Neue Schritte ins All:Der Mensch ist

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Neue Schritte ins All:Der Mensch ist
32 Mars
Leben auf dem
MARS
Neue Schritte ins All: Der Mensch ist
von Natur aus ein Entdecker. Jetzt sei die Zeit
reif für die Eroberung des Mars, ­sagen unter
­anderem Schweizer Marsbegeisterte – und
­fordern baldige bemannte Missionen zu
­unserem Nachbarplaneten. Von stefan stÖcklin
Bildkomposition: SPL/Keystone
Atemberaubende
Vision: In der
unwirtlichen Umwelt
auf dem Mars
steht der Mensch
vor gewaltigen
­Herausforderungen.
34 Mars
Bildkompositionen: SPL/Keystone, Nasa (2)
Sonnenuntergang in einer phantastischen Welt: Die Oberfläche des Mars ist durchzogen von mächtigen Canyons. Die Valles Marineris sind elf Kilometer tief.
Die ersten Fotos von der Marsoberfläche: Die Sonde «Pathfinder» setzte 1997 auf, und das Roboterfahrzeug «Sojourner» (im Bild mehrfach festgehalten)
erkundete den Planeten.
Nah am Roten Planeten: Die Sonde «Mars Global Surveyor» sendete von 1999 bis 2006 Bilder vom Mars.
36 Mars
ugust 2021, Terra Meridiani,
Mars. Langsam neigt sich die
Sonne zum Horizont und
taucht die Landschaft in ein
goldgelbes Licht. Astronaut
Lukas Leicht blickt durch ein kleines Bullauge: In warmen Farben schimmert die
Wüste, doch draussen ist es eisig kalt – und
gefährlich. Der Mars hat kein schützendes
Magnetfeld wie die Erde, kosmische Strahlung dringt ungehindert zur Oberfläche.
Gerade mal eine Stunde konnte Leicht an
diesem Tag im gefrorenen Boden nach Proben bohren, in denen er Lebewesen vermutet. Er wendet sich ab und blickt zu seinen fünf Kollegen, mit denen er den engen
Raum teilt.
Seit 18 Monaten leben sie zusammen,
ernähren sich von fadem Essen und führen
Experimente durch. Der Kontakt zur 150
Millionen Kilometer entfernten Erde ist
zeitraubend: Bis ein Signal dort ankommt,
dauert es über zehn Minuten. Direkte Gespräche mit Frau und Kindern sind nicht
möglich. Lukas Leicht macht zwei Schritte
zu seinem Arbeitsplatz und prüft, ob elektronische Post angekommen ist.
Die Fiktion macht deutlich, wie hart
und entbehrungsreich das Leben auf dem
Roten Planeten wäre. Extreme Kälte, die
Atmosphäre ohne Sauerstoff und gefährliche Strahlung machen den Aufenthalt
zum Kampf ums Überleben. Doch Pierre
Brisson lässt sich durch solche Widrigkeiten nicht abschrecken. «Ich würde sofort zum Mars fliegen, wenn ich könnte»,
sagt der pensionierte Banker. Vor einem
Der Mars
Jahr hat er in Neuenburg die schweizerische Mars Society gegründet. Der Verein
ist der helvetische Ableger der US-amerikanischen Mars Society, die 1998 vom
Raumfahrtingenieur Robert Zubrin ins Leben gerufen wurde. 6000 Mitglieder haben
sich unterdessen in mehreren Ländergruppen zusammengeschlossen und setzen
sich für die «Eroberung» unseres Nachbarplaneten ein.
Sie lobbyieren dafür bei Regierungs­
stellen, bei der amerikanischen Weltraum­
agentur Nasa oder bei ihrer europäischen
Partnerorganisation Esa. Und sie erproben
in der ­Wüste Utahs (USA) und in der Arktis,
wie es sich auf engstem Raum leben lässt –
als Vorbereitung auf das karge Leben dort
oben. «Mit den heutigen Technologien ist
es möglich, zum Mars zu fliegen. Wir sollten dorthin gehen, trotz den Risiken», sagt
Brisson. Innert zehn Jahren könnte dieser
Traum realisiert werden, ist er überzeugt.
Der Mars ist der vierte Planet in unserem
Sonnensystem. Als Roter Planet wird er
bezeichnet, weil er für das blosse Auge
sichtbar rötlich schimmert. Die Farbe
stammt von eisenreichen Mineralien auf
seiner Oberfläche. Wie die Erde ist der
Mars 4,6 Milliarden Jahre alt. Mit durch­
schnittlich minus 63 Grad Celsius sind die
Temperaturen auf seiner Oberfläche viel
tiefer als die auf der Erde. Wasser kommt
gefroren an den Polkappen – vermischt
mit gefrorenem CO2 – und im Boden vor.
Ero­sionsspuren von Überschwemmungen
belegen, dass Wasser auf dem jungen Mars
einst frei fliessen konnte. Die Planeten­
achse ist geneigt, es gibt also Jahreszeiten,
was sich auch in der saisonal veränder­
lichen Grösse der Polkappen zeigt. Die
Nordhalbkugel weist flache Ebenen und
zerklüftete Landschaften auf, die Süd­
halbkugel ist stärker von Kratern übersät.
Der Mars kreist auf einer elliptischen
­Umlaufbahn um dieSonne. Sein Abstand
zur Erde variiert stark.
Mariner 4 erreichte den Mars 1965
Brisson ist kein abgehobener Phantast. Als
Banker hat er sich im Berufsleben auf der
ganzen Welt mit Zahlen, Bonitäten und
Renditen auseinandergesetzt. Schon damals begleitete ihn die Sehnsucht nach
den unendlichen Weiten des Universums.
Über seinem Bürotisch hing eine Karte des
Alls, darin eingezeichnet unser Sonnen­
system und die uns umgebenden Sterne.
«Wenn es die Arbeit zuliess, schweifte ich
in Gedanken in die Tiefen des Weltraums»,
sagt Brisson. Als Robert Zubrin in den
neunziger Jahren die Pläne für eine Eroberung des Roten Planeten im Projekt Mars
Direct konkretisierte, erhielten Brissons
Weltraumträume neue Nahrung.
Brissons Vorstellungen gehen aber
noch weiter: Er wünscht sich, dass der
Mensch den Mars nicht nur anfliegt, sondern auch besiedelt. In Treibhäusern sollen Gemüse und Früchte heranwachsen
und frische Vitamine liefern. Strom und
Energie würden mit Sonnenlicht produ-
«Mit den heutigen
Technologien ist es möglich.
Wir sollten zum Mars gehen,
trotz den Risiken.»
Pierre Brisson, schweizerische Mars Society
Mars
Erde
Durchmesser: 6779 Kilometer
(Erde: 12 756 Kilometer)
Abstand zur Sonne:
206,6 bis 249,2 Millionen Kilometer
Abstand zur Erde:
54,5 bis 401,3 Millionen Kilometer
Umlaufzeit um die Sonne:
687 Erdtage (1,88 Erdjahre)
Schwerkraft auf der Oberfläche:
38 Prozent der Erdanziehung
Rotationsdauer: 24,6 Stunden = 1 Marstag
Temperaturen: minus 140 Grad bis
plus 32 Grad, im Mittel minus 63 Grad
Fotos: Xavier Voirol, Nasa
A
xx | 2010
Sonne
Merkur
Venus
Natur 37
xx | 2010
5
1 Atmosphäre: Hauptsächlich
Kohlendioxid; Sauerstoff macht
nur 0,13 Prozent aus (Erde:
21 Prozent). Der Druck ist tief –
nur 0,7 Prozent des Drucks
auf der Erde – und ändert sich
saisonal stark. Eis verflüchtigt
sich unter diesen Bedingungen
direkt zu Gas.
1
95,3% CO2
2,7% Stickstoff
2% Argon,
Sauerstoff
und andere
Gase
2 Valles Marineris: Der
gigantische Canyon gilt als
schönste Landschaft auf dem
Mars. Er ist 5000 Kilometer
lang und bis zu elf Kilometer
tief, die Hänge zeigen Spuren
gewaltiger Stein- und
Sedimentlawinen.
3
Chryse
Planitia
4
Olympus
Mons
3 Chryse Planitia: Die «Goldene
Ebene», eine ausgedehnte
Senke, gilt als typische
Marslandschaft. Sie ist leicht
gewellt und mit grösseren und
kleineren Felsbrocken übersät.
Einst muss dort Wasser
geflossen sein. Die Sonde
«Viking 1» landete 1976 in dieser
Landschaft und sendete Fotos
zur Erde. Der «Pathfinder»
setzte 1997 auf, der mitgeführte
Rover «Sojourner» sendete bis
Frühling 1998 Bilder zur Erde.
4 Olympus Mons: Der grösste
Vulkan auf dem Mars ist nach
dem griechischen Götterberg
benannt. Der Olymp ist 550
Kilometer breit und 21 300
Meter hoch. Südöstlich von ihm
befinden sich drei weitere grosse
Vulkane in einer Reihe. Vor 200
Millionen Jahren, als auf der
Erde Dinosaurier lebten, waren
diese Vulkane noch aktiv.
Lunae
Planum
Ascraeus
Mons
tor
Äqua
Pavonis
Mons
Arsia
Mons
Terra
Meridiani
2
Valles
Marineris
5
5 Polkappen: Die Ausdehnung der Eisflächen
an den Polen (kleines Bild: der Nordpol)
verändert sich im Rhythmus der Jahreszeiten.
Im Winter bildet sich bei Temperaturen von bis
minus 140 Grad Kohlensäureeis,
vermischt mit Wassereis.
Im Sommer verdampft das
Kohlendioxid, nur kleine Mengen
von Wassereis bleiben übrig.
Monde: Phobos und Deimos umkreisen den Mars
in relativer Nähe und sehr schnell. Der grössere,
Phobos, ist 9378 Kilometer entfernt und umläuft
den Planeten in knapp acht Stunden. Er wäre
vom Mars aus mit blossem Auge sichtbar. Deimos
ist weiter weg (23 460 Kilometer) und benötigt
für seine Umlaufbahn rund 30 Stunden. Zum
Vergleich: Unser Mond umkreist die Erde in knapp
28 Tagen in 384 000 Kilometern Entfernung.
Phobos
Deimos
quelleN: Nasa, Olivier de Goursac: «Bilder vom Mars»; infografik: beobachter/dr
Erde
Mars
Die Grössen der Planeten sind massstabgetreu dargestellt, die Abstände nicht.
Uranus
Jupiter
Saturn
Neptun
Pluto
38 Mars
Alltag auf dem Mars
1
Ein Wohn- und Laborkomplex (1), ein Rover
(2) und ein Treibhaus (3): So könnte die erste
Basis von Menschen auf dem Mars laut der
Organisation Explore Mars Now aussehen.
Strom würde mit Brennstoffzellen oder
kleinen Kernreaktoren produziert. Die
Lebensräume wären eng, vier oder sechs
Astronauten müssten Monate oder gar Jahre
darin verbringen. Der Rover böte immerhin
die Möglichkeit zu kleinen Ausflügen.
3
2
Der erste Schritt
Drei Flüge sind laut Mars Direct
für eine erste Basis nötig. Jede
Fähre wäre rund sechs Monate
unterwegs. Die erste Rakete
transportiert Versorgungsmaterial,
zwei Jahre später folgen sechs
Astronauten. Die dritte Mission
dient als Sicherheitsreserve und
folgt unmittelbar auf die zweite.
Mission 1: unbemannter Flug mit
Stromgerät und Rückflugfähre
Mission 2 (zwei Jahre nach der
ersten): bemannter Flug mit
Astronauten und Nahrung
Mission 3: unbemannter Flug
mit Stromgerät und Rückflugfähre
ziert. Gefrorenes Wasser gibt es genügend,
wie die Daten der Nasa belegen. Langfristig
wäre es sogar möglich, die Mars­atmosphäre
über künstlich erzeugte Treibhausgase zu
erwärmen und mittels Pflanzen mit Sauerstoff anzureichern.
Kein Planet ausser der Erde ist besser
erforscht als der Mars. 40 Sonden wurden
in den vergangenen 50 Jahren hochgeschickt, zum Teil erfolgreich, zum Teil
nicht. «Mariner 4» gelang 1965 die erste
Umrundung des Planeten. Viele spektakuläre Missionen mit ferngesteuerten Marsfahrzeugen haben seither stattgefunden.
Dank diesen Erkundungsfahrten wissen
wir schon viel über die Beschaffenheit der
Atmosphäre und des Bodens. Am Mik­ro­
skop, das sich an Bord des «Phoenix»-Landers befand, der im Frühling 2008 auf dem
Planeten landete, hat auch Sebastian
Gautsch mitgearbeitet. Dank dem Hightechgerät aus Schweizer Präzisionslabors –
beteiligt waren die Universitäten Neuenburg und Basel sowie die Firma Nanosurf –
konnte «Phoenix» Daten über die Beschaffenheit von Mineralien zur Erde senden.
Enthusiastische US-Studenten
Bei Sebastian Gautsch hat die Beteiligung
an der Mission ein inneres Feuer für
den Nachbarplaneten entfacht. Heute ist
der Nanoforscher vom Institut für Mikro­
mechanik der Eidgenössischen Polytechnischen Hochschule Lausanne (EPFL) in
Neuenburg Vizepräsident der schweizeri­
schen Mars Society. «Die Sehnsucht und
Leidenschaft nach anderen Welten ist stark
und verbreiteter, als wir denken», sagt
Gautsch. Er zitiert eine amerikanische Umfrage bei Studierenden der Ingenieurwissenschaften: Die überwiegende Mehrheit
der Befragten befürwortet die Erforschung
des Mars, und die Hälfte wäre bereit, zum
Mars zu fliegen. «Es ist nur eine Frage der
Mittel und Möglichkeiten: Sind sie einmal
da, werden die Leute gehen», ist Gautsch
überzeugt.
Die Faszination für den Mars hat auch
den Schweizer Filmemacher Richard Dindo gepackt, der bekannt ist für Filme über
die Jugendbewegung der achtziger Jahre
oder Che Guevara. Er hat 2009 den sehenswerten Dokumentarfilm «Marsdreamers»
über die Visionen der Mitglieder der amerikanischen Mars Society veröffentlicht.
«Nebst der Lust, die Landschaften des
Mars zu zeigen, spielte mein lebenslanger
Fotos: George Fey/Gettyimages, Xavier Voirol, Nasa
visualisierung: 2002 Dane Spangler/kurt micheels/sonja holmes; infografik: beobachter/dr
Im Trainingscamp: Die amerikanische Mars Society betreibt im Bundesstaat Utah eine Anlage, die in der Wüste Marsbedingungen simulieren soll.
Traum, eines Tages auf ausserirdisches
­Leben zu stossen, eine zentrale Rolle», sagt
Dindo. «Wenn das geschieht, wird es unseren Blick auf die Welt und auf uns selber
komplett verändern. Dies wäre ohne jeden
Zweifel der wichtigste Augenblick in der
Geschichte der Menschheit.» Selber würde
«Die Sehnsucht nach
anderen Welten ist
verbreiteter, als wir
denken.»
Sebastian Gautsch, schweizerische Mars Society
Richard Dindo jedoch nie zum Mars fliegen, weil ihm «die Zeit und der Mut» dazu
fehlten.
Mars und Erde sind etwa gleich alt
Was Marsfans und Astronomen gleichermassen elektrisiert, ist die gemeinsame
Entstehungsgeschichte von Mars und Erde.
Beide sind rund viereinhalb Milliarden
Jahre alt, und der junge Mars wies ähnliche
Bedingungen auf, wie sie auf der jungen
Erde vorherrschten: Wasser floss durch
­tiefe Gräben, Vulkane spuckten heisses
Magma in die Höhe, und eine dichte Atmosphäre umgab das Gestirn. Nach rund 500
Millionen Jahren verlor der Mars allerdings
sein Magnetfeld, und seine Entwicklung
nahm einen anderen Kurs. Trotzdem
könnte sich auf dem Planeten in der Früh-
40 Mars
1 | 2011
Gehirn: Veränderte
Sinneswahrnehmungen
führen zu Verwirrung
und Störungen der
Bewegungskoordination.
Der Appetit der Astronauten
nimmt ab.
Augen: Weil das
Gleichgewichtsgefühl
eingeschränkt ist,
müssen Bewegungs­
änderungen mit den
Augen wahrgenommen
werden.
Nieren: Die
Blutreinigung wird
intensiviert, darum
nimmt das Risiko
für Nierensteine zu.
Herz: Aufgrund der
geringen Gravitation
schrumpft der Muskel,
und die Pumpleistung
sinkt. Bei der Rückkehr
zur Erde kann dies
gefährlich werden.
Muskulatur/Knochen:
Bei geringer
Schwerkraft nehmen
Muskelkraft und
Knochendichte ab.
Medikamente und
Training sind
überlebenswichtig.
Blut: Die Produktion
roter Blutkörperchen
sinkt, das Blut kann
weniger Sauerstoff
transportieren.
Allerdings braucht der
Körper auch weniger.
Wirbelsäule: Die
Knochendichte nimmt
ab, die Bandscheiben
dehnen sich wegen
des geringen Drucks
aus. Die Astronauten
werden grösser.
Strahlung: Kosmische
Strahlung trifft
ungehindert auf den
Mars und erhöht
das Krebsrisiko. Der
Anzug muss Schutz
bieten.
quelle: Biomedical Risks, «Journal Of cosmology»
foto: nasa; infografik: beobachter/dr
zeit des Kosmos eine bisher unbekannte
Lebensform entwickelt haben.
«Es ist gut möglich, Leben auf dem
Mars zu finden», sagt Svetlana Von Siebenthal, Mitglied der schweizerischen Mars
Society. Wenn versierte Geologen auf dem
Mars gezielt nach Fossilien suchen könn­
ten, würden sie auf diese Spuren stossen,
sagt sie. Solche Arbeiten können fernge-
steuerte Roboter nicht durchführen. Eine
Tatsache, die oft als Argument für bemannte Marsmis­sionen angeführt wird.
Für die Mitglieder der Mars Society ist
die Klärung, ob es auf dem Mars Leben
­gegeben hat, das wichtigste Argument für
das waghalsige Unternehmen. Die Marsbegeisterten sind überzeugt, dass sich die
He­rausforderungen einer Mission auf den
«Wir sind heute besser vorbereitet, Menschen
auf den Mars zu schicken, als 1961 zum Mond.
Damals lancierte Kennedy das Apollo-Programm.»
Robert Zubrin, Raumfahrtingenieur und Gründer der amerikanischen Mars Society
Mars meistern lassen. «Wir sind heute besser vorbereitet, Menschen auf den Mars zu
schicken, als 1961 zum Mond. Damals lancierte John F. Kennedy das Apollo-Programm», sagt dazu Raumfahrtingenieur
Robert Zubrin. Er und seine Anhänger halten den Zeitpunkt für die Planung eines
Marsflugs für ideal, wie sie in einer ausführlichen Dokumentation über eine mögliche Marsmission im «Journal of Cosmology» im Herbst 2010 betonten.
2011 findet der letzte Spaceshuttle-Flug
statt. Die Planung einer weiteren bemannten Mission zum Mond hat die Nasa
wegen Budgetkürzungen kürzlich stoppen
müssen. Und für die Weltraumstation ISS
fehlt eine längerfristige Vision. Die Nasa
und die Esa brauchen dringend ein neues
Ziel – der Mars könnte zum sinnstiftenden
Projekt werden. Konkrete bemannte Mis­
sionen sind bis jetzt aber von offizieller
Seite zum Leidwesen der Marsfans nicht
geplant.
Der Schub einer Mondrakete genügt
Zubrin hat im Projekt Mars Direct beschrieben, wie eine vier- oder sechsköpfige
Mannschaft zum erdnächsten Planeten
aufbrechen könnte: Kernstück ist die Idee,
den Treibstoff zum Rückflug auf dem Mars
selbst herzustellen. Damit spart man beim
Hinflug gut 2000 Tonnen Gewicht. Das ist
ein riesiger Vorteil, denn Treibstoff macht
ganze zwei Drittel des Startgewichts einer
Rakete auf der Erde aus.
Produziert man den Treibstoff für die
Rückreise erst am Zielort, wäre es möglich,
den Mars mit einer Rakete anzupeilen, die
ungefähr die gleiche Schubkraft hat, wie
sie die «Saturn»-Raketen aufwiesen. Die
120 Meter hohe «Saturn V» etwa hievte
1969 die Mondkapsel ins All. Zwar hat die
Nasa die Entwicklung einer ähnlichen
­Rakete, der «Ares V», inzwischen eingestellt. Dennoch liesse sich dieses Projekt
relativ rasch reaktivieren. Und mit der «Falcon 9» des Unternehmers Elon Musk gibt
es eine weitere Alternative für eine Trägerrakete. Der Milliardär ist ein glühender
Marsanhänger und hat der Mars Society
100 000 Dollar gespendet.
Das geeignete Transportmittel ist das
eine, der Flug zum Mars das andere. Robert
Zubrin rechnet mit einer Reisezeit von
rund sechs bis acht Monaten. Bei einem
Aufenthalt auf dem Mars von anderthalb
Jahren wären die Astronauten gut zweieinhalb Jahre weg von der Erde. Das Konzept
Mars Direct sieht eine Serie von drei Mis­
Foto: Nasa
Zahlreiche Gefahren: So reagiert der Körper im All
42 Mars
sionen innerhalb von 26 Monaten vor.
Menschen würden erst beim zweiten Flug
hochgeschickt (siehe «Alltag auf dem
Mars», Seite 38). Die Abfolge sähe so aus:
Die erste, unbemannte Mission bringt die
Rückflugkapsel, einen kleinen Kernreaktor
zur Stromversorgung und Wasserstoff zur
Mars­oberfläche. Mit Letzterem und mit
dem in der Mars­atmosphäre hauptsächlich
vorkommenden Kohlendioxid lässt sich
der Treibstoff Methan produzieren. Innert
rund eines Jahres könnte genügend Brennstoff erzeugt werden, um eine bemannte
Kapsel wieder vom Mars zu katapultieren.
Strom würde auch gebraucht, um Sauerstoff aus dem Marseis zu gewinnen.
Rund zwei Jahre nach dem ersten Flug,
wenn der Treibstoff für den Rückflug und
Sauerstoff zur Verfügung stehen, werden
Astronauten losgeschickt. Gleichzeitig
nimmt eine dritte Rakete ohne Menschen
an Bord Kurs auf den Mars: Sie führt die
gleiche Fracht wie die erste Rakete mit und
dient als Versicherung, falls die bemannte
Mission den Landeplatz der ersten verfehlen sollte. In diesem Notfall kann die ­zweite
Versorgungsmission den Landeplatz der
Astronauten ansteuern und dort Brennstoff
aufbereiten.
Selbst Kritiker sehen die Chancen
Zubrins Projekt ist eine Weiterentwicklung
von Plänen des deutsch-amerikanischen
Raketentechnikers Wernher von Braun
(1912–1977), der sowohl für Hitler als auch
das US-Militär Raketen baute und an der
Entwicklung der grossen Trägerraketen für
das Nasa-Mondprogramm beteiligt war. Er
träumte bereits in den vierziger Jahren von
Flügen zum Mars. Mars Direct ist eine stark
vereinfachte Form seiner Visionen. Die
Mitglieder der Marsgesellschaften sehen
darin eine realistische Möglichkeit.
Selbst kritische Fachleute halten einen
Marsflug durchaus für realisierbar. «Eine
bemannte Marsmission wäre machbar,
keine Frage», sagt etwa Nicolas Thomas,
Leiter der Abteilung für Weltraumforschung und Planetologie an der Universität
Bern. Aber: «Es stellt sich die Frage nach
den Risiken, die man einzugehen bereit
ist.» Und ein Marsflug ist riskant, wie 21
Fehlschläge bei bisher insgesamt 40 Marsmissionen belegen. Auch die Frage der
­Finanzierbarkeit stimmt Thomas skeptisch:
«Die Kosten dürften sich auf weit über
100 Milliarden Dollar belaufen», schätzt er.
Zurzeit sei kein Staat bereit, diese Summe
für einen Marsflug auszugeben. →
Eroberungstrieb
Der Mensch strebt
nach neuen Ufern
Entdeckungslust ist die Triebfeder der menschlichen Entwicklung.
Erst die tollkühnen Taten von Abenteurern ermöglichten kulturelle
und wissenschaftliche Leistungen. von stefan stÖcklin
M
ehr als 400 Menschen fühlten
sich angesprochen und schickten spontan eine Bewerbung
an das «Journal of Cosmology», nachdem
dieses Ende 2010 in einem Artikel eine
Marsmission propagiert hatte – eine ultimative Mission ohne Rückkehr, notabene.
Der rötlich schimmernde Mars hat die
Phantasien der Menschen schon immer
angeregt. Einen Höhepunkt erlebte die
Marsmanie in den fünfziger und sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts. Angetrieben durch die Weltraumprogramme
der Supermächte, war die Eroberung des
Universums nicht nur im Kino omnipräsent. Eine Blütezeit erlebten grafische
Darstellungen von futuristischen Reisen
zu fernen Welten und von ihrer Besiedlung. In grellen Farben zeichneten die
Künstler optimistische Zukunftsszena­
rien, der Glaube an die Möglichkeiten
der Technik war grenzenlos.
Dieses blinde Vertrauen fehlt heute.
Geblieben ist aber der Wunsch, Grenzen
zu überschreiten und Neues zu ent­
decken. «Die Sehnsucht des Menschen
nach fremden Welten hat mit unserem
nomadischen Wesen zu tun, mit unserem
unersättlichen Wissens- und Entdeckungswillen», sagt der Schweizer Do­
kumentarfilmer Richard Dindo. Der
menschliche Hang zu Aufbruch und
­Neubeginn ist die Triebfeder unserer
­kulturellen und wissenschaftlichen Entwicklung. Die Geschichte des Menschen
lässt sich aus diesem Blickwinkel als eine
Serie von Pioniertaten und Entdeckungsreisen in neue materielle und geistige
Welten verstehen.
In grauer Vorzeit, vor rund einer Mil­
lion Jahren, war es unser direkter Vorgänger Homo erectus, der von Afrika aus ein
erstes Mal die Welt erkundete. Der «auf-
rechte Mensch» hatte genügend Aus­
dauer für lange Wanderungen, und er
konnte Werkzeuge nutzen und Feuer entfachen. Diese Fähigkeiten machten ihn
ortsunabhängig und ermöglichten ihm,
die Steppen Ostafrikas zu verlassen und
nach Asien und Europa auszuwandern.
Mehrere hunderttausend Jahre später
war es unsere Art Homo sapiens, die
ebenfalls von Afrika aus die Welt eroberte.
Das nomadische Wesen und der Ent­
deckertrieb sind tief in unserem genetischen Erbe verankert.
Chinas Seefahrer waren Pioniere
So wundert es nicht, dass Menschen immer wieder zu neuen Ufern aufbrechen.
Schon 90 Jahre vor den Entdeckungsfahrten des Christoph Kolumbus bricht
der Seefahrer Zheng He von China Richtung Westen auf. Zwischen 1405 und 1433
fährt er in einer Serie von sieben Reisen
den Küsten Sumatras, Indiens und Ara­
biens entlang bis zum Persischen Golf.
Seine Segelschiffe sind um ein Vielfaches
grösser als die Karavellen der späteren
europäischen Entdecker. Doch der chinesische Kaiser wendet sich abrupt von
fernen Weltgegenden ab und isoliert sein
Reich.
Christoph Kolumbus muss die spanische Königin Isabella jahrelang beknien, bis sie 1492 grünes Licht gibt für
seine Entdeckungsreisen. Im Gegensatz
zu den Portugiesen, die den Weg nach
­Indien um ­ Afrika herum suchen, will er
das verlockende Land über den Seeweg
Richtung Westen erreichen. Kolumbus
berechnet die Distanz nach Indien auf
4000 Kilometer, effektiv sind es fast 20 000.
Der weitgehend unbekannte Atlantik gilt
als ein gefährliches Meer, als Hort von
Unwettern und Ungeheuern, auf das sich
Natur 43
1 | 2011
Illustrationen: akg-Images (2), Mauritius Images, corbis/RDB, Süddeutsche Zeitung Photo
Die Zukunft von einst:
Groschen­romane und ScienceFiction-Filme schilderten Mitte
des 20. Jahrhunderts den Traum
von der grossen Reise zum Mars
und die Eroberung des Weltalls
in den buntesten Farben.
kein Seefahrer hinauswagt. Kolumbus
bricht im August 1492 auf und landet neun
Wochen später auf einer Bahamas-Insel in
der Karibik. Noch bei seinem Tod 1506 ist
er überzeugt, in Indien gelandet zu sein.
Kolumbus’ Fahrten sind für die heutigen Weltraumvisionäre schlagende Beweise dafür, dass sich Pioniergeist und
Abenteuerlust lohnen. Zu Kolumbus’ Zeit
hielt man die Erde noch für eine flache
Scheibe. Der Wagemutige jedoch verwarf
diese Vorstellung und machte Spanien
dank seinem Pioniergeist zur Weltmacht,
die Südamerika unterwerfen konnte.
­Kolumbus und später Vasco da Gama
­ebneten europäischen Abenteu­rern den
Weg, die rund um den Globus neue See-
strassen und Schiffspassagen entdeckten.
Magellan sticht 1519 mit fünf Schiffen und
Proviant für zwei Jahre in See, um die Welt
zu um­segeln. Ein Jahr nach der Abfahrt
­gelingt es ihm, Südamerika südlich zu
­umschiffen. Seine erste Weltumsegelung
dauert fast drei Jahre, von der ursprünglich
250-köpfigen Mannschaft überleben nur
gerade 18 Männer.
Auf höchste Gipfel, ins tiefste Meer
Bis die Welt zur Gänze bekannt und bis in
die hintersten Winkel vermessen ist, gibt es
für Abenteurer viel zu tun. Der Journalist
Henry M. Stanley beweist, dass der Nil dem
Victoriasee entspringt, und fährt 1877 als
Erster den Kongo hinunter. Der Norweger
Roald Amundsen gewinnt im Dezember
1911 das Rennen zum Südpol gegen den
Engländer Robert Scott. 1953 besteigen Edmund Hillary und Tenzing Norgay als Erste
den Mount Everest, den höchsten Berg der
Welt. Der Schweizer Auguste Piccard bricht
im gleichen Jahr mit einer Tauchkapsel im
Tyrrhenischen Meer den Tiefenrekord.
Die Astronauten und Propagandisten
der Marsflüge sehen sich in der Tradition
dieser Pioniere. Die Expansion ins All ist
fast zwingend, denn die Meere sind befahren, die Berge bestiegen, die Wüsten kartiert. Selbst auf dem Mond hat die Menschheit Spuren hinterlassen. Da bietet sich der
Nachbarplanet Mars geradezu an als Objekt menschlicher Eroberungsgelüste.
44 Mars
Hightech aus der Schweiz
Innovativ: Raumfahrt made in Switzerland
Am 23. September 2009 transportierte
So produziert Ruag Space, eine Ge-
eine Rakete den ersten Schweizer Satelli­
ten in den Weltraum. Der Würfel mit einer
Kantenlänge von zehn Zentimetern wiegt
nur 820 Gramm und ist vollgepackt mit
Elektronik und einem Miniteleskop. Seit
dem geglückten Start sendet das Instrument aus einer Höhe von 720 Kilo­metern
Signale zur Erde. Entwickelt und gebaut
wurde es von Studenten des ­WeltraumZentrums der Eidgenössischen Polytechnischen Hochschule Lausanne (EPFL)
in Zusammenarbeit mit verschiedenen
Universitäten und Fachhochschulen.
«Wichtigstes Ziel ist die Ausbildung von
Studierenden in diesem Bereich», sagt
die Forscherin Muriel Noca.
schäftseinheit der ehemaligen Rüstungsfirma Ruag, die hitzeresistenten Kappen
der «Ariane»-Raketen, unter denen die
Nutzlast – meist Satelliten – geladen ist.
Die imposanten Spitzen bestehen aus
Kohlefasern und sind je nach Satellit
13 bis 25 Meter hoch. Die Firma liefert
auch Motoren zur Ausrichtung der Solargeneratoren von Satelliten. «Das traditionelle Know-how aus der Mikromechanik
und das Qualitätsbewusstsein aus der
Schweiz werden bei den Auftraggebern
geschätzt», sagt Hendrik Thielemann
von Ruag Space. So habe man auch einen
Vertrag zur Lieferung eines Antriebs­
systems für den Rover (Roboterfahrzeug)
der Esa abgeschlossen, der 2018 auf dem
Mars herumkurven soll. 2004 machte
die Firma Maxon aus Sachseln OW mit
Mikromotoren Schlagzeilen, die sie
für die beiden Marsrover «Spirit» und
«Opportunity» der Nasa lieferte.
­Schweizer Projekten zurErforschung
des Weltraums. Während hierzulande
der Name des Astronauten und Spaceshuttle-Fahrers Claude Nicollier den meisten geläufig ist, sind die hiesigen technischen Innovationen und Entwicklungen
in diesem Bereich weniger bekannt. Aber
die Schweiz darf sich ohne weiteres als
Weltraumnation bezeichnen, ist sie doch
Gründungsmitglied der Europäi­schen
Weltraumorganisation (Esa). 150 Millionen
Franken investiert sie jährlich in die
Organisation, die die europäische Weltraumfahrt fördert und unter anderem
die «Ariane»-Raketen entwickelt. «Von
diesem Geld fliessen über 90 Prozent
zurück an Schweizer Firmen, die sich
um Esa-Aufträge bewerben können»,
sagt Kamlesh Brocard vom zuständigen
Staatssekretariat für Bildung und
Forschung.
Die Weltraumerkundung hat an der
Universität Bern eine lange Tradition.
Weltweit bekannt wurden die Berner 1969:
Das Sonnenwindsegel, das Astronaut
Edwin «Buzz» Aldrin bei der ersten Landung auf dem Mond in den Boden steckte,
war hier entwickelt worden. Aktuell ist
Nicolas Thomas Leiter der Abteilung für
Weltraumforschung und Planetologie.
Auch er ist mit einer Marsmission beschäftigt. Er baut ein Kamerasystem, das 2016
die Oberfläche des Mars von einem Satelliten aus vermessen soll. Die Raum­sonde
prüft unter anderem mögliche Lande­
stellen und sucht nach Spuren von Methan
in der Atmosphäre.
Swisscube:
Der erste Schweizer
Satellit in der
Erdumlaufbahn
wurde von Studenten
der Hochschule in
Lausanne entwickelt
und gebaut.
Auf engstem Raum: In Moskau üben derzeit sechs
Die geglückte Mondlandung 1969 war
ein Produkt des Konfrontationskurses und
des Wettrüstens zwischen den beiden
Weltmächten USA und Sowjetunion. Seit
dem Ende des Kalten Kriegs 1989 ist das
Budget der Nasa auf einen Bruchteil zusammengeschmolzen.
Über die Höhe der Kosten herrscht aber
nach wie vor Uneinigkeit: Wenn eine Marsmission für 30 bis 50 Milliarden Dollar –
wie es Zubrin vorrechnet – machbar wäre,
würden die Ausgaben in einem finanzierbaren Bereich liegen.
Faszinierend, aber unnötig?
Einen weiteren Punkt spricht der Basler
Astronom Bruno Binggeli an: Die Vorstellung bemannter Marsflüge sei zwar faszinierend, aber das Vorhaben eigentlich unnötig. Und es lenke von irdischen Proble-
Fotos: Esa, Laurent Gillieron/Keystone, Nasa
Swisscube ist eines von vielen
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1 | 2011
Natur
KOMMUNIKATION & UMWELT
Weniger Stress
im mobilen Büro
Ich höre immer wieder vom mobilen Büro, das Reisen
spart und die Ressourcen schont. Was steckt eigentlich
dahinter? Manuel Pan, Sursee
Sehr geehrter Herr Pan
Das mobile Büro hat man dank Laptop immer dabei,
und es umfasst verschiedene Möglichkeiten, sich mit
Arbeitskollegen auszutauschen. Hier in Kürze einige
Merkmale, die das mobile Büro auszeichnen:
> Mehr Flexibilität: Sie müssen nicht mehr an jede Sitzung reisen, da es Alternativen wie auf dem Laptop
integrierte Videokonferenzen gibt – und sogar Möglichkeiten, um Dokumente ortsunabhängig gemeinsam zu bearbeiten.
> Von überall aus Zugriff auf Ihre Unterlagen: Alle Daten
wie Kalender, E-Mails und Pendenzen auf Ihrem Laptop sind immer mit dem Netzwerk Ihrer Firma synchronisiert.
> Verbesserte Erreichbarkeit: Sie erkennen, auf welchen Kanälen (Telefon, E-Mail, Instant Messaging) die
Arbeitskollegen gerade erreichbar sind.
Der Einsatz von modernen Kommunikationsmitteln
bietet Vorteile für Mitarbeitende, Unternehmen und
Umwelt. Die Mitarbeitenden vermeiden Stress und sparen Zeit, weil Sitzungen virtuell stattfinden und von
zuhause gearbeitet werden kann. Die Unternehmen
profitieren von einer nachweisbar höheren Produktivität, von tieferen Reisekosten und von einer höheren
Attraktivität der eigenen Arbeitsplätze.
Männer im Projekt Mars500, wie man sich 520 Tage lang im Container nicht auf die Nerven geht.
men ab. «Es gibt immer Ausreden, um
­einen Flug zum Mars nicht durchzuführen», entgegnet Sebastian Gautsch. ­Würden
die Medienrechte für den Marsflug und
die Auswahl der Astronauten professionell
vermarktet, liesse sich das Vorhaben allein
über Werbeeinnahmen und private Sponsoren finanzieren, ist er überzeugt.
Neben den finanziellen gilt es auch,
­andere Risiken zu berücksichtigen, wie die
lebensfeindliche Strahlung im All, den langen Aufenthalt ohne Schwerkraft, die Verletzlichkeit der menschlichen Psyche oder
schlicht technisches Versagen. Derartige
Einwände könnten Punkt für Punkt entkräftet werden, behaupten die Befürworter
von Marsmissionen. Ein Mantel aus Wassertanks würde die Kapsel und ihre Mannschaft auf dem Flug zum Mars vor energiereichen Strahlen schützen. Eine Raumfäh-
Swisscom hat mit Unterstützung von myclimate und
WWF berechnet, dass Schweizer Unternehmen dank
dem mobilen Büro jährlich den CO2-Ausstoss von
250 000 Autos oder rund 500 Jahre Reisezeit sparen
können. Ich bin überzeugt, dass mobiles Arbeiten für die
meisten «Wissensarbeiter» zum Standard wird – in der
Schweiz also für eine halbe Million Menschen.
Herzlich, Fabian Etter
Mehr zum mobilen Arbeiten:
www.swisscom.ch/solutions/mobil-arbeiten
Fabian Etter ist Leiter Corporate Responsibility bei Swisscom.
«Die Kolonisierung des Mars würde es erlauben,
unseren Lebensraum zu schützen. Die Nutzung
seiner Ressourcen könnte die Erde entlasten.»
Carl Beeli, schweizerische Mars Society
Haben Sie eine Frage zum Thema
Kommunikation und Umwelt?
Schreiben Sie Fabian Etter an
[email protected]
www.swisscom.ch/verantwortung
46 Mars
Eine Woche All
für acht Millionen
Dollar: Das Unternehmen Bigelow
Aerospace plant
bereits das erste
Hotel im Weltraum.
Ferien einmal anders: Touristen auf Weltraumkurs
Am 8. Dezember 2010 umrundete
erstmals eine privat gebaute Raumfähre
die Erde. Die Kapsel namens «Dragon»
(Drache) wurde von der Trägerrakete
«Falcon 9» ins All gehievt. Beide stammen
aus den Werkstätten der kalifornischen
Firma SpaceX, die der Internetunternehmer Elon Musk 2002 gegründet hat.
SpaceX arbeitet mit verschiedenen
Regierungen und Unternehmen zusammen. Es ist nur eine Frage der Zeit, wann
Privatpersonen an Bord ihrer Kapseln
mitfliegen. Die US-Raumfahrtbehörde
Nasa beglückwünschte Musk zum
erfolgreichen Start und zur geglückten
Erdumrundung, dem bisher grössten
Erfolg der kommerziellen Raumfahrt.
Der Kontrast könnte kaum grösser sein:
Die einst mächtige Nasa hat 2010 den Bau
der schweren Trägerraketen «Ares I» und
«Ares V» gestoppt, mit denen Astronauten zum Mond, zur Raumstation ISS
(International Space Station) und weiter
gebracht werden sollten. Nun steckt sie
in der Klemme, denn ihre Spaceshuttles
haben ausgedient. Spätestens im Juni
2011 wird letztmals eine dieser Raumfähren zur ISS aufsteigen – falls der Kongress
das Geld dafür bewilligt. Nach 135 Flügen
innert 30 Jahren hat die Flotte das Dienstende erreicht. Die neue, von Präsident
Barack Obama und Nasa-Chef Charles
Bolden verkündete Strategie basiert auf
der Zusammenarbeit mit privaten Firmen,
um die Kosten für Neuentwicklungen zu
senken. SpaceX hat die Chance gepackt
und mit der Nasa bereits einen Vertrag
über 1,6 Milliarden Dollar für zwölf Flüge
zur Raumstation ausgehandelt. Weitere
Unternehmen möchten gern in die Lücke
springen.
Mit dem Engagement privater Firmen
bricht eine neue Ära an, in der der Flug
ins All – und einst vielleicht zum Mars –
erschwinglich werden soll. Bisher sind
solche Abenteuer fast unbezahlbar teuer.
Der erste Weltraumtourist, Dennis Tito,
legte 2001 geschätzte 20 Millionen Dollar
auf den Tisch, um an Bord einer russi­
schen «Sojus»-Kapsel zur Raumstation
ISS abzuheben. Der britische Milliardär
Richard Branson will den Weltraumtrip für
einen Hundertstel dieses Preises anbieten.
Er ist 2004 mit seiner Firma Virgin
Galactic beim Projekt SpaceShipTwo
eingestiegen, das Menschen für 200 000
­Dollar insAll schicken soll. Astronomen
sprechen allerdings von einem Weltraumhüpfer, denn das SpaceShip macht nur
einen kurzen Ausflug in rund 100 Kilometer Höhe, während «Dragon» die Erde
in 300 Kilometern Höhe umrundet. Trotzdem hat Branson bereits gut 380 Kunden,
die zusammen 50 Millionen Dollar für das
erhoffte Vergnügen hinterlegt haben.
Einen anderen Weg verfolgt die amerikanische Firma Bigelow Aerospace. Sie will
eine Raumstation für Astronauten und
Touristen ins All bringen. Eine «Falcon 9»
der Firma SpaceX soll 2014 die Behausung
namens «Sundancer» in ihre Umlaufbahn
bringen. Eine Woche Erholung im All ist
bereits für acht Millionen Dollar zu haben,
wirbt die Firma des Hotelmilliardärs
Robert Bigelow.
re, die sich dreht, würde Fliehkräfte erzeugen und Probleme mit der Schwerelosigkeit
im All reduzieren. Was die Moral betrifft,
müssten eben geeignete Charaktere ausgewählt werden. Zubrin schreibt dazu, dass
die früheren Entdecker auf ihren Seereisen
mindestens so viel Stress und Gefahren
ausgesetzt waren, wie es die Marsfahrer
der Zukunft sein würden.
Interessante Erkenntnisse dazu werden
vom derzeit in Moskau durchgeführten
Projekt Mars500 erwartet: Für diesen BigBrother-Versuch der europäischen und der
russischen Raumfahrtagentur haben sich
sechs Männer für 520 Tage in einem Container einschliessen lassen, um die psychischen Belastungen bei einem Marsflug
realitätsnah zu testen. Das Projekt läuft seit
Juni 2010.
Wenn Astronauten zu sehr lieben
Ein naheliegendes, aber weitgehend totgeschwiegenes Problem bei einer Marsmis­
sion ist der Umgang mit Sexualität. Um
Konkurrenzkämpfe und Beziehungspro­
bleme zu vermeiden, plädiert der Hirnforscher Rhawn Joseph in der Mars-Ausgabe
des «Journal of Cosmology» für getrennte
Männer- und Frauenmissionen. Die Nasa
hat bis jetzt keine Richtlinien zum Thema
Sex und Raumfahrt aufgestellt, ausser einer
allgemeinen Vorschrift zu «ehrenhaftem
Benehmen». Ein Appell, der im Fall von
­Lisa Nowak und William ­ Oefelein nichts
fruchtete. Sie waren 2006 im Spaceshuttle
unterwegs, verliebten sich und hatten
­später ­ eine aussereheliche Affäre, die in
einem aufsehenerregenden Eifersuchtsdrama mündete.
Für Joseph ist der Fall ein Beispiel dafür,
dass während einer mehrmonatigen Marsreise entweder Männer oder Frauen unterwegs sein sollten. Sonst seien Eifersüchteleien und Machogehabe programmiert.
Nach der Ankunft auf dem Mars stünde
einem normalen Sexleben hingegen nichts
im Wege. Auch eine extraterrestrische
Schwangerschaft wäre möglich, allerdings
sind die Auswirkungen einer verminderten
Schwerkraft – wie sie auf dem Mars herrscht
– auf die Entwicklung eines Embryos nicht
in allen Details geklärt.
Eine Art Erde als Reserve
Pierre Brisson ist überzeugt, dass sich
die Menschheit zur «weltraumerobernden
Art» weiterentwickeln und ausserhalb der
Erde fortpflanzen wird. Wie viele vom Weltraum verzauberte Menschen fragt er sich
Fotos: Bigelow Aerospace (Bildkomposition), Nasa
Kommerzielle Weltraumflüge
Natur 47
1 | 2011
auch, ob es ausserhalb der Erde andere Lebensformen gibt, ob da draussen irgendwo
intelligente Wesen existieren. Mächtigen
Auftrieb haben solche Phantasien durch
die Entdeckung von Exoplaneten erhalten,
Himmelskörpern, die Sterne ausserhalb
unseres Sonnensystems umkreisen.
Seit die Astronomen Didier Queloz und
Michel Mayor von der Universität Genf
1995 den ersten derartigen Planeten entdeckt haben, ist ein wahrer Wettlauf um
weitere Entdeckungen entbrannt. Exoplaneten gelten als Kandidaten für ausser­
irdisches Leben, denn auf ihnen könn­ten
erd­ähnliche Bedingungen herrschen. Bereits sind über 500 solcher Gestirne beobachtet worden, die Mehrzahl ohne Atmosphäre oder lebensfreundliche Temperatu­
ren. Astronomen rechnen aber fest damit,
in den nächsten Jahren einen physischen
Doppelgänger der Erde zu finden, der Lebensformen beherbergen könnte.
Die fernen Welten jenseits unserer Galaxie liegen allerdings weit ausserhalb unserer Reichweite. Eine Reise zum nächsten
Sternsystem im vier Lichtjahre entfernten
Sternbild Alpha Centauri würde mit heutiger Technologie 120 000 Jahre dauern.
Um zu jenen Welten aufzubrechen, braucht
es neue Technologien wie den Ionenantrieb oder Fusionsraketen. Bis diese entwickelt sind, werden Jahrzehnte vergehen.
Physikstar Hawking will Besiedlung
Bleibt als realistischeres Ziel der Mars, für
dessen Besiedlung auch durchaus prakti­
sche Gründe genannt werden. Die Menschheit wächst und wächst, die Ressourcen
auf der Erde schwinden, der ­Klimawandel
bedroht unsere Zukunft. «Die Kolonisierung des Mars würde es erlauben, den
­Lebensraum Erde zu schützen», sagt Carl
Beeli von der schweizerischen Mars So­
ciety. «Die Nutzung seiner Ressourcen
könnte die Erde entlasten.» Beeli befindet
sich mit dieser Argumentation in prominenter Gesellschaft. Der berühmte britische Physiker Stephen Hawking plädiert
für die Kolonisierung von Mond und Mars.
Die Menschheit könnte so ihr Überleben
mit einer «zweiten Erde» sichern und sich
gegen Naturkatastrophen und menschen-
gemachte Bedrohungen wappnen, meint
der Bestsellerautor.
Ins gleiche Horn bläst der amerikanische Astrophysiker John Richard Gott:
«Wenn es uns gelingt, von hier wegzukommen, erhöhen wir unsere Überlebenschancen.» Wenn es nach ihm geht, müssen wir
die Erde verlassen, solange wir noch können, das heisst, bevor wir uns und unseren
Heimatplaneten ausgelöscht haben. In
­einer seiner Visionen beschreibt John
Richard Gott einen Astronauten, der vom
Mars Richtung Sonne blickt. Der Mann
sieht die Erde und den Mond als kleine
Punkte, die vor dem Stern durchwandern.
Der nächste derartige Transit wird am
10. November 2084 stattfinden. Für die
Marsvisionäre gibt es keine Zweifel, dass
Menschen vom Roten Planeten aus dieses
Schauspiel beobachten werden. n
LINKS
Mars Society Switzerland:
www.planete-mars-suisse.com
«The Human Mission to Mars»; Artikel im
«Journal of Cosmology» (englisch):
www.journalofcosmology.com/
Contents12.html
Interaktive Animation zum Leben
auf dem Mars (englisch):
«Wenn es der Menschheit gelingt,
von hier wegzukommen, erhöhen wir
unsere Überlebenschancen.»
www.exploremarsnow.org
Buchtipp
Ulf von Rauchhaupt: «Der neunte
­Kontinent»;Fischer-Taschenbuch-Verlag,
2010, 288 Seiten, Fr. 16.90
John Richard Gott, amerikanischer Astrophysiker
Schnuppern Sie Natur!
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