Auf den Spuren der Erstbegeher

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Auf den Spuren der Erstbegeher
OUTDOOR 61
Neuö Zürcör Zäitung
Freitag, 21. Januar 2011 ! Nr. 17
Auf den Spuren der Erstbegeher
Buchbesprechung (b2) 3200
Im Januar 1911 eröffneten zwei Schweizer Skipioniere das heikelste Teilstück der Walliser Haute Route
Untertitel (b2)
Vor hundert Jahren begingen die
Schweizer François Frédéric
Roget und Marcel Kurz erstmals
die Walliser Haute Route via
Sonadonpass. Wir sind ihren
Spuren gefolgt – sowohl in ihren
Aufzeichnungen als auch auf der
spektakulären Route am Berg.
Caroline Fink
Januar 1911 im Walliser Dorf Bourg-StPierre: Sechs Männer packen in der
Schenke des Gasthauses Déjeuner de
Napoléon ihre Rucksäcke. Sie bereiten
sich auf eine Skierstbegehung vor: den
Aufstieg von der Valsoreyhütte über
Steilhänge zum Col du Sonadon, einem
Pass hinter dem Grand Combin, der
erstmals eine neue Variante der «High
Level Route» zwischen Chamonix und
Zermatt eröffnen würde (siehe untenstehenden Kasten).
Spektakuläre Strecke
Es sind der Genfer Geschichtsprofessor
François Frédéric Roget und der Neuenburger Skipionier Marcel Kurz, die in
der Schenke ihre Ausrüstung sortieren,
zusammen mit den Walliser Führern
Maurice und Jules Crettez, Louis
Theytaz und Léonce Murisier. Ältere
Führer schauen ihnen dabei skeptisch
zu. «Drei alte Führer sassen, Stunden
vor dem Mittagessen, am Tisch bei
einem Glas Kirsch und beobachteten
uns. Sie redeten miteinander über ihre
früheren, grossartigen Bergtouren und
erwähnten schliesslich – absichtlich so
laut, dass wir es hören konnten – die
enormen Risiken, die wir auf uns nehmen würden», wird Roget später in seinem Buch «Ski-Runs in the High Alps»
schreiben.
Auch heute noch gilt die Strecke der
Haute Route über den Col du Sonadon
als die spektakulärste. Hundert Jahre
nach Roget und Kurz wollen wir diese
begehen und verbringen ebenfalls eine
Nacht in Bourg-St-Pierre. Ebenfalls in
einem Hotel namens Bivouac Napoléon. Allerdings sind Skihochtourer hier
mittlerweile willkommen. Das Frühstück und die Thermoskanne mit Kaffee
werden im Doppelzimmer auf einem
Tablett bereitgestellt, damit wir vor
Tagesanbruch aufbrechen können.
Die Tourenski auf den Rucksack gebunden, trotten wir denn auch um fünf
Uhr in der Früh los, vorbei am geschlossenen Dorfladen, vorbei an Strassenlaternen, die im Morgengrauen noch
leuchten. Es nieselt, und die Wolken
hängen tief über dem Val d’Entremont.
Schnee ist weit und breit keiner zu
sehen – heutzutage begeht man die
Haute Route nicht mehr im Januar, sondern im Frühjahr. Erst im hintersten
Valsorey liegt genug Schnee, um die
Tourenski anzuschnallen und im Zickzack über lange Hänge aufzusteigen.
Hoch, in die Cabane de Valsorey, die als
kleiner Steinquader inmitten der Steilhänge hinter dem Grand-Combin-Massiv liegt.
Hier verbringen auch die Skitourenpioniere zwei Nächte. Eine mehr als
geplant, da Wind und Schneefall sie am
ersten Tag davon abhalten, weiter aufzusteigen. Denn damals wie heute befindet sich gleich hinter der Valsoreyhütte die Schlüsselstelle der ganzen
Route: der steile Aufstieg zur Fläche des
Plateau du Couloir und von diesem zum
Col du Sonadon. Roget ist sich bewusst:
«Gut ist der Schnee hier, wenn er hart
ist; liegt hier aber Pulverschnee, besteht
die Gefahr von Lawinen.»
Glück und Tiefpunkt
Am dritten Tag der Erstbegehung, am
11. Januar 1911, erachten sie die Bedingungen aber als gut. Das Wetter ist
schön, eine Handbreit Neuschnee liegt
in den Hängen. Ihr Unterfangen gelingt.
Allerdings aufgrund eines Fehlers nicht
auf der direktesten Route von der Hütte
zum Col du Sonadon, sondern südwestlich davon über ausgesetzte Hänge. –
Roget wird den Fehler später nicht an-
Glacier d’Otemma. Aus dem Buch « Ski. Jahrbuch des Schweizerischen Skiverbandes, 1911».
sprechen, seinen Lesern aber empfehlen, «von der Valsoreyhütte in einer
direkten Linie aufzusteigen, auf Ski
oder zu Fuss, bis man die Höhe des Plateau du Couloir erreicht».
Heute ist dieser von Roget empfohlene Aufstieg üblich. Auch wir folgen
ihm, zurren die Riemen der Steigeisen
fest, schnallen die Ski auf die Rucksäcke, stapfen in einer geraden Linie
diesen Hang hoch, der nach oben hin
immer steiler wird. Wühlen uns zuletzt
durch eine Wechte, gelangen so auf das
Plateau du Couloir und stehen eine
Stunde später auf dem Col du Sonadon.
Allerdings haben Roget, Kurz und
die Führer auf der Abfahrt vom Sonadonpass zur Chanrionhütte mehr Glück
als wir. Die gegenüberliegenden Gipfel
im Abendlicht, kurven sie vergnügt
durch den Pulverschnee. Wir dagegen
erleben einen
der berüchtigten
Schlechtwettereinbrüche am Alpenhauptkamm. Der Wind peitscht Eiskristalle durch die Luft, verwischt die Spuren im Schnee, der Nebel verschluckt
alles um uns. Nur noch das GPS lotst
uns über den Glacier du Mont Durand.
Vorbei an dessen Eisbrüchen, die sich
wie schlafende Drachen im weissen
Tosen des Sturms verbergen.
Dafür erleben die Erstbegeher in der
Chanrionhütte den Tiefpunkt ihrer
Tour: Italienische Schmuggler haben
diese zuvor als Unterschlupf genutzt.
Dabei klauten sie «nicht nur Löffel,
Gabeln, Blechteller und allerlei nützliches Küchengerät, nein, auch Wolldecken», empört sich Roget. Was «in
den ohnehin sehr spärlich eingerichteten Clubhütten» sehr ärgerlich sei.
Tourenski geradeaus schleift. – Schön ist
er, dieser Gletscher. Aber wirklich mögen tun wir ihn erst, als wir in der
Vignetteshütte ankommen.
Hier trennt sich unser Weg für eine
gewisse Strecke von jenem der Erstbegeher. Einerseits steht die Vignetteshütte um 1911 noch nicht, weshalb
die Männer in einem Gewaltsmarsch
weiterziehen in die Cabane de Bertol.
Anderseits plant Roget en passant die
erste Winterbegehung der 4357 Meter
hohen Dent Blanche. Ein Unterfangen,
das ihm und seiner Partie am Tag nach
dem langen Marsch gelingt.
MARCEL KURZ
nach dieser langen Abfahrt in Zermatt
ohne Aufsehen an. Einzig in der Gondelbahn von der Bergstation Furi nach
Zermatt – die Pisten sind im April
schneefrei – entdecken ein paar russische Touristen die Eispickel an unseren
Rucksäcken und fragen erstaunt, ob wir
«Offroad-Skifahren» gewesen seien.
Roget, Kurz und ihre Führer sorgen
bei ihrer Ankunft indes für Aufruhr.
Grund dafür seien «die drei Schwachköpfe aus dem Gasthaus in Bourg-StPierre» gewesen, schreibt Roget. Diese
hätten genügend Zeit gehabt, Reporter
aufzuscheuchen und die Zermatter Rettungspatrouille zu alarmieren. Letztere
hätte am nächsten Tag ausrücken sollen,
um Roget und seine Leute zu suchen –
«in Erwartung eines grossen Desasters».
«Wären sie nur suchen gegangen»,
wird Roget später schreiben. Kurz vor
Zermatt sei Marcel Kurz nämlich höflich einer Milchmagd ausgewichen und
habe dabei mit seinem Ski einen Stein
touchiert. Dabei habe er eine Skispitze
verloren. Diese hätten die Rettungstruppen vielleicht bergen und, so Roget
nicht ohne Schalk, «als Trophäe zurück
nach Zermatt bringen können».
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Auf der « Königsetappe»
Wir dagegen lassen die Dent Blanche
links liegen und ziehen am vierten Tag
unserer Haute Route von der Cabane
des Vignettes weiter nach Zermatt.
«Königsetappe» heisst diese Strecke im
Führer. – Zu Recht: Während immer
wieder die Pyramiden der Dent Blanche
und der Dent d’Hérens zwischen Wolkenschwaden auftauchen, gleiten wir
vorbei an gleissend weissen Schneekuppen und Felstürmen, gelangen in
weite Kessel und entdecken Hängegletscher, die in den Bergflanken über
uns wie blaues Glas leuchten. Auf die
Route der Herren Roget und Kurz gelangen wir erst am Nachmittag wieder:
auf dem zerschrundenen Stockjigletscher, wo unsere Abfahrtslinie vom Col
de Valpelline auf ihre damalige Variante
vom benachbarten Col d’Hérens trifft.
Im Gegensatz zu ihnen kommen wir
Martigny
Ein See aus Pulverschnee
So verbringen die Herren eine kalte
Nacht und stehen tags darauf vor der
langen Zunge des Otemmagletschers,
der «wie eine weite, lange Allee» vor
ihnen liegt. Ein Bild, an dem sich in den
letzten hundert Jahren nichts geändert
hat. Auch vor uns liegt der Otemmagletscher wie ein See aus Pulverschnee,
als wäre eine Reihe von Bergen vergessen gegangen. Acht Kilometer lang ist
die eisige «Allee», an deren oberem
Ende die Cabane des Vignettes liegt.
Acht Kilometer, auf denen man die
Zinalrothorn
WALLIS
Arolla
Zermatt
Vignettes
Hütte
BourgSt-Pierre
Grosser
St. Bernhard
Haute Route
Täsch
Dent Blanche
Matterhorn
ChanrionGrand Combin Hütte
Breithorn
ValsoreyHütte
ITALIEN
ehemalige Route
10 Kilometer
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Geschichte der « High Level Route» im Winter
fin. ! Die erste Begehung der «High
Level Route» von Chamonix nach Zermatt auf Ski unternimmt der Franzose
Michel Payot, begleitet von Alfred Simon, Joseph Couttet und den drei Brüder Joseph, Camille und Jean Ravanel.
Über das Fenetre
ˆ de Saleinaz gelangen
sie im Januar 1903 von Chamonix via
Orsieres
` ins Val de Bagnes. Von diesem
steigen sie in die Cabane de Chanrion
auf mit dem Ziel, über den Otemmagletscher, den Col de l’Eveque,
ˆ
den
Col du Mont Brul
ˆé und den Col de
Valpelline Zermatt zu erreichen. Wegen
schlechten Wetters gelingt dies nicht. Sie
kehren zurück nach Martigny und gelan-
gen via Sitten, Evolene
` und den Col
d’Hérens nach Zermatt.
Im Februar 1903 starten der Schweizer Skipionier Robert Helbling und
Friedrich Reichert aus Strassburg einen
weiteren Anlauf: Sie erreichen vom Val
de Bagnes aus die Cabane de Panossiere,
`
von dort die Cabane de Chanrion und via
Arolla und den Col d’Hérens Zermatt.
Eine dritte Variante gelingt Henri de
Beaujard aus Paris im Winter 1908 zusammen mit den Führern Joseph und
Edouard Ravanel: Sie gehen erst von
Chamonix über den Col du Forclaz ins
Val de Bagnes, steigen hoch zur Cabane
de Chanrion und ziehen tags darauf – auf
der von Payot 1903 geplanten Route –
via Otemmagletscher und Col de Valpelline nach Zermatt.
Roget, Kurz und ihre Führer begehen
im Januar 1911 die letzte Schlüsselstelle:
den Col de Sonadon hinter dem GrandCombin-Massiv (siehe Haupttext). Diese Verbindung erlaubt fortan eine «High
Level Route» ohne Abstieg in die Talsohle des Val de Bagnes.
Quellen: Marcel Kurz: De Bourg St-Pierre à Zermatt. In:
Ski. Jahrbuch des Schweizerischen Ski-Verbandes,
1911. – François Frédéric Roget: Ski-Runs in the High
Alps. T. Fisher Unwin, London 1913; Neuauflage bei
The Naval & Military Press, Uckfield 2005. – François
Perraudin: Haute Route, AS-Verlag, Zürich 2005.
Lasst Gläser klingen
und Herzen schmelzen.
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2. März 2011. Wein und Poesie:
Mit einem fantasievoll komponierten
5-Gang-Dîner, lyrischen Exkursen und
edlen Weinen erweist das Suvretta House
der Haute Cuisine, der Dichtkunst,
der Weinkultur die Reverenz.
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