Wirtschaft unter Strom
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Wirtschaft unter Strom
Wirtschaft unter Strom: W ie U n t e r n e h m e n s ic h u n a b h ä n g ig e r u n d k o s t e n g ü n s t ig e r s e lb s t m it E n e r g ie v e r s o r g e n Inhalt Energiewende in den Unternehmen Seite 3 Die Suche nach Kostenentlastungen, Planbarkeit und Versorgungssicherheit Seite 4 Stromspeicher und Photovoltaik – warum besonders relevant? Seite 5 Stromspeicher – vielfältige Einsatzbereiche und Geschäftsmodelle für Erzeuger, Netze und Verbraucher Seite 6 Eigenstromerzeugung 2020: Wie haben wir gerechnet? Seite 8 Was unberücksichtigt bleibt: staatliche Anreiz programme und gesetzliche Restriktionen Seite 10 Einsparpotenziale Gewerbe, Handel und Dienstleistungen Seite 13 Einsparpotenziale Industrie Seite 16 Energieversorger im Fokus Seite 20 Goldene Zeiten für Hersteller und Ausrüster Seite 21 Weitere Potenziale einer dezentralen Eigenerzeugung Seite 22 Schritte zu einer kostengünstigen, nachhaltigen und sicheren Stromversorgung Seite 23 E n e r g ie w e n d e in d e n U n te rn e h m e n Eingebettet in die internationale Klimapolitik hat sich Deutschland ehrgeizige Ziele zur Reduktion klimaschädlicher Emissionen gesetzt. Die Dekarbonisierung soll im Wesentlichen durch den Umstieg auf erneuerbare Energieträger bei gleichzeitiger Abschaltung von Kern- und fossilen Kraftwerken und durch die Erhöhung der Energieeffizienz erreicht werden. Der komplette Umbau der Energieversorgung hat auch für die Wirtschaft, die insgesamt rund zwei Drittel des Stroms in Deutschland verbraucht, gravierende Auswirkungen. Die Strompreise erhöhen sich zumindest temporär durch die Kosten des Umbaus der Energieversorgung, ganz prominent die EEG-Umlage, und weitere Elemente der CO2-Besteuerung wie den europäischen CO2-Emissionszertifikatehandel ETS. Zur Sicherstellung der Wettbewerbsfähigkeit ist es zum einen unabdingbar, dass die bestehenden Möglichkeiten der Kostenentlastung wie die Allokation von CO2-Zertifikaten oder Strompreiskompensation zur Vermeidung von Standortverlagerungen (carbon leakage) genutzt werden. Die Energiewende ist aber kein rein deutsches Phänomen, sondern ein globales. Regulierung, Kundenanforderungen und vorgegebene wie selbst gesetzte Effizienzziele sorgen dafür, dass Unternehmen Kosten, Klimaverträglichkeit und Sicherheit ihrer Energieversorgung auch international neu justieren müssen. Hierbei gilt es, die bestehende Energieversorgung um emissionsärmere Energieträger sowie um Energieeffizienz- und Lastmanagementmaßnahmen zu ergänzen oder ganz zu ersetzen. Das setzt einen Ausbau der dezentralen integrierten Energieversorgung voraus. Durch die bereits erreichten und noch zu erwarteten Kostensenkungen bei dezentralen, klimaschonenden Energietechnologien löst sich der Zielkonflikt zwischen Kosten, Klimaverträglichkeit und Energiesicherheit auf. Wie unsere Studie zeigt, birgt dies ein hohes Potenzial für Unternehmen und hat weitreichende Auswirkungen auf die gesamte Energiebranche und die künftige Energiepolitik. Diese Studie ist entstanden, um speziell die wirtschaftlichen Potenziale durch Eigenerzeugung aus Blockheizkraftwerken (BHKWs), Photovoltaik (PV) und Stromspeichern im Jahr 2020 für Unternehmen in 20 Ländern darzustellen. Die betrachteten Länder umfassen knapp drei Viertel der Weltwirtschaft und sind aus den Aktivitäten internationaler Konzerne nicht wegzudenken. Wirtschaft unter Strom | 3 D ie S u c h e n a c h K o s t e n e n t la s t u n g e n , P la n b a r k e it u n d V e r s o r g u n g s s ic h e r h e it Unseren Schätzungen zufolge werden Unternehmen in den in unserer Studie betrachteten 20 Ländern im Jahr 2020 1.600 Mrd. US-Dollar für Strom ausgeben. Diese Zahl könnte sogar noch höher ausfallen, wenn Kosten für Energieträger, Steuern und Umlagen, Netztransport oder von Umweltschutzauflagen und CO2-Zertifikaten schneller ansteigen. Die Volatilität der fossilen Energiepreise steigt und reduziert die Planbarkeit. Manager müssen daher ihre künftigen Aktivitäten kostenoptimal planen und gleichzeitig Versorgungssicherheit und Umweltverträglichkeit sicherstellen. 4 Die sinnvollste und oftmals auch günstigste Alternative ist eine verbesserte Energieeffizienz, also weniger oder gar keine Energie zu verbrauchen. Obwohl hier seit der ersten Ölkrise viel erreicht wurde, gibt es durch sich ständig weiterentwickelnde Technologien und Verfahren wei| Wirtschaft unter Strom terhin sehr viel Potenzial. Nachlässigkeiten bei der Nachweisführung von Energieeffizienzfortschritten sind jetzt in der EU mit der Umsetzung der Energieeffizienzrichtlinie sogar sanktionierbar geworden. Für Unternehmen heißt das: Es sind konkrete Schritte vorzunehmen, z. B. die Durchführung von Energieaudits pro Standort. Potenziale sind vorhanden, durch überschaubare Investitionen und oftmals reine Verhaltensänderungen können regelmäßig 15 bis 20 Prozent Einsparungen erzielt werden. Doch auch in der Eigenerzeugung liegen aufgrund der veränderten Rahmenbedingungen deutliche und, wie wir denken, steigende Potenziale. Zudem ist eine dezentrale Erzeugung in vielen Entwicklungs- und Schwellenländern mit unzuverlässigen Stromnetzen eine kosteneffektive Maßnahme, um den Betrieb aufrechtzuhalten. W e lc h e w e s e n t lic h e n T e c h n o lo g ie a lt e r n a t iv e n h a b e n U n t e r n e h m e n in u n s e r e r M o d e llie r u n g f ü r d ie d e z e n t r a le E n e r g ie v e r s o r g u n g ? • Gasmotor-BHKW stellen lokal mit hohem Gesamtwirkungsgrad und wetterunabhängig Strom zur Verfügung und erlauben die thermische Nutzung ausgekoppelter Wärme. • Photovoltaik-Dachanlagen ermöglichen Eigenverbrauch und sichern dem Anlagenbetreiber konstante Stromgestehungskosten über die Lebensdauer. • Lithium-Ionen-Speicher ermöglichen Lastverlagerung, ein optimiertes Spitzenlastmanagement, die Speicherung von Strom aus Photovoltaik und stellen netzunabhängig Notstrom und netzfernen Strom zur Verfügung. • Dieselgeneratoren stellen, vor allem in Schwellenländern, derzeit eine gängige Lösung für Notstrom oder netzferne Anwendungen dar; sie sind mit geringen Investitionskosten, aber mit sehr hohen Betriebskosten und Emissionen verbunden. S t r o m s p e ic h e r u n d P h o t o v o lt a ik – w a r u m b e s o n d e r s r e le v a n t ? Historisch lag der Fokus bei der Eigenerzeugung auf mit fossilen Energieträgern befeuerten Blockheizkraftwerken (BHKWs) und, in Schwellenländern, auf Dieselgeneratoren. Die in den letzten Jahren erzielten drastischen Kostensenkungen machen aber eine Nutzung erneuerbarer Energien möglich. Während Stromspeicher für die Industrie und den Gewerbe-, Handels- und Dienstleistungssektor (GHD) heute nur in einigen Ländern und für bestimmte Anwendungen wirtschaftlich sind, ist es die Photovoltaik bereits an vielen Standorten. Beide Technologien werden dank kontinuierlicher Fortschritte in der Breite eine rentable und kostengünstige Lösung darstellen. Die Kombination aus Photovoltaik (PV) und Stromspeichern wird enorm an Bedeutung gewinnen; schon in den nächsten fünf Jahren, und erst recht darüber hinaus, wird sich die globale Energielandschaft dadurch wesentlich verändern. Die Systemkosten für Photovoltaik (gemessen in Kosten je installierte Leistungseinheit Watt Peak [Wp]) sind seit 2007, je nach Land, um 60 bis 80 Prozent gefallen. Langfristige Lernkurveneffekte von 21 Prozent tragen zu dieser Entwick- lung maßgeblich bei. Für Lithium-IonenStromspeicher entwickelt sich zurzeit eine ähnliche Dynamik – hier gehen wir, je nach Komponente, von Lernkurveneffekten von 20 bis 27 Prozent aus. Da die Herstellungsvolumina von Lithium-Ionen-Speichern sehr stark ansteigen, werden sich demnach die Kosten für eine gespeicherte Kilowattstunde Strom bis zum Jahr 2020 ebenfalls halbiert haben. Gleichzeitig werden auch die benötigte Leistungselektronik und das Energiemanagement preiswerter. Während die Kosten für PV und Stromspeicher stark sinken, ist der Ausblick auf zukünftige Stromtarife unsicher. Eine weitere Unsicherheit stellen regulatorische Eingriffe verschiedener Länder, um den Energiesektor zu dekarbonisieren, dar. Umlagen für Netztransportkosten steigen in Deutschland stark an. Die politischen Gestaltungsmöglichkeiten, die Industrie von Abgaben und Stromsteuern zu befreien und dafür die Haushalte stärker zu belasten, hat ebenfalls Grenzen: Im Durchschnitt der betrachteten 20 Länder haben die Privathaushalte einen Anteil von nur 25 Prozent des gesamten Stromverbrauchs. Wirtschaft unter Strom | 5 S t r o m s p e ic h e r v ie lf ä lt ig e E in s a G e s c h ä fts m o d e N e tz e u n d V e rb – t z b e r e ic h e u n d lle f ü r E r z e u g e r , ra u c h e r Stromspeicher sind flexibel einsetzbar und ermöglichen daher in verschiedenen Anwendungsbereichen einen vielfältigen Nutzen (s. Abb. 1). 6 Dies ist nach unserer Analyse die Ursache für die steigenden Wachstumsraten für stationäre Speicher. Bestimmte Segmente wie z. B. die Kombination von PV-Dachanlagen mit Batteriespeichern sind bereits heute relevante Märkte. Aufgrund der weiter fallenden Kosten kommen in absehbarer Folge neue Anwendungsgebiete hinzu. | Wirtschaft unter Strom Ein weiterer Wachstumstreiber ist die steigende Nachfrage aus der Automobilindustrie. Durch die zunehmende Nutzung von Batterien im Automobilsektor steigen Wachstumsraten und Lernkurveneffekte weiter an. Zudem stehen nach der mobilen Nutzungsdauer für Altbatterien alle stationären Zweitnutzungsmöglichkeiten offen. In unseren Berechnungen betrachten wir ausschließlich neue stationäre Stromspeicher, gehen aber davon aus, dass nachgenutzte Automobilbatterien ein wesentlicher Bestandteil des Marktangebots werden. Abbildung 1: Mögliche Vorteile von stationären Stromspeichern nach Einsatzgebieten E rz eug ung Ü b ertrag ung s- und V erteil netz e Stromv erb raucher • Ausgleich von Erzeugungsschwankungen • Unterstützung des Leistungsgradienten • Reduzierung des sog. Must-run-Sockels • Stützung von Netzrandgebieten • Blindleistung • Vermeidung oder zeitliche Verschiebung von Netzinvestitionen Wirtschaft ( I nd ustrie und G H D ) • O p t im ie r u n g d e s L e is t u n g s p r e is e s ( P e a k S h a v in g ) • E in s p a r u n g e n a m A r b e it s p r e is • E r h ö h u n g d e r E ig e n v e r s o r g u n g / A u t a r k ie • u n t e r b r e c h u n g s f r e ie S t r o m v e r s o r g u n g (U S V ) • R e d u z ie r u n g v o n S t r o m -A u s f a llg e s a m t k o s t e n ( V a lu e o f L o s t L o a d ; V o L L ) • Sicherstellung der Versorgungssicherheit durch Schwarzstartfähigkeit • Bereitstellung von Systemdienstleistungen: • Frequenzhaltung (Regelleistungsmärkte) • Spannungshaltung (Blindleistungsbereitstellung) • Erhöhung der gesicherten Leistung • Sicherstellung der Versorgungssicherheit durch Schwarzstartfähigkeit (nur Stromspeicher) • Netzentlastung (Redispatching) • Ermöglichung netzferner Anwendungen • Imagepflege und Innovation • CO2-Fußabdruck • Kompensation von Blindleistung H aushal te • Erhöhung der Eigenversorgung/ Autarkie • Stromkosteneinsparungen und langfristige Absicherung des Strompreises • USV und Autarkie • CO2-freie Stromversorgung Wirtschaft unter Strom | 7 Eigenstromerzeugung 2020: Wie haben wir gerechnet? Wir haben die jeweils zehn größten OECDund Nicht-OECD-Volkswirtschaften für unsere Modellierung ausgewählt. Ge meinsam stellen sie 73 Prozent des globalen Bruttoinlandsprodukts und eine Bevölkerung von 4,4 Milliarden Menschen im Jahr 2020. Für diese Länder wird eine Potenzialabschätzung für den Ausbau der dezentralen Eigenversorgung für die Industrie und den GHD-Sektor vorgenommen. Wir haben die Strommärkte, die Erzeugungskosten für Dieselgeneratoren, Erdgasmotor-BHKWs, Photovoltaik-Dachanlagen und die Speicherkosten für Lithium-Ionen-Speicher im Jahr 2020 für jedes Land projiziert. Unser Modell unterscheidet zwischen gewerblichen und industriellen Abnehmern und betrachtet pauschal sektorenspezifische, klimatische und technische Limitierungen für den Umfang des selbst erzeugten Stroms. Untersuchungsgegenstand ist die Abschätzung der Potenziale für eine Reduzierung der Energiekosten. Diese kann durch eine Optimierung des Leistungspreises erfolgen, das sogenannte peak shaving. Damit ist eine Verbrauchsglättung bzw. Reduzierung der maximal benötigten elektrischen Leistung gemeint, die durch zusätzliche Nutzung des gespeicherten Stroms in Spitzenlastzeiten erreicht wird. Darüber hinaus kann tatsächlich auch am Arbeitspreis gespart werden, indem überschüssiger Photovoltaikstrom eingespeichert und später selbst genutzt wird. 8 | Wirtschaft unter Strom Somit wird in Summe weniger Strom aus dem Netz gezogen. Photovoltaikanlagen und Stromspeicher werden im Modell ohne staatliche Förderung und auch ohne Erlöspotenziale für Netzeinspeisung gerechnet. Die Erbringung von Systemdienstleistungen für den Netzbetrieb bleibt ebenfalls unberücksichtigt. Bei der Modellierung von BHKWs haben wir Einsparpotenziale aus gekoppelter Wärmeerzeugung berücksichtigt, jedoch beruht die Entscheidung für die BHKW-Technologie einzig auf dem Wert des Stroms. Der Wärmewert orientiert sich an der Klimazone sowie an den günstigsten verfügbaren fossilen Energieträgern pro Land. Im Modell werden länderspezifische Arbeits- und Leistungspreise für Strom angesetzt. Die Leistungspreiskomponente kann dank der Reduzierung von Spitzenlasten durch Stromspeichersysteme vor Ort begrenzt werden. Wir nehmen dabei an, dass die selbst erzeugte Energie von PV-Anlagen und BHKWs oder eine geänderte Betriebsführung des Verbrauchs (Demand-Side Management) für die Reduzierung von Spitzenlasten nicht zur Ver fügung steht. Stromspeicher werden zur Reduzierung von Spitzenlasten im Modell nur gewählt, wenn das Einsparpotenzial höher ist als die Speicherkosten. Das Modell wählt insgesamt aus Sicht der Unter nehmen den kostenoptimalen Strommix im Jahr 2020 unter Berücksichtigung der oben genannten Randbedingungen. O E C D - L ä nd er Vereinigte Staaten Japan Deutschland Frankreich Vereinigtes Königreich Italien Kanada Australien Spanien Südkorea N icht- O E C D L ä nd er China Brasilien Indien Russland Indonesien SaudiArabien Taiwan Vereinigte Arabische Emirate Kolumbien Argentinien Abbildung 2: Studienländer Wir definieren Einsparpotenziale für U nternehmen al s d ie Summe fol g end er Komponenten: • Energiekosteneinsparungen • Reduzierung von Leistungspreiskosten • Einsparungen durch Reduzierung des Value of Lost Load (VoLL; gesamtbetriebliche Kosten von Stromausfällen) • nutzbarer Wärmewert aus den BHKWs Die zusammengefassten Werte summieren die Einsparpotenziale für gewerbliche und industrielle Unternehmen für jedes betrachtete Land im Verhältnis zu den unterstellten Stromkosten bei 100 Prozent Netzbezug. Bei der Modellierung haben wir vier Szenarien definiert. Neben dem Basisszenario werden in drei weiteren Szenarien unterschiedliche Annahmen für die wesentlichen Parameter Kapitalkosten, technologischer Fortschritt und Energiepreise gewählt: B asissz enario N ied rig es Z insniv eau H ö here I nv estitionsk osten Niedrigere Kosten für fossile E nerg ieträ g er beruht auf der Wiederherstellung langfristiger historischer Durchschnittszinssätze je Land. beruht auf der Annahme, dass das aktuelle Zinsumfeld fortbesteht, d. h. extrem niedrige Zinsen in vielen OECD-Ländern und nur teilweise niedrige Zinsen in den Nicht-OECD-Ländern, wobei viele Nicht-OECDLänder auf einem sehr hohen Zinsniveau verharren. beruht auf der Annahme, dass die Kostensenkungen für Photovoltaik und Stromspeicher langsamer eintreten. Dort haben wir die Investitionskosten für Photovoltaik und LithiumIonen-Speicher im Jahr 2020 um 20 Prozent höher angesetzt als in den anderen Szenarien. beruht auf der Annahme, dass Netzstrom und fossile Energieträger günstiger werden. Hier haben wir angenommen, dass Erdöl, Erdgas und Diesel sowie Netzstrom im Jahr 2020 um 30 Prozent günstiger sein werden als in anderen Szenarien. Abbildung 3 Wirtschaft unter Strom | 9 W a s u n b e r ü c k s ic h t ig t b le ib t : s t a a t lic h e A n r e iz p r o g r a m m e u n d g e s e t z lic h e R e s t r ik t io n e n Selbst innerhalb der EU ist die genaue Ausgestaltung der Energiepolitik den Mitgliedstaaten vorbehalten, d. h., bei der Realisierung der abgeleiteten Potenziale sind eine Vielzahl nationaler Regeln, Standards und Gesetze und die Relevanz für das jeweilige Unternehmen zu beachten. Unsere Studie ist eine Potenzialabschätzung; inwieweit diese Potenziale im Projektionsjahr 2020 tatsächlich ausgeschöpft werden, hängt auch vom Rechtsrahmen und der Förderlandschaft ab. So ist nicht gesichert, dass Unternehmen in allen betrachteten Ländern eine Photovoltaikoder eine BHKW-Anlage genehmigungsfrei bauen und betreiben können oder gar wie 1 0 | Wirtschaft unter Strom hoch die Erlössituation bei einer Netzeinspeisung sein wird. Denkbar ist die Ausweitung von Umlagen auf den Eigenverbrauch von Photovoltaikstrom, wie bereits in Deutschland und Spanien praktiziert. Noch viel weniger konturiert ist die Gesetzeslage bei Stromspeichern. Netzgekoppelte Stromspeicher für Letztverbraucher werden derzeit in einigen Ländern nicht genehmigt. Die Unsicherheit wird durch Netznutzungsgebühren, Umlagen und Genehmigungen verschärft. Hier muss für jedes Land eine gesetzeskonforme Gestaltung der Anlage gesichert und Sicherheit über die Erlös- und Kostenseite erlangt werden. Deshalb lassen wir in unserer Modellierung alle Formen staatlicher Restriktionen, aber auch staatlich induzierter Anreize unberücksichtigt, da sich dieses Feld politisch determiniert und von Land zu Land höchst unterschiedlich bis 2020 entwickeln wird. Netzstrompreise verstehen wir immer als die Erzeugungskosten, Transportkosten sowie die nicht erstattungsfähigen Umlagen und Steuern auf Strom aus dem Netz für den GHD- und den Industriesektor. Bei Strompreisen herrscht weltweit keine Vergleichbarkeit. Es gibt höchst unterschiedliche Preise je nach Netzanschlussspannungsebene, Strommix im Land, regi- onalen Faktoren sowie Angebot und Nachfrage. Die Leistungspreiskomponenten variieren stark nach der Netzqualität, Netzanschlussebene, Verbrauch, Lastkurve und Jahresbenutzungsstunden der Unternehmen. Arbeitspreise variieren nach Abnahmemengen und Verhandlungsposition. Entlastungstatbestände für stromintensive Unternehmen, exportorientierte Unternehmen oder Unternehmen bestimmter Branchen machen diese Preisbildung noch vielschichtiger. Wir haben für jedes Land und jeden Sektor für die Modellierung eine Preisspanne des Arbeitspreises gebildet, um die Komplexität zu abstrahieren. Wirtschaft unter Strom | 1 1 12 | Wirtschaft unter Strom GHD: Eigenstrompotenzial 2020 Stromspeicher PV BHKW 1,5 % 14,3 % 30,5 % 4 6 ,3 % B asissz enario E in s p a r p o t e n z ia le G e w e rb e , H a n d e l u n d D ie n s t le is t u n g e n Unsere Berechnungen für unser Basisszenario zeigen, dass in den meisten Ländern vor allem im GHD-Sektor eine teilweise Eigenversorgung sehr attraktiv ist. Dies gilt insbesondere in Ländern mit hohen Strompreisen und niedrigen Kapitalkosten. Ein nachrangiger Faktor ist aber auch die Verfügbarkeit hoher Einstrahlungswerte oder unsicherer Netze. Je nach Szenario haben wir Potenziale für PV-Strom errechnet, die zwischen 4,1 und 19,7 Prozent des gesamten sektoralen Stromverbrauchs liegen. Im Bereich der Stromspeicher ist zu beobachten, dass je nach Szenario, zwischen 0,9 und 2,7 Prozent der Verbräuche über Stromspeicher abgedeckt werden könnten. Dabei konzentriert sich das Potenzial in allen Szenarien außer bei niedrigem Zinsniveau in der Spitzenlastkappung, also der Bereitstellung von Leistung. Im Szenario mit niedrigem Zinsniveau werden aufgrund niedrigerer Kapitalkosten die Stromspeicher hingegen zusätzlich zur Bereitstellung von Stromarbeit genutzt. 2,7 % 19,7 % 5 2 ,2 % N ied rig es Z insniv eau 29,8 % 0,9 % 11,6 % 32,6 % 4 5 ,1 % H ö here I nv estitionsk osten 0,9 % 4,1 % 25,5 % 30,5 % N ied rig ere Kosten für fossile E nerg ieträ g er Abbildung 4 Wirtschaft unter Strom | 1 3 Gesamteinsparpotenzial für gewerbliche Akteure* 1 7 1 1 4 1 130 6 4 B a s is s z e n a r io N ie d r ig e s Z in s n iv e a u H ö h e r e In v e s t it io n s k o s t e n N ie d r ig e r e K o s t e n f ü r f o s s ile E n e r g ie t r ä g e r Abbildung 5 *Angaben in Mrd. US-Dollar Einsparpotenzial Eigenerzeugung 2020 - GHD Basisszenario Niedriges Zinsniveau 60 % Höhere Investitionskosten Niedrigere Kosten für fossile Energieträger 40 % 20 % 1 4 | Wirtschaft unter Strom di en Ru ss la nd In do ne sie Sa n ud i-A ra bi en In Br as ili en Ch in a Ka na da Au st ra lie n Sp an ie n Sü dk or ea Ita lie n Ta Ar iw ab an is V ch e r e e Em in ir igt Ko ate e lu m bi en Ar ge nt in ie n Abbildung 6 Ja pa De n ut sc hl an d Ve Fr re an in kr ig ei te ch sK ön ig re ic h US A 0% Im Basisszenario steht in rund einem Drittel der Länder (Japan, Deutschland, Italien, Spanien, China, Indien und Taiwan) die Photovoltaik sogar an der Spitze der Merit-Order-Kurve für dezentrale Energieversorgung. Fossil befeuerte BHKWs werden in einem weiteren Drittel der Länder als günstigste dezentrale Energietechnologie ausgewählt (Vereinigtes Königreich, Kanada, Australien, Indonesien, Saudi-Arabien und Kolumbien). In dem verbleibenden Drittel der Länder stellt Netzstrom die günstigste Versorgungsalternative dar. Wegen der hohen Stromgestehungskosten finden Dieselgeneratoren in keinem Land Eingang in die Merit-Order-Kurve. Von daher bleibt diese Technologie im Weiteren auch unberücksichtigt. Die abgeleiteten Potenziale für Speichereinsatz beziehen sich im Basisszenario fast ausschließlich auf die Peak-shaving-Komponente. Einzig in Japan lohnt es sich, Speicher zur Erhöhung des Eigenverbrauchs zu installieren. In Japan stehen hohen Netzstrompreisen auch sehr hohe Gaspreise gegenüber, daher sind hier Speicher in Kombination mit PV eine günstigere Alternative als Gasmotor-BHKWs. In der Modellierung weiterer Einsparpotenziale aus der Reduzierung der Spitzen- lasten könnten aber in 16 weiteren Ländern Speicher zugebaut werden, sodass Speicher in der Breite der Länder wirtschaftlich Anwendung finden könnten. Basierend auf diesen Ergebnissen sehen wir die Erstanwendung für Speicher im GHD-Sektor klar bei der Leistungspreisoptimierung. Die Optimierung des Arbeitspreises und die damit verbundene Erhöhung des Eigenverbrauchs mit Speichern finden erst im günstigen Szenario statt. In der Realität wird diese Anwendung daher mit einigen Jahren Verzögerung folgen, wenn die Kosten für Speicher weiter gesunken sind. Gerade in den Schwellenländern Indien und Indonesien bieten sich dem GHDSektor große Einsparpotenziale. Der wesentliche Grund dafür ist die schlechte Verfügbarkeit der Versorgungsnetze: Die signifikanten Folgekosten von Stromausfällen (VoLL) können durch Eigenversorgung reduziert werden. In Kolumbien stehen sehr hohen GHD-Netzstrompreisen zwar hohe Kapitalkosten, aber auch niedrige Gaspreise und hohe Einstrahlungswerte gegenüber. Dies führt im Ergebnis zu einem hohen BHKW- und Photovoltaikpotenzial, das in diesem Sektor und Land das Potenzial besitzt, Netzstrom vollständig zu verdrängen. Wirtschaft unter Strom | 1 5 E in s p a r p o t e n z ia le In d u s t r ie Die Industrie hat aufgrund ihrer großen und grundlasttypischen Verbrauchsvolumina sowie niedrigerer Strompreise naturgemäß geringere Einsparpotenziale als der GHD-Sektor. Durch die Nutzung von BHKWs, Speichern und Photovoltaik könnten Industriekunden länderabhängig aber dennoch bis zu 38 Prozent ihrer Stromkosten einsparen. In den meisten Ländern werden laut unserer Analyse Einsparpotenziale durch erhöhten Eigenverbrauch mit Photovoltaik und BHKWs (Arbeitspreis) getrieben. Wenngleich nur im Szenario mit niedrigen Kapitalkosten (niedriges Zinsniveau) auch in Speicher zur Erhöhung des Eigenverbrauchs investiert würde, gibt es zur Optimierung des Leistungspreises mit Speichern auch in weniger günstigen Szenarien ein erhebliches Potenzial. In China könnten Industrieunternehmen je nach Szenario bis zu 34 Prozent ihrer Stromkosten einsparen. Der chinesische Industriestrommarkt wird in unserer Projektion im Jahr 2020 in etwa so viel Strom verbrauchen wie die gesamten Vereinigten Staaten. Durch die Höhe der Nachfrage und die relativ hohen projizierten Industriestrompreise in China hat dies, bei entsprechend positiven regulatorischen Weichenstellungen durch Peking, enorme Auswirkungen auf das Wachstum der globalen Photovoltaik- und Speicherindustrie. Bemerkenswerterweise können in sieben Ländern – Japan, Deutschland, Italien, Spanien, China, Indien und Taiwan – durch Photovoltaik die günstigsten Stromgestehungskosten erreicht werden. BHKWs werden dagegen in fünf Ländern (Vereinigtes Königreich, Kanada, Australien, 1 6 | Wirtschaft unter Strom Industrie: Eigenstrompotenzial 2020 Stromspeicher 1,5 % PV BHKW 3,3 % 8,2 % 33,3 % 43,0 % B asissz enario 1,3 % 9,4 % 0,2 % 4,9 % 7,9 % 31,5 % 33,6 % 35,7 % 4 8 ,3 % 4 2 ,8 % N ied rig es Z insniv eau 3 6 ,6 % H ö here I nv estitionsk osten N ied rig ere Kosten für fossile E nerg ieträ g er Abbildung 7 40 30 % % % 20 % 10 Hohe prozentuale Einsparpotenziale ergeben sich in Italien, Australien, im Vereinigten Königreich und in Kanada. Hier sollten Industrieunternehmen im Basisszenario stark in BHKWs investieren. Gleichzeitig erreichen die Investitionen in PV oftmals das Maximum des im Modell möglichen Werts. Die Investitionen in Speicher konzentrieren sich in den meisten Szenarien auf die reine Leistungspreisoptimierung, d. h. auf die Ein- und Ausspeicherung zur Glättung von Verbrauchsspitzen. Insbesondere aufgrund der günstigeren Industriestrompreise werden Speicher zur Reduzierung des aus dem Netz insgesamt bezogenen Stroms im Basisszenario nicht realisiert; allein Italien bildet wegen des hohen Strompreisniveaus eine Ausnahme. Nur bei anhaltend niedrigen Kapitalkosten (niedriges Zinsniveau) gibt es zusätzliches Potenzial in den Ländern Japan, Deutschland, Großbritannien, China und Taiwan. 0% Saudi-Arabien und Kolumbien) als günstigste Stromerzeugung gewählt. Im Basisszenario werden für Industrieunternehmen große Einsparpotenziale errechnet: 70 Mrd. US-Dollar in 19 der 20 betrachteten Länder und für das Ausnahmeland China den gewaltigen Betrag von 228 Mrd. US-Dollar. Der wesentliche Grund für die Bedeutung Chinas liegt in dem erwähnten Volumen des Industriestromverbrauchs, der Höhe des Arbeitspreises, einem sehr günstigen Industriegaspreis und den weltweit günstigsten Photovoltaik-Systempreisen im Jahr 2020. Weiterhin bewegen sich die projizierten Kapitalkosten in China auf einem für Schwellenländer günstigen Niveau. Basisszenario USA Niedriges Zinsniveau Höhere Investitionskosten Japan Niedrigere Kosten für fossile Energieträger Deutschland Frankreich Vereinigtes Königreich Italien Kanada Australien Spanien Südkorea China Brasilien Indien Russland Indonesien Saudi-Arabien Taiwan Vereinigte Arabische Emirate Kolumbien Argentinien Abbildung 8 Wirtschaft unter Strom | 1 7 Abbildung 9: Einsparpotenziale in Mrd. US-Dollar GHD* Industrie Grafische Darstellung des Basisszenarios $4,5 $20,1 $6,7 Kanada USA Kolumbien Brasilien Einsparpotenzial der Wirtschaft in Mrd. US-Dollar > 20 Mrd. US-Dollar 10,1–20 Mrd. US-Dollar *GHD= Gewerbe, Handel und Dienstleistungsunternehmen 18 | Wirtschaft unter Strom $5,7 $2,1 Frankreich $0,2 $3,8 Spanien $1,2 $0,8 $0,2 < 2,5 Mrd. US-Dollar UK $0,0 $2,1 2,5–10 Mrd. US-Dollar $5,3 $0,2 Argentinien $0,0 $0,7 $2,6 $9,3 Deutschland $7,8 $9,2 Italien $9,2 $0 Russland $0,2 $37 Südkorea $0 $228 China $18,7 $0,0 $1,4 Saudi-Arabien VAE Japan $10,1 $0,0 $0,3 $6,6 Indien $3,7 $1,3 $17,5 Indonesien Taiwan $2,8 $1,2 $13 Australien $5,9 Wirtschaft unter Strom | 19 E n e r g ie v e r s o r g e r im F o k u s Durch die zunehmende Dezentralisierung werden Energieversorger, die weiter ausschließlich auf konventionelle und zentrale Systeme setzen, empfindliche Umsatz- und Gewinneinbußen erleiden. Die Umsatzverluste entwickeln sich dabei dynamisch: Je teurer der Netzstrom im Verhältnis zur Kostensituation bei Eigenerzeugung ist, desto gravierender sind die Auswirkungen über die Zeit. Aufgrund dieser Dynamik erwarten wir verschiedene Strategien bei Energieversorgern: • Kosten- und Preisanpassungen • Stilllegung von Großkraftwerken • Entwicklung neuer Geschäftsmodelle zur Bereitstellung dezentraler Energien beim Kunden und zur netzdienlichen Steuerung dezentraler Erzeugungsanlagen • Diskussionen mit Gesetzgebern, um die dezentrale Erzeugung stärker an den Kosten des Stromsystems zu beteiligen 2 0 | Wirtschaft unter Strom Gravierend sind letztlich auch die Auswirkungen auf die Übertragungs- und Verteilnetzbetreiber. Mit dem Ausbau der Eigenerzeugung wird immer weniger Strom über die Netze fließen. Damit werden die Planungsgrundlagen für das Geschäftsmodell der Netzbetreiber wesentlich berührt, da Kapazitätsplanungen gegebenenfalls angepasst werden müssen. Und auch das herkömmliche Preismodell mit einer Umlage der Netzkosten auf den Arbeitspreis wird letztlich aus Tragfähigkeitsgründen um einen Leistungspreis für die Infrastruktur- und Reservekapazitätsvorhaltung ergänzt werden müssen. G o ld e n e Z e it e n f ü r H e r s t e lle r u n d A u s r ü s t e r Durch die Reduzierung von Kosten bei Photovoltaik und Stromspeichern steigen die Absatzpotenziale für die Hersteller dynamisch an. Wird auch nur ein Teil des Potenzials realisiert, wird ein positiver Zyklus in Gang gesetzt: Die oben beschriebenen Lernkurveneffekte kommen zum Tragen und durch die einsetzenden Senkungen der Systempreise wiederum werden immer mehr Projekte rentabel. Das von uns skizzierte Gesamtpotenzial der Szenarien übersteigt die aktuelle Lieferfähigkeit der Industrie um ein Vielfaches, was entsprechendes Wachstum für die Speicher- und PV-Industrie auslösen wird. Denn Potenzial für Stromspeicher gibt es in allen untersuchten Szenarien. Wirtschaft unter Strom | 2 1 Weitere Potenziale einer dezentralen Eigenerzeugung Viele Anwendungsbereiche wurden in dieser Studie nicht untersucht. Auch wurden Folgewirkungen der Dezentrali sierung aus volkswirtschaftlicher Sicht, z. B. ein geringerer Ausbaubedarf für die Stromübertragungs- und –verteilnetze, nicht quantifiziert. Im Folgenden werden wesentliche weitere Einsparpotenziale beschrieben. Dieselgeneratoren und Dieselwasserpumpen Eine dezentrale Erzeugung ist bereits heute in vielen Unternehmen zwingend erforderlich, z. B. im Bergbau oder im Telekommunikationssektor. Hier werden heute noch vorwiegend Dieselgeneratoren eingesetzt. Die Bewässerung erfolgt häufig mit Dieselwasserpumpen, weitere Potenziale existieren durch deren Ersatz. Um wesentliche Beispiele zu nennen: In den zehn Nicht-OECD-Ländern stehen ungefähr 500.000 Basisstationen für Mobilfunknetze, die im Wesentlichen durch Dieselgeneratoren versorgt werden und dabei geschätzt 2,3 Mrd. Liter Kraftstoff pro Jahr verbrauchen. Dies wiederum be deutet Emissionen von 6,1 Mio. Tonnen CO2. Dieselbetriebene Wasserpumpen für die Bewässerung verbrauchen nach unser Schätzung in den 20 Studienländern 4,4 Mrd. Liter jährlich, davon 58 Prozent allein in Indien, mit Emissionen von 11,7 Mio. Tonnen CO2. Des Weiteren wird in Indien und Indonesien, aber auch in Saudi-Arabien sehr viel Diesel für Notstrom oder die Netzstützung verbraucht. Der gesamte von uns ge- schätzte Dieselverbrauch hat im Status quo einen lokalen Gegenwert von 31,8 Mrd. US-Dollar im Jahr 2020, die Kosten der Generatoren selbst und mögliche Kosten für CO2-Zertifikate sind dabei gar nicht eingerechnet. 22 | Wirtschaft unter Strom Netzinvestitionen: 180 Mrd. US-Dollar pro Jahr Durch den Wegfall großer Mengen an Netzstrom, der, verbrauchsnah erzeugt, nicht die Verteilnetze belastet, können Investitionen in Netze gestreckt oder ganz gestrichen werden. Wir schätzen, dass die Netzinvestitionen in Form von Neubau und zur Integration erneuerbarer Energien (ohne Erhaltungsinvestitionen) im Status quo für Übertragungsnetze und Verteilnetze zusammen jährlich 180 Mrd. USDollar über alle 20 Länder betragen wird. Netzverluste: bis zu 400 TWh pro Jahr Ein weiteres Potenzial ist die Reduktion von Netzverlusten. Die Übertragungsverluste der Netzbetreiber in Deutschland betragen 24 TWh pro Jahr oder 5 Prozent der vom Stromnetz transportierten Menge. In Basisszenario würden in den betrachteten 20 Ländern insgesamt maximal bis zu 5.738 TWh ortsnäher verbraucht werden als zuvor. Dies ergäbe bei angenommenen Netzverlusten, die aufgrund der international schlechteren Netzqualität bei 7 Prozent angesetzt werden, Einsparungen von bis zu 400 TWh Verlust energie im Jahr 2020. Dies entspricht in etwa dem Gesamtstromverbrauch von Frankreich. Systemdienstleistungen (SDL) Weiterhin besteht die Möglichkeit, dass Stromspeicher netzdienlich gesteuert werden und am Markt für Systemdienstleistungen teilnehmen. Hierzu müssen Unternehmensspeicher für den SDL-Markt zugelassen werden. CO2-Reduzierung Das wirtschaftliche Potenzial für direkt und über Stromspeicher verbrauchten Photovoltaikstrom entspricht maximal 1.514 TWh im Basisszenario. Würde diese Menge mit einer CO2-Belastung von nur 350 Gramm pro kWh in einem fossilen Energiemix er-zeugt, würden 530 Mio. Tonnen CO2 in die Atmosphäre entlassen. Zum Vergleich: Im Jahr 2012 emittierte Deutschland 930 Mio. Tonnen CO2. S c h r it t e z u e in e r k o s t e n g ü n s t ig e n , n a c h h a lt ig e n u n d s ic h e r e n S t r o m v e r s o r g u n g Es gibt erhebliche wirtschaftliche Potenziale bei der Dezentralisierung der Stromversorgung. Unternehmen werden in zunehmender Weise davon profitieren können, wenn Gesetzgeber die entsprechenden regulatorischen, förderpolitischen und steuerlichen Hebel stellen. Wie sollten Unternehmen vorgehen, um ihr Potenzial zu bestimmen? Welche Schritte müssen unternommen werden? Was sind zwingende Voraussetzungen? Welche Optionen gibt es? Fünf Schritte zu einem effizienten Energiemanagement: 1. Erfassen Sie Ihre Stromkosten und Lastkurven pro Standort. Unterscheiden Sie bei den Stromkosten zwischen Arbeits- und Leistungspreiskomponenten. Wenn Sie Nachhaltigkeitsziele setzen: Erfassen Sie Ihre CO2-Emissionen. Im außereuropäischen Ausland: Erfassen Sie Stromausfallzeiten und -kosten sowie alle Dieselgeneratoren. In Europa bietet die Verpflichtung zur Durchführung von Energieaudits bzw. zur Einführung von Energiemanagementsystemen entsprechend der EU-Energieeffizienzrichtlinie eine hervorragende Gelegenheit, diese Verbesserungsmaßnahmen in Angriff zu nehmen. 2. In (teil)liberalisierten Märkten: Optimieren Sie die Strombezugskosten unter Nutzung des Wettbewerbs. Erst dann haben Sie die Opportunitätskosten erfasst; im Allgemeinen haben Energieversorger mittlerweile auch Alternativen der dezentralen Versorgung entwickelt und ein Eigeninteresse zu unterstützen. 3. Informieren Sie sich in den für Sie wesentlichen Ländern über Steuererleichterungen und Steuern, Netzkostenentlastungpotenziale, Ausnahmetatbestände, Umlagebefreiungen und branchenspezifische Entlastungspotenziale, aber auch über Fördermöglichkeiten. 4. Ermitteln Sie Ihr Einsparpotenzial durch peak shaving und durch eine weiter gehende Erhöhung des Eigenverbrauchs. Bewerten Sie, ob Sie mit Energieeffizienz, Demand-Side Management, BHKWs, Photovoltaik, Stromspeichern oder anderen Technologien Einsparungen erzielen können. Berücksichtigen Sie hierbei den Preisverfall für PV und Stromspeicher. 5. Hinsichtlich der Umsetzung müssen Sie nicht alles in Eigenregie bewältigen: Partner können selbst in Anlagen investieren, als Dienstleister die Anlagen errichten (EPC – Engineering, Procurement and Construction) oder über ein Contractingmodell langfristige Energielieferverträge anbieten. S ie h a b e n F r a g e n ? Ih r e A n s p r e c h p a r t n e r b e r a t e n S ie g e r n : R ob ert Seiter Executive Director Climate Change and Sustainability Services T e l. + 4 9 3 0 2 5 4 7 1 2 1 4 1 5 r o b e r t .s e it e r @ d e .e y .c o m Thomas Christiansen Associate Director Energy Accounts und Erneuerbare Energien T e l. + 4 9 7 1 1 9 8 8 1 1 4 4 6 4 t h o m a s .c h r is t ia n s e n @ d e .e y .c o m C arol ine P faff Senior Climate Change and Sustainability Services T e l.+ 4 9 3 0 2 5 4 7 1 1 1 8 4 7 c a r o lin e .p fa f f @ d e .e y .c o m Bereits seit 1992 bietet EY weltweit Beratungs- und Prüfungsleistungen im Bereich Nachhaltigkeit und Cleantech an. EY begleitet Unternehmen unterschiedlicher Branchen und Größenordnungen bei der Erstellung ihrer Energieagenda und bei der Kommunikation von Energiethemen. Auch als Prüfer von Nachhaltigkeitsberichten sind wir gefragt. Weltweit verfügt EY über ein Netzwerk von mehr als 700 Fachmitarbeitern im Bereich Climate Change and Sustainability Services (CCaSS). Wirtschaft unter Strom | 2 3 E Y | Assurance | Tax | Transactions | Advisory D ie g lo b a le E Y - O r g a n is a t io n im Ü b e r b lic k Die globale EY-Organisation ist einer der Marktführer in der Wirtschaftsprüfung, Steuerberatung, Transaktionsberatung und Managementberatung. Mit unserer Erfahrung, unserem Wissen und unseren Leistungen stärken wir weltweit das Vertrauen in die Wirtschaft und die Finanzmärkte. Dafür sind wir bestens gerüstet: mit hervorragend ausgebildeten Mitarbeitern, starken Teams, exzellenten Leistungen und einem sprichwörtlichen Kundenservice. Unser Ziel ist es, Dinge voranzubringen und entscheidend besser zu machen – für unsere Mitarbeiter, unsere Mandanten und die Gesellschaft, in der wir leben. Dafür steht unser weltweiter Anspruch „Building a better working world“. Die globale EY-Organisation besteht aus den Mitgliedsunternehmen von Ernst & Young Global Limited (EYG). Jedes EYG-Mitgliedsunternehmen ist rechtlich selbstständig und unabhängig und haftet nicht für das Handeln und Unterlassen der jeweils anderen Mitgliedsunternehmen. Ernst & Young Global Limited ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach englischem Recht und erbringt keine Leistungen für Mandanten. Weitere Informationen finden Sie unter www.ey.com. In Deutschland ist EY an 22 Standorten präsent. „EY“ und „wir“ beziehen sich in dieser Publikation auf alle deutschen Mitgliedsunternehmen von Ernst & Young Global Limited. © 2016 Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft All Rights Reserved. BWA 1601-002 ED None EY ist bestrebt, die Umwelt so wenig wie möglich zu belasten. Diese Publikation wurde CO2-neutral und auf FSC®-zertifiziertem Papier gedruckt, das zu 60 % aus Recycling-Fasern besteht. Diese Publikation ist lediglich als allgemeine, unverbindliche Information gedacht und kann daher nicht als Ersatz für eine detaillierte Recherche oder eine fachkundige Beratung oder Auskunft dienen. Obwohl sie mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurde, besteht kein Anspruch auf sachliche Richtigkeit, Vollständigkeit und/oder Aktualität; insbesondere kann diese Publikation nicht den besonderen Umständen des Einzelfalls Rechnung tragen. Eine Verwendung liegt damit in der eigenen Verantwortung des Lesers. Jegliche Haftung seitens der Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und/oder anderer Mitgliedsunternehmen der globalen EY-Organisation wird ausgeschlossen. Bei jedem spezifischen Anliegen sollte ein geeigneter Berater zurate gezogen werden. w w w .d e .e y .c o m