Die Elster ist (k)ein Nesträuber - (NABU) Landesverband Sachsen e
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Die Elster ist (k)ein Nesträuber - (NABU) Landesverband Sachsen e
Foto: marion/PIXELIO Die Elster ist (k)ein „Nesträuber“ von Karsten Peterlein Vögel als Nesträuber zu bezeichnen ist eigentlich unpassend. Eier oder Jungvögel gehören nicht nur bei Rabenvögeln zur natürlichen Nahrung. Wer einmal den hübschen, farbenfrohen Buntspecht dabei erwischt, wie er die Jungvögel des artverwandten Kleinspechtes direkt aus dessen Bruthöhle frisst, wird feststellen, dass es bei unserer Interpretation von Natur nicht immer harmonisch zugeht. Da wir unsere Schnitzel und Bouletten in der heutigen Zeit nicht selbst schießen müssen, ist uns auch entgangen, dass im Tierreich das Gebot Fressen und Gefressen werden gilt. Der eine stirbt, damit der andere leben kann: Dieses Prinzip bezeichnet man als Nahrungskreislauf. Besonders häufig wird von ausgeraubten Amselnestern berichtet. In solchen Fällen zeigt unsere emotionale Betroffenheit oft, wie verzerrt wir unsere Natur wahrnehmen. Natur ist plötzlich nicht mehr schön und schon gar nicht niedlich. Immer wieder hörte ich von Kleingärtnern unseres Gartenvereins „es gibt ja kaum noch Amseln“. Die Amsel ist durch die vom Menschen geprägte Landschaft stärker bedroht als von Rabenvögeln. Nur wenige wirklich geeignete Brutplätze finden wir in den meisten Leipziger Gärten. Zusätzlich Foto: NABU/Norman Schiwora wird mit reichlich Insektengift unseren Vögeln die Nahrungsgrundlage entzogen. Das will aber kaum jemand hören. Um einen Überblick zu den Elster und Amselbeständen in mittlerweile typischen städtischen Lebensräumen zu bekommen, zähle ich seit Frühjahr 2012 die Amsel und Rabenvogelbestände in zwei Gebieten von je 100 Hektar. Auf der untersuchten Fläche Nr. 1 in Leipzig-Schönefeld konnte ich in der Brutzeit Ende April mindestens 97 und maximal 115 singende männliche Amseln feststellen. Die Erfassung von Elstern und Rabenkrähen war schwieriger. Die beiden Arten brauchen recht lange, um einen geeigneten Neststandort zu finden. Foto: NABU/Steffen Zibolsky Rabenvögel haben einen schlechten Ruf Auf der Fläche Nr. 2 wurden nur die Amseln und Elstern erfasst. Dabei wurden 75 singende männliche Amseln und 7 Elsterpaare gezählt. Im Jahr 2013 kam es bei der Erfassung auf Fläche 2 zu den gleichen Zahlen wie 2012. Auf der Fläche Nr. 1 gab es 8 Elsterbrutpaare und die Amselzahlen blieben auch hier stabil. Bei Elstern kann man sich leicht verzählen; nicht jedes Paar, welches mit dem Nestbau beschäftigt ist, darf als Brutpaar gezählt werden. Einige Elstern haben an bis zu 3 Nestern innerhalb von 4 Wochen gebaut. So muss genau beobachtet werden, ob ein Paar Foto: simsala/PIXELIO sich einige Tage später vom ersten Nest entfernt und an einem zweiten weiterbaut. Mitunter verlassen auch Paare das Untersuchungsgebiet oder kommen hinzu, so dass die Gesamtzahl der Brutpaare innerhalb der Untersuchungszeit veränderlich ist. Erst ab der zweiten Aprilhälfte war an den meisten Standorten klar, für welches Nest sich die Elstern dann zur Brut entschieden haben. Im Beobachtungszeitraum haben die Elstern von 19 gebauten Elsternestern nur 9 für eine Brut genutzt. Insgesamt gab es zwischen Ende März und Ende Mai im Untersuchungsgebiet Nr. 1 5 Brutpaare Dohlen, 9 Brutpaare Elstern, 5 Brutpaare Rabenkrähen und 1 Brutpaar Eichelhäher. Die zur Brutzeit anwesenden 97 männlichen Amseln, die zum größten Teil 2 bis 4 Jahresbruten anstreben, sind von den 20 Rabenvogelbrutpaaren mit jeweils nur einer Jahresbrut nicht im Bestand gefährdet. Im Meinungsaustausch mit Vogelfreunden zu den Verlusten der Amselgelege gab es bisher niemanden, der es bedauert, dass Amseln in großen Mengen Regenwürmer verzehren. Könnten Regenwürmer mit nettem Gesang den Frühling einläuten, so würden wir sie möglicherweise vor dem Fressfeind Amsel schützen wollen. Meine fortlaufenden Beobachtungen aus mehreren Kleingartenanlagen zeigen, dass Mäuse, Ratten, Marder, Katzen und Waschbären im Gegensatz zur Elstern deutlich häufiger Amselnester plündern. Bei den Katzen wird immer wieder unterschätzt, dass hier in einigen Gebieten tatsächlich ein Schaden an der Vogelwelt entsteht. Da Katzen auch Altvögel fangen, ist die gesamte Jahresbrut gefährdet. Warum diese Tatsache für unser menschliches Verständnis für die Natur offenbar nicht so dramatisch ist, als wenn die Elstern oder andere Rabenvögel die Nester ausräumen oder Foto: Großmann/PIXELIO Jungvögel erbeuten, bleibt ein großes Rätsel. Naturschutzbund Deutschland NABU-Regionalverband Leipzig e.V. Telefon: 0341 6 88 44 77 Telefax: 0341 6 88 44 78 Corinthstraße 14 04157 Leipzig [email protected] www.NABU-Leipzig.de