Die Auslassungspunkte - Deutsches Seminar
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Die Auslassungspunkte - Deutsches Seminar
Universität Zürich Deutsches Seminar Grammatik und Schrift FS 2012/HS 2012 Prof. Dr. Christa Dürscheid Die Auslassungspunkte Eingereicht von: Anita Harangozó Zürich, 30. 10. 2012 Inhaltsverzeichnis 0. Einleitung ………………………………………………………………..... 2 1. Die Geschichte der Auslassungspunkte …………………......................... 3 2. Die Beschreibung der Auslassungspunkte ………….……………............ 4 2.1 2.2 Regelformulierungen in den Dudenauflagen (1942-1991) …….... 5 Amtliche Regelung 2006 ...………………………......................... 5 3. Auslassungspunkte in einigen Interpunktionstheorien ……………......... 6 3.1 Offline-Annahme ……………………………………………………. 7 3.2 Online-Annahme .……………………………………………………. 8 3.3 Zusammenfassung ............................................................................... 9 4. Kritik an den Paragrafen 99 und 100 …………………………………..... 10 5. Die neuesten Tendenzen im Gebrauch der Auslassungspunkte……......... 12 5.1 5.2 5.3 5.4 5.5 In der Werbung ………………………………………………….... In Comics …………………………………………………………. Im Computergebrauch ……..……………………………………… In der Untertitelung .......................................................................... Fazit .................................................................................................. 12 13 13 14 14 6. Auslassungspunkte in der Literatur und Philosophie ………………….. 15 6.1 In der Literatur ................................................................................... 15 6.2 In der Philosophie .............................................................................. 16 7. Schlussbemerkung……………………………………………………….... 17 Literaturverzeichnis ……………………………………………………….... 19 1 Einleitung Die Interpunktionszeichen sind eine Art Werkzeug zum Schreiben und Lesen wie das Weberschiff für das Gewebe [...].Wonach aber richtet sich der Drechsler, wenn er ein Weberschiff herstellt? Doch wohl nach der Beschaffenheit dessen, was seiner Natur nach zum Weben bestimmt ist. [...] Und wer wird nun der berufene Kenner sein dafür, ob jedem beliebigen Holz die ihm zukommende Form des Weberschiffes eingeprägt ist? Der Verfertiger, also der Drechsler, oder der Gebrauchende, also der Weber? [...] Bredel/Primus (2007:102) Die moderne Schriftlichkeit ist ohne sie undenkbar. Sie können in allen Positionen eines Satzes oder Textes auftreten und sie deuten darauf hin, dass ein Wort-, Satz- oder Textelement vom Schreiber bewusst weggelassen wurde. Was die Form dieses Interpunktionszeichens betrifft, handelt es sich um den einfachen Punkt, der auf der unteren Schreiblinie dreimal unmittelbar hintereinander gesetzt wird. Funktional können sie sich auf lexikalische, textuelle und syntaktische Einheiten beziehen. Von diesen allgemeinen Eigenschaften des heutzutage immer beliebteren Satzzeichens erfahren wir überall in der linguistischen Fachliteratur. Interessant ist, dass die kaum sichtbaren Punkte als Interpunktionszeichen erst in die 12. Dudenauflage von 1942 aufgenommen werden. Bis dann scheinen sie nicht als Interpunktionszeichen wahrgenommen worden zu sein. Sie mussten sogar jahrzehntelang mit dem Gedankenstrich konkurrieren. Mit diesem oft vernachlässigten, aber weitaus interessanten und vielseitigen Zeichen befasst sich die folgende Seminararbeit – von den Auslassungspunkten ist die Rede. Jedes der im Folgenden kurz skizzierten Kapitel stellt eine thematische Einheit dar, die unabhängig von den anderen Kapiteln gelesen werden kann. Im ersten Kapitel wird die Geschichte der Auslassungspunkte anhand der wichtigsten Etappen ihrer Entwicklung nachgezeichnet und beschrieben – Auslassungspunkte hatten nämlich nicht von Beginn an ihre heutige Form und Funktion. In dem zweitem Kapitel geht es demnach vorrangig um die Regelformulierungen: Die Erläuterungen zu den Auslassungspunkten seit ihrer Inventarisierung im Duden werden untersucht, verglichen und die wesentlichen Änderungen in den Regelformulierungen beschrieben. Im Anschluss daran befasst sich die Arbeit mit den Paragrafen 99 und 100 der Amtlichen Regelung. Gegenstand von Kapitel 3 bilden die Einordnungsversuche der Auslassungspunkte in verschiedene Interpunktionssysteme. Den Ausführungen liegt die Frage zugrunde, welche Funktionen die drei Punkte in den online vs. offline basierenden Interpunktionstheorien erfüllen. Ferner werden in diesem Anschnitt die vier Funktionen der Auslassungspunkte von Meibauer anhand einiger Beispiele erläutert und aus der Leseperspektive profiliert. Im 4. Kapitel werden einige Kritikpunkte an den Paragrafen genannt und präsentiert. Die neuesten Tendenzen im Gebrauch der Auslassungspunkte werden in Kapitel 5 vorgestellt und aus linguistischer Sicht kommentiert. Kapitel 6 ist der Frage gewidmet, welch wichtige Rolle die Auslassungspunkte in der Literatur bzw. Philosophie spielen. Die Studie wird mit einer Schlussbemerkung im Kapitel 7 abgerundet. In dieser Seminararbeit werden die folgenden Leitfragen thematisiert: Welche Funktionen haben die Auslassungspunkte in dem modernen Schriftsystem inne? Ist ein historischer Wandel bezüglich ihrer Funktionen festzustellen? Falls ja, was ist der Grund dafür? Wie wird die- 2 ses Interpunktionszeichen in der Amtlichen Regelung gehandhabt? Welche sind die neusten Tendenzen im Gebrauch der Auslassungszeichen? Abschliessend sei noch angemerkt: Die vorliegende Arbeit gewährleistet zum einen eine zusammenfassende Darstellung zur Geschichte der Auslassungspunkte und ihren Regeln, zum anderen enthält sie aber auch eine ausführliche Darlegung der verschiedenen Literaturquellen und vermittelt einen möglichst vollständigen Überblick über den aktuellen Gebrauch der Auslassungspunkte. Der Leser ist herzlich eingeladen, die Auslassungszeichen und ihre wechselhafte Geschichte mitzuverfolgen und sich auf diese Weise über dieses Thema zu informieren. Gleichzeitig soll er/sie dadurch aber zum Nachfragen und zum Überlegen angeregt werden. 1. Die Geschichte der Auslassungspunkte [...]schon die Steinzeitmenschen haben versucht, die Welt in Zeichen zu bannen. A. Köhler (2009:7)1 Gegenstand dieses Kapitels ist die Geschichte der Auslassungspunkte. Im Folgenden werden – in Anlehnung an den Aufsatz von Klein/Grund – die wichtigsten Stationen in der Schriftgeschichte der Auslassungspunkte aufgelistet. Aufgrund des beschränkten Umfangs dieser Arbeit kann hier jedoch nicht detailliert auf die geschichtliche Entwicklung eingegangen werden.2 Die folgende Zusammenfassung soll vorwiegend zwei Zwecke erfüllen: 1. Der Leser soll mit den hier dargebotenen Informationen einen Überblick über die Geschichte der Auslassungspunkte erhalten. 2. Darüber hinaus soll die Darlegung zeigen, wie unterschiedlich die Geschichte der einzelnen Satzzeichen verlief. Aus historischer Sicht ist zunächst zu erwähnen, dass bereits seit der Antike und bis hinein ins 18. Jahrhundert mit den verschiedenen Auslassungszeichen rege experimentiert wurde. Hinter dieser pauschalen Aussage verbirgt sich jedoch eine wechselvolle Geschichte; so wurden im Laufe der Zeit verschiedene Zeichen bzw. Zeichenkombinationen in der Funktion des Auslassens verwendet. Zunächst waren es zwei Punkte, dann drei Längstriche in der Oberlänge, gefolgt von drei Punkten in der Diagonale bzw. vier Punkten übers Kreuz, und bisweilen wurden dafür auch Sternchen (Asteriske) etc. eingesetzt, bevor sich allmählich die drei bis heute verwendeten, aufeinanderfolgenden Punkte in dieser Funktion als Norm eingebürgerten. Die Funktion war jedoch stets die gleiche: Diese Zeichen dienten als Stellvertreter für fehlende Namen oder Satzteile oder sonstige sprachliche Elemente. „Wir sprechen in diesem Fall davon, daβ die Auslassungspunkte in der Formularfunktion genutzt wurden“ (Klein/Grund 1997:28). Seit dem 14. Jahrhundert werden Auslassungszeichen gesetzt, um eine vorübergehende Auslassung am Zeilenende anzuzeigen. Auslassungspunkte in der Zeilenabschlussfunktion zeigen auf, dass „ein Satz bzw. ein Wort erst in der nächsten Zeile vervollständigt werden sollte“ (Klein/Grund 1997:27). Die primäre Funktion des modernen Auslassungszeichens bestand also darin, dass es für etwas bewusst Weggelassenes eingesetzt wurde, das später nachgeliefert oder aus räumlichen Gründen ausgespart wurde. Im Grunde handelte es sich 1 Andrea Köhler hat in dem Buch von Christina Abbt (vgl. Literatur) einen Aufsatz verfasst mit dem Titel „Die Zeichensetzung der Gefühle. Punkt, Punkt, Komma, Strich: zur Genese des hingeworfenen Gesichts.“ 2 Einen ausführlichen geschichtlichen Überblick findet sich bei Klein/Grund (1997 In: Zeitschrift für germanistische Linguistik 25, 24-47) und bei Höchli (1981). 3 dabei demnach um ökonomische Zeichen, die noch nicht als literarisches Stilmittel verwendet wurden, sondern lediglich um „formale, technische Mittel zur sinnvollen Organisation von Texten, die im Zuge der handschriftlichen Überlieferung und Kopierpraxis entstanden“ (Klein/Grund 1997:31). Im Laufe der neuzeitlichen Sprachgeschichte entwickelten die Auslassungspunkte dann aber sozusagen ein Eigenleben: Sie wurden zu einem Stilmittel, das Gefühle des Schreibers ausdrücken und verstärken sollte. Diese stilistisch-rhetorische Funktion der Auslassungszeichen hängt u.a. stark mit der Wiederentdeckung der Rhetorik zusammen. Zeitgenössischen Beispiele und Quellen belegen, „daß im 18. Jahrhundert einheitlich ein geschärftes Bewußtsein (und wahrscheinlich auch ein erhöhtes Bedürfnis) für die explizite Kennzeichnung stilistischer Auslassungen bestand“ (Klein/Grund 1997:34). Allerdings waren die verschiedenen typografischen Formen wie auch die Bezeichnung für solche Auslassungszeichen uneinheitlich. Johann Christoph Adelung fasste in seinem Werk „Vollständige Anweisung zur Deutschen Orthographie“ die unterschiedlichen typografischen Formen zusammen und bestimmte den richtigen Gebrauch derselben. Den Auslassungspunkten widmete er jedoch kein einzelnes Kapitel, sondern subsumierte sie unter die Gedankenstriche: Die dreifache Wiederholung (durch drei Gleichheitszeichen bzw. drei Punkte) „deutet theils eine Auslassung, theils eine Abbrechung, theils aber auch eine stärkere Pause an [...] (Adelung 1790: 388). Adelungs Zusammenfassung der Funktionen der Auslassungszeichen wurde in der Folge zum allgemeinen Usus und stimmt zudem beinahe mit dem modernen Gebrauch überein. Was die grafische Realisierung anbelangt, konnte sich mit der Zeit die Verdreifachung des Punktes zu Ungunsten der Striche durchsetzen. Auf die neuesten Tendenzen im Gebrauch der Auslassungspunkte komme ich im Kapitel 5 zu sprechen. Als Fazit ergibt sich: Die Entwicklung der grafischen Darstellung und der verschiedenen Funktionen der Auslassungspunkte ist eine langwierige, von häufigen Veränderungen geprägte Geschichte. Die anfängliche Formular- und Abschlussfunktion von Auslassungspunkten wurde im Laufe der Zeit erweitert, indem diese mehr und mehr auch als stilistisches Mittel eingesetzt wurden. 2. Die Beschreibung der Auslassungspunkte Die Regeln sind gleichsam die Theorie zu den beobachtbaren Tatsachen des Schreibgebrauchs. (Theodor Ickler)3 In diesem Kapitel geht es um die Erläuterung zu den Auslassungspunkten, die seit ihrer Inventarisierung im Duden mehrfach verändert worden ist. Wie in der Einleitung schon erwähnt, wurden die Auslassungspunkte bis zur 11. Dudenauflage von 1939 im Regelwerk gar nicht aufgenommen; erst in der 12. Dudenauflage von 1942 fanden sie Eingang in den Duden, und zwar in ihrer Funktion „als Konkurrenz zum Gedankenstrich“ (Bredel 2008:123). Im Folgenden werden die Forschungsergebnisse von Ursula Bredel zusammengefasst, die die Regel 3 http://www.vrs-ev.de/KritKomm.pdf 4 formulierungen und deren wesentliche Veränderungen hinsichtlich der Gewichtung der Auslassungspunkte und des Gedankenstrichs in den Dudenauflagen im Zeitraum von 1942 bis 1991 untersucht und dabei auch die Amtliche Regelung 2006 mit den beiden Paragrafen zum Anwendungsbereich der drei Punkte mit einbezogen hat. 2.1 Regelformulierungen in den Dudenauflagen (1942-1991) „Um den Abbruch einer Rede, das Verschweigen des Abschlusses eines Gedankens zu bezeichnen, verwendet man auch statt des Gedankenstriches die Auslassungspunkte.“ So wird die Funktion der Auslassungspunkte in den 12. Dudenauflage von 1942:65 formuliert. Eine explizite Gewichtung zwischen den beiden Interpunktionszeichen wird hier nicht vorgenommen, die Auslassungspunkte werden eher als Alternative zum Gedankenstrich gesehen. Im Zeitraum von 1942 bis 1947 lässt sich in den diesbezüglichen Regeln keine Veränderung feststellen. In den nächsten vier Dudenauflagen (14 - 17. Auflage) liest man die folgende Beschreibung: „Um den Abbruch einer Rede, das Verschweigen eines Gedankenabschlusses zu bezeichnen, verwendet man statt des Gedankenstrichs […] besser drei Auslassungspunkte.“ Hier beginnt also ein wichtiger Prozess in der Geschichte der drei Punkte: Eine Gewichtung wird vorgenommen und die Auslassungspunkte werden für „besser“ gehalten. In der 18. Auflage von 1980 wird bereits die Trennung der Funktionen der beiden früher fast synonym behandelten Zeichen signalisiert: „Drei Auslassungspunkte kennzeichnen den Abbruch einer Rede, das Verschweigen eines Gedankenabschlusses. […] Die Auslassungspunkte sind oft deutlicher als der gleichfalls mögliche Gedankenstrich […].“ Hier geht es also eindeutig darum, die beiden Zeichen voneinander abzugrenzen, der Gebrauch des Gedankenstiches „als Abbruchsignal ist nur noch in einer Erläuterung zur Hauptregel erwähnt“ (Bredel 2008:124). In der 20. Auflage von 1991 kommt zum Ausdruck, dass die Auslassungspunkte den Konkurrenzkampf gegen den Gedankenstrich inzwischen gewonnen haben, wie die Reformulierung der Auslassungsregel zeigt: „Drei Auslassungspunkte zeigen an, daß in einem Wort, Satz oder Text Teile ausgelassen worden sind. […] Beim Abbruch einer Rede kann an Stelle der Auslassungspunkte auch ein Gedankenstrich stehen […]. Diese Beschreibung ist genauso das Spiegelbild der Beschreibung von 1942: „Die Formulierungen zeigen eine Umkehrung der gebrauchsbezogenen Markiertheitsverhältnisse“ (Bredel 2008:123). 2.2 Amtliche Regelung 2006 Die Auslassungspunkte werden in den Paragrafen 99 und 100 in der Amtlichen Regelung der deutschen Rechtschreibung in Kapitel 4 „Markierung von Auslassungen“ unter 4.3 „Auslassungspunkte“ behandelt. § 99 Mit drei Punkten (Auslassungspunkten) zeigt man an, dass in einem Wort, Satz oder Text Teile ausgelassen worden sind. 5 Du bist ein E...! Scher dich zum ...! „ ... ihm nicht weitersagen“, hörte er ihn gerade noch sagen. Der Horcher an der Wand ... Vollständiger Text: In einem Buch heißt es: „Die zahlreichen Übungen sind konkret auf das abgestellt, was vorher behandelt worden ist. Sie liefern in der Regel Material, mit dem selbst gearbeitet und an dem geprüft werden kann, ob das, was vorher dargestellt wurde, verstanden worden ist oder nicht. Die im Anhang zusammengestellten Lösungen machen eine unmittelbare Kontrolle der eigenen Lösungen möglich.“ Mit Auslassung: In einem Buch heißt es: „Die … Übungen … liefern … Material, mit dem selbst gearbeitet … werden kann … Die … Lösungen machen eine … Kontrolle … möglich.“ § 100 Stehen die Auslassungspunkte am Ende eines Ganzsatzes, so setzt man keinen Satzschlusspunkt. Ich habe die Nase voll und … Diese Szene stammt doch aus dem Film „Die Wüste lebt“ … Mit „Es war einmal …“ beginnen viele Märchen. Viele Märchen beginnen mit den Worten: „Es war einmal …“ Aber: Verflixt! Ich habe die Nase voll und …! In den beiden Paragrafen wird die enge Verwandtschaft zwischen Auslassungspunkten und Gedankenstrich gar nicht mehr erwähnt. Der Begriff Gedankenstrich taucht in den Zeilen nicht einmal mehr auf, demzufolge ist der Gedankenstrich zwecks Markierung des „Abbruch[s] einer Rede“ keine offiziell anerkannte Alternative mehr. Diese Funktion, die zuvor von beiden wahrgenommen werden konnte, wird jetzt einzig den Auslassungspunkten zugeschrieben. Auffallend ist zudem die Formulierung der Regel in der AR im Vergleich zu den Dudenregeln: In der AR steht nämlich „drei Punkte“ in Auslassungsfunktion und es ist nicht mehr von „drei Auslassungspunkte“ die Rede. 3. Auslassungspunkte in einigen Interpunktionstheorien Interpunktionszeichen [...]bilden eine von anderen Schriftzeichen abgegrenzte Klasse von Zeichen, die in definierter, nicht in willkürlicher Beziehung zueinander stehen. (Bredel 2011:2) Gegenstand dieses Kapitels ist die Frage, welche Rolle den Auslassungspunkten in den verschiedenen Interpunktionstheorien beigemessen wird. Dazu werden in einem ersten Schritt – angelehnt an die Arbeit von Ursula Bredel – kurz die zwei Analyserichtungen vorgestellt: die sogenannte Online- und die Offline-Annahme. Beide Positionen haben gemeinsam, dass sie sich explizit mit der Rekonstruktion des Interpunktionssystems des gegenwärtigen Deutsch als schriftsprachliches Teilsystem befassen. Worin die Unterschiede liegen, soll im vorliegenden Kapitel herausgearbeitet werden. An dieser Stelle sei bereits darauf hingewiesen, dass die 6 typisierende Darstellung der beiden Positionen lediglich dazu dient, die prinzipiellen Unterschiede zwischen diesen Auffassungen hervorzuheben. Anschliessend an die Diskussion dieser Positionen wird in Anlehnung an die Arbeiten von einigen Wissenschaftlern erläutert, wo die drei Punkte in dem jeweiligen System eingeordnet sind und welche Funktionen sie demzufolge erfüllen. Vorweg ist aber noch eine grundsätzliche Anmerkung erforderlich: Im Folgenden steht daher die einflussreiche Arbeit von Ursula Bredel mit ihrer Neukonzeptualisierung des Interpunktionssystem im Zentrum (vgl. Zitat). Dabei sollen ihre These und online-basierte Interpunktionstheorie dargelegt und anhand der Verwendung der Auslassungspunkte illustriert werden. Dieser Teil wird demnach im Abschnitt 3.2 ausführlicher zur Sprache kommen. 3.1 Offline-Annahme Die offline-basierten, traditionell geltenden Interpunktionskonzeptionen analysieren die Interpunktion von den Konstruktionen aus. Die Interpunktionszeichen „können unter Rekurs auf die Eigenschaften dieser Konstruktionen beschrieben werden“ (Bredel 2008:14). Obwohl das sehr umfassende Interpunktionssystem von Gallmann für sich steht, ist seine Analyse durchaus den Interpunktionstheorien des 20. Jahrhunderts zuzurechnen, die der konstruktionsbasierten, am Sprachsystem fixierten Herangehensweise verpflichtet sind. In seiner Interpunktionstheorie gelten die Auslassungspunkte insofern als abweichend, als sie gar nicht zum Interpunktionsinventar hinzugerechnet werden. Gallmann versteht die Auslassungspunkte ausschliesslich als Abbruchsignale: „Abbruchsignale kennzeichnen explizit den Abbruch oder die Unterbrechung einer Grundgraphemkette, also eine besondere Art von Unvollständigkeit“ (1985:175). Gallmann unterscheidet die folgenden Gründe, warum Auslassungen bzw. Weglassungen vorgenommen bzw. als solche gekennzeichnet werden: • • • • • von Anakoluthen von bewusst nicht zu Ende formulierten Gedankengängen von Tabuwörtern von Kürzungen in Zitaten von grafisch bedingten Unterbrechungen (Gallmann 1985:175) Nachdem die Abbruchsignale definiert worden sind, werden zum einen die Kombination der Auslassungspunkte mit anderen Signalen und zum anderen die Funktionen der Abbruchsignale im Einzelnen anhand von plausiblen Beispielen erläutert. Ulrike Behrens untersucht die Interpunktionsregeln im Rechtschreibduden auf ihren syntaktischen Gehalt hin. Sie interpretiert die Interpunktionszeichen als Satzzeichen, zu denen die Auslassungspunkte nicht zu zählen seien. Zu den Satzzeichen rechne ich Punkt, Fragezeichen, Ausrufezeichen, Komma, Semikolon, Doppelpunkt, Gedankenstriche, Klammern und Anführungszeichen. Ich rechne nicht, wie in manchen Arbeiten geschieht, die Auslassungspunkte dazu. Für das Auftreten von Auslassungspunkten sind keine strukturellen Bedingungen angebbar […]. (Behrens 1989:15) Behrens vertritt nämlich die Ansicht, dass „Satzzeichen auf syntaktische Einheiten zu beziehen sind“ (Behrens 1989: 18), und nach dieser Annahme gehören Zeichen, die diese syntaktischen Funktion nicht erfüllen, nicht zu diesem Inventar. 7 Baudusch stützt die Auffassung, dass Interpunktionszeichen primär syntaktische Gliederungsfunktionen übernehmen. Daher werden sie überall dort, wo ihr Auftreten mit syntaktischen Grenzen zusammenfällt, als syntaktisch motiviert identifiziert. Baudusch zählt die Auslassungspunkte zu den Satzschlusszeichen und nennt sie das universalste Satzzeichen, „durch [das] sich beliebige sprachliche Einheiten abgrenzen oder auch ersetzen lassen“ (Baudusch 1984:14). 3.2 Online-Annahme Gemäss der Online-Annahme werden die Interpunktionsverwendungen durch den Leseprozess abgebildet und die Interpunktionszeichen „können unter Rekurs auf die Sprachverarbeitung beim Lesen beschrieben werden“ (Bredel 2008:18). Ursula Bredel hinterfragt also, inwieweit die Zeichen den Leser bei der Sprachverarbeitung lenken. Im Unterschied zur Offline-Annahme, die den Interpunktionszeichen eine konstruktionsbasierte Herangehensweise zuschreibt, betrifft die Online-Annahme nicht nur Zeichen auf syntaktisch-textueller Ebene (wie beispielsweise Punkt oder Komma), sondern auch Zeichen auf morphologischer Ebene (wie Bindestrich oder Apostroph). In ihrer auf die Schrifttheorie bezogenen Darstellung wird die Interpunktion als System dargestellt, in dem die einzelnen Elemente eine von anderen Schriftzeichen abgegrenzte Klasse von Zeichen bilden. Bredel vertritt nämlich die Auffassung, „dass jede historische Interpungierung und jede lernerseitige Interpungierung als Systeme mit eigenen Gesetzmäßigkeiten beschrieben werden können“ (Bredel 2011:3). Beginnend mit formalen Analysen unter Berücksichtigung der historischen Entstehung des aktuellen Inventars werden die formalen Eigenschaften von Interpunktionszeichen anschaulich dargelegt. Nach der Ermittlung von grafetischen und grafotaktischen Merkmalklassen, aus deren Kombination sich das formale Gesamtsystem ergibt, sind die letzten zwei Drittel ihres Buches „Interpunktion“ grösstenteils den einzelnen Interpunktionszeichen gewidmet. Im folgenden Abschnitt wird – angelehnt an die Forschungsarbeit von Bredel – die Funktion der Auslassungspunkte aus der Leseperspektive vorgestellt. Aus der Grafik (Anhang 1)4 ist ersichtlich, dass Bredel die zwölf Interpunktionszeichen aus der Perspektive, wie sie den Leser beim Leseprozess unterstützen, zunächst in zwei Grossklassen aufteilt.5 Die Auslassungspunkte befinden sich in der Gruppe „Filler“. Filler füllen einen segmentalen Raum ein und können sowohl am Zeilenende als auch am Zeilenanfang auftreten. Ferner zeigen sie an, dass eine Buchstabenkette (noch) kein vollständiges Wort und eine Wortkette (noch) kein vollständiger Text ist. Die Auslassungspunkte operieren – ebenso wie der Gedankenstrich – auf der Textebene und markieren Irregularitäten in oder an Textstrukturen, insofern handelt es sich dabei um Textzeichen. Der Defekt, den die Auslassungspunkte markieren, ist „irreversibel“, d.h. „[d]as Material, das zur Behebung erforderlich ist, wird im Umgebungstext meist nicht zur Verfügung gestellt [...]“ (Bredel 2011: 48). Zudem fordern sie den Leser auf, einen Rollenwechsel vorzunehmen. Er sollte von der Rolle des passiven Rekodierers zur Rolle des aktiven Enkodierers hinüberwechseln und „in dieser Funktion außerhalb des im Text gegebe 4 Die Grafik habe ich selbst erstellt; sie war ein Teil meines Referates am 18.04.2012. Den Zielen dieser Arbeit gemäss gehe ich auf eine detaillierte Darstellung der Grossklassen nicht weiter ein. Im Folgenden werde ich mich ausschliesslich auf die Funktionen der Auslassungspunkte beschränken. 5 8 nen Materials nach sprachlichen Einheiten suchen, die geeignet sind, schreiberseitig offengelassene Bedeutungen zu restituieren“ (Bredel 2008:127). Des Weiteren wird in Bredels Arbeit das Lesekonzept der Auslassung in Anlehnung an die Ausführungen von Jörg Meibauer diskutiert, der vier Funktionen der Auslassungspunkte unterscheidet, nämlich (alle Beispiele aus Meibauer 2007:33-34): 1. Auslassungsfunktion: Du kannst mich mal … 2. Andeutungsfunktion: Markus hat auf der Auktion eine goldene Corvette ersteigert … 3. Fortsetzungsfunktion: Tack, tack, tack, … So ging die ganze Nacht. 4. Verbindungsfunktion: Bin heute angekommen… Bin total müde … Muss noch den Deal abschliessen … Bei der Auslassungsfunktion (1) handelt es sich „um potenziell Anstoβ erregende Ausdrücke“ (Meibauer 2007:33), in der Andeutungsfunktion (2) können die drei Punkte Element eines anderen Satzes sein oder sogar als Abschlusszeichen dienen. Ferner verweisen Auslassungspunkte auf Wiederholungen (3) und verbinden darüber hinaus Sätze oder Satzteile miteinander (4). Mithilfe dieser Verwendungen profiliert Bredel die Auslassungsfunktionen aus der Leseperspektive und betont: Die „Auslassungs- und die Andeutungsfunktion fordern vom Leser die Aktivierung von Wissen, das im Text nicht gegeben ist“ (Bredel 2011:47). Bei der Auslassungsfunktion handle es sich um sprachliches Wissen, wohingegen der Leser bei der Andeutungsfunktion sein nicht-sprachliches Wissen aktivieren müsse. Was die Fortsetzungsund Verbindungsfunktion der Auslassungspunkte anbelangt, „fordern [sie] vom Leser die ReAktivierung von Wissen, das im Text gegeben ist“ (ebd.). Dieses reaktivierte Wissen muss der Leser an der mit den Auslassungspunkten gekennzeichneten Position einbringen und es dort einwirken lassen. Bei der Fortsetzungsfunktion geht es um eine „repetitive Arbeit“ und bei der Verknüpfungsfunktion um eine „Verknüpfung zwischen reaktiviertem und neuem Wissen“ (ebd.). Ferner verweist Bredel auf eine funktionale Verwandtschaft der Auslassungspunkte mit dem Apostroph – jedoch ist der Apostroph auf das Wort und nicht auf den Text bezogen. Bei den Auslassungspunkten aktiviert der Leser Bedeutungen und nicht Formen, wie es bei dem Apostroph der Fall ist. 3.3 Zusammenfassung Halten wir abschliessend fest: In den vorangehenden Abschnitten wurden die Funktionen der Auslassungspunkte aus zwei Perspektiven dargestellt, nämlich von der Offline- und der Online-Annahme, wobei der Schwerpunkt auf der letzteren lag. Gemäss der Offline-Annahme werden die Eigenschaften von Konstruktionen zur Grundlage für die Rekonstruktion der Interpunktion. Laut der Offline-Perspektive werden die Auslassungspunkte nach einigen Interpunktionstheorien gar nicht zum Interpunktionsinventar gerechnet (vgl. Gallmann, Behrens). Baudusch hält sie zwar für Satzschlusszeichen, nennt sie aber einen Sonderfall. Auf der Basis der Sprachtätigkeit beim Lesen werden Interpunktionszeichen nach der Online-Perspektive rekonstruiert. Als ein Vertreter dieser Richtung wurde Ursula Bredel genannt. Wie bereits oben in Anlehnung an ihre Forschungsarbeit dargelegt, verweisen die Auslassungspunkte auf zu restituierende Einheiten. Allerdings geht es dabei nicht um Wortinformationen; vielmehr 9 aktiviert der Leser durch die Restituierung Sprach-, Text- oder Weltwissen. Bredel betont, der Leser werde zu einem Rollenwechsel angeleitet, indem er den durch die Auslassungspunkte markierten Defekt erheben soll. 4. Kritik an den Paragrafen 99 und 100 Normen der Rechtschreibung [...]sind festgelegt, von Menschen gemacht, keine Naturgesetze, nicht aus sich heraus richtig oder falsch. Sie können dabei besser oder weniger gut gemacht sein, und sie müssen grundsätzlich der Veränderung zugänglich gehalten werden. Das bedeutet nicht Aufforderung zu ständiger Umgestaltung, wohl aber Bereitschaft zu Beweglichkeit. (Sitta/Gallmmann 1996:27) In diesem Abschnitt werden die Kritikpunkte von Theodor Ickler in Bezug auf die AR 2006 vorgestellt (die Paragrafen 99 und 100 siehe oben); zudem wird Stellung dazu genommen. Ferner wage ich in Punkt c), in Anlehnung an die Kritikpunkte von Ickler und unter Einbezug der Fachliteratur über die Auslassungspunkte einen Verbesserungsvorschlag zu unterbreiten. a) Ickler äussert sich folgendermassen zu § 99: “Bei „ ... ihm nicht weitersagen“ handelt es sich nicht um eine Auslassung, sondern um die Unvollständigkeit einer Wiedergabe aufgrund gestörter Kommunikation“ (Ickler 1998:182). In der Tat ist ihm bezüglich dieser Feststellung zuzustimmen; es wäre ein Leichtes gewesen, stattdessen ein eindeutiges Beispiel für die Funktion der Auslassung anzubringen. Ferner erfährt man in § 99 nichts darüber, welche weiteren Aufgaben die Auslassungspunkte zu erfüllen haben. Anhand einer Gliederung des Regelmaterials unter Angabe einiger Beispiele dazu hätte dem Schreibenden aufgezeigt werden können, wann er Auslassungspunkte verwenden muss bzw. darf oder kann. Darüber hinaus sind meines Erachtens nicht alle Beispielsätze optimal ausgewählt, insbesondere halte ich das dritte Beispiel für viel zu lang. b) Der zweite Kritikpunkt von Ickler tangiert zwei Probleme: Es ist nicht klar, was im ersten Beispiel „ausgelassen“ sein könnte. Die drei Punkte deuten eher auf eine gewisse Unabgeschlossenheit oder Unsicherheit hin, der in der gesprochenen Rede eine nicht fallende Intonation entsprechen mag. Diese Verwendung der „Auslassungspunkte“ dürfte das in einer Orthographie Regelbare zum Stilistischen hin überschreiten. Das zweite Beispiel zeigt noch einmal, wie unklar der Begriff des „Ganzsatzes“ ist. Einfacher wäre die Bestimmung, daß nach Auslassungspunkten kein Schlußpunkt mehr gesetzt wird. (Ickler 1998: 182) Ickler verweist zunächst darauf, dass in den Regeln klar ausgedrückt werden sollte, wofür Auslassungspunkte stehen können. Hier verweise ich einmal mehr darauf, dass die in dem Punkt a) erwähnte, sinnvolle Gliederung der Funktionen der Auslassungspunkte hierfür eine ideale Lösung darstellen würde. Abgesehen von dem von Ickler zu Recht erwähnten zweiten Kritikpunkt in dem oben zitierten Abschnitt frage ich mich: Warum stehen hier keine Regeln bezüglich der Kombination der Auslassungspunkte mit anderen Interpunktionszeichen? In kaum einen modernen Text fehlen die Auslassungspunkte; in den Zeitungen, Werbungen oder auf Websites stehen sie gehäuft nicht nach den richtigen Zeichensetzungsregeln (einmal mit 10 einem Leerzeichen nur davor oder nur dahinter). Auslassungspunkte lassen sich jedoch – ausser mit dem in der Regel erwähnten Satzschlusspunkt – mit vielen anderen Interpunktionszeichen kombinieren. Auch wenn es den Anschein macht, dass die Auslassungspunkte im Vergleich zu den komplizierten Kommaregeln völlig unproblematisch zu handhaben sind, scheint mir in den entsprechenden Amtlichen Regeln diesbezüglich ein Defizit vorzuliegen. c) Wie könnte man also die zwei Paragrafen sinnvoll gliedern, ohne dass der dazugehörige Regeltext dabei stark verändert und das Regelmaterial infolge der Beispiele verlängert würde? Mein im Folgenden dargelegter Vorschlag zieht sowohl die Funktion als auch die Anwendung der Paragraphen 99 und 100 in der Amtlichen Regelung der deutschen Rechtschreibung in Betracht. Dabei behalte ich einen wichtigen Punkt im Auge, nämlich dass es bei der Amtlichen Regelung darum geht, „die Rechtschreibung zu kodifizieren, sie soll nicht, wie in zahlreichen seither erschienenen Handreichungen, didaktisch aufbereitet werden“ (Dürscheid 2012:185). Auslassungspunkte gemäss eigenem Vorschlag § 99 Mit drei Punkten (Auslassungspunkten) zeigt man an, dass in einem Wort, Satz oder Text Teile ausgelassen worden sind. 1. Auslassungspunkte werden verwendet, um Tabuwörter zu vermeiden: Du bist ein E…! 2. Die Auslassungspunkte kennzeichnen einen nicht zu Ende formulierten Gedankengang: Scher dich zum …! 3. Am Beginn eines Textes signalisieren die drei Punkte das Verschweigen des Satzanfangs: … und hörte auf zu atmen. 4. Auslassungspunkte markieren unvollständige Zitate: Der Bindestrich bietet dem Schreibenden die Möglichkeit, […] die einzelnen Bestandteile als solche zu kennzeichnen, sie gegeneinander abzusetzen und sie dadurch für den Lesenden hervorzuheben.6 5. Auslassungspunkte verbinden aus grafischen Gründen getrennte Textstücke: (Werbung) Wenn Sie Probleme mit dem Computer haben … … rufen Sie uns einfach an! 6. Auslassungspunkte stehen am Ende einer Aufzählung: Dieses Kleid haben wir in grün, rot, braun ... § 100 Auslassungspunkte können mit anderen Interpunktionszeichen kombiniert werden, ohne dass ein Zwischenraum gesetzt werden muss.(1) Stehen die Auslassungspunkte am Ende eines Ganzsatzes, so setzt man keinen Satzschlusspunkt. (2) Ein vorangehender Abkürzungspunkt wird nicht in die Auslassungspunkte einbezogen. (3) 6 Zitat aus der Amtlichen Regelung, S. 45. 11 (1.) Aber: Verflixt! Ich habe die Nase voll und …! (2.) Viele Märchen beginnen mit den Worten: „Es war einmal …“ (3.) Es geschah im Jahre 44 v. Chr. … 5. Die neuesten Tendenzen im Gebrauch der Auslassungspunkte In diesem Abschnitt stehen die neuesten Gebrauchsformen von Auslassungspunkten im Mittelpunkt der Betrachtung. Im Folgenden werden – in Anlehnung an den Aufsatz von Klein/Grund – neue Verwendungsformen der Auslassungspunkte kurz skizziert und an einigen Beispielen vorgeführt. Wie wir sehen werden, geht es bei der Analyse der neuesten Tendenzen vielmehr darum, dass die Auslassungspunkte als technisches Orientierungszeichen, „die eng mit den Organisationsspezifika der kommunikativen Medien verbunden sind“ (Klein/Grund 1997:42), verwendet werden. 5.1 In der Werbung Abbildung 1 In der modernen Werbesprache des 20. Jahrhunderts werden Auslassungspunkte als grafisches Symbol verwendet, welches nicht mehr ausschliesslich aus einem Text besteht, sondern als Text-Bild-Kombination erscheint. Auf dem ausgewählten beispielhaften Bild sind gleichzeitig zwei Funktionen der Auslassungspunkte ersichtlich, die den Verwendungsweisen der von Meibauer genannten Subfunktionen entsprechen: Fortsetzungs- (Rich, sensual, intense, unique…) und Verbindungsfunktion (The hero, of course is …). Diese letztere Funktion erinnert uns an eine historische Verwendungsform der Auslassungspunkte, nämlich an ihre Zeilenabschlussfunktion. Es handelt sich hier also zum einen um einen gewissen Abbruch, zum anderen aber auch um ein vorübergehendes Verkettungsproblem. In dem Text wird auf einen spezifischen Textdefekt hingewiesen, der aber reversibel ist: Der Leser muss jedoch aus dem Text nicht heraustreten, um ihn verarbeiten zu können, sondern durch Weiterlesen wird der durch Punkte umgebrochene Text in der Werbeanzeige fortgeführt. „[D]er in Portionen über eine größere Fläche verteilte Text einer Anzeige muß durch Auslassungszeichen bisweilen explizit zusammengehalten werden“ (Klein/Grund 1997:40). 12 5.2 In Comics Abbildung 2 Abbildung 3 Abbildung 4 In den gezeichneten, mit Bildern gekoppelten Bildergeschichten verwenden Comic-Autoren gehäuft Auslassungspunkte. Deren Gebrauch beschränkt sich nicht nur auf die Abbruch indizierende Funktion (Abbildung 2), sondern sie haben vielmehr auch die Aufgabe, Textabschnitte, die in verschiedenen Sprechblasen erscheinen, untereinander zu verbinden (Abbildung 3). Die drei Punkte weisen also darauf hin, dass „ein Abbruch nur episodischer Natur ist und im selben Text wieder behoben wird“ (Klein/Grund 1997:41). Die enge Beziehung von Grafik und Bild deuten auf eine weitere Funktion der Auslassungspunkte in Comics hin (Abbildung 4): Am oberen Bildrand eines Bildes „verweisen [sie] nämlich darauf, daβ man sein Augenmerk von der schriftlichen Sprache auf die bildlich vermittelten Inhalte zu lenken hat“ (Klein/Grund 1997:41). 5.3 Im Computergebrauch Abbildung 5 In dem Aufsatz von Klein/Grund sind auch mögliche Verwendungen von Auslassungspunkten in der Computeranwendung angesprochen. Sie werden häufig als Zeichen verwendet, „die direkt aus der Schriftsprache hinausweisen, und insofern keine Auslassung innerhalb eines virtuell vollständigen Textes bzw. Satzes andeuten“ (Klein/Grund 1997:41). Sie dienen als „Wartezeichen“ und zeigen dem Nutzer eine im Hintergrund laufende Aktivität am Computer an. Die Auslassungspunkte signalisieren damit, dass der Computer rechnet und somit keine weiteren Befehle annehmen kann. Für den Computergebrauch charakteristisch sind die drei Punkte, welche gehäuft in den Menülisten der Computerprogramme stehen (Abbildung 5). Sie deuten darauf hin, dass „hinter dem betreffenden Menüpunkt Optionen von Untermenüs zur Verfügung stehen, die im Moment nicht dargeboten werden (können)“ (Klein/Grund 1997:41). 13 5.4 In der Untertitelung In die Analyse der modernen Verwendungen der Auslassungspunkte von Klein/Grund ist die Untertitelung zwar nicht mit einbezogen, doch ist das Thema meines Erachtens durchaus erwähnenswert. Die immer grössere Nachfrage nach der Untertitelung lässt sich wiederum unter anderem auf die Entwicklung neuer Technologien zurückführen. Darüber hinaus dienen Untertitel als Hilfsmittel zum Erlernen einer neuen Fremdsprache. Ein weiterer wichtiger Grund für ihre Beliebtheit ist, dass sie auch Hörgeschädigten den Zugang zu den Medien ermöglichen. Da Untertitel möglichst viele Informationen des Ausgangstextes vermitteln sollen, spielen die darin erhaltenen Interpunktionszeichen punkto Lesbarkeit und Verständlichkeit eine wichtige Rolle. Die Regeln der Interpunktionszeichen entsprechen hier allerdings nur zum Teil denjenigen in den anderen Texten: For obvious reason subtitles should generally follow common rules wherever possible or practicable, but the special structure of subtitles sometimes makes departure from the standard conventions for written language advisable. It is essential that subtitlers have a clear idea of the rules they should be applying so that viewers are not confused or distracted through a lack of consistency or logic. (Ivarsson / Carroll 1998: 111) Zu den wichtigsten Interpunktionszeichen in der Untertitelung (so z.B. Ausrufe- und Fragezeichen, Punkt, Komma etc.) gehören die Auslassungspunkte, die unterschiedliche Verwendung finden. Im Folgenden stütze ich mich vor allem auf die Ausführungen von Ivarsson und Caroll. Erscheinen die Auslassungspunkte beispielweise ohne Leerzeichen, signalisieren sie, dass der Sprecher zögert. Wenn danach ein Leerzeichen folgt, deuten die drei Punkte auf eine Unterbrechung des Gedankenganges hin und stehen somit für eine Pause. Beachtenswert ist ferner ihre Verbindungsfunktion, denn Auslassungspunkte fungieren oft als eine Art Brücke, indem sie die hintereinander folgenden Untertitel miteinander verbinden. Deswegen erscheinen sie sowohl am Ende des ersten Untertitels als auch am Anfang des nächsten. Es ist jedoch zu beachten, dass die Regeln der Interpunktion bei der Untertitelung nicht überall die gleichen sind. Interessant ist die folgende Aussage von Cerón: „Since the time between each subtitle is now shorter than it used to be, it has been somehow felt that the suspension dots warning the sentence is not over are no longer necessary since the next subtitle will arrive soon enough“ (Cerón 2001: 175). Ferner werden die Regeln bei Untertiteln für Gehörlose anders angewendet. 5.5 Fazit Die neuesten Gebrauchsformen der Auslassungspunkte zeigen starke Veränderungen bezüglich ihrer Funktion; dies wiederum ist die Folge von Neuerungen in der Kommunikationskultur unserer Gesellschaft. Die neuen Formen des Gebrauchs widerspiegeln eine Ablösung von der klassischen Buch- und Schriftkultur und signalisieren einen neuartigen Akzent, eine komplexe Kombination von Text und Bild. Auslassungspunkte werden in den Werbungen oft in einer Verbindungsfunktion benutzt, indem sie inhaltlich zusammengehörige, aber räumlich getrennte Textteile zusammenhalten und den Blick des Lesers bezüglich der in den gesamten Anzeigeflächen verteilten Zeilen lenken. Auslassungspunkte dienen in Comics ebenfalls Abbruch indizierend sowie als Verbindungsmittel und bewirken in dieser aussergewöhnlichen 14 Text-Bild-Kommunikation einen Wechsel von der Text- zur Bildebene, wobei es nicht um sprachliche Auslassung oder Abbruch geht. In der Computerwelt werden Auslassungspunkte vielmehr als Zeichen benutzt; sie werden also nicht als Andeutung auf etwas Ausgelassenes interpretiert und verweisen insofern „auf die aussersprachliche Wirklichkeit“ (Klein/Grund 1997:41). Die drei Punkte spielen hinsichtlich der Lesbarkeit der Untertitel eine wichtige Rolle. Das Ziel, den Text dem Zuschauer verständlich zu machen, führt zuweilen zu Abweichungen von den üblichen Normen der Interpunktion. 6. Auslassungspunkte in der Literatur und Philosophie Dem Leser mehr zu denken geben als man sagt […] J.J. Bodmer7 Zum Schluss sollen in dem folgenden Exkurs untersucht werden, welche Funktionen die Auslassungspunkte in der Literatur und der Philosophie haben. Das Ziel ist zu zeigen, dass Auslassungspunkte ausser zur Strukturierung der geschriebenen Sprache nicht nur rhetorische Funktionen übernehmen, sondern dass dieses unscheinbare Satzzeichen durchaus immense Aussagekraft beinhalten kann. Hingewiesen sei noch darauf, dass die folgenden Abschnitte in der hier gebotenen Kürze nur einen knappen Einblick in das Thema geben. 6.1 In der Literatur Voller Apfel, Birne und Banane, Stachelbeere ... Alles dieses spricht Tod und Leben in den Mund ... Ich ahne ... R.M.Rilke:Sonett an Orpheus XIII Tatsache ist, dass die Literatur als zusätzliche Ausdrucksmöglichkeit gern Interpunktionszeichen benutzt. Die literarische Zeichensetzung beschränkt sich jedoch nicht nur auch auf ihre syntaktisch-grammatische Funktion, sondern umfasst durchaus auch noch weitere Dimensionen. Die Frage nach der Bedeutung der Auslassungspunkte in literarischen Texten ist das Hauptthema des ersten Teils unseres Exkurses. Wie in dem zweiten Kapitel gezeigt wurde, entwickelten sich die Auslassungspunkte im späten 18. Jahrhundert zu einem eigenständigen literarischen Stilmittel, indem sie Gefühle ausdrücken und verstärken sollten. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhundert, zur Zeit des Impressionismus, wurden die drei Punkte richtiggehend zu einer Modeerscheinung und wurden in der Folge auch von Autoren wie Arthur Schnitzler oder Robert Musil häufig verwendet – sehr zum Leidwesen von Kegel. „Er verdammte den häufigen Gebrauch stilistischer Auslassungszeichen, wenn die Schriftsteller damit offensichtlich nur einen „Schleier über ihre Geistesarmuth“ (Kegel 1826,43) breiten wollen“ (Klein/Grund 1997:39). Auch Adorno war keineswegs ein Fan von Satzzeichen, vertrat er doch die Auffassung, besser zu wenige als zu viele davon zu verwenden. Auch wenn er einige Satzzeichen mochte – etwa den Strichpunkt oder den Gedankenstrich – war er sehr skeptisch gegenüber den Auslassungszeichen oder den Ausrufezeichen. „Die drei Punkte, mit denen man […] Sätze bedeutungsvoll offen zu lassen liebte, suggerieren die Unendlichkeit von Gedanken und Assoziationen, die eben der 7 Johann J. Bodmer zitiert nach S. Höchli: Zur Geschichte der Interpunktion im Deutschen, S. 225. 15 Schmock nicht hat, der sich darauf verlassen muß, durchs Schriftbild sie vorzuspiegeln“ (Adorno 1956:109). Wenn die Sprache bzw. der Autor nicht aus sich selbst heraus etwas zustande bringt, dann nützt eben auch der Einsatz eines Satzzeichens nichts. Trotz Kritikpunkte war und ist die literarische Verwendung von Auslassungszeichen in der neuhochdeutschen Literatursprache sehr beliebt. Der moderne Autor, „der implizit gegen jedes auf Allgemeingültigkeit oder Vorbildlichkeit angelegte „Gesetz“ gerichtet war“ (Klein/Grund 1997:38), erprobte die Auslassungszeichen in seinem Streben nach der sprachlichen Freiheit in ungewöhnlichen Kombinationen. An dieser Stelle sei allerdings davor gewarnt, von den Auslassungszeichen unwillkürlich auf die Unkenntnis des Autors, der sie verwendet, oder auf dessen blinden Willen zum Regelverstoss zu schliessen. Die Auslassungspunkte (wie übrigens alle Interpunktionszeichen) betreffen also nicht nur die syntaktische Seite eines literarischen Textes, vielmehr spielen hierbei auch rhetorische, prosodische, semantische, physiologische und kognitive Dimensionen eine wichtige Rolle (vgl. Nebrig/Spoerhase 2012). Es würde an dieser Stelle zu weit führen, dem Thema genau nachzugehen und die einzelnen Dimensionen ausführlich analysieren. Stattdessen sei hier auf zwei höchst lesenswerte Arbeiten verwiesen, deren Autoren sich intensiv mit dem literarischen Gebrauch der Auslassungspunkte befasst haben: a) Ein Paradebeispiel dafür, wie Auslassungspunkte eine semantische Eigenqualität annehmen können, stammt von Puškin, in dessen Evgenij Onegin die berühmten Auslassungspunkte ganze Strophen ersetzen und so zum Teil eines „parodistischen Sujetverfahren“ werden (Obermayr 2006:1). Über Puskins berühmte Auslassungspunkte hat Obermayer einen Aufsatz geschrieben mit dem Titel „Auslassungspunkte als Materialspur am Beispiel von A. S. Puškins Evgenij Onegin“. In den zahlreichen Beispielen verweist sie darauf, wie Auslassungspunkte Emotionen markieren und zur visuellen Imagination auffordern. Sie untersucht die offensichtliche Nähe von Interjektionen und Auslassungspunkte und führt Beispiele an, die den visuellen Zusammenhang zwischen den drei Punkten und dem Nichts illustrieren. b) An der stilistischen Analyse des literarischen Gebrauchs der Auslassungspunkte von Ernst Osterkampf8 lassen sich aus der wechselhaften Gebrauchsgeschichte der drei Punkte verschiedene Funktionen ablesen. Osterkamp untersucht das von den Autoren bewusst Weggelassene von der Zeit der Romantik bis in der Gegenwart und betont, dass „[…]die Auslassungspunkte nicht auf ein schlechthin und endgültig Fehlendes [verweisen], sondern auf etwas, das der übermächtige Autor (so zumindest sein Anspruch) bei Gelegenheit souverän vervollständigen könnte − aufgrund des begrenzten Auffassungsvermögens des Lesers, das er nicht zu stark beanspruchen möchte, wird auf diese Vervollständigung aber verzichtet“ (Nebrig/Spoerhase 2012:46). 6.2 In der Philosophie [Z]wischen dem Punkt und den Punkten spielt sich nichts Geringeres als ein philosophischer Grabenkampf um Sprachverständnisse ab. Chr. Abbt (2009:102) 8 Sein Beitrag befindet sich in dem 25. Band der Publikationen zur Zeitschrift für Germanistik. (vgl. Literaturlis- te) 16 Gegenstand dieses Abschnittes ist die Frage, wie Auslassungspunkte philosophische Grundsätze beeinflussen können. Die Schweizer Philosophin Christine Abbt zeigt in einem 2009 erschienenen Buch auf, wie unterschiedlich diese drei Punkte von Autoren verwendet wurden. Im Folgenden wird in Anlehnung an ihren Aufsatz dargelegt, welche Rolle Auslassungspunkte in der Philosophie spielen. Abbt vertritt die Auffassung, dass die Auslassungszeichen einen philosophischen Grabenkampf markieren, bei dem das Sprachverständnis auf dem Spiel steht (vgl. Abbt 2009:102). Die Auslassungspunkte kommen besonders gehäuft bei jenen philosophischen Texten vor, die um Sprachgrenzen ringen. Abbt verweist auf einen Zusammenhang zwischen der Empfindung und den Auslassungspunkten; Letztere drücken aus, dass die Sprache nicht mit der Wahrnehmung zusammenfällt. Die bewusste Aussparung der schreibenden Person markiert eine emotionale Gefühlsbewegung, welche nicht in Sprache übersetzt werden kann. Die Setzung des Auslassungszeichens markiert also die Grenze von Sprache und deutet darauf hin, dass mit allen sprachlichen Mitteln gegen diese Grenze angekämpft werden soll. “In diesem Prozess verlieren die Auslassungspunkte zunehmend das Wesen eines traditionellen Interpunktionszeichens“ (Abbt 2009:106). Abgesehen von der sprachlichen Funktion der Auslassungspunkte werden die drei Punkte auch gesetzt, um anzuzeigen, dass es etwas gibt, was über die Sprache hinaus geht. Der Leser wird darauf aufmerksam gemacht, dass es viel mehr zu denken und zu empfinden gibt, als in dem Text tatsächlich steht. 7. Schlussbemerkungen Um das Ganze abschliessend Revue passieren zu lassen: In den vorangehenden Kapiteln standen die Auslassungspunkte im Mittelpunkt der Betrachtung. Nebst den Funktionen hat die Darlegung einen weiteren übergeordneten Zweck zu erfüllen, nämlich die Bedeutsamkeit und Vielseitigkeit dieses Interpunktionszeichens hervorzuheben. In dem ersten Kapitel wurde – nebst ihrer orthografischen Geschichte – auch die rhetorischstilistische Karriere der Auslassungszeichen skizziert. Die Pluralisierung des Zeichenmaterials diente zunächst der Textökonomie, die Auslassungszeichen standen als Ersatz für etwas Bestimmtes. Diese mittelalterliche Formularfunktion entspricht der heutigen sprachlichen Funktion der Auslassungspunkte. Erst im späten 18. Jahrhundert wurden die vielseitigen stilistische Formen und Funktionen verwendet und wahrgenommen. In Kapitel zwei ging es sich um die Beschreibung der Auslassungspunkte. In Zentrum der Betrachtung standen die Regelformulierungen in den Dudenauflagen seit 1941 sowie die Paragrafen der Amtlichen Regelung. Im dritten Kapitel wurde die Online- und Offline-Annahme untersucht und die Auslassungspunkte in den verschiedenen Analyserichtungen betrachtet. Mit Bezug auf die Auslassungsfunktionen von Meibauer profilierte Ursula Bredel die drei Punkte aus der Leseperspektive (online). Dabei stellte sich heraus, dass durch die Drillingsstruktur der Punkte „irreversible Defekte“ des Textkörpers reguliert werden. Um diese Defekte zu beheben, ändert der Leser seine Rolle: Er wird vom Rekodierer zum Enkodierer. Die Vertreter der Offline-Annahme hingegen plädieren dafür, dass die Interpunktionszeichen Konstruktionen kennzeichnen. Ausserdem wurden hinsichtlich der Thematik der Auslassungspunkte die Ansichten einiger Wissenschaftler erörtert, die der konstruktionsbasierten Herangehensweise verpflichtet sind. Im Anschluss daran wurden die Kritikpunkte von Theodor Ickler erläutert; zudem wurde meinerseits ein Verbesserungsvorschlag – mit einer möglichen Untergruppierung des Regelmaterials und 17 einer funktionalen Gliederung – unterbreitet. Die gegenwärtigen Funktionen der Auslassungspunkte standen im Mittelpunkt der Betrachtung des fünften Kapitels. Ihre neuesten Gebrauchsformen, in denen sie eher als technische Zeichen erscheinen, deuten darauf hin, dass man es hier mit einem multifunktionalen und vielseitigen Interpunktionszeichen zu tun hat. Das Ergebnis des Exkurses im 6. Kapitel war im Endeffekt, dass die drei Punkte, welche Auslassungen markieren, mehr darstellen bzw. anderes bedeuten als die Interpunktionszeichen: In der Literatur sollen die Auslassungszeichen die emotionale Wirkung auf den Leser verstärken und in der Philosophie den Leser zum selbstständigen Weiterdenken anregen. Sollte die vorliegende Darstellung dem Leser ein möglichst abgerundetes Bild der Auslassungspunkte in all seinen wesentlichen Aspekten übermittelt haben, das zudem den neuesten Stand der Forschung mit einbezieht, sollte die Präsentation die Ergebnisse wissenschaftlich fundiert und dennoch angenehm sowie einigermassen kurzweilig zu lesen sein, so ist dem Zweck dieser Arbeit genüge getan. Wenn nicht, dann… 18 Literatur Abbt, Christine, Kammasch, Tim (Hg.) (2009): Punkt, Punkt, Komma, Strich? Geste, Gestalt und Bedeutung philosophischer Zeichensetzung. Bielefeld: Transcript Verlag. Adelung, Johann Christoph (1788): Vollständige Anweisung zur Deutschen Orthographie, nebst einem kleinen Wörterbuche für die Aussprache, Orthographie, Biegung und Ableitung. Leipzig: in der Weygandschen Buchhandlung. Nachdruck von 1978. Hildesheim/New York: de Gruyter. Adorno, Theodor W. (1956 (1997)): Satzzeichen. In: Noten zur Literatur Gesammelte Schriften. Hrsg. von Rolf Tiedelmann. Bd. 11. Frankfurt/M.: Suhrkamp, 106-113. Amtliche Regelungen. Regeln und Wörterverzeichnis. Entsprechend den Empfehlungen des Rats für deutsche Rechtschreibung Überarbeitete Fassung des amtlichen Regelwerks 2004. München und Mannheim - Februar 2006 (Online unter: http://www.idsmannheim.de/reform/regelwerk.pdf, Zugriff am 30. 10. 2012). Augst, Gerhard, Blüml, Karl, Nerius, Dieter, Sitta, Horst (Hrsg.) 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