Digital-Spiegelreflex im Zentrum

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Digital-Spiegelreflex im Zentrum
Photokina
Publisher 5 · 2004
Photokina als Trendbarometer
Digital-Spiegelreflex im Zentrum
Nach dem Boom der kompakten Digicams sind jetzt die digitalen Spiegelreflexkameras
die Zugpferde des Fotomarktes. Das breite Angebot macht den Entscheid für den Käufer
nicht einfach. Markus Zitt hat für uns das Photokina-Angebot gesichtet und geordnet.
■ MARKUS ZITT Die alle zwei Jahre
in Köln stattfindende Photokina ist die
weltgrösste Messe im Bereich Fotografie und Imaging. Auch wenn heutzutage die Bedeutung von Messen
kontinuierlich schwindet und es sich
kaum ein Hersteller leisten kann, die
Vorstellung seiner Produkte bis zu solch
einem publikumswirksamen Zeitpunkt
herauszuzögern, so bringt die Photokina 04 doch eine konzentrierte Welle
von Produktvorstellungen.
Digitales über alles
Geprägt wird das Geschehen weiterhin durch die Digitalfotografie, sprich
die Digitalkameras und die bildverarbeitenden Systeme, vom intelligenten
Drucker über selbst bedienbare Fotokioske bis hin zu digitalen Fotolaborgeräten.
Enorm sind die jährlichen Absatzsteigerungen bei Digitalkameras, wenngleich
sich eine Marktsättigung abzuzeichnen und das allgemeine Interesse etwas abzuflauen beginnt. So kann die
Fotobranche derzeit «nur» noch einen
50%igen Absatzzuwachs verbuchen,
nachdem sie in den letzten Jahren stets
mit rund einer Verdoppelung verwöhnt
worden ist.
Günstige SLRs
Zugpferd der Digitalkameras sind
derzeit die Spiegelreflexkameras
(SLR), die gegenüber dem Vorjahr einen 500%igen Zuwachs verzeichnen
können, was vor allem auf günstige
Modelle für unter 2000 Franken zurückzuführen ist. Allen voran sind dies
die Canon EOS 300D, die es neu auch
in Schwarz gibt, und die Nikon D70, die
schier unendliche Bildfolgen aufzeichnet. Von diesem Kuchen wollen andere
auch ein Stück abschneiden. So bringt
nun Pentax mit der «*ist Ds» noch ein
günstiges Einsteigermodell mit SD-Kartenslot auf den Markt, das die Ende
letzten Jahres eingeführte semiprofessionelle «*ist D» fortan ergänzt. Vom
stückzahlenmässigen Marktführer bei
analogen SLR-Kameras, der kürzlich
fusionierten Konica Minolta, ist dagegen leider keine günstige Kamera für
die breite Masse in Sicht. Nach langer
Abwesenheit im Digi-SLR-Markt will
Minolta mit ihrer semiprofessionellen
Dynax 7D an die Erfolge der RD 175
anknüpfen, die in Zusammenarbeit mit
Agfa entstand und noch vor dem eigentlichen Digicambooom den Markt
beherrschte.
Minolta D7 mit Anti-Shake
Die 7D basiert auf der analogen Dynax 7 und erinnert mit ihrem kantigen
Design und robusten Gehäuse an Kameras von vor 15 Jahren. Man merkt,
ihre Markteinführung war eigentlich
schon vor zwei Jahren geplant. Auch
Die Nikon D2X kombiniert eine hohe Auflösung
von 12,5 Megapixeln mit einer sehr flotten Bildfolge von 5 Fotos pro Sekunde.
Das in die Kamera integriete Anti-Shake-System der Konica Minolta Dynax 7D bringt
eine Bildstabilisierung mit allen Objektiven.
wenn die 7D wie ein Dino wirkt, hat
sie der Konkurrenz mit ihrem beweglichen Fotochip zur Bildstabilisierung
einiges voraus. Die Anti-Shake (AS)
genannte Bildstabilisierung, zu deren
Entwicklung die Grundlagenforschungen vor 10 Jahren begonnen wurden,
ist bereits aus den kompakten All-inOne-Digicams Dimage A1 und A2 bekannt. Der Clou am AS-Chip in einer
Digi-SLR ist, dass die Bildstabilisierung
mit allen neuen und alten Objektiven
funktioniert und nicht nur mit einigen
Objektiven mit integrierter Bildstabilisatorlinse. Da der Halbformat-Fotochip
in jede Richtung bis 5 mm bewegt
werden kann, muss er durch einen
ausreichend grossen Objektivbildkreis
abgedeckt werden. Dies ist mit ein
Grund, weshalb Minolta gegenwärtig
keine speziell auf den Halbformat-Fotochip angepasste (Weitwinkel-)Digitalobjektive anbietet, wie dies Canon
mit den EF-S- und Nikon mit den DXObjektiven tun.
Bildstabilisation sorgt nicht nur im Telebereich für schärfere Bilder, sondern
erweist sich ebenso bei Weitwinkelaufnahmen beispielsweise von schlecht
beleuchteten Innenräumen als nützlich. Zudem ermöglichen Bildstabilisatoren, mit kleineren Blenden (mehr
Tiefenschärfe) und/oder mit niedrigeren ISO-Werten (rauscharme Bilder) zu
fotografieren. Deshalb kommen zusehends mehr stabilisierte Objektive für
SLR-Kameras sowie Kompaktmodelle
mit dieser Technologie (z.B. von Canon, Konica Minolta, Panasonic, Nikon)
auf den Markt. Ein Beispiel für diesen
«eher stillen Trend» ist die Nikon Coolpix 8800 (8 Mpx) mit Stabilisator, die
bereits jetzt auf die im Frühling eingeführte Coolpix 8700 folgt.
8 Megapixel jetzt auch im
Spiegelreflexlager
Apropos 8 Mpx: Seit Anfang dieses
Jahres werden Kameras mit dieser Chipauflösung angeboten. Abgesehen von
der damals eingeführten professionellen Action-SLR-Kamera Canon EOS
1D Mark II (Vorgängermodell hatte
4 Mpx), war der 8-Mpx-Chip bislang
den All-in-One-Kompaktkameras (siehe
Publisher 3-2004) vorbehalten. Nun
gibt es von Canon die erste semiprofessionelle 8-Mpx-SLR. Die EOS 20D
ist bis auf Details identisch mit der
EOS 10D, ist aber spürbar schneller
geworden. Insbesondere das Aufstarten (Kaltstart und aus Ruhezustand)
geschieht im Nu, während man bei der
10D zwei Sekunden und bei der 300D
gar drei warten musste.
Olympus E-300 als zweites
FourThirds-Modell
Auch Olympus will Ende Jahr mit der
E-300 eine 8-Mpx-SLR auf den Markt
bringen, hüllt sich hinsichtlich des Preises aber in vornehmes Schweigen bzw.
spricht bloss von « ... einem äusserst
attraktiven Preis». Die E-300 ergänzt
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Photokina
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die (semi)professionelle E-1 und besitzt
ebenfalls eine Ultraschallreinigung des
Fotochips. Dank einer anderen Sucherkonstruktion (TTL-Porro-Sucher statt
Pentaprisma) ist ihre Silhouette flach
wie die einer Sucherkamera. Die E-300
ist erst das zweite Kameramodell, das
auf dem FourThirds-Standard basiert.
Die FourThirds-Mitinitianten Fuji und
Kodak halten sich diesbezüglich bis auf
weiteres zurück.
Immerhin liefert der (Fremd-)Objektivhersteller Sigma nun ein 7fach-Zoom
(18–125mm F3,5–5,6 DC) mit passendem Anschluss. Fuji setzt derweil
auf ihre FinePix S3Pro und positioniert
diese als günstiges Profimodell, obwohl sie wie das Vorgängermodell S2
Pro (noch bis Anfang Januar 2005 erhältlich) und die Kodak DCS Pro SLR/
n auf einem Amateurgehäuse (Nikon
F80) basiert. Allerdings will Fuji dieses
Mal das Gehäuse nicht eins zu eins
übernommen, sondern grundlegend
modifiziert haben.
Profi-SLRs
Im Profilager haben Canon und Nikon
mit neuen hoch auflösenden SLR-Profikameras mit Kleinbildfilmqualität aufgetrumpft. Die Canon EOS 1Ds Mark II
mit rund 17 Mpx (Canon CMOS-Chip)
löst die EOS 1DS (11 Mpx) ab, während nach drei langen Jahren bei Nikon die D2x (12 Mpx Sony CMOS-Chip)
die betagte D1x (5,5 Mpx) in Pension
schickt. Beide Kameras schiessen recht
schnelle Fotoserien (1DS: 4 fps, D2x:
5 fps). Die D2x kann sogar mit einer
auf 6,8 Mpx reduzierten Auflösung 8
fps erreichen und so dem hausinternen
Hispeed-Modell D2H (4 Mpx) Konkurrenz machen.
Weil Digitalkameras auflösungsmässig mit Kleinbildfilm gleichziehen, wird
die Luft für die Filmhersteller dünner
(Konkurs Ilford England, problematische Entwicklung bei Kodaks Filmdivision). Da erstaunt es, dass Nikon mit
der 0-Megapixel-F6 eine neue analoge
Profikamera auf den Markt bringt, obwohl entsprechende Gerüchte um eine
sowohl analog wie digital nutzbare F6
schon seit zwei, drei Jahren kursierten.
Für viele Kamerabesitzer ist die Nutzung der alten SLR-Kamera als Digicam
ein Traum, der bislang nur im Mittelformat real wurde. Nun eröffnet Leica
den Besitzern ihrer neueren Kleinbildkameras die Möglichkeit, die R8 und
R9 mit einem digitalen 10-Mpx-Rückteil zu versehen. Die sprichwörtliche
Leica-Qualität selbst älterer Objektive
soll dabei den hohen Anforderungen
des Kodak-Fotochips voll und ganz genügen. Entwickelt wurde das Digiteil
zusammen mit der Firma Imacon, die
übrigens inzwischen von Hasselblad
übernommen wurde.
Integration und mehr Komfort
im Mittelformat
Eine Art umgekehrte Entwicklung gibt
es mit der Mamiya ZD (22 Mpx). Sie
ist die erste reine Digitalkamera aus
dem Mittelformatlager und kann mit
wechselbaren Filmmagazinen und Digibacks für beide Aufgaben genutzt
werden. Die Kamera verwendet übrigens die AF-Objektive zur Mamiya
645 AF bzw. AFD. Mehr Komfort durch
Integration ist ein klarer Trend bei Di-
girückteilen. Das Leaf Aptus wirkt nicht
wie ein Fremdkörper an einer Mittelformatkamera, sondern bietet fast schon
eine Bedienung wie die an Kleinbildkameras orientierten Digi-SLRs (z.B.
EOS 1Ds, D2x). Ohne herumhängende
Daten- und Energiekabel, dafür mit
einem CF-Kartenlaufwerk, einem grossen LCD-Bildschirm am Rückteil samt
Anzeige von Histogramm und Aufnahmedaten; ein optional entfesselter
Zweitbildschirm (z.B. für den Art Director) sowie schnelle Aufnahmefolgen
erlauben zügiges Arbeiten.
Neben Megapixeln und Speed ist wireless das Trendthema im Profilager. Ob
im Studio, im Stadion oder in der Zahnarztpraxis: Digifotos werden heute vorzugsweise von der Kamera gleich über
den Äther an den PC geschickt, von
wo sie zum Beispiel bei einer Fotoreportage über einen Sportanlass auch
gleich auf einen Web-Server übermittelt werden können.
Mehr Leistung für weniger Geld
Bei den kompakten Digitalkameras
sind die Trends ebenfalls eindeutig:
mehr Pixel, mehr Zoom, mehr Tempo,
mehr Design, mehr Bildschärfe und
all dies zu günstigeren Preisen. Nachdem zu Beginn dieses Jahres 8 Mpx
der Renner zu werden versprachen,
aber wider Erwarten nicht die grossen
Umsätze brachten, wurde inzwischen
die Auflösung in allen Kameraklassen angehoben. Bei ultrakompakten
Sucherkameras gelten 5 Mpx als Standard. Bessere Kompaktkameras bieten nun 6,7 oder 8 Megapixel. Auch
die Auflösung von Videoclips hat bei
vielen Modellen 640x480 px bei 30
fps und damit (theoretisch) beinahe
Fernsehqualität erreicht. Die Minolta
A200, eine 8Mpx-Light-Variante der
A2, trumpft gar mit 800x600 px auf.
Weitere Zoombereiche und
Styling bei den Kompakten
Mehr Schärfe versprechen nicht nur
die zusätzlichen Pixel, sondern auch
optische Bildstabilisatoren, die in immer mehr Digicams – insbesondere
den Superzoom-Modellen – eingebaut
werden. Nicht nur die Superzoom-Digicams bieten einen zunehmend grösseren Brennweitenbereich (10– bis
12 x), sondern ebenso die kompakteren Modelle (oft 4 x-Zoom). Die Zooms
erstrecken sich vor allem in den Telebereich und so gibt es immer noch
zu wenig weitwinklige Digicams. Immerhin ist die Zahl derer, die bis zu 28
mm herunterreichen, grösser denn je.
Diesbezüglich einen Hoffnungsschimmer vermittelt Nikon mit ihrer Coolpix
8400 (8 Mpx), die mit ihren 24–85
mm nicht nur Innenarchitekten Freude
bereiten wird.
Ansonsten setzen die Kamerahersteller derzeit sehr auf Styling und bringen
ihre kleinen Modelle in vielen bunten Farbvariationen, die an die besten
iMac-Zeiten oder an Handys erinnern.
Während echte Kameras wie die DigiSLRs boomen, dürften die ultrakompakten Knipser langsam, aber sicher
Konkurrenz durch die Fotohandys bekommen, die mit mehr Megapixel, optischem Zoom, Blitz und der Möglichkeit
zur Life-Berichterstattung zunehmend
an Boden gewinnen.
■
Digitale Spiegelreflexkameras im Überblick
Canon EOS 1D Mark II
Canon EOS 1Ds Mark II
Canon EOS 20D
Canon EOS 300D
Objektivanschluss
Canon EF
Canon EF
Canon EF/EF-S
Canon EF/EF-S
Verlängerung zu KB
keine2
keine2
1,6 x
1,6 x
Auflösung / Seitenverhältnis
8,2 Mpx / 2:3
16,6 Mpx / 2:3
8,2 Mpx / 2:3
6,3 Mpx / 2:3
Serienfotos pro
Sek. / in Folge1
8,5 fps / 40
4 fps / 32
5 fps / 23
2,5 fps / 4
Lieferbar
seit bzw. ab
2004 Febr.
2004 k.A.
2004 Q4
2003
Contax N digital
Contax N
keine2
6,0 Mpx / 2:3
3 fps / 3
2002
Fujifilm FinePix S2 Pro
Fujifilm FinePix S3 Pro
Kodak DSC Pro SLR/c
Kodak DSC Pro SLR/n
Nikon F (AF)
Nikon F (AF)
Canon EF
Nikon F (AF)
1,5 x
1,5 x
keine2
keine2
6,17 (12.3 ) Mpx / 2:3
61,7 (12.33) Mpx / 2:3
13,89 Mpx / 2:3
13,89 Mpx / 2:3
2 fps / 7
keine Angaben
1,7 fps / 19
1,7 fps / 19
2002
Q4 Dez.
2004
2004
Konica Minolta Dynax 7D Minolta A
1,6 x
6 Mpx / 2:3
3 fps / 12
2004 Nov.
Leica Digital-Modul-R
Mamiya ZD5
Nikon D2H
Nikon D2X
Leica SL/R
Mamiya 645 AFD
Nikon F
Nikon F
1,37 x
1,25 x
1,5 x
1,5 x
10 Mpx / 2:3
21,7 / 3:4
4,1 Mpx / 2:3
12,4 Mpx / 2:3
2 fps / 10
1,5 fps / 11
8 fps / 40
5 fps / 15
2004
k.A.
2003
2004 Q4
Nikon D70
Nikon F (AF)
1,5 x
6,1 Mpx / 2:3
3 fps / 144
2004
Nikon D100
Olympus E-1
Olympus E-300
Pentax *ist D
Pentax *ist Ds
Sigma SD10
Nikon F (AF)
4/3-Standard
4/3-Standard
Pentax KAF
Pentax KAF
Sigma SA
1,5 x
keine6
keine6
1,6 x
1,6 x
1,7 x
6,1 Mpx / 2:3
5 Mpx / 3:4
8 Mpx / 3:4
6,1 Mpx / 2:3
6,1 Mpx / 2:3
3 x 3,4 Mpx7 / 2:3
3 fps / 6
3 fps / 12
3 fps / mind. 3
2,6 fps / 6
2,8 fps / 8
2,5 fps / 6
2002
2003
2004 Dez.
2003
2004 Nov.
2003
Kamera
4
Anmerkungen zur Tabelle
1 maximale Anzahl Fotos (in bester JPEG–Qualität bei
maximaler Auflösung), die ohne Pause fürs Speichern geschossen werden können. 2 Vollformatchip 24 x 36 mm
entspricht Kleinbildfilmformat; daher keine Brennweiten-
3
verlängerung. 3 Chipauflösung 6 Mpx/Bilder werden
mit 12 Mpx ausgegeben wegen besonderer Chipstruktur. 4 keine Kamera; Digitalerückteil zu Leica R8 / R9.
5 verwendet keine Kleinbild-, sondern Mittelformatobjektive für 6 x 4,5cm-Format. 6 keine, da nicht mit
Listenpreis in CHF
Gehäuse (mit Zoom)
6998.–
11 250.–
2478.– (2628 mit 18–55 mm)
1558.– (1698.– mit 18–55 mm)
mit 50 mm 11 998.–,
mit 17–35 mm 14 998.–
2900.–
3900.–
7844.–
7844.–
2398.– (2498.– mit 28–100 mm
3267.– mit 17–35 mm)
7850.–, Rückteil ohne Kamera
keine Angaben
5698.–
7798.–
1698.– (1898.– mit 28–80mm,
2198.– mit 18–70mm)
2198.–
2248.– (2990.– mit 14–54 mm)
keine Angaben
2990.–
1600.– (1799.– mit 18–50 mm)
2990.– (3195.– mit 18–50 mm)
KB-Objektiven kompatibel, aber für Vergleich der Brennweitenwirkung kann man mit 2 multiplizieren. 7 dreischichtiger Chip