Von Shanghai nach Sevilla
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Von Shanghai nach Sevilla
34 Freitag, 26. Juni 2015 — Der kleine Kultur Kulturnotizen Auktion Klimts «Gertrud Löw» und Gurlitt-Bild versteigert Das Auktionshaus Sotheby’s in London hat am Mittwoch Kunst im Wert von mehr als 179 Mio. Pfund (ca. 262 Mio. Franken) versteigert. Gustav Klimts 1902 entstandenes «Bildnis Gertrud Löw» wechselte als teuerstes Werk des Abends für 24,8 Millionen Pfund den Besitzer – blieb aber weit unter dem bisherigen Klimt-Rekord von 135 Mio. US-Dollar (für das «Porträt Adele Bloch-Bauer I»). Ein weiteres interessantes Los war «Zwei Reiter am Strand nach links» des Impressionisten Max Liebermann: Das Werk, das für vergleichsweise bescheidene 1,9 Mio. Pfund verkauft wurde, stammte aus dem Nachlass von Cornelius Gurlitt. Das Liebermann-Werk war im Mai an den 90-jährigen Erben des einstigen jüdischen Besitzers zurückgegeben worden, nachdem die Behörden bestätigten, dass es sich bei dem Gemälde um NS-Raubkunst handelte. (sda) Architektur Herzog & de Meuron bauen «Tacheles» in Berlin um Jahrelang stand das Kulturhaus «Tacheles» in Berlin leer, nun soll es wiederhergerichtet werden. Dabei soll das Basler Architekturbüro Herzog & de Meuron das Projekt übernehmen, welches in Deutschland unter anderem schon die Elbphilharmonie in Hamburg und die Allianz-Arena in München entworfen hat. Das einstige Kulturhaus in Berlin war 1903 ursprünglich als Einkaufspassage errichtet worden und galt lange als eine der grössten Szene-Attraktionen in der deutschen Hauptstadt. Es soll weiterhin kulturell genutzt werden. (sda) Theater Christoph Marthaler erhält Goldenen Löwen in Venedig Der Schweizer Theaterregisseur Christoph Marthaler wird an der diesjährigen Biennale in Venedig mit einem Goldenen Löwen für sein Lebenswerk ausgezeichnet. Den Preis erhalte der 63-Jährige für seine Suche nach einer ganz persönlichen Sprache und für seinen Sinn für Humor, so die Jury. Aus Anlass der Preisverleihung wird am 30. Juli in Venedig am Teatro alle Tese die in der Saison 2013/2014 am Theater Basel uraufgeführte Produktion «Une île flottande – das Weisse vom Ei» gezeigt. (klb) Comic Neuer «Asterix»-Band erscheint unter anderem Titel Ursprünglich hatte das 36. Abenteuer des tapferen Galliers Asterix «Cäsars Geheimnis» heissen sollen – nun wird der neue Band im deutschen Sprachraum anders genannt, weil es schon ein Kinderbuch gleichen Titels gibt. «Der Papyrus des Cäsar» erscheint am 22. Oktober auf Deutsch; es ist der zweite Band des aktuellen Teams Jean-Yves Ferri (Text) und Didier Conrad (Zeichnung). (sda) Anzeige Last Minute Wellness - Hit bis 31. 7. 2015 € 418-- pro Person 4 ÜN im DZ Mittagsfluh bzw. EZ Hangspitz mit Genusshalbpension incl. 1 Heublumenbad Großes Thermenbad mit Gartenpool, tolle SaunaWellnesswelt mit Hamam, Fitnessraum, Aktivprogramm, Hotel-Fahrräder schöne Wanderwege, wunderbare Bergwelt ****Gesundhotel Bad Reuthe 27. 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AARBERGERGASSE 5 (NÄHE HAUPTBAHNHOF) 3011 BERN P PARKING METRO TEL. 031 310 28 28 www.benedict.ch Von Shanghai nach Sevilla Wie kommt ein junger Chinese dazu, in Rossinis «Barbier» am Avenches Opera Festival zu singen? Yijie Shi ist ein Tenor, von dem man noch hören wird. Peter König Die klugen Augen hinter den runden Brillengläsern blicken freundlich. Der junge Mann ist hellwach, lacht gern und spricht frei über fast alles. Und dies in sehr gutem Deutsch, Italienisch oder Englisch. Man könnte einen Schriftsteller, Hochschullehrer oder Übersetzer vor sich haben, Japanisch spricht er nämlich auch – und natürlich Mandarin, seine Muttersprache. Geboren ist Yijie Shi in Shanghai. Er ist aber weder Banker noch Professor, Shi ist Tenor. Ein aufstrebender Stern in einem schwierigen Opernfach; spezialisiert hat er sich vor allem auf das rund 40 Werke umfassende Schaffen Gioachino Rossinis. Dem Schwan von Pesaro, wie Rossini genannt wurde, ist mit «Il Barbiere di Siviglia» ein Wurf gelungen, der aus den Opernkanon nicht wegzudenken ist. Überreich an Einfällen, schäumenden Melodien und Witz, ist der «Barbier» Prototyp für das gesamte Genre der Opera Buffa und dauerpräsent auf den Bühnen der Welt. Vielleicht die heikelste Partie ist der junge Graf Almaviva, der als Lindoro versucht, dem alten Doktor Bartolo das Mündel Rosina abzuluchsen. Geburt der Töchter dazwischengekommen. Avenches ist auch der erste Open-AirAuftritt Shis. Die Grösse der Arena habe ihn sehr beeindruckt, aber er habe schnell bemerkt, dass die Stimme auch hier trage. Mehr Sorgen macht ihm das Die höhensichere Stimme, die schon Shis Primarlehrer bemerkt hatte, fiel auch in Wien auf. Wetter, das auch den Probenbetrieb beeinflusst. Wie steht es mit der Deutschschweiz? Der deutsche Sprachraum sei für asiatische Sängerinnen gut zugäng- lich; Männer aber hätten es schwieriger. Wer weiss, vielleicht will ihn ja auch der Deutschschweizer Teil des Publikums wiedersehen. Stimmgewaltige Zwillinge In Graz wohnt er gern, dort hat er auch seine chinesische Frau, ebenfalls Sängerin, kennen gelernt. Ja, lächelt er, die «Gefahr» bestehe, dass aus den Zwillingen ebenfalls Sängerinnen würden; sie hätten schon sehr kräftige Stimmen. Die Familie lebt aber in Hunan. Das ist weit weg, mit dem Umsteigen dauere die Reise an die 18 Stunden. Shi würde noch viel längere Flüge in Kauf nehmen. Nach der letzten «Barbier»-Vorstellung geht es denn auch gleich heim zu seinen Liebsten. Vielleicht werde es in einigen Jahren einfacher, wenn auch sie mitkommen könnten. Und miterleben, wie Papa die Opernwelt erobert. Aufführungen in Avenches: 4., 7., 9., 14. und 17. Juli, 21.30 Uhr. Infos: www.avenchesopera.ch Um die halbe Welt Wie kommt ein Chinese zu dieser Rolle? Ganz einfach – von Shanghai über Tokio und Wien nach Graz, Treviso und Venedig. Von dort nach Pesaro (Rossinis Geburtsstadt) – und dann in Theater rund um den Globus. Darunter auch Lausanne, wo ihn Eric Vigié für Avenches verpflichtete. Ein Glück wohl, dass Yijie Shi die Aufnahmeprüfung fürs Konservatorium von Shanghai nicht bestanden hatte. Besser geklappt hat es nämlich in Tokio, wo im dritten Jahr die angenehme Pflicht zweier Studienwochen in Wien winkte. Die höhensichere Stimme, die schon Shis Primarlehrer bemerkt hatte, fiel auch in Wien auf. So folgte dem Konservatorium in Japan ein auf fünf Jahre angelegtes Stipendium bei Peter Schmelzer in Graz. Über 20 Lektionen pro Woche, diverse Lehrer für Stimmbildung, Atemtechnik, Italienisch oder Deutsch – eine harte Ausbildung, die nicht ohne Folgen bleiben konnte: 2007 gewann Shi innert zweier Wochen die Wettbewerbe in Passau und Deutschlandsberg. Im gleichen Jahr gewann er auch in Treviso, dort aber nicht bare Münze, sondern einen Auftritt als Ferrando in Mozarts «Così fan tutte», sein Operndebüt. Von Treviso nach Venedig ist es ein Katzensprung. Der Intendant des Opernhauses La Fenice, herbeigerufen von Shis Mentor Gianni Tangucci, verpflichtete den jungen Chinesen für vier kleinere Rollen. Diese allerdings (La Fenice spielt in Originalsprache) auf Russisch, Tschechisch, Deutsch und Englisch, was wohl nur ein Mann mit Shis Sprachtalent meistern kann. Spätes Almaviva-Debüt 2013 folgte in Venedig endlich auch eine italienische Hauptrolle, der Nemorino in Donizettis «Liebestrank», noch heute seine Lieblingsoper. Dazwischen aber trat der wichtigste Komponist in Shis Leben: Fast die Hälfte seiner Auftritte gilt Rossini. Trotz sicherer Höhe (unabdingbar für Lindoro, Aronno und wie sie alle heissen) zögerte der Tenor damit lange. Ihm fehlten, sagt er, coloratura und agilità (die Fachbegriffe verwendet er völlig akzentfrei). Als er in Pesaro Maestro Alberto Zedda, einem der Doyens der Rossini-Renaissance, vorsingen sollte, wählte er deshalb das «koloraturfreie» Stabat Mater. Zedda war mehr als angetan, und der Rest ist bekannt: Von Beijing bis Santiago, von Antwerpen bis Neapel und demnächst auch in Barcelona und San Francisco tritt Shi auf. Warum singt er den Grafen Almaviva erst jetzt in Avenches zum ersten Mal? Nun – das Debüt sei schon vor fünf Jahren geplant gewesen, aber da sei die Er singt auch auf Russisch oder Deutsch, wenns sein muss: Yijie Shi. Marc-André Guex/zvg