröffnet den ev. Hochschulen die Möglichkeit einer Kooperation und des Austauschs und die Nutzung von Expertisen in strategisch wichtigen Fragen internationaler Problemstellungen der Sozialen Arbeit, Internationaler Sozialen Arbeit und Gemeindediakonie/-pädagogik sowie in Feldern der Entwicklungszusammenarbeit. Für Studierende an den beteiligten Hochschulen besteht im Rahmen dieser Kooperation die Möglichkeit, qualifiziert begleitete Auslandspraktika bei Projektpartnern von Brot für die Welt zu absolvieren. Die Reise verfolgte das Ziel, diese Zusammenarbeit am Beispiel Kameruns zu konkretisieren und zu verstetigen. Die qualifizierte Vorbereitung und fachliche Begleitung der Reise übernahm Brot für die Welt in Person von Lars Bedurke und Floretta Kayales, welche für uns ein eindrucksvolles Programm ausgearbeitet hatten, das umfassende Einblicke und zahlreiche Erfahrungen ermöglichte, die wir im Folgenden darstellen. Die Stationen unserer Reise im Überblick Unsere Reise begann in der Hauptstadt Yaoundé, in der wir die Université Protestante d’Afrique Centrale (UPAC) und das Trauma Center Cameroon besuchten, sowie die Gelegenheit zu einem Gespräch mit der örtlichen Vertretung des DAAD und mit dem Deutschen Botschafter in Kamerun hatten. Die Fahrt führte uns zunächst weiter nach Bafousam. Dort wurden wir freundlich empfangen und im Centre Polyvalent de Formation beherbergt, einem Fortbildungszentrum mit agro- Reisebericht einer ökumenischen Begegnungsreise ökologischem Schwerpunkt. Zum Abendessen wurden wir herzlich im Hause des Befreiungstheologen Jean-Blaise Kenmogne empfangen, u.a. Gründer des „Cercle pour la Promotion de la Creation (Cipre)“, der Evang. Hochschule Kamerun sowie des Centre Polyvalent de Formation. Bild 1: Kamerun wird auch als Kleinafrika bezeichnet Die nächste Etappe unserer Reise war Bamenda, im englischsprachigen, nord-westlichen Teil Kameruns. Dort hatten wir drei Tage lang die Gelegenheit die Arbeit der Cameroon Baptist Convention Health Services im Gesundheitssektor/ Krankenhaussozialdienst, in einer Gehörlosenschule und pädagogische Aktivitäten kennenzulernen. Ebenfalls in Bamenda waren wir zu Gast bei der Presbyterian Church in Cameroon (PCC), wo wir zum Frühstück beim Leiter der Schule eingeladen waren und anschließend gemeinsam den Gottesdienst besuchten. Des Weiteren stand schließlich der Besuch des „In Service Training Programm (ISTP)“ als gemeinsame Institution beider Kirchen auf dem Programm, wo wir an einer Lehrerfortbildung zum projektorientierten Unterricht teilnehmen und einen reformpädagogisch orientierten Kindergarten besuchen konnten. Der Aufenthalt in Bamenda wurde abgerundet durch einen Besuch im Weltkulturerbe Bafut. Weiter ging unsere Fahrt Richtung Küste, vorbei an diversifiziert tropischen Landwirtschaftsgebieten, durch monokulturelle Plantagenwirtschaft, mit einem Zwischenstopp in einem Museum zur Geschichte Kameruns, durch Regenwaldgebiet bis nach Limbe gelegen an der atlantischen Küste. Über Buea, dem ehemaligen Sitz der deutschen Kolonialverwaltung, ging es schließlich nach Douala. Dort erwartete uns neben großstädtischer Betriebsamkeit, der Besuch zweier Kultureinrichtungen: Des Center „DoualArt“ und des Institutes „AfricAvenir“. Bild 3: Motoräder sind häufige Verkehrs- Bild 2: Junge auf dem Land Neben fundierten Einblicken in die mittel im Kamerun Rahmenbedingungen und Standards der Sozialen Arbeit in den unterschiedlichen Projekten, bot uns das Konzept des „Exposure“ (Eintauchen, Aussetzen) die Möglichkeit, die jeweilige Arbeit vor Ort direkt mitzuerleben und zu begleiten. Neben Fragen nach Möglichkeiten und Standards für Praktikant/innen unserer Hochschulen gerieten auch Fragen des gegenseitigen Austauschs, also Möglichkeiten für Studierende aus Kamerun an deutsche Hochschulen zu kommen, verstärkt in den Blick. Neben fachlichen Aspekten boten sich auch zahlreiche Möglichkeiten, Einblicke in aktuelle ethische, politische, religiöse und kulturelle Diskurse und Entwicklungen in Kamerun zu bekommen. Viele Denkanstöße und Fragen zu Sozialer Arbeit in einer globalisierten Welt wurden aufgeworfen und die Erfahrungen konnten so in einen breiteren Rahmen kolonialer Geschichte und neokolonialer Gegenwart, von Selbstbestimmung und Abhängigkeit, von internationalen Zusammenhängen und transnationaler Zusammenarbeit eingeordnet werden. Die Gesamtheit der Eindrücke und Erfahrungen verdeutlichen, die Chancen, die in einer Verstetigung in der Zusammenarbeit zwischen den ev. Hochschulen und Brot für die Welt liegen. Reisebericht einer ökumenischen Begegnungsreise Es folgt eine ausführliche Darstellung der Reise mit allen relevanten Informationen bezüglich zukünftiger Kooperationen mit den Partnern in Kamerun. Mittwoch, 12.11.2014 – Besuch der UPAC Hochschule Unser erster Tag in Yaoundé, der Hauptstadt Kameruns, führte uns an die Evangelische Hochschule Zentralafrikas (Université Protestante d'Afrique Centrale). Dort begrüßte uns - stellvertretend für den Rektor - der Dekan der theologischen Fakultät. Neben dieser besteht die Universität aus einer medizinischen Fakultät mit den Schwerpunkten Gesundheits-/Pflegewissenschaften, aus einer technologischen Fakultät mit den Schwerpunkten Information & Kommunikation und aus einer sozialwissenschaftlichen Fakultät mit den Schwerpunkten Politik & Friedensforschung. Die Universität wurde 1962, damals lediglich bestehend aus der theologischen Fachrichtung, als erste universitäre Einrichtung in Kamerun gegründet. Seit 2007 werden Bachelor-, Master- und Promotionsprogramme, in den oben genannten Fachrichtungen, angeboten. In den Gesprächen mit den Verantwortlichen wurde deutlich, dass die Auswahl der Studiengänge und somit die Ausbildung der Studierenden - die nicht nur aus Kamerun, sondern auch aus den benachbarten Ländern kommen - der Verbesserung der Lebensbedingungen der Menschen, der Bekämpfung der Armut und vor allem der Bewahrung des Friedens gewidmet ist. Bezüglich der theologischen Ausrichtung zeigten sich hier Bild 4: Campus der UPAC ähnliche Diskussionen wie derzeit in Deutschland. Und zwar inwieweit eine soziale Einrichtung in konfessioneller Trägerschaft ihr christliches Profil in ihrem täglichen Tun zeigen kann. Nach der Begrüßung und Einführung in die Struktur und Geschichte der Universität, begann unser Tag mit einer Andacht. Neben dem hervorragenden Chor waren für uns Besucher die Ansprachen an die Studierenden bemerkenswert. Es wurde beispielsweise, in Anlehnung an eine aktuelle präsidiale Kampagne, ermahnt, dass die Kleiderordnung - keine ärmellosen Hemden oder kurzen Röcke - einzuhalten ist. Auch Streitigkeiten zwischen Studierenden in den Wohnheimen wurden adressiert und diesbezüglich gefordert, dass diese kurzfristig zu lösen seien, sonst wäre ein Verbleib an der Hochschule Bild 5: Chor der Universität für die Betroffenen nicht möglich. Auch wenn die Ansprachen in ihrer disziplinarischen Strenge ungewohnt waren, so waren es weniger die Reaktion der Studierenden, die belustigt bis desinteressiert darauf reagierten. Nach der Andacht folgten weitere Gespräche und eine kurze Führung über das Gelände. Die Hochschule ist wunderschön auf einem Hügel mit Blick auf die Hauptstadt in einer parkähnlichen Anlage mit übersichtlich angeordneten Gebäuden angelegt. Nach dem Mittagessen haben wir verschiedene Vorlesungen besucht. An der sozialwissenschaftlichen Fakultät eine Veranstaltung Reisebericht einer ökumenischen Begegnungsreise in die Einführung zum wissenschaftlichen Arbeiten sowie eine Vorlesung im Bereich Gesundheitswissenschaften. Insgesamt zeigten die Verantwortlichen der Hochschule ein großes Interesse an einem Austausch also die Möglichkeit, dass ihre Studierenden nach Deutschland kommen oder dass Studenten und Studentinnen aus Deutschland Aufenthalte in Kamerun absolvieren. Insbesondere für die Bereiche Gesundheitswissenschaften und Sozialwissenschaften lassen sich viele Parallelen zu unseren Studiengängen im Bereich Pflegewissenschaften und Soziale Arbeit erkennen. Die Vorlesungen finden in französischer Sprache statt, so dass Kenntnisse dieser Sprache Voraussetzung sind. Es ist vereinbart worden, weiter im Kontakt zu bleiben, und auszuloten, welche Möglichkeiten eines Austausches bestehen. Deutscher Akademischer Austauschdienst in Kamerun Nach dem Besuch an der Hochschule fand am Abend ein Essen mit dem Vertreter des Deutschen akademischen Austauschdienstes in Yaoundé, Herrn Brice Martial Chuépo, statt. Die Unterstützung für Interessierte aus Kamerun, die in Deutschland studieren wollen, ist hauptsächlich technischer Natur, d.h. weniger mit konkreten Geldern oder Stipendien. Herr Chuépo ist ein kompetenter, hilfreicher Ansprechpartner sowohl für Studierende aus Kamerun, als auch für Studierende aus Deutschland, die in Westafrika studieren wollen. Bisher liegt der Schwerpunkt der Vermittlung allerdings in den MINT- fächern. Weitere Informationen vom DAAD bezüglich eines Studiums in Kamerun sind unter: http://ic.daad.de/yaounde/de/23896/index.html einzusehen. Donnerstag, den 13.11.14 – Besuch im Trauma Center Cameroon (TCC) Das Trauma Centre Cameroon (Trauma Centre for the Rehabilitation of Victims of Violence and Torture) bietet psychologische, soziale, medizinische und rechtliche Unterstützungsleistungen für Opfer von Gewalt und Folter an. Dabei handelt es ich in erster Linie um Zufluchtsuchende aus den Kriegs- und Krisengebieten der benachbarten Zentralafrikanischen Republik, aber auch um Menschen, die in Kamerun Opfer von (oftmals staatlicher ) Gewalt wurden, z. B. inhaftierte Frauen. Im präventiven Bereich werden Familienberatung /-planung, Bild 6: Mitarbeitende des TCC HIV-Tests und HIV-Prävention angeboten. Das Trauma Center fördert die Traumabearbeitung und –therapie, unterstützt soziale Wiedereingliederungsprozesse und schärft die öffentliche Bewusstseinsbildung und Sensibilisierung für alle Zusammenhänge von Gewalt und Folter. Als NGO verfügt das Trauma Center über schmale finanzielle Spielräume. Eine Psychologin und ein Psychologe arbeiten hauptamtlich, aber eine außerordentlich gute Vernetzung ehrenamtlicher Mitarbeiter/innen , von der Krankenschwester bis zur Leitung der Einrichtung, ermöglichen die vielfältige Arbeit. Wir hatten die Gelegenheit alle Arbeitsbereiche kennenzulernen und mit den Mitarbeiter/innen zu sprechen, wobei der Besuch einer angeleiteten Selbsthilfegruppe/Therapiegruppe von geflohenen - vom Krieg traumatisierten - Männern aus der Zentralafrikanischen Republik in besonderer Weise beindruckte: Reisebericht einer ökumenischen Begegnungsreise Nach dem Ansatz der zukunftsorientierten Biographiearbeit, verfassten die Männer Briefe an eine wichtige, geliebte Person, mit dem inhaltlichen Fokus auf Aussagen zur jeweiligen gewünschten Zukunftsperspektive. In der Gruppe haben die Verfasser dann ihre Briefe vorgelesen und so auf sehr bewegende Weise Auskunft erteilt über ihr Selbstbild, ihre Identität als Mensch auf der Flucht und über ihre Ressourcen für die weitere Lebensplanung. Das Trauma Centre Cameroon ist sehr interessiert an Studierenden der Evangelischen Hochschulen und bietet ein ambitioniertes Praktikum an: Nach ihrer Ankunft werden die Studierenden von den Mitarbeiter/innen ausführlich eingeführt und zunächst begleitet auf dem Weg zu einer „interkulturellen Balance“, um einen eventuellen „Kulturschock“ zu vermeiden. Nach der „mentalen Ankunft“ werden gemeinsam Lernziele formuliert und in einem Ausbildungsplan dokumentiert, einschließlich der Teilnahme an Arbeitskreisen und Hospitation in anderen kooperierenden Einrichtungen. Die regelmäßige Reflexion des Praktikumsprozesses ist dabei ein wichtiger Standard. Freitag, den 14.11.14 - Besuch der deutschen Botschaft Vor unserer Abreise aus Yaoundé hatten wir noch Gelegenheit den deutschen Botschafter Dr. Klaus-Ludwig Keferstein in seiner Residenz zu besuchen. Der Besuch entpuppte sich anfangs nicht so einfach, da wir die deutsche Botschaft erst nach längerem umherirren finden konnten. In Yaoundé gibt es keine Straßennamen und insgesamt fällt die Orientierung dort nicht einfach. Das Bild was der Botschafter von Kamerun und auch Westafrika zeichnete war sehr verhalten, in dem Sinne, dass er meinte, dass das moderate wirtschaftliche Wachstum nicht mit dem Bevölkerungszuwachs Schritt hält. Auch habe er die letzten Jahre zu wenig Fortschritt und Entwicklung gesehen. Er betonte, dass der Präsident, der seit 32 Jahren an der Macht ist, eine hohe Akzeptanz in der Bevölkerung genießt, vielleicht weil er auch ein Garant für Stabilität und Frieden ist. In einem Land mit über 200 Stämmen und verschiedenen Sprachen ist dies nicht selbstverständlich. AllerBild 7: Straßenbild Yaoundé dings bekräftigte er, dass aufgrund des Alters, man über eine Nachfolge des Präsidenten nachdenken muss, dies sei noch nicht geregelt und unklar. Er hoffe, dass der Übergang ruhig verläuft. Ein weiteres Thema war die Entwicklung im Norden von Kamerun. Dieser ist nun für Touristen und auch Hilfsorganisationen gesperrt, da dort Terroristen (Boko Haram) aktiv sind. Der Botschafter betonte, dass man dies völlig unterschätzt habe, und dass dies seit zwei Jahren ein ernsthaftes Problem darstelle. Der Botschafter bedauerte zudem, dass in Kamerun wenig Tourismus vorhanden sei, er verwies in diesem Zusammenhang auf die fehlende Infrastruktur also auf ausreichende Hotels, Museen usw. Weiterfahrt nach Bafoussam Nach dem Gespräch mit dem Botschafter haben wir unsere zweitägige Fahrt in den Nordwesten des Landes angetreten. Übernachtet haben wir außerhalb der Provinzhauptstadt Bafoussam in Reisebericht einer ökumenischen Begegnungsreise einer sehr schönen Anlage, die als Tagungscenter für Weiterbildungen genutzt wird (Centre Polyvalent de Formation). Zu der Anlage gehören Gärten und Ställe, die für Weiterbildungsmaßnahmen im Agrarbereich dienen. Am Abend waren wir privat zu einem Abendessen mit verschiedenen Vertretern der dortigen Universität eingeladen. Neben der wunderbaren Gastfreundschaft ist aus den Gesprächen zu erwähnen, dass es in Kamerun kaum einen Fokus auf Menschen mit psychischen Erkrankungen gibt. Es gibt weder Psychiater noch Bild 8: Verkehrsstraße nach Bafoussam entsprechende Einrichtungen und häufig wird in psychischen Erkrankungen eine Besessenheit von Geistern gesehen, was mit Stigmatisierungen einhergeht. Samstag, 15.11.14 –Besuch des Cameroon Baptist Convention Health Service Eine holprige Autofahrt über Straßen mit vielen Schlaglöchern führte uns von Bafoussam nach Bamenda und damit erstmals in den englischsprachigen Teil Kameruns. Dies erleichterte die Kommunikation erheblich, weil wir nun nicht mehr auf einen Dolmetscher angewiesen waren. Am Nachmittag trafen wir im Cameroon Baptist Convention Health Service (www.cbchealthservices.org) als erstes Christy Fijong, die uns als Verantwortliche für den Einsatz von Freiwilligen und Praktikant/innen mit dem Programm für unsere Semesterpraktikant/innen vertraut machte. Studierende der Studiengänge Soziale Arbeit oder Religionspädagogik evangelischer Hochschulen in Deutschland können seit 2009 in Kooperation mit Brot für die Welt in den BereiBild 9: Kirche bei Baffousam chen Kirche, Erziehung oder Gesundheitsservice ein Semesterpraktikum (3 bis 6 Monate) absolvieren. Mögliche Einsatzfelder für Sozialarbeitsstudierende finden sich im Gesundheitsservice, zu dem u.a. zwei Krankenhäuser, das Gesundheitszentrum und die Arbeit vor Ort in den dörflichen Gemeinden (ambulante Versorgung alter und kranker Menschen) gehören. Religionspädagogikstudierende können im Kinder- und Jugendgottesdienst sowie bei der religiösen Erziehung in der Sonntagsschule oder in der Seelsorge mitwirken. Die Studierenden werden sozialarbeiterische Aufgaben wie Beratung von Menschen in schwierigen Lebenssituationen (z. B. vor und nach chirurgischen Eingriffen, bei chronischen oder psychischen Krankheiten, Suchtmittelmissbrauch) oder die Unterstützung von Klient/innen bei der Regelung finanzieller Angelegenheiten kennenlernen und im Laufe des Praktikums auch einzelne Aufgaben in diesem Zusammenhang übernehmen. Die Aufklärung der Menschen bezüglich sexuell übertragbarer Krankheiten einschließlich Aids gehört auch zum Aufgabenbereich. Bild 10: Auf der Fahrt nach Bamenda Reisebericht einer ökumenischen Begegnungsreise Die Begegnung mit dieser fachlich sehr kompetenten, engagierten und warmherzigen kamerunischen Kollegin hat uns nicht nur viel Freude bereitet, sondern uns auch davon überzeugt, dass unsere Studierenden bei ihr „in guten Händen“ sind. Christy hat uns berichtet, dass es derzeit keine Ausbildungsstätten für Sozialarbeiter/innen mehr gibt und die meisten Kolleg/innen einen Abschluss in Soziologie oder Psychologie haben (sie selbst hat noch einen Master in Women/Genderstudies und Counselling) und eine ergänzende Zusatzausbildung im Hinblick auf die sozialarbeiterischen Aufgaben absolvieren. Fachliche Standards für die praktische Ausbildung der Studierenden wie z. B. regelmäßige Anleiter/innengespräche, Supervision, die Arbeit mit einem individuellen Ausbildungsplan und die abschließende Beurteilung der praktischen Arbeit sind für Christy selbstverständlich. Die erste Woche im Praktikum dient dem Kennenlernen der Arbeitsbereiche mit der abschließenden Entscheidung der Studierenden, wo sie tätig sein möchten. Wichtige praktische Hinweise die Ankunft und den Aufenthalt der deutschen Studierenden betreffend ergänzten unser Gespräch: Christy holt die Studierenden am Flughafen in Douala ab und bittet daher um eine Ankunftszeit am Nachmittag. Die Fahrt von Douala nach Bamenda am nächsten Tag kann mit dem CBC Auto (sicher aber teuer) oder einem der öffentlichen Busse (nicht so sicher aber billiger)erfolgen. Da es keinen öffentlichen Nahverkehr gibt, sollten die Studierenden Taxis und nicht die „Motorradtaxis“ benutzen. Auch wir haben beobachtet, dass die Motorräder zwar schneller durch den dichten Verkehr kommen, sich aber oft in riskanter Fahrweise (ohne Helme!) durch den Verkehr und an den Schlaglöchern vorbei schlängeln. Es besteht die Möglichkeit, ein möbliertes Appartement auf dem Gelände der CBC (teuer) zu mieten; schwieriger ist es, eine (unmöblierte) Wohnung in der Stadt zu finden. Bild 11: Wasserfall in den Bergen Bamendas Die wunderschöne, grüne und hügelige Umgebung Bamendas einschließlich eines beeindruckenden Wasserfalls lädt zu Ausflügen ein, die Christy auch regelmäßig anbietet. Tih Pius Muffih, der Direktor des Health Services, informierte uns ergänzend über die Geschichte, Organisation und Aufgaben der einzelnen Abteilungen. Ein abendliches Buffet mit weiteren Mitarbeitenden der CBC rundete den Abend ab. Sonntag, 16.11.14 –Gottesdienstbesuch und des Weltkulturerbes Bafout Den sonntäglichen Gottesdienst besuchten wir in der Kirche der Presbyterian Secondary School (P.S.S. Mankon). Diese Schule (Internat) hat fast hundert Angestellte, die sich nach reformpädagogischen Konzepten der Ausbildung der ca. 1150 Schüler widmen. Die Schüler kommen aus dem ganzen Land - auch viele kamerunische Familien, die im Ausland leben, schicken Ihrer Kinder hierher. Der Tag begann mit einem Frühstück, zu dem Frederick Njobati und seiner Frau zu sich nach Hause eingeladen hatten. Beide sind Lehrer an der Schule und leiten und fördern das Reformpädagogische Programm Bild 12: Gottesdienst an der P.S.S. Mankon Reisebericht einer ökumenischen Begegnungsreise (ISTP; siehe unten) in Bamenda. Nach dem Frühstück versammelten wir uns vor der Kirche, in denen dann in einem langen Strom die Schüler und Lehrer und Geistlichen – größtenteils tanzend- einzogen. Der Gottesdienst war geprägt durch viel Gesang mit mitreißenden Rhythmen und verschiedenen Tanzchoreographien, zu denen Teile der Schüler und Lehrer wiederholend aus der Kirche aus- und wiedereinzogen. Mittendrin ein ausführliches Willkommenheißen der deutschen Gruppe, eine längere Predigt und Glaubensbekenntnisse der Kleinsten, die mit viel Jubel durch die Gemeinde aufgenommen worden sind. Nach 3 Stunden haben sich alle draußen versammelt und in verschiedenen Spielen sind die Lehrer gegen die Schüler zur Belustigung aller angetreten. Weltkulturerbe Bafut Bild 13: Königin vor Opferstelle Nach dem Gottesdienst fuhren wir zu einer der bekannten Cheferien Kameruns nach Bafut. Die Anlage, d.h. der Königspalast, ist Weltkulturerbe der UNESCO. Die Anlage beherbergt eine Vielzahl von kleineren Gebäuden, die alle um das zentrale Achum-Heiligtum („Palast“) angelegt sind. Dieses kann nur vom König, den Königinnen und dem königlichen Gericht betreten werden. Der Palast ist das spirituelle Herz und beherbergt einige wichtige Fetische und Zauberfiguren. Er ist aus Holz und Bambus gebaut. Im kleinen Museum, dem ehemaligen Gästehaus der Kolonialbeamten, sind eine Vielzahl von traditionellen Masken, Figuren und Kostümen ausgestellt und die Historie Bafuts dargestellt. Eine der Königinnen führte uns in der Anlage herum und erklärte die Traditionen und Bedeutungen und Funktionen der Häuser und Gegenstände. Vieles im Leben der Königsfamilie und ihren Aufgaben haben sich über die Jahrhunderte nicht geändert. Doch dies scheint kein Widerspruch zur Moderne. Zwar sind die Könige im Norden Kameruns seit der Unabhängigkeit 1961 der Gerichtsbarkeit der Zentralregierung in Yaoundé unterstellt. Doch bis heute haben sie eigenständige Verwaltungsaufgaben und üben einen Teil der traditionellen Rechtsprechung aus. Gleichzeitig werden Bild 14: Stelzentänzer viele alte Traditionen weiter gelebt. Manche sind in westlichen Augen ungewöhnlich: Der König in Bafut hat 40 Frauen - einige davon hat er von seinem verstorbenen Vater übernommen. Bild 15: Achum-Heiligtum Für Besucher manifestieren sich die Traditionen auch in den Maskentänzen und den Gesängen, die die Angehörige aus der Königsfamilie zur Melodie eines „Riesenxylophons“ für uns aufführten. Sechs Musiker haben es zeitgleich bedient. Besonders beeindruckend dabei war ein Maskentänzer, der wendig auf Stelzen, Teil der Tanzzeremonie war. Reisebericht einer ökumenischen Begegnungsreise Montag, 17.11.14 – Besuch des Mbingo Baptist Hospital Das Mbingo Hospital ist eines von sechs von der CBC betriebenen Krankenhäusern. Als ehemaliges Leprasanatorium liegt es ca. 1,5 Stunden Fahrzeit außerhalb von Bamenda, in den Bergen. Das Mbingo Hospital umfasst heute zahlreiche Fachabteilungen mit ca. 280 Betten und gilt als Krankenhaus mit hohem Standard. Hier werden jährlich ca. 72.000 Patienten versorgt. Einer Begrüßung und Einführung durch den Verwaltungsleiter der Klinik folgt eine Führung über das Klinikgelände und durch die verschiedenen Abteilungen des Krankenhauses. Da die Krankenhausbehandlung keine Grundversorgung der Patienten enthält, werden die Patienten von den Angehörigen, welche sich aufgrund des großen Einzugsgebiets ebenfalls auf dem Klinikgelände aufhalten, mit Essen versorgt. Am Nachmittag hatten wir Gelegenheit die Arbeit der sechs Mitarbeiterinnen des Kliniksozialdienstes näher kennenzulernen und diese, nach einer Einführung in die Grundlagen ihrer Arbeit, jeweils zu zweit in die verschiedenen Fachabteilungen zu begleiten. Die Arbeit des Sozialdienstes orientiert sich an den Standards der „National Association of Social Workers (NASW)“ und an der Wertebasis der baptistischen Kirche. Die Sozialarbeiterinnen verfügen i.d.R. über ein abgeschlossenes Studium der Soziologie, der Gender-Studies o.ä. und erhalten eine Weiterbildung in Sozialer Arbeit über die CBC. Von evtl. Praktikant/innen wird daher neben sehr guten Englisch- und Französischkenntnissen, interkultureller Kompetenz und Akzeptanz der örtlichen Bedingungen, eine christliche Ausrichtung und Anpassungsbereitschaft erwartet. Schwerpunkte des Kliniksozialdienstes liegen neben der individuellen psychosozialen Begleitung in hohem Maße im Bereich der Unterstützung des persönlichen Umfelds und der Ressourcenarbeit. Bild 16: Werkstatt für Prothesen Hierzu gehört u.a. die Vermittlung in Familienkonflikten, Empowerment, Gesundheitsberatung, aufklärung und -erziehung in den Familien, was auch Besuche am Wohnort einschließt. Ein gewichtiger Bestandteil der Arbeit ist jedoch die Sicherstellung der materiellen Grundsicherung und die Klärung der Übernahme der Behandlungskosten z.B. durch Fonds oder das familiäre bzw. weitere Umfeld der Patient/innen. In der Begleitung der Arbeit in verschiedenen Fachabteilungen (Kinderklinik, Frauenklinik, Leprastation, Unfallambulanz) wurde uns die Arbeit des Sozialdienstes anhand konkreter Situationen eindrucksvoll dargestellt und erläutert. Reisebericht einer ökumenischen Begegnungsreise Unweit der Klinik, ebenfalls in den Bergen des Graslandes gelegen besuchten wir die angeschlossene Gehörlosenschule. Diese nimmt 140 gehörlose oder schwerhörige Kinder aus ganz Kamerun auf. Der Zugang erfolgt über das Krankenhaus oder über Bezirksarbeit, welche versucht gehörlose Kinder, die nicht beschult werden ausfindig zu machen. Viele gehörlose Kinder werden nicht an einer regulären Schule angemeldet, da Behinderung Bild 17: Kinder der Gehörlohäufig stigmatisiert ist und der Staat allgesenschule meine Schulen bislang nicht für alle Kinder ge- Bild 18: Schüler vor Kochstellen öffnet hat. Die Gehörlosenschule besuchen daneben 60 Kinder ohne Behinderung aus der Umgebung, welche zunächst (in der primary-school) in getrennten Klassen auf demselben Gelände unterrichtet werden. In der Sekundarstufe werden die Kinder i.d.R. integrativ in umliegenden Schulen mit zusätzlicher Unterstützung unterrichtet. Ziel ist die Integration in die Gesellschaft z.B. eine Ausbildung/ein Studium, das in Einrichtungen der CBC z.B. mit Hilfe von Gebärdendolmetschern ermöglicht werden soll. Daher werden die Kinder neben der (amerikanischen) Gebärdensprache auch mit Möglichkeiten der unterstützten Kommunikation und ggf. Hörsprache vertraut gemacht (total communication). Eine große Bedeutung erhält in diesem Zusammenhang auch die Beratung und Unterstützung der Familie und des sozialen Umfelds, um eine Kommunikation im Herkunftsmilieu zu ermöglichen und zu erleichtern. Hierzu sind Hausbesuche in z.T. weit entfernten Gegenden unerlässlich. Als besondere Herausforderungen wurden Lern- bzw. Mehrfachbehinderungen, Schwierigkeiten im Erwerb der von der Gebärdensprache abweichenden Schriftsprachgrammatik sowie der hohe Aufwand im Bereich der Netzwerkarbeit benannt. Beeindruckend war in beiden Arbeitsfeldern, wie Soziale Arbeit ohne staatliche soziale Sicherungssysteme mit hohem Standard und großem Engagement umgesetzt wird und in starkem Maße „Community-Arbeit“ einschließen muss. Nachmittags: Begleitung einer Sozialarbeiterin im Mbingo Baptist Hospital Das Krankenhaus – weit außerhalb Bamendas idyllisch von grün bewachsenen Bergen umgeben – hat uns sehr beeindruckt. Wir begegneten und sprachen mit vielen Menschen in der Ambulanz und als Patienten oder Angehörige auf den Stationen. Eine Station hat mindestens 28 Betten, die in der Regel auch alle belegt sind, oft werden in den Mittelgang noch zusätzliche Betten gestellt. Im Sozialdienst des Krankenhauses sind sechs Sozialarbeiterinnen beschäftigt. Am Nachmittag hatte unsere Gruppe die Gelegenheit, jeweils zu zweit mit einer kamerunischen Kollegin auf die Krankenstationen zu gehen. Tim Hagemann und Ruth Wunnenberg begleiteten die Sozialarbeiterin, die für die Lepra- und die Aufnahmestation zuständig ist. Reisebericht einer ökumenischen Begegnungsreise Da es in Kamerun keine Krankenversicherung gibt, müssen die Patienten bzw. deren Angehörige die Behandlung selbst bezahlen. Die wichtigste Aufgabe der Sozialarbeiterin ist es daher, für die Begleichung der Rechnungen – sei es durch den Patienten selbst oder durch eine Kontaktaufnahme mit Angehörigen - zu sorgen. Auf Wunsch können auch Ratenzahlungen per Vertrag vereinbart werden. Bei planbaren Eingriffen muss die Finanzierung im Vorfeld sichergestellt sein, im Notfall kann sie auch hinterher erfolgen. Sollte die Rechnung trotz aller Bemühungen bis zum Bild 19: Patientenzimmer in der Leprastation Zeitpunkt der Entlassung nicht bezahlt sein, dann dürfen die Patienten das Klinikgelände nicht verlassen (d.h., sie liegen vor den Stationen auf dem Boden oder in einem dafür vorgesehenen Gebäude) und müssen darauf warten, dass jemand Ihnen Geld bringt. Gelegentlich besteht auch die Möglichkeit, die Schuld auf dem Krankenhausgelände „abzuarbeiten“. Andere Probleme, die die Sozialarbeiterinnen beschäftigen, ähneln unseren: Es gilt, bei Familienkonflikten zu intervenieren, Beratung und Unterstützung in Fällen von Misshandlung und Vergewaltigung anzubieten. Fragen der Wohnmöglichkeit von entlassenen Patient/innen, die unter ansteckenden Krankheiten leiden, müssen geklärt werden – oft gibt es hier viele Vorbehalte zur Wiederaufnahme der Betroffenen in die häusliche Umgebung seitens der Angehörigen. Abends: Gespräch mit Rév. Dr. Jean Blaise Kenmogne Am Abend hatten wir bei einem informellen Abendessen mit Jean-Blaise Kenmogne und seiner Frau Gelegenheit zum Austausch über die politische Situation Kameruns und die schwierige Situation einzelner kritischer Kirchenrepräsentanten. Jean-Blaise Kenmogne ist Pfarrer der Evangelischen Kirche Kameruns. (EEC), Docteur/PhD en Droits de l`Homme, Rektor der Université Evangélique du Cameroun (UEC) und Menschenrechtsaktivist. Kenmogne setzt sich seit Jahren für die Rechte von Homosexuellen ein (Homosexualité, Eglise et Droits de l`Homme) und ist ein entschiedener Kritiker aller staatlichen und kirchlichen Ausprägungen von Homophobie. Dafür wurde er von seiner Kirche für ein Jahr suspendiert und obschon wieder im Amt, erfährt er nach wie vor Anfeindung und persönliche Bedrohung für sein Engagement und nur in wenigen, einzelnen Fällen brüderliche Solidarität. Jean-Blaise Kenmogne ist eine starke Persönlichkeit, die trotz allem tiefes Gottvertrauen und eine unerschütterliche Zuversicht ausstrahlt. Dienstag, 18.11.14 – In Service Training Programm (ISTP) Dieser Tag begann in dem auf einem kleinen Hügel gelegenen Hauptgebäude des ISTP mit einem gemeinsamen Frühstück der dortigen Verantwortlichen und unserer Gruppe. Es folgte eine sehr informative Präsentation über die vielfältigen Aktivitäten des Trägers: Angebot von Fortbildungsprogrammen für Lehrer/innen zur Verbesserung der Schulbildung durch reformpädagogische Ansätze und Vermittlung von Wissen in Bezug auf Themen wie z.B. Kampf gegen Gewalt, HIV/Aids, Reisebericht einer ökumenischen Begegnungsreise Umwelterziehung. Anschließend wird die Umsetzung der neuen Ideen durch Vernetzung (Absolvent/innen der Fortbildung werden zu Multiplikator/innen) und Unterstützung durch die Fortbildungsleiter/innen in den Schulen vor Ort unterstützt. Bild 20: Nursery School Bamenda Im Anschluss fuhren wir mit dem Auto in einen weiter entfernten Stadtteil von Bamenda, wo das ISTP auf dem Gelände des Ntamulang Church Centre eine Grundschule und einen Kindergarten unterhält. Der Kindergarten ist dank der Unterstützung von Brot für die Welt in einem sehr hübschen und farbenfrohen Flachbau untergebracht und verfügt über einen eigenen Spielplatz. Es gibt einen Sanitärbereich mit kleinen Toiletten und Waschbecken sowie eine Küche, in der nicht nur Mahlzeiten für die Kinder zubereitet werden, sondern auch mit den Kindern gekocht und gebacken wird (ein selbst produzierter Bananenkuchen hat uns gut geschmeckt!). Durch die finanzielle Unterstützung dieser Einrichtung und dem dadurch nur sehr geringen Eigenbeitrag ist es für viele Familien möglich, Ihre Kinder hierher zu schicken. Viel Spaß hatten wir beim Hospitieren in den kleinen Gruppen mit neugierigen, fröhlichen Kindern (3-5 jährige), die uns stolz ihre Lernergebnisse (Zahlen von 1-10) und Plastikbaustein „Bauwerke“ präsentiert haben. Die Erzieherinnen haben wir als sehr liebevoll, geduldig und zugewandt erlebt. Dies könnte durchaus ein interessanter Praktikumsplatz für Studierende der Kindheitspädagogik sein. Pedagogic In Service Training Programme ISTP Cameroon ist eine Bildungseinrichtung zweier evangelischer Kirchen in Kamerun, nämlich der Presbyterianischen (PCC) und der Babtistischen (CBC). Die ISTP bietet reformpädagogische Weiterbildungen für Lehrer an. Im Nordwesten Kameruns gehören 36 weiterführende und über 200 Grundschulen mit ca. 850 Sekundarschullehrern und 1.250 Grundschullehrern diesem Weiterbildungsverbund an. Es werden auch Maßnahmen direkt für die Schüler angeboten. Die Ziele des ISTP sind, die Qualität der Schulen und des Unterrichts zu verbessern und Themen wie Umweltschutz, Gerechtigkeit, Nachhaltigkeit und Eigenverantwortung aufzugreifen und lebensnah zu vermitteln. Laut Aussagen der Mitglieder des ISTP sind die Strukturen in den meisten Schulen Kameruns auf Auswendiglernen und Disziplin angelegt. Die Ausstattung an vielen staatlichen Schulen ist sehr dürftig, die Tische stehen in engen ReiBild 21: Gruppenarbeit zum Thema Komplexität hen und die Klassen sind aufgrund des Bevölkerungszuwachses inzwischen völlig überfüllt. Die ISTP hat inzwischen über 60 Lehrer als "Multiplikatoren" ausgebildet, die ihr Wissen an den verschiedenen Schulen weitervermitteln. Die Weiterbildung, an der wir teilnahmen, hatte „Umgang mit Komplexität“ zum Thema. Nach „Aufwärmübungen“ und einem theoretischen Input wurden dazu in Gruppenarbeiten verschiedene Ideen reflektiert und es wurde erarbeitet, wie man dieses Thema aktivierend und praxisnah in den Unterricht einbringen könnte. In der abschließenden Diskussion mit den teilnehmenden Lehrenden und Programmverantwortlichen wurde noch einmal das große Interesse an einem Reisebericht einer ökumenischen Begegnungsreise Austausch mit den Partnern in Deutschland sichtbar. Zudem wurde noch einmal ausdrücklich Brot für die Welt für die sehr gute Zusammenarbeit und Unterstützung des Programms gedankt. Mittwoch, den 19.11.14 Reise nach Limbe Die lange Autofahrt von Bamenda nach Limbe wurde durch einen Besuch des äußerst sehenswerten „Musée des Civilisations“ in Dschang unterbrochen. Hier wird die Geschichte Kameruns einschließlich der Kolonialzeit eindrucksvoll durch Zeittafeln, Originaldokumente, verschiedene Gegenstände und Fotographien dargestellt. Eine gute museumspädagogische Aufbereitung macht die Ausstellungen interessant und abwechslungsreich. Auf der Veranda einer etwas abseits gelegenen und durch einen eigenen Eingang geschützten Gästefarm im grünen Hügelland gab es ein Mittagessen. Hier können Touristen in kleinen runden Holzhütten übernachten. Die weitere Autofahrt nach Limbe führte uns an endlosen Bananen- und Bild 22: Fauna Kameruns Palmplantagen vorbei. Blaue Säcke mit Pestiziden zum Schutz vor Krankheitsbefall waren um die Bananen befestigt – sicherlich landen die Giftstoffe über die Schale auch in der Frucht selber. Schilder ausländischer Großkonzerne (z.B. Del Monte) machen deutlich, an wen die Einnahmen fließen. Auch der Gewinn aus den Palmplantagen und die damit verbundene weitere Verarbeitung z.B. zu Margarine fließt in ausländische Firmen. Die Abholzung des Regenwaldes zur weiteren Bepflanzung löst in Kamerun inzwischen immer heftigeren Protest aus. Bild 23: Monokultur Bananenanbau In Limbe angekommen, wollten wir gern im Meer baden; leider stellte sich heraus, dass der zum Hotel gehörige Strandbereich aus Sicherheitsgründen von 18:00 Uhr bis 08:00 Uhr des Folgetages geschlossen wird. Das Bad in den Wellen haben wir daraufhin auf den nächsten Morgen verschoben und dann auch sehr genossen! Anschließend konnten wir Fischer beobachten, die ihre Netze einzogen in der Hoffnung auf einen guten Fang. Auch hier wurden wir wieder darin erinnert, dass die Meere durch die großen Trawler inzwischen förmlich „leer“ gefischt werden und für die einheimische Bevölkerung wenig übrig bleibt. Beim Abendessen hatten wir dann unerwarteter Weise die Gelegenheit, ein Gespräch mit Kathrin, einer kamerunischen Sozialarbeiterin, zu führen. Kathrin hat in Bremen Sozialarbeit/Sozialpädagogik studiert und ist anschließend mit Hilfe von Brot für die Welt nach Kamerun zurückgekehrt. In Maroua, einer Stadt im Norden Kameruns, leitet Kathrin seit 1999 eine berufsbildende Schule für Mädchen. Bild 24: Zwillinge holen Wasser Der Norden Kameruns ist von extremer Armut betroffen, in den meisten Regionen gibt es weder Strom noch fließend Wasser. Die meisten Mädchen müssen früh in der häuslichen Versorgung mithelfen und werden schnell verheiratet. Zunehmend gefährlich wird es in dieser Region durch die Überfälle der Terrorgruppe Boko Haram. In der Schule werden den Mädchen neben einer Reisebericht einer ökumenischen Begegnungsreise Allgemeinbildung auch handwerkliche Fähigkeiten wie z.B. Nähen vermittelt, damit sie später eine Grundlage zum eigenen Broterwerb haben. Der Erfolg der Ausbildung und deren Akzeptanz sprechen sich anschließend in den Familien herum, sodass sich regelmäßig Mädchen um diese Schulbildung bemühen. Mit den besten Wünschen für eine sichere und erfolgreiche Fortführung dieser wichtigen Arbeit verabschiedeten wir uns von der Kollegin. Donnerstag, 20.11.14 Auswertung, Besuch der Stast Buea Der vorletzte Tag diente vormittags der Reflexion der bisherigen Reise und dies vor wunderbarer Kulisse. Vor uns lag ausgestreckt der Golf von Guinea in dem Fischer mit ihren Booten in der Brandung die Netze auswarfen und hinter uns der bewaldete Vulkan Mt. Cameroon, der mit über 4.000 Meter, der höchste Berg des Landes ist. Am Nachmittag wandelten wir dann auf kolonialen Spuren, in dem ehemals deutschen Verwaltungssitz in der kleinen Stadt Buea, die in einer Höhe von 1000 Bild 26: Ehemals dt. Verwaltungssitz m am Fuße des Kamerunberges liegt. Die Geschichte der deutschen Kolonie, ist wie wohl die ganze Kolonialzeit, geprägt von Vertreibung, Unterdrückung und Ausbeutung. Neben einem Bismarck-Brunnen und verschiedenen Verwaltungsgebäuden, zeugt noch heute das „Gouvermentshaus“ davon. Dieses dient nun dem aktuellen Langzeitpräsidenten als einer seiner vielen Paläste im Land. Laut der Ortskundigen, hat der Präsident diesen Wohnsitz allerdings erst zweimal in 30 Jahren benutzt. Nichtsdestotrotz wird ständig eine Infrastruktur in dem Gebäude für ihn vorgehalten. Von Buea starten mehrtätige Wandertouren zum Kamerunberg. Die Touren führen durch den Regenwald und mit etwas Glück kann man Waldele- Bild 25: Wasserfall am Kamerunberg fanten und Schimpansen beobachten. Unsere Zeit reichte leider nur für eine kurzen Spaziergang zu einem sehr schönen Wasserfall oberhalb des Ortes. Freitag, 21.11.14 „Doual‘art“ und „Fondation AfricAvenir International“ Zum Ende der Begegnungsreise hatten wir die Gelegenheit einen Einblick in die zeitgenössische Kunst und die aktuelle (kulturelle) Auseinandersetzung mit der kolonialen Vergangenheit zu bekommen. In Douala besuchte wir zwei kulturelle Einrichtungen: „Doual‘art“ und die „Fondation AfricAvernir International“, welche sich beide mit der Aufarbeitung der eigenen Kolonialgeschichte und deren Folgen befassen. Doual‘art Doual’art ist ein Zentrum für zeitgenössische Kunst, das 1991 von Marilyn Douala Bell, der Enkelin des von der deutschen Kolonialmacht 1914 hingerichteten Königs Rudolf Douala Manga Bell, als Non-Profit-Organisation, gegründet wurde. Reisebericht einer ökumenischen Begegnungsreise Bild 27: Skulptur aus Material vom Schrottplatz Zunächst besuchten wir die aktuelle Ausstellung des Museums und wurden in die Aktivitäten des Zentrums eingeführt. Der öffentliche Raum spielt eine wesentliche Rolle in den Aktivitäten. Durch künstlerische Aktionen wirkt doual’art als Vermittler zwischen unterschiedlichen sozialen Akteuren, der Bevölkerung und lokalen und internationalen Künstler/innen. Doual’art sieht in diesen künstlerischen und kulturellen Aktivitäten das Potenzial, gesellschaftliche Entwicklungen anzustoßen, kulturelle Identität und soziales Zusammenleben zu unterstützen. So soll beispielsweise durch verschiedene Kunstwerke an kolonialgeschichtlich relevanten Orten der Stadt die Erinnerung und Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte angeregt werden, oder durch gemeinsame Kunstprojekte mit verschiedenen Bevölkerungsgruppen das soziale Zusammenleben in der Stadt gefördert werden (www.doualart.org). Fondation AficAvenir International Nachmittags wurden wir in der Fondation AfircAvenir International, einem von Prinz Kum’a Ndumbe III gegründeten, unabhängigen afrikanischen Kulturzentrum empfangen, das sich seit ca. 30 Jahren systematisch für die Befreiung vom (neo)kolonialen System einsetzt und für afrikanische Lösungswege und endogene Entwicklung einsetzt. Die Stiftung steht damit für ein selbstbewusstes, friedliches und prosperierendes Afrika, in einer gerechten Weltordnung. Neben zahlreichen Veröffentlichungen und Vorträgen des Gründers, verfügt die Stiftung über eine eigene umfangreiche Bibliothek und einen Verlag. Daneben führt AfricAvenir zahlreiche Veranstaltungen durch und versteht sich als Ort des Austauschs in Douala (www.africavenir.org). Bild 28: Installation in Duala Dieser letzte Programmpunkt unserer Begegnungsreise stand symbolisch für viele Erfahrungen des 12-tägigen Austausches: Entwicklung als Befreiung in einem gleichberechtigten und gegenseitigen Austausch. Stephan Thalheim Evangelische Hochschule Ludwigsburg Ruth Wunnenberg Evangelische Hochschule Berlin Frank Fechter Evangelische Fachhochschule Bochum Tim Hagemann Fachhochschule der Diakonie