Finanzplatz Frankfurt, Ein Standort bewegt sich

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Finanzplatz Frankfurt, Ein Standort bewegt sich
Eine Initiative des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung
Finanzplatz Frankfurt – Ein Standort bewegt sich
Herausgeber:
Landesbank Hessen-Thüringen Girozentrale
Vorstandsstab & Konzernstrategie
Volkswirtschaft, Redaktion Chefvolkswirt Dr. Gertrud R. Traud
MAIN TOWER
Neue Mainzer Straße 52-58, 60311 Frankfurt am Main
Telefon: 0 69/91 32-20 24, Telefax: 0 69/91 32-22 44
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Die Publikation ist mit größter Sorgfalt bearbeitet worden. Sie enthält jedoch lediglich
unverbindliche Analysen und Prognosen zu den gegenwärtigen und zukünftigen Marktverhältnissen. Die Angaben beruhen auf Quellen, die wir für zuverlässig halten, für
deren Richtigkeit, Vollständigkeit oder Aktualität wir aber keine Gewähr übernehmen
können. Sämtliche in dieser Publikation getroffenen Angaben dienen der Information.
Sie dürfen nicht als Angebot oder Empfehlung für Anlageentscheidungen verstanden
werden.
2
Helaba Volkswirtschaft · Juni 2006 · © Helaba
Finanzplatz Frankfurt – Ein Standort bewegt sich
Editorial
Dr. Gertrud R. Traud
Chefvolkswirt
Helaba
Sehr geehrte Leserinnen und Leser,
in dieser Publikation wird die Marktstellung des Finanzplatzes Frankfurt im Vergleich zu anderen
wichtigen europäischen und nationalen Finanzzentren ermittelt. Vor der Präsentation der Ergebnisse wird das Gesamtprojekt „Finanzplatz-Monitoring“ umrissen.
Gemeinschaftsprojekt „Finanzplatz-Monitoring“
Das Gemeinschaftsprojekt „Finanzplatz-Monitoring“ wurde von dem Hessischen Ministerium für
Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung initiiert. Projektteilnehmer sind die Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba), die HA Hessen Agentur GmbH, das Center for Financial Studies (CFS)
an der Johann Wolfgang Goethe-Universität und die Hochschule für Bankwirtschaft (HfB). Die
Projektkoordination hat die Helaba übernommen.
Das „Finanzplatz-Monitoring“ umfasst drei Teilprojekte mit jeweils unterschiedlichen Schwerpunkten: Die vorliegende Studie der Helaba in Zusammenarbeit mit der Hessen Agentur ist als
Auftakt des Gesamtprojektes zu sehen. Darin wird eine Standortanalyse der Finanzplätze Frankfurt, London und Paris vorgenommen. Diese Ausarbeitung hebt sich durch ihre breit angelegte
Detailanalyse von bereits existierenden Publikationen ab. Das CFS erarbeitet einen Stimmungsindikator, der die Einschätzung der Akteure über den Finanzplatz Frankfurt widerspiegelt. Abgerundet wird dies durch das datenbasierte System von Finanzplatz-Indikatoren der HfB.
Im „Finanzplatz-Monitoring“ steht der Institutionen übergreifende, integrative Gedanke im Vordergrund. Unter den Arbeitsgruppen besteht ein reger Austausch – eine abgestimmte Terminologie
umspannt die Projekte. Das Gesamtprojekt ist also mehr als die Summe seiner Teile.
Fazit der Studie
Schon der Titel der Studie „Finanzplatz Frankfurt – Ein Standort bewegt sich“ zeigt, dass sich
der Finanzplatz Frankfurt im Wandel befindet. Die Vorrangsstellung des Finanzplatzes Frankfurt
innerhalb Deutschlands bleibt unangefochten. Unsere Analyse belegt die herausragende Positionierung des Finanzplatzes London im europäischen Vergleich. In Kontinentaleuropa ist Paris ein
ernstzunehmender Wettbewerber für das deutsche Finanzzentrum. Der Finanzplatz Frankfurt hat
jedoch gute Chancen, mittelfristig die kontinentaleuropäische Führungsrolle zu erringen.
Die Finanzmetropole am Main hat sich bereits in Bewegung gesetzt. Das Begonnene reicht aber
noch nicht aus. Die weitere Entwicklung des Finanzplatzes Frankfurt hängt entscheidend davon
ab, inwieweit er seine Stärken zu wahren und festigen weiß, Chancen erfolgreich ergreift, Schwächen ernsthaft angeht und bestehende Risiken minimiert.
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Helaba Volkswirtschaft · Juni 2006 · © Helaba
Finanzplatz Frankfurt – Ein Standort bewegt sich
Besondere Aktualität erhält die Studie durch den geplanten Zusammenschluss der New York
Stock Exchange (NYSE) mit der Euronext. Dieser hätte zunächst keinen signifikanten Einfluss auf
die Stellung der beiden Finanzplätze Frankfurt und Paris zueinander. Aus europäischer Sicht wäre
jedoch zu bedauern, dass die derzeitige Konsolidierung der Börsenwelt nicht in einer Zusammenführung der Deutschen Börse mit der Euronext mündet. Mit einer Fusion von Deutscher Börse und
Euronext könnte eine „Superbörse“ in Europa entstehen, die die Messlatte für die amerikanische
Konkurrenz hoch legen würde.
Besonderheit der Studie
Die zentrale Frage der Studie lautet: „Wie steht der Finanzplatz Frankfurt im europäischen Finanzgeschehen da, und wie wird er sich künftig entwickeln?“ Dazu werden die Wesensmerkmale
eines Finanzplatzes betrachtet, die sich aus vielen Einzelaspekten zusammensetzen. Der Umfang
der aufgearbeiteten Daten sucht seines Gleichen. So kann man diese Studie auch als Enzyklopädie
der komparativen Finanzplatz-Analyse bezeichnen.
Es kommen innovative Forschungsansätze zum Tragen. So wurde erstmals die tatsächliche Anzahl
der Banken und Auslandsbanken in den drei Finanzplatzregionen ermittelt und die aggregierte Finanzkraft der betrachteten drei Bankplätze analysiert. Hinsichtlich Kaufkraft, Auslandsaktivitäten
und Finanzinnovationen bietet die Studie ein außergewöhnliches Spektrum an Daten. Darüber hinaus wird ein umfassender Überblick der MBA-Rankings für die drei Finanzplätze gegeben.
Aufbau und Struktur der Studie
Im ersten Kapitel werden die 12 Charakteristika eines Finanzplatzes definiert, im zweiten werden
das deutsche, britische und französische Finanzzentrum anhand dieser Kriterien detailliert analysiert und gegenübergestellt. Im dritten Kapitel wird – dargestellt in einem Smiley-Tableau – resümierend eine zeitpunktbezogene Standortbestimmung der drei großen Finanzplätze Europas vorgenommen. Abschließend werden die Perspektiven bzw. das Entwicklungspotenzial des deutschen
Finanzzentrums am Main aufgezeigt.
Ihre
Frankfurt am Main, den 8. Juni 2006
4
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Finanzplatz Frankfurt – Ein Standort bewegt sich
Inhalt
Seite
Editorial
3
Zusammenfassung
6
1
Was macht einen Finanzplatz aus?
9
2
Finanzplatz Frankfurt versus London und Paris
11
2.1
Regionale Bedeutung des Finanzsektors
11
2.2
Akteure des Finanzplatzes
14
2.2.1
Banken
14
2.2.1.1
Banken allgemein
14
2.2.1.2
Auslandsbanken
22
2.2.1.3
Investmentbanking
23
2.2.2
Versicherungen
25
2.2.3
Investmentgesellschaften
26
2.2.4
Börsen
27
2.2.5
Finanzbezogene Institutionen
33
2.2.6
Finanzplatzorientierte Dienstleister
35
2.3
Finanzbezogene Wachstumsdeterminanten
36
2.3.1
Finanzbezogene Bildung & Forschung
36
2.3.2
Trends in der Finanzbranche
39
2.3.2.1
Marktsegmente
40
2.3.2.2
Produkte
45
2.3.3
Auslandsaktivitäten
51
2.4
3
5
Förderliche Rahmenbedingungen
53
2.4.1
Historische Wurzeln
53
2.4.2
Standortspezifische Qualitäten
55
2.4.3
Eigenvermarktung
64
Fazit und Ausblick
67
3.1
Standortbestimmung der drei Finanzplätze
67
3.2
Finanzplatz Frankfurt – Blick in die Zukunft
70
3.2.1
Stärken/Schwächen-Analyse
70
3.2.2
Chancen: Marktpotenziale und politische Handlungsempfehlungen
70
Helaba Volkswirtschaft · Juni 2006 · © Helaba
Finanzplatz Frankfurt – Ein Standort bewegt sich
Zusammenfassung
Autor:
Ulrike Bischoff, Helaba
Co-Autor:
Uwe van den Busch, HA
unter Mitarbeit von:
Ute Bächle, Helaba
Johannes Harsche, HA
Der Finanzplatz Frankfurt ist neben London und Paris einer der drei großen Finanzstandorte
Europas. Auf Grund der Ertragsprobleme des deutschen Bankensystems Anfang des Jahrtausends traten die Qualitäten seines Finanzzentrums in der öffentlichen Wahrnehmung in den
Hintergrund. Wie steht der Finanzplatz Frankfurt tatsächlich da? Um diese Frage fundiert zu
beantworten, definiert die Helaba in Zusammenarbeit mit der Hessen Agentur in dieser Studie
12 Eigenschaften, die das Wesen eines Finanzplatzes ausmachen. Alle 12 Kriterien sind für
die Identität eines Finanzplatzes notwendig – für seine nachhaltig erfolgreiche Positionierung
im internationalen Wettbewerb sind fünf davon hinreichend bzw. unverzichtbar.
Andreas Hess, Helaba
Fazit
Der Finanzplatz London nimmt in Europa eine unangefochtene Vorrangstellung ein. Innerhalb Kontinentaleuropas konkurrieren Frankfurt und Paris um die Führungsposition. Der Finanzplatz Frankfurt hat gute Chancen, mittelfristig die kontinentaleuropäische Führungsrolle
zu erringen und auf Dauer abzusichern, da mehr veränderbare Parameter zur Verfügung stehen als im zentralistisch geprägten Finanzzentrum Frankreichs. Die Finanzmetropole am
Main hat sich bereits in Bewegung gesetzt. Das Begonnene reicht aber noch nicht aus. Für
den nachhaltigen Erfolg des Finanzplatzes Frankfurt bedarf es sowohl mehr Engagements
seitens seiner Akteure zur Erschließung von Marktpotenzialen als auch politischer Maßnahmen zur Schaffung günstigerer Rahmenbedingungen.
Standortbestimmung der drei großen Finanzplätze Europas anhand der Kernkriterien
Kriterium
Frankfurt
Banken
Börsen
☺
Finanzbezogene Bildung & Forschung
Trends in der Finanzbranche
Standortspezifische Qualitäten
London
Paris
☺
☺
☺
☺
☺
☺
☺
☺
☺ zeigt an, dass der Finanzplatz im Sinne internationaler Wettbewerbsfähigkeit gut aufgestellt ist;
signalisiert eine Position im Mittelfeld. Umfassende Tabelle mit 12 Kriterien siehe Seite 67.
weist auf Defizite hin;
Quellen: Helaba Volkswirtschaft, Hessen Agentur
6
•
Die Gegenüberstellung der drei großen Finanzplätze Europas anhand der fünf wesentlichen Eigenschaften eines Finanzstandortes – Banken, Börsen, Finanzbezogene Bildung &
Forschung, Trends in der Finanzbranche, Standortspezifische Qualitäten – zeigt die herausragende Positionierung Londons. Bei vier dieser Kriterien erhält das britische Finanzzentrum die Höchstnote. Lediglich die Standortspezifischen Qualitäten sind angesichts der hohen Kosten für Büroimmobilien und Lebenshaltung sowie der öffentlichen
Infrastruktur insgesamt nur von mittlerer Güte.
•
Obgleich Frankfurt und Paris nicht in derselben Liga spielen wie London, so sind sie
dem britischen Finanzzentrum zumindest teilweise ebenbürtig – z.B. hinsichtlich Börse
– oder gar besser aufgestellt, wie im Falle Frankfurts bei den Standortspezifischen Qualitäten. Die gute Infrastruktur der Main-Metropole in Kombination mit kurzen Wegen sowie die relativ niedrigen Kosten für Büroimmobilien und Lebenshaltung wiegen die relativ hohe Unternehmensbesteuerung in Deutschland tendenziell auf.
Helaba Volkswirtschaft · Datum · © Helaba
Finanzplatz Frankfurt – Ein Standort bewegt sich
Auf Grund der klaren Vorrangstellung des Finanzplatzes London richtet sich der Fokus im
Folgenden auf den Vergleich des deutschen mit dem französischen Finanzzentrum. Bei
den fünf Erfolgsfaktoren eines Finanzstandortes ergeben sich zwei gleiche Bewertungen, in
zwei Bereichen ist Paris vorne und in einem Frankfurt:
•
Mit der Deutschen Börse und der Euronext verfügen derzeit sowohl Frankfurt als auch
Paris über eine bedeutende, hoch kompetitive Börse.1 Hinsichtlich der Marktkapitalisierung liegt die in Frankfurt beheimatete Deutsche Börse an der Spitze Europas – trotz der
innerdeutschen Konkurrenz durch die Regionalbörsen. Zudem handelt es sich bei der
Euronext um eine europäische Mehrländerbörse; im Derivatehandel konkurrieren Euronext inklusive der Londoner LIFFE mit der deutsch-schweizerischen Terminbörse Eurex.
•
Hinsichtlich der Trends in der Finanzbranche bewegen sich die Finanzplätze Frankfurt und Paris im Mittelfeld. Neuere Finanzmarktströmungen können oftmals auf
Grund gesetzlicher Vorgaben nur begrenzt umgesetzt werden. Die kontinentaleuropäischen Finanzplätze weisen verschiedene Akzente auf: Während in Deutschland die
Märkte für den Kreditrisikotransfer schon weiter entwickelt sind, verfügt Frankreich bereits über REITs und eine dynamischere Investmentbranche. Internationale PrivateEquity- und Hedge-Fonds-Gesellschaften betreiben umfangreiche Geschäfte in beiden
Ländern; dem deutschen Markt schenken sie gegenwärtig allerdings besondere Beachtung.
•
Der Bankenplatz Paris ist angesichts der Zentralität sowie der hohen Rentabilität seiner
Spitzeninstitute international gut aufgestellt, wohingegen sich die Frankfurter Banken
– wie auch die Branche in Deutschland insgesamt – bei diesem Kriterium nur im Mittelfeld bewegen. Zu berücksichtigen ist die unterschiedliche nationale Ausgangslage für den
Bankensektor. Beispielsweise wirkte sich die konjunkturelle Situation Deutschlands
jahrelang belastend aus; demgegenüber konnten die französischen Banken vor dem Hintergrund stimulierender Grundvoraussetzungen bessere Ergebnisse vorweisen. Die aktuell
zu beobachtende Konjunkturbelebung in Deutschland fördert den Erholungskurs der hiesigen Kreditinstitute, die nun wieder Ertragszuwächse erzielen können.
•
Als Finanzbezogener Bildungs- und Forschungsstandort besitzt das deutsche Finanzzentrum noch nicht das internationale Renommee seines britischen und französischen
Konkurrenten. Frankfurt hat aber Fortschritte gemacht und bietet eine wachsende intellektuelle Infrastruktur im Finanzwesen. Mit dem „House of Finance“ verfolgt die MainMetropole den richtigen Weg, um ihren Finanzplatz an den Wurzeln zu stärken und seine
Innovationskraft zu fördern. Hiermit wird eine weitere wichtige Wachstumsdeterminante
eines Finanzplatzes – Trends in der Finanzbranche – ebenfalls gestärkt.
•
Hinsichtlich der Standortspezifischen Qualitäten ist Frankfurt gegenüber den anderen
beiden Finanzplätzen im Vorteil. Während Frankfurt beim Gros dieser Kriterien gut aufgestellt ist, bewegt sich Paris hier nur im Mittelfeld. Die relativ teuren Büroimmobilien
und hohen Lebenshaltungskosten in der französischen Metropole sind Faktoren, die nur
schwer beeinflussbar sind. Die relativ ungünstige Unternehmensbesteuerung am deutschen Finanzzentrum könnte behoben werden, in Paris besteht bei der Besteuerung
Hochqualifizierter Verbesserungsbedarf.
1
Da die geplante Fusion zur NYSE Euronext voraussichtlich erst Ende des Jahres abgeschlossen sein wird, ist zum gegebenen Zeitpunkt bei einer Standortanalyse der Finanzplätze Frankfurt, Paris und London eine Status quo-Betrachtung von
Deutscher Börse, Euronext und London Stock Exchange angemessen.
7
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Finanzplatz Frankfurt – Ein Standort bewegt sich
Politische Handlungsempfehlungen zur Stärkung des deutschen Finanzzentrums
8
•
Zur internationalen Stärkung des Finanzplatzes Deutschland ist anstelle der innerdeutschen Konkurrenz eine arbeitsteilige Konzentration auf Schwerpunktthemen anzustreben. Der Erfolg des Finanzplatzes Deutschland ist unmittelbar an den Erfolg seines
Zentrums am Main gekettet – dem einzigen deutschen Finanzplatz von internationalem
Niveau. Es gilt deshalb, Vorbehalte gegen eine Fokussierung auf den Finanzplatz Frankfurt abzubauen und das Bewusstsein der Akteure hin zu einer kritischen Masse zu
wecken.
•
Das Netzwerk am Finanzplatz Frankfurt könnte durch eine ausschließliche Präsenz der
nationalen Aufsichtsbehörde BaFin am Main intensiviert werden, dann entstünden aus
der Konzentration aller wichtigen deutschen Institutionen des Finanzwesens nebst EZB
Effizienzgewinne. Gerade in Zeiten fortschreitender Technologisierung bringen die Nähe
zur „Community“ und persönliche Kontakte einen „Added Value“.
•
Der bereits eingeschlagene Weg zur Intensivierung der Finanzbezogenen Lehr- und
Forschungsaktivitäten sollte weiter gegangen werden, um das Ansehen Frankfurts als
Wissensstandort im Finanzwesen zu erhöhen und zu einem international anerkannten
Kompetenzzentrum zu machen. Denn dies ermöglicht nicht nur die Ausbildung von
hochkarätigen Finanzspezialisten, sondern steigert auch die Innovationsdynamik vor Ort.
Insofern werden auf diese Weise die nachhaltigen Entwicklungschancen des deutschen
Finanzzentrums gleich doppelt gefördert.
•
Es bedarf einer Gesetzgebung, die aktuellen Trends in der Finanzbranche zeitnah zum
Erfolg verhilft. Zum einen sollten bestehende gesetzliche Rahmenbedingungen international konkurrenzfähiger ausgestaltet werden – z.B. in den Bereichen Investmentfonds,
Private-Equity und Hedge-Fonds –, damit die deutschen Gesellschaften ähnliche Ausgangsvoraussetzungen wie ihre ausländischen Konkurrenten haben und sie die gerade
hierzulande vorhandenen Marktpotenziale besser nutzen können. Zum anderen sollte mit
entsprechenden gesetzlichen Regelungen auf neue Strömungen im Finanzsektor reagiert
werden (Beispiel REITs), um frühzeitig Marktanteile zu sichern und die Entwicklung mit
prägen zu können. Je mehr sich die deutsche Finanzmarktgesetzgebung Trends öffnet,
umso größer ist die sich entfaltende Innovationskraft am Finanzplatz Frankfurt und somit
sein Erfolg.
•
Ebenso sind die steuerlichen Rahmenbedingungen am Finanzplatz Frankfurt zu verbessern. Es gilt, die im internationalen Vergleich relativ hohe Steuerbelastung für Unternehmen zu reduzieren und Steueranreize für Hochqualifizierte zu schaffen. In Überlegungen
der Standortwahl von Finanzinstituten und finanzplatzorientierten Dienstleistern sowie
bei ihren Beschäftigten ist die Besteuerung schließlich ein wichtiger Faktor.
•
„Last but not least“ ist ein koordiniertes, selbstbewusstes Marketing für das deutsche
Finanzzentrum – als Synonym für den Finanzplatz Deutschland insgesamt – dringend
notwendig. Alle Finanzplatz-Akteure – von Finanzinstituten bis hin zu Bundesbank und
BaFin – müssen an einem Strang ziehen und sich gemeinsam für den Finanzplatz Frankfurt stark machen. Ein Präsentationskonzept des Finanzzentrums am Main ist z.B. in
Form einer umfassenden Internetplattform anzustreben. Mittels einer beeindruckenden
Außendarstellung können die vielversprechenden Perspektiven des Finanzplatzes Frankfurt einer breiten Öffentlichkeit im In- und Ausland stärker ins Bewusstsein gebracht
werden.
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Finanzplatz Frankfurt – Ein Standort bewegt sich
1
Spektrum von
Finanzplatz-Charakteristika
Was macht einen Finanzplatz aus?
Ein Finanzplatz stellt im Kern eine räumliche Konzentration von Finanzmarktakteuren dar. Dies
allein reicht aber nicht aus: Es sind viele Facetten, die das Wesen eines Finanzstandortes ausmachen und wichtig für seinen Erfolg sind. Im Folgenden definiert die Helaba2 in Zusammenarbeit
mit der Hessen Agentur 12 Wesens- bzw. Erfolgskriterien eines Finanzplatzes, die sich in vier
Gruppen gliedern lassen. Alle 12 Kriterien sind für die Identität eines Finanzplatzes notwendig
– für seine nachhaltig erfolgreiche Positionierung im internationalen Wettbewerb sind fünf davon
hinreichend bzw. unverzichtbar. Durch das Fortschreiten von Globalisierung und weltweiter Finanzmarktintegration spielt bei fast allen Kriterien die Ausprägung der Internationalität eine wichtige Rolle. Auf Grund der vielseitigen Erscheinungsformen der Internationalität an einem Finanzzentrum wird sie als Grundvoraussetzung betrachtet.
Charakteristika eines Finanzplatzes
Börsen
Banken
Finanzbezogene
Institutionen
Versicherungen
Investmentgesellschaften*
Regionale
Bedeutung
des Finanzsektors
Historische
Wurzeln
Akteure des
Finanzplatzes
Finanzplatzorientierte
Dienstleister
Finanzbezogene
Bildung & Forschung
FINANZPLATZ
Finanzbezogene
Wachstumsdeterminanten
Trends in der
Finanzbranche
Auslandsaktivitäten
Förderliche Rahmenbedingungen
Eigenvermarktung
Standortspezifische
Qualitäten
Die 12 Finanzplatz-Kriterien sind: Regionale Bedeutung des Finanzsektors, Banken, Versicherungen, Börsen, Finanzbezogene Institutionen, Finanzplatzorientierte Dienstleister, Finanzbezogene Bildung & Forschung, Trends in der Finanzbranche,
Auslandsaktivitäten, Historische Wurzeln, Standortspezifische Qualitäten, Eigenvermarktung.
* Investmentgesellschaften werden nicht explizit als Kriterium betrachtet, da sie eine prominente Stellung in dem Kriterium
Trends in der Finanzbranche einnehmen.
Von den 12 Finanzplatz-Kriterien sind die fünf zentralen rot gekennzeichnet.
Quelle: Helaba Volkswirtschaft
Regionale Bedeutung des Finanzsektors
Eingebundenheit der Region
Die Bedeutung eines Finanzstandortes bemisst sich auch nach seiner regionalen Verankerung; die
Einbettung eines Finanzplatzes in eine Wachstumsregion begünstigt seine Positionierung. Die
Wechselwirkungen zwischen Metropole und Umland haben positive Effekte auf das Finanzzentrum und tragen letztendlich zu seiner Stellung im nationalen und internationalen Wettbewerb bei.
2
9
Vgl. dazu Helaba Volkswirtschaft (2001): „Frankfurt: Das deutsche Finanzzentrum“.
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Finanzplatz Frankfurt – Ein Standort bewegt sich
Akteure des Finanzplatzes
Hohe Dichte von Akteuren sorgt
für lebhaften Finanzplatz
Banken und Börsen essenziell
Eine kritische Masse von Finanzplatz-Akteuren vor Ort ist unabdingbar. Je stärker die Aktivitäten
des Finanzsektors an einem Standort konzentriert sind, um so mehr ergeben sich Effizienzgewinne
und Agglomerationseffekte. Je höher und diversifizierter die Anzahl der an einem Standort beschäftigten, miteinander in Kontakt stehenden Finanzspezialisten sowie der von ihnen bewegten
und überwachten Volumina, umso lebhafter ist das Treiben am Finanzplatz. Die räumliche Nähe
der Finanzspezialisten verschiedener Tätigkeitsfelder fördert den Dialog und die Geschäftstätigkeit
am Finanzplatz. Nicht trotz, sondern gerade in Zeiten verstärkter Nutzung von Informations- und
Kommunikationstechnologie spielen persönliche Kontakte vor Ort eine wichtige Rolle; schließlich
ist das unmittelbare Gespräch nur schwer zu ersetzen.
Unter den Akteuren des Finanzsektors sind Banken und Börsen von herausragender Bedeutung.
Ohne die Anwesenheit einer Vielzahl dieser klassischen Finanzinstitute und einer aktiven Börse
kann ein Standort nicht als Finanzplatz bezeichnet werden; zusammen bilden sie den ureigensten
Kern eines Finanzzentrums. Daneben bedarf es auch der Versicherungs- und der Investmentbranche sowie finanzbezogener Institutionen. Eine enge Verbindung der Finanzinstitute mit Zentralbanken und Finanzaufsichtsorganen erleichtert die Diskussion, so dass diese finanzbezogenen
Organe ihre Entscheidungen praxisnah und effizient treffen können. Des weiteren siedeln sich an
einem Finanzplatz viele Unternehmen aus anderen Branchen an, deren Geschäftstätigkeiten intensiv mit dem Finanzsektor verknüpft sind, z.B. Wirtschaftsprüfung und Rechtsberatung, Wirtschaftspresse, Rating-Agenturen. Diese werden als finanzplatzorientierte Dienstleister definiert.
Daneben gibt es auch mittelbar vom Finanzplatz profitierende Unternehmen, wie Restaurants,
Hotels und Einzelhandel.
Finanzbezogene Wachstumsdeterminanten
Wachstumstriebkräfte nötig:
Zentral sind Finanzbezogene
Bildung & Forschung ...
... und Trends in der
Finanzbranche
Für die Entwicklung und den Erfolg eines Finanzplatzes sind Wachstumsfaktoren unerlässlich.
Ganz entscheidend ist die Ausstattung eines Finanzstandortes mit Humankapital gerade im Finanzwesen; auch hier spielt die Anwesenheit von Spezialisten vor Ort eine bedeutsame Rolle. Das
Miteinander von Finanzmarktakteuren und -wissenschaftlern bereitet die Basis für einen regen
Austausch sowohl inhaltlicher als auch personeller Art. Eine qualitativ hochwertige Finanzbezogene Bildung & Forschung schafft die Vorraussetzungen für einen bereits an seinen Wurzeln
starken Finanzplatz und steigert sein Innovationspotenzial.
Und gerade Innovationskraft ist für einen Finanzplatz ein wesentliches Kriterium. Nur ein Finanzplatz, der Trends in der Finanzbranche anstößt und mitgeht, kann sich dauerhaft im internationalen Wettbewerb behaupten. Es bedarf nicht nur eines reichhaltigen Angebots an Produkten bzw.
Instrumenten und Finanzierungsmöglichkeiten, sondern auch deren Weiter- und Neuentwicklung.
Zudem sind die Auslandsaktivitäten eines Finanzplatzes eine seiner Wesensdeterminanten. Der
Aufbau und die Pflege von grenzüberschreitenden Geschäftsbeziehungen werden in Anbetracht
der fortschreitenden Internationalisierung des Finanzwesen immer wichtiger.
Förderliche Rahmenbedingungen
Bei Rahmenbedingungen gerade
Standortspezifische Qualitäten
wichtig
10
Ferner beeinflussen auch die Rahmenbedingungen eines Finanzplatzes seine Stellung im internationalen Finanzgeschehen. Eine lange Tradition, gute Standorteigenschaften und ein aktives Marketing können den Erfolg eines Finanzzentrums fördern. Weit zurückreichende historische Wurzeln geben einem Finanzplatz die Möglichkeit, sich ausgehend von seiner im Zeitablauf erworbenen Reputation weiterzuentwickeln und der Globalisierung zu öffnen. Die Standortspezifischen
Qualitäten eines Finanzplatzes spielen eine wichtige Rolle bei der Standortwahl von Finanzinstituten und -spezialisten. Diese umfassen z.B. die Verkehrsinfrastruktur, Kostenaspekte oder die
Lebensqualität. Darüber hinaus begünstigt ein professionelles, konsequent verfolgtes Marketingkonzept die Bedeutung eines Finanzstandortes. Ohne eine intensive Außendarstellung werden
seine positiven Eigenschaften nicht ausreichend wahrgenommen.
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Finanzplatz Frankfurt – Ein Standort bewegt sich
2
Finanzplatz Frankfurt versus London und Paris
2.1
Regionale Bedeutung des Finanzsektors
Frankfurt
London
Paris
☺
☺
☺
Regionale Bedeutung
☺ International gut aufgestellt
Mittelfeld
Defizite
Quelle: Helaba Volkswirtschaft
Vergleich der Regionen
angesichts Eingebundenheit in
Finanzplatz-Aktivitäten von
besonderer Bedeutung
Zum Vergleich der drei großen europäischen Finanzplätze werden in der vorliegenden Studie verschiedene räumliche Abgrenzungen verwendet: Zum einen wird auf Stadtebene Frankfurt, Paris
und Inner London verglichen. Zum anderen werden auf regionaler Ebene der Regierungsbezirk
Darmstadt (als Approximation für die Rhein-Main-Region)3, Île-de-France und Greater London
gegenübergestellt. Denn die Finanzaktivitäten konzentrieren sich nicht nur auf die Metropolen,
sondern stehen auch in Wechselwirkung mit dem Umland. Dies zeigen z.B. der spürbare Berufspendlerstrom aus den drei Regionen in ihre Finanzmetropole oder die sich vollziehenden Verlagerungsprozesse von Arbeitsplätzen aus der jeweiligen Stadt ins Umland. Der Anteil der täglichen
Pendler an den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten liegt mit über Zweidrittel am deutschen
Finanzzentrum allerdings weitaus höher als am britischen und französischen. So kommt der Regionalbetrachtung eine besondere Bedeutung zu.4
Ökonomische Kennzahlen der Finanzplätze bzw. -regionen
Frankfurt
Regierungsbezirk
Darm stadt
Paris
Île-deFrance
Inner
London
Greater
London
Bevölkerung
(Tsd. Einw ohner)
643
3.762
2.161
11.235
2.908
7.394
Bevölkerung
(nationaler
Anteil in %)
0,8
4,6
3,6
18,7
4,9
12,4
Fläche (km 2)
248
7.445
105
12.012
321
1.584
Bevölkerungsdichte
(Einw . je km ²)
2.591
505
20.505
935
9.073
4.669
BIP (nom inal, Mrd. €)
47
135
157
448
186
299
BIP je Einw ohner
(Tsd. Euro)
73
36
73
40
64
40
Erw erbstätige (Tsd.)
603
2.012
1.689
5.406
2.565
4.555
Arbeitslosenquote
(%)
9,1
7,7
10,7
9,3
8,9
6,8
Bevölkerung, Fläche, BIP: 2003; Erwerbstätige: 2001; Arbeitslosenquote: 2004
Quellen: Eurostat, Helaba Volkswirtschaft
Größenunterschiede und
Hauptstadtfunktion beachten
Bei der komparativen Analyse dieser Studie sind generell die Größenunterschiede zwischen den
drei Finanzplatzstädten und -regionen ins Kalkül zu nehmen bzw. alle betrachteten Kenngrößen
3
Aus Praktikabilitätsgründen wird ggf. die Finanzplatzregion nach den Standorten wichtiger „Player“ ausgerichtet und
kann somit insbesondere in Deutschland Bundesländergrenzen überschreiten.
4 Für den Fall, dass keine Daten speziell für die drei Finanzplätze oder -regionen vorliegen, werden in dieser Studie nationale Vergleichsdaten zur Approximation herangezogen; schließlich spielen sich die finanzbezogenen Aktivitäten meist
vornehmlich im jeweiligen Finanzzentrum ab.
11
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Finanzplatz Frankfurt – Ein Standort bewegt sich
auch vor dem Hintergrund der Größenrelation zu beurteilen. Darüber hinaus gilt es zu beachten,
dass Frankfurt primär deutsches Finanzzentrum und im Gegensatz zu London und Paris nicht
gleichzeitig nationale Hauptstadt ist.
Räumliche und personelle
Größenunterschiede zwischen
Finanzstädten bzw. -regionen
Im Städtevergleich erstreckt sich Inner London (320km²) auf einer größeren Fläche als Frankfurt
mit knapp 250 km² und insbesondere Paris (gut 100 km²). Auf Regionenebene stellt sich die km²Relation anders dar: Île-de-France liegt mit über 12.000 km² vor dem Regierungsbezirk Darmstadt
mit knapp 7.500 km². Beide sind um ein Vielfaches größer als Greater London (knapp 1.600 km²).
Jedoch leben und arbeiten am und rund um den Finanzplatz Frankfurt weit weniger Menschen als
am französischen und britischen Finanzzentrum. Die Einwohnerzahl im Rhein-Main-Gebiet beträgt knapp 3,8 Mio. gegenüber nahezu 7,4 Mio. im Londoner und über 11,2 Mio. im Pariser
Großraum. Folglich gibt es in der Frankfurter Finanzplatzregion nur gut 2 Mio. Erwerbstätige, jedoch nahezu 4,6 Mio. bzw. 5,4 Mio. in Greater London und der Region Île-de-France. Beim Vergleich der Erwerbstätigen der Finanzplatz-Städte ist auffallend, dass in Frankfurt auf Grund der
ausgeprägten Pendlerbewegungen die Anzahl der Erwerbstätigen mit rund 600.000 nur wenig
unter der Einwohnerzahl von gut 640.000 liegt. Weniger stark ausgeprägt ist dies in den Städten
London und Paris. Die Arbeitslosenquote ist in allen drei Städten höher als im Umland. Frankfurt
bzw. Rhein-Main nimmt eine mittlere Position ein.
Geringste Bevölkerungs- und Erwerbstätigenanzahl
in und um Finanzplatz Frankfurt ...
... bedingt niedrigeres absolutes Bruttoinlandsprodukt
Mio.
Mrd. €, 2003
12
12
10
10
8
8
je Einwohner
BIP pro Kopf
(rechte Skala)
BIP absolut
(linke Skala)
500
400
300
6
4
2
50.000
40.000
30.000
6
Bevölkerung
Beschäftigte
4
2
0
0
Regierungsbezirk
Darmstadt
Ile de France
Greater London
Stand: Bevölkerung 2003, Erwerbstätige 2001
200
20.000
100
10.000
0
0
Regierungsbezirk
Darmstadt
Île-de-France
Greater London
Quellen: Eurostat, Helaba Volkswirtschaft
Quellen: Eurostat, Helaba Volkswirtschaft
Pro-Kopf-BIP beim
Städtevergleich:
Frankfurt auf einem Niveau
mit Paris vor London
Mit über 135 Mrd. € lag das nominale Bruttoinlandsprodukt (BIP) 2003 im Regierungsbezirk
Darmstadt zwar deutlich unter dem in Greater London erzielten von gut 300 Mrd. € und dem aus
der Region Île-de-France mit knapp 450 Mrd. €; diese Reihenfolge gilt auch für die Städte. Bezogen auf die Bevölkerung schneidet der hiesige Finanzplatz dagegen relativ gut ab – das BIP pro
Kopf betrug in Rhein-Main mit rund 36.000 € kaum weniger als im Raum Paris und London mit
jeweils rund 40.000 €; im Städtevergleich liegt Frankfurt sogar gleichauf mit Paris und vor Inner
London.
Bedeutung des Frankfurter Finanzsektors relativ hoch – aber begrenzte Dynamik
Bedeutung des Finanzsektors
in Regionen: London knapp
vor Frankfurt
Bedeutung und Entwicklung des Finanzsektors differieren in den Regionen Frankfurt, Paris und
London, wie eine Analyse des Forschungsinstitutes BAK Basel Economics5 unter Verwendung
realer, mittels Kaufkraftparitäten bereinigter BIP-Angaben belegt: Das höchste Gewicht kam der
Finanzbranche 2004 mit einem BIP-Anteil von gut 17 % bzw. 16 % in London und Frankfurt zu.
In Paris liegt er mit unter 10 % deutlich niedriger. Im Zeitraum 2000-2004 zeigte sich der Londoner Finanzsektor am dynamischsten und wuchs um durchschnittlich 7 %, wohingegen er in der
5
Vgl. BAK Basel Economics im Auftrag der Wirtschaftsinitiative FrankfurtRheinMain (2006): „Wachstumsfaktoren für
FrankfurtRheinMain.“
12
Helaba Volkswirtschaft · Juni 2006 · © Helaba
Finanzplatz Frankfurt – Ein Standort bewegt sich
Region des deutschen und französischen Finanzzentrums nur um jeweils rund 2½ % zulegte. Damit fiel der durchschnittliche Wachstumsbeitrag des Finanzsektors zum BIP in diesem Zeitraum
mit gut 1 Prozentpunkt in London am höchsten aus, in Frankfurt lag er bei 0,4 und in Paris sogar
nur bei gut 0,2 Prozentpunkten. All dies illustriert, dass der Finanzsektor in London die größte
Rolle spielt, gefolgt von Frankfurt und an dritter Stelle Paris.
Wie geht es dem Finanzsektor?*
10
London
Wachstumsrate in % **
8
6
4
Paris
2
Frankufrt
0
0
4
8
12
Anteil am BIP 2004 in %
16
20
*Größe der Kreise signalisiert durchschnittlichen Wachstumsbeitrag des
Finanzsektors zum BIP im Zeitraum 2000-2004; ** 2000-2004 p.a.
Quellen: BAK Basel Economics, Helaba Volkswirtschaft
Innerdeutscher Wirtschaftsvergleich
München mit Fläche und
Bevölkerung vor Frankfurt
Im innerdeutschen Vergleich der Finanzplatzregionen zeigt sich ein räumlicher und bevölkerungsbezogener Größenvorsprung Oberbayerns gegenüber dem Regierungsbezirk Darmstadt:
Ökonomische Kennzahlen ausgewählter deutscher Städte bzw. Regionen
Frankfurt
Regierungsbezirk
München
Darm stadt
Düsseldorf
Regierungsbezirk
Düsseldorf
Bevölkerung
(Tsd. Einw ohner)
643
3.762
1.248
4.183
573
5.247
Bevölkerung
(Anteil an
national in %)
0,8
4,6
1,5
5,1
0,7
6,4
Fläche (km ²)
248
7.445
310
17.530
217
5.290
2.591
505
3.998
239
2.637
992
BIP (nom inal,
Mrd. €)
47
135
65
160
36
153
BIP je Einw ohner
(Tsd. €)
73
36
52
38
62
29
Erw erbstätige
(Tsd.)
603
2.012
940
2.320
466
2.566
Arbeitslosenquote (%)
9,1
7,7
5,7
4,9
9,7
9,7
Bevölkerungsdichte
(Einw . je km ²)
Bevölkerung, Fläche, BIP: 2003; Beschäftigte: 2001; Arbeitslosenquote: 2004
Quellen: Eurostat, Helaba Volkswirtschaft
13
Oberbayern
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Finanzplatz Frankfurt – Ein Standort bewegt sich
Auf einer Fläche von gut 17.500 km² leben am und um den Münchner Finanzplatz knapp 4,2 Mio.
Menschen und gut 2,3 Mio. gehen einer Erwerbstätigkeit nach – mehr als in der Frankfurter Finanzplatzregion. So liegt das nominale BIP in Oberbayern höher, in Relation zur Bevölkerung gibt
es aber kaum Unterschiede. Im Regierungsbezirk Düsseldorf finden sich auf vergleichsweise geringster Fläche die höchste Einwohner- und Erwerbstätigenzahl. Absolut ist das nominale BIP dort
recht hoch, relativ jedoch niedrig.
2.2
Akteure des Finanzplatzes
An einem nationalen Finanzzentrum konzentriert sich der Großteil der Akteure des Finanzgeschehens eines Landes. Nicht wegzudenken sind hier natürlich Finanzinstitute – insbesondere die Banken, die als klassische, weitreichend verankerte Akteure das Herzstück des Finanzwesens bilden.
Aber auch die Versicherungen und Investmentgesellschaften spielen eine wichtige Rolle. Ebenso
zentral wie Banken ist für einen Finanzplatz eine angesehene Börse. Zusammen prägen diese beiden seinen ureigensten Charakter. Ferner haben auch finanzbezogene Institutionen Auswirkungen
auf die Stellung eines Standorts in der Finanzwelt. Darüber hinaus sind die an einem Finanzplatz
ansässigen Unternehmen anderer Branchen mehr oder minder Teil des Finanzgeschehen und in
dieses involviert.
2.2.1
Banken
Frankfurt
Banken
☺ International gut aufgestellt
Mittelfeld
London
Paris
☺
☺
Defizite
Quelle: Helaba Volkswirtschaft
2.2.1.1
Banken allgemein
Nach einer Schwächephase haben die schwerpunktmäßig in Frankfurt beheimateten Banken
Deutschlands ihre Strukturprobleme überwunden. Die konjunkturelle Situation hellt sich auf, und
die Banken weisen nun wieder Ertragsverbesserungen aus. Gleichzeitig hebt sich die Stimmung in
der „Banking Community“, und der Bankenmetropole am Main wird verstärktes Interesse seitens
ausländischer Akteure entgegengebracht.
Bankenplatz Frankfurt im europäischen Vergleich
Absolut am wenigsten
Banken in Frankfurter
Finanzplatzregion, relativ
zur Bevölkerung
am meisten
Seit Anfang der 90er Jahre ist in den meisten europäischen Ländern ein vorwiegend inländischer
Konsolidierungsprozess zu beobachten. In der Eurozone war dies seit 1995 am deutlichsten in
Deutschland zu beobachten, aber auch in Frankreich und Großbritannien spürbar. So ist die Anzahl
der Banken in allen drei Ländern bzw. an den großen drei europäischen Finanzplätzen gesunken.
Ende 2004 waren in der Frankfurter Region über 190 Kreditinstitute ansässig, am Finanzplatz
London gut 280 und 510 im Großraum Paris.6 In Relation zur Bevölkerung weist die Finanzplatzregion am Main mit 52 Banken je Mio. Einwohner den höchsten Wert auf. Demgegenüber finden
6 Hierbei handelt es sich um von der Europäischen Zentralbank (EZB) erfasste Kreditinstitute gemäß der Definition eines
„Monetary Financial Institute“ (MFI); diese Abgrenzung ist enger gefasst als diejenige von der Deutschen Bundesbank für
Kreditinstitute. Die Erfassung von Kreditinstituten durch die Deutsche Bundesbank richtet sich nach § 1 Abs. 1 KWG, d.h.
Institute, die mindestens eines der in § 1 Abs. 1 Satz 2 KWG aufgeführten Bankgeschäfte betreiben. Die EZB verwendet
die Definition eines Kreditinstitutes als Monetary Financial Institution (MFI) nach der Banking Coordination Directive
2000/12/EC vom März 2000 ergänzt durch 2000/28/EC. Hiernach gilt ein Unternehmen als Kreditinstitut, wenn es vom
Publikum Einlagen(substitute) entgegennimmt und Kredite auf eigene Rechnung gewährt.
14
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Finanzplatz Frankfurt – Ein Standort bewegt sich
sich am und um das französische Finanzzentrum nur 45 Banken je Mio. Einwohner, bei der britischen Finanzmetropole ist die Pro-Kopf-Anzahl am niedrigsten (38 Banken je Mio. Einwohner).
Kreditinstitute in den drei Finanzplatzregionen Ende 2004
Spitzeninstitute an den drei Finanzplätzen 2005
Anzahl
Vorsteuergewinn Mrd. €
je Mio. Einwohner
Cost-Income-Ratio
%
600
Pro-Kopf
60
(rechte Skala)
500
50
Absolut
(linke Skala)
400
40
300
30
200
20
100
10
Vorsteuergewinn
(linke Skala)
20
100
Cost-Income-Ratio
(rechte Skala)
16
80
12
60
8
40
4
20
0
0
0
Frankfurt
London
Paris
Quellen: EZB, Helaba Volkswirtschaft
Deutsches Bankensystem mit
Nachholbedarf bei Rentabilität
0
Frankfurt:
Deutsche Bank
London:
HSBC
Paris:
Credit Agricole
Quellen: The Banker, Helaba Volkswirtschaft
Viele Frankfurter Banken wiesen 2004 eine niedrigere Rentabilität auf als ihre europäischen Konkurrenten. Gerade an die hohe Ertragskraft und Profitabilität der Londoner Institute reichen sie
nicht heran, aber auch die Banken in Paris schneiden besser ab. Dies belegt z.B. der Vergleich der
jeweils größten Bank an den drei Finanzplätzen in Bezug auf Vorsteuergewinn und „Cost-IncomeRatio“, die die operativen Kosten in Relation zum Ertrag angibt. Auch wenn der deutsche Bankensektor hinsichtlich betriebswirtschaftlicher Erfolgskennziffern Nachholbedarf besitzt, nimmt er
beim Produktivitätswachstum international eine Spitzenposition ein, wie eine Studie der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW)7 darlegt. In dieser Betrachtungsweise auf Basis von Daten aus der
Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung liegen die Produktivitätszuwächse des Kreditgewerbes in
Deutschland über denen in Großbritannien und Frankreich.
Banken Top 100 in Europa: Finanzplatz Frankfurt bei aggregierter Bilanzsumme vor London
Kernkapital
Bilanzsumme
in Mrd. €*
in Mrd. €*
160
4.000
Bilanzsumme
(rechte Skala)
120
80
3.000
Kernkapital
(linke skala)
2.000
40
1.000
0
0
Frankfurt
London
Paris
*Summe der am jew. Finanzplatz ansässigen Banken unter europäischen Top 100 nach Kernkapital 2004
Quellen: The Banker, Helaba Volkswirtschaft
Bankenplatz Frankfurt bei
aggregierter Bilanzsumme auf
einem Niveau mit London
Zudem ist das deutsche Finanzzentrum mit seinen Großbanken insgesamt besser im europäischen
Finanzplatzgeschehen positioniert als es der Vergleich einzelner Institute vermuten ließe: Unter
den – gemessen am Kernkapital – 100 größten Banken Europas befinden sich sieben in und um
Frankfurt (Deutsche Bank, Commerzbank, DZ Bank, Dresdner Bank, Eurohypo, Landesbank
7
15
Vgl. KfW (2005): „Das deutsche Kreditgewerbe im internationalen Vergleich“.
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Finanzplatz Frankfurt – Ein Standort bewegt sich
Hessen-Thüringen, DekaBank)8. Diese kamen 2004 zusammen auf ein Kernkapital9 von gut
56 Mrd. € und auf eine Bilanzsumme von mehr als 2,6 Bill. €. In dieser Hinsicht ist Frankfurt vor
London positioniert: Denn die vier Londoner Banken von herausragender Bedeutung in Europa
(HSBC, Barclays, Lloyds, Standard Chartered) wiesen 2004 eine aggregierte Bilanzsumme von
weniger als 2,2 Bill. € auf. Beim Kernkapital ist die Relation allerdings umgekehrt, hier liegen die
vier Spitzeninstitute am Finanzplatz London mit zusammengenommen fast 95,5 Mrd. € sichtlich
vor der Bankenmetropole am Main.
Größte aggregierte Volumina am
Bankenplatz Paris
Belastende Struktur- und
Konjunkturfaktoren in Frankfurt
Im Vergleich der drei Bankenplätze Frankfurt, London, Paris zeigt sich hingegen, dass in dieser
aggregierten Betrachtungsweise des europäischen Top 100 Banken-Rankings das britische Finanzzentrum nicht vorn liegt. Denn nicht alle der britischen Megabanken sind in London beheimatet,
sondern zwei davon haben ihren Hauptsitz in Edinburgh (Royal Bank of Scotland, HBOS), und die
Abbey National wird seit der Übernahme ihrem spanischen Mutterkonzern Santander zugerechnet.
So schneidet das französische Bankenzentrum bei den beiden Kriterien der aggregierten Bilanzsumme und Kernkapital am besten unter den drei europäischen Finanzmetropolen ab: Sechs Kreditinstitute aus Paris (Crédit Agricole, BNP Paribas, Groupe Caisse d`Epargne, Société Générale,
Crédit Mutuel, Groupe Banques Populaires) rangieren unter den nach Kernkapital 100 größten
europäischen (Kernkapital 2004 insgesamt über 141 Mrd. €) und vereinen eine Bilanzsumme von
3,6 Bill. € auf sich.
Kernkapital und Bilanzsumme reichen jedoch nicht aus, um ein abschließendes Urteil über die
Stellung der deutschen Banken im Vergleich zu ihren britischen und französischen Wettbewerbern
abgeben zu können. Vielmehr bedarf es der Berücksichtigung der maßgeblichen strukturellen und
konjunkturellen Einflussfaktoren. Die folgende Analyse zeigt, dass der Bankenplatz am Main in
den letzten Jahren einigen Belastungen standhalten musste – anders als London oder Paris. Mittlerweile hat der deutsche Bankensektor seine strukturellen Anpassungsprobleme jedoch überwunden, und die Ertragslage verbessert sich.
Strukturelle Gründe für die Positionierung Frankfurts im europäischen Bankenwesen
Die im Vergleich zu London und Paris niedrigere Anzahl an Banken am Finanzplatz Frankfurt
lässt bereits eine abweichende Struktur der Bankensysteme vermuten.
Anteil der Banken in der Finanzplatzregion an nationaler Gesamtzahl
%, Ende 2004
70
70
60
60
50
50
40
40
30
30
20
20
10
10
0
0
Frankfurt
London
Paris
Quellen: EZB, Deutsche Bundesbank, Helaba Volkswirtschaft
8
In der hier verwendeten, europäischen Bankenrangliste aus „The Banker“ wird Frankfurt als Standort der Dresdner Bank
angegeben. In der letzten verfügbaren Rangliste von September 2005 mit Angaben für 2004 ist die Fusion von Commerzbank und Eurohypo noch nicht enthalten.
9
Kernkapital nach Definition der BIZ.
16
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Finanzplatz Frankfurt – Ein Standort bewegt sich
Begrenzte Bankenkonzentration
am deutschen Finanzzentrum
Hohe Bankenkonzentration in
London und Paris
Vorteil flächendeckender Bankdienstleistungen in Deutschland
Geschäftsvolumina mitbedingt
durch Bankensystemstruktur
Deutsches Bankensystem stabil
und widerstandsfähig
Der Anteil von am jeweiligen nationalen Finanzzentrum ansässigen Banken10 an den Banken eines
Landes insgesamt belegt, dass Frankfurt im Vergleich zu den beiden anderen Finanzplätze strukturell differiert. Während die deutsche Bankenregion am Main weniger als 10 % aller Kreditinstitute
Deutschlands beherbergt, ist die Konzentration auf die nationale Finanzmetropole in den anderen
beiden Ländern wesentlich ausgeprägter. In London sind über Zweidrittel der britischen Banken
vertreten, im Großraum Paris mehr als die Hälfte der französischen Kreditinstitute. Der Strukturunterschied zwischen dem deutschen Bankensektor einerseits und dem britischen sowie französischen andererseits liegt im jeweiligen Staatsaufbau und im historisch gewachsenen Bankensystem
begründet.
Die beiden ausländischen Bankenplätze profitieren vom zentralstaatlichen Aufbau Großbritanniens
bzw. Frankreichs, wohingegen die Kreditinstitute in Deutschland nicht vornehmlich am deutschen
Finanzzentrum beheimatet sind. Neben Frankfurt gibt es noch weitere, jedoch kleinere Bankenstandorte, die versuchen, zumindest in Teilbereichen mit Frankfurt zu wetteifern. Auch wenn diese
keine wirklichen Konkurrenten darstellen, so mindern sie doch die Bedeutung des Finanzplatzes
Frankfurts und damit auch Deutschlands insgesamt. Denn so ist die kritische Masse am deutschen
Bankenzentrum geringer als sie eigentlich sein könnte, was letztendlich auch die internationale
Stellung beeinträchtigt. Insofern hinkt im Grunde der Vergleich der Bankenplätze London und
Paris mit Frankfurt; eine Gegenüberstellung mit den Kreditinstituten in Deutschland insgesamt
wäre allerdings zu weit gefasst.
Die Dezentralität im deutschen Bankensystem hat jedoch auch positive Aspekte: Die hohe Anzahl
von mehr als 2.100 Kreditinstituten – dank v.a. des Genossenschafts- und Sparkassensektors über
ganz Deutschland verteilt – hat den Vorteil eines flächendeckenden Bankdienstleistungsangebot
für die gesamte Bevölkerung. Demgegenüber geht die ausgeprägte Konzentration der rund 400
britischen Institute in London zulasten der bevölkerungsweiten Versorgung mit Bankdienstleistungen; gerade in ländlichen Regionen besteht Bedarf, und eine nicht vernachlässigbare Anzahl an
Briten besitzt überhaupt kein Konto. Mit insgesamt knapp 900 Banken liegt Frankreich zwischen
den anderen beiden Ländern.
Die Strukturunterschiede zwischen den Bankensektoren bedingen auch die Geschäftsvolumina der
nationalen Spitzeninstitute: Das britische Bankensystem ist oligopolistischen Charakters, fünf
Megabanken mit hohen Volumina dominieren weitgehend den Inlandsmarkt. Ganz anders ist das
deutsche Bankwesen gestaltet, welches in Anbetracht seiner polypolistischen Struktur kein Kreditinstitut unter den europäischen Top 10 bzw. nur eines unter den Top 20 aufweisen kann. In Frankreich gibt es mittlerweile sechs große, besonders ertragsstarke Kreditinstitute, die eine große Rolle
in Europa spielen; der sich seit Mitte der 1980er Jahre vollziehende Wandel der Branche hat zur
Herausbildung dieser Spitzeninstitute geführt.
Insgesamt hat sich das deutsche Bankensystem trotz der Belastungen der letzten Jahre bewährt. So
ist es nach dem Urteil verschiedenster (inter)nationaler Institutionen11 durch Stabilität und Widerstandsfähigkeit bzw. Schockresistenz gekennzeichnet. Wesentlich für die Leistungsfähigkeit und
Robustheit des deutschen Bankensystems ist seine Dreisäulenstruktur, da sie einen intensiven
Wettbewerb impliziert. Die unterschiedliche strategische Ausrichtung von Privatbanken, Sparkassensektor und Genossenschaftsbanken sorgt für die Beständigkeit des System.
Frankfurt am Main führendes deutsches Finanzzentrum
Deutsches Bankenzentrum
am Main
Frankfurt ist das Finanzzentrum Deutschlands. Dass die Metropole am Main im Bankwesen eine
herausragende Stellung innehat, ist schon beim Blick auf die beeindruckende Skyline ersichtlich.
10
MFIs gemäß EZB-Definition vgl. Fußnote 6.
Internationaler Währungsfonds, Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, Deutsche Bundesbank, Sachverständigenrat, Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung.
11
17
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Finanzplatz Frankfurt – Ein Standort bewegt sich
Keine andere deutsche Stadt bietet ein vergleichbares Bild, keine andere weist eine annähernd
hohe Bankendichte auf.
Bankenanzahl relativ stabil in Frankfurt
Anzahl der Banken in Frankfurt zum Jahresende
400
400
Banken gesamt
300
300
Auslandsbanken
200
200
100
100
*
0
1999
2000
2001
2002
*
2003*
0
2004*
2005
* Statistikänderungen beeinträchtigen die Aussagekraft
Quellen: Deutsche Bundesbank, Helaba Volkswirtschaft
Stabilisierung der Anzahl an
Kreditinstituten im deutschen
Bankenzentrum
Gemäß Bundesbank-Statistik12 waren Ende 2005 in Frankfurt 323 Kreditinstitute ansässig, davon
211 mit (deutschem) Hauptsitz bzw. insgesamt 187 ausländische Banken. Damit endete der rückläufige Trend, und es waren genauso viele Kreditinstitute am Main vertreten wie Ende des Vorjahres. Weiterhin behauptet Frankfurt seine Position als nationales Bankenzentrum. In München, das
sich zeitweise mit Frankfurt zu messen versuchte, sind lediglich rund 150 Kreditinstitute vertreten.
Weniger als 50 Banken wählten die Stadt an der Isar als Ort ihres (deutschen) Hauptsitzes, gerade
ausländische Institute ließen sich hier kaum nieder. Die Anziehungskraft Münchens als Bankenstandort ist nunmehr mit der Düsseldorfs vergleichbar.
Hauptsitze von Banken an deutschen Finanzstandorten
Banken Top 100 in Deutschland: Frankfurt an Spitze
Anzahl, Ende 2005
Kernkapital
Bilanzsumme
in Mrd. €*
200
200
160
160
in Bill. €*
70
3,5
60
3,0
50
120
120
80
80
40
40
0
0
2,5
Kernkapital
(linke Skala)
40
2,0
30
1,5
Bilanzsumme
(rechte Skala)
20
10
Frankfurt
München
Düsseldorf
Quellen: Landeszentralbanken, Helaba Volkswirtschaft
0
1,0
0,5
Frankfurt
München
Düsseldorf
0,0
*Summe der am jew. Finanzplatz ansässigen Banken unter deutschen Top
100 nach Kernkapital 2004, bei München unterhalb des Strichs ohne HypoVereinsbank
Quellen: The Banker, Helaba Volkswirtschaft
Unangefochtene
Vorrangsstellung Frankfurts, ...
Dass Frankfurt das Herzstück des deutschen Bankwesens darstellt, veranschaulicht auch die Ballung aller Bankengruppen am Main. Nicht nur die drei Säulen des deutschen Kreditgewerbes Privatbanken-, Genossenschafts- und Sparkassensektor sind hier stark vertreten, mit der Kreditanstalt
für Wiederaufbau (KFW), der Landwirtschaftlichen Rentenbank und der Investitionsbank Hessen
(IBH) sind wichtige staatliche Förderinstitute sowie zahlreiche Auslandsbanken (vgl. 2.2.1.2) in
Frankfurt angesiedelt. Ebenso zeigt die Auflistung der 10 größten Kreditinstitute Deutschlands
12
18
Zu den unterschiedlichen Definitionen eines Kreditinstituts von Bundesbank und EZB vgl. Fußnote 6.
Helaba Volkswirtschaft · Juni 2006 · © Helaba
Finanzplatz Frankfurt – Ein Standort bewegt sich
(gemessen am Kernkapital)13 die Vorrangstellung der Main-Metropole im deutschen Bankenmarkt: Mit Deutscher Bank, Commerzbank, DZ Bank, Dresdner Bank und Eurohypo sind fünf der
Spitzeninstitute in Frankfurt beheimatet14. Insgesamt wiesen diese 2004 ein Kernkapital von mehr
als 50 Mrd. € auf bzw. eine aggregierte Bilanzsumme von knapp 2,4 Bill. €. Von den 20 größten
deutschen Banken finden sich insgesamt sieben in der Finanzplatzregion am Main. Zu den oben
genannten kommen die Landesbank Hessen-Thüringen und die DekaBank hinzu.
... München zurückgefallen und
Niveau Düsseldorfs angenähert
Demgegenüber gibt es mittlerweile nur noch eine Münchner Bank in den Top 10 (Bayerische Landesbank: Kernkapital gut 9 Mrd. €, Bilanzsumme knapp 325 Mrd. €). Die Übernahme der HypoVereinsbank (2004 Kernkapital 15,7 Mrd. €, Bilanzsumme gut 467 Mrd. €) durch die italienische
Unicredito hat den Finanzplatz München merklich an Bedeutung einbüßen lassen. Dies verdeutlicht auch das Top 100 Ranking deutscher Banken nach Kernkapital: Auf dem Spitzenplatz rangiert unangefochten Frankfurt mit 14 Banken, deren aggregiertes Geschäftsvolumen mit Abstand
am höchsten ist. Dagegen fällt das aufsummierte Kernkapital bzw. die addierte Bilanzsumme der
fünf Münchner Banken deutlich ab und bewegt sich nun eher auf dem Niveau der sieben Düsseldorfer Kreditinstitute.
Großteil der deutschen Bankbeschäftigten ...
... am deutschen Finanzzentrum am Main
Tausend, 2004
Anteil an Beschäftigten in deutschen Banken in %, 2004
80
80
60
60
40
40
20
20
0
0
Frankfurt
München
Quellen: Deutsche Bundesbank, LZB Bayern, Referat für Arbeit und Wirtschaft, Helaba Volkswirtschaft
Stabile Quote Frankfurts an
deutscher Bankbeschäftigung
12
12
10
10
8
8
6
6
4
4
2
2
0
0
Frankfurt
München
Quellen: Deutsche Bundesbank, LZB Bayern, Referat für Arbeit und Wirtschaft, Helaba Volkswirtschaft
Die Beschäftigungsentwicklung im deutschen Kreditgewerbe zeigt, dass sich die relative Bedeutung Frankfurts in den letzten Jahren gestärkt hat: In München kam es schneller und deutlicher zu
Entlassungen als in Frankfurt. Während die Anzahl Bankbeschäftigter am Main von Mitte 2002
bis Mitte 2004 um knapp 9 % auf 73.000 zurückging, wurden die Stellen im Kreditgewerbe an der
Isar im gleichen Zeitraum um 12 % auf weniger als 28.000 reduziert; 2005 setzte sich der Arbeitsplatzabbau in beiden Städten fort. Somit hat sich der Anteil Frankfurts an der Gesamtzahl aller
Arbeitsplätze in der deutschen Bankbranche relativ stabil bei gut 10 % gehalten, wohingegen der
Anteil Münchens etwas gesunken ist und nun weniger als 4 % beträgt.
Konjunkturelle Rahmenbedingungen für die Entwicklung der europäischen Bankenplätze
Belastungsfaktor deutsche
Wirtschaftsschwäche
So wie das Prosperieren einer Volkswirtschaft den Boden für die Stärke ihres Finanzzentrums
bereitet, so schlägt sich auch eine gesamtwirtschaftliche Schwächephase spürbar im Finanzsektor
nieder. Durch das schwache Wirtschaftswachstum Deutschlands nach dem Boomjahr 2000 verschlechterten sich die makroökonomischen Rahmenbedingungen für das Kreditgewerbe: Der
Aktienmarkteinbruch hinterließ deutliche Spuren in den Bilanzen der Banken, konjunkturbedingt
reduzierte sich die Kreditnachfrage, mit sinkendem Zinsniveau reduzierten sich die Margen. Es
kam zu rückläufigen Erlösen und Kreditausfällen infolge von Unternehmensinsolvenzen.
13
14
19
Vgl. Fußnote 9.
Vgl. Fußnote 8.
Helaba Volkswirtschaft · Juni 2006 · © Helaba
Finanzplatz Frankfurt – Ein Standort bewegt sich
BIP-Dynamik in Deutschland am geringsten
% gg. Vj. (real, arbeitstäglich bereinigt)
5
5
Großbritannien
4
4
Frankreich
3
3
2
2
Deutschland
1
1
0
0
-1
1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006* 2007*
-1
-2
-2
* eigene Prognose
Quellen: EcoWin, Helaba Volkswirtschaft
Mehr Konjunkturdynamik in
Großbritannien und Frankreich
Aktienmarktbaisse in Deutschland
am ausgeprägtesten
Die Kreditinstitute Frankreichs und insbesondere Großbritanniens hatten angesichts einer dynamischeren Konjunkturentwicklung die vorteilhafteren Ausgangsbedingungen: Das britische Bruttoinlandsprodukt (BIP) stieg im Durchschnitt der letzten fünf Jahre um 2,3 % jährlich. Trotz einer
deutlichen Verlangsamung betrug das Wachstum 2005 immerhin noch knapp 2 %. Frankreich
zeigte sich mit einer durchschnittlichen BIP-Veränderung von gut 1,5 % vergleichsweise robust,
auch 2005 nahm die gesamtwirtschaftliche Aktivität um 1,5 % zu. Demgegenüber entwickelte sich
die deutsche Wirtschaft nach dem Boomjahr 2000 kraftlos und erzielte seitdem nur ein Wachstum
von durchschnittlich 0,7 %; im vergangenen Jahr waren es gut 1 %. So hatten die beiden anderen
Länder einen anhaltenden Wachstumsvorsprung vor Deutschland mit positiven Folgen für die
dortigen Banken, die in diesem Umfeld besser agieren konnten und mehr Entfaltungsmöglichkeiten hatten.
Daneben wurden Deutschland und seine Banken härter vom Aktienmarktcrash 2000 ff. getroffen;
der Rückgang des DAX von März 2000 bis März 2003 betrug gut 70 %. Demgegenüber belief sich
der Absturz des britischen FSTE auf rund 50 % und des französischen CAC auf über 60 %. Insofern hatten die deutschen Banken mehr unter der Aktienbaisse zu leiden, indem ihre Kapitalmarktgeschäfte und Bilanzen stärker angegriffen wurden.
Rückgang des Dax war am deutlichsten, ...
... ebenso beim deutschen Branchenindex Banken
Index 01.01.2000 = 100
Index 01.01.2000 = 100
120
CAC
100
120
250
100
200
250
Großbritannien
80
FTSE
60
40
DAX
20
Jan. 01
Jan. 02
Jan. 03
Jan. 04
Jan. 05
200
80
150
150
60
100
100
40
50
20
Jan. 00
Frankreich
Jan. 06
Quellen: EcoWin, Helaba Volkswirtschaft
50
Deutschland
0
0
Jan. 00
Jan. 01
Jan. 02
Jan. 03
Jan. 04
Jan. 05
Jan. 06
Quellen: EcoWin, Helaba Volkswirtschaft
Positive Perspektiven für Bankenplatz Frankfurt
Positive Impulse
von Konjunktur ...
20
Wenn auch die strukturellen Belastungen für den deutschen Bankensektor bestehen bleiben, die
konjunkturellen Rahmenbedingungen werden tendenziell besser. Die deutsche Volkswirtschaft
Helaba Volkswirtschaft · Juni 2006 · © Helaba
Finanzplatz Frankfurt – Ein Standort bewegt sich
belebt sich und lässt in diesem Jahr ein saison- und arbeitstäglich bereinigtes BIP-Wachstum von
knapp 2 % erwarten – ähnlich wie in Frankreich mit gut 2 % und kaum weniger als in Großbritannien mit rund 2½ %. Allerdings dürfte die gesamtwirtschaftliche Dynamik in diesen beiden Ländern 2007 anhalten, während in Deutschland – verursacht durch die Mehrwertsteueranhebung –
bereits wieder mit einer Verlangsamung auf knapp 1½ % zu rechnen ist.
... und Aktienmarkt
Deutsche Banken auf
Erholungskurs
Unterstützung kommt in 2006 vom Aktienmarkt, der sich seit Erreichen der Talsohle im März
2003 gerade in Deutschland dynamisch zeigt. Der Dax lag Mitte Mai rund 180 % über diesem
Tief, womit er stärker zulegte als der entsprechende französische Index CAC mit etwa 140 % und
der britische FTSE mit knapp 90 %. Genau wie der einst überdurchschnittliche Rückgang des
deutschen Aktienmarktes die Banken hierzulande spürbar belastet hatte, gestaltet sich die Aktienmarktentwicklung seit 2003 für sie nun besonders positiv. Das Investoreninteresse an deutschen
Banktiteln ist wieder geweckt; der diesbezügliche Branchenindex verzeichnete seit März 2003 in
der Spitze einen Anstieg um nahezu 260 % gegenüber 180 % bzw. 70 % seines französischen und
britischen Pendants.
Zusammen mit der deutschen Wirtschaft gesunden auch die hiesigen Kreditinstitute: Die deutschen Banken verbessern sukzessive ihre Ertragslage. 2004 erzielten sie insgesamt einen Jahresüberschuss nach Steuern von knapp 5 Mrd. € und überwanden somit den Tiefpunkt des Vorjahres,
in dem es erstmalig in ihrer Geschichte zu einem Fehlbetrag gekommen war. 2005 hat sich die Ertragslage weiter gefestigt. Viele Kreditinstitute haben im Rahmen einer massiven Restrukturierung
Kosten gesenkt, ihre Strategie überarbeitet und sich auf Kernkompetenzen ausgerichtet sowie ihr
Geschäftsportfolio stärker internationalisiert und ihre Risikosteuerung der veränderten Marktsituation angepasst – mit Erfolg. In Reaktion auf den Aktienmarkt zieht das Kapitalmarktgeschäft der
Banken wieder an; mit rückläufiger Zahl von Unternehmensinsolvenzen sinkt der Risikovorsorgebedarf der Kreditinstitute. Zudem belebt sich das Kreditgeschäft in Deutschland vor dem Hintergrund einer erhöhten Investitionsneigung seitens der Unternehmen. Ferner laufen die Belastungen
durch die Anpassungen an veränderte rechtliche Rahmenbedingungen aus (Mindestanforderungen
für das Kreditgeschäft, Modifikation der Haftungsbedingungen des öffentlich-rechtlichen Bankensektors, differenziertere Eigenkapitalvorschriften durch Basel II). All dies lässt eine Fortsetzung
der moderaten Ertragserholung im deutschen Bankwesen erwarten.
Geschäftsklima im Frankfurter Kreditgewerbe
Index
150
150
Geschäftsklima
(linke Skala)
140
Investitionsindikator
(rechte Skala)
125
130
100
120
75
110
50
Beschäftigungsindikator
(rechte Skala)
100
25
90
0
2002
2003
2004
2005
2006
Quellen: IHK Frankfurt, Helaba Volkswirtschaft
Stimmungsaufhellung in
Frankfurter Banken
21
Die Stimmungsindikatoren des Frankfurter Kreditgewerbes deuten an, dass sich die beginnenden
Verbesserungen fortsetzen werden. Der IHK-Geschäftsklimaindex der Bankenbranche am Main ist
Anfang des Jahres sichtlich auf knapp 145 Indexpunkte gestiegen und hat sich anschließend dort
stabilisiert, wie die Mai-Umfrage belegt. Während sich die Lageeinschätzung weiter verbesserte,
konsolidierte die Erwartung der Frankfurter Kreditinstitute über ihr künftiges Geschäft jüngst
etwas. Des weiteren deutet die Umfrage auf eine relative hohe Investitionsneigung hin sowie auf
Helaba Volkswirtschaft · Juni 2006 · © Helaba
Finanzplatz Frankfurt – Ein Standort bewegt sich
etwas bessere Beschäftigungsperspektiven, auch wenn der diesbezügliche Indikator nach seiner
deutlichen Zunahme zu Jahresbeginn zuletzt wieder ein wenig nachgab.
Frankfurt verstärkt im Blickfeld
Mit der sich verbessernden Lage und Stimmung der deutschen Bankenbranche verstärkt sich auch
das Interesse an der Bankenmetropole am Main. Die in den 90er Jahren zu beobachtende Präferenz
für den Finanzplatz London zulasten Frankfurts und die damit verbundene zwischenzeitliche Abwanderungstendenz von Analysten vom Main an die Themse herrscht nun nicht mehr vor. Ausländische Banken sehen den deutschen Markt wieder positiv.
2.2.1.2
Frankfurt gilt als Drehscheibe
des Finanzgeschehens
Kontinentaleuropas
Gleicher
Internationalisierungsgrad
am Frankfurter und Londoner
Finanzplatz
Auslandsbanken
Bei der Wahl ihres europäischen Standorts denken Auslandsbanken meist zuerst an London, aber
auch Frankfurt und Paris spielen für sie eine wichtige Rolle. In Abhängigkeit von ihrer Größe
streben viele ausländische Institute eine Präsenz an allen drei dieser wichtigen Finanzzentren
Europas an, um so ihre internationale Position durch Niederlassungen vor Ort zu stärken. Denn die
Nähe zu anderen Finanzmarktakteuren und Kunden ist unverzichtbar für den Erfolg des eigenen
Geschäfts. Frankfurt gilt den Auslandsbanken dabei als Drehscheibe der kontinentaleuropäischen
Finanzaktivitäten.
In Frankfurt angesiedelte Kreditinstitute15 kommen zu rund 30 % aus dem Ausland. Damit liegt
der Anteil genauso hoch wie am Finanzplatz London und mehr als doppelt so hoch wie in Paris.
Gemessen an den Absolutzahlen stellt sich das Bild etwas anders dar: Am deutschen Finanzzentrum sind 53 Auslandsbanken aus 19 verschiedenen Ländern vertreten, fast so viele ausländische
Kreditinstitute (52) gibt es am Pariser Finanzplatz. In London sind es 78 aus nur 15 unterschiedlichen Herkunftsländern.
Hoher Anteil der Auslandsbanken am Finanzplatz Frankfurt
Viele Länder vertreten
%, Ende 2004
Auslandsbanken in Frankfurt, Ende 2004
30
US
30
IT
CN
NL
AT
20
20
10
10
IE
GR
0
FR
0
Frankfurt
London
Paris
Quellen: EZB, Helaba Volkswirtschaft
Auslandsbanken wieder verstärkt
an deutschem Bankenzentrum
interessiert
Quellen: EZB, Helaba Volkswirtschaft
Nach der Bundesbank-Definition eines Kreditinstituts16 waren Ende 2005 knapp 190 Auslandsbanken in Frankfurt angesiedelt. Davon unterhielten gut 140 ihren Hauptsitz am Main, die anderen
eine Repräsentanz. Ausländische Kreditinstitute haben ihren in den letzten Jahren zu beobachtenden Rückzug beendet, so dass ihre Anzahl 2005 im Vergleich zum Vorjahr nahezu konstant blieb.
Sie zeigen wieder vermehrt Interesse am deutschen Bankenmarkt sowie seinem Zentrum am Main.
Sie bauen ihre Aktivitäten hier aus und erschließen neue Geschäftsfelder; ferner konnten viele ihr
Geschäftsvolumen im hiesigen Bankenmarkt 2005 deutlich steigern. So ist der Bankenplatz Frankfurt wieder verstärkt in den Fokus internationaler Institute v.a. des Investmentbankings gerückt,
damit diese von hier aus ihr Deutschlandgeschäft intensiver betreiben können (vgl. 2.2.1.3).
15
16
22
GB
TR
FI
PK
AU
BR
ES
IR
LU
SEIN
MFIs gemäß EZB-Definition vgl. Fußnote 6.
Vgl. Fußnote 6.
Helaba Volkswirtschaft · Juni 2006 · © Helaba
Finanzplatz Frankfurt – Ein Standort bewegt sich
Auslandsbanken wieder mehr interessiert und...
... stark konzentriert am Finanzplatz Frankfurt vertreten
Anzahl Auslandsbanken in Frankfurt
Anzahl, Ende 2005
250
250
Hauptsitze
Repräsentanzen
200
200
150
150
100
100
50
50
0
0
1999
2000
2001
2002
2003*
2004*
200
200
150
150
100
100
50
50
0
0
Frankfurt
2005
* Anzahl Hauptsitze ausländischer Banken von Definitionsänderung betroffen
München
Düsseldorf
Quellen: Landeszentralbanken, Helaba Volkswirtschaft
Quellen: Deutsche Bundesbank, Helaba Volkswirtschaft
Innerhalb Deutschlands ist der Fokus ausländischer Kreditinstitute klar auf Frankfurt gerichtet, so
dass sie in anderen deutschen Städten kaum vertreten sind. Am Main findet sich auch ihre Lobby –
der Verband der Auslandsbanken in Deutschland, der in den letzten Jahren einen Anstieg seiner
Mitgliederzahl auf mittlerweile fast 140 verzeichnen konnte. München und Düsseldorf wählten
jeweils noch nicht einmal 20 Auslandsbanken zum Ort ihres Hauptsitzes oder ihrer Repräsentanz
in Deutschland – eine verschwindend geringe Anzahl im Vergleich zu den fast 190 in Frankfurt
beheimateten ausländischen Instituten. Dies verdeutlicht die zentrale Rolle, die der Finanzplatz
Frankfurt aus der Perspektive der ausländischen Finanzindustrie spielt. Wer im deutschen Bankenmarkt erfolgreich agieren will, verzichtet nicht auf seine Präsenz am Standort Frankfurt.
Herausragende Bedeutung
Frankfurts für Auslandsbanken in
Deutschland, gute Standortvoraussetzungen am Main
2.2.1.3
Investmentbanking
Ein wichtiger Zweig des Bankgeschäfts erlebt seine Renaissance: Nachdem das Investmentbanking mit Platzen der Aktienmarktblase weltweit an Bedeutung verloren hatte, ist es nun wieder
eindeutig „in“. Die Gebühreneinnahmen sprudeln wieder, in Europa stiegen sie im Jahr 2005 zum
dritten Mal in Folge deutlich auf über 14 Mrd. €. Im wichtigsten Feld des Investmentbankings –
der Beratung bei Fusionen und Übernahmen (M&A) – ist spürbar Dynamik aufgekommen.
Investmentbanking mit
neuem Schwung
Gebühren-Einnahmen im Investmentbanking aus Europa
% gg. Vj.
Mrd. $
80
20
Länderanteile bei den Gebühreneinnahmen 2004
Deutschland
15%
Absolut
(rechte Skala)
40
Veränderung
(linke Skala)
15
Rest Europa
44%
0
-40
Frankreich
13%
10
93
94
95
96
97
98
99
00
01
02
03
04
05
Großbritannien
28%
5
Quellen: IFSL, Freeman & Co, Helaba Volkswirtschaft
Quellen: Thomson Financial, Freeman & Co., Helaba Volkswirtschaft
Entscheidende Triebkräfte sind Private-Equity-Gesellschaften (vgl. 2.3.2.2), auf Finanzinvestoren
entfallen rund ein Viertel des europäischen M&A-Geschäfts. Neben Beratungsaufgaben betreiben
23
Helaba Volkswirtschaft · Juni 2006 · © Helaba
Finanzplatz Frankfurt – Ein Standort bewegt sich
Investmentbanken zunehmend Handelsgeschäfte mit komplexen Finanzinstrumenten, die bei Finanztransaktionen z.B. in Verbindung mit Übernahmen zum Einsatz kommen.
Top-Investmentbanken an allen
drei großen Finanzplätzen
Europas, in London meist
europäisches Hauptquartier
Frankfurt als Zentrum für
Investmentgeschäfte im
attraktiven deutschen Markt
Auf dem europäischen Markt dominieren amerikanische Investmentbanken. Mit der Deutschen
Bank rangiert allerdings auch ein deutsches Institut in der Spitzenliga der international bedeutendendsten Häuser der Branche. Viele dieser „Global Player“ haben in London ihr europäisches
Hauptquartier oder eine große Niederlassung, so dass etwa ein Viertel der in Europa erzielten Einnahmen aus dem britischen Finanzzentrum stammen. Daneben sind die Investmentbanken daran
interessiert, auch an den anderen beiden großen Finanzplätzen Europas vertreten zu sein, um durch
ihre Präsenz vor Ort ihre Position im jeweiligen nationalen Geschäft zu stärken. So sind die meisten der globalen Top 10 sowohl in London als auch in Frankfurt und Paris präsent. 2004 entfielen
auf Deutschland 15 % der in Europa erzielten Gebühreneinnahmen und auf Frankreich 13 %.
Dem Investmentbanking insbesondere im Bereich M&A kommt in Deutschland gegenwärtig besonderes Interesse zu und der Finanzplatz Frankfurt gilt als entscheidender Dreh- und Angelpunkt
der Branche. Die hiesigen Unternehmen stehen Fusions- und Übernahmeoptionen wieder offener
gegenüber. Durch ihre Restrukturierungsmaßnahmen haben sie sich Handlungsspielräume geschaffen. So vollzog der deutsche M&A-Markt 2005 eine beeindruckende Kehrtwende: Während
das Geschäftsvolumen beim deutschlandbezogenen M&A-Geschäft 2004 noch rückläufig war,
kam es 2005 zu einem deutlichen Anstieg um 80 % auf nahezu 360 Mrd. €. Die Dynamik setzte
allerdings schon 2004 ein, was sich an der Anzahl der Transaktionen ablesen lässt. Diese stiegen
2004 um 30 % und um weitere 9 % in 2005. Das durchschnittliche Transaktionsvolumen lag bei
über 0,8 Mrd. €, ist aber noch weit entfernt vom einstigem Spitzenwert aus dem Jahr 2001 (durchschnittlich 1,82 Mrd. € je Deal). Die Entwicklung im deutschen M&A-Geschäft in den ersten
Monaten 2006 lässt die Investmentbanker erneut auf ein sehr erfolgreiches Gesamtjahr hoffen.
Deutschland-bezogenes M&A-Geschäft 2005
Anteil in %
Restl. Banken
Deutsche Bank
Metzler CF
Sal. Oppheim
UBS
Dresdner KW
15%
14%
1%
1%
4%
Goldman Sachs
14%
5%
7%
11%
Lehman Brothers
8%
Morgan Stanley
10%
10%
Citygroup
Merill Lynch
JP Morgan Chase
Quellen: Börsen-Zeitung, Helaba Volkswirtschaft
Deutsche Banken bei hiesigen
Mittelstand-Übernahmen aktiv
24
In der Phase der strukturellen Anpassungsprobleme der deutschen Banken (vgl. 2.2.1.1) konnten
die US-Investmenthäuser eine dominierende Marktposition erlangen. Für deutschen Institute ergeben sich dennoch Chancen, insbesondere im Mittelstandsgeschäft, wo persönliche Kontakte und
aufgebaute Vertrauensverhältnisse eine wichtige Rolle spielen. So zeigen sich neben deutschen
Großbanken insbesondere auch kleinere Institute – wie Frankfurter Privatbankiers – aktiv im hiesigen (mittelständischen) Übernahmegeschäft.
Helaba Volkswirtschaft · Juni 2006 · © Helaba
Finanzplatz Frankfurt – Ein Standort bewegt sich
2.2.2
Versicherungen
Frankfurt
London
Paris
☺
☺
Versicherungen
☺ International gut aufgestellt
Mittelfeld
Defizite
Quelle: Helaba Volkswirtschaft
Neben der unverzichtbaren Präsenz von Banken ist es für einen Finanzplatz wichtig, dass ein
Großteil der Versicherungen ansässig ist, zumal sich die klassische Aufgabenteilung zwischen
diesen beiden Institutsgruppen im Wandel befindet.
Großbritannien führend
im europäischen
Versicherungsmarkt
Gemessen an den 2004 im Versicherungsgeschäft erzielten Prämieneinnahmen rangiert Großbritannien mit knapp 217 Mrd. € vor Deutschland und Frankreich (140 Mrd. € bzw. 143 Mrd. €).
Auch bei der Relation der Versicherungsprämien zum Bruttoinlandsprodukt (Versicherungsdurchdringung) wird die Führungsrolle Großbritanniens im europäischen Versicherungsmarkt deutlich,
denn den dortigen 12,6 % stehen 9,5 % in Frankreich und 7 % in Deutschland gegenüber. Bezüglich der Versicherungsdichte, also des Prämienvolumens je Einwohner, liegt Großbritannien mit
gut 3.300 € vor Frankreich mit knapp 2.400 € und Deutschland mit nahezu 1.700 €.
Versicherungsmärkte in Deutschland, Frankreich und Großbritannien 2004
Deutschland
Frankreich
Großbritannien
140,1
142,9
216,5
7,0
9,5
12,6
1.679
2.355
3.310
Gesam te Präm ieneinnahm en
in Mrd. €
Versicherungsdurchdringung*
Versicherungsdichte in €**
* Prämieneinnahmen zum Bruttoinlandsprodukt, ** Prämienvolumen je Einwohner
Quellen: GDV, Hessen Agentur
Wie bei den Banken (vgl. 2.2.1.1) kommt auch in der Versicherungswirtschaft die dezentrale
Struktur Deutschlands im Gegensatz zu der zentralstaatlichen Großbritanniens und Frankreichs
zum Tragen. Während sich das britische und französische Finanzzentrum auch als zentrale Versicherungsplätze herausgebildet haben, verteilt sich die Branche hierzulande auf mehrere Regionen.
Beschäftigte in europäischen Versicherungsstädten
Deutsche Versicherungsstandorte im Wettbewerb
Anzahl, 2003
Anzahl Versicherungen, 2003
40.000
40.000
Beschäftigte
35.000
90
80
30.000
30.000
30.000
70
25.000
60
20.000
20.000
50
20.000
40
15.000
30
10.000
10.000
10.000
20
5.000
10
0
0
Frankfurt
London
Paris
Quellen: GDV, Observatoire de l’Evolution des Metiers de l’Assurance, ISFL,
Hessen Agentur
25
Helaba Volkswirtschaft · Juni 2006 · © Helaba
0
0
Frankfurt
München
Quellen: GDV, Hessen Agentur
Köln
Hamburg
Finanzplatz Frankfurt – Ein Standort bewegt sich
Entwicklung des Versicherungsplatzes Frankfurt gehemmt durch
innerdeutschen Konkurrenzkampf
Besondere Rolle Münchens in
Versicherungswirtschaft
Frankfurt punktet mit EUVersicherungsaufsicht
So befinden sich von den insgesamt 740 bei der Bundesaufsicht für Finanzdienstleistungen (BaFin) geführten Versicherungen lediglich gut 40 in Frankfurt bzw. mehr als doppelt so viele in der
Finanzplatz-Region am Main insgesamt. Demgegenüber ist die Mehrzahl der rund 770 britischen
Versicherer am Finanzplatz London ansässig, ebenso verhält es sich mit den etwa 480 französischen Versicherungsgesellschaften, die schwerpunktmäßig in Paris vertreten sind. So stammt von
den zehn größten Versicherungskonzernen Europas (gemessen am Prämienaufkommen und an der
Marktkapitalisierung) jeweils einer aus der französischen Hauptstadt (Axa) und einer aus der britischen (Aviva), wohingegen am deutschen Finanzzentrum keine vergleichbar bedeutende Versicherung ihren Hauptsitz hat. Ein ähnliches Bild liefert die Beschäftigtenanzahl, die in Frankfurt 2003
bei unter 10.000 bzw. bei mehr als 20.000 in der Region lag gegenüber etwa 24.000 in Paris und
rund 40.000 in London.
Unter den innerhalb Deutschlands miteinander konkurrierenden Versicherungsstandorten liegen –
gemessen an der Anzahl der Institute – München, Hamburg und Köln nebst Düsseldorf eindeutig
vor Frankfurt. Von den bei der BaFin eingetragenen Versicherungsunternehmen sind jeweils rund
80 in München und Hamburg mit ihrem Hauptsitz ansässig, 70 in Köln sowie 40 in Düsseldorf.
Frankfurt als Herzstück des Rhein-Main-Gebietes wählte nur eine begrenzte Anzahl an Versicherungen als Standort. Die Arbeitnehmerzahl in der deutschen Versicherungsbranche differenziert
nach Standorten zeigt eine ähnliche Reihenfolge der einzelnen Versicherungsstädte nach ihrer Bedeutung – knapp 30.000 sind jeweils in München und Köln beschäftigt, etwa 24.000 in Hamburg
und knapp 13.000 in Düsseldorf und noch weniger in Frankfurt. Die besondere Rolle Münchens
resultiert daraus, dass mit Allianz und Münchner Rückversicherung die zwei Schwergewichte der
deutschen Versicherungswirtschaft bzw. zwei Institute von Weltruf vertreten sind.
Positive Impulse für den Versicherungsstandort Rhein-Main sind als Folge der Ansiedlung des
EU-Aufsichtsgremiums für Versicherungen CEIOPS (Committee of European Insurance and
Occupational Pensions Supervisors) zu erwarten (vgl. 2.2.5). Allerdings dürften sich die Auswirkungen dieser Ende 2003 getroffenen Grundsatzentscheidung erst im Laufe der Zeit entfalten,
wenn sich das Zusammenspiel zwischen den Instituten und ihrer Aufsichtsbehörde immer mehr
intensiviert.
2.2.3
Investmentgesellschaften seit
Jahrzehnten fester Bestandteil
des Finanzgeschehens
Diversifikation auf viele
Gesellschaften in Frankreich und
Großbritannien gegenüber
Konzentration auf wenige in
Deutschland – Kern in Frankfurt
26
Investmentgesellschaften
Neben den Finanzinstituten Banken und Versicherungen spielen auch Investmentgesellschaften
seit Jahrzehnten eine bedeutende Rolle im Finanzgeschehen. In Deutschland feierte die Branche
jüngst ihr 50-jähriges Jubiläum, der Bundesverband Investment und Asset Management (BVI)
wurde 1970 gegründet. Sein Pendant in Frankreich – L'Association Française de la Gestion Financière (AFG) – wurde Anfang der 1960er Jahre ins Leben gerufen. Die ersten Investmentfonds gab
es in Frankreich genau wie in Deutschland erst nach dem zweiten Weltkrieg. Die Anfänge des
britischen Verbandes Investment Management Association (IMA) reichen in die späten 1950er
Jahre zurück – knapp 30 Jahre nach Auflage des ersten Fonds in Großbritannien.
Die Anzahl der beim jeweiligen nationalen Verband unter Obhut stehenden Investmentgesellschaften in den drei Ländern ist im Grunde nicht vergleichbar. Denn die Vielzahl an Fondsgesellschaften in Großbritannien (rund 160) und insbesondere in Frankreich (knapp 380), die primär in London bzw. Paris beheimatet sind, rührt wesentlich von einer ausgeprägten Diversifikation her. Demgegenüber konzentriert sich das Fondsvolumen in Deutschland auf eine begrenzte Anzahl von Gesellschaften, rund 80 sind Mitglied im BVI. Innerhalb Deutschlands befindet sich die Investmentbranche schwerpunktmäßig im Raum Frankfurt. Über die Hälfte der deutschen Fondsgesellschaften hat hier ihren Hauptsitz, und das von ihnen im In- und Ausland verwaltete Fondsvermögen
macht mehr als Zweidrittel des Gesamtvolumens deutscher Kapitalanlagegesellschaften aus.
Helaba Volkswirtschaft · Juni 2006 · © Helaba
Finanzplatz Frankfurt – Ein Standort bewegt sich
Marktsegment Investmentfonds
als Trend in der Finanzbranche
Insbesondere vor dem Hintergrund des erhöhten privaten Altersvorsorgebedarfs generieren die
Investmentgesellschaften mit ihrem innovativen Charakter eine zunehmende Nachfrage nach ihren
Fonds, so dass sie zu einer immer bedeutenderen Säule des Finanzwesens werden. Insofern betrachten wir die Investmentbranche als einen der gegenwärtig zentralen Trends im Finanzwesen
(vgl. 2.3.2.1).
2.2.4
Börsen
Börsen
☺ International gut aufgestellt
Mittelfeld
Frankfurt
London
Paris
☺
☺
☺
Defizite
Quelle: Helaba Volkswirtschaft
Finanzinstitute und Börse als
Nukleus des Finanzplatzes
Finanzinstitute und Börsen machen gemeinsam den ureigensten Charakter eines Finanzzentrums
aus bzw. bilden seinen Nukleus.
Konsolidierung der europäischen Börsenlandschaft
Wandel der europäischen
Börsenlandschaft
Fusionskarussell weiter in
Bewegung
Die nationalen Börsen, die vor wenigen Jahren oft (Quasi-) Monopolstellungen innehatten, sind
heute einem globalen Wettbewerb ausgesetzt. Dieser wird forciert durch Angleichungen der rechtlichen Rahmenbedingungen auf europäischer Ebene („Common Level Playing Field“). Hohe Investitionskosten in technologische Weiterentwicklungen verursachen einen Konsolidierungsdruck
hin zu europaweiten, kostengünstigen Handels- und Abwicklungsplattformen. Der sich vollziehende Wandel in der europäischen Börsenlandschaft geht einher mit Änderungen der Eigentümerstrukturen der Börsen. Traditionell staatliche oder im Besitz der Hauptnutzer befindliche Börsen
werden immer häufiger selbst zu Aktiengesellschaften, die untereinander kooperieren und fusionieren. Bereits im Jahr 1998 entstand durch den Zusammenschluss von Frankfurter DTB
(Deutsche Terminbörse) und der Züricher SOFFEX (Swiss Options and Financial Futures
Exchange) die binationale Derivate-Börse Eurex. Im Jahr 2000 schlossen sich die nationalen Börsen in Paris, Amsterdam und Brüssel zur Euronext zusammen; 2002 kamen Lissabon und die auf
Futures sowie Optionen spezialisierte Londoner Börse LIFFE (London International Futures and
Options Exchange) hinzu.
Seit Ende der 90er Jahre werden potenzielle Fusionen nicht nur der europäischen Börsen untereinander, sondern auch mit Konkurrenten außerhalb Europas intensiv diskutiert und ausgelotet, viele
verschiedene Möglichkeiten waren dabei bereits im Gespräch. Und der Prozess ist noch nicht abgeschlossen trotz der kürzlich verkündeten Fusionsabsicht von der New York Stock Exchange
(NYSE) mit der Euronext zur NYSE Euronext. Aus europäischer Sicht wäre zu bedauern, dass die
derzeitige Konsolidierung der Börsenwelt nicht in einer Fusion der Deutschen Börse mit der Euronext mündet. Mit einer Fusion von Deutscher Börse und Euronext könnte eine „Superbörse“ in
Europa entstehen, die die Messlatte für die amerikanische Konkurrenz hoch legen würde.
Stellung der Deutschen Börse im europäischen Vergleich
Die Bedeutung der Börsen in Frankfurt, Paris und London ergibt sich angesichts ihres breiten
Handlungsfeldes aus einer Vielzahl verschiedener Kennziffern. Diese beziehen sich bei Euronext
auf den Zeitraum vor dem jüngst geplanten Zusammenschluss mit der NYSE, der voraussichtlich
Ende dieses Jahres vollzogen sein wird. Die Angaben zur Deutschen Börse umfassen beim Derivatehandel die Eurex insgesamt. Bei der Euronext werden in allen Segmenten die Gesamtwerte aller
Länder betrachtet, da spezifische Teilwerte für Paris kaum vorliegen.
27
Helaba Volkswirtschaft · Juni 2006 · © Helaba
Finanzplatz Frankfurt – Ein Standort bewegt sich
Marktbewertung von Deutscher
Börse am höchsten
Hinsichtlich des eigenen Marktwertes liegt das in Frankfurt beheimatete Unternehmen Deutsche
Börse an der Spitze Europas. Die Marktteilnehmer messen der Deutschen Börse also eine herausragende Bedeutung zu – mehr als es in der Bewertung der dort gelisteten Unternehmen zum Ausdruck kommt. So belief sich die Marktkapitalisierung aller Titel der Deutschen Börse Ende 2005
auf insgesamt über 1 Bill. €, womit sie deutlich hinter der Londoner Börse (2,6 Bill. €) und der
Euronext (knapp 2,3 Bill. €) rangierte. Ursache hierfür ist, dass die Führung eines Unternehmens
in Form einer Aktiengesellschaft in Deutschland nicht so verbreitet ist wie in den anderen beiden
Ländern. Insofern betrug die Anzahl gelisteter heimischer Unternehmen 2005 nur 650 in Frankfurt
gegenüber knapp 2.800 in London und nahezu 1.000 an der Euronext.
Marktwert der Börsen versus...
... Marktkapitalisierung gelisteter Unternehmen
Marktkapitalisierung des Unternehmens in Mrd. €, Ende Mai 2006
Bill. €, Ende 2005
12
12
3.500
3.500
10
10
3.000
3.000
8
8
2.500
2.500
6
6
2.000
2.000
1.500
1.500
1.000
1.000
4
4
2
2
0
0
Deutsche Börse
Euronext
500
500
0
0
London Stock
Exchange
Deutsche Börse
Quellen: Deutsche Börse, Hessen Agentur
Euronext
London Stock Exchange
Quellen: World Federation of Exchanges, Hessen Agentur
a) Aktienmarkt
London ist führender
Aktienmarkt Europas
Eine ähnliche Größenrelation wie bei der Marktkapitalisierung gelisteter Unternehmen (London >
Paris > Frankfurt) kommt zwischen den drei Börsen auch in anderen Vergleichswerten des
Aktienmarktes zum Ausdruck: London sticht in diesem Segment hervor, meist mit Abstand folgen
die Mehrländerbörse Euronext und dann die Frankfurter Börse. So kam die Deutsche Börse 2005
auf ein Verhältnis des Aktienwertes inländischer Unternehmen zum Bruttoinlandsprodukt von
rund 50 %, während die Euronext und die Londoner Börse sogar einen etwa dreimal so hohen
Wert aufweisen konnten (knapp 150 % bzw. 160 %).
Umsatz des Aktienhandels 2005
Relation Marktkapitalisierung inländischer Firmen zum BIP
Bill. €, Ende 2005
in %, 2005
5
5
4
4
175
175
150
150
125
125
3
3
100
100
2
2
75
75
1
1
50
50
25
25
0
0
Deutsche Börse
Euronext
London Stock
Exchange
Quellen: World Federation of Exchanges, Hessen Agentur
0
0
Deutschland
Frankreich
Großbritannien
Quellen: Eurostat, World Federation of Exchanges, Hessen Agentur.
Der Vorsprung der „City“ zeigt sich auch beim Umsatz der im Jahr 2005 gehandelten Aktien: mit
knapp 4,6 Bill. € war der Aktienumsatz an der Londoner Börse drei Mal so hoch wie in Frankfurt
(knapp 1,6 Bill. €), aber auch deutlich höher als an der Euronext (gut 2,3 Bill. €). Allerdings wird
in London – im Unterschied zu den beiden anderen Börsen – der umfassende OTC-Handel mit
28
Helaba Volkswirtschaft · Juni 2006 · © Helaba
Finanzplatz Frankfurt – Ein Standort bewegt sich
ausländischen Aktien („Over-the-Counter“) auf Grund regulatorischer Bestimmungen der LSE gemeldet und zugerechnet, so dass sich der Umsatzvorsprung der Londoner Börse zumindest etwas
relativiert. Im Übrigen ist der deutsche Aktienmarkt vor dem strukturellen Hintergrund einer nur
begrenzt finanzmarktbasierten Unternehmensfinanzierung zu sehen. Die klassische Fremdkapitalbeschaffung durch Bankkredite spielt für deutsche Firmen nach wie vor die größte Rolle.
IPO-Entwicklung an LSE am dynamischsten und ...
... IPO-Emissionsvolumen an LSE am höchsten
Absolutwerte
Mrd. €, 2005
400
300
Deutsche
Börse
400
20
20
300
15
15
10
10
5
5
LSE
200
200
Euronext
100
100
0
0
2000
0
2001
2002
2003
2004
mit Abstand am lebhaftesten
Euronext
2005
Quellen: PricewaterhouseCoopers; Hessen Agentur
Neuemissionsgeschäft in London
0
Deutsche Börse
London Stock
Exchange
Quellen: PricewaterhouseCoopers; Hessen Agentur
Die Folgen der Aktienbaisse mit dem Tiefpunkt im März 2003 und der Schließung des Frankfurter
Neuen Marktes waren lange am deutschen Aktienmarkt spürbar; schließlich wurde Deutschland
vehementer vom Aktienmarktcrash getroffen als Großbritannien und Frankreich (vgl. 2.2.1.1).
Dies zeigt sich auch an der Entwicklung der Neuemissionen (Initial Public Offerings, kurz: IPOs)
an den drei Börsen. An der Deutschen Börse gab es im Jahr 2003 lediglich einen Börsengang und
nur fünf im Folgejahr. 2005 war bei den Neuemssionen in Deutschland wieder Dynamik festzustellen. Gut 40 Unternehmen gingen an die Deutsche Börse. Das Neuemissionsgeschäft an der
Euronext verlief in den letzten Jahren ähnlich. Hier kam es zu einem moderaten Anstieg der IPOs
auf gut 60 im letzen Jahr. Allerdings lagen die Emissionsvolumina der Erstnotierungen an der
Euronext und der LSE 2005 (gut 16 Mrd. € bzw. fast 19 Mrd. €) deutlicher höher als an der
Deutschen Börse mit knapp 4 Mrd. €. Mit den Börsengängen von Electricité de France (7 Mrd. €)
und Gaz de France (3,5 Mrd. €) fanden an der Euronext im vergangenen Jahr die mit Abstand
größten IPOs in Europa statt.
IPO-Zuversicht in Europa
Die Erholung von Konjunktur und Aktienmarkt in Deutschland macht die Investition in Aktien
interessanter, und immer mehr Unternehmen hierzulande begreifen den Börsengang wieder als
Möglichkeit zur Eigenkapitalbeschaffung. Der Ausblick für Neuemissionen am deutschen
Aktienmarkt hellt sich auch vor dem Hintergrund des in Europa insgesamt steigenden Interesses an
IPOs auf. Das Jahr 2006 ist für europäische Neuemissionen bislang recht gut angelaufen und lässt
noch zahlreiche Börsengänge an allen drei Finanzplätzen erwarten.
„Entry Standard“ als Signal zur
Einen wichtigen Baustein für ein wieder regeres Neuemissionsgeschäft hat die Deutsche Börse mit
Schaffung des „Entry Standard“ im Herbst 2005 gelegt – ein speziell auf kleine und mittlere Unternehmen ausgerichtetes Marktsegment, welches v.a. spezialisierte institutionelle Investoren
nutzen. An den Start dieses Mittelstandssegments gingen zunächst 12 Unternehmen, mittlerweile
sind es 30 (Stand: Mai 2006). Damit bewegt sich der „Entry Standard“ aktuell etwa auf einem
Niveau mit der Alternext – dem entsprechenden im Mai 2005 eingeführten Markt der Mehrländerbörse Euronext, in dem 37 Unternehmen gelistet sind (Stand: Mai 2006). Auch wenn das Frankfurter Mittelstandssegment noch in einer anderen Liga spielt als der Alternative Investment Market
der Londoner Börse (AIM) mit seinen rund 1.400 Unternehmen zu Anfang dieses Jahres, so ist mit
dem „Entry Standard“ für mittelständische Unternehmen in Deutschland die Plattform für diese
Finanzierungsform geschaffen. Die Einrichtung dieses Segments an der wichtigsten deutschen
Weiterentwicklung der deutschen
Aktienkultur
29
Helaba Volkswirtschaft · Juni 2006 · © Helaba
Finanzplatz Frankfurt – Ein Standort bewegt sich
Börse setzt ein Signal für die Weiterentwicklung der Aktienkultur in Deutschland. Im Rahmen der
deutschen Konjunkturerholung dürfte die Nachfrage nach mittelständischen Unternehmensaktien
relativ dynamisch bleiben und der „Entry Standard“ u.a. als Finanzierungsquelle für den Mittelstand an Bedeutung gewinnen.
b) Rentenmarkt
Frankfurter Rentenmarkt hinter
London und vor Paris
In Deutschland hat der Rentenmarkt traditionell eine große Bedeutung, sowohl zur Unternehmensfinanzierung als auch zur Finanzierung öffentlicher Haushalte. So bot die Deutsche Börse zum
Jahresende 2005 mit insgesamt knapp 10.900 gelisteten Wertpapieren – 7.500 von heimischen
Unternehmen, 1.200 von öffentlichen Haushalten und 2.200 aus dem Ausland – ein breit gefächertes Angebot und erzielte im Jahr 2005 einen Gesamtumsatz von mehr als 300 Mrd. €.
Deutsche Börse: Trotz hoher Zahl gelisteter Wertpapiere …
... nur vergleichsweise niedriger Umsatz
Anzahl, Ende 2005
Bill. €, Ende 2005
12.000
12.000
9.000
9.000
6.000
6.000
3.000
3.000
0
0
Deutsche Börse
Euronext
London Stock
Exchange
Quellen: World Federation of Exchanges, Hessen Agentur
3
3
2
2
1
1
0
0
Deutsche Börse
Euronext
London Stock
Exchange
Quellen: World Federation of Exchanges, Hessen Agentur
Gemessen an der Zahl der gehandelten Rentenpapiere rangierte die Deutsche Börse knapp hinter
London (11.000), der Gesamtumsatz mit Rentenpapieren war in London aber deutlich höher (etwa
2,4 Bill. €). Dabei spielen ausländische Papiere für den Londoner Rentenmarkt eine sehr viel größere Rolle als dies in Frankfurt der Fall ist. So stammen gut 40 % der in London gelisteten Papiere
aus dem Ausland, in Frankfurt sind es nur 20 %. Im Vergleich zur Euronext ist Frankfurt besser
positioniert, denn an der Mehrländerbörse wurden im vergangenen Jahr „nur“ gut 3.500 Rentenpapiere gehandelt mit einem Umsatz von gut 140 Mrd. €. Nach den Statistiken der World Federations of Exchanges konzentriert sich der Rentenhandel an der Euronext dabei zu 90 % auf ausländische Papiere, was jedoch möglicherweise auf Probleme bei der Zuordnung der einzelnen
Länderwerte zurückzuführen ist.
Neuemissionen von
Rentenpapieren besonders
dynamisch in Frankfurt
Die Entwicklung der Neuemissionen in den letzten beiden Jahren stimmt hoffnungsfroh für die
künftige Bedeutung des Frankfurter Rentenmarktes. Denn gerade an der hiesigen Börse wurden
viele neue Anleihen aufgelegt, Ende 2005 waren es nahezu 2.400 Rentenpapiere mehr als im Vorjahr; dem steht ein Plus von gut 700 Titeln in London und knapp 60 in Paris gegenüber.
c) Derivatemarkt
Eurex als weltweit führende
Handelsplattform für Derivate
30
Die Eurex hat sich in nur wenigen Jahren zu einem der weltweit größten Handelsplätze für derivative Finanzprodukte entwickelt. Das vor über einer Dekade eingeführte elektronische Handelssystem verhalf der Eurex zu besonderer Attraktivität rund um den Globus und trug somit entscheidend zu ihrem durchschlagenden Erfolg bei. Derivate können generell in Form von Optionen oder
Futures auf Aktien, Indizes, Zinsen, Rohstoffe und Währungen gehandelt werden. Neuerdings gewinnen auch Kreditderivate immer mehr an Bedeutung (vgl. 2.3.2.2). Die Eurex hat im Derivatehandel auf Aktien-, Index-, Kapitalmarkt- und Geldmarktprodukte 2005 eine globale Spitzenposition belegt. Devisen- und Rohstoffderivate werden allerdings nicht gehandelt. Insgesamt wurden
Helaba Volkswirtschaft · Juni 2006 · © Helaba
Finanzplatz Frankfurt – Ein Standort bewegt sich
an der Eurex im letzten Jahr knapp 1,2 Mrd. Kontrakte geschlossen. Demgegenüber kam ihr
Hauptkonkurrent in Europa, die 2002 durch Übernahme der britischen Derivate-Börse LIFFE
bedeutender gewordene Mehrländerbörse Euronext, „nur“ auf gut 0,7 Mrd. Kontrakte. Damit entfallen gut 15 % des weltweiten Derivatehandels (ohne Devisen- und Rohstoffprodukte) auf die
Eurex und nahezu 10 % auf die Euronext. Differenziert nach einzelnen Produktgruppen sind allerdings deutliche Unterschiede festzustellen.
Kontrakte derivativer Aktienprodukte
Kontrakte derivativer Indexprodukte
Anteil am globalen Derivatehandel in %, Ende 2005
Anteil am globalen Derivatehandel in %, Ende 2005
20
20
15
15
10
10
5
5
0
0
Eurex
10
10
8
8
6
6
4
4
2
2
0
Euronext
(einschl. Liffe)
Quellen: Eurex; Hessen Agentur
Euronext führt knapp bei
Aktienderivaten,
Eurex spürbar
bei Indexderivaten
0
Eurex
Euronext
(einschl. Liffe)
Quellen: Eurex; Hessen Agentur
Im Bereich der Aktienderivate liefern sich Eurex und Euronext seit Jahren ein enges Kopf-anKopf-Rennen. Das Jahr 2005 konnte die Euronext knapp für sich entscheiden, mit einem Weltmarktanteil von über 18 % hatte sie einen kleinen Vorsprung vor der Eurex mit gut 16 %. Hingegen lag die Eurex im Handel mit Indexderivaten eindeutig vorn und kam auf einen Weltmarktanteil von über 8 %; Optionen und Futures auf den Euro Stoxx 500 sind hierfür maßgeblich, gefolgt vom DAX.
Kontrakte derivativer Kapitalmarktprodukte
Kontrakte derivativer Geldmarktprodukte
Anteil am globalen Derivatehandel in % , Ende 2005
Anteil am globalen Derivatehandel in %, Ende 2005
60
60
30
30
50
50
25
25
40
40
20
20
30
30
15
15
20
20
10
10
10
10
5
5
0
0
0
Eurex
Euronext
(einschl. Liffe)
Quellen: Eurex; Hessen Agentur
Eurex Weltmarktführer bei
Kapitalmarktderivaten,
Euronext bedeutend bei
Geldmarktderivaten
31
0
Eurex
Euronext
(einschl. Liffe)
Quellen: Eurex; Hessen Agentur
Etwa die Hälfte aller Kontrakte für Kapitalmarktprodukte weltweit liefen im Jahr 2005 über das
Handelssystem der Eurex. Speziell im Handel mit Euro-Bund-, Euro-Bobl- und Euro-SchatzFuture ist die Eurex Weltmarktführer. Dem stand 2005 allerdings ihr unbedeutend kleiner Anteil
am Derivatehandel mit Geldmarktprodukten von lediglich 0,1 % des weltweiten Handels gegenüber; hierbei handelte es sich fast ausschließlich um Futures auf den 3-Monats-Euribor. Demgegenüber spielt die Euronext eine eher unbedeutende Rolle bei Zinsderivaten im Langfristbereich,
kommt aber bei Geldmarktderivaten auf einen ansehnlichen Anteil von fast 30 %.
Helaba Volkswirtschaft · Juni 2006 · © Helaba
Finanzplatz Frankfurt – Ein Standort bewegt sich
Die Deutsche Börse im innerdeutschen Wettbewerb
Zunehmende Bedeutung
Frankfurts durch Xetra
Bevor im Jahr 1997 das elektronische Handelssystem Xetra (Exchange Electronic Trading) in
Frankfurt an den Start ging, stammte noch fast ein Viertel des gesamten Börsenumsatzes in
Deutschland von den Regionalbörsen. In den Folgejahren hat die Bedeutung der Regionalbörsen
merklich ab- und die der Frankfurter Börse zugenommen, wozu die Einführung von Xetra nicht
unerheblich beigetragen haben dürfte. Es kam zu Fusionen unter den Regionalbörsen, z.B. 1999
von Hamburg und Hannover sowie 2003 von Berlin und Bremen. Gleichzeitig gewann die Frankfurter Börse zunehmend Markanteile.
Gesamtumsatz und Orderbuchumsatz der deutschen Börsen nach Anlageformen 2005
Alle deutschen
Börsen
vom Gesam tum satz
entfallen auf
Gesam t- OrderbuchXetra
um satz
um satz
in Mrd. €
FWB*
Andere
vom Orderbuchum satz
entfällt auf
Xetra
in %
FWB*
Andere
in %
Aktien heimischer
Unternehmen
(Domestic Equities)
2.824
1.173
80,7
13,7
5,7
93,1
3,9
3
Aktien ausländischer
Unternehmen
(Foreign Equities)
267
76
25,5
48,9
25,5
43,9
32,5
23,6
Heimische
Optionsscheine
(Domestic Warrants)
92
16
0
56,3
43,7
0,1
14,1
85,8
Ausländische
Optionsscheine
(Foreign Warrants)
5
1
0
41,1
58,9
0
18,4
81,6
Heimische Anleihen
(Domestic Bonds)
550
104
0
57,2
42,8
0
36,2
63,8
Ausländische Anleihen
(Foreign Bonds)
65
11
0
65,2
34,8
0
51,2
48,8
3.803
1.381
61,7
24,4
13,9
81,5
8,4
10,1
Summe
* Frankfurter Wertpapierbörse
Quellen: Deutsche Börse Group (2005), Hessen Agentur
Konzentration des deutschen
Börsengeschehens in Frankfurt
Gemäß Gesamtumsatzstatistik17 entfielen 2005 auf die am Main beheimatete Xetra gut 60 % und
den Parketthandel der Frankfurter Wertpapierbörse (FWB) 25 % des Aktien-, Wertpapier- und
Rentenumsatzes aller deutschen Börsen. Der heimische Aktienhandel läuft größtenteils über Xetra
bzw. fast vollständig in Frankfurt ab, ¾ aller ausländischen Aktien werden am Main gehandelt.
Hier liegt auch der Schwerpunkt des Anleihehandels: Knapp 60 % der in- und 65 % der ausländischen Titel entfallen auf die FWB. Bei den volumenmäßig recht unbedeutenden Optionsscheinen
weist die Gesamtumsatzstatistik eine etwa hälftige Aufteilung zwischen Frankfurt und den Regionalbörsen aus.
17
Dieser Abschnitt bezieht sich auf die Gesamtumsatzstatistik: Diese erfasst neben den Orderbuchdaten auch Geschäfte, für
die der Preis nicht offiziell im Börsenhandelssystem ermittelt wurde, sondern vorab von den Marktteilnehmern vereinbart
und dann direkt in das Börsengeschäftsabwicklungssystem eingegeben wurde. Ein weiterer Unterschied besteht darin, dass
die Orderbuchumsätze in Einfachzählung und der Gesamtumsatz in Doppelzählung (d.h. Zählung auf Kauf- und Verkaufsseite) veröffentlicht werden.
32
Helaba Volkswirtschaft · Juni 2006 · © Helaba
Finanzplatz Frankfurt – Ein Standort bewegt sich
Anteil deutscher Börsen am Gesamtumsatz
Mittelstandssegmente an deutschen Börsen
%, 2005
Anzahl Unternehmen, Mai 2006
Xetra
62%
FWB
24%
Regionalbörsen
14%
Spezialisierung der
mittelständische
Firmen vor Ort ...
... und auf deutsche
Nischensegmente
Weitere Konzentration sinnvoll
30
25
25
20
20
15
15
10
10
5
5
0
0
Frankfurt:
Entry Standard
Quellen: Deutsche Börse Group, Hessen Agentur
Regionalbörsen auf
30
München:
M:access
Stuttgart:
Gate-M
Quellen: Internetauftritt der Börsen, Hessen Agentur
Die Regionalbörsen verfolgen Strategien der Spezialisierung auf bestimmte Marktsegmente, in
denen sie sich durch Erreichen einer kritischen Masse eine besondere Stellung in der deutschen
Börsenlandschaft sichern wollen. So verstehen sich Regionalbörsen als Dienstleister für kleine,
regionale Unternehmen und haben für diese eigene Handelssegmente eingerichtet – z.B „Gate-M“
in Stuttgart mit 22 Unternehmen bzw. „M:access“ in München mit 14 (Stand: Mai 2006). Die Anzahl der am Frankfurter „Entry Standard“ gelisteten Unternehmen wird somit nicht erreicht.
Neben regionalen Kleinunternehmen als Emittenten fokussieren sich die Regionalbörsen auf bundesweite Nischensegmente: Der Versuch der Börse Berlin/Bremen in Kooperation mit der Nasdaq
Europe einen Internet-basierten, elektronischen Aktienmarkt in Deutschland aufzubauen, scheiterte allerdings ebenso wie die Akzeptanz von „Jiway“, einer vom US-Investmenthaus Morgan Stanley und der schwedischen OM-Group betriebenen Internet-Börse zum europaweiten OnlineAktienhandel. An den Börsen Düsseldorf und München wurden 2004 mit „Quotrix“ bzw. 2005 mit
„Max-one“ neue Anläufe unternommen. Aktuell wird von den Börsen Berlin/Bremen, Stuttgart
und Frankfurt der Aufbau einer gemeinsamen Retail-Plattform speziell für Privatanleger diskutiert.
Des weiteren hat die Börse Stuttgart mit „Euwax“ das mittlerweile größte europäische Börsensegment für verbriefte Derivate mit Fokus auf börsennotierte Optionsscheine geschaffen. In diesem
Segment sieht sich die Stuttgarter Börse denn auch nicht mehr als Regionalbörse, sondern als eine
bundesweit agierende, spezialisierte Handelsplattform. Die Börse Hamburg/Hannover profiliert
sich als Fondsbörse für offene und geschlossene Fonds. Insgesamt stellen die Regionalbörsen
allerdings gemessen an ihren Umsätzen keine ernsthafte Herausforderung für den Finanzplatz
Frankfurt dar.
Gerade im Bereich der Börsen ist es notwendig, föderale Begehrlichkeiten abzuwenden und Vorbehalte gegen weitere Zentralisierungen im deutschen Börsenwesen abzubauen. Das Bewußtsein
der Akteure hin zu einer kritischen Masse ist nicht in ausreichendem Maße vorhanden.
2.2.5
Finanzbezogene Institutionen
Frankfurt
Finanzbezogene Institutionen
☺ International gut aufgestellt
Mittelfeld
London
Paris
☺
Defizite
Quelle: Helaba Volkswirtschaft
Für das Wesen eines Finanzplatzes ist nicht nur eine Vielzahl von Instituten wichtig, sondern auch
das Zugegensein von mit dem Finanzwesen verbundenen Institutionen. Die räumliche Nähe fördert die Kommunikation zwischen den Finanzakteuren einerseits und den geldpolitischen bzw.
33
Helaba Volkswirtschaft · Juni 2006 · © Helaba
Finanzplatz Frankfurt – Ein Standort bewegt sich
finanzregulierenden Organen andererseits, mit der Folge, dass diese Institutionen ihren Aufgaben
praxisnah nachkommen können.
Finanzbezogene Institutionen an den drei europäischen Finanzplätzen
Finanzbezogene Institutionen
Frankfurt
London
Paris
EZB, BBK
--- , BoE
--- , BdF
EU-Aufsichtsorgan für ...
Versicherungen
Banken
Wertpapiere
Nationale Finanzaufsicht
BaFin*
FSA
verschiedene**
Destatis
ONS
INSEE
Zentralbanken
(international, national)
Nationales statistisches Am t
* Doppelter Sitz in Bonn und Frankfurt, ** Commission Bancaire, CECEI, CRBF für Banken, AMF für Versicherungen,
CCAMIP für Wertpapiere
Quellen: Helaba Volkswirtschaft
Wichtige nationale
Finanzinstitutionen an den drei
Finanzplätzen vertreten
EZB gibt Finanzplatz Frankfurt
langfristig besonderes Gewicht im
internationalen Finanzwesen
London besser abgeschnitten bei
Zuteilung der EU-Aufsichtsorgane
34
An allen drei Finanzplätzen sind die zentralen nationalen Institutionen des Finanzwesens vertreten.
So sind als nationale Zentralbanken in Frankfurt die Deutsche Bundesbank (BBK), in London die
Bank of England (BoE) und in Paris die Banque de France (BdF) ansässig. Im Bereich der Finanzaufsicht des jeweiligen Landes gibt es am Main einen der beiden Sitze des Bundesaufsichtsamts
für Finanzdienstleistungen (BaFin), an der Themse die Financial Services Authority (FSA) und an
der Seine mehrere Organe, die zusammen die Aufsicht über das Banken-, Versicherungs- und
Wertpapierwesen innehaben. Die Stellung Frankfurts könnte sicherlich gestärkt werden, indem die
BaFin ihren anderen Sitz in Bonn aufgäbe und ihren Belangen insgesamt von Frankfurt aus nachginge. Im Übrigen sind auch die nationalen statistischen Ämter in der Region der Finanzplätze angesiedelt – das deutsche Destatis im nahe gelegenen Wiesbaden, das britische Office for National
Statistics (ONS) in London und das französische Institut National de la Statistique et des Études
Économiques (INSEE) in Paris.
Bei den internationalen Institutionen sticht Frankfurt mit der Europäischen Zentralbank (EZB) als
renommierter Notenbank von internationaler Bedeutung hervor. Die EZB prägt entscheidend die
Atmosphäre Frankfurts und künftig auch noch mehr sein Stadtbild, wenn das neue NotenbankGebäude im Ostend entsteht. Seit ihrer Gründung Ende der 90er Jahre hat die Zentralbank der
Europäischen Währungsunion bereits die Internationalisierung des deutschen Finanzzentrums gefördert. Ihr Sitz am Main ist mitverantwortlich für die Anziehungskraft des Finanzplatzes auf ausländische Institute und Wissenschaftler und trägt dazu bei, dass Frankfurt merklich an Flair gewonnen hat. Und die von der EZB ausgehenden positiven Effekte für den Charakter Frankfurts
werden sich weiter entfalten, je mehr die Währungsunion wächst. Schließlich ist die Wahl des
Sitzes einer Zentralbank eine langfristige, so dass die Auswirkungen im Laufe der Zeit immer
deutlicher zutage treten. Die EZB ist ein „Asset“ des Finanzplatzes Frankfurt, das seine Stellung in
der internationalen Finanzwelt begünstigt. Die anderen beiden Finanzplätze können im geldpolitischen Bereich mit nichts Entsprechendem aufwarten. Die nationalen Zentralbanken spielen im
weltweiten Finanzmarktgeschehen im Vergleich zur EZB eine untergeordnete Rolle. Das Wirkungsgebiet der BoE ist national begrenzt und merklich kleiner als der europäische Währungsraum. Das Pfund stellt nur die viertgrößte Weltwährung dar. Die vormals selbständig agierende
BdF hat mit ihrer Integration in das Europäische System der Zentralbanken ähnlich an Bedeutung
verloren wie die Deutsche Bundesbank.
Bei der Standortwahl für die EU-Regulierungsbehörden konnte keine Entscheidung für eine konzentrierte Ansiedlung getroffen werden. Frankfurt hatte das Nachsehen gegenüber London und
bekam statt der begehrten Regulierungsbehörde für die Bankwirtschaft den Zuschlag für die euro-
Helaba Volkswirtschaft · Juni 2006 · © Helaba
Finanzplatz Frankfurt – Ein Standort bewegt sich
päische Versicherungsaufsicht; Paris wurde zum Sitz des Regulierungsausschusses für Wertpapiere ausgewählt. Dies untermauert zwar die hervorgehobene Stellung des britischen Finanzplatzes, macht den Vorteil Frankfurts als Heimatstadt der von den Finanzmärkten ständig beobachteten europäischen Notenbank aber nicht wett. Schließlich steht die EZB mehr im Rampenlicht als
die drei Aufsichtsorgane zusammen.
Andere EU-Institutionen an
keinem der drei Finanzstandorte
Andere EU-Organe, die durchaus auch in Verbindung mit dem europäischen Finanzwesen zu sehen sind, sind an keinem der drei Finanzplätze zu finden. So sitzt z.B. die für Wirtschaft und
Finanzen zuständige Autorität der EU-Kommission in Brüssel oder das europäische Statistikamt
Eurostat in Luxemburg. Dafür können Frankfurt, London und Paris aber mit einer Vielzahl
(inter)nationaler Verbände und Vereinigungen aufwarten, beispielsweise der jeweilige Verband
der Auslandsbanken der drei Länder.
2.2.6
Finanzplatzorientierte Dienstleister
Frankfurt
Mittelfeld
Paris
☺
Finanzplatzorientierte Dienstleister
☺ International gut aufgestellt
London
Defizite
Quelle: Helaba Volkswirtschaft
Die in Frankfurt ansässigen Finanzinstitute sorgen wie in London und Paris dafür, dass sich im
Umkreis der Banken zahlreiche Unternehmen anderer Wirtschaftsbereiche ansiedeln und florieren.
Diese stehen einerseits in engem geschäftlichen Zusammenhang mit den Finanzinstituten, z.B.
Wirtschaftsprüfung, Steuer- und Rechtsberatung, Wirtschaftspresse, Rating-Agenturen (Finanzplatzorientierte Dienstleister). Andererseits gibt es mittelbar vom Finanzplatz profitierende Unternehmen, wie Restaurants, Hotels und Einzelhandel.
Heterogene Beziehungen
zwischen Finanzwirtschaft und
anderen Wirtschaftszweigen
Mehr finanzplatzorientierte
Dienstleister in London und Paris;
Rating-Agenturen an allen drei
Finanzplätzen vertreten
Ausgeprägte Konzentration von
Rechtsanwälten in Frankfurt
Aus der Spannbreite von Wirtschaftsbeziehungen der Finanzinstitute mit anderen Branchen lassen
sich allerdings keine eindeutig quantifizierbaren Aussagen über die Intensitäten ihrer wirtschaftlichen Verflechtungen ableiten. Von den 6.800 am Finanzplatz Frankfurt ansässigen Anwaltskanzleien dürften einige nahezu ausschließlich für Finanzinstitute tätig sein, wohingegen andere Kanzleien diese nicht zu ihren Kunden zählen. Ähnlich verhält es sich mit den – gemäß Wirtschaftsförderung Frankfurt – am deutschen Finanzzentrum ansässigen 3.600 Steuerberaterkanzleien, 1.800
Unternehmensberatungsfirmen, 3.700 Werbeagenturen und 350 Marktforschungsunternehmen.
Ein Vielfaches mehr an derartigen finanzplatzorientierten Dienstleistern findet sich am französischen und insbesondere am britischen Finanzzentrum, was jedoch auch an der Rolle dieser Finanzplätze als nationale Hauptstädte liegt. Die großen drei Rating-Agenturen allerdings sind an allen
drei Finanzplätzen vertreten: Während S&P und Moodys neben ihrem Hauptsitz in den USA jeweils einen Sitz in Frankfurt, London und Paris haben, besitzt Fitch einen doppelten Hauptsitz in
den USA und am britischen Finanzzentrum sowie Sitze an Main und Seine. Innerhalb Deutschlands sind die drei Rating-Agenturen ausschließlich am deutschen Finanzzentrum ansässig.
Und auch bei den Rechtsanwälten sticht Frankfurt im nationalen Vergleich hervor. Der hiesige
Finanzplatz nimmt bei der Anwaltsdichte einen Spitzenplatz ein, wie eine Aufstellung der Bundesrechtsanwaltskammer unterstreicht: Rein rechnerisch teilen sich in Frankfurt etwa 100 Einwohner
einen Rechtsanwalt, dies ist der mit Abstand niedrigste Wert in Deutschland. Düsseldorf und
München folgen mit einer Anwaltsdichte von etwa 120 bzw. 130 Einwohnern je Anwalt.
Noch schwieriger als bei den finanzplatzorientierten Dienstleistern ist es, den Einfluss der Finanzwirtschaft auf die mittelbaren Wirtschaftsbereiche abzuschätzen: So waren die vor einigen Jahren
35
Helaba Volkswirtschaft · Juni 2006 · © Helaba
Finanzplatz Frankfurt – Ein Standort bewegt sich
einsetzenden Konsolidierungsbestrebungen der Finanzinstitute in der Frankfurter Region auch z.B.
im hiesigen Reisebürogewerbe, Gastronomie und Handel in Form eines nachlassenden Geschäftsreiseverkehrs und einer verminderten Konsumlust spürbar; dies lag aber gleichzeitig an der konjunkturellen Schwächephase der deutschen Volkswirtschaft insgesamt.
Frankfurt zählt hinter London und
Paris zum exklusiven Club der
führenden „World Cities“
Mangels „harter“ Daten für die wirtschaftlichen Interdependenzen zwischen Finanzinstituten und
anderen am Finanzplatz vertretenen Unternehmen werden hier die Ergebnisse der britischen Universität Loughborough über die Intensität der Eingebundenheit von Metropolen in die Weltwirtschaft herangezogen:18 Über 300 Städte weltweit wurden im Jahr 2004 hinsichtlich Anzahl und
Größe von Niederlassungen global tätiger Dienstleistungsunternehmen aus den Wirtschaftsbereichen Finanzdienstleistungen, Wirtschafts- und Rechtsberatung sowie Werbung bewertet. Frankfurt
zählt diesem Ranking gemäß zu den führenden „World Cities“ – dem exklusiven Club der Top 10
Metropolen, dem nur noch London, New York, Hongkong, Paris, Tokio, Singapur, Toronto, Madrid und Brüssel angehören. Frankfurt mit seinen knapp 650.000 Einwohnern steht also in einer
Reihe mit den großen, internationalen Städten von Weltruf – wenn auch nur auf Platz zehn.
2.3
Finanzbezogene Wachstumsdeterminanten
Für die Fortentwicklung eines Finanzplatzes innerhalb der internationalen Finanzwelt ist es essenziell, dass er über eine gute, insbesondere finanzbezogene Humankapitalbasis verfügt und damit
zusammenhängend eine hohe Innovationsdynamik aufweist. Darüber hinaus bedarf es Akteuren,
die intensive, grenzüberschreitende Geschäftsbeziehungen pflegen.
2.3.1
Finanzbezogene Bildung & Forschung
Frankfurt
Finanzbezogene Bildung &
Forschung
☺ International gut aufgestellt
MIttelfeld
London
Paris
☺
☺
Defizite
Quelle: Helaba Volkswirtschaft
Qualität der finanzbezogenen
intellektuellen Infrastruktur als
Basis für Innovationen
Unterschiede nationaler
Bildungssysteme
Je intensiver das Know-How und die Forschung im Finanzwesen betrieben werden, umso mehr
können kreative Ideen entstehen. So schafft eine qualitativ hochwertige Wissensbasis und viele, in
intensivem Dialog stehende Finanzspezialisten vor Ort die Voraussetzung dafür, dass der Finanzplatz mit der Zeit geht und sich frühzeitig mit neuen Strömungen auseinandersetzt.
Der folgende Vergleich der finanzorientierten, intellektuellen Infrastruktur an den drei großen
europäischen Finanzplätzen ist vor dem Hintergrund nationaler Unterschiede in den Bildungssystemen zu sehen: Während das Bildungssystem in Deutschland föderal durch die Bundesländer
organisiert ist, gibt es in Frankreich eine zentralistische Zuständigkeit und in Großbritannien mit
den Gebieten England, Schottland, Wales ein eher dezentrales System. In der Hochschulausbildung differieren sowohl Studienaufbau als auch -dauer, so dass die einzelnen nationalen Abschlüsse qualitativ nicht direkt vergleichbar sind.
18
Vgl. Taylor/Aranya in GaWC Research Bulletin 192: “A Global „Urban Roller Coaster“? Connectivity Changes in the
World City Network 2000-04”
36
Helaba Volkswirtschaft · Juni 2006 · © Helaba
Finanzplatz Frankfurt – Ein Standort bewegt sich
Qualifikation in den Finanzplatzregionen
Anteil mit bestimmter Ausbildung in %
100
100
Summe
80
80
60
Sekundär
Teritär
60
40
40
20
20
0
0
Frankfurt
London
Paris
Quellen: BAK Basel Economics, Helaba Volkswirtschaft
Finanzplatzregion Frankfurt bei
aggregierter Betrachtungsweise
mit hoher Qualifikationsquote
London und Paris mit
international führenden
„Business Schools“
Das Qualifikationsniveau stellt sich an den drei Finanzplatzregionen gemäß BAK Basel Economics19 unterschiedlich dar: Eine sekundäre Ausbildung im Sinne der UNESCO-Definition20 haben
2003 in der Region Frankfurt 56 % aller Beschäftigten abgeschlossen gegenüber 36 % in Paris und
46 % in London; einen tertiären Ausbildungsstatus erlangten am Main allerdings nur 29 %, während es an Seine und Themse 38 % bzw. 45 % waren. Die aggregierte Betrachtung aller Beschäftigten mit sekundären und tertiären Abschlüssen, die in Anbetracht der abweichenden nationalen
Definitionsabgrenzungen am aussagekräftigsten erscheint, zeichnet ein positives Bild für Frankfurt. Denn mit einer Qualifikationsquote von 85 % liegt das deutsche Finanzzentrum nur knapp
hinter dem britischen mit 90 % und deutlich vor dem französischen mit 74 %.
Lange galt in Deutschland die Absolvierung eines wirtschaftswissenschaftlichen Diploms mit ggf.
anschließender Promotion als die klassische Job-Vorbereitung. Der Abschluss des derzeit in der
Finanzwelt favorisierten, international anerkannten „Master of Business Administration“ (MBA)
begann sich erst in den 1990er Jahren zu entwickeln. In anderen europäischen Ländern setzte sich
dieser, aus den USA stammende Ansatz deutlich früher durch. Daher sind die hierzulande absolvierbaren MBAs bis dato nicht in internationalen Spitzen-Rankings zu finden. Im Rahmen des
Wandels hin zu mehr internationalen Abschlüssen ist Frankfurt mit seinem akkreditierten MBA an
der „Goethe-Business-School“ vorn mit dabei.
Wie auch die genaue, von den zugrundeliegenden Kriterien abhängige Platzierung in den einzelnen Rankings aussieht, so besteht doch Einigkeit über die Spitzeninstitute unter den europäischen
„Business Schools“: London als Finanzzentrum des Landes mit der höchsten Anzahl an MBAAngeboten innerhalb Europas kann mit einigen bedeutenden „Business Schools“ aufwarten – wie
die international angesehene „London Business School“, die „Cass Business School“ oder das
„Henley Management College“. Auch das bei Paris gelegene „Institut Europeen d’Administration
des Affaires“ (INSEAD) rangiert an prominenter Stelle, daneben findet auch die „Ecole des
Hautes Etudes Commerciales“ (HEC) viel Anklang im In- und Ausland.
19
Vgl. Vgl. BAK Basel Economics im Auftrag der Wirtschaftsinitiative FrankfurtRheinMain (2006): „Wachstumsfaktoren
für FrankfrutRheinMain“.
20
Vgl. UNESCO: International Standard Classification of Education (ISCED): Das höchst erreichte Bildungsniveau wird
erfasst. Der sekundäre Ausbildungsstatus umfasst hier die ISCED-Level 3 und 4, d.h. eine über die gesetzliche Verpflichtung hinausgehende Schulausbildung. Der tertiäre Bildungsstatus bildet die ISCED-Level 5 und 6 ab, d.h. eine über die
Sekundarausbildung bzw. das Schulsystem hinausgehende institutionelle Ausbildung.
37
Helaba Volkswirtschaft · Juni 2006 · © Helaba
Finanzplatz Frankfurt – Ein Standort bewegt sich
Internationale Rankings von Business Schools an den drei Finanzplätzen
Europäisches
Ranking
Globale
Rankings
Financial
Financial
Business
Tim es Top 50 Tim es Top 50 Week Top10
(2005)
(2006)
(2004)
EIU
Top 40
(2005)
Wallstreet
Journal Top 20
(2005)
London:
London Business
School
1
5
5
23
5
Cass Business School
9
47
/
/
/
Henley Management
College
28
/
/
21
/
Ashridge Business
School
23
/
/
39
/
Imperial Collge London:
Tanaka
9
47
/
/
/
Institut Europeen
d' Administration des
Affaires
2
8
3
11
9
Ecole des Hautes
Etudes Commerciales
6
22
8
19
11
Ecole Superieure des
Sciences Economique
et Commericales
21
/
/
/
/
/
/
/
/
/
Paris:
Frankfurt:
Goethe Business
School
Quellen: Handelsblatt, Financial Times, Helaba Volkswirtschaft
Frankfurt auf richtigem Weg
Ziel: Führendes
Finanz-Kompetenzzentrum
Kontinentaleuropas
38
Auch wenn der Finanzplatz Frankfurt in der Finanzbezogenen Bildung & Forschung noch nicht
das internationale Renommee von London und Paris besitzt, steht er nun schon wesentlich besser
dar als vor zehn Jahren: An der Goethe-Universität, der Hochschule für Bankwirtschaft, der
„European Business School“ sowie mit dem deutschen Ableger des Institutes „Chartered Financial
Analyst“ (CFA) und der Deutschen Vereinigung für Finanzanalyse und Anlageberatung (DVFA)
bietet die Frankfurter Region ein zunehmend vielfältigeres Angebot an finanzorientierten Bildungsmöglichkeiten, und in den nächsten Jahren wird dies weiter ausgebaut. Die Anziehungskraft
des deutschen Finanzzentrums auf Forscher von internationalem Rang und Namen wächst jetzt
schon spürbar.
Die Finanzmetropole am Main arbeitet intensiv daran, zum größten Kompetenzzentrum des Finanzwesens in Kontinentaleuropa zu avancieren. Mit dem Anfang 2008 bezugsfertigen „House of
Finance“ stehen die Chancen dafür gut. Denn hier werden sämtliche Frankfurter Institute unter
einem Dach auf dem Uni-Campus Westend gebündelt, die sich mit dem Thema Geld auseinandersetzen. Neben zahlreichen Professuren für „Finance“, „Monetary Economics“, Geld und Währung
sowie ausgewählte juristische Bereiche wird das „House of Finance“, die „Goethe-BusinessSchool“, das Graduiertenkolleg „Money and Finance“, die Bundesbank-Stiftung „Geld und Währung“, das Kapitalmarktforschungsinstitut „Center for Financial Studies“, das „Institute of Law
and Finance“ sowie die Forschungseinrichtung „E-Finance Lab“ beherbergen. Die Schaffung
Helaba Volkswirtschaft · Juni 2006 · © Helaba
Finanzplatz Frankfurt – Ein Standort bewegt sich
dieses umfassenden Netzwerkes wird den Dialog zwischen den einzelnen Keimzellen der Finanzmarktforschung und auch mit der Praxis intensivieren. Zudem wird die Innovationsdynamik am
Finanzplatz Frankfurt gefördert genauso wie die Ausbildung hochqualifizierter Nachwuchswissenschaftler. Zwar behält London seine unangefochtene Vorrangstellung innerhalb Europas als angesehenster Ort für finanzbezogene Bildung. Doch Frankfurt erwächst als ein immer ernstzunehmenderer Konkurrent bei der Rekrutierung von „High Potentials“. Die enger werdende Verzahnung zwischen Wissenschaft und Praxis verringert die Suchkosten für Finanzmarktspezialisten. So
ist das „House of Finance“ auf dem besten Wege, zum Aushängeschild des Finanzplatzes Frankfurt zu werden.
Frankfurts Finanzlehre wird damit nicht nur in Europa, sondern auch innerhalb Deutschlands an
Ansehen gewinnen. Den Weg zur Etablierung eines international attraktiven MBA gehen hierzulande zuvorderst neben der „Goethe-Business-School“ ihr nahgelegenes Pendant in Mannheim sowie die Handelshochschule in Leipzig und die WHU Vallendar bei Koblenz. Die Messe „Global
MBA Tour“ findet zweimal pro Jahr in Frankfurt statt und einmal in München.
Frankfurt vor München im
deutschen Hochschul-Ranking
Gemäß des Hochschulrankings der Zeitschrift „karriere“ gelten Leipzig und Vallendar auch als die
beiden führenden Wirtschaftshochschulen Deutschlands, unmittelbar gefolgt von der vor den
Toren Frankfurts beheimateten „European Business School“ auf dem dritten und das nahegelegene
Mannheim auf dem siebten Rang. Die Hochschule für Bankwirtschaft und die Goethe-Universität
befinden sich auf den Plätzen 8 und 12. München als intensivster Wettbewerber um die Stellung
als deutsches Finanzzentrum liegt deutlich weiter hinten (Platz 15 Technische Universität, Platz 22
Ludwig-Maximilian-Universität).
2.3.2
Trends in der Finanzbranche
Frankfurt
Mittelfeld
Paris
☺
Trends in der Finanzbranche
☺ International gut aufgestellt
London
Defizite
Quelle: Helaba Volkswirtschaft
Innovationskraft als Grundlage für
langfristig erfolgreichen
Finanzplatz
Trends mit weitreichendem
Einfluss auf Finanzbranche
39
Bedingt durch die Ausstattung eines Finanzplatzes mit Humankapital gerade im Finanzbereich
entwickeln sich neue Strömungen und Produkte. Eine spürbare Innovationskraft ist ein bedeutender Faktor für die Positionierung eines Standortes im internationalen Finanzgeschehen. Nur ein für
neu aufkommende Trends aufgeschlossener Finanzplatz kann sich auf die Dauer im internationalen Wettbewerb erfolgreich behaupten.
Im Folgenden werden einige Trends betrachtet. Es handelt es sich um Marktsegmente bzw. Akteure sowie Produkte, die erst in jüngerer Zeit eine entscheidende Rolle spielen. Diese befinden sich
in Deutschland, Frankreich und Großbritannien zumeist in unterschiedlichen Entwicklungsstadien
– bisweilen gelten sie noch als innovativ, bisweilen haben sie schon einen festen Platz im Finanzgeschehen eingenommen.
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Finanzplatz Frankfurt – Ein Standort bewegt sich
Wichtige Trends im europäischen Finanzwesen
Deutschland
Frankreich
Großbritannien
Marktsegm ente
Investm entbranche
Volumen 2005 (Mrd. € / % gg. Vj.)
965,5 / +13
1.270,6 / +14
634,7 / +29
Investmentvermögen pro Kopf 2005 (€)*
6.611
19.316
8.557
Portfoliovolumen 2004 (Mrd. € / % gg. Vj.)
20,2 / +13
25,5 / +9
59,8 / +15
Investitionen 2004 (Mrd. € / in % des BIP)
3,8 / 0,2
5,2 / 0,4
19,1 / 1,1
verw altetes Volumen 2005 (Mrd. €)
1,1
14,2
216,6
Anzahl Fonds 2005
20
92
785
Emissionsvolumen 2005 (Mrd. € / % gg. Vj.)
21,7 / +233
9,1 / +29
145 / +37
dar. %-Anteil ABS i.e.S. vs. MBS
85 / 15
40 / 60
25 / 75
566
257
1256
ausstehendes Nominalvolumen 2004 (Mrd. €)
160
105
85
%-Anteil am BIP
7,2
6,4
5,2
Anzahl Gesellschaften 2005
voraus. 2007
21
ab 01.01.2007
Private-Equity
Hedge-Fonds
Produkte
Asset Backed Securities
Kreditderivate
ausstehendes Nominalvolumen 2003 (Mrd. €)
Non-Perform ing Loans
REITs
Marktkapitalisierung 2005 (Mrd. € / % gg. 2003)
26,6 / +140
Quellen: Investmentbranche: BVI, EFAMA (* nur Publikumsfonds ohne Dachfonds, inkl. ausländischer Fonds deutscher Provenienz); Private-Equity: EVCA; Hedge-Fonds: EuroHedge; Asset Backed Securities: European Securitization Forum; Kreditderivate: Deutsche Bundesbank (Grundgesamtheit 10 deutsche Banken, Wert bezieht sich schwerpunktmäßig auf Kreditderivate),
Banque de France (Grundgesamtheit 3 Banken zzgl. Versicherungen und Fonds mit kaum nennenswertem Volumen), British
Banker's Association; Non-Performing Loans: Kroll/OWC; REITs: IEIF; Helaba Volkswirtschaft
2.3.2.1
Marktsegmente
Investmentbranche
Investmentfonds in Europa mit
hoher Innovations- und
Wachstumsdynamik
40
Investmentfonds sind keine Neuerscheinung auf den Finanzmärkten (vgl. 2.2.3), aber angesichts
ihrer spürbaren Innovations- und Wachstumsdynamik ist die Investmentbranche in der europäischen Finanzwelt besonders wichtig. 2005 gipfelte das Wachstum des in Europa verwalteten
Fondsvolumens in einem Anstieg um weit mehr als 20 % gegenüber dem Vorjahr auf knapp
6,6 Bill. €; dahinter stehen sowohl eine gute Performance der Fonds als auch hohe Nettozuflüsse in
Anbetracht der Attraktivität dieser Produkte. Die Investmentbranche dürfte mittelfristig immer
mehr an Bedeutung gewinnen: Zum einen werden zunehmend gezielte Sparprodukte aufgelegt und
neue Investitionsstrategien für den Mega-Trend Altersvorsorge entworfen, denn die staatlichen
Vorsorgesysteme in Europa sind angesichts des demografischen Wandels unzureichend. Zum
anderen besteht Bedarf an spezifischen Produkten zur Erzielung von Zusatzrenditen und die Bereitschaft, das damit verbundene höhere Risiko zu tragen, so dass hierfür viele neue Konstrukte
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Finanzplatz Frankfurt – Ein Standort bewegt sich
entwickelt werden. Strukturierte Produkte, z.B. bezogen auf Themen- und Regionen, sind somit
neben Altervorsorgeprodukten die Kernthemen der Investmentbranche.
Frankreich führend im
Investmentmarkt gefolgt von
Deutschland und Großbritannien
Im europäischen Vergleich besteht für den deutschen Investmentmarkt noch Wachstumspotenzial,
das es zu heben gilt: Das Investmentvermögen pro Kopf betrug in Deutschland Ende 2005 über
6.600 € (inklusive ausländischer Fonds deutscher Provenienz), während es in Frankreich bei
19.300 € und in Großbritannien bei knapp 8.600 € lag. Diese Zahlen spiegeln die unangefochtene
Vorrangstellung Frankreichs im europäischen Investmentmarkt wider – Frankreich hat mit Abstand die höchste Anzahl an Gesellschaften und das größte Fondsvolumen. Ende 2005 belief sich
die Gesamtsumme französischer Fonds auf 1.270 Mrd. €, Deutschland kam hier auf knapp 970
Mrd. € und Großbritannien folgte dahinter mit nahezu 640 Mrd. €. Die gerade für Deutschland
wichtigen „Round-Trip-Fonds“ (d.h. ausländische Fonds deutscher Provenienz, Volumen Ende
2005 rund 200 Mrd. €) sind hier nicht enthalten ebenso wie die hochkapitalisierten, britischen
„Pension Funds“.21 Die Anteile am insgesamt in Europa verwalteten Fondsvolumen liegen bei
knapp 20 % in Frankreich, rund 15 % in Deutschland und fast 10 % in Großbritannien.
Investmentvermögen pro Einwohner
Europäischer Markt für Investmentfonds
€, 2005
Anteil in %, Ende 2005
20.000
20.000
16.000
16.000
12.000
12.000
8.000
8.000
4.000
4.000
0
Großbritannien
10 %
Frankreich
20 %
Deutschland
15 %
Rest Europa
55 %
0
Deutschland*
Frankreich
Großbritannien
*inkl. ausl. Fonds deutscher Provenienz
Quellen: EFAMA, Helaba Volkswirtschaft
Quellen: BVI, Helaba Volkswirtschaft
Verbesserungsbedarf bei
deutscher
Investmentgesetzgebung
Deutscher Investmentmarkt
birgt viel Potenzial
Allerdings wählen hiesige Fondsgesellschaften aus Regulierungsgründen oftmals nicht Deutschland zur Auflegung ihrer Produkte. Angezogen von der attraktiveren rechtlichen Ausgestaltung
bevorzugen sie hierfür stattdessen Luxemburg oder auch Dublin und vertreiben die Fonds anschließend in Deutschland („Round-Trip-Fonds“). Entsprechendes ist bei Kapitalanlagegesellschaften aus Großbritannien und Frankreich nicht zu beobachten, denn für sie ist die inländische
Zulassung von Fonds leichter ausgestaltet als hierzulande. Daneben legen britische und französische Gesellschaften natürlich auch viele Fonds im Ausland auf. Grenzüberschreitende Geschäfte
gewinnen im Rahmen der Globalisierung und nun diskutierten Modernisierung der EU-Investmentbestimmungen zunehmend an Bedeutung mit der Folge eines sich intensivierenden Wettbewerbs innerhalb Europas.
Trotz der regulatorischen Hemmnisse für die Fondsauflegung in Deutschland ist die größte Volkswirtschaft der Eurozone ein attraktiver Markt für die Investmentbranche. Neben Bevölkerungsgröße und Wohlstandsniveau macht ihn insbesondere der Nachholbedarf im Bereich der privaten
Altersvorsorge interessant: Mit nahezu 82,5 Millionen Personen ist Deutschland eines der größeren OECD-Länder, 2004 betrug das BIP pro Kopf 28.500 $ ausgedrückt in Kaufkraftparitäten und
lag damit etwas über dem OECD-Durchschnitt. Auf Grund der Probleme des umlagefinanzierten
gesetzlichen Rentensystems gilt die kapitalgedeckte Altersvorsorge als entscheidende Wachstums21
Die hier vom European Funds and Asset Management Association (EFAMA) verwendeten Werte beziehen sich auf den
gesamten Fondsmarkt, d.h. die Summe aus „UCITS“ gemäß EU-Richtlinie und „non-UCITS“. Das vom BVI ausgewiesene
deutsche Fondsvolumen (Ende 2005: 1.160 Mrd. €) liegt etwas höher als in der EFAMA-Statistik, da der BVI auch die
ausländischen Fonds deutscher Provenienz mit einbezieht.
41
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Finanzplatz Frankfurt – Ein Standort bewegt sich
kraft. Dass es sich beim deutschen Investmentmarkt um eine Wachstumsbranche handelt, belegt
der Anstieg des Fondsvolumens (ohne Dachfonds), der seit Mitte der 90er Jahre durchschnittlich
13 % pro Jahr beträgt und 2005 bei 16 % lag.
Fondsvermögen der deutschen Investmentbranche
Mrd. €
1.200
1.200
insgesamt
1.000
1.000
800
800
Spezialfonds
600
600
400
400
Publikumsfonds
200
200
0
0
1994
1995
1996
1997
1998
1999
2000
2001
2002
2003
2004
2005
Quellen: BVI, Helaba Volkswirtschaft
Private-Equity
Private-Equity-Gesellschaften erlangen als Quelle der Unternehmensfinanzierung ein zunehmendes Gewicht im Finanzmarktgeschehen. Diese außerbörslichen Eigenkapitalfonds werben umfangreiche Mittel an (Funds Raising) und investieren sie dann in Unternehmen. Ihre Geldgeber sind
Pensionskassen, Stiftungen, Versicherungen und vermögende Privatleute. Ihre Zielobjekte sind
Konzernabspaltungen, ganze mittelständische Familienunternehmen oder börsennotierte Gesellschaften. Abhängig vom Entwicklungsstand des Zielunternehmens handelt es sich um einen BuyOut oder Venture Capital: Bei einem Buy-Out übernimmt ein Private-Equity-Fonds ein bereits
etabliertes Unternehmen mit Beteiligungskapital, um dann durch dessen Umstrukturierung und
Einbringung eigener Expertise die Ertragslage zu verbessern und die Firma nach einigen Jahren
gewinnbringend weiterzuverkaufen oder an die Börse zu bringen (IPO). Die Finanzierung eines
Buy-Outs erfolgt nicht nur durch den Mittelzufluss von Kapitalgebern, sondern auch über Kredite
und oftmals Mezzanine-Kapital, was eine Mischform von Eigen- und Fremdkapital darstellt. Anders als bei einem Buy-Out bezieht sich die Vergabe von Wagniskapital (Venture Capital) auf ein
junges, vielversprechendes Wachstumsunternehmen. Private-Equity-Gesellschaften sind auf den
Märkten für Kreditrisikotransfer und REITs aktiv. Beispielsweise werden die von Kapitalbeteiligungsgesellschaften aufgenommenen Kredite von Banken verbrieft und weiterverkauft. Bei Einführung von REITs in Deutschland ist verstärkt mit Investitionen von Private-Equity-Häusern in
den hiesigen Immobilienmarkt zu rechnen.
Schwung im europäischen
Beteiligungsmarkt
– Rekordwerte 2005
Der europäische Private-Equity-Markt boomt wie nie zuvor:22 2005 kam es zu mehr als 43 Mrd. €
Investitionen – eine deutliche Steigerung gegenüber dem Vorjahr mit 37 Mrd. € und der Aufwärtstrend setzt sich fort. Bei rund Zweidrittel der Beteiligungen handelte es sich nach wie vor um BuyOuts, hierunter zunehmend von Privat- und Familienunternehmen. Venture Capital wird in Erinnerung an die Folgen der New-Economy-Bubble noch vorsichtig angegangen, aber das Vertrauen
kehrt langsam wieder zurück. Beim Funds Raising wurde im vergangenen Jahr ein neuer Rekordwert erzielt, mit insgesamt rund 60 Mrd. € sammelten Private-Equity-Gesellschaften für Europa
mehr als doppelt so viel Eigenkapital ein wie 2004. Zusammen mit weiter günstigen Kreditkonditionen deutet dies auf umfangreiche Investitionen der Branche in den kommenden Jahren hin.
22
Der europäische Verband EVCA hat für 2005 Angaben für Europa insgesamt bereits veröffentlicht, die damit kompatiblen, untereinander vergleichbaren Länderdaten erscheinen im Juni/Juli 2006. Insofern wurden hier für Europa die Werte für
2005 verwendet und für die einzelnen Länder Daten von 2004. Angaben aus nationalen Quellen wurden nicht ergänzend
herangezogen, da diese teils auf anderen Definitionsabgrenzungen beruhen und sich dadurch Vergleichbarkeitsprobleme
ergeben.
42
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Finanzplatz Frankfurt – Ein Standort bewegt sich
London verwaltet Großteil des Private-Equity in Europa
Deutlicher Anstieg der Beteiligungsportfolios in Europa
%-Anteile an europäischem Portfoliovolumen
Mrd. €
Deutschland
13%
Rest Europa
32%
80
80
60
60
Großbritannien
Frankreich
16%
40
40
Frankreich
20
Deutschland
Großbritannien
39%
0
Größenvorsprung im
Private-Equity-Markt
0
1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004
Quellen: EVCA, Helaba Volkswirtschaft
Großbritannien mit Zeit- und
20
Quellen: EVCA, Helaba Volkswirtschaft
Innerhalb Europas fällt dem britischen Finanzzentrum die Führungsrolle im Private-Equity-Bereich zu. Das Segment entwickelt sich hier bereits seit den 1970er Jahren. Einher mit dem deutlichen zeitlichen Vorsprung Londons vor Frankfurt und Paris geht ein deutlicher Größenunterschied: Vom europäischen Portfolio in Höhe von 156 Mrd. € Ende 2004 wurden knapp 40 % in
Großbritannien, 16 % in Frankreich und 13 % in Deutschland verwaltet. Damit liegt der britische
Anteil bei den angelegten Mitteln des Fondsvolumens allerdings etwas unter seinem Durchschnitt
seit Beginn der 90er Jahre, während die anderen beiden Länder ihre durchschnittliche Position auf
dem Private-Equity-Markt behauptet haben. 2004 ist das Portfoliovolumen aller drei merklich angestiegen: auf knapp 60 Mrd. € in Großbritannien, nahezu 26 Mrd. € in Frankreich und über
20 Mrd. € in Deutschland. Noch pointierter stellt sich die britische Vorrangstellung im Beteiligungsmarkt beim Neugeschäft dar – das Investitionsvolumen Großbritanniens lag 2004 bei gut
19 Mrd. € gegenüber Frankreich und Deutschland mit mehr als 5 Mrd. € bzw. nahezu 4 Mrd. €. So
belief sich die britische Investitionsquote in Relation zum BIP auf über 1 %, während die französische knapp 0,4 % und die deutsche fast 0,2 % betrug. Ähnlich wie bei den Investitionen ist Großbritannien auch beim Funds Raising führend.
Private-Equity-Gesellschaften in Europa
Investitionen britischer Beteiliger am ausgeprägtesten
Mitglieder beim jeweiligen nationalen Verband
Mrd. €
in % des BIP
400
400
40
300
300
30
200
200
20
0,6
100
100
10
0,3
0
0
Deutschland
Frankreich
Großbritannien
Quellen: BVK, BVCA, AFIC, Helaba Volkswirtschaft
Ordentliche Gesellschaften
ähnlich stark vertreten
43
1,2
Absolut
(linke Skala)
In Relation zum BIP
(rechte Skala)
0,9
0
0
Europa
Deutschland
Frankreich
Großbritannien
Quellen: EVCA, Helaba Volkswirtschaft
Der Vergleich der beim jeweiligen nationalen Verband eingetragenen Kapitalbeteiligungsgesellschaften zeigt, dass in Großbritannien und Frankreich jeweils weit mehr als 300 Private-EquityGesellschaften agieren gegenüber rund 250 in Deutschland. Hierunter fallen sowohl ordentliche
Gesellschaften als auch assoziierte mit beratendem Schwerpunkt, wie z.B. Wirtschaftsprüfer oder anwälte. Die auf Beteiligungsinvestitionen spezialisierten, ordentlichen Gesellschaften – also die
„eigentlichen“ Private-Equity-Häuser – sind in allen drei Ländern etwa gleich stark vertreten. Ihre
Anzahl beläuft sich in Großbritannien und Deutschland jeweils auf rund 180 und dürfte abstrahiert
von Definitionsunterschieden auch in Frankreich in ähnlicher Größenordnung liegen.
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Finanzplatz Frankfurt – Ein Standort bewegt sich
Hindernisse für deutsche
Private-Equity-Häuser
Deutsche Unternehmen im Fokus
der Beteiligungsbranche
Ein entscheidender Vorteil für die britischen Beteiligungsgesellschaften ist ihr im Laufe der Jahre
aufgebautes Renomée – anders bei der deutschen Private-Equity-Branche, deren Entwicklung zudem durch nationale Faktoren gebremst wird: Zum einen gelten die hierzulande geschaffenen
rechtlichen Rahmenbedingungen im internationalen Vergleich als noch nicht konkurrenzfähig
genug. Zum anderen mangelt es den hiesigen Private-Equity-Häusern an finanzstarken Geldgebern
und einer „Community“ am deutschen Finanzzentrum am Main. Sie verteilen sie sich auf mehrere
Städte – rund 50 Gesellschaften sind jeweils in Frankfurt und München ansässig und je etwa 20 in
Berlin, Hamburg und Düsseldorf. Und dabei hat bereits die internationale Private-Equity-Branche
Frankfurt eine besondere Rolle zugedacht, indem hier alljährlich ihre weltweit wichtigste Konferenz „Superreturn“ stattfindet.
Ein Abbau der regulatorischen Hemmnisse würde die Aktivität deutscher Private-Equity-Gesellschaften fördern. Schließlich sind sie in einem Markt unmittelbar vor Ort, der in den Augen der
gesamten Branche als äußerst attraktiv gilt, und nutzen diesen Vorteil bis dato nur begrenzt. Immer
mehr angelsächsische Beteiligungsfonds investieren in die deutsche Unternehmen, zunehmend
sehen sie Potenziale im hiesigen Mittelstand als zentraler Kraft der sich erholenden deutschen
Volkswirtschaft.
Hedge-Fonds
Die Grenzen zwischen Private-Equity-Häusern und Hedge-Fonds werden fließender und der Wettbewerb intensiver, je mehr sich ihre Investmentmodelle annähern. Sie unterscheiden sich tendenziell durch Dauer und Strategieziel ihrer Kapitalanlagen: Während der Fokus von Private-EquityFonds auf langfristige Investitionen in Unternehmen gerichtet ist, gelten Hedge-Fonds eher als
kurzfristig ausgerichtet. Durch Nutzung von Arbitrage auf liquiden Märkten wird eine möglichst
hohe Rendite angestrebt. Mit der vergleichsweise neuen Tendenz des unmittelbaren Erwerbs von
Firmen(anteilen) weiten die Hedge-Fonds ihr Anlagespektrum aus. Bei der Domizilierung bzw.
Registrierung wählen viele Hedge-Fonds „Offshore“-Standorte auf Grund der dortigen attraktiveren Regulierung und Besteuerung; „Onshore“-Plätze – also v.a. nationale Finanzzentren – spielen
für die Niederlassung der Hedge-Fonds-Manager eine geringere Rolle.
London bei Anzahl europäischer Hedge-Fonds ...
... und bei Anteil am europäischen Volumen führend
Ende 2005
%, Ende 2005
Frankreich
10 %
Deutschland
2%
Großbritannien
62 %
Großbritannien
74 %
Rest Europa
26 %
Quellen: EuroHedge, Helaba Volkswirtschaft
London als Hedge-FondsZentrum in Europa
44
Frankreich
5%
Deutschland
1%
Rest Europa
20 %
Quellen: EuroHedge, Helaba Volkswirtschaft
Der europäische Hedge-Fonds-Markt expandiert angesichts des zunehmenden Investoreninteresses
an diversifizierten Produkten und der Hoffnung auf ansehnliche Renditen; gerade in einer Zeit
niedriger Zinsen am Geld- und Kapitalmarkt locken die attraktiven Gewinnchancen trotz des damit
verbundenen hohen Risikos. In den letzten Jahren hat das Volumen der Europa-basierten, von
Hedge-Fonds betreuten Vermögenswerte spürbar zugenommen und einen Stand von gut 275 Mrd.
€ erreicht. Dass der britische Finanzplatz Zentrum der europäischen Managementaktivitäten ist,
zeigen Fondsvolumen und -anzahl: Mit einem Volumen von 217 Mrd. € wurden Ende 2005 mehr
als ¾ aller Europa-basierten Hedge-Fonds-Vermögenswerte von London aus verwaltet. Das
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Finanzplatz Frankfurt – Ein Standort bewegt sich
Fondsvolumen Frankreichs betrug 14 Mrd. € bzw. 5 % des europäischen Marktes, der Anteil
Deutschlands belief sich auf unter 1 % (1,1 Mrd. €).23 Ähnlich sieht die Verteilung der insgesamt
über 1.200 Fonds zum Ende letzten Jahres aus – mit knapp 790 wurden Zweidrittel in Großbritannien aufgelegt, gut 90 in Frankreich und über 20 in Deutschland.
Der hiesige Markt für Hedge-Fonds befindet sich noch im Frühstadium. Schwerpunktmäßig findet
die Verwaltung innerhalb Deutschlands von am Finanzplatz Frankfurt ansässigen Gesellschaften
statt. Einige Fonds laufen über Luxemburg und werden in verschiedenen Ländern abgesetzt. Dem
deutschen Finanzzentrum wird durch die jährlich stattfindende globale Konferenz „Superhedge“
besondere Aufmerksamkeit zuteil.
Hedge-Fonds in Deutschland
Anteil an Volumen in % (Anzahl in Klammern), Anfang 2006
UBS
Global (1)
Oppenheim (2)
1%
12%
Hansainvest (4)
3%
Allianz Dresdner
Lux (2)
19%
FT Invest Lux (1)
3%
Ampega (2)
9%
DWS (5)
18%
Deka (2)
8%
UAM S.A. (4)
26%
Cominvest (2) 2%
Quellen: BVI, Helaba Volkswirtschaft
Regulierung maßgeblich für
Expansion der Hedge-Fonds
Der unterschiedliche Entwicklungsstand in den drei betrachteten Ländern wird entscheidend durch
die rechtlichen Rahmenbedingungen determiniert. Während das regulatorische Umfeld in Großbritannien schon seit längerem günstig ist, wurde die Basis für den Hedge-Fonds-Markt in Deutschland im Grunde erst mit dem Investmentmodernisierungsgesetz Anfang 2004 geschaffen. Dies gilt
zwar als Schritt in die richtige Richtung, aber im internationalen Vergleich immer noch als zu
restriktiv. Frankreich versucht mit einer recht flexiblen Gesetzgebung Hedge-Fonds anzuziehen.
2.3.2.2
Produkte
Die Trends auf der Produktseite befassen sich vornehmlich mit dem Kreditrisikotransfer. Zu den
auf die klassische Kreditvergabe aufsetzenden Finanzinstrumenten gehören Asset Backed Securities, Kreditderivate und Non-Performing Loans. Dies sind im Grunde drei eigenständige Marktsegmente, die aber insofern miteinander verbunden sind, als dass z.B. die Technik der Kreditderivate mittlerweile auf dem Verbriefungsmarkt Verwendung findet oder auch eine Verbriefungstransaktion von Non-Performing Loans möglich ist. Ferner haben diese drei Produktkategorien
gemeinsam, dass durch die Ausplatzierung des Kreditrisikos bei der kreditgebenden Bank eine
bilanzentlastende Wirkung und in der Folge bessere Refinanzierungsmöglichkeiten erzielt werden
können. Dies bekommt durch den gestiegenen nationalen und grenzüberschreitenden Wettbewerb
zwischen den Finanzinstituten und die Einführung von Basel II Anfang 2007 eine erhöhte Relevanz.
23
Es gibt keine offiziellen Statistiken über Hedge-Fonds in Europa, sondern nur Schätzungen auf Basis freiwilliger Angaben seitens der Gesellschaften. Die hier für Deutschland verwendeten Volumenangaben von EuroHedge liegen unter denen
des deutschen Bundesverbandes Investment und Asset Management (1,4 Mrd. €) und denen des deutschen Bundesverbandes Alternative Investments (rund 2 Mrd. €); ebenso differieren die Angaben über die Anzahl der Fonds etwas.
45
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Finanzplatz Frankfurt – Ein Standort bewegt sich
Kreditvergabe an Privatsektor in Frankreich am geringsten
Bill. €, Ende 2005
3
3
2
2
1
1
0
0
Deutschland
Frankreich
Großbritannien
Quellen: Deutsche Bundesbank, Bank of England, Helaba Volkswirtschaft
Deutschland mit besonderem
Expansionspotenzial auf Märkten
für Kreditrisikotransfer
Das Expansionspotenzial für Asset Backed Securities, Kreditderivate und den Verkauf von NonPerforming Loans dürfte gerade in Deutschland mit seinen in diesem Bereich jungen Märkten und
seinem generell umfangreichen Kreditvolumen recht hoch sein. Die Kredite deutscher monetärer
Finanzinstitute an den privaten Sektor Eurolands beliefen sich Ende 2005 auf knapp 2,3 Bill. € –
weit mehr als in jedem anderen €-Mitgliedsland begeben wurde, so auch in Frankreich mit 1,4
Bill. €. In Großbritannien liegt das Kreditvolumen zwar noch höher, Banken und Wohnungsbaugesellschaften reichten Ende 2005 an den britischen Privatsektor insgesamt fast 2,7 Bill. Kredite
aus.24 Jedoch sind die Märkte zum Kreditrisikotransfer in Großbritannien schon weiter entwickelt
als hierzulande, was in Deutschland mehr Dynamik erwarten lässt.
Asset Backed Securities (ABS)
Bei einer ABS-Transaktion überträgt ein Kreditgeber („Originator“, zumeist Banken) Kreditrisiken an eine Zweckgesellschaft („Special Purpose Vehicle“, kurz SPV), mit der Folge dass das
Kreditrisiko vom Originator der Forderungen getrennt wird. Die Zweckgesellschaft bündelt die
Forderungen i.d.R. zu Pools und teilt sie in verschiedene Risikoklassen auf; sie refinanziert sich
durch Emission von Wertpapieren, die durch das Kreditportfolio besichert sind und von Investoren
am Markt gekauft werden.
Der Nutzen für den Originator liegt zum einen darin, dass das Kreditausfallrisiko aus seiner Bilanz
ausgegliedert wird, er also aktives Risikomanagement betreibt. Zum anderen erhält er den Erlös
aus der ABS-Emission. Es handelt sich um eine True-Sale-Transaktion, wenn es zum tatsächlichen
Verkauf der Kredite kommt. ABS-Geschäfte können aber auch rein synthetisch abgewickelt werden, indem nur das Kreditrisiko ausplatziert wird. Als Instrument für die synthetische Verbriefung
fungieren Kreditderivate (vgl. Abschnitt Kreditderivate).
Generell werden in Abhängigkeit von der zugrundeliegenden Forderungsart („Underlying“) zwei
Hauptarten von ABS unterschieden: Bilden Hypothekenforderungen das Underlying, so spricht
man von Mortgage Backed Securities (MBS), bei allen anderen Forderungen – z.B. Unternehmens- oder Konsumentenkredite – von Asset Backed Securities in engerem Sinne. Grundsätzlich
können auch notleidende Kredite (vgl. Abschnitt Non-Performing Loans) verbrieft werden. Allerdings hat es hierzulande noch keine derartige Transaktion gegeben, es ist aber bereits in der Diskussion.
24
Für Deutschland und Frankreich erfasst die Europäische Zentralbank die Kreditvergabe der MFIs gemäß ihrer Definition,
wohingegen für Großbritannien die Bank of England nur diejenigen von Banken und Wohnungsbaugesellschaften betrachtet. Ferner unterscheiden sich die hier verwendeten Daten darin, dass die EZB die Kredite an den gesamten Euroraum
ausweist, während sich die Angaben der Bank of England nur auf die inländische Kreditvergabe bezieht. Für alle drei
Länder wird das Aggregat aus Krediten in Lokal- und Fremdwährung verwendet.
46
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Finanzplatz Frankfurt – Ein Standort bewegt sich
Verbriefung gewinnt an Dynamik in Europa ...
... London dabei führend
Emissionsvolumen in Mrd. €
%-Anteile an ABS-Volumen 2005
Großbritannien
350
Frankreich
300
Deutschland
250
200
Deutschland 7%
350
Frankreich
3%
300
250
200
150
150
Europa
100
Rest Europa
45%
100
50
50
0
0
Großbritannien
45%
1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005
Quellen: European Securitization Forum, Helaba Volkswirtschaft
Großbritannien unangefochten an
Spitze europäischer Verbriefung
Junger deutscher Markt
True-Sales-Initiative fördert
deutschen Verbriefungsmarkt
Quellen: European Securitization Forum, Helaba Volkswirtschaft
Der europäische Verbriefungsmarkt hat sich 2005 ungebrochen dynamisch entwickelt und ein
neues Rekordvolumen von 320 Mrd. € erreicht – 30 % mehr als im Vorjahr. Am meisten ABSEmissionen gibt es nach wie vor in Großbritannien, wo sich der Markt seit Beginn der 90er Jahre
dynamisch entwickelt. Mit 145 Mrd. € belief sich der Marktanteil der britischen Volkswirtschaft
innerhalb Europas im letzten Jahr auf 45 %. Angesichts des bedeutenden britischen Immobilienmarktes bilden bei rund Dreiviertel aller Verbriefungstransaktionen Großbritanniens Hypothekenforderungen das Underlying (Mortgage Backed Securities, MBS).
Demgegenüber befindet sich der hiesige ABS-Markt noch im Frühstadium, aber er entwickelt sich
zusehends mit mehr Schwung. 25Das Volumen in Deutschland begebener Produkte verdreifachte
sich im vergangenen Jahr im Vergleich zu 2004 und erreichte knapp 22 Mrd. €.26 Damit kommt
Deutschland nun auf einen europäischen Marktanteil von 7 % und liegt vor Frankreich mit 3 %.
Dort stecken Verbriefungstransaktionen noch in den Kinderschuhen, das Emissionsvolumen ist
2005 nur etwas auf 9 Mrd. € angestiegen.
In Deutschland setzt sich die am Finanzplatz Frankfurt ansässige, von 13 Banken27 gegründete
True-Sales-Initiative (TSI) für die Verbesserung der Rahmenbedingungen und eine Standardisierung bei der Verbriefung ein, um „ABS made in Germany“ als Qualitätsprodukt stärker zu etablieren und dem hiesigen Verbriefungsmarkt positive Impulse zu geben. Dass es hierzulande – anders
als in Frankreich – statt eines speziellen ABS-Gesetzes nur Einzelregelungen gibt (z.B. im KWG),
muss kein Nachteil sein, sondern kann im Gegenteil sogar das Innovationspotenzial deutscher
ABS begünstigen. So bestehen vor dem Hintergrund eines zu erwartenden Aufwärtstrends dieser
Produktkategorie in Europa gute Entwicklungschancen für den hiesigen Verbriefungsmarkt.
Kreditderivate
Derivate sind Finanztitel, deren Wert sich vom zugrundeliegenden Basisinstrument („Underlying“)
ableitet. Im Vergleich zu den „klassischen“ Derivaten auf Zinsen, Währungen, Aktien u.ä. (vgl.
2.2.4) ist der Markt für Kreditderivate gerade in Europa recht neu. Kreditderivate machen Kreditrisiken getrennt von ihren Underlyings am Kapitalmarkt handelbar. Dabei wird das Kreditrisiko gegen Zahlung einer Prämie vom Verkäufer auf Käufer übertragen; ein isolierter Handel des Kreditrisikos ist möglich. Insofern trägt der Risikokäufer das Kreditrisiko, ohne das Underlying zu erwerben (synthetische Transaktion). Bei Kreditausfall erhält der Risikoverkäufer eine Ausgleichs25
Da in Deutschland viel über den Pfandbrief refinanziert wird, ist der Umfang von MBS-Transaktionen hierzulande
begrenzt.
26 Abweichend von den in diesem Abschnitt verwendeten Volumenangaben des European Securitization Forum gibt die
True-Sales-Initiative das Transaktionsvolumen deutscher Verbriefungen 2005 mit 35 Mrd. € an.
27
Bayerische Landesbank, Citigroup Deutschland, Commerzbank, DekaBank, Deutsche Bank, Dresdner Bank, DZ Bank,
Eurohypo, HSH Nordbank, Helaba, HVB Group, KfW Bankengruppe, WestLB.
47
Helaba Volkswirtschaft · Juni 2006 · © Helaba
Finanzplatz Frankfurt – Ein Standort bewegt sich
zahlung vom Risikokäufer (bedingte Zahlung). Den Schwerpunkt des Kreditderivatemarktes bilden sogenannte Credit Default Swaps (CDS), daneben gibt es z.B. Credit Linked Notes (CLN).
Mittlerweile werden Kreditderivate auch zur Weiterreichung des Kreditrisikos bei synthetischer
Verbriefung eingesetzt; eigentlich stellen Kreditderivate und ABS aber zwei eigenständige Segmente des Marktes für den Kreditrisikotransfer dar.
London als Zentrum des globalen Kreditderivatehandels
Mrd. €
1.400
1.400
1.200
1.200
1.000
1.000
800
800
600
600
400
400
200
200
0
0
Deutschland
Frankreich
Großbritannien
Quellen: Deutsche Bundesbank, Banque de France, British Banker’s Association,
Helaba Volkswirtschaft
Dynamische Marktentwicklung,
globales Zentrum in London
Kreditderivate zum Jahresende
an Eurex – positiv für
Marktentwicklung und für
Finanzplatz Frankfurt
Großbritannien bzw. London ist unangefochten das weltweite Zentrum des Kreditderivatemarktes.
Nahezu die Hälfte des global ausstehenden Volumens und der Großteil des europäischen entfällt
auf das britische Finanzzentrum. Ende 2003 belief sich das ausstehende Nominalvolumen hier auf
knapp 1.300 Mrd. €. Mit Abstand zu Großbritannien scheint sich Deutschland als zweitwichtigster
„Player“ bei Kreditderivaten in Europa heraus kristallisiert zu haben: 2003 wurde das Marktvolumen auf über 560 Mrd. € geschätzt, Frankreich kam hingegen nur auf rund 250 Mrd. €.28 Angesichts der anhaltenden Dynamik des Handels mit Kreditderivaten in Europa insgesamt ist mittlerweile von deutlich höheren Volumina auszugehen. So gehen Schätzungen für das Jahr 2004 von
einer 40 %igen Steigerung des Londoner Marktvolumens im Vergleich zum Vorjahr und einem
noch deutlicheren Zuwachs im restlichen Europa aus; einige namhafte deutsche und französische
Unternehmen waren in großvolumige Transaktionen involviert. Die Expansion dieses Instruments
zum Kreditrisikotransfer scheint derzeit ungebremst.
Einen zusätzlichen Impuls dürfte das europäische Geschäft mit Kreditderivaten Ende dieses Jahres
durch die weltweit größte Terminbörse Eurex (vgl. 2.2.4) erfahren. Denn die deutsch-schweizerische Terminbörse plant als erste überhaupt, in diesen lukrativen Markt einzusteigen und börsengehandelte Kreditderivate einzuführen. Bisher ist der bilaterale Handel zwischen Banken „Overthe-Counter“ Standard, wobei es zu Abwicklungs- und Abrechnungsproblemen gekommen ist.
Diese Risiken gingen bei einem börsengehandelten Produkt dann auf die Eurex über. So lässt die
Einführung von Kreditderivaten an der Eurex eine verstärkte Nachfrage in Europa erwarten – mit
positiven Folgen für den Finanzplatz Frankfurt.
28
Die in diesem Abschnitt verwendeten Angaben über das Marktvolumen in den drei Ländern sind nur grobe Richtwerte:
Die Schätzungen der British Banker’s Association zum europäischen Markt unter Ausschluss Großbritanniens sind nicht
mit den Erhebungen der Deutschen Bundesbank für Deutschland und der Banque de France für Frankreich kompatibel, die
im Rahmen einer Initiative des Bankenaufsichtsausschusses des Europäischen Systems der Zentralbanken durchgeführt
wurden. Zudem differiert der in die jeweilige Erhebung einbezogene Kreis von Instituten zwischen den drei Ländern (vgl.
Tabelle). Nichtsdestotrotz werden diese Schätzwerte zum Vergleich herangezogen, da es keine besseren und auch keine
aktuelleren offiziellen Schätzungen für den Kreditderivatemarkt der drei Länder gibt.
48
Helaba Volkswirtschaft · Juni 2006 · © Helaba
Finanzplatz Frankfurt – Ein Standort bewegt sich
Non-Performing Loans (NPLs)
Bei Non-Performing Loans (NPLs) handelt es sich um Kredite, bei denen der Schuldner insolvent
geworden ist oder zumindest eine hohe Ausfallwahrscheinlichkeit besteht.29 Durch den Verkauf
von NPLs erfolgt ein Risikotransfer, der positive Auswirkungen auf Rating und Refinanzierungsmöglichkeiten der verkaufenden Bank haben kann. Während der Markt für den NPL-Verkauf in
Großbritannien und Frankreich schon länger existiert, handelt es sich im deutschen Kreditmarkt
noch um ein recht neues Segment. Dementsprechend bildet sich in Deutschland mit Fortentwicklung des Marktes für notleidende Kredite eine zunehmende Standardisierung heraus, die rechtlichen Detailunsicherheiten verringern sich und mit ihnen die anfallenden Transaktionskosten.
Höchstes NPL-Volumen in Deutschland 2004
Steigendes Transaktionsvolumen deutscher NPL-Verkäufe
Mrd. €
%
200
160
in % des BIP
(rechte Skala)
Mrd. Euro
(linke Skala)
Mrd. €
8
20
20
6
15
15
4
10
10
2
5
5
0
0
120
80
40
0
Deutschland
Frankreich
Großbritannien
Quellen: Mercer Oliver Wyman, Helaba Volkswirtschaft
NPL-Bestand im Verhältnis zum
BIP differiert kaum
NPL-Verkauf insbesondere in
Deutschland mit Potenzial
2002
1
2003
2
2004
3
2005
4
0
Quellen: Mercer Oliver Wyman, Helaba Volkswirtschaft
So jung der hiesige Markt auch ist, Deutschland besitzt den größten NPL-Bestand in Europa: Mit
rund 160 Mrd. € war das Volumen der hierzulande vorhandenen notleidenden Kredite 2004 doppelt so groß wie in Großbritannien mit 85 Mrd. € und auch merklich umfangreicher als in Frankreich mit 105 Mrd. €.30 Hierbei gilt es allerdings die Größe der drei Volkswirtschaft zu berücksichtigen, die ausstehenden NPLs in Relation zum BIP beliefen sich auf 7 % in Deutschland, 6 % in
Frankreich und 5 % in Großbritannien.
Seit 2003 ist der NPL-Verkauf in Deutschland durch einige nennenswerte Transaktionen in
Schwung gekommen und das jährliche Transaktionsvolumen spürbar angestiegen – von 3 Mrd. €
in 2003 auf 12 Mrd. € im Folgejahr und 2005 bereits auf 17 Mrd. €. Dem deutschen Markt für die
Weiterreichung notleidender Kredite wird innerhalb Europas das größte Wachstumspotenzial zugeschrieben. Er hat eine große Anziehungskraft auf ausländische Investoren, wie Hedge Fonds und
Investmentbanken. Schließlich nutzen die hiesigen Banken immer mehr die Möglichkeit des NPLVerkaufs statt diese Darlehen in Eigenregie abzuwickeln. Auf Grund des frühen Entwicklungsstadiums des Marktes für notleidende Kredite in Deutschland halten Investoren oftmals eine unmittelbare Abwicklung am hiesigen Finanzplatz für am besten, um vor Ort gute Beziehungen und
eigene Plattformen aufbauen zu können.
Real Estate Investment Trusts (REITs)
REITs seit 2003 in Frankreich,
voraussichtlich ab 2007 in
Deutschland und Großbritannien
REITs sind eine sich zunehmend verbreitende Form der indirekten Immobilienanlage. Abgesehen
von länderspezifischen Ausgestaltungen kennzeichnen sich diese oftmals börsennotierten Aktiengesellschaften generell durch ihren Schwerpunkt im Immobiliengeschäft, ihre hohe Ausschüttungsquote mit der Folge attraktiver Dividendenrenditen und den dafür gewährten Steuervorteil
auf Unternehmensebene. Die ursprünglich US-amerikanische Idee der REITs findet auch in Euro29
Kredite mit einer hohen Ausfallwahrscheinlichkeit werden eigentlich als „sub-perfoming“ eingestuft, im Folgenden aber
auch unter die NPLs gefasst; eine genauere Definition ist in den Basel II-Regularien zu finden.
Diese Schätzungen basieren auf einem Modell von Mercer Oliver Wyman; es existieren allerdings einige differierende
Schätzungen aus anderen Quellen, die das Marktvolumen sogar bis doppelt so hoch ansetzen.
30
49
Helaba Volkswirtschaft · Juni 2006 · © Helaba
Finanzplatz Frankfurt – Ein Standort bewegt sich
pa immer mehr Anklang, nach den Vorreiterländern Niederlande 1969 und Belgien 1995 führte
Frankreich 2003 die „Societé d’Investissement Immobilier Cotée“ (SIIC) ein. Und auch der Startschuss für derartige steuerbegünstigte Immobilienaktien in Großbritannien und Deutschland rückt
näher: Ende 2005 präsentierte der britische Schatzkanzler einen Gesetzesentwurf zur Ausgestaltung der UK-REITs und konkretisierte sowie modifizierte diesen bei Vorlage des Budgets für das
im April begonnene Haushaltsjahr; demnach wird es das Produkt ab Jahresanfang 2007 geben. In
Deutschland wird schon seit geraumer Zeit über REITs diskutiert. Jüngst wurde der Abschlussbericht der von der Regierungskoalition eingesetzten Expertengruppe vorgelegt und die Ausarbeitung eines Gesetzesentwurf empfohlen. Bislang ist die Einführung der deutschen REITs ebenfalls
für 2007 im Gespräch.
Erfolgsstory in Frankreich
Frankreich kann auf eine kurze, erfolgreiche Geschichte der SIIC zurückblicken: Ende 2005 belief
sich die Marktkapitalisierung der mittlerweile 20 SIIC auf knapp 27 Mrd. € – 140 % mehr als bei
den 10 börsennotierten Immobilienunternehmen mit diesem Status zu Beginn 2003. Die positive
Aufnahme der SIIC am Markt zeigt die Entwicklung des SIIC France Index.
Immobilienaktien in London am meisten gehandelt
SIIC France Index mit dynamischer Entwicklung
Ländergewichte FTSE EPRA/NAREIT Europe in %, Herbst 2005
31.12.2002 = 100
Deutschland
3%
Frankreich 10 %
Rest Europa
41 %
Großbritannien
46 %
250
250
200
200
150
150
100
100
50
Jan 2003 Jul 2003 Jan 2004 Jul 2004 Jan 2005 Jul 2005 Jan 2006
Quellen: EPRA, Helaba Volkswirtschaft
REITs können insbesondere in
Deutschland Potenziale heben
50
Quellen: IEIF, Helaba Volkswirtschaft
Die Einführung von REITs als international erfolgreichem und zunehmend an Bedeutung gewinnendem Produkt stärkt den Finanzplatz Frankfurt: Die Hebung von Marktpotenzialen – Schätzungen für Deutschland gehen mittelfristig von der stattlichen Summe von rund 70-130 Mrd. € aus –
dürfte nicht nur den inländischen Immobilienmarkt beleben, sondern auch die vor Ort als Berater
fungierende Branche der Investmentbanken zusätzliche Impulse verleihen. In Deutschland könnte
die Einführung von REITs den Durchbruch im bis dato recht kleinen Immobilienaktienmarkt bringen.
Europäische Immobilienaktien erfreuen sich zunehmender Nachfrage
FTSE EPRA NAREIT Index (01.01.2005 = 100)
200
200
Deutschland
180
Europa
160
180
Frankreich
160
140
140
120
120
100
100
Großbritannien
80
80
Jan 2005
Apr 2005
Jul 2005
Quellen: Datastream, Helaba Volkswirtschaft
50
Helaba Volkswirtschaft · Juni 2006 · © Helaba
Okt 2005
Jan 2006
Apr 2006
Finanzplatz Frankfurt – Ein Standort bewegt sich
Die intensive Diskussion um REITs belebt bereits die Nachfrage nach deutschen Immobilienaktien. Für die relativ gute Performance des deutschen Immobilienaktienindex FTSE EPRA /
NAREIT spielen allerdings auch andere Faktoren eine Rolle, wie z.B. das grundsätzliche Interesse
an deutschen Aktien, welches sich in einer Outperformance des deutschen Marktes seit dem Tiefpunkt im Jahr 2003 widerspiegelt. Ebenso tragen Umschichtungen von US-Kapitalanlegern hierzu
bei, die eine bevorstehende Abkühlung ihres eigenen Immobilienmarktes und gute Entwicklungsmöglichkeiten des deutschen sehen.
Entwicklungspotenziale für
deutsche REITs
Gesetzliche Ausgestaltung als
Erfolgsdeterminante
Dringlichkeit deutscher REITs
Bislang entfallen auf Deutschland nur 3 % der Marktkapitalisierung des europäischen Immobilienaktienindex FTSE EPRA / NAREIT, was sich mit etwa 45 % für Großbritannien und 10 % für
Frankreich vergleicht. Auch wenn der britische Markt ein anderes Volumen aufweist als der deutsche, sind in beiden Ländern im Handel mit Immobilienaktien Impulse durch REITs denkbar.
Jedoch hat die größte europäische Volkswirtschaft Deutschland hier mehr Entwicklungspotenzial,
zumal in den hiesigen Unternehmen ein hohes Immobilienvermögen schlummert. Bereits seit einigen Jahren kaufen insbesondere Private-Equity-Gesellschaften zwecks rentabler Weiterverwertung
Immobilien aus dem Bestand der öffentlichen Hand. Die anvisierte Einführung deutscher REITs
dürfte Finanzinvestoren noch aktiver am hiesigen Immobilienmarkt werden lassen.
Ursache für die schleppende Vorbereitung der REITs sind insbesondere potenzielle Steuerausfälle
durch im Ausland ansässige Investoren, so entgingen dem französischen Fiskus bislang Steuereinnahmen von schätzungsweise 0,2-2 Mrd. €. Die Balance zwischen Begrenzung der Steuerausfälle
und Anziehungskraft der REITs als Kapitalmarktprodukt auf in- und ausländische Investoren ist
essenziell für den Erfolg des Produkts. Die relative Attraktivität der nationalen REITs-Regulierungen wird entscheidend dafür sein, wie sich die Bedeutung Deutschlands und Großbritanniens
im europäischen Markt für Immobilienaktien entwickelt.
Mit Näherrücken der Einführung der UK-REITs Anfang 2007 wächst der Druck auf Deutschland,
die politischen Diskussionen um die bestmöglichste Ausgestaltung der deutschen REITs zu beenden und ebenfalls bald den Startschuss zu geben. Noch hat der hiesige Finanzplatz die Chance, im
REITs-Wettrennen Anschluss zu halten und dieses Produkt zeitnah und interessanter ausgestaltet
als in Großbritannien auf den Markt zu bringen. So könnte das deutsche Finanzzentrum verstärkt
in den Fokus ausländischer Investoren rücken und gegenüber seinem Konkurrenten London punkten. Die Dringlichkeit des Handlungsbedarfs verdeutlichen auch die Ambitionen deutscher Immobilienfondsgesellschaften zur Auflage von REITs im Ausland und die im April erstmalige Umsetzung derartiger Vorhaben. Schließlich sucht sich internationales Kapital seinen Weg, und wenn
das deutsche Finanzzentrum ihm diesen nicht bereitet, wird es nach London und Paris abwandern.
2.3.3
Auslandsaktivitäten
Auslandsaktivitäten
☺ International gut aufgestellt
Mittelfeld
Frankfurt
London
☺
☺
Paris
Defizite
Quelle: Helaba Volkswirtschaft
Die Internationalität eines Finanzplatzes zeigt sich nicht nur unmittelbar vor Ort durch seine ausländischen Institute und Aktivitäten (vgl. 2.2.1.2), sondern auch in den Beziehungen seiner Akteure ins Ausland und den dortigen Geschäftstätigkeiten. Die Verflechtungen in der Weltwirtschaft
haben sich nicht nur auf realwirtschaftlicher Ebene intensiviert, sondern auch in der Finanzbranche. Die internationale Finanzmarktintegration schreitet voran, so auch in der EU. Die Finanzinstitute aller drei Finanzplätze sind umfassend grenzüberschreitend tätig und unterhalten zahlreiche
51
Helaba Volkswirtschaft · Juni 2006 · © Helaba
Finanzplatz Frankfurt – Ein Standort bewegt sich
Niederlassungen, Filialen und Beteiligungen in anderen Ländern. Insbesondere der deutsche Finanzsektor hat seine Internationalisierung in den letzten Jahren spürbar voran getrieben.
Auslandskreditvergabe deutscher
Banken besonders ausgeprägt
In den Bereich der länderübergreifenden Dienstleistungen von Banken fallen die Kreditvergabe an
ausländische Kunden und deren Beratung. Die deutschen, schwerpunktmäßig am Finanzplatz
Frankfurt beheimateten Banken haben ihre Kreditvergabe an andere Länder in den letzten Jahren
merklich ausgeweitet. Ende 2004 beliefen sich ihre Bestände von in Fremd- und Lokalwährung
begebenen Darlehen an das Ausland auf gut 3,2 Bill. US-Dollar – dreimal so viel wie 1999. Damit
stammten 16 % aller weltweit bestehenden grenzüberschreitenden Kredite von deutschen Banken,
wohingegen britische Kreditinstitute nur einen Beitrag von nahezu 11 % und französische von
lediglich knapp 9 % leisteten. 2005 reduzierten sich die ausgewiesenen Bestände an grenzüberschreitenden Krediten des deutschen Bankensektors in Anbetracht der ausländischen Übernahme
der HypoVereinsbank auf knapp 2,8 Bill. Dollar, während französische und britische Banken ihre
Auslandsdarlehen auf nahezu 1,8 bzw. fast 2,5 Bill. Dollar steigern konnten.
Anteil deutscher Banken an Auslandskrediten am höchsten
Deutliche Zunahme der Auslandskredite deutscher Banken*
%, Ende 2004
Bill. $
20
16
20
2004
16
2005
3,5
3,5
3,0
3,0
2,5
2,5
12
12
2,0
2,0
8
8
1,5
1,5
1,0
1,0
0,5
0,5
4
4
0
0
Deutschland
Frankreich
0,0
0,0
Großbritannien
1999
Quellen: BIZ, Helaba Volkswirtschaft
2000
2001
2002
2003
2004
2005*
*2005: Wegfall der HypoVereinsbank aus der deutschen Statistik
Quellen: BIZ, Helaba Volkswirtschaft
Ausländisches Beteiligungskapital
der deutschen Finanzbranche
geringer als das britischer, aber
höher als das französischer
Finanzinstitute
Neben ihren Dienstleistungen haben sich die Finanzinstitute durch Direktinvestitionen im Ausland
engagiert, d.h. Niederlassungen in anderen Ländern eingerichtet sowie Beteiligungen an dortigen
Finanzinstituten oder anderen Unternehmen erworben. Mit über 135 Mrd. € lagen die Direktinvestitionsbestände deutscher Finanzinstitute im Ausland 2003 zwar hinter dem britischen Finanzsektor mit 147 Mrd. €, aber vor der französischen Finanzbranche, die auf gut 122 Mrd. € kam. Der
Großteil hiervon stammt jeweils von Finanzintermediären wie Banken, weniger investierten Versicherungen und Pensionsfonds.
Direktinvestitionsbestände des Finanzsektors im Ausland
Zuwachs Direktinvestitionsbestände im Ausland 1993-2003
Mrd. €
%
Großbritannien
160
120
80
Frankreich
Deutschland
40
0
160
120
Direktinvestition gesamt
Direktinvestionen
Finanzsektor
400
300
300
80
200
200
40
100
100
0
1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003
Quellen: UNCTAD, Helaba Volkswirtschaft
52
400
Helaba Volkswirtschaft · Juni 2006 · © Helaba
0
0
Deutschland
Deutschland
Frankreich
Frankreich
Quellen: UNCTAD, Helaba Volkswirtschaft
Großbritannien
UK
Finanzplatz Frankfurt – Ein Standort bewegt sich
Höchster Zuwachs der
Direktinvestitionsbestände im
Ausland beim deutschen
Finanzsektor
Marktpotenziale in wachstumsstarken Volkswirtschaften
ausgehend von bestehenden
grenzüberschreitenden
Geschäftsbeziehungen
Viele intensive Beziehungen
Frankfurts ins Ausland
Am dynamischsten haben sich in den letzten Jahren die Direktinvestitionsbestände der Finanzbranche Deutschlands entwickelt. Im Zeitraum von 1993-2003 verzeichneten diese einen Zuwachs von
320 % und haben damit noch deutlicher zugelegt als die gesamten deutschen Direktinvestitionsbestände. Im Gegensatz dazu ist das vorhandene Beteiligungskapital britischer und französischer
Finanzinstitute nur um 120 % bzw. 280 % gewachsen, beides im Übrigen eine unterdurchschnittliche Entwicklung bezogen auf die nationale Zunahme der Direktinvestitionsbestände insgesamt.
Die umfangreichen grenzüberschreitenden Geschäfte gerade des deutschen Bankensystems bieten
die Chance zur vermehrten Aktivität in anderen Ländern vor Ort. Deutsche Kreditinstitute machen
bislang nur begrenzt von den Möglichkeiten Gebrauch, die sich ihnen z.B. in Osteuropa, China
und Indien angesichts des hohen Finanzierungsbedarfs dieser stark wachsenden Volkswirtschaften
bieten. Für China spielt die Finanzmetropole am Main innerhalb Deutschlands eine zentrale Rolle.
Während es in Ländern wie Russland oder China für die hiesigen Kreditinstitute gilt, rechtzeitig
die Fühler auszustrecken und frühzeitig die Erschließung des Marktes aktiv mitzugestalten, gibt es
auch in den 2004 der EU beigetretenen Staaten, wie Polen, Tschechien und Ungarn durchaus noch
Gelegenheit zur Stärkung der Marktanteile deutscher Banken. Schließlich nimmt das deutsche
Bankensystem bereits über die Grenzen hinweg eine herausgehobene Position für Kreditfinanzierungen in diesen drei Ländern ein, so dass deutsche Banken über eine gute Grundlage zum Ausbau
ihrer Geschäftsbeziehungen vor Ort verfügen.
Auch der Finanzplatz Frankfurt an sich pflegt – ähnlich wie die beiden anderen großen europäischen Finanzzentren – zahlreiche rege Kontakte mit anderen Ländern, die durch den Empfang
bzw. die Aussendung von Wirtschaftsdelegationen sowie durch verschiedenste Veranstaltungen
intensiviert werden. Der Austausch zwischen in- und ausländischen Finanzmarktteilnehmern wird
am Main z.B. durch ausländische Wirtschaftstage oder die „Euro Finance Week“ gefördert, bei der
eine Vielzahl von Finanzexperten internationale Marktentwicklungen und -chancen diskutiert. Daneben tragen eine zunehmende Anzahl von in Frankfurt ansässigen Generalkonsulaten und Städtepartnerschaften zum grenzüberschreitenden Dialog bei. Die Verankerung hiesiger Finanzinstitute
im Ausland erwächst nicht selten aus einem durch andere Wirtschaftsbereiche geknüpftem Vertrauensverhältnis.
2.4
Förderliche Rahmenbedingungen
Neben den unmittelbar mit einem Finanzplatz verbundenen Faktoren gibt es einige generelle, die
für seinen Erfolg förderlich bzw. für seine Stellung in der internationalen Finanzwelt von Vorteil
sind. Hierzu zählen neben den historischen Wurzeln eines Finanzstandortes allgemeine Standortspezifische Qualitäten sowie seine Eigenvermarktung. Während eine lange Historie und ein gelungener Marketingauftritt das Ansehen eines Finanzplatzes zwar begünstigen, aber keine essenziellen Kriterien sind, ist es im Wettbewerb der Finanzplätze von erheblicher Bedeutung, welche Qualitäten sie hinsichtlich z.B. Verkehrsinfrastruktur und Lebenshaltungskosten aufweisen.
2.4.1
Historische Wurzeln
Historische Wurzeln
☺ International gut aufgestellt
Mittelfeld
Frankfurt
London
Paris
☺
☺
☺
Defizite
Quelle: Helaba Volkswirtschaft
Aktiv gelebte Tradition an einem Finanzplatz bietet die Möglichkeit zur Anknüpfung an Bewährtes. Es zeichnet ein Finanzzentrum aus, wenn es sich ausgehend von seiner langen Tradition wei-
53
Helaba Volkswirtschaft · Juni 2006 · © Helaba
Finanzplatz Frankfurt – Ein Standort bewegt sich
terentwickelt, sich Neuem bzw. der Internationalisierung öffnet und dabei seinen im Laufe der
Jahrhunderte erworbenen Ruf nutzt. Die Entwicklung der drei Finanzplätze Frankfurt, London und
Paris ist jeweils durch nationale Besonderheiten geprägt. Unmittelbar vergleichbar sind zentrale
Ereignisse, wie ihre Entstehung und die Gründung von Börse und nationaler Zentralbank, so dass
auf diesen komparativen Kerndaten im Folgenden der Fokus liegt.
Vergleichbare Kernereignisse der Finanzplatz-Entwicklung
Entstehung
Frankfurt
London
Paris
Ende 11. Jhdt.:
Erw ähnung als Messeplatz,
mitteleuropäische
Drehscheibe Orienthandel
Mittelalter
Frühe Neuzeit
1585
1802
1724
1876
Reichsbank (Berlin)
1948
Bank Deutscher Länder
1957
Deutsche Bundesbank
1694
Bank of England
1800
Banque de France
Gründung Börse
Gründung nationaler
Zentralbank
Quellen: Grote, Merki, Braudel, Helaba Volkswirtschaft
Ursprünge bereits im Mittelalter –
nur Finanzplatz Paris erst in
Früher Neuzeit
Börsengründung zuerst in
Frankfurt
Zentralbanken stärkten
Finanzplätze in London und
Paris frühzeitig
Anziehungskraft aller drei
Finanzplätze auf Auslandsbanken, London mit Vorsprung
bei Internationalisierung
54
Der Finanzplatz Frankfurt kann auf eine lange Geschichte bis ins Mittelalter zurückblicken, seit
vielen Jahrhunderten hat die Stadt immer intensiv mit Geld zu tun. So fand die Stadt am Main
schon im 11. Jahrhundert Erwähnung als Messeplatz und wurde bedingt durch Kreuzzüge zur mitteleuropäischen Drehscheibe des Orienthandels. Auch die City of London entwickelte sich im Mittelalter im Rahmen des wachsenden Finanzbedarfs der einwohnerstarken, wohlhabenden, pulsierenden Handels- und Regierungsstadt. Die Ursprünge des Pariser Finanzplatzes reichen hingegen
nicht ganz so weit zurück, da es dort zunächst keine bedeutende Messe gab und die wirtschaftliche
Führungsrolle zunächst Lyon innehatte. Erst als Lyons Blüte in der frühen Neuzeit an Glanz verlor, begann sich Paris als Handels- und Finanzstadt langsam zu entfalten.
Bereits 1585 wurde die Frankfurter Börse gegründet, 1724 ihr Pendant in Paris. Die Londoner
Börse hatte sich zu dieser Zeit zwar auch schon entwickelt, ihre Gründungsurkunde wurde aber
erst 1802 unterzeichnet. Gerade das Börsengeschehen am deutschen Finanzzentrum kann insofern
auf eine lange Geschichte zurückblicken.
Demgegenüber erlangten das britische und französische Finanzzentrum durch die frühzeitige Errichtung ihrer nationalen Zentralbanken Gewicht, die Bank of England entstand 1694 und die
Banque de France 1800. Dies legte schon damals den Grundstein für eine klare Fokussierung des
Bankgeschäfts auf London bzw. Paris. Frankfurt verlor als Handelsstadt und Finanzplatz zwischenzeitlich erst einmal an Bedeutung, als mit der Gründung des deutschen Reiches 1871 die
Reichsbank 1876 in Berlin ihre Tätigkeit aufnahm. Nach dem zweiten Weltkrieg und mit der Wahl
Frankfurts als Sitz der Bank Deutscher Länder 1948, aus der knapp ein Jahrzehnt später die
Deutsche Bundesbank hervorging, avancierte die Stadt am Main wieder zum deutschen Finanzzentrum und das nationale Bankwesen begann sich hier schwerpunktmäßig zu entfalten.
Die Anziehungskraft der Zentral- auf die Geschäftsbanken machte sich im 20. Jahrhundert an allen
drei Finanzplätzen auch über die Grenzen hinweg bemerkbar, verstärkt kam es in den 1960er Jahren zu Ansiedelungen ausländischer Banken in London, Frankfurt und Paris (vgl. 2.6.2.2). Der
Finanzplatz London hebt sich hinsichtlich seiner historischen Internationalisierung aber von den
beiden anderen ab, denn schließlich galt London zum Ende des 19. Jahrhunderts als wichtigstes
Helaba Volkswirtschaft · Juni 2006 · © Helaba
Finanzplatz Frankfurt – Ein Standort bewegt sich
Finanzzentrum der Weltwirtschaft, bevor diese Rolle von New York übernommen wurde und
London global seinen Platz dahinter einnahm.
2.4.2
Standortspezifische Qualitäten
Frankfurt
Mittelfeld
Paris
☺
Standortspezifische Qualitäten
☺ International gut aufgestellt
London
Defizite
Quelle: Helaba Volkswirtschaft
Die Standortspezifischen Qualitäten eines Finanzplatzes sind vielschichtig. Ausgehend vom
grundsätzlichen Kriterium der Internationalität werden die beiden verschiedenen „räumlichen“
Aspekte der Verkehrsinfrastruktur und der Büroimmobilienmärkte betrachtet, bevor auf die Besteuerung und die sich teilweise dadurch bedingenden Lebenshaltungskosten eingegangen wird,
letztlich wird die Lebensqualität als das Ergebnis mehrerer Standortkriterien thematisiert.
Beste Standortspezifische
Qualitäten in Frankfurt
Insgesamt schneidet Frankfurt bezüglich der Standortspezifischen Qualitäten besser ab als London
und Paris. Denn am deutschen Finanzzentrum verbindet sich eine gute Infrastruktur mit kurzen
Wegstrecken, und die Mietpreise für Büroimmobilien wie auch die Lebenshaltungskosten liegen
hier anhaltend am niedrigsten. Daneben sind die Einflussfaktoren der Lebensqualität als gleichermaßen gut wie an den anderen beiden großen Finanzplätzen Europas einzustufen. Nur die recht
hohe Besteuerung ist ein Manko des hiesigen Finanzzentrums im Standortwettbewerb. Hinsichtlich der Internationalität der drei Finanzmetropolen an sich sind London und Paris als nationale
Hauptstädte im Vorteil, allerdings wird auch die Atmosphäre am Main zunehmend multikultureller
und multinationaler.
Internationalität der Metropole
Internationalität ist ein wichtiges Grundkriterium für einen erfolgreichen Finanzplatz. Dabei
kommt es nicht nur auf die internationale Aufstellung speziell des Finanzsektors und dessen grenzüberschreitende Geschäftsverbindungen an (vgl. 2.2.1.2; 2.3.3), sondern auch auf das multikulturelle Flair der Metropole an sich, zumal sich dies oftmals gegenseitig bedingt. Hinsichtlich der
Internationalität der Finanzstandorte an sich sind London und Paris als nationale Hauptstädte von
Weltruf klar im Vorteil gegenüber Frankfurt, in welchem allerdings seit einigen Jahren eine zunehmend internationalere Atmosphäre spürbar wird.
Bevölkerung am Finanzplatz Frankfurt am geringsten
Ausländeranteil der Bevölkerung in London am höchsten
Mio., 2003
%
12
12
30
30
10
10
25
25
8
8
20
20
6
6
15
15
4
4
10
10
2
2
5
5
0
0
Frankfurt
RheinMain
Inner
London
Greater
London
Paris
Île-deFrance
Quellen: Eurostat, Helaba Volkswirtschaft
55
Helaba Volkswirtschaft · Juni 2006 · © Helaba
0
0
Rhein-Main
Greater London
Île-de-France
Quellen: UN Habitat, Planungsverband, Helaba Volkswirtschaft
Finanzplatz Frankfurt – Ein Standort bewegt sich
Ausgeprägte Internationalität der
Weltstädte London und Paris bei
hoher Ausländeranzahl
Sprachvorteil des britischen
Finanzplatzes
Internationales Flair verbreitet
sich in Frankfurt
In den Weltstädten London und Paris tritt die Internationalität in vielerlei Hinsicht offen zu Tage
und prägt auch den Finanzbereich. Die multikulturelle Atmosphäre dieser beiden Metropolen ist
fühlbar, sie ziehen unzählige Touristen an und sehr viele Ausländer leben dort. In Frankfurt bzw.
der Rhein-Main-Region ist bedingt durch die geringere Fläche die Bevölkerung insgesamt und
somit auch die ausländische merklich kleiner als an den anderen beiden Finanzplätzen. In Relation
zur Gesamtbevölkerung liegt die Ausländeranzahl allerdings in der Frankfurter Region mit knapp
15 % in derselben Größenordnung wie in der sich um Paris erschließenden Region Île-de-France.
Die Region Greater London hebt sich davon deutlich ab, rund 30 % der hier lebenden Menschen
stammen aus anderen Ländern.
Gerade am britischen Finanzzentrum wird das internationale Image sorgfältig gepflegt. Dass die
Arbeitssprache in der Finanzwelt Englisch ist, kommt dem größten europäischen Finanzplatz dabei
zu Gute. Es erleichtert den Ablauf von inländischen und grenzüberschreitenden Geschäften sowie
den Aufbau beruflicher Kontakte in der „City“. Das muttersprachliche Englisch ist ein Vorteil
Londons, selbst wenn Verhandlungen bzw. Sitzungen auf Englisch am deutschen und französischen Finanzplatz immer üblicher werden.
Frankfurt ist primär europäischer Finanzplatz und im Gegensatz zu London und Paris nicht gleichzeitig nationale Hauptstadt, so dass das deutsche Finanzzentrum weniger von einer generell in der
Stadt gelebten Internationalität profitieren kann. So liegt es wesentlich an der „Banking Community“ selbst, dass das Flair am Main zunehmend multikultureller wird. Spiegelbild der wachsenden
Internationalisierung des Finanzplatzes Frankfurt dürfte das immer facettenreicher gewordene
Kultur-, Bildungs-, Restaurant- und Einkaufsangebot sowie die gestiegene Anzahl hier ansässiger
Konsulate, ausländischer Kammern und Handelsvertretungen sein.
Verkehrsinfrastruktur
Frankfurter Kreuz als meist
frequentierter Autobahnknotenpunkt Europas; kurze Wege am
deutschen Finanzzentrum
Im Bahnverkehr deutliche
Standortvorteile von Frankfurt
und Paris
56
Im Vergleich zu anderen europäischen Wirtschaftsstandorten weist der Finanzplatz Frankfurt in
verkehrsräumlicher Hinsicht hervorragende Standorteigenschaften auf. Hier kombinieren sich gute
Verbindungen auf Straße und Schiene sowie in der Luft mit kurzen Wegen in der Finanzmetropole. So ist das Frankfurter Kreuz der meistfrequentierte Autobahnknotenpunkt Europas. Zahlreiche Beschäftigte der Finanzbranche nutzen als Berufspendler die Angebote des Öffentlichen Personennahverkehrs. Prinzipiell verfügen zwar alle drei Finanzplätze über eine gute Infrastruktur,
jedoch zeichnet sich das Nahverkehrsnetz in London durch eine geringere Zuverlässigkeit aus als
dasjenige in Paris und Frankfurt. Dies wirkt sich auch auf die Berufspendelzeiten aus, denn eine
Fahrt zum Arbeitsplatz dauert in London durchschnittlich 37 Minuten, während in Frankfurt lediglich 25 Minuten zu veranschlagen sind. Die gute Verkehrsanbindung bedingt es mit, dass von den
gegenwärtig etwa 460.000 in Frankfurt sozialversicherungspflichtig Beschäftigten rund 315.000
bzw. über Zweidrittel Berufseinpendler sind. In den anderen beiden Finanzhauptstädten Europas
liegt diese Quote nur bei rund einem Drittel: London weist bei 1,6 Mio. Beschäftigten 540.000
Berufseinpendler auf, während von den 1,5 Mio. in Paris Beschäftigten etwa 500.000 zum Arbeitsplatz pendeln. (vgl. 2.1)
Die gute Anbindung der Stadt Frankfurt über den Bahnverkehr ist für den Finanzsektor sowohl für
die Anfahrt zum Arbeitsplatz als auch die Wahrnehmung von Geschäftsterminen relevant. So ermöglichen der unmittelbar an das Bankenviertel angrenzende Frankfurter Hauptbahnhof und der
Fernbahnhof des Frankfurter Flughafens eine direkte und schnelle Anbindung an sämtliche Ballungsräume innerhalb Deutschlands und des nahen Auslands – z.B. sind in 3½ Stunden die Metropolen Berlin, Brüssel, Hamburg, München erreichbar. Beim Bahnfernverkehr weisen Paris und
Frankfurt aufgrund ihrer zentralen Lage in Europa im Vergleich zu London erhebliche Standortvorteile auf.
Helaba Volkswirtschaft · Juni 2006 · © Helaba
Finanzplatz Frankfurt – Ein Standort bewegt sich
Frankfurt, London und Paris als
Drehscheiben des
interkontinentalen Luftverkehrs
Eine gute Luftverkehrsanbindung ist für die Finanzbranche gerade vor dem Hintergrund der immer
wichtiger werdenden grenzüberschreitenden Mobilität unerlässlich. Von den zehn bedeutendsten
Flughäfen für den Fluggastverkehr in Europa befinden sich jeweils zwei in der britischen und
französischen Finanzplatzregion sowie je einer an den deutschen Finanzstandorten Frankfurt und
München. Zwischen diesen sechs Flughäfen gibt es nicht nur im Hinblick auf das Fluggastaufkommen, sondern auch bezüglich der räumlichen Ausrichtung der Flugverbindungen erhebliche
Unterschiede.
Fluggastaufkommen europäischer Großflughäfen
Rang
Flughafen
Anzahl Fluggäste 2005
innerhalb Europas
in Mio.
1
London/Heathrow
67,9
2
Paris/Charles de Gaulle
53,8
3
Frankfurt*
52,2
6
London/Gatw ick
32,8
8
München
28,6
10
Paris/Orly
24,9
* Ohne Frankfurt Hahn
Quellen: Airports Council International, Hessen Agentur
Gemessen an der Anzahl der Fluggäste rangierte London/Heathrow im Jahr 2005 mit knapp 68
Mio. weit vorne, gefolgt von den Flughäfen Paris/Charles de Gaulle und Frankfurt mit nahezu 53
Mio. bzw. gut 52 Mio.; London/Gatwick (fast 33 Mio.) sowie München (knapp 29 Mio.) und Paris/Orly (etwa 25 Mio.) belegten hier die Plätze sechs, acht und zehn. Der Anteil der Fluggäste im
Extra-EU-Verkehr an der Gesamtzahl der Fluggäste am jeweiligen Flughafen betrug 2004 in London/Heathrow 52 %, in Frankfurt 48 %, in Paris/Charles de Gaulle 49 % und in London/Gatwick
34 %; für München und Paris/Orly lagen die Vergleichswerte bei 25 % bzw. 18 %.
Durchschnittliche monatliche Flugbewegungen
Absolute Angaben, 2004
600.000
500.000
Gesamt
(linke Skala)
Durchschnitlich
monatlich
(rechte Skala)
400.000
50.000
40.000
30.000
300.000
20.000
200.000
10.000
100.000
0
0
London/
Paris/ Frankfurt
Heathrow Charles
de Gaulle
London/ München
Gatwick
Paris/
Orly
Quellen: Eurostat, Hessen Agentur
Im Bereich des Passagierverkehrs sind vom Frankfurter Flughafen aus etwa 300 Flugziele in ungefähr 100 Ländern direkt erreichbar. Diese werden von ca. 110 Fluggesellschaften angeflogen. Für
57
Helaba Volkswirtschaft · Juni 2006 · © Helaba
Finanzplatz Frankfurt – Ein Standort bewegt sich
eine durchschnittliche Flugplanwoche sind etwa 4.700 Verbindungen ausgewiesen. Die Anzahl der
monatlichen Flugbewegungen betrug 2004 im Durchschnitt etwa 39.000 am Frankfurter Flughafen, verglichen mit ebenfalls 39.000 in London/Heathrow, aber 46.000 in Paris/Charles de Gaulle;
München kam hier auf 31.000, London/Gatwick und Paris/Orly nur auf 20.000 bzw. 19.000. Eine
wichtige Rolle für die Mobilität der Bank-Manager spielt im Rhein-Main-Gebiet auch der Flugplatz Egelsbach, der insbesondere von kleineren Jets und Hubschraubern frequentiert wird und
jährlich etwa 85.000 Flugbewegungen zu verzeichnen hat.
Flughafen Frankfurts am
schnellsten erreichbar
Die generell vorteilhaft kurzen Wegstrecken in und um Frankfurt zeigen sich auch bei der Anbindung des Flughafens, denn eine Fahrt mit der S-Bahn von der Innenstadt zum Flughafen dauert
etwa 15 Minuten. Demgegenüber ist für die Passage per Bus oder Nahverkehrszug vom Pariser
Zentrum zum Flughafen Charles de Gaulle etwa eine halbe Stunde einzuplanen und für den Transfer von der Londoner City zum Flughafen Heathrow sogar 60 Minuten. Ähnlich wie der Frankfurter Flughafen verfügt auch Paris/Charles de Gaulle über einen Fernbahnhof, der über TGV-Verbindungen in das europäische Schnellzugnetz eingebunden ist.
Insgesamt ist die internationale und interregionale Erreichbarkeit von Frankfurt als sehr gut zu
bewerten. Gemäß Eurostat liegt Frankfurt bezüglich der Verkehrsträger Luft, Schiene und Straße
sogar knapp vor Paris und deutlich vor London.
Büroimmobilienmarkt
Für die Finanzbranche stellt die hinreichende Verfügbarkeit an adäquaten Büroimmobilien einen
bedeutsamen Standortfaktor dar. Bei einem Vergleich der regionalen Immobilienmärkte in Frankfurt, Paris und London sind die unterschiedlichen Größendimensionen und räumlichen Strukturen
der drei Agglomerationen zu berücksichtigen (vgl. 2.1).
Kenngrößen der Büroimmobilienmärkte 2005
Frankfurt
Paris
London
12,0 1)
48,2
28,0
2003
520.000
1.700.000
568.000
2004
330.000
1.900.000
1.004.000
2005
473.000
2.200.000
834.000
17,5
5,7
7,3
Bankenviertel: 240-360
City: 500-700
West End: 800-1.100
Westend: 160-280
La Défense: 420-450
City: 580-790
City: 90-240
Western Business
District: 350-420
Docklands: 430-580
Büroflächenbestand (Mio. m ²)
Flächenum satz (m ²)
Leerstandsquote (%)
Mietpreise
(€/m ² p.a.)
Niederrad: 120-180
Industriehof/Neue
Börse:140
Offenbach/Kaiserlei:
140
Eschborn: 130
1) inklusive Offenbach/Kaiserlei und Eschborn
Quellen: DEGI Research, IVG Immobilien-Barometer, Deka Immobilien, Aengevelt Immobilien, Hessen Agentur
58
Helaba Volkswirtschaft · Juni 2006 · © Helaba
Finanzplatz Frankfurt – Ein Standort bewegt sich
Paris mit größtem
Büroimmobilienmarkt
Europas
Nun auch wieder Zuwachs des
Flächenumsatzes in Frankfurt
Büroimmobilien in Frankfurt
dauerhaft am günstigsten ...
Der Frankfurter Büroimmobilienmarkt besteht im Wesentlichen aus den Teilräumen Bankenviertel, Westend, City und Niederrad, inklusive Offenbach und Eschborn umfasst er derzeit ungefähr
12 Mio. m2 Nutzfläche. Die Region Paris ist mit einem Flächenbestand von 48 Mio. m2 der größte
Büroimmobilienmarkt in Europa. Neben der Stadt Paris innerhalb des Boulevard Périphérique
umfasst dieser die Bürostadt La Défense, den so genannten „Croissant d’Or“ (Halbkreis von Vororten im westlichen Seine-Bogen) und die äußeren Vororte in der Region Île-de-France. Hinter
Paris weist London mit einem Flächenbestand von 28 Mio. m2 den zweitgrößten Büroimmobilienmarkt Europas auf. Hiervon entfallen 19 Mio. m2 auf Central London mit den Hauptstandorten
City, Docklands und West End.
Der Flächenumsatz nahm in den letzten Jahren in Frankfurt eine etwas andere Entwicklung als an
den anderen beiden Finanzstandorten: Dort wurden nach einem zwischenzeitlichen Einbruch seit
2003 wieder merklich höhere Flächenumsätze erzielt – in der Spitze 2,2 Mio. m² in Paris 2005 und
gut 1 Mio. m² in London 2004. In der deutschen Finanzmetropole am Main, in der der rückläufige
Trend des Flächenumsatzes erst 2005 auslief und es vor dem Hintergrund einer erhöhten Immobiliennachfrage von Finanzinstituten und finanzplatzorientierten Dienstleistern zu einem deutlichen
Anstieg um 45 % auf knapp 0,5 Mio. m² kam.
Niveau und Entwicklung der Top-Büromieten in den Stadtlagen der drei Finanzzentren differieren
sichtlich voneinander: Während Anfang der 90er Jahre eine klare Tendenz zur Angleichung der
Mietpreise zwischen den Finanzzentren festzustellen war, ging ab 1993 die Schere zunehmend
auseinander, insbesondere aufgrund des rasanten Anstiegs der Mietpreise in London. An allen drei
Finanzstandorten wurden im Jahr 2001 Spitzenwerte erreicht. Darauf folgte ein Einbruch der Mietpreise, der in London besonders drastisch ausfiel, aber seit 2003 wieder eine Korrektur erfahren
hat. Demgegenüber stagnierten die Büromieten am französischen Finanzplatz in den letzten Jahren, und in Frankfurt kam es sogar zu einem weiteren Rückgang. So liegen die Spitzenmieten für
Büroimmobilien im Bankenviertel der Main-Metropole mit bis zu 360 €/m² p.a. weiterhin am
niedrigsten; auf demselben Niveau bewegen sich die Spitzenmieten für Büroimmobilien in München. Im Vergleich dazu werden in der Pariser Innenstadt bis zu 650 €/m² p.a. erzielt und im begehrten Londoner Westend sogar etwa 1.000 €/m² p.a.
Mietpreisentwicklung für Büroimmobilien in zentraler Stadtlage
€/m² p.a.
1.250
1.250
London
1.000
750
1.000
750
Paris
Frankfurt
500
500
250
250
90
91 92
93 94
95 96
97 98
99 00
01 02
03 04
05
Quellen: Deka Immobilien Investment, Hessen Agentur
... als eindeutiger Standortvorteil
des deutschen Finanzzentrums
59
Das im Vergleich zu London und Paris erheblich niedrigere Mietpreisniveau ist ein eindeutiges
„Asset“ des hiesigen Finanzplatzes. So nimmt Frankfurt im Ranking des auf Unternehmensangaben basierenden „European Cities Monitor 2005“ hinsichtlich der Kosten des Büroraumangebots
den 17. Platz ein – deutlich vor Paris (Rang 21) und London (Rang 24). Auch bei den für Finanzinstituten und finanzplatzorientierten Dienstleistern letztlich relevanten Bürokosten je Arbeitsplatz
schneidet Frankfurt besser ab; die günstigen Mietpreise der Main-Metropole wiegen den vergleichsweise höheren Flächenverbrauch auf. Und dieser Standortvorteil dürfte erst einmal bestehen
Helaba Volkswirtschaft · Juni 2006 · © Helaba
Finanzplatz Frankfurt – Ein Standort bewegt sich
bleiben. Denn Büroimmobilien sollten in Frankfurt angesichts der seit Jahren hohen Leerstandsquote von fast 18 % zunächst weiter günstiger als in London und Paris bleiben, wo derzeit nur 8 %
bzw. 6 % Leerstand verzeichnet werden.
Steuern
Die an einem Finanzplatz erhobenen Steuern sind ein grundlegendes Kriterium für seine Attraktivität. Sie sind mitentscheidend bei der Standortwahl sowohl von Finanzinstituten und finanzplatzorientierten Dienstleistern als auch von ihren Beschäftigten. Zum einen ist die Besteuerung von
Unternehmensgewinnen insofern von Bedeutung, als dass sie den Gewinn von am Finanzstandort
ansässigen Unternehmen inklusive ihrer ausländischen Tochtergesellschaften beeinflusst. Zum
anderen spielt die Besteuerung Hochqualifizierter bei der Anwerbung von Finanzspezialisten eine
Rolle, ggf. müssen Unternehmen ihren potenziellen Arbeitnehmern und deren Familien Ausgleichszahlungen anbieten, um steuerliche Nachteile wettzumachen.
Finanzplatz Frankfurt im Nachteil
bei Unternehmensbesteuerung
Die Unternehmensbesteuerung ist hierzulande mit dem Spezifikum der regional differierenden Gewerbeertragsteuer behaftet im Gegensatz zur rein zentralstaatlichen Regelung in Frankreich und
Großbritannien. In Deutschland hat die Kombination aus Körperschafts- und Gewerbeertragsteuer
einen insgesamt höheren Abgabensatz zur Folge. So liegt der effektive durchschnittliche Steuersatz für in der Frankfurter Finanzplatzregion ansässige Unternehmen mit 37 % deutlich höher als
am französischen und insbesondere britischen Finanzzentrum mit gut 32 % bzw. 28 %.
Unternehmensbesteuerung in Frankfurt am höchsten
Steuergestaltung für Arbeitskräfte in London am besten
Effektiver durchschnittlicher Steuersatz in %, 2003
Effektiver durchschnittlicher Steuersatz in %, 2005
40
40
30
30
20
20
10
10
0
0
Frankfurt
Paris
London
Quellen: BAK Basel Economics, Helaba Volkswirtschaft
Steuerbelastung für
Hochqualifizierte in London am
geringsten
Finanzplatz London mit
attraktivstem Steuersystem
50
50
40
40
30
30
20
20
10
10
0
0
Frankfurt
Paris
London
Quellen: BAK Basel Economics/ZEW, Helaba Volkswirtschaft
Für ledige Arbeitskräfte mit einem zu versteuernden Einkommen von 100.000 € pro Jahr liegt die
effektive durchschnittliche Steuerbelastung in der Region Paris mit 44,3 % höher als in Frankfurt
mit 41,8 % und vor allem in London mit 40 %. Die steuerliche Ausgestaltung für einkommensstarke Fachkräfte ist am britischen Finanzzentrum also am attraktivsten.
Gemäß BAK Basel Economics31 weist also der Finanzplatz London sowohl bei der Besteuerung
der Unternehmen als auch der hochqualifizierter Arbeitskräfte einen komparativen Standortvorteil
gegenüber den anderen beiden großen Finanzmetropole Europas auf.
31
Vgl. BAK Basel Economics im Auftrag der Wirtschaftsinitiative FrankfurtRheinMain (2006): „Wachstumsfaktoren für
FrankfurtRheinMain“ und zusammen mit Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung: „IBC Taxation Index 2005“. Es
handelt sich um effektive durchschnittliche Steuersätze: Bei der Unternehmensbesteuerung wurden einbezogen die Körperschaftssteuer inkl. Zuschläge, weitere gewinnabhängige Steuern, die Grundsteuer sowie spezielle Steuern auf Vermögen
und eingesetztes Kapital; bei der Besteuerung einkommensstarker Arbeitnehmer gingen ein alle Einkommenssteuern inkl.
Zuschläge, steuerähnliche Sozialversicherungsbeiträge und Unternehmenssteuern auf die gezahlten Arbeitsentgelte.
60
Helaba Volkswirtschaft · Juni 2006 · © Helaba
Finanzplatz Frankfurt – Ein Standort bewegt sich
Kaufkraft
Neben Steuern beeinflusst auch die Höhe der an einem Finanzplatz aufzuwendenden Lebenshaltungskosten das Budget der Arbeitnehmer. Wie attraktiv sind die drei großen Finanzzentren Europas für einen Beschäftigten hinsichtlich des ihm letztlich zur freien Verfügung stehenden Geldes
bzw. welchen Wert hat das Geld an den drei Finanzplätzen?
Einkommen in Frankfurter Region etwas niedriger
Lebenshaltungskosten in Frankfurt deutlich geringer
Nominal verfügbares Einkommen pro Kopf pro Jahr, 2003
Index, 2005
25.000
25.000
120
120
20.000
20.000
100
100
15.000
15.000
80
80
10.000
10.000
60
60
5.000
5.000
40
40
0
20
20
0
Regierungsbezirk
Darmstadt
Île-deFrance
Greater
London
Frankfurt
Quellen: Eurostat, Helaba Volkswirtschaft
Beschäftigter am Finanzplatz
Frankfurt stellt sich am besten
0
0
Paris
London
Quellen: Mercer Human Resource Consulting, Helaba Volkswirtschaft
Im EU-Wohlstandsvergleich liegen die Großräume Frankfurt, Paris und London gemäß jüngster
Berechnungen von Eurostat alle weit über dem Durchschnitt. Das BIP je Einwohner ausgedrückt
in Kaufkraftstandards (EU25 = 100) betrug 2003 in den Regionen rund um das britische und französische Finanzzentrum 175 % bzw. 173 % des Durchschnitts, in der Region des Finanzplatzes
Frankfurt machte es mit 148 % weniger aus. Ähnlich fiel die Relation des nominal verfügbaren
Nettoeinkommens pro Kopf 32 zwischen den drei Finanzplatzregionen 2003 aus: Im Regierungsbezirk Darmstadt standen einem Einwohner durchschnittlich etwa 18.100 € pro Jahr zur Verfügung,
während es in Greater London knapp 20.900 € und in Île-de-France gut 20.000 € waren. Die Lebenshaltungskosten liegen in Frankfurt jedoch eindeutig am niedrigsten: Der von Mercer Human
Resource Consulting diesbezüglich berechnete globale Index (New York = 100) weist für Frankfurt 2005 einen Stand von 88 Indexpunkten auf (Platz 34), die Vergleichswerte für Paris und London betragen 102 (Platz 12) bzw. 120 (Platz 3). Zusammengenommen deutet dies darauf hin, dass
sich ein in Frankfurt Beschäftigter im Durchschnitt besser stellt als ein Arbeitnehmer in Paris und
insbesondere in London.
Hohe Kaufkraft im Umland deutscher Metropolen
Verfügbares Einkommen in € pro Jahr
30.000
Index*
Verfügbares
Einkommen
(linke Skala)
Index
(rechte Skala)
160
120
20.000
80
10.000
40
0
0
Durchschnitt Frankfurt
Deutschland
Hochtaunus
MainTaunus
München
Starnberg
* Durchschnitt Deutschland = 100, Stand 2003
Quellen: GfK, Hessen Agentur
32
Hier betrachten wir das regionale verfügbare Einkommen aus der Verwendungsrechnung von Eurostat (Saldo zwischen
Aufkommens- und Verwendungsposten des sekundären Einkommensverteilungskontos) bezogen auf die Bevölkerung.
61
Helaba Volkswirtschaft · Juni 2006 · © Helaba
Finanzplatz Frankfurt – Ein Standort bewegt sich
Hohe Kaufkraft vor den Toren
Frankfurts und Münchens
Im innerdeutschen Vergleich lassen sich aus der kombinierten Betrachtung von Wohlstands- und
Einkommensmaßen Eurostats einerseits und Mercer-Lebenshaltungskostenindex andererseits keine verlässlichen Rückschlüsse ziehen; zusammengenommen deuten die beiden Maße auf eine
tendenziell höhere Kaufkraft in der Münchner als in der Frankfurter Finanzplatzregion hin: Mit
158 % bezogen auf den EU25-Durchschnitt und einem nominalen Pro-Kopf-Nettoeinkommen von
durchschnittlich knapp 19.500 € liegen die Werte für die sich um den Finanzplatz München erstreckende Region Oberbayern etwas höher als im Regierungsbezirk Darmstadt; mit 87,8 Indexpunkten fallen die Lebenshaltungskosten in der Isar-Metropole nur etwas niedriger aus (Platz 37)
als in Frankfurt. Ein 2006 von der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) berechneter Index
(Durchschnitt Deutschland = 100) zeigt, dass sowohl die Region rund um Frankfurt als auch das
Umland Münchens sehr einkommensstark sind bzw. dass dort viele Einwohner dank ihrer Spitzenverdienste eine hohe Kaufkraft haben. Während der Index für Frankfurt an sich mit 111 Indexpunkten nur etwas über dem deutschen Durchschnitt liegt, weisen die nahe gelegenen Kreise
Hochtaunus und Main-Taunus mit gut bzw. knapp 140 die höchsten Werte Deutschlands auf. Auch
der Kreis Starnberg unweit der bayerischen Landeshauptstadt rangiert auf diesem hohen Niveau,
München selbst ist nicht ganz so einkommensstark (rund 135 Indexpunkte). Auf Grund der täglichen Pendlerströme ist die wohnortbezogene Kaufkraft in den Finanzmetropolen Frankfurt und
München geringer als in ihrem Umland.
Lebensqualität
Die Lebensqualität zählt zu den weichen Standortfaktoren. Dieses nicht objektiv messbare Kriterium ist bei Standortbewertungen von Unternehmen von Bedeutung und spielt für Arbeitskräfte bei
der Wahl ihres Arbeitsplatzes jedoch eine wichtige Rolle. Einen Eindruck von der Lebensqualität
einer Stadt geben das Spektrum ihres Kulturangebots und die hier vorhandenen Möglichkeiten zur
Naherholung. Der Beurteilung derartiger Faktoren auch mittels Rankings haftet allerdings immer
eine gewisse Subjektivität an und der zugrundegelegte Kriterienkatalog fällt höchst unterschiedlich
aus, so dass die sich ergebenden Platzierungen einer Stadt hinsichtlich ihrer Lebensqualität nur
begrenzte Aussagekraft haben.
Kulturangebot in London und
Paris reichhaltiger als in
Frankfurt, ...
Die Stadt Frankfurt zeichnet sich durch ein vielfältiges Kulturangebot aus. Es existieren mehr als
20 öffentliche und private Theater. Im Vergleich dazu beläuft sich die Anzahl der Theater, Opernhäuser und sonstigen Spielstätten insgesamt in Paris und London jeweils auf rund 100. Frankfurt
verfügt über etwa 40 größere und kleinere Museen und Ausstellungshäuser, die Bandbreite reicht
vom universal angelegten Kunstmuseum bis hin zur kleinen Spezialsammlung. Mit ungefähr 160
bzw. knapp 120 gibt es in Paris und London allerdings ein Vielfaches an Museen.
Spektrum des Kulturangebots ...
... in Relation zur Bevölkerungsgröße
Anzahl
Anzahl je Mio. Einwohner
200
200
Museen
160
80
80
Museen
160
60
Theater
120
120
80
80
40
40
40
0
0
Frankfurt
Paris
London
Quellen: Eurostat, Parisinfo, Hessen Agentur
62
Helaba Volkswirtschaft · Juni 2006 · © Helaba
60
Theater
40
20
20
0
0
Frankfurt
Paris
Quellen: Eurostat, Parisinfo, Hessen Agentur
London
Finanzplatz Frankfurt – Ein Standort bewegt sich
... bezogen auf Einwohnerzahl
liegt nur Paris vor Frankfurt
Obgleich das absolute Spektrum des Kulturangebots bei der Beurteilung der Attraktivität eines
Standorts im Vordergrund steht, ist angesichts der unterschiedlichen räumlichen Struktur der drei
Finanzplätze (vgl. 2.1) auch ein Vergleich der kulturellen Möglichkeiten bezogen auf die regionale
Bevölkerungsgröße sinnvoll: Bei den Theatern relativ zu Mio. Einwohnern führt das französische
Finanzzentrum mit einem Pro-Kopf-Wert von 45, Frankfurt und London folgen mit jeweils etwa
35. Bei der Anzahl an Museen je Mio. Einwohner liegt Paris mit 75 vor Frankfurt mit rund 60 und
London mit etwa 40.
Betrachtet man das Kulturangebot Frankfurts im Vergleich zu München, so zeigt sich ein differenziertes Bild: Den rund 40 Museen in Frankfurt stehen 50 Museen in München gegenüber, aber in
Relation zur Bevölkerung liegt Frankfurt mit rund 60 vor München mit etwa 40 Museen je 1 Mio.
Einwohner. Das Theaterangebot ist in der bayerischen Landeshauptstadt umfangreicher, sowohl
absolut mit rund 60 Theatern insgesamt als auch relativ mit etwa 45 je 1 Mio. Einwohner. Dies
spiegelt die Funktion Münchens als Landeshauptstadt wider.
Finanzinstitute engagiert in
Kulturförderung
Frankfurt mit besten
Naherholungsmöglichkeiten
Lebensqualität-Rankings mit
verschiedenen Ergebnissen
63
Eine lebendige Kulturszene trägt zur Attraktivität und Lebensqualität des Finanzstandortes bei,
zwischen dem Finanzsektor und dem Kulturangebot besteht aber noch eine andere Beziehung:
Zahlreiche Kulturangebote werden nämlich nicht zuletzt über Sponsoring des Finanzsektors erst
ermöglicht. So bekommt die Kulturförderung durch Mäzenaten und Sponsoring insbesondere vor
dem Hintergrund knapper werdender öffentlicher Mittel eine zunehmende Bedeutung. Frankfurt ist
durch ein ausgeprägtes Mäzenatentum gekennzeichnet, insbesondere die Kreditinstitute sind hierbei seit alters her in erheblichem Maße engagiert und unterstützen unterschiedliche kulturelle Institutionen sowie Veranstaltungen und Ausstellungen. In Großbritannien ist das privatwirtschaftliche
Engagement im Bereich der Kultur noch stärker ausgeprägt als in Deutschland, während in Frankreich kulturelle Institutionen unterschiedlichster Provenienz in höherem Maße von der öffentlichen
Hand unterstützt werden.
Im Bereich der Naherholung ist der Raum Frankfurt gut aufgestellt. Von der deutschen Finanzmetropole aus sind zahlreiche kulturlandschaftlich attraktive Ziele schnell und bequem erreichbar.
Hier macht sich die polyzentrale Struktur des Rhein-Main Gebiets positiv bemerkbar: Urbane
Räume – die Zentren Frankfurt, Darmstadt, Mainz und Wiesbaden – sind immer wieder unterbrochen durch weitläufige Grünzonen. Frankfurt hat den größten Anteil an Wald unter deutschen
Großstädten. Eine Vielzahl von Naherholungsgebieten wie Taunus, Rheingau, Odenwald, Rheinhessen, Spessart und Rhön sind innerhalb einer Stunde erreichbar. Paris und London bilden demgegenüber ein größeres Agglomerationsgebiet und sind durch eine stärkere Versiegelung der Flächen gekennzeichnet; der Weg in die freie Natur ist weiter. Dies schlägt sich auch in einer höheren
Schadstoffbelastung nieder. Gemäß den Ergebnissen des „European Cities Monitor 2005“ von
Cushman & Wakefield / Healey & Baker, der die Einschätzung von Unternehmen über 30 europäische Städte nach unterschiedlichen Standortkriterien wiedergibt, ist in Frankfurt (Platz 23) die
Luftverschmutzung niedriger als in Paris und London (Platz 26 und 27).
Bei der Bewertung der Lebensqualität insgesamt gehen die Meinungen in Abhängigkeit von der
befragten Grundgesamtheit und den herangezogenen Kriterien auseinander: Der „European Cities
Monitor 2005“ stuft Frankfurt bei der Lebensqualität für die Arbeitskräfte nur auf Rang 26 ein und
damit hinter London und Paris auf den Rängen 13 bzw. 2. Demgegenüber kommt eine Studie der
„Economist Intelligence Unit“ zu einem konträren Ergebnis, Frankfurt schneidet mit seinem
38. Platz besser ab als Paris und insbesondere London auf den Positionen 41 und 72. Einen noch
deutlicheren Vorsprung des deutschen Finanzzentrums weist die britische Unternehmensberatung
Mercer 2006 in ihrer breit angelegten Studie „Managing Quality of Living for Expatriates“ auf –
Frankfurt rangiert weltweit an 7. Stelle, weit vor Paris und London auf Position 33 und 39.
Helaba Volkswirtschaft · Juni 2006 · © Helaba
Finanzplatz Frankfurt – Ein Standort bewegt sich
Imageaufbesserung
Frankfurts notwendig
Wie dem auch sei – oftmals werden die guten Lebens- und Arbeitsbedingungen in der RheinMain-Region bzw. am Finanzplatz Frankfurt verkannt und im subjektiven Urteil von Finanzfachleuten leichthin als weniger attraktiv als an den anderen beiden großen Finanzstandorten Europas
angesehen. Diese Einschätzung zu verändern, muss eine vordringliche Aufgabe von Marketingaktivitäten sein (vgl. 2.4.3), denn der Raum Frankfurt hat hinsichtlich Lebensqualität einiges zu bieten. Und dies lernen viele wertschätzen, wenn sie einmal hier sesshaft geworden sind, wie die folgende Aussage eines Mitglieds der hiesigen „Banking Community“ belegt: „Wer aus dem Ausland
zum Arbeiten nach Frankfurt muss, weint zwei Mal: das erste Mal, wenn er kommt, das zweite
Mal, wenn er geht.“
2.4.3
Eigenvermarktung
Frankfurt
Eigenvermarktung
☺ International gut aufgestellt
Mittelfeld
London
Paris
☺
☺
Defizite
Quelle: Helaba Volkswirtschaft
Unter der Vielzahl von Kriterien eines Finanzplatzes findet sein Marketing oftmals nur begrenzt
Beachtung. Dabei ist eine professionelle, selbstbewusste Eigenvermarktung ein mitentscheidender
Faktor für den Erfolg eines Finanzstandortes. Auch wenn ein Finanzplatz solide Grundvoraussetzungen mitbringt, ohne die entsprechende Außendarstellung wird seine wahre Größe leicht verkannt. Um eine Finanzmetropole ins rechte Licht der Öffentlichkeit zu rücken, bedarf es neben der
umfassenden Bündelung vorhandener Aktivitäten und der Schaffung einer gemeinsamen Kommunikationsplattform der Bildung einer einprägsamen „Corporate Identity“, aktiver Anwerbung neuer
Finanzinstitute und -spezialisten aus dem In- und Ausland sowie der fortwährenden Bestandspflege bereits ansässiger „Player“. So kann ein Finanzplatz die rechte Aufmerksamkeit der Akteure an
den Finanzmärkten auf sich ziehen und seine internationale Stellung festigen.
Vermarktungsaktivitäten für den Finanzplatz London
Marketing für den Finanzplatz
London durch IFSL und …
… Corporation of London
64
Die Eigenvermarktung des britischen Finanzzentrums verläuft konzentriert über zwei Kanäle: Zum
einen setzt sich für den Finanzplatz London nachdrücklich die 1986 als unabhängige, nicht-gewinnorientierte Organisation gegründete „International Financial Services London“ (ISFL) ein, die
in engem Kontakt zum Finanz-, Wirtschafts- und Außenministerium steht und sich als Mittler zwischen Politik und Finanzwirtschaft sieht. Zu ihren Mitgliedern zählen neben allen führenden Finanzunternehmen des Landes bzw. der „City“ die Verbände der Finanzwirtschaft, die Börsen sowie die Bank of England und die Stadt London („Corporation of London“). Die wesentliche Aufgabe der IFSL ist die internationale Vermarktung des Finanzplatzes London. In Kooperation mit
der Regierung werden zahlreiche Veranstaltungen im In- und Ausland zur Präsentation des Leistungsspektrums und der Produktpalette des Londoner Finanzplatzes organisiert, im vergangenen
Jahr ging es z.B. um „Public Private Partnership“ (PPP) und „Private Wealth Management“ sowie
um Weiterbildungs- und Qualifikationsmöglichkeiten. Via Internet werden zahlreiche Gutachten
und aktuelle Statistiken zur Bedeutung Londons im internationalen Finanzgeschehen bereitgestellt.
Zum anderen betreibt die „Corporation of London“ – v.a. in Person des „Lord Mayor“ der „City of
London“ als dem Herzstück der Finanzgeschäfte des Landes und der Metropole – ein intensives
Finanzplatzmarketing. Eine zentrale Aufgabe des Oberbürgermeisters besteht in Werbeaktivitäten
für den Finanzstandort London und die „Großbritannien AG“ im In- und Ausland. Unter dem
Motto „Promoting UK Financial Services“ bietet er auf Einladung des Außenministeriums in Begleitung einer hochrangigen Wirtschaftsdelegation ein umfangreiches Veranstaltungsprogramm
weltweit. Dabei werden allerdings auch die Interessen der Städte Edinburgh, Glasgow, Manchester, Leeds, Birmingham and Bristol vertreten – neben London die Zentren des britischen Privat-
Helaba Volkswirtschaft · Juni 2006 · © Helaba
Finanzplatz Frankfurt – Ein Standort bewegt sich
kundengeschäfts. Eine wichtige Marketingaktivität der „City of London“ ist auch die Erstellung
von Gutachten zum Finanzmarkt und anderen London-spezifischen Themen, die sie auf ihrer Internetseite zur Verfügung stellt.
Vermarktungsaktivitäten für den Finanzplatz Paris
Koordiniertes Marketing durch
„Paris Europlace“
Die Marketingaktivitäten für den Finanzplatz Paris werden zentral von „Paris Europlace“ durchgeführt und koordiniert. Neben den Gründungsmitgliedern (z.B. Banque de France, Industrie- und
Handelskammer Paris, Stadt Paris, „Conseil Régional d'Île-de-France“, Börse Euronext Paris,
Euroclear) zählt die Organisation heute über 150 Mitglieder – und zwar mit Banken, Investmenthäusern, Emittenten, Vertretern des Asset-Management, Verbänden, Rechtanwaltskanzleien und
Unternehmensberatungen viele wichtige Akteure der Finanzplatzszene (vgl. 2.2). „Paris Europlace“ verfolgt fünf Schwerpunkte zur Vermarktung und Weiterentwicklung des Finanzplatzes
Paris:
•
•
•
•
•
Internationales Marketing mittels mehrerer Finanz-Foren pro Jahr – größte Veranstaltungen
mit bis zu 1.500 Teilnehmern in Paris, New York, Tokio sowie in anderen Ländern;
Reform- und Aktionsprogramm zur Erarbeitung politischer Handlungsempfehlungen für die
Fortentwicklung des französischen Finanzmarktes;
Veröffentlichung von Gutachten, Stellungnahmen und Statistiken zur Finanzplatzthematik
von Mitgliedsorganisationen, Ministerien und EZB;
Lobbying in Frankreich;
Lobbying auf Europäischer Ebene mittels enger Kontakte zu Europäischer Kommission und
Parlament (z.B. Arbeitsgruppe „Europe post 2005“ zur Vertretung der Interessen des Finanzplatzes Paris in EU).
Vermarktungsaktivitäten für den Finanzplatz Frankfurt
Strauss an Initiativen und
Aktivitäten zur Stärkung des
Finanzplatzes Frankfurt
In Frankfurt gibt es eine Vielzahl von Aktivitäten bzw. Initiativen, die sich der Stärkung des deutschen Finanzzentrums, und zwar insbesondere der Verbesserung seiner Entwicklungsperspektiven
und der Werbung im In- und Ausland verschrieben haben. Der Großteil dieser Organisationen betreibt aktives Standortmarketing für Frankfurt bzw. die Region Rhein-Main, einige setzen sich
mehr für die Interessen des Finanzstandortes Deutschland insgesamt ein. So reicht das Spektrum
dabei
•
•
•
Bündelung der Initiativen für
Finanzplatz Frankfurt sinnvoll
65
von sehr eng auf den Finanzplatz Frankfurt ausgerichteten Initiativen: Finanzplatz Frankfurt
Kommission, Zukunftsforum Finanzplatz Frankfurt, ressortübergreifende Initiativen der Landesregierung zur Stärkung der Finanzmetropole, Dialogforum Universität und Finanzplatz
Frankfurt, Banken- und Versicherungsausschüsse der IHK Frankfurt, Bankenverband Hessen,
Servicestelle Finanzplatz Frankfurt,
über am Main angesiedelte, aber sich für den Finanzplatz Deutschland insgesamt einsetzende
Initiativen und Institutionen: Initiative Finanzstandort Deutschland, Deutsche Bundesbank,
Deutsches Aktieninstitut, Verband der Auslandsbanken, „International Bankers Forum“,
bis hin zu regional und branchenmäßig breiter orientierten Organisationen: „FrankfurtRheinMain GmbH International Marketing of the Region“, Wirtschaftsförderung Frankfurt, Wirtschaftsförderung Region Frankfurt RheinMain, Wirtschaftsinitiative Metropolitana FrankfurtRheinMain, IHK-Forum Rhein-Main.
Im Gegensatz zu IFSL in London und „Paris Europlace“ gibt es jedoch am Finanzplatz Frankfurt
bisher noch keine gemeinsame Plattform, die all die Aktivitäten dieser Initiativen bündelt und für
einen regelmäßigen Meinungs- und Informationsaustausch unter ihnen sorgt – geschweige denn
ein einheitliches, professionelles Marketingkonzept. Für den nachhaltigen Erfolg des deutschen
Finanzzentrums am Main ist es aber wichtig, dass seine Stärken durch eine mit vereinten Kräften
verfolgte Eigenvermarktung in der Öffentlichkeit präsenter werden.
Helaba Volkswirtschaft · Juni 2006 · © Helaba
Finanzplatz Frankfurt – Ein Standort bewegt sich
Finanzplatz Frankfurt synonym für
Deutschland vermarkten;
derzeit aktive Finanzplatz
München Initative
Selbstbewusstes nationales
Marketing für deutsches
Finanzzentrum
„aus einem Guss“
erfolgsversprechend
66
Dabei ist es sinnvoll, den Finanzplatz Frankfurt synonym für den Finanzplatz Deutschland insgesamt zu vermarkten, denn nur das deutsche Finanzzentrum am Main kann im internationalen Wettbewerb bestehen. Stattdessen gibt es gegenwärtig neben den zahlreichen Initiativen für Frankfurt
auch ein aktives Finanzplatzmarketing in München: Im Jahr 2000 wurde die Finanzplatz München
Initiative (fpmi) gemeinsam von Unternehmen, der Bayerischen Börse, Wirtschaftsverbänden,
Wissenschaft und Politik ins Leben gerufen, um die Bedeutung des Standortes mittels eines
deutsch/englischen Internetauftrittes, der Bekanntmachung branchenrelevanter Veranstaltungen
und politischer Lobbyarbeit (inter)national zu fördern. Anfang 2006 wurde eine sogenannte
Clusteroffensive zwecks gezielter Netzwerkbildung bzw. Intensivierung der Kommunikation zwischen Wissenschaft und Finanzinstituten gestartet.
Ein auf breiter Basis abgestimmtes, nationales Marketingkonzept für den Finanzplatz Frankfurt als
Herzstück des deutschen Finanzwesens und eine gemeinsame Interessenvertretung wären der Stellung des hiesigen Finanzstandortes im internationalen Finanzgefüge sicherlich dienlicher als einzelne, parallel verlaufende Aktionen an Main und Isar, zumal dann mehr Transparenz über relevante Veranstaltungen und Ansprechpartner geschaffen würde. Die Grundvoraussetzungen des
Finanzplatzes Frankfurt sind gut, ein selbstbewussterer Auftritt „aus einem Guss“ würde dies in
der internationalen Finanzwelt mehr zur Geltung bringen.
Helaba Volkswirtschaft · Juni 2006 · © Helaba
Finanzplatz Frankfurt – Ein Standort bewegt sich
3
Positionierung des Finanzplatzes
Frankfurt aktuell und künftig
Fazit und Ausblick
Wie steht der Finanzplatz Frankfurt im europäischen Finanzgeschehen da, und wie wird er sich
künftig entwickeln? Dazu werden die Smiley-Einzelbewertungen aus dem jeweiligen Abschnitt zu
einem Smiley-Tableau zusammengeführt. Resümierend wird daraus eine zeitpunktbezogene
Standortbestimmung der drei großen Finanzplätze Europas vorgenommen. Anschließend wird auf
die Perspektiven bzw. das Entwicklungspotenzial des deutschen Finanzzentrums am Main eingegangen, indem seine Stärken und Schwächen dargelegt sowie Marktpotenziale und politische
Handlungsempfehlungen abgeleitet werden.
3.1
Smiley-Tableau:
Standortbestimmung der drei
großen Finanzplätze Europas
Standortbestimmung der drei Finanzplätze
Im Smiley-Tableau finden sich die 12 Charakteristika wieder, die das Wesen eines Finanzplatzes
ausmachen. Diese Charakteristika setzen sich wiederum aus vielen Einzelaspekten zusammen. Die
Bewertung der 12 Kriterien ist somit bereits ein aggregiertes Ergebnis, eine weitere Addition dieser Qualitätsurteile ist nicht angemessen. Schließlich handelt es sich um ein vielschichtiges Spektrum von Kriterien, innerhalb dessen sich kein quantitatives Gewichtungsschema festlegen lässt.
Smiley-Tableau
Kriterium
Frankfurt
London
Paris
☺
☺
☺
☺
☺
☺
☺
☺
☺
Regionale Bedeutung
Akteure am Finanzplatz
Banken
Versicherungen
☺
☺
Börsen
Finanzbezogene Institutionen
☺
Finanzplatzorientierte Dienstleister
Finanzbezogene Wachstum sdeterm inanten
Finanzbezogene Bildung & Forschung
Trends in der Finanzbranche
☺
Auslandsaktivitäten
☺
☺
☺
☺
☺
☺
☺
☺
Förderliche Rahm enbedingungen
☺
☺
Historische Wurzeln
Standortspezifische Qualitäten
Eigenvermarktung
☺ International gut aufgestellt
Mittelfeld
Zentrale Kriterien farbig unterlegt.
Quellen: Helaba Volkswirtschaft, Hessen Agentur
67
Helaba Volkswirtschaft · Juni 2006 · © Helaba
Defizite
Finanzplatz Frankfurt – Ein Standort bewegt sich
Fokus auf fünf Kriterien
Definition Smiley-Tableau
Bei der finalen Gegenüberstellung der drei Finanzplätze wird der Fokus auf die fünf essenziellen
Wesens- bzw. Erfolgskriterien eines Finanzplatzes gelegt: Banken, Börsen, Finanzbezogene Bildung & Forschung, Trends in der Finanzbranche und Standortspezifische Qualitäten.
☺ zeigt an, dass der jeweilige Finanzplatz bei dem betrachteten Kriterium im Sinne internationaler
Wettbewerbsfähigkeit gut aufgestellt ist, während auf Defizite in diesem Bereich hinweist;
signalisiert, dass sich der Finanzplatz im Mittelfeld bewegt, d.h. dass die dahinterstehenden einzelnen Kenngrößen ein gemischtes Bild zeichnen. Bei der Bewertung anhand der Smileys wird
keine relative Einordnung der drei Finanzplätze zueinander vorgenommen.
Auswertung des Smiley-Tableaus
Londons Spitzenposition sticht
hervor, Frankfurt und Paris
teilweise ebenbürtig
Intensiver Wettbewerb zwischen
Frankfurt und Paris :
Zwei gleiche Bewertungen ...
Das Smiley-Tableau zeigt die klare Vorrangstellung des Finanzplatzes London im europäischen
Finanzwesen. Hier fällt das Urteil nahezu bei allen Kriterien positiv aus, und bei vier von den fünf
wesentlichen Faktoren ist London gut aufgestellt. Lediglich beim zentralen Faktor der Standortspezifischen Qualitäten ist das britische Finanzzentrum angesichts der hohen Kosten für Büroimmobilien und Lebenshaltung sowie der langen Verkehrswege insgesamt nur von mittelmäßiger
Güte. Das deutsche und das französische Finanzzentrum spielen nicht in derselben Liga wie das
britische. Dennoch sind sie London zumindest teilweise ebenbürtig – z.B. hinsichtlich Börse –
oder gar besser aufgestellt, wie im Falle Frankfurts bei der Gesamtheit der Standortspezifischen
Qualitäten.
Die Finanzzentren Deutschlands und Frankreichs konkurrieren intensiv miteinander; innerhalb
Kontinentaleuropas ist Paris ein Ernst zu nehmender Wettbewerber für Frankfurt. Bei zwei der
besonders wichtigen Kriterien erhalten diese beiden Finanzstandorte die gleiche Bewertung:
Börse
•
Mit der Deutschen Börse am Main und der Euronext an der Seine verfügen gegenwärtig sowohl Frankfurt als auch Paris über eine Börse von herausragender Bedeutung in Europa. Beide Finanzplätze werden aktuell mit einem ☺ bewertet. Da die geplante Fusion zur NYSE Euronext voraussichtlich erst Ende des Jahres abgeschlossen sein wird, ist zum gegebenen Zeitpunkt bei einer Standortbestimmung der Finanzplätze eine Status quo-Betrachtung angemessen.
Deutsche Börse und Euronext weisen neben ihren Strukturunterschieden folgende Besonderheiten auf: Zum einen hat die Deutsche Börse angesichts ihrer mit Abstand höchsten Marktkapitalisierung in Europa eine Spitzenposition inne und bewegt sich auf international hohem
Niveau. Ihre internationale Stellung könnte noch stärker sein, wenn jegliches nationale Börsengeschehen auf Frankfurt konzentriert wäre. Zum anderen handelt es sich bei der Euronext
um eine europäische Mehrländerbörse; im Derivatehandel konkurrieren Euronext inklusive
der Londoner LIFFE mit der deutsch-schweizerischen Terminbörse Eurex.
Trends in der Finanzbranche
•
An den Finanzplätzen Frankfurt und Paris ist die Entwicklung und Umsetzung von Trends in
der Finanzbranche noch nicht so weit fortgeschritten wie in London. Das deutsche und französische Finanzzentrum weisen eine Position im Mittelfeld auf. Neuere Finanzmarktströmungen
können oftmals auf Grund gesetzlicher Vorgaben nur begrenzt umgesetzt werden.
Es haben sich verschiedene Akzente herausgebildet: In Deutschland sind die Märkte für den
Kreditrisikotransfer bereits ausgeprägter als in Frankreich. Demgegenüber kann Frankreich
eine dynamischere Investmentbranche sowie bereits Erfahrungen mit REITs vorweisen. Ähnlich rege agieren in beiden Ländern internationale Finanzinvestoren, wobei der deutsche
Markt besonders im Fokus von Private-Equity- und Hedge-Fonds-Gesellschaften steht.
68
Helaba Volkswirtschaft · Juni 2006 · © Helaba
Finanzplatz Frankfurt – Ein Standort bewegt sich
... und drei differierende
Neben diesen zwei zentralen Charakteristika, in denen Frankfurt und Paris vergleichbar aufgestellt
sind, fällt das Urteil in den anderen drei Kernbereichen unterschiedlich aus:
Banken
•
Die am Finanzplatz Paris ansässigen Banken sind im internationalen Wettbewerb gut aufgestellt, wie Kennzahlen ihrer Ertragslage und Profitabilität belegen. Zu ihrer relativ guten Positionierung trug die vorteilhaftere Ausgangssituation bei. Demgegenüber besteht beim Gros der
am Main beheimateten Banken Verbesserungsbedarf bzgl. ihrer Rentabilität. Frankfurts Banken als Bestandteil der deutschen Kreditbranche sind jedoch mit spezifischen strukturellen
und konjunkturellen Belastungsfaktoren konfrontiert. Eine den anderen beiden Finanzplätzen
vergleichbare Konzentration der Kreditinstitute ist in Deutschland unwahrscheinlich. Nach einer konjunkturellen Schwächephase unterstützt nun die Wirtschaftsbelebung den Erholungskurs der Banken. Dies schlägt sich in einer moderaten Verbesserung der Erträge nieder.
Aus der Sicht von Auslandsbanken haben Frankfurt und Paris eine geringere Bedeutung als
London. Dennoch suchen sie ihre internationale Position auch durch Präsenz an Main und
Seine zu manifestieren. Am deutschen und französischen Finanzzentrum sind gleich viele
Auslandsbanken vertreten. Unter den Auslandsbanken hat der Finanzplatz Frankfurt allerdings
den Ruf als Drehscheibe kontinentaleuropäischer Finanzaktivitäten.
Finanzbezogene Bildung & Forschung
•
Frankfurt besitzt als finanzbezogener Bildungs- und Forschungsstandort noch nicht das internationale Renommee von London und Paris. Doch in den letzten Jahren hat die intellektuelle
„Finanz-Community“ an Profil gewonnen. Die Main-Metropole bietet ein zunehmend vielfältigeres Bildungsangebot im Finanzwesen und übt eine wachsende Anziehungskraft auf international angesehene Wissenschaftler aus. Mit der Gründung des „House of Finance“ schlägt
Frankfurt die richtige Richtung ein, um seinen Finanzplatz an den Wurzeln zu stärken und die
Innovationskraft zu steigern. Durch die Förderung des Produktionsfaktors Humankapital erhält das deutsche Finanzzentrum nicht nur direkte, sondern auch indirekte Impulse, indem die
Chancen für Finanzinnovationen verbessert werden. Eine zweite wichtige Wachstumsdeterminante eines Finanzplatzes – Trends in der Finanzbranche – wird hierdurch ebenfalls gestärkt. So verfolgt Frankfurt eine erfolgversprechende Strategie, um sich dauerhaft im europäischen Finanzgeschehen zu behaupten.
Standortspezifische Qualitäten
•
Paris zum Betrachtungszeitpunkt
ernsthafter Konkurrent, aber
Frankfurt mit vielversprechenden
Perspektiven
69
Hinsichtlich der Standortspezifischen Qualitäten ist Frankfurt im Vorteil gegenüber den anderen beiden Finanzplätzen. Es verfügt über eine gute Infrastruktur in Kombination mit kurzen
Wegstrecken, die Kosten für Büroimmobilien und Lebenshaltung sind hier anhaltend vergleichsweise niedrig, und in Bezug auf Lebensqualität nimmt Frankfurt eine gute Stellung ein.
Die Unternehmensbesteuerung ist am deutschen Finanzzentrum jedoch zu hoch. Demgegenüber weist Paris bei dem Kriterienkatalog der allgemeinen Qualitäten eines Standorts insgesamt nur eine mittlere Güte auf. Und dies sind mit relativ teuren Büroimmobilien und recht
hohen Lebenshaltungskosten Faktoren, die sich in der französischen Metropole nur schwer
verbessern lassen. Während die Steuerbelastung für Unternehmen dort relativ niedrig ist, fällt
die Besteuerung Hochqualifizierter höher aus als in Frankfurt.
Der abschließende Vergleich der Finanzplätze Frankfurt und Paris anhand der fünf wesentlichen
Kriterien zeigt, dass in dieser Zeitpunktbetrachtung Paris ein ernstzunehmender Konkurrent zu
Frankfurt ist. Entscheidend sind jedoch die vielversprechenden Perspektiven des deutschen Finanzzentrums in den derzeit mittelmäßig beurteilten Bereichen. Frankfurt hat gute Chancen, sich
hier besser zu positionieren und den Wettbewerb um die Stellung als bedeutendster Finanzstandort
Kontinentaleuropas zu gewinnen. Denn Frankfurt bieten sich mehr Veränderungsmöglichkeiten,
Helaba Volkswirtschaft · Juni 2006 · © Helaba
Finanzplatz Frankfurt – Ein Standort bewegt sich
und es befindet sich schon auf dem richtigen Weg. Demgegenüber kann Paris kaum etwas gegen
seine Nachteile unternehmen. Ein Aufschließen des deutschen zum britischen Finanzzentrum liegt
angesichts dessen unangefochtener Spitzenposition derzeit noch in weiter Ferne. Frankfurt sollte
sich jedoch an London orientieren und anstreben, sich in immer mehr Bereichen ebenbürtig zu
erweisen.
3.2
3.2.1
Stärken und Schwächen des
Finanzplatzes Frankfurt
Finanzplatz Frankfurt – Blick in die Zukunft
Stärken/Schwächen-Analyse
Die weitere Entwicklung des Finanzplatzes Frankfurt hängt entscheidend davon ab, inwieweit er
seine Stärken zu wahren und festigen weiß, Chancen erfolgreich ergreift, Schwächen ernsthaft
angeht und bestehende Risiken minimiert. Mit der folgenden Tabelle wird ein Überblick über die
Stärken und Schwächen des Finanzplatzes Frankfurt gegeben. Die einzelnen Kategorien orientieren sich wie auch schon die Smiley-Tabelle an der Gliederungsstruktur der Finanzplatz-Charakteristika.
Stärken/Schwächen-Analyse für den Finanzplatz Frankfurt
Stärken
Schw ächen
Wichtiger Bankenstandort in Europa
Relativ kleine w irtschaftliche Kernregion
Intensive internationale Verflechtungen der
Banken
Konkurrenz dezentraler Finanzplätze im Inland
hemmt internationale Wettbew erbsfähigkeit
Stabilität und Widerstandskraft des
Finanzsystems
Rentabilitätsprobleme der Banken Anfang des
Jahrtausends
Bedeutende, international hoch kompetitive Börse
BaFin nicht ausschließlich in Frankfurt
Globale Spitzenposition der Eurex im
Derivatehandel
Finanzbezogener Wissensstandort mit geringem
internationalen Renommee
EZB als w ichtiges „Asset“
Zögerliche Finanzgesetzgebung
Frankfurt unter den "Top 10 World Cities"
Relativ hohe Unternehmenssteuerbelastung
Tradition als Messe- und Bankenstadt
Keine systematische FinanzplatzEigenvermarktung
Sehr gute Verkehrsinfrastruktur in Verbindung
mit kurzen Wegen
Relativ günstige Büroimmobilien und hohe
Kaufkraft
Quelle: Helaba Volkswirtschaft
3.2.2
Chancen des Finanzplatzes
Frankfurt
70
Chancen: Marktpotenziale und politische Handlungsempfehlungen
In der nachfolgenden Tabelle „Chancen für den Finanzplatz Frankfurt“ wird zum einen auf Marktpotenziale hingewiesen, d.h. Bereiche, in denen die Finanzplatz-Akteure selbst aktiver werden und
ihre Stellung ausbauen können. Zum anderen wird politischer Handlungsbedarf aufgezeigt, damit
der Finanzplatz Frankfurt vermehrte Bedeutung in der internationalen Finanzwelt erlangen kann.
Helaba Volkswirtschaft · Juni 2006 · © Helaba
Finanzplatz Frankfurt – Ein Standort bewegt sich
Chancen für den Finanzplatz Frankfurt
Marktpotenziale
Politische Handlungsem pfehlungen
Ertragsperspektiven durch Konjunkturerholung
Fokussierung auf deutsches Finanzzentrum
(ggf. arbeitsteiliges Vorgehen)
Wachstumschancen für Banken durch
Internationalisierungsstrategien
BaFin-Zentrale in Frankfurt zur Intensivierung des
Dialogs mit Akteuren
Hohe Dynamik bei Firmenübernahmen (M&A) und
-beteiligungen (Private-Equity)
Verstärkte Förderung der Finanzbezogenen
Bildung & Forschung
Dynamische und innovative Börsensegmente
Zeitnahe und marktgerechte Finanzgesetzgebung
Hoher Altersvorsorgebedarf stärkt
Investmentbranche
Neuordnung des Steuersystems
Expansion der Märkte für Kreditrisikotransfer
Koordiniertes selbstbew usstes FinanzplatzMarketing
Quelle: Helaba Volkswirtschaft
Marktpotenziale
Ertragsperspektiven durch
•
Für die gestärkt aus der Schwächephase hervorgehenden Banken am Main ist es wichtig, die
konjunkturell positiveren Rahmenbedingungen zu nutzen, um weiter an ihrer Wettbewerbsfähigkeit zu arbeiten und sich besser im internationalen Finanzgefüge aufzustellen.
•
Dazu gehört auch der verstärkte Blick ins Ausland, wo sich hiesigen Finanzinstituten noch
erhebliche Potenziale bieten – z.B. in Osteuropa oder Asien machen deutsche Banken nur
teilweise von ihren Möglichkeiten Gebrauch und könnten auf Basis ihrer umfangreichen Kreditbeziehungen ins Ausland auch aktiver im dortigen Geschäft vor Ort werden.
•
Daneben bestehen in Anbetracht des sich vollziehenden Wandels in der deutschen Unternehmenslandschaft reger Bedarf an Beratung und Begleitung von Firmenübernahmen sowie Möglichkeiten der Beteiligung. Und dieses Feld sollten hiesige Investmentbanken und PrivateEquity-Gesellschaften nicht länger schwerpunktmäßig angelsächsischen Häusern überlassen.
Zwar hat die ausländische Konkurrenz über die Jahre mehr Expertise und Renommee erworben, doch inländische Akteure können mit einer stärkeren Verankerung am Standort Deutschland bzw. einem intensiveren Verständnis der Mentalität aufwarten.
•
Des weiteren gilt es für das europäische Schwergewicht Deutsche Börse, fortwährend an seiner Stellung zu feilen und offen für neue Produkte und Strömungen zu sein.
•
Ferner stehen der Investmentbranche insbesondere durch den wachsenden privaten Altersvorsorgebedarf hierzulande umfangreiche Expansionsmöglichkeiten offen, zumal das deutsche
Investmentvermögen pro Kopf noch relativ niedrig ist.
•
Auch in den hiesigen, recht jungen Märkten für Kreditrisikotransfer steckt gerade in Anbetracht der hohen Kreditvergabe an den deutschen Privatsektor noch einiges an Potenzial, das
es zu heben gilt.
Konjunkturerholung
Wachstumschancen für
Banken durch
Internationalisierungsstrategien
Hohe Dynamik bei Firmenübernahmen und -beteiligungen
Dynamische und innovative
Börsensegmente
Hoher Altersvorsorgebedarf
stärkt Investmentbranche
Expansion der Märkte
für Kreditrisikotransfer
71
Helaba Volkswirtschaft · Juni 2006 · © Helaba
Finanzplatz Frankfurt – Ein Standort bewegt sich
Politische Handlungsempfehlungen
Fokussierung auf
•
deutsches Finanzzentrum
(ggf. arbeitsteiliges Vorgehen)
Für die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes Deutschland insgesamt ist es
wichtig, anstelle der innerdeutschen Konkurrenz eine arbeitsteilige Konzentration auf Schwerpunktthemen anzustreben. Das Bewusstsein der Akteure sollte gestärkt werden, dass der Erfolg des Finanzplatzes Deutschland und mittelbar auch ihr eigenes Ansehen eng mit einer
Schwerpunktbildung am Finanzplatz Frankfurt verbunden sind. Dies würde die kritische Masse der Finanzplatz-Akteure am Main erhöhen – nicht nur die der Banken als die klassischen,
weitreichend verankerten Finanzinstitute, sondern auch neuerer „Player“ mit zunehmendem
Gewicht für das Finanzwesen, wie Investmentfonds oder Private-Equity-Gesellschaften.
Daneben ist das Fortschreiten auf dem bereits eingeschlagenen Weg der Fokussierung deutscher Börsenaktivitäten auf Frankfurt sinnvoll. Der Ausspruch des ehemaligen Bundesbankpräsidenten Pöhl (1989) bezüglich der deutschen Börsenlandschaft lässt sich auch auf den Finanzplatz insgesamt übertragen:„ Was nicht in Frankfurt umgesetzt wird, wandert nach London oder Paris... Frankfurt ist der einzige Platz, der überhaupt eine Chance hat, als internationaler Platz in Frage zu kommen.“ Und der Finanzstandort Frankfurt hat gute Chancen, sie
müssen nur ergriffen werden.
BaFin-Zentrale in Frankfurt
•
Für den Dialog der Akteure am Finanzplatz Frankfurt wäre es von Vorteil, wenn die nationale
Finanzaufsicht BaFin von ihrem doppelten Sitz abrücken und im Ganzen an den Main ziehen
würde. Damit wären sodann alle wichtigen nationalen Institutionen des Finanzwesens hier
vertreten – sowie mit der EZB eine entscheidende internationale. Dies würde die Zusammenarbeit zwischen den Finanzinstituten und ihrem nationalen Aufsichtsorgan erleichtern und befördern. Denn trotz fortschreitender Informations- und Kommunikationstechnologie sind die
Nähe zur „Community“ des Finanzwesens bzw. die Pflege persönlicher Kontakte vor Ort
wichtig. Zudem ergäben sich Effizienzgewinne, wenn sich zu den bereits in Frankfurt befindlichen Aufsichtsgremien in Bundesbank und EZB sowie europäischer Versicherungsaufsicht
die BaFin mit Hauptsitz gesellen würde.
•
Die Qualität der finanzbezogenen intellektuellen Infrastruktur und die Innovationsdynamik
sind eng miteinander verbunden. Damit sich der Finanzplatz Frankfurt nachhaltig weiterentwickeln und bei neu aufkommenden Strömungen eine aktive Rolle spielen kann, bedarf es des
Ausbaus der Humankapitalbasis speziell im Finanzbereich. Mit seinen wachsenden Bildungsund Forschungsaktivitäten im Finanzwesen verfolgt Frankfurt den richtigen Kurs, mit dem
„House of Finance“ wird es 2008 einen entscheidenden Schritt nach vorne machen. Gleichwohl gilt es, an der Entwicklung eines international anerkannten Finanz-Kompetenzzentrums
weiter zu feilen und die Möglichkeiten zur Ausbildung von Spitzenkräften sowie zur Entstehung innovativer Ideen fortwährend zu fördern.
•
Je offener die gesetzlichen Rahmenbedingungen hierzulande hinsichtlich Trends in der Finanzbranche werden, umso mehr hat der Finanzplatz Frankfurt Gelegenheit, seine Innovationsdynamik zu steigern und im europäischen Finanzmarkt zu punkten. So ist der Gesetzgeber
gefordert, die Rahmenbedingungen für Finanzprodukte zeitnah und markgerecht auszugestalten, damit sie sich am deutschen Finanzzentrum durchsetzen und verbreiten können. Dabei ist
zum einen an die Anpassung bestehender Finanzmarktregulierungen zu denken, wie z.B. in
der Investmentbranche, in der das hierzulande vorhandene Know-How durch eine Flexibilisierung der Fondszulassung und -aufsicht besser genutzt werden könnte. Ähnliches gilt für den
expansiven Bereich Private-Equity und Hedge-Fonds, in dem deutsche Gesellschaften angesichts international noch nicht hinreichend konkurrenzfähiger Rahmenbedingungen nur
schwer Fuß fassen. Dabei sind sie gerade in dem Markt vor Ort, der in den Augen der Branche
als lukrativ gilt. Zum anderen sollten im Finanzsektor neu aufkommende Trends, wie die sich
mittlerweile auch in Europa verbreitenden REITs, durch eine Gesetzgebung flankiert werden,
zur Intensivierung des
Dialogs mit Akteuren
Verstärkte Förderung der
Finanzbezogenen
Bildung & Forschung
Zeitnahe und marktgerechte
Finanzgesetzgebung
72
Helaba Volkswirtschaft · Juni 2006 · © Helaba
Finanzplatz Frankfurt – Ein Standort bewegt sich
die rechtzeitig erfolgt und marktfähige Produkte ermöglicht. Denn nur so kann das deutsche
Finanzzentrum im Wettbewerb um Marktanteile bei neuen Produkten erfolgreich agieren.
Neuordnung des Steuersystems
•
Bei der Standortwahl spielt die Besteuerung für Finanzinstitute und finanzplatzorientierte
Dienstleister gleichermaßen wie für ihre Beschäftigten eine entscheidende Rolle. Um sich im
internationalen Standortwettbewerb besser behaupten zu können, ist für den Finanzplatz
Frankfurt als deutsches Finanzzentrum insbesondere eine Senkung der Unternehmensbesteuerung von Nöten. Daneben ist die Schaffung steuerlicher Anreize für „High Potentials“ sinnvoll.
Koordiniertes, selbstbewusstes
•
In Deutschland gibt es eine Vielzahl von Initiativen, die sich das Thema Finanzplatz auf ihre
Fahnen geschrieben haben. Aber es mangelt an einer gemeinsamen Kommunikationsplattform
und einem geschlossenen Marketingauftritt für das deutsche Finanzzentrum am Main. Mit einem konsequent und selbstbewusst verfolgten Marketing würde einer breiten Öffentlichkeit
im In- und Ausland bewusst gemacht, dass Frankfurt insgesamt über gute Ausgangsvoraussetzungen Frankfurts für eine erfolgreiche Positionierung in der internationalen Finanzwelt verfügt. Neben der Bündelung der Aktivitäten ist z.B. an die Entwicklung der Marke „Finanzplatz Frankfurt“ (= Finanzplatz Deutschland) zu denken und an eine dauerhafte Werbung um
Finanzinstitute und -spezialisten aus dem In- und Ausland. Mit der gebührenden Aufmerksamkeit in der internationalen „Finanz-Community“ steigen die Chancen, dass der Finanzplatz
Frankfurt die kontinentaleuropäische Führungsrolle erringt und auf Dauer absichert. ■
Finanzplatz-Marketing
73
Helaba Volkswirtschaft · Juni 2006 · © Helaba
Finanzplatz Frankfurt – Ein Standort bewegt sich
Hauptsitze
Repräsentanzen
Frankfurt am Main
MAIN TOWER
Neue Mainzer Straße 52-58
60311 Frankfurt am Main
Telefon 0 69/91 32-01
Telefax 0 69/29 15 17
Madrid
General Castanos, 4
Bajo Dscha.
E-28004 Madrid
Telefon +34 91/39 11-0 04
Telefax +34 91/39 11-1 32
Erfurt
Bonifaciusstraße 16
99084 Erfurt
Telefon 03 61/2 17-71 00
Telefax 03 61/2 17-71 01
Mumbai (Indien)
418, Maker Chambers V.
Nariman Point
IN-Mumbai-400021
Niederlassungen
Dublin
PO Box 3137
5 George’s Dock
IFSC
IRL-Dublin 1
Telefon +35 31/6 46 09 02
Telefax +35 31/6 46 09 99
Kassel
Ständeplatz 17
34117 Kassel
Telefon 05 61/7 06-60
Telefax 05 61/7 06-8 65 72
London
3rd Floor
95, Queen Victoria Street
GB-London EC4V 4HN
Telefon +4 42 07/3 34-45 00
Telefax +4 42 07/6 06-74 30
New York
420, Fifth Avenue
USA-New York, N.Y. 10018
Telefon +12 12/7 03-52 00
Telefax +12 12/7 03-52 56
74
Paris
40, rue La Pérouse
F-75116 Paris
Telefon +3 31/40 67-77 22
Telefax +3 31/40 67-9153
Auswahl der Beteiligungsund Tochtergesellschaften
Banque LBLux S.A.
3, rue Jean Monnet
L-2180 Luxemburg
Telefon +3 52 42/4 34-1
Telefax +3 52 42/4 34-50 99
BWT
Beteiligungsgesellschaft
für den Wirtschaftsaufbau
Thüringens mbH
MAIN TOWER
Neue Mainzer Straße 52-58
60311 Frankfurt am Main
Telefon 0 69/91 32-43 33
Telefax 0 69/91 32-28 50
DIV
Deutsche Immobilienfonds
GmbH
Schaumainkai 87
60596 Frankfurt am Main
Telefon 0 69/6 33 05-0
Telefax 0 69/6 33 05-112
Helaba Volkswirtschaft · Juni 2006 · © Helaba
Frankfurter Sparkasse AG
Neue Mainzer Straße 47-53
60311 Frankfurt am Main
Telefon 0 69/26 41-0
Telefax 0 69/26 41-29 00
GGM
Gesellschaft für GebäudeManagement mbH
Rossertstraße 2
60323 Frankfurt am Main
Telefon 0 69/77 01 97-0
Telefax 0 69/77 01 97-77
GWH
Gemeinnützige
Wohnungsgesellschaft mbH
Hessen
Westerbachstraße 33
60489 Frankfurt am Main
Telefon 0 69/9 75 51-0
Telefax 0 69/9 75 51-150
HANNOVER LEASING
GmbH & Co.KG
Wolfratshauser Straße 49
82049 Pullach
Telefon 0 89/2 11 04-0
Telefax 0 89/2 11 04-2 10
HBB Capital Advisers GmbH
Maximilianstraße 40
80539 München
Telefon 0 89/89 06 46-0
Telefax 0 89/89 06 46-20
Schumannstraße 4-6
60325 Frankfurt am Main
Telefon 0 69/7 13 76 76-0
Telefax 0 69/7 13 76 76-20
HBM
Helaba BeteiligungsManagement GmbH
Schumannstraße 4-6
60325 Frankfurt am Main
Telefon 0 69/97 20 87-0
Telefax 0 69/97 20 87-20
Finanzplatz Frankfurt – Ein Standort bewegt sich
Helaba Dublin
Landesbank HessenThüringen International
PO Box 3137
5 George’s Dock
IFSC
IRL-Dublin 1
Telefon +35 31/6 46 09 00
Telefax +35 31/6 46 09 99
Helaba Trust
Beratungs- und ManagementGesellschaft mbH
JUNGHOF
Junghofstraße 24
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Telefon 0 69/2 99 70-0
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Innovationsfonds Hessen
Helaba Immobilien GmbH (HIG) Innovationsfonds Hessen
Beteiligungsgesellschaft
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60311 Frankfurt am Main
MAIN TOWER
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Neue Mainzer Straße 52-58
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60311 Frankfurt am Main
Helaba International
Telefon 0 69/97 20 87-0
Finance plc
Telefax 0 69/97 20 87-20
PO Box 3137
InvestitionsBank Hessen AG
5 George’s Dock
(IBH)
IFSC
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Telefon 0 69/13 38 50-0
Telefax +35 31/6 46 09 99
Telefax 0 69/13 38 50-50
Helaba Invest
Kapitalanlagegesellschaft mbH LB Immo Invest GmbH
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20095 Hamburg
Junghofstraße 24
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60311 Frankfurt am Main
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Telefon 0 69/2 99 70-0
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LB ImmobilienbewertungsHelaba Northern Trust GmbH gesellschaft mbH
MAIN TOWER
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Helaba Volkswirtschaft · Juni 2006 · © Helaba
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