Erfahrungsbericht Famulatur Lesotho Motebang District Hospital 2015

Transcrição

Erfahrungsbericht Famulatur Lesotho Motebang District Hospital 2015
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
Erfahrungsbericht Auslandspraktikum & Abschluss-/Studienarbeit
Persönliche Angaben
Name, Vorname:
Schoemann, Micha
Studiengang an der FAU:
Medizin
E-Mail:
Gasteinrichtung:
[email protected]
Motebang District Hospital (Lesotho Boston Health Alliance)
Gastland:
Lesotho
Art des Aufenthaltes (z.B.
Famulatur/freiwilliges Praktikum
Praktikum)
Aufenthaltszeitraum
SS 2015
(WS, SS oder Jahr):
1. Vorbereitung (Planung, Organisation und Bewerbung)
Die Planung des Aufenthalts begann bereits im Frühjahr 2014, als ich durch
einen Professor aus Bloemfontein über die LeBoHA (Lesotho-Boston-HealthAlliance) erfahren hatte. Ich stellte Kontakt zu dem Büro im Distikt Leribe her,
das von einem deutschen Arzt, Dr. Rudolf Schumacher geleitet wurde. In den
vergangenen Jahren kamen bereits einige Studenten und „Residents“ der
Boston University für ein Volontariat nach Lesotho. Dadurch gab es
entsprechende Strukturen für Unterbringung und Unterricht vor Ort. Aufgrund
politischer Unruhen durch die Wahlen im Frühjahr verzögerte sich meine
Ausreise um ein weiteres halbes Jahr. Ich erhielt aus Boston einen Leitfaden
für die Arbeit in Lesotho. Neben der persönlichen Reisevorbereitung
(Impfungen, persönliche Medikamente und Unterkunft) versuchte ich auch,
wie empfohlen praktische medizinische Erfahrung zu sammeln. Neben
Untersuchungs- und Naht- und Ultraschallkursen nahm ich an Praktika und
Weiterbildungskursen in der Geburtshilfe teil und besuchte die
„Sommerakademie Tropenmedizin und Global Health“ in Würzburg.
Die Bewerbung selbst geschah per Mail. Neben Lebenslauf und
Motivationsschreiben war ein Zeugnis des ersten Abschnittes der ärztlichen
Prüfung nötig.
2. Anreise (Flug, Bahn), Visum, Anmeldeformalitäten vor Ort
Für die Anreise in die Hauptstadt Maseru musste selbst Sorge getragen
werden. Es existiert eine Flugverbindung von Johannesburg, es gibt aber auch
die Möglichkeit sich selbst ein Auto für die Strecke zu mieten. Am Flughafen
Maseru wurde ich von einem Fahrer der LeBoHA abgeholt und nach der
Anmeldung in der „Maseru Office“ zu meiner Unterkunft nach Leribe gebracht.
Am nächsten Morgen wurde ich im Motebang Hospital vorgestellt und nach
einem kurzen Rundgang im Krankenhaus begann man, mich in die
Arbeitsabläufe einzuführen.
Bei Aufenthalten über einem Monat muss ein Visum beantragt werden, für das
eine schriftliche Tätigkeitsbeschreibung und deren Bestätigung durch das
Krankenhaus vorliegen muss.
1
3. Unterkunft (Wohnheim, privat)
Die Unterkunft wurde mir für eine Gebühr von 150 Rand pro Nacht vom
Krankenhaus zur Verfügung gestellt. Es handelte sich um Gästehaus, das für
mehrere Zwecke verwendet wurde. Es gab fließendes Wasser, Elektrizität und
eine Küche. Allerdings waren die zur Verfügung gestellten Kochmöglichkeiten
sehr eingeschränkt und das Wasser musst mit Wasserkochern erwärmt
werden. Im Haus gab Tag und Nacht einen Wachmann, der für die Sicherheit
verantwortlich war. Abgesehen davon wohnte ich während dieser Zeit alleine.
4. Praktikum/ Abschlussarbeit (Beschreibung der Tätigkeit)
Die Tätigkeit im Krankenhaus ist kaum mit einem Praktikum an einem
deutschen Krankenhaus zu vergleichen und bezog sich praktisch auf alle
ärztlichen Tätigkeiten. Spezialisierung gab es nicht und so arbeitete ich, wie
alle anderen Ärzte in täglichem Wechsel auf verschiedenen Stationen. Die
ersten zwei Wochen war ich mit den dort tätigen Ärzten unterwegs, sah zum
Teil zu, zum Teil übernahm ich aber auch selbst Tätigkeiten. Danach wurde
ich dazu aufgefordert auch alleine tätig zu werden und machte Visiten und
übernahm Tätigkeiten im „Outpatient Dapartment“ sowie in der Notaufnahme.
Durch den extremen Personalmangel wurde meine Tätigkeit nicht immer
kontrolliert und ich konnte auch nicht jeden Patienten noch einem mit einem
Arzt besprechen. Ich besuchte manchmal sogar die über das Land verstreuten
„Health Center“ und war bei der Behandlung weitestgehend auf mich alleine
gestellt.
5. Betreuung an der Gasteinrichtung
Trotz der vielen selbstständigen Arbeit und der großen Anzahl an Patienten
waren die meisten Ärzte immer für Fragen offen und zur Hilfe bereit. Der
ärztliche Leiter nahm sich an manchen Tagen sehr viel Zeit, um mit mir die
Visite zu machen und die Patienten zu besprechen. Allerdings war ich
manchmal auch in kritischen bzw. sogar lebensbedrohlichen Fällen auf mich
alleine gestellt. Dies war eine enorme Herausforderung und ich versuchte
nach dem Prinzip „first do no harm“ das nötigste in die Wege zu leiten.
Trotzdem war der Lerneffekt, nicht nur medizinisch, groß. Vor allem
Improvisation bei geringen Ressourcen und Umgang mit schwierigen
Situationen waren gefragt.
6. Ausstattung der Gasteinrichtung (eigener Arbeitsplatz, Kantine)
Sowohl für Arbeitskleidung und medizinische Instrumente als auch
Verpflegung musste selbst gesorgt werden. Es gab keine Kantine, die Ärzte
verließen in der Mittagszeit das Gelände um zu Hause zu essen. Für die
fachbezogene Kommunikation musste das eigene Handy benutzt werden und
auch für den Bedarf von Schreibmitteln und Händehygiene musste ich selbst
aufkommen. Händedesinfektionsmittel wird weder vom Krankenhaus zu
Verfügung gestellt noch ist es vor Ort erhältlich.
7. Alltag & Freizeit (Sehenswertes, Kulinarisches, Geld-Abheben, Handy,
Jobs)
Das Krankenahaus befand sich in Hlotse im Distrikt Leribe, also ca. 2 Stunden
Autofahrt von der Hauptstadt entfernt, wo es die nächsten kulturellen
Einrichtungen gab. Das bedeutet allerdings nicht, dass es nichts zu sehen
gab. Gerade auf den einsamen Straßen ins Gebirge gelangt man schnell zu
2
einzelnen wildromantischen Orten und kann sehr direkten und
unvoreingenommenen Kontakt mit der Kultur sowie den Menschen vor Ort
haben. Für Europäer ist es empfehlenswert sich nicht abseits der geteerten
Straßen zu bewegen, vor Autofahren oder gar Aufhalten auf der Straße bei
Dunkelheit ist aufgrund der Straßenverhältnissen und der Kriminalität
abzusehen.
Vor Ort gab es eine Filiale einer südafrikanischen Ladenkette, bei der man mit
Dingen des täglichen Gebrauchs versorgen konnte, dort befand sich auch ein
Geldautomat. Sim-Karten konnte man in Maseru erwerben, das Aufladen des
Prepaid-Guthabens ist praktisch überall möglich. Die mobile
Internetverbindung ist zwar nicht zuverlässig aber verhältnismäßig schnell,
WLAN gibt es nicht.
Im Ort gab es ein Hotel und mit einem Restaurant. Vor dem Besuch anderer
Geschäfte und Restaurants ist aufgrund der Kriminalität und den
Lebensmittelstandards abzuraten.
8. Finanzielles (Lebenshaltungskosten, Stipendien)
Es gibt keine Stipendienprogramme für Auslandsaufenthalte dieser Art. Neben
dem DAAD-Promos-Stipendium finanzierte ich den Aufenthalt aus
persönlichen Ersparnissen. Nebenjobs zum Bestreiten der Kosten gibt es
nicht. Die Arbeit im Krankenhaus ist unentgeltlich. Trotz der niedrigen
Lebenshaltungskosten sind Ausgaben für sicheren Transport und sichere
Wohnverhältnisse einzuplanen.
9. Interkulturelles (Was ist z.B. beim Umgang mit Kollegen im Gastland zu
beachten?)
Prinzipiell sollte man eine gewisse Offenheit für die Kultur mitbringen. Sobald
man bereit ist, sich auf Menschen einzulassen und sich nicht vor
Lebensumständen oder Verhalten abschrecken lässt, begegnet man einer
sehr offenen Bevölkerung. Man wird praktisch nicht eingeladen, es wird aber
durchaus ein (unangemeldeter) Besuch erwartet. Dabei sollte man ein kleines
Gastgeschenk nicht vergessen. Aufgrund der Armut der Bevölkerung wird
erwartet, dass man die Kosten für das Essen bzw. die Benzinkosten, wenn
man irgendwo mitfährt, selbst trägt. So bringt man seine Wertschätzung
gegenüber dem Gastgeber zum Ausdruck.
10. Fazit (beste und schlechteste Erfahrung)
Meine besten Erfahrungen waren die Visiten und Operationen mit dem
ärztlichen Leiter des Krankenhauses, der ein begnadeter Lehrer ist. Es war
mir immer möglich meine Diagnose und meinen Behandlungsplan
vorzubringen, was er im Nachhinein mit mir besprach und auf Fehler einging.
Auch die Behandlung durfte ich dann unter Anweisung selbst vornehmen. Das
ging so weit, dass mir im Laufe des Praktikums Schritt für Schritt beigebracht
wurde selbstständig Kaiserschnitte durchzuführen.
11. Wichtige Ansprechpartner und Links
 http://www.bu.edu/lesotho/
 Elizabeth Limakatso Nkabane – Nkholongo, Country Director
[email protected]
 Dr. Rudolf Schumacher, MD, PhD, Director, FMSTP
[email protected]
 http://health.ufs.ac.za/content.aspx?DCode=031
3

Hannes Steinberg
[email protected]
4