Fliegen bei schlechter Wettervorhersage

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Fliegen bei schlechter Wettervorhersage
Fliegen bei Wettervorhersage „kaum Streckenflüge“
Heute Montag den 5.8. würde eigentlich wieder alles passen. Ich habe frei heute und
bekomme von der Familie die Möglichkeit zum Segelfliegen, obwohl immer noch
Sommerferien sind… Dann habe ich sogar ein Auto mit Anhängerkupplung zur Verfügung.
Nur die Wettervorhersage von „alpenflugwetter.com“ und unsere eigene Homepage melden
„kaum Streckenflüge möglich“.
Trotzdem bin ich sogar etwas zu früh fürs Briefing in Schänis. Dafür darf ich dann dasselbige
machen. Beim Vorlesen der alt-bekannten Schweizer Segelflugprognose kann ich
südwestliche Winde bekannt geben. Dann meldet die Prognose auch eine Basis von 30003500 m in den Alpen, in den Hochalpen 3500-4000 m. Martin Brühlmann schaut sich den
Temp von Payerne an und kommt zu Schluss, dass diese Vorhersage sogar eintreffen könnte.
Zunehmender Hochdruckeinfluss, absinkende Warmluft. Ich setze etwas auf die 32 Grad
Temperaturvorhersage. Also zum Fliegen reicht es allemal.
Das DABS erzählt, dass die militärische TMA von Sion aktiv ist, dann sind bei Disentis
Paraglieder zu erwarten (haben anscheinend einen Wettbewerb), neben Saanen und
Zweisimmen ist in Münster auch immer noch Lager. Dass die Patrouille Suisse in Lachen von
10-11 Uhr trainiert, sollte uns heute nicht stören. Erstaunlicherweise zeichnet es schon früh
im Glarnerland und das auch mit einer vernünftigen Basis… Also ab in die Startkolonne.
Weil heute die Turbine ausfällt und ein zweiter Robin-Schlepppilot erst von Ragaz einfliegt,
erhalte ich in der Startkolonne an dritter Stelle noch genügend Zeit den Rechner der ASG29
zu programmieren. Ich habe festgestellt, dass ich eher vorwärtsfliege, wenn ich eine Strecke
im Rechner definiert habe. So kommt also heute die Strecke Fronalphütte, Lac de Tseuzier,
Achensee und wieder zur Fronalphütte in den Rechner. Ich kann mit dem Schlepppiloten aus
Ragaz in unserer Robin in die Luft. Die Doppelsitzer wären heute um die Turbine sehr froh…
Auch mit der ASG29 kommen wir schon flach von der Piste weg. In der ersten Kurve habe
ich sogar bedenken vom „Kabel“ zu fallen, weil der Schlepper ungewohnt langsam fliegt. Im
Schlepp bemerke ich, dass ich meine Segelflug- und ICAO-Karte der Schweiz nicht finde,
obwohl ich sie mir doch bereit gelegt habe… (Am Abend stellt sich heraus, dass sie hinter die
Rückenschale verschwunden sind.) Egal, erst mal den ersten Schlauch finden, dann kann ich
ja nochmals nachsehen. Am Gufelstock geht’s mit leichtem Steigen von 0.4 m/s hoch. Ist mir
aber zu wenig, also gleich weiter zum Bützistock, hier geht’s mal auf 2700m. Also es steigt.
Nun versuche ich nochmals an meine Karten zu kommen, Fehlanzeige. Jänu, den Weg ins
Wallis, den wir heute nehmen wollen kenne ich ziemlich gut. Also am Spitzmeilen auf 2900
m, weiter zum Foopass. Etwas vom Südwind zerrissen, aber es geht über 3000m, also ab ins
Vorderrheintal. Hier geht es ordentlich vorwärts. Zwischen 3000 und 3200 an einer Meute
Gleitschirmler vorbei bis Andermatt, dort minimal bei 2800, über die Furka mit 3000
problemlos ins Wallis. Es läuft gut.
Einige Schänner aus dem Münsterlager sind auch unterwegs, sie wollen zum Matterhorn. Mir
gefällt es aber auf der Nordseite des Wallis und deshalb will ich weiter nach Westen. Am
Alpjuhorn kann ich auf der Luvseite über Kondensen weitersteigen. Steht hier ne Welle?
Nein, es formt sich auch hier ein Cumulus, dessen Basis aber auf 3600 m ein gutes Stück
höher liegt als die umliegenden. Nun komm ich der TMA Sion nahe. Von früheren Flügen
weiss ich, dass die Untergrenze des östlichsten Sektors bei 3050 m liegt. Und der Rechner
der ASG29 hilft mir, die seitlichen Grenzen nach Norden am Bietschhorn vorbei in Richtung
Nordkrete des Lötschentals zu umfliegen. Etwas westlich vom Lac de Tseuzier wende ich,
derweil Martin Bühlmann im Discus 2 noch bis nach Martigny weiterfliegt. An der Plaine
Morte drehe ich noch einige Kreise mit dem Oldtimer HB-556 – wie ich später im Internet
erfahre eine Weihe 50, Jahrgang 1957, auch 18m Spannweite, wie meine ASG29.
Etwas ungeduldig vorfliegend, muss ich diesmal unter der TMA 3 durch, aber gleich bei der
nächsten Krete ausserhalb der TMA geht’s von 2900 wieder auf über 3300 m. Einige Kreise
in 0.9 m/s vor der Furka, um wirklich sicher wieder ins Vorderrheintal zu kommen (andere
nennen sie Tussi-Kreise ). Abflug mit 3300 m, dann folgen 40 km mit GLZ 91 und einer
mittleren Geschwindigkeit von 155 km/h. Wow, habe ich heute Glück in so einem Supervogel
zu sitzen. Weiterflug nach Osten, am Ringelspitz auf 3500 m. Soll ich nun via Lenzerheide
und Bergün in Richtung Engadin oder via Hochwang in Richtung Weissfluhjoch? Eigentlich
will ich noch so weit wie möglich in Richtung Achensee, also entscheide ich mich für die
direkte Variante. Erneut ein Vorfliegen über 40 km, mit GLZ 57 und einer mittleren
Geschwindigkeit von 145 km/h. Was für ein fantastisches Flugzeug, die ASG 29 mit 18m.
Am nördlichen Ausläufer des Weissfluhjochs hole ich mir über 1000 m in 3.7 m/s bis auf
3800 m. Was für ein Hammerschlauch! Endlich fliege ich auch dort, wo ich eine Karte zur
Hand habe, die der Österreicher . Auf der Südseite des Paznauntals geht es unter eher 45/8 (bisher waren es so 1/8) auf Höhen zwischen 3500 und 4000 m bis kurz vor Landeck.
Hier tropft es auch das erste Mal aufs Capot. Es wären noch ca 90 km bis zum Achensee. Um
zehn vor 5 wende ich hier und lasse den Achensee halt aus. Am Flüelapass nochmals auf
4000 m und ab in Richtung Quattervals. Das Engadin hatte ich dieses Jahr ja noch gar nicht
gesehen. Dort noch zum Piz Languard, dann nördlich der FIZ Samedan wieder nach Bergün
und ans Aroser Rothorn. Eigentlich könnte ich doch nochmals in Richtung Oberalp, aber Mike
Hürlimann meldet, dass es in der Innerschweiz einen CB hat. Man sieht ihn und weitere etwa
in den Berner Alpen. Das Vorderrheintal ist noch in der Sonne und nicht betroffen. In den
Glarner Alpen sieht es abgeschattet aus. Ich entscheide mich, die sichere Variante des
Heimwegs zu nehmen und gleite durchs abgeschattete Glarnerland. Der CB über der
Innerschweiz löst sich auf und ich komme bei Bennau nochmals in die Abendsonne, bevor
ich dann sicher wieder in Schänis aufsetze. Martin Bühlmann machte noch einen Abstecher
ins Ötztal, ist aber auch am nach Hause gleiten. Heute werden die Hangartore wieder mal
nach 20 Uhr geschlossen.
Es stellt sich heraus, dass das Umfliegen der TMA Sion korrekt abgelaufen ist und am Ende
stehen 657 OLC-Streckenkilometer zu Buche. Martin macht sogar deren 716 im Discus 2.
Martin holt sich Platz 1 im OLC Schweiz, ich steh auf Platz 2, in den Alpen sind wir 1. und 4.
Wow, habe ich wieder einen tollen Flug erlebt. Ich glaub ich flieg wieder mal bei solchen
Wettervorhersagen…