Goldene Mitte

Transcrição

Goldene Mitte
TEST > TOURENBIKES
WHEELER FALCON 30
Goldene Mitte
Es ist nicht leicht, ein gutes
Tourenbike zu sein. Ein guter
Kletterer sollen s sein, aber
auf schwierigen Abfahrten
auch genügend Federweg für
Komfort und Sicherheit bieten.
Trifft das Wheeler Falcon 30 die
goldene Mitte?
IDEE UND TECHNIK
Wheeler zählt zu den Urgesteinen der Mountainbike-Welt. Wer erinnert sich nicht an die
Erfolge, die Mike Kluge auf Wheeler eingefahren hat? Und auch die jüngste Generation der
Wheeler Bikes konnte bereits internationale
Erfolge einfahren. So gewann Esther Süss den
UCI Weltmeistertitel im Marathon auf einem
Wheeler Falcon.
Das Testbike Falcon 30 ist eine etwas einfachere Version dieses Siegerbikes und kommt
mit einem Aluminium Rahmen. Der eigens
entwickelte 4-Gelenk-Hinterbau stellt ab
dieser Saison stattliche 120 mm Federweg
zur Verfügung. Damit wächst der Einsatzbereich der Falcon Serie, die vergangenes Jahr
noch als klassisches Marathon- und CrossCountry-Fully an den Start ging, in Richtung
gemäßigter All-Mountain-Einsätze.
42 | BIKE SPORT NEWS | 5_2011
Das von uns getestete Falcon 30 ist mit einer
Mitteklasse-Ausstattung von Shimano versehen. Die Rock Shox Recon besitzt, genauso
wie der Dämpfer eine Lockout-Option, um
dem Fahrwerk jede Wipptendenz (aber auch
den Komfort) auszutreiben, etwa für lange
Anstiege auf Forststraßen. Angesichts der
Ausstattung geht das Gesamtgewicht von
13,05 Kilo noch in Ordnung, und auch das
Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt.
Fotos: Jürgen Amann, Hersteller
»Mit 120 mm Federweg im klassischen Viergelenker
haben wir beim Falcon die goldene Mitte aus effektivem Vortrieb und schluckfreudiger Federung getroffen.
Dadurch eignet sich das Bike für ein sehr breitbandiges
Anwendungsspektrum, vom XC/Race, über Marathon
bis hin zum gemäßigten All-Mountain-Einsatz. Ein perfekter Allrounder.«
Eva Eifert, Marketing Wheeler
Der Hauptrahmen aus hochwertigen 6061
T6/T4 Rohren wirkt durch das nur schwach
abfallende Oberrohr ein wenig hochbeinig.
Auf den ersten Blick etwas konservativ
anmutend, entdeckt man schnell zahlreiche
schöne Details am Falcon. Da wären die schön
geschwungenen und zum Ausfallende hin gegabelten Sitzstreben (eine spezielle Konstruktion von Wheeler für maximale Steifigkeit in
diesem Bereich), die zum Teil innenverlegten
Schaltzüge oder die verschliffenen Schweißnähte. Im Bereich des horizontal unter dem
Oberrohr liegenden Dämpfers wurde der
Rahmen sehr aufwändig bearbeitet.
1_Steif: Die Sitzstreben gabeln sich nach
unten auf. Das sieht sehr elegant aus und ist
stabil. Oben sind die Postmount-Sockel mit
montierter Bremse gut zu erkennen.
+
2_Groß: Die Recon-Gabel hat 120 Millimeter
Federweg. Die Shimano-Bremse ist vorn wie
hinten mit einer 180-Millimeter-Bremsscheibe montiert und packt ordentlich zu.
S T Ä R KEN
• Gutes Handling und Agilität
• Angenehm geformter Lenker
• Guter Vortrieb durch straffes Fahrwerk
–
3_ Mehr Hub: Im Vergleich zum Vorjahr bietet
der Hinterbau 20 Millimeter mehr Federweg.
Das Federbein liegt unter dem Oberrohr.
Funktionell: der Schaltzug im Rohr.
SCHWÄCHEN
• Recht hohes Gewicht
TECHNIK-INFO
DER TRAIL-CHECK
Das Falcon 30 kennen alte Tester-Haudegen zur
Genüge – meinen sie. Aber mit dem kleinen Plus
an Federweg ist es doch ein etwas anderes Bike
geworden. Dennoch tendiert das Rad auch mit 120
Millimeter Travel weiter klar Richtung Cross-Country. Das Oberrohr ist 590 Millimeter lang, das ist gar
nicht so viel, dennoch sitzt man relativ sportlich. Der
Vorbau nämlich ist lang, und der angenehm geformte Lenker nur leicht gekröpft. Wenn es sehr steil
bergab geht, kommt so viel Gewicht aufs Vorderrad.
Im Gegenzug zeigt es im Steilanstieg wenig Drang,
sich aufzubäumen. So klettert das Falcon 30 trotz
seiner knapp über 13 Kilogramm recht fleißig.
Die Reifenkombi aus Rocket Ron und Racing Ralph
rollt gut. Wenn der Boden sehr rutschig wird kommt
das Hinterrad ein wenig ins Schlingern. Gabel wie
das unter dem Oberrohr liegende Federbein lassen
sich mit einem Handgriff blockieren, wobei der
Hebel des X-Fusion-Dämpfers etwas hakelig zu be-
dienen war (zumindest am Testrad). Zudem sprang
er ab und zu von selbst um. Mit blockierten Federelementen ist das Fahrwerk des Bikes wirklich
komplett stillgelegt, auf Asphalt und Waldautobahnen eine gerne angenommene Eigenschaft.
Auch mit offenem Fahrwerk ist das Falcon 30
aber sehr straff und wenig „smooth“, kann seine
Herkunft aus dem Cross-Country- und MarathonMilieu nicht verleugnen. Die Gabel ist zudem dem
Federbein in Sachen Ansprechverhalten überlegen.
Das ist etwas unharmonisch, aber man gewöhnt
sich daran. Im Trail macht das Wheeler Spaß, da es
trotzt seines hohen Schwerpunkts gut zu kontrollieren ist und da es mit seinem straffen Fahrwerk
schnell beschleunigt. Werden die Schläge zu
grob, kommt der Hinterbau an seine Grenzen. Das
gilt auch für schnelle Abfahrten. Auf technisch
anspruchsvollen Downhill-Trails lässt sich das Rad
trotzt leichter Frontlastigkeit sicher beherrschen.
FAZIT
Trotz des Plus‘ an Federweg bleiben die
Stärken des Falcon im Cross-Country- und
Marathonbereich. Es ist straff, sportlich
und klettert gut. Auch auf Trails gefällt
es, allerdings ist der Hinterbau bei großen
Schlägen beinahe schon zu straff.
Die breiten Reifen und der gute Lenker
ermöglichen viel Kontrolle. Ein stärker
abfallendes Oberrohr wäre in kniffeligen
Passagen willkommen, wenn man beim
Absteigen Metallkontakt befürchten muss.
So fühlt sich das Falcon 30 vor allem auf
Touren ohne ganz krasse Abfahrten wohl.
RAHMEN
Material: Aluminium 6061 SL
Größen (Test): 41/46/51 cm
FEDERUNG
Gabel: Rock Shox Recon TK,
Turn Key
Federweg: 120 mm
Dämpfer: X-Fusion O2 RL
Federweg: 120 mm
ANTRIEB & BREMSEN
Schaltung v/h: Shimano XT/XT
Schalthebel: Shimano SLX
Kurbel: Shimano FC-M552
Bremse: Shimano BR-M575,
180/180 mm
LAUFRÄDER
Naben: Shimano Deore
Felgen: Mavic XM 317
Reifen: Schwalbe 2.25,
v: Rocket Ron, h: Racing Ralph
PARTS
Lenker: Ritchey Comp Lowrise
Vorbau: Ritchey Comp
Stütze: Ritchey Comp
Sattel: Selle Italia SL XC Managnese
GEOMETRIE*
RS: 1083 mm OR: 590 mm
KS: 425 mm IH: 322 mm
LW/SW: 69.5°/73.5°
LW/SW: 70°/73°
GEWICHT & PREIS
Gewicht: 13,05 Kilo (o. Pedale)
Preis: 1999 Euro
VERTRIEBSINFO
Hostettler GmbH
Tel. 07631-180448
[email protected]
www.wheeler-bikes.de
www.ghost-bikes.de
*Geometrie: RS: Radstand; OR: Oberrohr; KS: Kettenstrebe; IH: Innenlagerhöhe; LW/SW: Lenkwinkel / Sitzwinkel
BIKE SPORT NEWS | 5_2011 | 43