Corten und weitere wetterfeste Baustähle
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Corten und weitere wetterfeste Baustähle
Corten und weitere wetterfeste Baustähle Materialbericht Ausführung 3, Marcel Gämperli WS 2004/2005 Annalina Wegelin, Ursina Büchel Inhalt Einleitung..................................................................................... 2 Geschichte und Bezeichnung ..................................................... 2 TECHNIKTEIL Korrosion ..................................................................................... 3 Rosten von unlegiertem Stahl Rosten von legiertem Stahl und Sperrschichtbildung Korrosionswiderstand und Lebensdauer Bearbeitung ................................................................................. 5 Kalt- und Warmumformungen Schweissen Besondere Korrosionsbereiche und Fleckenbildung Befestigungselemente Anwendung.................................................................................. 7 Erzeugnisformen Einsatzgebiete PRAXISTEIL Beispiele ....................................................................................... 8 Bildergalerie ................................................................................ 9 Literatur....................................................................................... 12 Materialbericht - Corten und weitere wetterfeste Baustähle - Annalina Wegelin, Ursina Büchel, L3 WS 2004/2005 S. 1/12 Einleitung Einleitung Wetterfester Baustahl ist in der heutigen Landschaftsarchitektur ein oft verwendetes Material. Umso erstaunlicher ist es, dass fast niemand Näheres weiss darüber weiss. Bei unserer Recherche haben wir viele Telefonate und Gespräche geführt mit Metallbaufirmen, Stahlwerken und Landschaftsarchitekten. Die Reaktion war meist dieselbe: Das Material an und für sich war bekannt, aber genauere Auskunft konnte fast niemand geben. Viele versuchten uns weiterzuhelfen und gaben uns Adressen an, wo wir vielleicht Informationen bekommen könnten. Schliesslich erhielten wir von der Firma Salzgitter, Düsseldorf eine Dokumentation über wetterfesten Baustahl. Daraus stammen auch die meisten unserer Informationen. Geschichte und Bezeichnung In den 20er Jahren des vorigen Jahrhunderts entwickelten die Stahlwerke Düsseldorf unter dem Markennamen „PATINA” einen Baustahl, der sich durch seine Korrosionsbeständigkeit von bisherigen Baustählen unterschied. In den 30er Jahren dann stellte United States Steel den Stahlwerkstoff COR-TEN vor, der ebenfalls korrosionsbeständig war. Es wird oft allgemein von COR-TENStahl gesprochen, obwohl dies eine Markenbezeichnung ist. Der Name setzt sich aus zwei Teilen zusammen. COR steht für corrosion resistant und TEN steht für tensile strength. Übersetzt heisst dies so viel wie wetterfester Baustahl. Deshalb wird in der Folge von wetterfestem Baustahl oder Wetterstahl und nicht von CORTEN-Stahl gesprochen. Die wetterfesten Baustähle wurden in Europa in die Norm der Baustähle (DIN EN 10155 [18]) aufgenommen. Mit dem Buchstaben W wird die Wetterbeständigkeit gekennzeichnet Materialbericht - Corten und weitere wetterfeste Baustähle - Annalina Wegelin, Ursina Büchel, L3 WS 2004/2005 S.2/12 TECHNIK - Korrosion Korrosion Wetterfeste Baustähle sind legierte Stähle. Durch Zugabe von Kupfer, Chrom und Nickel erhält das Material seine korrosionsbeständigen Eigenschaften. Die Witterungsbeständigkeit geht auf die Bildung einer Sperrschicht zurück. Durch diese Sperrschicht wird der Stahl vor weiterer Abrostung geschützt. Dieses Prinzip wird im Folgenden erklärt. Rosten von unlegiertem Stahl Die Oberfläche benetzendes Wasser wirkt als Elektrolyt für Ionen und als Transportmedium für Sauerstoff. In sauerstoffarmen Bereichen entstehen durch Oxidation Fe++-Ionen. Diese bilden mit Hydroxidionen unlösliches Fe(OH)2. Das nahezu farblose Fe(OH)2 setzt sich auf der Oberfläche ab und wird durch Sauerstoff zu FeOOH (Rotrost) oxidiert. Bei höherer Temperatur spaltet FeOOH Wasser ab. Bei diesem Prozess schrumpft der Rostbelag und löst sich von der Oberfläche ab. (Schema 1) 2 Fe2+ + 4 OH- + 1⁄2 O2 → 2 FeOOH + H2O Zusätzlich dringen Schwefeldioxide in die durchlässige Rostschicht ein und bilden mit dem Eisen Eisensulfate, die nur schwach an der Stahloberfläche haften und ebenso wie Rotrost weggespült werden. (Schema 2) Schema 1 Materialbericht - Corten und weitere wetterfeste Baustähle - Annalina Wegelin, Ursina Büchel, L3 WS 2004/2005 S.3/12 Quelle: Salzgitter Fe2+ + SO42- + x H2O → FeSO4 · x H2O TECHNIK - Korrosion Rosten von legiertem Stahl und Sperrschichtbildung Bei wetterfestem Baustahl läuft in einem ersten Schritt der gleiche Prozess der Rostbildung ab, wie bei unlegiertem Stahl. Der Unterschied ist, dass die Eisensulfate und Phosphoroxide mit den Legierungselementen (Kupfer, Chrom, Nickel) basische Sulfate und Phosphate bilden. Diese komplexen Verbindungen bilden eine fest haftende, undurchlässige Sperrschicht zwischen Grundwerkstoff und bereits vorhandener Rostschicht. (Schema 3) 2Cu + 2 OH- + FeSO4 → [Cu{Cu(OH)2}SO4] + Fe2+ + 4 e- Schema 2 Schema 3 Quelle: Salzgitter Das Ausbilden der Sperrschicht dauert je nach Bewitterung 1.5 bis 3 Jahre. Wichtig ist dabei der Wechsel zwischen trockener und feuchter Witterung. Wenn dieser Zyklus von trocken-feucht-trocken nicht gewährleistet ist, kann sich keine Sperrschicht bilden. Ausserdem können Chloride in der umgebenden Atmosphäre die Bildung der Schutzschicht erheblich behindern. Bei Stauwasser rostet wetterfester Stahl ähnlich schnell wie unlegierter Stahl. Optisch können Baustahl und Wetterstahl nicht voneinander unterschieden werden. Korrosionswiderstand und Lebensdauer Im Gegensatz zu unlegierten Baustählen läuft der Prozess der Abrostung bei wetterfesten Baustählen langsamer ab und endet nach etwa 3 Jahren. Die Abrostung von 400g/m2 nach 3 Jahren entspricht einer Gesamtdickenabnahme von 0,05 mm. In dieser Zeit färbt sich der Wetterstahl von der ausgehenden Blechfarbe über hellbraun, braun, braunviolett nach dunkelbraun-violett. Die Blechoberfläche weist eine narbige Struktur auf. Wetterfester Baustahl ist ca. 60% teurer als herkömmlicher Baustahl. Die Lebensdauer von unlegiertem Baustahl beträgt 20-30 Jahre, wobei die Lebensdauer von Wetterstahl theoretisch unbegrenzt ist. Materialbericht - Corten und weitere wetterfeste Baustähle - Annalina Wegelin, Ursina Büchel, L3 WS 2004/2005 S. 4/12 TECHNIK - Bearbeitung Bearbeitung Kalt- und Warmverformungen Kalt- und Warmverformungen können die guten Eigenschaften der wetterfesten Baustähle nicht nachteilig beeinflussen. Besonders geeignet für die Kaltverformung sind die hochfesten Feinkornbaustähle mit hoher Streckgrenze. Es gibt normierte Mindestbiegeradien, welche die Biegerichtung in Abhängigkeit von der Walzrichtung des Erzeugnisses berücksichtigen. Die Eignung zum Kaltbiegen ist beim Vorfertiger oder Stahlhersteller abzuklären. Durch Spannungsarmglühen (mindestens 30 Minuten bei 530 bis 580 °C oder Normalisierung) lassen sich die normierten Festigkeitseigenschaften weitgehend wiederherstellen, auch nach starker, die mechanischen Eigenschaften verändernder Kaltverformung. Auch die Bedingungen für die Warmverformung sind normiert. Nach einer Warmverformung ausserhalb des Temperaturbereiches von 750 °C bis 1‘050 °C oder nach Überzeitung (Auftreten von Gefügefehlern durch Überhitzung) sollte eine Normalisierung (thermische Vergleichmässigung des Stahlgefüges) durchgeführt werden. Schweissen Vor dem Schweissen erfolgt im Bereich der vom Schweissvorgang betroffenen Oberfläche eine vollständige Zunderbeseitigung, was durch der Bezugsnorm entsprechendem Sandstrahlen geschieht. Wenn der wetterfeste Baustahl konserviert, bzw. lackiert werden soll, wird er auf der betreffenden Seite 100%ig sandgestrahlt. Zusätzlich verbessert eine rückseitige Beschichtung den Korrosionsschutz. Wetterfeste Baustähle lassen sich sowohl maschinell als auch von Hand schweissen. Geeignete Schweisszusatzwerkstoffe und angemessene Schweissbedingungen sind Voraussetzung, um im Schweissnahtbereich dem Grundwerkstoff entsprechende mechanische Festigkeiten zu erlangen. Als Schweisszusatzwerkstoffe können Schutzgasschweissdrähte, kalkbasische Elektroden und Draht-Pulver-Kombinationen eingesetzt werden. Bei ungeschütztem Einsatz einer Stahlkonstruktion aus wetterfestem Baustahl sollte auch das Schweissgut wetterfest sein. Materialbericht - Corten und weitere wetterfeste Baustähle - Annalina Wegelin, Ursina Büchel, L3 WS 2004/2005 S.5/12 TECHNIK - Bearbeitung Besondere Korrosionsbereiche und Fleckenbildung In ständig durchfeuchteten Bereichen, an Stützenfüssen, auf Absätzen und allen Arten von konstruktiv fehlerhaften Stellen, an denen sich Wasser ansammeln kann, entsteht besonders starke, an der Oberfläche sichtbare Korrosion. Bild: Ursina Büchel Fleckenbildungen entstehen durch: - Bevorzugte, konstruktiv bedingte Wasserablaufstellen, die Rostauswaschungen mit Fahnenbildungen verursachen. - „Säurekorrosion“ der Rostschicht des wetterfesten Baustahles. Diese kann durch Vogelkot, Fingerabdrücke oder saure Umgebungsatmosphäre (je grösser das saure Angriffspotenzial der Umgebungsatmosphäre ist, umso höher ist der flächenmassige Abtrag des wetterfesten Baustahles) entstehen. Bei der Planung ist zudem unter Umständen zu berücksichtigen, dass sich die erste Rostschicht auswaschen und auf benachbarten Baustoffen Flecken hinterlassen kann. (Abb.1) Abb.1 Befestigungselemente Bei der Auswahl von Befestigungselementen sind die korrosionsschutztechnischen Anforderungen zu berücksichtigen. Geeignet sind gewindefurchende oder selbstbohrende Edelstahlschrauben. Materialbericht - Corten und weitere wetterfeste Baustähle - Annalina Wegelin, Ursina Büchel, L3 WS 2004/2005 S.6/12 TECHNIK - Anwendung Anwendung Erzeugnisformen Wetterfester Baustahl kann als Warmband, gebeizt oder nicht, mit Naturwalzkante oder besäumt geliefert werden. Die meisten Lieferanten bieten das Material unabhängig vom Oberflächenzustand in Tafeln oder Spaltband an. Die Oberflächenbeschaffenheit der wetterfesten Baustähle ist normiert und die Stähle werden mit einer maximalen, ebenfalls normierten Ebenheitsabweichung geliefert. Einsatzgebiete Wetterfeste Baustähle werden bei Brücken, Stützkonstruktionen, Strommasten, Containern, Schienenfahrzeugen, Grubenwagen, Eisenbahnschwellen, Schornsteinen und Fassaden eingesetzt. Zudem finden sie vermehrt Anwendung in der Landschaftsarchitektur, als Treppen, Wasserbecken, Rabatteneinfassungen, Mauern und Sichtschutzwände. Rostiger Stahl wirkt durch seine Farbigkeit naturnah, integriert sich gut und hat trotz oder gerade wegen seiner archaischen Schlichtheit einen avantgardistischen Reiz. Auch viele Künstler arbeiten mit wetterfestem Baustahl. Seit der Olympiade in Barcelona, als Cortenstahl in vielen Freiräumen verwendet wurde, der Potsdamer Buga 2001 mit den rostroten Brücken und der Expo 02 mit dem Monolith (Abb.2) im Murtensee gehört rostiger Stahl zum Lebensgefühl unserer Zeit. Abb.2 Materialbericht - Corten und weitere wetterfeste Baustähle - Annalina Wegelin, Ursina Büchel, L3 WS 2004/2005 S.7/12 PRAXIS - Beispiele Beispiele Bei uns wurde der wetterfeste Baustahl in den 70er Jahren populär. In der Folgezeit wurden auch zahlreiche öffentliche Bauten mit Wetterstahl verkleidet. Heute sind einige Beispiele bekannt, bei denen sich der wetterfeste Baustahl nicht bewährt hat. Zum Beispiel wurde die Fassade der Kantonsschule Chur (Abb.3) mit Wetterstahl und Glas gestaltet. Es ergaben sich Probleme im Unterhalt. Abgewaschener Rost tropfte auf die Scheiben und liess sich nur schwer wieder entfernen. Ausserdem ist die Fassade durchgerostet, obwohl man meinte, Wetterstahl sei witterungsbeständig. Klinik am See in Zürich (Abb.4) Das Klinikgebäude wurde in den 70er Jahren von Julius Dahinden gebaut. Wegen seiner Pyramidenform und der Fassade aus Cortenstahl war das Bauwerk in den Jahren nach seinem Bau eine architektonische Sensation. Mittlerweile hat sich die Fassade in ein dunkelviolett bis schwarz verfärbt und wirkt eher trist. Quelle: Internet In Gesprächen mit Stahlbauern haben wir herausgefunden, dass dieser witterungsbeständige Stahl bei uns doch nicht korrosionsresistent ist, sondern ungehindert weiterrostet. Weshalb das so ist, konnten wir nicht mit Sicherheit herausfinden. Wir vermuten, dass die Witterung bei uns zu feucht ist und sich deshalb keine Schutzschicht bilden kann. In den USA hingegen scheint sich Wetterstahl bewährt zu haben, wie das Beispiel des Richard-Daley-Center (Abb.5) in Chicago von 1965 zeigt. Abb. 4 Quelle: Internet Abb. 3 Abb. 5 Materialbericht - Corten und weitere wetterfeste Baustähle - Annalina Wegelin, Ursina Büchel, L3 WS 2004/2005 S. 8/12 Quelle: Günter Mader Bild: Ursina Büchel Bild: Ursina Büchel Quelle: Günter Mader Quelle: VetschNipkowPartner Quelle: Günter Mader PRAXIS - Bildergalerie Materialbericht - Corten und weitere wetterfeste Baustähle - Annalina Wegelin, Ursina Büchel, L3 WS 2004/2005 S. 9/12 Bild: Ursina Büchel Bild: Ursina Büchel Bild: Ursina Büchel Bild: Ursina Büchel Bild: Ursina Büchel Bild: Ursina Büchel PRAXIS - Bildergalerie Materialbericht - Corten und weitere wetterfeste Baustähle - Annalina Wegelin, Ursina Büchel, L3 WS 2004/2005 S. 10/12 Quelle: VetschNipkowPartner Bild: Ursina Büchel Quelle: Günter Mader Quelle: Internet Quelle: Günter Mader PRAXIS - Bildergalerie Schlusswort Wetterfester Baustahl ist ein sehr interessantes, lebendiges Material. Es ist vielseitig verwendbar und verändert sich im Laufe der Zeit. Wir haben festgestellt, dass es in der Schweiz zwar oft verwendet wird, aber dass niemand Bescheid weiss über die Eigenschaften des Materials. Wir finden es ein sehr spannendes und ästhetisches Material und würden es auch selber verwenden, unter dem Vorbehalt, dass es vergänglich ist. Materialbericht - Corten und weitere wetterfeste Baustähle - Annalina Wegelin, Ursina Büchel, L3 WS 2004/2005 S.11/12 Literaturverzeichnis Sonderdruck Wetterfester Baustahl, Cubus Medienverlag, Juni 2004 Günter Mader, Freiraumplanung, Deutsche Verlagsanstalt München, 2004 Materialbericht - Corten und weitere wetterfeste Baustähle - Annalina Wegelin, Ursina Büchel, L3 WS 2004/2005 S.12/12