Die Welt des Kaffees ist kompliziert geworden. Kult oder Kultur? Das

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Die Welt des Kaffees ist kompliziert geworden. Kult oder Kultur? Das
SONNABEND / SONNTAG, 14. / 15. NOVEMBER 2009
46
2009
Unterwegs: Ausflug nach Lüneburg › Stadtgespräch: Sasha und sein Leben in der Schanze › Titel-Thema: Die besten Cafés in Hamburg
Lokal-Termin: Menü im „Casse-Croûte“ › Gestern & Heute: Die Mutter aller Messen › Handgemacht: Was auch Robbie Williams trägt
Aber bitte
ohne Sahne
Die Welt des Kaffees ist kompliziert
geworden. Kult oder Kultur? Das „braune
Gold“ erobert „to go“ die Stadtzentren.
Zeit für ein Plädoyer auf Bohnen-Kaffee
von VANESSA SEIFERT. Ungefiltert.
S
o sieht es also aus, das Kinderzimmer des Kaffees.
Seine Wiege ist aus rotem Backstein. Von der
Speicherstadt aus ist es in die Welt gekommen.
Dieses Getränk, das nach brauner Brühe aussieht,
bestenfalls aber ganz anders schmeckt. Bitte, das
ist doch kalter Kaffee, denken Sie jetzt vielleicht.
Nein so abgestanden ist das Thema nicht. Schließlich liegt es heute am Sandtorkai längst nicht auf
der Hand und schon gar nicht mehr in der Luft,
dass wir in der Kaffee-Kapitale leben. Längst vergangen ist die Zeit, als
der schwere, süßsaure Duft aus den Silos der Kontorhäuser kroch und
über die Fleete hinweg in die Altstadt strömte.
Säße ich auf dem heißen Stuhl bei Günther Jauch und würde nach der
Wiege des Kaffees gefragt, hätte ich bei der 50-Euro-Frage nicht gleich
enthusiasmiert gebrüllt: „Zack, die Bohne, das ist natürlich A wie Hamburg.“ Weil ich bei Kaffee zuerst an Brasilien denke, wo die Pflanzen auf
riesigen Plantagen unter der Sonne Südamerikas gedeihen. Dann fällt
mir als nächstes Wien ein, mit seinen traditionsreichen Kaffeehäusern,
wo Bohnen und Bohème eine ganz eigene Melange ergeben. Dabei hatte
hier in Hamburg schon 1677 an den Vorsetzen das Kaffeehaus eröffnet,
das erste in Deutschland überhaupt. Gut, dieses gerade angelesene Wissen wäre schon die 1000-Euro-Frage wert.
Nun einen Bekannten von der Weser als Telefonjoker zu Rate zu ziehen, wäre natürlich ein grober Fehler. Wie alle Bremer hält er seine Heimatstadt für die Krönung des Kaffees. Das mag ihm jetzt bitter aufstoßen,
aber die Fakten sprechen für sich. Also für uns: Hamburg ist nach wie vor
der größte Kaffeehafen der Welt – und zwar schon seit dem 19. Jahrhundert, als der Handel mit dem „braunen Gold“ die Stadt und ihre Kaufleute reich gemacht hat. Mehr als 1,2 Millionen Tonnen Rohkaffee werden
hier Jahr für Jahr entladen – auch wenn die Säcke mittlerweile eben
nicht mehr in der Speicherstadt lagern, sondern in Hallen auf der anderen Seite der Elbe. Das Reich des Kaffees liegt hier und Albert „Atti“ Darboven, der das 1866 gegründete Familienunternehmen in vierter Generation führt, regiert als ungekrönter „Kaffeekönig“.
Seine frohe Botschaft von der Freude am Leben hat er in die entlegensten Winkel der Republik verbreitet, bis hinein in die wohlig-warme
Küche meiner Großmutter Margerethe im Westerwald. Dort, in meiner
persönlichen Enklave der Entschleunigung, gilt bis heute hart, aber
herzlich: „Wer Kaffee will, der muss sich setzen.“ Der muss sich Zeit nehmen wollen für eine Pause mit Porzellangeschirr. Der muss das Aroma
von frisch aufgebrühtem Kaffee inhalieren, um zu verstehen, wie sich
Ferien auf der Zunge anfühlen.
Im Alltag sind auf dem Weg ins Büro vielleicht ein paar Minuten für
einen koffeinhaltigen Kurztrip drin. Dann geht Kaffee nur noch „to go“,
auch wenn manch einer das mit „zum Davonlaufen“ übersetzen würde.
Egal, ich werde manchmal trotzdem gern zur Mitläuferin. Renne hinterher bei diesem täglichen Triathlon des Trends. Was die Disziplinen sind?
Ach, Sie sind doch manchmal auch am Start, wenn es heißt: Telefon ans
Ohr, Beine unter den Arm, Pappbecher mit Heißgetränk in die Hand.
Bloß so schnell wie man den Inhalt des Bechers getrunken hat, leert
sich bei diesem Volkssport auch die Geldbörse. Bis zu vier Euro kann so
ein Large Mint Chocolate Chip Creme Frappuccino fettarm mit Sojamilch und Erdbeergeschmack schon mal kosten. Dafür kommt der Becher personalisiert daher, mit Filzstift-Gekritzel. Nein, der nette Typ
hinterm Tresen will nicht flirten, wenn er nach dem Namen fragt. Er
möchte bloß die Bestellungen „entkoffeiniert“ und „lactosefrei“ auseinanderhalten können.
Ach, die Kaffeewelt ist komplizierter geworden. Mit Milch und Zucker, nur mit Milch, nur mit Zucker – das war noch übersichtlich. Heute
bestellen entspannte Frauen einen Milchkaffee und besonders unentspannte einen Espresso, behaupten jedenfalls selbst ernannte Küchenpsychologen. Tja, und manch einer fordert auch mal zwei „Expressos“ an
Kaffee und Milch:
Immer eine Geschmacksfrage.
FOTO: CHRISTIAN LOHFINK
oder eine „Latte Matschiato“. Darüber kann man dann herrlich reden.
Beim Kaffee-Klatsch mit der besten Freundin. Aber auch global: Kaffee
ist Völkerverständigung schlückchenweise. In jedem Land der Welt wird
er getrunken, nur eben ganz anders.
Dabei interessiert Darwins Theorie vom „Survival of the Fittest“ auch
die Bohne, denn der gute alte Filterkaffee ist vom Aussterben bedroht.
Plötzlich gibt es Pads und Patronen, Cappuccino und Cortado. Und sogar
Kopi Luwak, für den gern besonders viel Kohle hingeblättert wird, weil
ausschließlich Bohnen verwendet werden, die Schleichkatzen ausgesch…
ieden haben. Kaffee war immer schon Kultur, jetzt ist er auch Kult. Marketingtricks all inclusive. Das mag nicht jedem schmecken – und trotzdem ist es doch gut, wenn es mehr gibt als lauwarmen Muckefuck von der
Tankstelle oder die Wahl zwischen Tasse und Kännchen, die ohnehin nie
eine war. Weil: „Draußen nur Kännchen!“
Drei bis vier Tassen Kaffee kippt der Deutsche durchschnittlich am
Tag in sich hinein, sagt der Deutsche Kaffeeverband. Das entspricht etwa
148 Litern im Jahr. Morgens zum Wachwerden, nachmittags zur Torte,
abends nach einem opulenten Mahl – Kaffee geht immer. Doch wie gesund ist sie eigentlich, diese legale Droge des Alltags, dieses günstige Genussmittel mit aufputschender Wirkung? „Die Dosis macht das Gift“,
wusste schon Goethe, Kaffeetrinker und auch sonst kein Kostverächter.
Wer übermäßig konsumiere und plötzlich runter komme vom braunen
Stoff, der spüre „Entzugserscheinungen“, sagen Pharmakologen. Doch
dass Kaffee den Körper entwässere und Blutdruck und Cholesterin in die
Höhe treibe, erfüllt den Tatbestand des Rufmords. „Der Blutdruck steigt
zwar kurzfristig, aber das tut dem Körper nur gut“, behaupten Forscher
von der TU Braunschweig. „Man fühlt sich wach und der Stress fällt ab.“
Na gut, das ist jetzt echt kalter Kaffee, weiß man schließlich aus Tausenden von Selbstversuchen. Ich setze übrigens, an diesem herbstlichen
Sonnabend, gerade wieder zu einem an. Die Kaffeemaschine läuft schon.
S. 4/5 – Cafés & Kaffee satt:
Ein „koffeinhaltiger“ Stadtplan
mit Tipps und Shopping-Service.
II
› WOCHENENDE
Sonnabend / Sonntag, 14. / 15. November 2009
KARTE: GRAFIKANSTALT
Ausflug nach Lüneburg
Stadtring
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Sülz
Die 34-jährige Moderatorin („Fit
For Fun TV“) freut sich auf Pilates,
Elefanten-Kinder und Apfeltee.
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Am San
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Mein perfekter
Sonntag
9.30 Uhr Ganz bewusst lese
ich keine E-Mails, schalte das
BlackBerry aus, lerne keine
Moderationstexte. Alles, was
ich für die kommende Woche
vorbereiten musste, habe ich
bereits gestern erledigt.
10 Uhr Ich kann es kaum
erwarten, mein Patenkind zu
sehen! Als ich es im Mai mit
Kokosnussmilch getauft habe,
wog er gerade mal 350 kg.
Jetzt ist Shahrukh schon ein
richtig großer Elefantenjunge. Mit einer Freundin mache
ich noch einen Spaziergang
durch Hagenbecks Tierpark.
13 Uhr Ich fahre zu meinen
Eltern. Mein Vater kocht ein
indisches Gericht. Es duftet
köstlich nach frischgebackenem Nan-Brot und Curry.
Meine Mutter hat eine
Sachertorte gebacken. Wenn
dann noch mein Bruder mit
Frau und Baby kommt, ist die
große Familien-Tafel perfekt!
Es wird am großen Tisch
gegessen, geplaudert und
gelacht. Herrlich!
16.30 Uhr Im Café Savory
wartet schon eine weitere
Freundin auf mich. Bei Apfeltee mit Ingwerstücken unterhalten wir uns über „unsere“
Kinder. Sie erzählt mir von ihren Schülern und ich berichte
von den Kindern im Harburger Löwenhaus, was diese
mir bei den gemeinsamen
Hausaufgaben und beim
Basteln erzählt haben.
18.30 Uhr Im Steigenberger DaySpa lassen wir die
Woche entspannt ausklingen.
Mag es draußen noch so stark
stürmen oder regnen, wir
sitzen in der warmen Sauna
und genießen den großartigen
Blick auf das Fleetviertel.
23 Uhr Vorm Schlafengehen schmökere ich noch in
„The Curious Incident of the
Dog in the Night-Time“ von
Mark Haddon. Eine wundervolle Geschichte. Sensibel
und humorvoll geschrieben.
So kann ich mit einem Lächeln
auf dem Gesicht einschlafen.
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Ilmenau
8 Uhr Ausgeschlafen! Meine
innere Uhr entscheidet, dass
es Zeit ist aufzustehen. Mit
dem linken Fuß bin ich noch
nie in einen Tag gestartet. Ich
mache immer einen dynamischen Satz aus dem Bett und
lande stets auf beiden Füßen
gleichzeitig. Nach einer Tasse
Früchtetee beginne ich mit
meinem Guten-Morgen-Pilates-Training. Danach gibt es
Mandel-Müsli, Espresso und
leise kubanische Klänge von
„Omara Portuondo“.
DB
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Nandini
Mitra
FOTO: JOHNNY & BENNY
Kunsthandwerk erleben mit
Silberschmied Idrissa Girir (l.) und
dem Südkoreaner Jong-kook Lee
(u.) auf dem Markt der Völker.
STADTLEBEN
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Viele Völker und Farben
4
Süß, salzig und festlich!
„Residenz der Langeweile“ nannte Heinrich Heine einst Lüneburg. Er war wohl
zur falschen Zeit dort. Davor und danach sah das anders aus: Lüneburg war
im Mittelalter eine der reichsten Hansestädte und ist heute Universitätsstadt
mit der höchsten Kneipendichte Deutschlands. In der Adventszeit wirken die
Gebäude der Altstadt im festlichen Lichterglanz wie Lebkuchenhäuschen …
Das Museum für Völkerkunde verwandelt sich in einen bunten Marktplatz der Kunst
und Kultur. Mehr als 70 internationale Kunsthandwerker, Spezialitäten-Hersteller
und Händler laden die Besucher zu einer abwechslungsreichen Weltreise ein.
S
TEXT: FRIEDERIKE ULRICH
o bunt und sinnlich wie ein Basar aus 1001
Nacht präsentiert sich an diesem Wochenende das Völkerkundemuseum an der Rothenbaumchaussee. Im großen Foyer, in den Gängen
und Sälen reihen sich Stände mit kunsthandwerklichen Spezialitäten aneinander. Dazwischen herrscht
reges Treiben – bei der 23. Auflage vom „Markt der
Völker“ geht es auch in diesem Jahr wieder zu wie in
den Souks, den orientalischen Märkten, in deren Gassen die Händler dicht an dicht ihre malerisch arrangierten Waren feilbieten.
Kunstvoll bestickte Saris aus Indien, handgefertigte Masken aus Rumänien, Keramik aus dem Westerwald, marokkanische Silbertabletts, anatolische Kelims oder außergewöhnlicher Schmuck der afrikanischen Tuareg: Mehr als 70 Händler aus aller Welt
stellen noch bis Sonntagabend ihr Kunsthandwerk
aus. Viele fertigen die Unikate vor Ort selber an, lassen sich dabei von den Besuchern über die Schulter
blicken oder laden sie zum Mitmachen ein.
Auch wenn am Sonnabend „Late Night Shopping“
bis 23 Uhr auf dem Programm steht, geht es den Organisatoren hauptsächlich um den interkultuellen
Dialog – denn jeder Händler kann zu seiner Ware kleine Anekdoten erzählen. „Wir bemühen uns, auch Ausstellern eine Chance zur Präsentation zu geben, die
sich das eigentlich nicht leisten könnten“, sagt Projektleiter Thorsten Schelle, 33, der den „Markt der
Völker“ organisiert hat. Ihnen wird Flugreise und Unterkunft finanziert, damit sie den Menschen fern ihrer Heimat über ihr Volk und dessen Geschichte berichten können. Den Besuchern wird so die Möglichkeit geboten, auch die besonderen Kulturen weit
entfernter Völker kennenzulernen, etwa die der
Wuananas aus dem kolumbianischen Regenwald
oder die der Uiguren aus dem Westen Chinas.
Entsprechend dem Themenschwerpunkt „Indianer Nordamerikas“ sind beim diesjährigen „Markt
der Völker“ auch viele indianische Aussteller anwesend. Sie geben in Live-Vorführungen nicht nur Einblicke in ihre Handwerkskunst, sondern – wie der
Künstler Murrays Small Legs mit seiner Tanz-Performance – auch in die Lebendigkeit ihrer Kultur. Ergänzt wird das Programm durch spezielle Angebote
für Kinder (Indianergeschichten im Tipi lauschen
oder selbst werkeln), Führungen (Indianerausstellung und Masken der Südsee), Vorträge (über Powwows und Wildwestromantik) und Konzerte (Tänze
der Prärieindianer und Indianermusik von DJ Kio).
Wer nach dem vielen Stöbern, Reden und Zuhören
eine kleine Rast einlegen möchte, kann sich an verschiedenen internationalen Köstlichkeiten laben:
Mehr amerikanisch als indianisch mit Steaks, Hotdogs oder Muffins. Aus Asien werden Reis- und Nudelgerichte geboten. Und das persische Baklava – eine
honigtriefende Süßigkeit aus Pistazien und Nüssen –
schmeckt genauso fantastisch, wie man es auf einem
orientalischen Basar aus 1001 Nacht erwartet.
Service
» Markt der Völker, Völkerkundemuseum, Rothenbaumchaussee
64, Tel. 428 87 90, geöffnet Sa
10–23, So 10–18 Uhr. Eintritt 7
Euro (ermäßigt 3 Euro, Happy Hour
– eine Stunde vor Schluss – 3,50
Euro), Kinder bis 17 Jahre frei;
www.voelkerkundemuseum.com
DER GRÜNE PUNKT Mit einer „Fair-Fashion-Modenschau“ (Sa 18 Uhr) zeigt die Boutique Marlowe
Nature, dass man mit Öko-Stoffen guten Gewissens gut aussehen kann – ein Höhepunkt der Messe
„Beste Dienste Leisten“ rund um Lebensqualität. Phoenixhof, Stahltwiete 16, Sa 14–19, So 10–18 Uhr.
KULTUR ERLEBEN
Politik auf den
Punkt gebracht
S
Lüneburg hat „Schwein gehabt“: Der Legende nach ist einer Wildsau die Entdeckung
des Salzstocks zu verdanken, Lüneburgs Reichtum. Vor über tausend Jahren, so sagt
man, gingen zwei Jäger in der Ilmenauniederung auf Wildschweinjagd. Auf einer
Lichtung erlegten sie eine Sau, die sich in einem Tümpel gesuhlt hatte. Die Borsten
des Tieres glitzerten schneeweiß in der Sonne – sie waren voller Salzkristalle. Der
Tümpel war die spätere Solequelle der Lüneburger Saline. Ein Schulterknochen der
berühmten Salzsau ist heute noch im Rathaus zu besichtigen. Das Salz, als Konservierungsmittel begehrt, machte Lüneburg zu einer der wichtigsten Städte der Hanse.
Aber das weiße Gold ließ sie fast untergehen. Je mehr Salz gefördert wurde, umso
mehr sackte Lüneburg ab. Ab 1830 gab die Oberfläche über dem Salzstock langsam
nach. Häuser verloren ihren Halt, sogar die Lamberti-Kirche musste abgerissen
werden. Wenn man vom „Sande“ bis zum Ende der Grapengießerstraße geht, sind
die Ausmaße der Absenkungen deutlich zu erkennen. 1980 wurde die Saline geschlossen, in den ehemaligen Produktionsstätten eröffnete das Deutsche Salzmuseum – und ein Supermarkt, Lüneburg war eben schon immer Handelsstadt!
In den Sechzigerjahren drohte der historischen Altstadt neue Gefahr: Abriss und
Neubau, um die Wohnqualität zu verbessern. Doch erfolgreicher Bürgerprotest und die
Einsicht zum Denkmalschutz setzten sich durch. Danach wurde Lüneburg systematisch restauriert und ist nun ein wahres Schmuckstück – und seit 2006 die bezaubernde Kulisse für die erfolgreiche ARD-Telenovela „Rote Rosen“. Das Filmhotel „Drei
Könige“ ist in Wirklichkeit das Hotel Bergström am Hafen.
Die süße Salzstadt war bereits im Spätmittelalter – für damalige Begriffe – mit
14 000 Einwohnern eine Großstadt. Heute leben hier über 72 000 Menschen. Und es
werden immer mehr: Lüneburg gehört zu den wenigen Regionen Deutschlands mit
signifikantem Bevölkerungswachstum. Kein Wunder, dass hier hier nicht nur die
Häuser „versacken“ können: auf 200 Einwohner kommt eine Gaststätte. Angeblich
hat Lüneburg damit die höchste Kneipendichte Deutschlands. Doch auch die HochKultur hat sich ihren Platz erobert: Das Theater Lüneburg ist ein gefeiertes Drei-Sparten-Haus mit einem Repertoire, das von Schauspiel über Oper und Ballett bis zu
Konzerten der Lüneburger Sinfoniker reicht.
Besonders in der Vorweihnachtszeit ist die süße Salzstadt zum Anbeißen hübsch: Die
Altstadt scheint sich in einen großen Adventskalender zu verwandeln. Mit Einbruch
der Dämmerung werden die Patrizierhäuser festlich beleuchtet. Vor dem Rathaus
findet der Weihnachtsmarkt statt, die vielen Gässchen laden ein zum entspannten
Geschenkebummel. Es ist, als wäre man in einer anderen Welt, in einer anderen Zeit
gelandet. Dabei dauert die Bahnfahrt von Hamburg nach Lüneburg nur 30 Minuten.
TIPPS & TERMINE
1 DEUTSCHES SALZMUSEUM: Nach über 1000
Jahren Betrieb wurde die Saline 1980 geschlossen.
In den alten Produktionsstätten entstand das
Deutsche Salzmuseum. Hier erfährt man auf anschauliche Weise alles über das weiße Mineral –
und wird nie mehr gedankenlos nachsalzen.
» Sülfmeisterstraße 1, Mo–So 10–17 Uhr, Eintritt 6, Schüler 4 Euro.
Tel. 04131 / 450 65, www.salzmuseum.de
2 RATHAUS & WEIHNACHTSMARKT: Das Lüneburger Rathaus ist ein prächtiges
Sammelsurium verschiedenster Baustile: Backsteingotik, Renaissancestil und
Fachwerkbau. In der 1330 erbauten Gerichtslaube gibt es u. a. eine Fußbodenheizung aus dem Mittelalter. Auf dem Marktplatz vor dem Rathaus findet ab 25.
November ein großer Weihnachtsmarkt statt. Dann begrüßt täglich um 16.45 Uhr
ein Trompeter vom Balkon die Besucher mit adventlichen Klängen.
» Rathaus: Am Markt 1. Führungen Di–Sa 11, 14 und 15 Uhr, sonn- und feiertags
11 und 14 Uhr. Weihnachtsmarkt vom 25.11.–22.12., täglich 10–19, So ab 11 Uhr.
„Sigmar Polke: Wir Kleinbürger!“ – in der
Galerie der Gegenwart wird umfassend
sein Werk aus den 70er-Jahren gezeigt.
Sigmar Polke, „Kandinsdingsda“ (276 x 295 cm) von 1976.
Gouache, Goldbronze, Lack,
Acryl auf Papier und Leinwand.
FOTO: PETER SCHÄLCHLI
TEXT: KLAUS WITZELING
igmar Polke? – Ach, nee!“ Vor seinen wirren
Klecks- und Punkt-Bildern kriegt man Augenflimmern oder Windpocken. Auf den
Gedanken kommt manch Betrachter beim ersten
Blick auf die Werke des Künstlers. Dass sie Spitzenpreise auf dem internationalen Galerie-Markt erzielen, provoziert oft Kopfschütteln und erhöht noch
Skepsis und Missverständnis.
Die Ausstellung „Sigmar Polke: Wir Kleinbürger!
Zeitgenossen und Zeitgenossinnen“ in der Galerie
der Gegenwart – finanziert durch die Michael-undSusanne-Liebelt-Stiftung – lässt solche Vorurteile
rasch vergessen: Die Kuratoren Dorothée Böhm und
Dietmar Rübel präsentieren die Bilder im Kontext
ihrer Entstehungszeit. Im Umfeld der Arbeiten von
Polkes Künstlerfreunden und der Alltagskultur.
In Wandvitrinen sind Bücher, Comics, Magazine,
Pornos und Zeitungsartikel zu finden. Aber auch originale Foto-, Film- und Ton-Dokumente gibt es in den
inszenierten Schauräumen zu sehen und zu hören. So
entfaltet die bisher einmalige Schau von Polkes Werk
aus den Siebzigern ein lebendiges Panorama der spannungsreichen Dekade nach der 68er-Bewegung. Und
wird für ältere Besucher mit Sicherheit zum Erinnerungstrip in wilde Jugendzeiten. Es waren die Jahre
der Kommunen und des Konsumrauschs, von Sex,
Drugs und Rock ’n’ Roll. Aber auch des Protests und
Terrorismus. Polke reagiert in den Schichten seiner
STADTBESUCH
stilistisch durch Cartoons, neue Medien und Werbung
geprägten Arbeiten auf den sozialen Umbruch und die
Herausforderung der amerikanischen Pop-Art.
Die letzte Etappe der um das Kernstück der „Wir
Kleinbürger!“-Serie „gewachsenen“ Ausstellung verschiebt den Akzent von „Clique“ und „Pop“ auf die
„Politik“. Doch alle drei thematischen Linien lassen
sich in der durch den internationalen KunstkritikerVerband AICA gekürten „Ausstellung des Jahres“
verfolgen – vorausgesetzt, man nimmt sich etwas Zeit
zum genaueren Hinschauen und Entdecken.
Die Werkgruppe „Original + Fälschung“ ist beispielsweise als politische Zeitsatire wie als ironischer
Kommentar zum Ausverkauf der Kunst als Massenartikel zu lesen. Die 38 Bilder sind spektakulär in einer Installation unter bunten Neonröhren gehängt.
300 kreisrunde Spiegelchen bilden blitzende Punkte.
Nur eine Variante des bekannten Polke-Motivs,
das einem – oft akribisch handgemalt – auf den Tafeln
immer wieder ins Auge fällt. Vorbild für den rebellischen, sich als Kunststar verweigernden Maler waren
die Rasterungen von Fotos, Comics, Monitoren oder
der weiß-schwarze Fußball „Telstar“ von 1970 – wie
auf der Gouache „Alice im Wunderland“ mit Dekostoff und Spraylack. Die Farbtupfen, die Kugel- oder
Punkt-Muster, bei den Amerikanern bekannt als
munter tanzende „polka dots“, sind bereits in der
Kunstgeschichte verewigt – als „Polke dots“.
3 SENKUNGSGEBIET: Früher ging es drei Stufen hinauf, heute eine hinunter. Die
malerischen Wohn- und Handwerkshäuser aus dem 16. und 17. Jahrhundert in der
Straße „Auf dem Meere“ sind Zeugen der Absenkung durch den Salzabbau.
» Abbruchkante: Kreuzung Waagestraße / Neue Sülze Richtung Auf dem Meere.
4 SALÜ – SALZTHERME LÜNEBURG: Salz auf der Haut – in angenehmster Form:
Das SaLü verwöhnt mit Sole-Wellenbad, Sole-Außenbecken, Sauna- und Wellnesslandschaft (mit Salzaufguss!), Kinder begeistert die beleuchtete Riesenrutsche.
» Uelzener Straße 1–5, Mo–Sa 10–23 Uhr, sonn- und feiertags: 8–21 Uhr.
5 ROTE ROSEN: Das Studio der ARD-Telenovela, in der sich seit 2006 alles um
Liebe, Lust und Leid dreht, lädt am 13. Dezember zum Tag der offenen Tür.
» Rote Rosen Studio, Lilienthalstraße 1; im TV: „Rote Rosen“, Mo–Fr 14.10 Uhr, ARD.
6 STINTMARKT: Das Bermuda-Dreieck Lüneburgs. In den schmalen Giebelhäusern
und dunklen Kellergewölben des Hafenviertels gibt es viele, viele Kneipen ...
INFOS: Tourist Information der Lüneburg Marketing GmbH, Rathaus / Am Markt,
21335 Lüneburg, Tel. 0800/220 50 05, www.weihnachtsstadt-lueneburg.de
Ab 25.11. Adventsstimmung in Lüneburg.
Service
» Sigmar Polke: Wir Kleinbürger!
Zeitgenossen und Zeitgenossinnen.
Teil 3: Politik“, bis 17.1.2010, Galerie der Gegenwart, Glockengießerwall, Öffnungszeiten: Di–So 10–18,
Do 10–21 Uhr, Eintritt: 8,50, erm.
5 Euro, Familienkarte: 14 Euro.
„Sigmar Polke: Wir Kleinbürger!“
Publikation zur Ausstellung, hrsg.
von Petra Lange-Berndt u. Dietmar
Rübel, 472 S., 315 Abb., Verlag
Walther König, Köln, 48 Euro;
www.hamburger-kunsthalle.de
FOTOS: HANSESTADT LÜNEBURG, ISTOCKPHOTO
Sonnabend/Sonntag, 14./15. November 2009
› STADTGESPRÄCH
III
Kirsten Rick trifft Sasha
Barde
aus der
Schanze
Hinterhof-Idylle:
Sasha ist im Schanzenviertel
heimisch – beruflich und privat.
Vom Teenager-Idol zum
gereiften Popstar. Mit 37
Jahren erklärt Sasha, warum
er nicht „Jedermanns Depp“
auf Deutsch singen möchte.
S
FOTO: THOMAS LEIDIG
asha ist mit dem Rad da. Seit
Jahren plant er, den Führerschein zu machen, ein Auto
hat er schon. Noch tritt er in
die Pedale. „Ich habe ein
Faible für schöne Räder“, sagt
er. „Eigentlich fahre ich Cruiser.“ Das sind
Räder mit geschwungenem Rahmen und
ausladendem Lenker. „Der erste wurde
mir ziemlich schnell geklaut.“ In Sashas
warmer Stimme schwingt Bedauern mit.
„Ich habe mir das gleiche Modell noch
mal gekauft. Ein paar Wochen später war
das auch weg. Ich könnte heulen.“ Fast
möchte man ihn in den Arm nehmen und
trösten. Aber statt in Tränen auszubrechen, hat Sasha sich ein neues Rad gekauft, diesmal ein sportlicheres: „Damit
ich auch mal ordentlich Gas geben kann.“
Langsam und schnell: Beides kann Sasha
auch musikalisch. Zum Balladen-Erfolg
„If You Believe“ wurde Ende der 90er
europaweit gekuschelt, als Rockabilly
„Dick Brave“ wirbelte er 2003 auf Platz 1
der Album-Charts. Ab dem folgenden
Album, „Open Water“, schrieb er die
Songs selber. Im November gibt es nach
langer Zeit wieder eine Ballade von ihm:
das romantische Duett „Wide Awake“ mit
der norwegischen Sängerin Maria Mena.
Das Lied ist der Titelsong des Films „Lila,
Lila“ (ab 17. Dezember). Zur Begrüßung
reicht Sasha allen die Hand, von der
Visagistin bis zum Manager, den Damen
zuerst. Sein Lächeln ist herzlich, das Foto
in fünf Minuten fertig. Für das Gespräch
in der Schanze hat er viel Zeit mitgebracht.
MAGAZIN: Wenn Hamburg ein Mensch wäre …
SASHA: … wäre er ein guter Freund. Keine kurze Affäre.
MAGAZIN: Sie wohnen im Schanzenviertel, einem Stadtteil, der bei Künstlern beliebt ist: Das treibt die Mieten
in die Höhe. Alte Bewohner werden verdrängt.
SASHA: Ja, ich bin mit schuld. Ich bin in die Schanze
gezogen, weil ich a) hier eine Wohnung gefunden
habe, die ich toll fand, nachdem ich mir 60 Wohnungen angeguckt hatte; und b) weil hier alle meine
Freunde wohnen. Ich kann verstehen, wenn man gegen Globalisierungsgeschäfte ist, gegen die Flagshipstores. Aber deswegen muss man doch keine
Fensterscheiben einwerfen.
MAGAZIN: Also gehen Sie auch nicht zum Schanzenfest?
SASHA: Nein. Wegen der Krawalle. Das hat was von Polizeistaat, wenn auf der einen Seite Hundertschaften
der Polizei aufmarschieren und auf der anderen Seite
50 Vermummte. Da muss ich nicht dazwischen sein.
MAGAZIN: Das ist wohl nichts für einen Schmusesänger.
Aus der Schublade kommen Sie nicht mehr heraus …
SASHA: … aber in die passe ich nicht hinein. Von meinen
20 Singles waren nur drei Balladen. Ich singe eigentlich sehr gerne Liebeslieder, aber dieser „Schmusesänger“ hat mir den Spaß daran verdorben. Jetzt
kommt nach langer Zeit zum ersten Mal mit „Wide
Awake“ wieder eine Ballade von mir.
MAGAZIN: Bleiben wir bei Schubladen; denn es gibt noch
eine: Sie gelten als der ideale Schwiegersohn.
SASHA: Dagegen wehre ich mich nicht. Ich kann nur
sagen: Man muss genau hingucken. Ich bin kein
Lieblingsschwiegersohn. Ich bin ein Typ, der Musik
macht. Leute, die Musik machen, haben einen kleinen
Knacks. Alle! Irgendwas ist da schiefgelaufen. Die
meisten haben eine komische Kindheit gehabt.
Außerdem bin ich meistens unterwegs. Auch nicht
gerade ideal, wenn man Familie haben will. Wäre ich
Lehrer geworden, sähe das vielleicht anders aus.
MAGAZIN: Wie bitte, Lehrer – das ist nicht Ihr Ernst!
SASHA: Doch! Sport- und Deutschlehrer. Ich war Mitte
zwanzig, meine Band hatte sich getrennt. Da habe ich
gedacht, geh doch mal zur Uni und schreib dich ein.
MAGAZIN: Daraus wurde aber nichts. Jetzt sind Sie seit 12
Jahren überaus erfolgreich im Musikbusiness.
SASHA: Als ich den Plattenvertrag in der Tasche hatte,
der dafür gesorgt hat, dass ich endlich auf die Titel der
Teeniemagazine durfte, ab da habe ich richtig hart gearbeitet. Fünf Jahre lang war ich quasi immer unterwegs, 20-stündige PR-Tage mit endlosen Flügen. Ich
habe funktioniert wie eine Maschine. Ich habe nur
noch wenige Wochen im Jahr Musik gemacht und den
Rest der Zeit Musik verkauft. Irgendwann mochte ich
das nicht mehr. Ich wollte mir ein Sabbatjahr gönnen.
Dabei entstand die Kunstfigur „Dick Brave“.
MAGAZIN: Nicht nur das, inzwischen schreiben Sie Ihre
Songs selbst – und sind auch sonst selbstständiger.
SASHA: Ich schreibe meine Lieder selber, aber mit anderen zusammen. Jeder bringt seine Ideen ein. Diese
Arbeitsweise wird häufig fehlinterpretiert. Ich weiß
aber, dass mein Anteil daran irgendwann respektiert
wird. Das dauert. Ich habe Geduld.
MAGAZIN: Auch die Geduld, um das Geheimnis für den
perfekten Popsong zu ergründen – gibt es eines?
SASHA: Das neue Supermodewort ist „Authentizität“.
Man kann nur authentisch sein, wenn man ehrlich
ist. Ich bin ehrlich. In erster Linie will ich gute Popmusik machen, auch gerne kommerziell, mit einem
gewissen Anspruch: Texte müssen wohlüberlegt sein,
auch wenn sie oberflächliche Themen behandeln. Die
Lieder müssen eine Melodie haben, die ins Ohr geht,
aber nicht zu abgegriffen ist. Ein Trick muss immer
dabei sein. Mit den englischen Texten gebe ich mir
sehr viel Mühe. Da ich kein „native speaker“ bin, muss
ich immer mal nach den richtigen Begriffen suchen.
MAGAZIN: Die Wortsuche auf Englisch ist nachvollziehbar, dabei könnten Sie auch auf Deutsch singen …
SASHA: Auf Deutsch fällt es mir sehr schwer, ernsthaft
zu sein. Man darf sich ja nicht künstlich verkünsteln.
Ein Beispiel: „Everybody’s Fool“ hört sich auf Englisch total schön an und singt sich auch gut, aber „Jedermanns Depp“ – das wirkt ganz anders. Aber irgendwann werde ich eine deutsche Platte machen!
MAGAZIN: Haben Sie noch mehr auf Ihrer To-do-Liste?
SASHA: Bis zu meinem 40. Geburtstag will ich mit dem
Rauchen aufhören. Rauchen ist selbstzerstörerisch.
MAGAZIN: Und das war es mit „Sex, Drugs, Rock ’n’ Roll“?
SASHA: Andere Sachen habe ich auch probiert, das ist
nichts für mich. Ich finde es langweilig, wenn Robbie
Williams ständig in Interviews von seiner Drogensucht erzählt, wie zerrissen und selbstzerstörerisch
er ist. Das sind wir doch alle, lieber Robbie!
MAGAZIN: Aber eine skandalöse Seite haben Sie doch!
SASHA: Die ist wahrscheinlich zu langweilig. Ich glaube,
Sasha im Dollhouse, das ist nicht skandalös …
MAGAZIN: … aber auch nicht gerade jugendfrei. Erfüllen
Sie sonst nur spießige Klischees?
SASHA: Ich träume von einem schönen Eigenheim. Dieses Denken ist in mir drin: Immobilien sind eine gute
Wertanlage. Das ist ultraspießig. Einfach vernünftig.
MAGAZIN: Das klingt wirklich alles recht brav. Vielleicht
haben Sie ja doch eine verborgene, intellektuelle Seite?
SASHA: Die habe ich nicht. Ich bin nicht gebildet. Aber
einen Lieblingsautor habe ich. John Irving, in seine
Romane tauche ich völlig ein. Aber wir wissen ja, dass
es diverse Arten von Intelligenz gibt. Meine Stärke:
Ich kann gut Zusammenhänge lesen. Soziologie,
menschliches Verhalten interessiert mich. Kürzlich in
London bin ich zwei Tage lang U-Bahn gefahren, nur
um Menschen zu beobachten. Ich habe den Leuten ins
Gesicht gestarrt, die haben mich peinlich berührt angeguckt und sich wohl gefragt: Was will der Typ?
MAGAZIN: Dann muss es ja eine Strafe für Sie sein, hier
selber überall erkannt zu werden.
SASHA: Ja. Die Hamburger sind ein Eck cooler als andere. Man muss nur touristische Plätze meiden. Ich spüre, wann mich jemand ansprechen wird. Ich kann das
bis auf fünf Sekunden genau vorhersagen.
MAGAZIN: Sie sind nicht der Einzige, der seine Umgebung
genau beobachtet. Auch in der Schanze gibt es immer
mehr Überwachungskameras.
SASHA: Ganz schlimm finde ich Google Earth. Ich würde ausrasten, wenn bei mir vor dem Haus ein Auto mit
Kamera herumfahren würde. Ich würde denen eine
Banane in den Auspuff stecken.
Dass man gegen Globalisierungsgeschäfte
ist, kann ich verstehen. Aber deswegen muss
man doch keine Fensterscheiben einwerfen.
MAGAZIN: Die sind sicher längst schon bei Ihnen gewesen.
SASHA: Ein Wahnsinn! Das wird als Superspaß getarnt
und ist nichts als Überwachung. Der gläserne Erdenbewohner. Wir sind schon komplett gescannt.
MAGAZIN: Scannen Sie sich nicht auch selbst? Sie haben
sich doch sicher schon einmal „Sasha“ gegoogelt.
SASHA: Zwei Mal: Einmal wollte ich Bully und mich in
der „Bullyparade“ sehen. Dann wollte ich wissen, wie
viele mit dem Handy gefilmte Konzertmitschnitte es
von irgendwelchen Bratwürstchenfestivals im Netz
gibt. Endlos viele! Ich habe mir aber keins angesehen.
MAGAZIN: Stattdessen setzen Sie sich lieber dafür ein, die
Welt zu verbessern. Sie engagieren sich für Viva con
Agua, Unicef, Peta …
SASHA: Für Peta nicht. Ich bin kein Vegetarier, das wäre
heuchlerisch. Aber Viva con Agua ist ein Herzensprojekt. Für die werde ich wohl 2010 nach Äthiopien fahren und Fotos machen, von den neu gebauten Brunnen. Man will ja wissen, wo das Spendengeld hingeht.
Aber ich weiß nicht, ob das geht: die Welt verbessern.
MAGAZIN: Das klingt nicht so optimistisch wie Ihre PopSongs. Sehen Sie die Zukunft wirklich so finster?
SASHA: Wir haben keine Chance. Ich will mein Leben
noch so schön machen, wie es geht, bevor alles vorbei
ist. Es ist nicht so, dass ich an das Ende des Maya-Kalenders 2012 glaube. Aber es könnte was Schlimmes
passieren. Naturkatastrophen. Das mit dem Überwachungsstaat macht mir Angst. Amerika wird vielleicht
mit China zusammen die Welt regieren, und das geht
irgendwie auch nicht. Google wird die Welt regieren.
MAGAZIN: Eigentlich tut Google das schon.
SASHA: Und wir haben das nur noch nicht gemerkt.
Kurz-Biografie
» Sasha wurde am 5.1.1972 als Sascha Schmitz in Soest geboren. Später
zog er nach Dortmund, seit 2005
wohnt er in Hamburg. 1992 gründete er
die Band Junkfood, mit der er „kruden
Rock“ spielte. Der Durchbruch gelang
ihm 1998 mit dem Welthit „If You
Believe“. 2002 trat er als Unicef-Botschafter im Vatikan vor Papst Johannes
Paul II. auf. 2003 erfand Sasha sein
Alter Ego „Dick Brave“, diese RockabillyPersönlichkeit legte er 2004 wieder
auf Eis. Im Februar 2009 erschien das
Album „Good News On A Bad Day“. Für
den Film „Wickie und die starken Männer“ nahm er mit Bully Herbig den Song
„Father And Son“ auf. Mit seinen Auszeichnungen – Echo, Bravo Otto, Bambi, Comet, Goldene Kamera u. a. – kann
Sasha Vitrinen füllen, mit seinen Goldenen und Platin-Schallplatten Wände.
IV
› THEMA DER WOCHE
DIE KLASSISCHEN
Cafés &
Kaffee satt
Café Paris
1
Café Konditorei Lindtner
2
Stenzel
3
Rathausstraße 2, Tel. 32 52 77 77,
Mo–Fr 9–23.30, Sa/So 10–23.30 Uhr €€
Eppendorfer Landstraße 88, Tel. 480 60 00,
Mo–Sa 8.30–20, So 10–19 Uhr €€€
Schulterblatt 61, Tel. 43 43 64,
Mo–Fr 7–20, Sa/So 8–20 Uhr €
„Gute Croissants erkennt man daran, dass man
nach dem Verzehr die Hände waschen muss.“
Sagt Küchenchef Michael Hermes, der obendrein Bäcker ist. Im wuseligen Café mit den
hohen, gekachelten Decken werden sie täglich
herrlich buttrig gebacken. Stilecht französisch
ist hier alles – von der Plat du Jour bis zur Bol
mit Café au Lait aus Haiti-Bohnen.
Durch die Drehtür gingen schon Jakob und
Adele, seitdem hat sich nichts geändert. Die
Ober tragen schwarze Westen, servieren Kaffee im Kännchen und schokoladige MaharaniTorte, die Spezialität des Hauses, die mal für
den damaligen Bürgermeister Max Brauer kreiert wurde. Solch äußerst kommoden Charme
kann man nicht designen, der muss wachsen.
Seit 77 Jahren gibt es das Stenzel, seit 37 residiert es am Schulterblatt. Voriges Jahr wurde
es renoviert, seitdem muss nach hinten durchgehen, wer in Caféplüsch Kuchen (um 2 Euro)
und Kaffee genießen möchte. Ein Klassiker mit
großer Gebäckauswahl (über 60 Sorten), in
dem selbst die Marmelade für die Füllung noc
selbst gemacht wird, ist es geblieben.
Kaffee-Variationen
Kuchen & Snacks
Service & Ambiente
Kaffee-Variationen
Kuchen & Snacks
Service & Ambiente
Kaffee-Variationen
Kuchen & Snacks
Service & Ambiente
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Stadtplan hilft bei der Suche!
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In Hamburg gehört die geröstete
Bohne in jeder Darreichungsform
zur Lebenskultur. Aber wo genießt
man Espresso, Gal ão, Café au Lait
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lieb Ferdinand Runge hieß der Mann aus Billwerder, dem es 1820 als
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Milchst
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gründet, die heute nur noch formal besteht. Und es mag jetzt angeberisch
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nicht appetitlich, sondern eher unangenehm roch. Aus dem Auge, aus
dem Sinn. Dabei boomt das Geschäft weiterhin. „Drei von vier Tassen,
die in Deutschland getrunken werden, sind durch Hamburger Hände gegangen“, sagt Holger Preibisch, Hauptgeschäftsführer des Deutschen
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nen Bohnen aus Südamerika, Asien und Afrika nach
Grin
Speicherstadt kaum mehr riecht, seitdem dort vor allem Teppiche lagern. Viele, die dort arbeiten, bedauern
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REDAKTION:
MANUELA SCHMICKLER
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seit fast 50 Jahren im Geschäft, die Rösterei im Eppendorfer Weg hat er
von seinem Vater übernommen. In all den Jahren hat er alles gesammelt,
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11
1
Reeperbahn
beinahe alles über die Pflanze, die Bohne und die Veredelung erfahren.
Tee entdeckt. Weil er Tee in eine Dose füllte, in der er vorher VanillestanDas ist Voraussetzung in jeder Hinsicht. Denn der Erfolg hängt von der
Qualität der Ware ab – und von Trends. Vor gar nicht allzu langer Zeit war
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Binnenalster
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erkennen die Feinheiten der Sorten“, erklärt Annika Taschinski das Phänomen, dass kleine Röstereien wieder groß im Kommen sind. Sie und ihr
Partner Thomas Kliefoth sind schon längst infiziert von der Sucht nach
Aromen und haben vor vier Jahren ihre Leidenschaft zum Beruf gemacht
3
Bahrenfe
15
Außenalster
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sind. Knapp 50 Jahre später hat Vanessa Kullmann eine amerikanische
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9
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10
Herz und Carl Tchilling-Hiryan, den Gründern der Firma Tchibo. Zwei
ult
Stresemannstraße
Balzac-Shops über Deutschland verteilt hat und ständig Nachahmer aus
dem Boden schießen – trendy ist das nicht mehr. Es ist Alltag.
21
Sch
Johann Joachim Darboven. Das war 1866, und der Beginn der DarbovenDynastie, die Albert Darboven in vierter Generation durch Höhen und
Willy-Brandt-Straße
Elbchaussee
13
16
ten als bloß das Gefühl, wach zu werden. Er muss schmecken, am liebsten
ein bisschen exotisch. In portugiesischen Cafés trinken wir Gal ão, seitdem die Oliveiras aus ihrem Heimatdorf nach Hamburg zogen und ihre
Am Sandto
Elbe
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25
22
Schüssel trinken möchte, geht in ein französisches Café. Und guten Mokka gibt’s ganz selbstverständlich an vielen Ecken. Ach ja, und ein Wiener
wunderland. Und nach dem alten Hamburg, nach Nostalgie, aber die
existiert nur noch auf Schwarzweiß-Fotos. Jetzt ist sie die Vorhut der
neuen Hafencity. Da mag man melancholisch werden. Aber die beiden
passen im Grunde genommen ganz gut zueinander. Sie sind nicht gewachsen, sondern geplant und aus dem Boden gestampft.
Und es gibt Menschen, die versuchen, ihr ein Denkmal zu setzen. Ein
lebendiges, eines, das riecht. Thimo Drews und Andreas Wessel-Ellerligen Lagerhalle. Die duftet. Dann schwebt er für einen Moment vorbei,
der alte Geist, oder das, was man sich darunter vorstellt. Und dann nimmt
und seine vier Mitstreiter von Speicher & Consorten. Sie haben es sich zur
Aufgabe gemacht, das, was in Hamburg an hochwertigen Köstlichkeiten
anlandet, für Privatleute zugänglich zu machen. Denn eigentlich wandert
zwecks Weiterverarbeitung. Mit Partnern wie Hälssen und Lyon oder der
fen nun Speicherstadt-Feinkost in geschenktauglichem Design. Ihren
Firmensitz haben sie im ältesten Gebäude des Viertels, am Sandtorkai 1.
Davor liegt holperiges Kopfsteinpflaster, weiter hinten die Elbe, wo
zählen die Kapitäne von damals, als noch die Speicher voller Arabicabohnen waren und die Säcke an den Zugseilen nach oben befördert wurden.
DIE GALÃO-CONNECTION
Stadt losging. Die Speicherstadt, die früher Zollgebiet war, ist seit 2003
21
M.I.P.
22
Cidade Galo
23
Café Algarve
24
Café Veloso
Schulterblatt 98, Tel. 43 19 09 91,
Mo–Sa 8–19, So 9–20 Uhr €
Großer Schippsee 22, Tel. 65 79 76 12,
Mo–Fr 9–19, Sa 9–16.30 Uhr€
Eppendorfer Weg 285, Tel. 460 33 07,
Mo–Sa 8–20 Uhr €
Friedensallee 32, Tel. 39 90 28 12,
Mo–Fr 7–18, Sa/So 8–17 Uhr€
M.I.P. ist die Abkürzung für Made in Portugal.
Für den milden Ziegenkäse, der hervorragend
auf den buttrigen Croissants schmeckt, trifft
das zu. Die vielen kleinen Törtchen, die in
der Vitrine liegen, werden dagegen vor Ort
gebacken. Dazu gehört aber auf jeden Fall
ein Galão (Espresso mit Milchschaum), der
hier extrastark serviert wird.
Zum Galão schmecken in diesem portugiesischen Stehcafé nicht nur die Natas bestens,
sondern auch die günstigen Croissants mit
würzigem Chorizo, Käse oder Schinken. Das
Schönste an der Cafébar jenseits der Elbe ist
aber, dass es zig nette Souvenirs zu kaufen
gibt, braune Keramikschüsselchen, bunte Krüge, den landestypischen Hahn und Portwein.
Ein buntgemischtes Publikum findet sich im
Café Algarve, das jetzt noch eine Filiale in der
Hoheluftchaussee eröffnet hat. Groß ist die
Kaffeeauswahl nicht, dafür gibt’s einen feinen
Galão, der hübsch milchgestreift im Glas duftet
und höllisch heiß serviert wird. Neben kleinem
Gebäck sorgen Nudelgerichte dafür, dass nicht
nur zur Frühstückszeit reger Betrieb herrscht.
Nata, Nozes, Laranja und Coco, Feijáo, Bola
oder Caramujo Creme heißen die kleinen Versuchungen, die hier in der Vitrine nicht lange
auf Kundschaft warten müssen. Sie alle werden in der hauseigenen Bäckerei täglich frisch
zubereitet, genauso wie die Croissants. Aber
der Kaffee (Grão de Ouro) kommt aus Portugal.
Und das lebensfrohe Personal auch.
Kaffee-Variationen
Kuchen & Snacks
Service & Ambiente
Kaffee-Variationen
Kuchen & Snacks
Service & Ambiente
Kaffee-Variationen
Kuchen & Snacks
Service & Ambiente
Kaffee-Variationen
Kuchen & Snacks
Service & Ambiente
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KAFFEEHÄUSER
Sonnabend / Sonntag, 14. / 15. November 2009V
Das Meysel
4
Milchstraße 23, Tel. 41 49 88 90,
Di–So 10–20 Uhr€€
„Wenn schon Kuchen, dann muss er auch eine
Sünde wert sein“, soll Inge Meysel mal gesagt
haben. Der Apfelkuchen mit den vielen Streuseln (2,50 Euro) wird hier nach ihrem Rezept
gebacken. Wahrscheinlich hätte sie sich in
dem stilvollen Café mit den Filmbildern und
ch den brombeerfarbenen Plüschsitzen wohlgefühlt, elegant ist es und doch gemütlich.
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Kaffee-Variationen
Kuchen & Snacks
Service & Ambiente
Literaturhauscafé
5
Café Meinl
6
Café Leonar
7
Café im Herrenhaus
8
SERVICE
& SHOPPING
Coffee to go
Sie gehören zum Hamburger
Stadtbild – Pappbecher mit
Schwanenwik 38, Tel. 220 13 00,
Mo–Fr 9–24, Sa/So 10–24 Uhr €€
Europapassage, 1. OG, Tel. 30 39 22 19,
Mo–Sa 10–20, So 11–18 Uhr€€€
Grindelhof 59, Tel. 41 35 30 11, Mo–Do 8–24,
Fr 8–1, Sa 9–1, So 9–23 Uhr€€
Wellingsbüttler Weg 71, Tel. 97 07 09 80,
Mi–So 11–21 Uhr€€
Eindrucksvoll ist dieses Caféhaus. Die Decken
hoch und stuckverziert, mächtige Kronleuchter
hängen daran. Protzig wirkt das nicht, sondern
kultiviert. Es ist ein Eldorado für Langschläfer,
Frühstück wird bis 18 Uhr serviert. Hamburger
Hafen (Fischspezialitäten, 8,90 Euro) etwa
und Rohmilchkäse (9,50 Euro) sind famos.
Ebenso wie der beinahe sahnige Café Crème.
Rot sind die Tassen, die, wie auch das Interieur, Matteo Thun entwarf. Mindestens genauso schön ist aber der Blick aus der großen
Fensterfront über die Alster. Da schmecken die
50 Kaffeespezialitäten von Melange bis Kaffeecocktails vielleicht sogar besser als in Wien.
Seit Anfang November befindet sich eine weitere Dependance in der Insel am Alsterufer.
Der Name erinnert an den Großvater der Inhaberin Sonia Simmenauer, der in Wandsbek die
Fotopapierfabrik Leonar betrieb, bevor er 1938
ins Exil flüchtete. Im interessantesten Café im
Grindel hat alles einen Bezug zur jüdischen
Kultur: die Speisen, die Getränke und die kulturellen Veranstaltungen, die im geschmackvoll
gemütlichen Salon regelmäßig stattfinden.
Warum immer nur um die Außenalster flanieren, wo es im Norden doch so viel idyllischer
ist? Im Café im Herrenhaus, dem ehemaligen
Gut Wellingsbüttel, finden Spaziergänger
unter imposanten Decken und Lüstern Platz,
feine Torten und Ruhe. Die Sonnenterrasse ist
in nächster Zeit wohl leider nicht geöffnet –
das Mailänder Eis schmeckt auch drinnen.
Kaffee-Variationen
Kuchen & Snacks
Service & Ambiente
Kaffee-Variationen
Kuchen & Snacks
Service & Ambiente
Kaffee-Variationen
Kuchen & Snacks
Service & Ambiente
schaum und Sirup. Vor zwölf
Jahren hat Vanessa Kullmann die
gebracht. Mittlerweile hat sie
40 Filialen und viele Nachahmer.
Auch Starbucks, der Vorreiter
aus den USA, ist angekommen.
» Balzac
Gustav-Mahler-Platz 1, Schauenburgerstraße 59, Lüneburger Straße 25;
weitere Filialen: www.balzac-coffee.com
Kaffee-Variationen
Kuchen & Snacks
Service & Ambiente
» Campus Suite
Café unter den Linden
9
Die Zeitungen in den Holzhaltern kommen aus
aller Welt. Stundenlang kann man hier sitzen,
sich wie ein Bohèmien fühlen und Macchiato
trinken, auch entcoffeiniert oder mit Sojamilch.
Oder Caffè Palermo löffeln, Vanilleeis mit Espresso. Die Zeit scheint stehengeblieben zwischen Streifentapete und Wiener Kaffeehausmobiliar. Genau deswegen ist es ein Szenetreff.
Es ist immer etwas schummrig, die schönen
alten Kacheln an den Wänden, die noch von
der vormaligen Bäckerei übrig sind, fallen
trotzdem auf. Während sich auf der anderen
Straßenseite das Szenevolk tummelt, geht es
hier zwischen in die Jahre gekommenem Mobiliar und Rauchquasten unaufgeregt zu. Nicht
trendy, sondern sehr solide. Bis in die Nacht.
Das Knuth ist verwinkelt – und meist gestopft
voll. Viele kommen nur kurz auf einen Kaffee
vorbei, auf einen starken. Oder auf eine Schale
Caro mit Sojamilch. Oder auf ein wirklich gutes Croissant. Oder auf ein Frühstück, für das
das Eckcafé besonders von Vegetariern geschätzt wird, weil auf der Karte etliche vegane
Brotaufstriche angeboten werden.
Auf den alten Cocktailsesseln fällt Müßiggang
leicht, Stapel von Zeitschriften lassen auch
Menschen ohne Begleitung lange verweilen.
Inhaber Behzad Safari beweist Geschmack,
sein Café ist eines der gemütlichsten im Viertel, und zu ihm gehört Hamburgs hübscheste
DVD-Ausleihe, der Filmraum. Das entspannteste Café unter den ohnehin lässigen.
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Hofweg
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Schwanenwik
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Carroux
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Elbgold
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» Tall TreeHannoversche Straße 86,
Schlüterstraße 1–3, Milchstraße 28;
weitere Filialen:
www.talltree.de
Speicher & Consorten
Axel Heinrichson und seine vier
Kollegen arbeiten im ältesten
Haus der Speicherstadt und
stellten mit Verwunderung fest,
Gewürze, die in ihrem Viertel
gelagert werden, für den Einzelverbraucher meist gar nicht zu
haben sind. Deswegen entwickelten sie eine Marke (Speicher &
Consorten), fanden Verbündete
und vertreiben nun beste Qualität
in ungewöhnlichen Mischungen
(Brazil Suave, Columbia Fuerte,
Kaffee-Variationen
Kuchen & Snacks
Service & Ambiente
Torrefaktum
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16
Speicherstadt Kaffeerösterei
Sehr schön: Auf der Rückseite der
hübsch gestalteten Packungen
geben die Consorten Tipps zur
fachmännischen Zubereitung.
» Zu kaufen u. a. im Mutterland,
Ernst-Merck-Straße 9, Tel. 28 40 79 78;
bestellen: www.speicher-consorten.de
Elbchaussee 585, Tel. 80 05 05 90,
Mo–Fr 9–18.30, Sa 9–17, So 12–17 Uhr€€€
Mühlenkamp 6a, Tel. 27 88 22 23,
Mo–Fr 8–20, Sa 8–19, So 10–19 Uhr€€€
Bahrenfelder Straße 237, Tel. 298 12 63 10,
Mo–Fr 10–18, Sa 11–15 Uhr€€
Kehrwieder 5, Hafencity, Tel. 31 81 61 61,
tgl. 10–19 Uhr€€€
Zwei Mal in der Woche, meist dienstags und
donnerstags, duftet es schon von weitem nach
Kaffeebohnen, denn dann wird in dem winzigen Café geröstet, z. B. Maragogype Hamburgo
MS. Exakt 25 Sekunden dauert es, bis der
Espresso in der LaMarzocco-Maschine sein
Aroma entfaltet. Auch Christian Rach ist bekennender Kunde der Blankeneser Rösterei.
In Annika Taschinskis und Thomas Kliefoths
stilvollem Café wird mehrmals pro Woche
geröstet: Hawaii Kona etwa, Jamaika Blue
Mountain, Indien Monsooned, Äthiopien Regenwald oder afrikanischer Espresso Nobile.
Zu den etwa 20 verschiedenen Kaffees und
Espressi schmecken frisch belegte Bagels oder
Foccaccia mit hausgemachtem Streichkäse.
Vier Kaffees und zwei Espresso-Sorten stehen
zur Auswahl, die Gäste sitzen im türkis-weißen
Raum auf zu Kissen vernähten Kaffeebohnensäcken an blanken Holztischen, manchmal
entgegen der Öffnungszeiten auch am späteren Abend. Zum Beispiel, wenn es Vorträge
zum Thema Kaffee gibt – oder in Anlehnung
an „Dalli Dalli“ „Hamburg Klick“ gespielt wird.
90 Minuten dauert eine Kaffeeverkostung in
der Kaffeerösterei. Danach sieht man die Bohnen mit anderen Augen. Und weiß richtig zu
schätzen, was in der Dalla-Corte-Maschine
von den Baristi zubereitet wird oder in der
Presskanne auf den Tisch kommt. Urig ist das
Café im alten Lagerhaus, ein schöner Platz,
der Kaffeehandelsgeschichte erlebbar macht.
Kaffee-Variationen
Kuchen & Snacks
Service & Ambiente
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Kaffee-Variationen
Kuchen & Snacks
Service & Ambiente
Rathausmarkt 5, Kümmellstraße 2–8;
weitere Filialen: www.starbucks.de
Heegbarg 28, Eppendorfer Baum 24;
weitere Filialen: www.worldcoffee.de
Müggenkampstraße 45, Tel. 43 27 75 46,
Mo–Fr ab 9, Sa/So ab 10 Uhr
€€
Kaffee-Variationen
Kuchen & Snacks
Service & Ambiente
» Starbucks Neuer Jungfernstieg 5,
» World CoffeeAlstertor 1,
Große Rainstraße 21, Tel. 46 00 87 08,
Mo–Sa ab 9, So ab 10 Uhr
€€
KAFFEERÖSTEREIEN
Kaffee-Variationen
Kuchen & Snacks
Service & Ambiente
Kaffee-Variationen
Kuchen & Snacks
Service & Ambiente
Cucinaria
Kaffee-Variationen
Kuchen & Snacks
Service & Ambiente
Neben so ungefähr allem, was das
Kochen und Genießen schöner
macht, hat das Cucinaria eine
große Auswahl an Espressomaschinen. Vom einfachen Espressokocher bis zur exklusiven ECM
(2000 Euro) reicht die Palette.
Die fachkundige Bedienung
findet schnell das Gerät, das zu
den Bedürfnissen (und dem
Können) des Kunden passt.
» Straßenbahnring 12, Tel. 43 29 07 07,
Mo–Fr 10–19, Sa 10–16 Uhr,
www.cucinaria.de
Espresso Tecnica
17
DIE ESPRESSO-SPEZIALISTEN
18
Café Gnosa
19
Prinsessan
20
Schulterblatt 12, Tel. 69 21 99 51,
Di–Sa 10–19, So 14–17 Uhr€€
Rahlstedter Straße 68, Tel. 67 39 12 68,
tgl. 8–18.30 Uhr €
Lange Reihe 93, Tel. 24 30 34,
tgl. 10–1 Uhr€€
Hofweg 63, Tel. 41 34 69 99,
tgl. 10–22 Uhr€€€
Matthias Max’ Kuchen machen süchtig. Der
Mohn-Zitronen-Kuchen, der Käsekuchen, die
Tartes und Torten, manchmal mit seltsamen
Kombinationen wie Rote Bete mit Himbeeren
oder Joghurt mit Balsamico. Das ist neu – und
verdammt gut. Wunderbar altbacken ist die
weiße Ladeneinrichtung. Da muss man sitzen,
Kaffee trinken und Hüftgold ansetzen.
Handgerösteten Kaffe gibt es bei Susanne und
Klaus Lange auch. Aber der gerät bei der Kuchenauswahl beinahe zur Nebensache. Selbst
an Wochentagen wird die Auswahl bei bis zu
zwölf verschiedenen Exemplaren schwierig –
alle nach eigenen Rezepten hergestellt. Ist ja
auch geballte Erfahrung am Werk: Sie ist Konditorin, er Bäcker, Konditor und Küchenmeister.
Früher, als hier noch das Ehepaar Gnosa regierte, nannten die Anwohner es schlicht „Café
Klebarsch“. Weil die Gäste so lange sitzen
blieben. Dazu haben sie auch heute noch allen
Grund: Denn die 50er-Jahre-Einrichtung hat
Charme und der Kuchen Raffinesse. Die Birnenrahmtorte gibt es zum Glück immer, sie ist
nur eine von 70 Spezialitäten des Hauses.
Ein Schlaraffenland: Der flüssige Schokoladen-Ingwer-Kuchen ist dank Himbeeren und
Sauerrahmeis eine perfekte Mischung aus süß
und sauer. Und die Crème brûlée wahrscheinlich die beste der Stadt. Die Frühstücks-Angebote haben Namen wie Letizia, Maxima und
Mette-Marit. Die könnten auch ruhig kommen:
Prinsessan ist nämlich einfach königlich.
Kaffee-Variationen
Kuchen & Snacks
Service & Ambiente
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Das Caféhaus
Espression by Lavazza
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Kaffee-Variationen
Kuchen & Snacks
Service & Ambiente
Black Delight
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Due Baristi
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Service & Ambiente
Bacana
Am Sandtorkai 50, Tel. 30 99 86 85,
Mo–Fr 7–19, Sa/So 10–19 Uhr€€€
Eppendorfer Weg 67, Tel. 64 88 00 78,
Mo–Fr 8–19, Sa 10–17 Uhr€€
Langenfelder Damm 2–4, Tel. 0173/716 81 56,
Di–Fr 8–23, Sa 9–18, So 10–18 Uhr€€
Bellealliancestraße 52, Tel. 18 03 43 21,
Mo–Fr ab 8, Sa/So ab 9 Uhr€€
Ganz frisch ist die Cafébar oberhalb der Magellanterrassen, genau wie der Kaffee, der hier
in zig Varianten serviert wird: Für Traditionalisten Espresso und Cappuccino. Und für Probierfreudige gelungene Experimente wie der Espessone, Espresso mit zarter Mousse. Die
Rezepte stammen übrigens unter anderem von
Ferran Adrià, dem Molekularküchengott.
Viel Platz ist nicht in diesem Café, da müssen
die Gäste schon ein bisschen zusammenrücken. Macht aber nichts, Genuss verbindet und
dieser Espresso ist große Klasse. Im Black Delight kann man den aber nicht nur trinken, sondern auch lernen, wie er fachgerecht zubereitet
wird. Kurse: Barista Junior (für den Kaffeeliebhaber) bis zu Barista Senior (für den Profi).
„Wir sind so espressoverrückt, dass wir uns
zwei Maschinen leisten. Eine LaMarzocco für
den heller gerösteten norditalienischen und
eine Izzo-Pompei-Handhebelmaschine für den
dunkleren süditalienischen Espresso.“ Erklären
Dirk Meyer und Sener Sönmez und entlocken
beiden einen Kaffee mit imposanter Crema. Da
ist Milchschaum schon fast eine Sünde.
Für 1,60 Euro werden die Lebensgeister geweckt, mit einem Espresso, der in dem kleinen
Eckcafé geröstet wird. Mittwochs zieht das
feine Aroma dann über die ruhige Straße und BEWERTUNG
macht sie noch ein bisschen heimeliger. Jürgen
Top
Stange, der Besitzer, packt die veredelten Bohnen auch gern in Tüten, ab 6 Euro können Kafsehr gut
feeliebhaber dann zu Hause weiter schwärmen.
gut
Kaffee-Variationen
Kuchen & Snacks
Service & Ambiente
Kaffee-Variationen
Kuchen & Snacks
Service & Ambiente
Kaffee-Variationen
Kuchen & Snacks
Service & Ambiente
Kaffee-Variationen
Kuchen & Snacks
Service & Ambiente
geht so
€
€€
€€€
Economy
Business
First Class
Ascaso, Demoka, La Viebieme
und Wega heißen die Marken der
Maschinen und Mühlen, die im
Ottensener Laden zu bewundern
– und zu kaufen sind. Dank der
Profi-Werkstatt sind eventuelle
Reparaturen, auch an alten
Maschinen, kein Problem.
» Bahrenfelder Straße 260, Tel.
31 70 02 72, Mo–Fr 10–19, Sa 11–15
Uhr, www.espresso-tecnica.de
Benvenuto
FOTOS: MORRIS MAC MATZEN / PR, ROLAND MAGUNIA (3),CATHARINA PEPPEL / PR, SCHWARTZ PHOTO / PR, PR (24). KARTE: GRAFIKANSTALT
Herr Max
DIE KUCHENSPEZIALISTEN
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bu
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tra
Café Zeitraum
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Schulterblatt 83, Tel. 439 28 28,
tgl. 10–3 Uhr€€
Kaffee-Variationen
Kuchen & Snacks
Service & Ambiente
S
er
Knuth
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Juliusstraße 16, Tel. 43 81 40,
tgl. 10–24 Uhr €€
14
20
Saal II
10
DIE LÄSSIGEN
Am Kaiserkai 60–62, Brandsende 2–4,
Christoph-Probst-Weg 3–4;
weitere Filialen: www.campussuite.de
Was darf es denn sein? Vollautomat, Halbautomat oder Handhebelmaschine? Italgi oder La
Pavoni? In zweiter Generation
besteht das Geschäft, das auch
einen Reparaturservice anbietet.
» Heinrich-Barth-Straße 15,
Tel. 410 29 20, Mo–Fr 9.30–17 Uhr,
www.benvenuto-hamburg.de
Kaffeerösterei Burg
nicht nur seit 1923 für milde und
würzige Bohnen, denn Jens Burg
betreibt neben seinem Laden
habern gehen die Augen über bei
Maschinen, Dosen, Tassen, Werbeschildern, Leuchtreklamen,
lungsstücke hat er zusammengetragen. Und damit nicht alles bloße Theorie bleibt, wird natürlich
wissen möchte, belegt eines der
Seminare (95 Euro), in denen
tung lernen. Wer dazu die eigene
Maschine mitbringt, kennt sie
» Kaffeemuseum Burg,Münsterstraße
23–25, Tel. 55 20 42 58, Mo–Sa 10–
16 Uhr, zweistündige Führung 10 Euro,
www.kaffeemuseum-burg.de
» Rösterei Burg,Eppendorfer Weg
252, Tel. 422 11 72, Mo–Fr 8–19, Sa
8–18 Uhr, www.kaffeeroesterei-bur
g.de
VI
› BROT & SPIELE
Sonnabend/Sonntag, 14./15. November 2009
Samurai-Sudoku
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4
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LOKAL-TERMIN
Großbürgerliches Flair
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Transparent:
Gekocht wird vor
den Augen der
Gäste, die sich
im Casse-Croûte
gerne treffen.
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einen Block mit dem ZentralSudoku teilt! Dabei gelten für
jedes der 5 Sudoku-Diagramme
die klassischen Spielregeln: Alle
Diagramme sind mit den Zahlen
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FOTO: GRAFIKANSTALT
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Waagerecht
1 Sie wird auch mit billigen Medikamenten
wieder gesund. 16 ... ist es zu Eigen, dass sie bisweilen Platzangst zeigen. 17 Mit Kurs auf Pearl
Harbor steuerten japanische Bomber diese Insel
an. 18 Sie gehört zu den Kleinen Sundainseln.
19 Dies Hemd wurde von Rittern getragen.
20 Wo der steht, sind der Weitsicht Grenzen gesetzt. 21 Bruder Leichtfuß ist es nicht. 22 Rundherum wendig. 23 Repräsentiert die Europäische
Nuklearenergie-Agentur in der Genealogie. 24
Rhythmus aus den Beinen. 27 Ein schwedisches
Adelsgeschlecht wäre hier gerade recht. 30 Drei
Fünftel eines Segels. 32 Das Kürzeste, was uns
zurzeit in den Sinn kommt. 34 Rückgrat suchen
Sie bei ihr vergeblich. 42 Selbstbetrug unter
Vorspiegelung falscher Tatsachen. 43 Es heißt,
sie machen Leute. 45 Von diesem Organ besitzen wir gleich zwei (Mz.). 46 Ihr Bruder = Osiris,
ihr Gatte = dito. 47 Arabische ‚Dunkelheit‘ als
weiblicher Vorname. 48 Nichts für Rohköstler.
49 Aus dieser Richtung kann der Wind blasen.
50 Er hatte in „Dead Man Walking“ seinen Auftritt: Sean ... 51 Fehlt es einer Sache an ihm ist
sie nicht geistreich.
Auflösungen:
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Papenhuder Straße 26, Di–So 12-24 Uhr,
Tel. 38 63 31 62.
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» PAPPENHEIMER WIRTSCHAFT,
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» HAN YANG, Paul-Sorge-Str. 142a,
Tel. 52 37 15, 14.11., 18–21 Uhr,
bitte reservieren, www.han-yang.de
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» POLETTO WINEBAR, Eppendorfer
Weg 287, Tel. 38 64 47 00,
tgl. 12–24 Uhr, www.poletto-winebar.de
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1
Fränkischer Wein ist bekannt. Der wird
im „Pappenheimer“ natürlich auch ausgeschenkt. Und dazu fränkische Biere.
Hetzelsdorfer, Meister, Aischgründerer
oder Obaladara heißen sie, stammen aus
kleinen Privatbrauereien und schmecken
im schlicht rustikalen Gastraum bestens
zu Schäufele (Schweinebraten), Bratwürsten auf Sauerkraut und Ziegenkäse
mit karamellisierten Trauben.
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„Niemand kann eine fremde Kultur
verstehen, ohne ihre Speisen und Getränke gekostet zu haben“, besagt ein
Sprichwort in China. Das Han Yang sorgt
an diesem Sonnabend mit einem Büfett
für kulinarische Völkerverständigung.
Gerichte aus der Shanghaier Küche, Dim
Sums aus der kantonesischen, Scharfes
aus der Sichuan-Küche gibt’s für 19,90
Euro – Kinder zahlen nach Lebensalter.
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2
5
Remigio Polettos Leidenschaft ist
der Wein, das zeigt er im „Poletto“ seit
Jahren. Und als Italiener liegen ihm die
Reben zwischen Lombardei und Kalabrien besonders am Herzen. Mit Luigi Francia hat er nun eine Weinbar eröffnet, in
der neben guten Tropfen kleine Tagesgerichte und Käse- und Wurstspezialitäten
serviert werden. Und Menschen, die eher
Bier mögen, finden dort auch ihr Glück.
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Pappenheimer
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Senkrecht
1 Ein niederdeutscher Klaus. 2 Er spielte im alten
Griechenland auf der Schalmei. 3 Die ehemalige
NATO-Friedenssicherungstruppe in Bosnien. 4
Angesehene Eva-Kostümierung. 5 Kein Kurzname
für Damen. 6 Der befindet sich in Bug-Nähe, allerdings auf keinem Schiff. 7 Wie heißt denn bei der
Addition das Vorzeichen? Wissen Sie’s schon?
8 Damit spielte Cäsar, bevor er über den Rubikon
schritt. 9 Wie heißt doch gleich im Pazifik das
Königreich? 10 So sollte eine Liebe sein: aus vollem Herzen, tief und rein. 11 „Den Sack schlägt
man, den ... meint man.“ (Petronius). 12 Goldmünze vergangener Zeiten. 13 Mögliche Pflichtübungen für die, die gern beim Ball bleiben. 14
Wessen Meinung sagt die erzürnte Kollegin dem
Chef? 15 Das Produkt aus Mandelkern mögen
viele Kinder gern. 24 Was Tarzan und Count Basie perfekt beherrschten. 25 Niederdeutsche Erle.
26 So kann man rennen nennen. 28 Gemeinsamer Vorläufer von Mock, Lutz und Senefelder. 29
Hier muss noch andernfalls stehen. 31 Bei Magdeburg man diese Stadt an der Bode zu finden
hat. 33 Sie sind vonnöten, wenn ein Schütze diese Aufforderung befolgen soll. 35 Mars machte
sie, auch Rea Silvia genannt, zur Mutter von Romulus und Remus. 36 Einst unverzichtbar in germanischen Blaskapellen. 37 Kleiner Giovanni. 38
Mit per kommt ein Bootskapitän in Sichtweite.
39 Dazu fällt mir auch nichts Besseres als Werner ein. 40 Ein von Elias Canetti blendend entwickelter Charakter. 41 Englische Gemeinsamkeit
eines amerikanischen Fallenstellers mit einem
Geruchsverschluss. 44 Kulinarischer Tauchgrund.
Irgendwo in
Hamburg:
Staatsarchiv,
Kattunbleiche 19
Han Yang
25
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Poletto Winebar
24
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RESTAURANT
5
6 3
Wie ein schützender Eisberg schimmern die
glitzernden Glastafeln. Hier ruht seit 1998 die
elementare Stütze der modernen Informationsgesellschaft, das Gedächtnis der Stadt. Ob
Hamburgensien, amtliche Druckschriften oder
etwa die Siegelsammlung eines Hamburger
Kaufmanns: Unwiederbringliches Material lagert
auf über 30 000 Regalmetern. Hier findet man
Antworten auf die vielfältigsten Fragen dieser
Zeit. Nichts darf verloren gehen, deshalb wird
auch nichts ausgeliehen.
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RESTAURANT
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RESTAURANT
8
1 bis 9 aufzufüllen. Dabei darf
jede Zahl in jeder Zeile und jeder
Spalte sowie in jedem 3 x 3 Feld nur einmal vorkommen.
Lösung: siehe unten …
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Essen und
ausgehen
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1 Aufgeschnittene Fleischscheiben auf den Tisch
legen, würzen, mit Senf bestreichen und mit je zwei
Scheiben Speck belegen.
2 Für die Füllung Zwiebeln in Streifen schneiden und
in Öl glasig schwitzen; Gewürzgurken in grobe
Streifen schneiden. Beides in die Fleischmitte geben,
zusammenrollen, mit Zahnstochern fixieren.
3 Rouladen von allen Seiten gut anbraten, herausnehmen.
4 Zwiebel grob gewürfelt in Öl anschwitzen und mit
dem Tomatenmark anrösten, mit Rotwein ablöschen. Rouladen hinzugeben. Etwas Wasser dazu,
langsam schmoren lassen. Gewürze hinzufügen.
5 Fertige Rouladen ausstechen, Sauce gegebenenfalls
durch ein Sieb geben und abschmecken. Eventuell
Sauce etwas abbinden.
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1 Zwiebel
Pfeffer aus der Mühle, Salz,
Nelke, Piment und Lorbeer
Füllung:
2 große Zwiebeln
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6 Zahnstocher
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Für 6 Personen:
2,5 Kilo Rinder-Oberschale
(pro Stück ca. 400 g)
100 g grober Dijonsenf
12 dünne Scheiben Bauchspeck
100 ml Rotwein
50 g Tomatenmark
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Rinderrouladen
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REZEPT VON CARSTEN VON DER HEIDE
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Tel. 34 33 73, www.cassecroute.de
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» Casse-Croûte, Büschstraße 2, 20354 Hamburg,
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Für scharfe Denker
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Carsten von der Heide
betreibt zusammen mit
seinem Partner Frederic
Janhsen seit 1998 das
Casse-Croûte. Geboren
wurde er 1971 in Wischhafen bei Stade. Er lernte
früh den späteren Beruf bei
seiner Mutter Alwine im
elterlichen Gasthof kennen.
Später beendete er seine
Ausbildung im Fischereihafen Restaurant Hamburg.
Danach drei Jahre
Küchenchef in der Fischküche Hamburg, jetzt
Vater dreier Kinder – und
leidenschaftlicher Koch.
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Irgendwo in Hamburg. Nur wo?
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Kurz-Biografie
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Lösungsweg:
Beim Samurai-Sudoku sind vier
Eck-Sudokus so um ein ZentralSudoku angeordnet, dass jedes
der vier Eck-Sudokus sich je
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ben, über dem Restaurant, befindet sich das
Lager eines Geschäfts, gegenüber ein Klamottenladen, der gerade Schlussverkauf betreibt, und an der Ecke der kleinen Gasse, die immerhin als „Büschstraße“ firmiert, empfängt den Flaneur
ein Steak-Haus. Am anderen Ende allerdings, vom
Casse-Croûte noch ein Stück weiter entfernt als die
amerikanische Konkurrenz, sind die Colonnaden, eine der ältesten Fußgängerzonen Hamburgs. Neorenaissance-Fassaden, großbürgerliches Flair. Um die
Ecke sind Staatsoper und Casino. Es könnte keinen
besseren Ort geben für das Casse-Croûte als diesen!
Denn das kleine Bistro ist ein lebenspraller Ort, und an
Abenden wie diesem, an denen es nasskalt ist und die
Stadt ein unwirtlicher Ort, zieht es die Menschlein an,
es saugt sie förmlich hinein. Und drinnen, in dieser
Enge, in diesem Treiben, das die Nahdistanz sucht und
in jeder Ecke findet, an der breiten Fensterfront, am
Tresen, an den Tischen, in diesem Treiben also ist alles Geruch, Getümmel, Geräusch, Gewese. Man könnte sagen: Es ist hier so laut wie in einer
Kneipe, wenn das Casse-Croûte voll ist. Man könnte
überdies sagen: Es ist hier so laut, weil das CasseCroûte ein hinreißender Ort des Sozialen ist. Denn
essen ist die wichtigste soziale Kulturtechnik. Früher,
wenn man wieder mal die Spaghetti in sich hineinschlang, war es die Mutter, die einen wissen ließ, dass
„sich die Franzosen, unsere Nachbarn, zwei Stunden
Zeit lassen fürs Essen“. Ein guter Hinweis, unbedingt
zu beherzigen in diesem Restaurant mit dem französischen Namen, das sich überhaupt nicht entscheiden
will, ob es Hausmannskost oder Haute Cuisine anbieten soll. Auf der Speisekarte steht der iranische Sevruga-Kaviar mit Crème fraîche neben Omas Gurkensalat
mit Dill und Traubenkernöl, gegrillte Poulardenbrust
neben Bouillabaisse des Nordens mit Pernod, Kräuterbrot und Aioli. Man findet sie leicht, die französischen Wörter, sie gehören längst allen. Trotzdem gibt
es von allem etwas hier: Casse-Croûte-Klassiker sind
Spaghetti mit Scampi, Königsberger Klopse und Wiener Schnitzel. Im Winter: Gans. Für die ist das CasseCroûte berühmt! Carsten von der Heide, ein kerniger
Norddeutscher, ist Küchen- und Restaurantchef, er
begrüßt seit 1998 zusammen mit seinem Partner Frederic Janhsen (zusammen betreiben sie auch das Tarantella am Stephansplatz) genau das exklusive Publikum aus Anwälten, Familien, Operngästen, das auch
heute Abend da ist. Gut angezogen sind sie alle.
Als Vorspeise empfiehlt sich Thunfischtatar mit
Wasabicreme, Rucolasalat mit Senfsauce und Sushi.
Außerdem gibt es Brot mit Dip. Der schmeckt lecker,
aber hinter sein Geheimnis kommt man nicht. Wenig
geheimnisvoll ist dann die Wahl des Hauptgerichts.
Er: Rinderroulade mit Apfelrotkohl. Dunkel, schwer,
deutsch. Sie: Wiener Schnitzel mit Bratkartoffeln und
Gurkensalat. Ein helles Gericht, passend zum Teint
der reizenden Begleitung. Und während das Essen serviert wird, wandern die Augen noch durch das Lokal.
Sie bleiben nirgends haften, nicht an den apricotfarbenen Wänden, nicht an den geschäftigen Bedienungen.
Denn dann ist das Essen da, es schmeckt gut, alles andere wird nebensächlich. Der Casse-Croûte-Film läuft
ohne uns weiter. Der Küchenchef begrüßt und verabschiedet Gäste, er ist ein König des Smalltalks. Wir
essen, er redet. Dann geht er kochen. Wir können ihn
sehen, ein Fels in der Brandung seines Restaurants, in
dem es weiter riecht, redet, lacht, anstößt, kaut, schaut.
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Frankophile Lebensfreude – das „Casse-Croûte“ ist klein und beinah immer voll bis auf den letzten Platz.
TEXT: THOMAS ANDRE • FOTOS: THOMAS LEIDIG
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IMPRESSUM
Chefredaktion: Claus Strunz (V.i.S.d.P.)
Redaktion: Anika Riegert (verantwortlich)
Art Direction: Julia Wagner
Mitarbeiter dieser Ausgabe: Thomas Andre, Marko
F. Barillà, Albrecht Barke, Anne Dewitz, Thomas Leidig,
Jan-Eric Lindner, Karin Lübbe, Peter Maus, Julia
Marten, Nandini Mitra, Kirsten Rick, Maike Schiller,
Manuela Schmickler, Vanessa Seifert, Friederike
Ulrich, Josephine Warfelmann, Klaus Witzeling
Konzeption & Realisation:
mar10 media GmbH
Geschäftsführer: Nikolas Marten
Anzeigen (verantwortlich): Dirk Seidel,
Tel. 040/34 72 25 56
Verlag & Druck: Axel Springer AG,
Axel-Springer-Platz 1, 20350 Hamburg
VII
Sonnabend / Sonntag, 14. / 15. November 2009
› GESTERN & HEUTE
Fräulein-Wunder: „Du und Deine
Welt“ ist schon in den 50erJahren ein Publikumsrenner (l.).
Massenandrang zur Eröffnung
vor den Messehallen 1975 (u.).
Nostalgisch: In der „Halle
der Nationen“ wurden bis in
die 60er-Jahre Wohnträume
vorgelebt (ganz unten).
FOTOS: HMC
SEIT 1955 DU & DEINE WELT
Mutter
Die
aller
E
s ist mit dieser Messe, wie mit so
vielen älteren Damen. Sie geht
sichtbar in die Breite, die Geschichten, die sie erzählt, sind immer wieder dieselben, und von
Jahr zu Jahr kommt weniger Besuch. Alte Damen aber sind liebenswert – und zäh, zum Glück. So
kommt es, dass „Du und Deine Welt“, die Verbrauchermesse, die 1955 als „Schau für die Frau“ in drei
windigen Zelthallen startete, heute größer ist denn je.
Und: Die alte Lady, so scheint es, will sich noch mal
schick machen. Lebte sie lange vom Glanz der guten
alten Zeit, hat sie sich anbetrachts neuer Herausforderungen und wachsender Konkurrenz neue Kleider
zugelegt. Die skurrilste unter den Hamburger Großausstellungen geht in ihre 64. Saison. Sie ist kurz vor
der Rente. Zeit für eine Liebeserklärung.
Zehn Millionen Menschen können nicht irren: So
viele Besucher zählte die Leistungsschau des produzierenden Gewerbes, die immer auch ein Schaulaufen
pathologisch gutgelaunter Verkaufsprofis war, seit
ihrem Bestehen. Wer einmal da war, das ist die Erkenntnis von Marktforschern, kommt entweder nie
mehr oder immer wieder. Das kann ebenso viele
Gründe haben, wie es Produkte gibt in den Erlebniswelten, wie die Ausstellungsräume heute euphorisch
genannt werden. Denn das Spezielle an der Verbrauchermesse „Du und Deine Welt“ ist ja gerade, dass
sie für jeden etwas bietet. Vom Brühwürfel bis zum
Kampfhubschrauber (zum Angucken), von der Flüssigtapete bis zum Massage-Delfin, vom reflektierenden Arm bis zum Shiva-Auge.
Dem subversiven Geist des Hamburger Messe-Visionärs Albert Lubisch ist es zu verdanken, dass Hamburg seit Jahrzehnten über Deutschlands erfolgreichste Verbraucherausstellung verfügt. 1949 startete Lubisch eine Lebensmittelausstellung mit angegliederter „Schau für die Frau“. Die Währungsreform
war ein Jahr alt, die Ernst-Merck-Halle am Rande von
„Planten un Blomen“ neu erbaut. Staunend drängten
Messen
sich die Besucher um Dillhappen und schneeweiße
Brötchen. Lubisch erkannte das Potenzial seiner
Doppelschau. 1955 trennte er Lebensmittelmesse
und „Schau für die Frau“ und ließ die Veranstaltungen separat voneinander über die Bühne gehen. Der
Messe-Pionier gründete die Lebensmittel- und Feinkost-Ausstellung („Lefa“) und nannte die Frauenschau fortan „Du und Deine Welt“. Eine damals ungewohnt direkte Ansprache. Mit Rückendeckung allerdings: Lubisch holte sich die „Arbeitsgemeinschaft
Hamburger Frauenorganisationen“ ins Boot. Eine
Tradition, die bis heute anhält: Der Hamburger Frauenrat ist weiterhin ideeller Träger und praktischer
Partner der Messe. Sie war (im Hintergrund) immer
schon auch eine Schau von Frauen für Frauen.
D
ie Pröbchenparade „Lefa“ begann schon bald
darauf zu schwächeln. Kalorienbewusstsein
und Wohlstand ließen das Interesse der Hamburger und ihrer Speckgürtelnachbarn schwinden.
Käseigel waren nicht mehr imstande, irgendjemanden vom Frühstücksbrettchen wegzulocken. 1974 war
Schluss mit der Fressmesse „Lefa“. Die Blütezeit des
kurz DDW genannten Produktboulevards begann.
„Du und Deine Welt“ sollte ab jetzt jährlich stattfinden. Es war eine Zeit, in der man noch einholen,
bestenfalls einkaufen ging, shoppen jedenfalls nicht.
Man bezauberte die geneigte Besucherschaft mit
Praktischem für die Einbauküchenschublade, revolutionären Möbel-Ideen – wie Sofas, die man zum
Schlafen ausklappen konnte und „Wela“-Brühe, von
der es damals hieß, es gäbe sie wirklich immer nur
exklusiv und ausschließlich auf der Messe.
Deren Bedeutung als Standortfaktor man im Rathaus übrigens noch sträflich unterbewertete. Lubisch
konterte die Senatoren auf eigene Art und Weise aus:
Jahr für Jahr ließ er die Messen quasi heimlich ein
bisschen wachsen. Er konzipierte sie immer etwas
größer, als es damals gegenwärtige Kapazitäten erlaubten. So gelang es dem gebürtigen Berliner, der
Stadt eine Messehalle nach der anderen aus dem
Besuchern kommen mit dem festen Vorsatz, ein Produkt zu kaufen. Um Interessierte von der nahenden
Ankunft der Verkaufsmessiasse in Kenntnis zu setzen, lässt die Messe GmbH im Vorfeld der neun tollen
Tage 480 000 Prospekte und 140 000 Couponhefte
verteilen. Besorgte Mienen ruft die niedrige Zahl der
Erstbesucher hervor: Nur 18 Prozent der zahlenden
Gäste aus dem vergangenen Jahr waren erstmals
anwesend. Satte 82 Prozent sagten: „Du und Deine
Welt“ – das ist meine Welt. Da bin ich dabei, das ist
immer wieder prima, irgendwie.
Sie wissen ja auch, was sie erwartet: Ein begehbarer Grabbeltisch, und als solches eine unglaublich
ehrliche Veranstaltung. Die Verkäufer wollen verkaufen. 86 Prozent der Aussteller sagen, sie kämen,
um neue Kunden zu gewinnen. Egal, ob sie dem wabernden Kundenstrom nun die Vorzüge aufblasbarer
Saunen, die Einzigartigkeit ihrer Badetörtchen mit
feiner Kakaobutter oder eine Passformberatung für
Frauen mit immens üppigen BH-Größen anzudienen
gedenken. Auf Letzteres hat sich übrigens, dies nur
am Rande, die Betreiberin der Boutique „Romantika“
in St. Peter Ording spezialisiert.
Kreuz zu leiern. Und „Du und Deine Welt“ war
sein Aushängeschild. Die ehemalige Vorsitzende
des Frauenrates Hamburg, die Juristin Jutta Krüger,
begründete den Boom der Messe im Abendblatt einmal so: „Nach den Kriegs- und ebenso schweren
Nachkriegsjahren war Ruhe in das Land eingekehrt.
Salopp ausgedrückt, man denkt an Trockenhauben,
Dosenöffner, Waschmaschinen. Behaglichkeit ist
angesagt, und Frau möchte wieder Frau sein. Es ist
eine fast rührende Sucht nach einem schöneren
Leben.“ Die Geschichte dieser Messe – es ist auch
as gibt es noch auf der DDW 2009, die am 14.
eine deutsche Sittengeschichte.
November beginnt und bis zum 22. NovemZur moralischen Ertüchtigung der Besucherber täglich geöffnet ist? Ein Scherenschnittströme hatte der Landesfrauenrat immer neue Leitdorf, einen Märchenwald mit Wichteln und einer
themen ausgegeben. Beispiele: Gastarbeiter (Motto:
sprechenden Eiche, wie immer natürlich „kulinariNachbarn sind wir alle), Partner Frau, Wasser als Lesche Köstlichkeiten“ in rauhen Mengen, Sägemesser,
bensspender, die Rentenreform, Gewalt gegen Fraumit denen sich bei Bedarf auch härteste Knochen spieen, Frauenhaus, Ganztagesschulen, Tagesmütter –
lend leicht in ein Dominospiel verwandeln ließen …
Themen jedenfalls, die heute noch Gemüter bewegen.
Aber auch: Medizintipps renommierter Ärzte aus
Ob die Botschaft aber immer angekommen ist? Man
Hamburger Krankenhäusern, Spiele, Bücher und Todarf es zumindest leise bezweiben für Kinder, Energie- und Umfeln. „Ach, es war doch so: Man ist
weltberatung, eine riesige Sciencemit leeren Händen auf die Messe
Fiction-Welt, eine fulminante Ausgegangen und mit vollen Tüten
wahl unterhaltungselektronischer
wieder nach Hause gekommen“,
Neuheiten und viel Weihnachtlisagt Merleen Müller, 65, Hausfrau
ches. Es ist schon und schön so, wie
aus Heimfeld und DDW-Stammes ist: Die Messe „Du und Deine
gast seit 1976. Während sie ProWelt“ hat in ihrem Leben mehr
ben und Pröbchen hamsterte, hatgezeigt, als all ihre Konkurrentinten ihre zwei Söhne, als sie noch
nen zusammen. Ein bisschen verfreiwillig mitkamen, es auf Aufbraucht wirkt sie vielleicht. Ob wir,
kleber und Streichholzschachteln
die Verbraucher, immer sehen
„Wir müssen uns sehr
aller Art abgesehen. Jagdinstinkt
wollen, was sie präsentiert, bleibt
und Sammelleidenschaft – eine an
genau überlegen, ob wir zum Glück uns selbst überlassen.
sich ideale Kombination für amDoch, und hier ist es wieder wie
weiter in diese Messe
bitionierte „Du und Deine Welt“bei den eingangs erwähnten älteinvestieren.“
Besucher. Die mit Devotionalien
ren Damen: Betroffenheit wird
aus der Nationenhalle prall gefüllherrschen, wenn die Seniorin in
Bernd Aufderheide, 50, Geschäftste Jutetasche ist jedenfalls auch
hoffentlich nicht allzu naher Zuführer der Hamburg Messe GmbH
heute noch die Trophäe des gekunft einmal das Zeitliche segnet.
meinen Messegastes.
„Wir müssen uns sehr genau überDessen wahre Identität hat die „Hamburg Messe
legen, ob wir weiter in diese Messe investieren“, hat
GmbH“ inzwischen penibel untersucht. Der DurchBernd Aufderheide, Geschäftsführer der erfolgreischnitts-Besucher hält sich 4,6 Stunden in den heilichen Hamburg Messe GmbH anlässlich der Jahresbigen Hallen zwischen Messerset-Impresarios und
lanz-Pressekonferenz über die DDW gesagt. VerMagnetmatratzen-Hökern auf, ist 43 Jahre alt, noch
kaufsfernsehen und Internet drohen, der sanft moimmer meist weiblich, verfügt über ein Haushaltsdernisierten Mutter aller Verkaufsveranstaltungen
Nettoeinkommen von mehr als 2000 Euro und zahlt
das Wasser abzugraben. Dabei ist die Neuzeit längst
sein Eintrittsgeld in erster Linie, um „Anregungen zu
auf „Du und Deine Welt“ angekommen: Die Tageskarbekommen“ und „etwas zu erleben“. Sieben von zehn
ten heißen jetzt „Comeback-Card“.
W
FOTO: MICHAEL ZAPF / HMC
Vergangenheit und Zukunft liegen bei
„Du und Deine Welt“ dicht zusammen.
JAN-ERIC LINDNER macht der großen
alten Dame unter den VerbraucherAusstellungen eine Liebeserklärung.
DATEN & FAKTEN
600 Aussteller präsentieren in den
Themenwelten „Wohnen“, „Leben“
und „Entdecken“ Waren, Ideen,
Hilfreiches und Nützliches. 2009
wurde der Technik- und der Erlebnisbereich noch einmal deutlich
erweitert. Die Ausstellung findet
in den neu gestalteten Messehallen
B1 bis B7 zwischen Karolinenstraße, St. Petersburger Straße,
Bei den Kirchhöfen und Holstenglacis statt. Vor der Tür hält die U 2
(Station Messehallen), Fern- und
S-Bahnen halten am Dammtor. Von
dort ist es ein kurzer Fußweg zu den
Messeeingängen. Für Autofahrer
steht das Messe-Parkhaus an der
Karolinenstraße offen.
» 14. bis 22. November, geöffnet
ist DDW täglich von 10 bis 18 Uhr,
donnerstags bis 19 Uhr, Tickets
8,50 Euro, Kinder (ab 6) 5 Euro.
Infos: www.duunddeinewelt.de
AUSGEWÄHLTE TERMINE
In Halle B5 informieren Ärzte und
Experten im „Forum Gesundheit“:
» 14. November, 15 Uhr: Prof. Dr.
Rüdiger Döhler und Martin Giemsa,
Unfallkrankenhaus Hamburg (Boberg): „Rückenbelastung – wie kann
ich Abhilfe schaffen?“
» 15. November, 12 Uhr: Prof. Dr.
Bernd Löwe, Schön Klinik Eilbek:
„Psychosomatik – Signale von
Körper und Seele verstehen“.
» 17. November, 15 Uhr: HNOKlinik des Marienkrankenhauses:
„Schwerhörigkeit – Immer eine
Frage des Alters?“
» 18. November, 14 Uhr: Anja
Westerling, Behörde für Soziales,
Familie, Gesundheit und Verbraucherschutz: „Alles nur ein Märchen?
Schützen Impfungen wirklich?“
» 20. November, 15 Uhr: Dr.
Jürgen Wernecke, Diakonie-Klinikum Bethanien: „Älter werden und
gesund bleiben: Diabetes im Alter,
welcher Blutzucker ist gut genug?“
» Unterhaltendes gibt es nebenan
in Halle B4. Dort ist das Scherenschnittdorf. Hier gibt es meist zur
vollen Stunde Boogie Woogie und
Blues mit „Sax-O-Boogie“. Am
21. und 22. November treten die
„Swinging Santa Clauses“ auf –
immer zur vollen Stunde.
VIII
› STIL & LEBEN
Sonnabend / Sonntag, 14. / 15. November 2009
HANDGEMACHT
FOTOS: ISTOCKPHOTO, PRIVAT
Verliebt in
die Heimat
Ein kleines Kaufhaus, ein kluges Konzept und
kreative Kollektionen. „The Art of Hamburg“
bietet Souvenirs mit individuellem Design.
L
MARCO FRANCESCO BARILLÀ, 22,
aus Bergstedt studiert in Palma de
Mallorca seit diesem Wintersemester
angewandte Medienwirtschaft an
der Ascenso Medienakademie.
21 Grad im Schatten, Palmen,
Springbrunnen, eine leichte Brise
und Mallorcas strahlende Sonne.
Schöner kann mein neuer Lebensabschnitt „Studium“ kaum
beginnen. Die Assistenz der Akademieleitung empfängt mich
schon am Flughafen und heißt
mich herzlich willkommen. Alles
klar, hier fühl ich mich wohl.
TEXT: ANNE DEWITZ • FOTOS: THOMAS LEIDIG
iebe Hausfrauen und liebe Hausmänner, mittlerweile kenne ich Eure Fragen! 1. Nein, es ist kein Öl, sondern Stofffarbe. 2. Nein! Die Flecken bekommt ihr
auch mit ,Weißer Riese‘ nicht mehr raus! 3. Ja! Ich habe jedes
Shirt einzeln mit meinen Händen eingesaut.“ Dieser Text
prangt auf einer weißen Tüte im Schaufenster von „The Art
of Hamburg“ in der Ditmar-Koel-Straße, unten an den Landungsbrücken. Daneben steht ein kleiner Monitor. Auf dem
ist gerade zu sehen, wie mit schwarzer Farbe beschmierte
Hände die Schulterpartien eines weißen T-Shirts wringen.
„Maschinist“ steht auf dem Shirt. Die Hände gehören Frank
Bürmann. Der Künstler hat die Kollektion eigentlich für die
Maschinisten des Dampfschiffs St. Georg entwickelt. Nun
kann sie jeder kaufen. Sogar Babystrampler für „geborene“
Maschinisten gibt es. Und jedes Teil ist ein Unikat, da von
Künstlerhand „eingesaut“, wie Bürmann seine grobe Technik gern nennt. Dann nimmt der 45-Jährige einen großen
Schraubenschlüssel, streicht mit einer Malerrolle schwarze
Stofffarbe drüber und stempelt mit dem Werkzeug das
T-Shirt. „Ich besitze die weltgrößte Schraubenschlüsselsammlung“, sagt er. Was nun zuerst da war, die Idee oder
die Sammlung, verrät er nicht.
Sogar „Robbie Williams hat ein ,Maschinisten‘-Shirt“.
Der Popstar sei aber nicht selbst in seinen Shop gekommen.
Seine Crew hatte gekauft. Hugo Egon Balder und Helge
Schneider waren dagegen höchstpersönlich vor Ort. Und
auch manch Bundestagsabgeordneter soll hier schon Gastgeschenke käuflich erworben haben.
Alles in dem Laden ist weiß getüncht, die Einrichtung von
Bürmann selbst gezimmert, aus Elbtreibholz oder alten
Stühlen und Schränken. In den Auslagen liegen Kissen, Gemälde, Taschen, T-Shirts, Jacken, Strampler und vieles
mehr ... alles bedruckt und bemalt mit Schiffen, Fischen,
Ankern,Tiefgangskala,Hammerburg–Hauptsachemaritim.
„Jedes Teil ein handgefertigtes Unikat“, betont Bürmann.
Immer wieder entstehen neue Kollektionen. Die jüngste
heißt „100 Prozent Seemannsgarn“. Mit seinen selbst ge-
Überdimensional: Mit dem „Holzstempel“
werden textile Einzelstücke gefertigt (o.).
Kleines Kaufhaus mit selbst gezimmerten
Möbeln aus Elbtreibholz. Alles ist weiß
getüncht, und die Ware limitiert (l.).
Nun erst mal hinsetzen und entspannen, mein Koffer ist ja sowieso wieder der letzte. Falsch! Er
ist der erste! Ein gutes Zeichen,
ebenso wie die erste Kommilitonin, die ich schon auf dem
Hinflug getroffen habe.
Voller Leidenschaft:
Unternehmer und Künstler
Frank Bürmann, 45.
schnitzten überdimensionalen Holzstempeln und dem von
ihm erfundenen „Unikateur“ produziert er sein einzigartiges Design. Denn diese gigantische Holzdruckmaschine arbeitet so, dass kein Teil dem anderen gleicht.
Design, Herstellung, Marketing und Vertrieb der Sachen
kommen aus einer Hand. Genau genommen aus vier Händen. Denn Bürmann betreibt „The art of Hamburg“ gemeinsam mit Designerin Jutta von Perfall, 46. Wie es zur gemeinsamen Arbeit kam? „Jutta hat mich gezwungen“, sagt Bürmann lachend. Eigentlich hatten beide Lust auf was Neues.
Jahrelang hatte Jutta von Perfall als Artdirektorin in verschiedenen Werbeagenturen gearbeitet, bevor sie vor drei
Jahren mit Frank Bürmann „das klitzekleine Kaufhaus der
Künstler“ eröffnete.
Das Logo für ihr kleines Unternehmen entstand schon
2003, als Bürmann für die Stiftung „Lebendiger Jungfernstieg“ drei Poster entwarf. Auf einem tauchte das „Hamburg-Schiffchen“ zum ersten Mal auf. Drei Jahre später
wurde es zum Markenzeichen für das neu gegründete Un-
ternehmen. Es zierte die erste Kollektion und steht als Logo
für „The Art of Hamburg“. Oft entstehen die Motive für die
Kollektionen zunächst in Bürmanns Malereien. Später
überträgt er sie von der Leinwand auf die Produkte.
Auch Jutta von Perfall lebt ihre Kreativität aus, schnappt
sich ihre Kamera, um „Hafenaugenblicke“ einzufangen.
Meistens treibt es sie auf verlassene Industriebrachen hinaus. Manchmal ist sie dann so im Detail, zum Beispiel einer
rostigen Schraube, versunken, „dann merke ich erst bei der
Auswahl der Bilder, wo ich eigentlich war ...“.
Zu jeder Kollektion kann Bürmann eine Geschichte erzählen. „Compliment Fishing Company“ sei durch einen
Sturz in ein Goldfischglas inspiriert, heißt es auf der Internetseite. Angeblich habe Bürmann eine Reihe von drei, fünf
und neun Meter langen Hechten und Sprotten aus der Elbe
gefischt. Die ausgestopften Prachtstücke stellte er in einer
Hamburger Galerie zur Schau. Bei näherem Hinsehen und
genauem Abwägen, was nun Seemannsgarn ist, zeigt sich,
die Fische waren von je her aus Stoff.
Kontakt
» The Art of Hamburg,
Ditmar-Koel-Straße 19
(U-Bahn Landungsbrücken),
20459 Hamburg; Öffnungszeiten:
Mo–Sa 12–20 Uhr; Internetshop:
www.the-art-of-hamburg.de
MEIN STYLE-TRIO
„Die Straße“ von Cormac
McCarthy, 8,95 Euro, gesehen bei Heymann, Eppendorfer Baum 27, Tel. 48 09 30.
FOTO: RTL
Fehlt noch etwas nachhaltiger Tiefgang. Was darf in keinem
Bücherregal fehlen?
„Die Straße“ von Cormac McCarthy ist mit
Abstand das finsterste
und beeindruckendste
Buch, das ich seit langem gelesen habe. Ein
apokalyptischer Roman,
der so erschütternd
ist, dass sich bestimmt
mancher fragt: Muss
ich das lesen? Ich finde:
ja. Und es kann auch
mehrmals gelesen werden. Cormac McCarthy
ist ein teuflisch guter
Literatur-Gott.
CD-Soundtrack „Inglorious
Basterds“ (Warner), gesehen
bei Saturn, Mönckebergstr. 1,
16,99 Euro.
Die Wochenvorschau
MONTAG
DISKUSSION: Die Wirtschaftskrise verstärkt die Risse im Mauerwerk der Gesellschaft, zwischen
reich und arm – alt und jung. Zum
Thema „Gespaltene Gesellschaft –
können Wirtschaft, Politik und Religion den Zusammenhalt erneuern?“
diskutieren Christa Goetsch, Maria
Jepsen, Prof. Heinz Bude u. a. in der
Hauptkirche St. Petri, Mönckebergstraße, 19.30 Uhr, Eintritt frei.
DIENSTAG
TV: Wer Fledermäuse für Blutsauger hält, hat keine Ahnung!
Auf Insekten-Suche flattern sie
durch das nächtliche Hamburg.
Doch es wird immer schwieriger
für sie, hier zu überleben. Der neunjährige Jannek Petersen und sein
Vater Haiko, ein Fledermausexperte,
zeigen, wie man die „Fliegenden
Mäuse von Hamburg“ schützen und
ihnen das Großstadtleben erleichtern kann. N3, 18.15 bis 18.45 Uhr.
er Weihnachtsmann ist auch nur
ein Kerl. Und was soll man sagen?
Er steht auf Barbie. Er ist in dem
Alter. Und sie eben auch. Gemeinsam
gehen sie durch dick (er) und dünn
(sie), ganz im Sinne der ultimativen
Paarung ihrer Charaktereigenschaften:
Dicker Schlitten trifft auf Wespentaille.
Wer bislang geglaubt hatte, das seit
Jahren auffällige Dezember-Date der
beiden sei reiner Zufall, wird jetzt im
Altonaer Museum eines Besseren belehrt. Da prangt der neue Ausstellungstitel wie eine Boulevardschlagzeile:
„Barbie und der Weihnachtsmann“.
Was für ein Timing: Kaum ist Ken Außenminister, kuschelt Barbie mit Sugar-Daddy.
Der, das darf man nicht vergessen,
immerhin als Vorbild gilt. Und siehste:
Sofort zeigen sich auch die Generationsgenossen Iggy Pop und Ronnie
Wood wieder öffentlich mit ihren Anzieh-Püppchen (die letztlich ja immer,
das liegt in der Natur der Sache, auch
Auszieh-Püppchen sind). In London
war das, bei der Auszeichnung der beiden Altrocker zur „Lebenden Legende“,
ein Aggregatzustand, den der Weihnachtsmann ja praktisch erfunden hat.
Aber auch Legenden haben Krisen.
Nicht nur, dass sie 108 Berufs-Outfits
im Schrank hat und er sich bloß einmal
im Jahr zur Arbeit bequemt – hat nicht
erst kürzlich eine große Boulevardzeitung enthüllt, dass Santa Claus, dessen
Identität ja eng mit seiner weißen Wallemähne verknüpft ist, jahrelang Toupet trug? Natürlich hätte er ohne arbeiten können, hieß es da. „Aber was würden die Journalisten schreiben und sagen,wennsieplötzlichherausbekämen,
dass ich die ganze Zeit ein Haarteil trage?“ Ja, was. Der Weihnachtsmann ist
nicht ganz echt, womöglich. Und: Gott
sei Dank spielt er keine Grand-SlamTurniere.
Womitdannaberklarseindürfte,was
die beiden verbindet, Barbie und den
Weihnachtsmann. Eitelkeit natürlich
und die Sucht nach Aufmerksamkeit
und äußerlicher Perfektion. Mal ehrlich: Wer seinen eigenen roten Teppich
dauernd um die Schultern mitschleppt,
der sucht doch nach Papparazzi.
MADE IN HAMBURG
Kolumne
» An dieser Stelle schreiben
im wöchentlichen Wechsel
Abendblatt-Autor Hellmuth
Karasek und AbendblattRedakteurin Maike Schiller.
LESUNG, GESPRÄCH, DINNER:
Maischberger bei Menschen –
im Gespräch mit Michael Jürgs
und bei bayerischen Spezialitäten
erzählt die gebürtige Münchnerin
Sandra Maischberger an diesem
Benefizabend ab 19 Uhr, was ihr im
Leben wichtig ist. 100 Euro (Spende für Literaturhaus e.V. inklusive).
Schwanenwik 38, Tel. 22 70 20 14.
DONNERSTAG
KINO: Grenzenlose Liebe, dunkle
Geheimnisse! „Liebe Mauer“
blickt romantisch ins Jahr 1989.
Studentin Franzi aus Westberlin
verliebt sich in einen NVA-Soldaten,
während CIA und Stasi Herzblatt
spielen. Bedrohlich-düster dagegen
das Krimi-Drama „Tannöd“. In der
finsteren Geschichte um den nie
aufgeklärten Mord an einer Familie
ist Monica Bleibtreu in ihrer letzten
Kinorolle zu sehen.
FREITAG
KONZERT: Mit 75 Jahren geht
das Leben weiter! Der große
Chansonnier und Entertainer Udo
Jürgens lässt in seinen Songs nichts
aus. Bei seiner „Einfach ich“-Tour
ist alles dabei, vom BroadwayMedley mit „Ich war noch niemals
in New York“ bis zu „Ein ehrenwertes Haus“. Danach etwas „Griechischer Wein“ – aber bitte mit
Sahne! Color Line Arena, 20 Uhr.
Bereits 350 v. Chr. gab
es in Ägypten Honigbrot, Vorläufer des
„Pfefferkuchens“, der
1296 erstmals erwähnt
wurde. Auf dem Winterdom kann man bis
6. Dezember Hamburgdekorierte LebkuchenNachfahren in
Herzform erwerben.
Herz aus
Lebkuchen,
Knusperhäuschen,
Dom, 4 Euro.
16.–22. NOVEMBER
MITTWOCH
Auf den ersten Blick ist die Akademie ebenfalls schön: Moderne
Räume und nettes Ambiente sorgen für Wohlfühlstimmung. Drei
Wochen intensiver Spanischkursus beginnen. Eine Spanierin erklärt uns Land und Leute. Dann
hält Jan Hofer, Chefsprecher der
„Tagesschau“, einen Vortrag über
seinen beruflichen Werdegang.
Bei neun Mitbewohnern ist immer etwas los – und ruhige Momente sind selten. Doch manchmal vermisse ich schon den Blick
von der Lombardsbrücke auf die
Binnenalster bei Nacht, meine
Familie, Freunde, die Kollegen
aus der Gerhardstraße, wo ich als
DJ im Hexenhaus aktiv bin. Aber
zum Glück fliegt man ja alle paar
Monate zurück in den Norden.
ILLUSTRATION: JOSEPHINE WARFELMANN
Es gibt vergängliche Trends und unvergängliche Klasse.
Was fällt Ihnen spontan dazu ein?
Zwei Stunden, nachdem ich den letzten Film von Quentin
Tarantino „Inglorious Basterds“ gesehen hatte, war ich im
iTunes-Store und habe mir das Beste an dem Streifen für
99 Cent runtergeladen. Die Rede ist vom Soundtrack – genauer gesagt von dem Titel: „Putting Out Fire“ von David
Bowie. Ein sensationeller Song – heute wie damals.
D
FOTOS: PR
Seit 1988 moderieren Sie vor der Kamera. Gibt es ein Kosmetik-Geheimnis, das Sie mit anderen Frauen teilen wollen?
Manchmal sind es winzige Dinge, die große Wirkung
auf Frauen haben. Bei mir waren es vier 10-ml-Flaschen,
gefüllt mit einem Serum der Gesichtspflegeserie „Cell
Culture Face Care“ von Professor Steinkraus.
Durch dick
und dünn
Tröpfchen für Tröpfchen
High-Tech-Qualität. SBT,
Skin Biology Center, Drehbahn 1–3, 20354 Hamburg,
Tel. 350 90 33, um 159 Euro.
Die ersten Tage verbringe ich übergangsweise in
einem Hotel, dann fahre
ich per Taxi in Richtung
meiner Neuner-WG. Meine Mitbewohner, allesamt
Kommilitonen, öffnen mit erwartungsvollen Blicken: Zwei Jungs
und sechs hübsche Mädels. Schon
wieder so ein gutes Zeichen … Ich
bestaune mein Zimmer, 18 Quadratmeter mit Balkon. Super! Die
nächsten Tage richten wir uns
heimisch ein. Ikea ist das Stichwort. Auch hier auf Mallorca.
Je nach Wetter jogge ich über die
Strandpromenade oder trainiere
im Fitnessstudio. Nach Vorlesungsschluss gehe ich mit den
neuen spanischen Freunden
Cocktails trinken, am Wochenende wird an der „Avenida de Gabriel Roca“ (vergleichbar mit der
Reeperbahn) in Clubs wie Abraxas, Titos und El Divino gefeiert.
SCHILLERS
STADTGEFLÜSTER
Trends mit Tiefgang
Journalistin Maria Gresz („Spiegel TV“)
über winzige Ampullen mit großer Wirkung,
David Bowie und beeindruckende Literatur.
Mallorca
SONNABEND
SONNTAG
KINDER: Wie haben Menschen
früher gelebt? Das Freilichtmuseum am Kiekeberg ist ein Ausflug in
die Vergangenheit. Beim „Wochenenderlebnis“ können Kinder (4 bis
12) ihren eigenen Adventskalender
basteln. www.kiekebergmuseum.de
MATINEE: Presse und Freiheit.
Gastgeber Michael Naumann und
Josef Joffe („Zeit“) im Gespräch
mit Mathias Döpfner, Vorstandsvorsitzender Axel Springer AG, über die
„vierte Gewalt“, um 11 Uhr in den
Kammerspielen, Hartungstr. 9–11.
THEATER: American Dreams!?
Das Thalia-Theater sucht am Wochenende „amerikanischeTräume“.
Ab 15 Uhr. www.thalia-theater.de
FUSSBALL: HSV gegen VfL Bochum. Das ist wie Lindenberg gegen Grönemeyer; ein gefühltes 3:0.
HSH Nordbank Arena, 17.30 Uhr.

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