Das Institut für Europäische Kulturgeschichte
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Das Institut für Europäische Kulturgeschichte
Das Institut für Europäische Kulturgeschichte lädt in der Reihe Colloquium Augustanum ein zu einem Vortrag von Prof. Dr. Alain Schnapp (Paris) zum Thema Ist eine Weltgeschichte der Ruinen möglich? Montag, 28. Oktober 2013, 18 Uhr c.t. Ort: HS III, Hörsaalzentrum, Universität Augsburg Der berühmte Satz Stendhals, dass das Colosseum „heute wo es in Trümmer fällt, vielleicht schöner ist, als in Tagen seines höchsten Glanzes“, gilt als ein Paradigma unserer modernen Ästhetik. Die Ruine als Zeichen dessen zu sehen, was sie einmal als intakter Bau war, ist eine Erfindung der Renaissance. In seinem monumentalen Buch über die Poetik der Ruinen in Frankreich behauptet Roland Mortier: „Die Ruine hat für die Griechen keine Existenz und interessiert die Römer nur als eine immaterielle Darstellung des Schicksals: Sie ist keine Anwesenheit sondern eine Abwesenheit oder eine Leere, das negative Zeichen eine zerfallenen Größe“. Diese Definition ist von einer philosophischen Tradition der Gegenwart geprägt. Wie wir von Georg Simmel erfahren, ist „die Ruine […] die Stätte des Lebens, aus der das Leben geschieden ist“. Hartmut Böhme kommentiert: „Erst in Gesellschaften, in denen zerfallenen Gebäude in Differenz zu ihren vormaligen Verwendungsinn semantisch neu besetzt werden, kann man von einer Ästhetik der Ruinen sprechen.“ Hatten die Griechen und Römer also keinen historisch-ästhetischen Bezug zur Ruine? Sollen wir annehmen, dass die Stimmung der Vergangenheit kein Teil der antiken Poetik gewesen ist? Ist das Paradigma des Zerfalls Trojas keine Erfahrbarkeit von Zeit? Sicher benützten die Griechen und Römer andere Bilder und erfassten die Ruine in verschiedenen Weisen, aber es scheint mir unhistorisch zu behaupten, dass die Ruine eine reine Erfindung der Renaissance gewesen sei. Ich werde daher versuchen, durch eine Auseinandersetzung mit der Antike, und zwar nicht nur mit den klassischen, sondern auch mit ägyptischen, 1 mesopotamischen und chinesische Texten zu beweisen, dass die Ruinen ein Schlüssel des historischen Denkens sind, dass also ein Faden die verschiedenen Darstellungen der Ruinen von der Antike zur Gegenwart verbindet. Prof. Dr. Alain Schnapp, geboren 1946, ist Professor für Klassische Archäologie an der Université Paris I (Panthéon-Sorbonne), Leiter der Abteilung „Kunstgeschichte und Archäologie“ und Generaldirektor des „Institut National d'Histoire de l'Art“ (INHA), Paris. Er war unter anderem Visiting Fellow in Princeton, Overseas Fellow am Churchill College in Cambridge und Scholar am Getty Research Center, Santa Monica. 2007 war Alain Schnapp Fellow am Wissenschaftskolleg zu Berlin. Seine Forschungsschwerpunkte sind die Ikonographie der griechischen Antike und die Bildwissenschaften. Zu den viel beachteten Veröffentlichungen von Alain Schnapp gehören: Die Entdeckung der Vergangenheit. Ursprünge und Abenteuer der Archäologie, Stuttgart 2009. Préhistoire et antiquité, Paris 1997. Le chasseur et la cité: chasse et érotique en Grèce ancienne, Paris 1996. The Discovery of the Past (Original auf Französisch: La découverte du Passé). London/New York 1996. Kontakt: Markus Stadtrecher M.A Wissenschaftliche Koordination Institut für Europäische Kulturgeschichte Universität Augsburg Eichleitnerstraße 30 86159 Augsburg Tel.: 0821 / 598 5851 [email protected] http://www.uni-augsburg.de/institute/iek/ 2