Kinderunfälle

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Kinderunfälle
Zeitschriftenreview
Vol. 25 Nr. 1 2014
Kinderunfälle
dem Alter von 3 Jahren durchführten. In Kanada war seitdem kein solcher Tosdesfall
mehr zu beklagen.
Olivier Reinberg, Lausanne
Übersetzung: Rudolf Schlaepfer, La Chaux-de-Fonds
Halsketten gegen Babys Zahnweh
Die Autoren kommen auf ein Thema zurück, das
uns wichtig ist und von (Un)Nutzen und Gefahr
der Halsketten gegen Zahnschmerzen bei Kleinkindern handelt. Sie verursachen Strangulationsunfälle und Inhalation von Perlen.
Von März bis Juli 2013 wurde in der pädiatrischen Notfallstation der Unité de pédiatrie
générale des CHU de Toulouse et de Montauban Eltern ein Informationsblatt mitgegeben,
mit der Einladung zu einem Gespräch zum
Thema Halsketten bei Kleinkindern im Alter
von 14 ± 7 Monate.
Aus den 25 aufgenommenen Interviews geht
hervor, dass die Kinder ihre Halskette seit
dem Alter von 4 ± 2 Monate (!!) tragen. 11
Familien haben die Teilnahme an der Studie
abgelehnt. Kein Verkäufer hatte die Eltern auf
die Strangulations- oder Inhalationsgefahr
hingewiesen. Das Tragen der Kette wurde
meist durch Freunde oder durch die Familie
empfohlen, oft war die Kette wegen ihren
angeblich schmerzlindernden Tugenden ein
Geburtsgeschenk.
Die Eltern anerkennen den gutartigen Charakter des Zahnens, fürchten aber dessen
Symptome. Das Strangulationsrisiko ist der
Hälfte der Eltern bekannt, übertrifft aber
nicht die Furcht, ihr Kind leiden zu sehen.
Ein Drittel der Familien griff ebenfalls auf
andere holistische und esoterische Praktiken zurück (Magnetiseur, Homöopathie,
Wallfahrt).
Abbildung:
«Die Vorstellungen der heutigen Eltern sind
weniger reichhaltig als die antiken Vorstellungen, mischen aber Analogien, Paradoxa,
Familientradition und Glauben. Der Glauben
der Eltern an diesen Brauch ist im Rahmen
eines kollektiven Bedürfnisses zu sehen, das
Kleinkind mit schützendem Zubehör zu versehen und ihm so das Überstehen einer
schwierigen Etappe zu erleichtern.»
Der Ort des Kaufes bürgt für die angeblichen
Qualitäten: Die Apotheke, Sinnbild authentischer Produkte, wird bevorzugt. Sie zeugt für
Wohltat und Risikofreiheit. Wie wir dies 1992
(Paediatrica 1992, 4 (1): 24–27) und 2009
(Paediatrica, 2009; 20 (2): 76) schrieben,
beklagen auch diese Autoren die Unverantwortlichkeit der Apotheker, die diese gefährlichen Artikel weiterhin verkaufen.
Dem Beitrag fehlt es nicht an Humor. Er bietet
einen interessanten historischen Rückblick
über frühere Praktiken und verwendete Materialien. Heute wird Bernstein oder meist ein
optisch täuschend ähnlicher Ersatz (Kopal,
Plastik, Amalgam) benutzt. Die Autoren tun
uns den Gefallen, die traurigen Statistiken von
Strangulation durch Halsketten bei Kleinkindern zu zitieren, inbegriffen jene des pädiatrischen Notfalldienstes des Hôpital Necker,
Paris, von 2003, mit 30 Todesfällen durch
Halsketten. Sie erinnern auch daran, dass
Kanada, die USA und Australien diese Halsketten zwar nicht verbieten können (es sind
weder Spielzeuge noch Mittel, die zur Kinderpflege dienen), aber Abschreckungskampagnen gegen das Tragen solcher Halsketten vor
Diese «Stellungsregler» sollen ein Rollen des Babys bzw. den «Flachkopf» verhindern.
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Die Autoren unterstreichen in ihrer Schlussfolgerung nochmals die Gefährlichkeit dieser
Halsketten gegen Zahnschmerzen bei Kleinkindern und fordern die Apotheker auf, «den
gewinnbringenden Handel auf Kosten gutgläubiger Eltern, die für das Wohl ihrer Kinder zu
allem bereit sind, aufzugeben.»
Unsererseits ermuntern wir alle Kinderärzte
wie auch alle anderen Fachleute, die mit
Kleinkindern zu tun haben, vom Tragen dieser
potentiell gefährlichen Halsketten abzuraten,
sie entfernen zu lassen oder sie selbst zu
entfernen, wie ich dies seit 25 Jahren tue.
Referenz
Port de colliers de dentition chez le nourrisson.
Taillefer A, Casasoprana A, Cascarigny F,
Claudet I.
Arch Fr Pediatr 2012; 19: 1058–1064.
Studienzentrum: Urgences pédiatriques et de
l’unité de pédiatrie générale des CHU de Toulouse et de Montauban, France.
Baby-Positioner:
Achtung Gefahr!
Wir geben eine Warnung der U.S. Centers for
Disease Control and Prevention wieder, die
auf die Gefahren von Einrichtungen (sog. Baby-Positioner) aufmerksam machen, die
schlaf­ende Babys in einer bestimmten Lage
festhalten sollen.
In den USA ereignen sich über 1000 Todesfälle durch unfallbedingtes Ersticken. Seit 1984
hat sich die Zahl im Zusammenhang mit der
Verwendung von gefährlichen Einrichtungen
im Bett von Kleinkindern vervierfacht. Diese
Baby-Positioner werden zunehmend beliebt,
sind aber für eine signifikante Zahl Erstickungsunfällen verantwortlich. Die Food and
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Drug Administration (FDA) empfiehlt sie zwar
für bestimmte Indikationen (z. B. nachgewiesener gastroösophagealer Reflux), von einem
allgemeinen Gebrauch wird jedoch abgeraten.
Leider schreiben sich viele dieser Einrichtungen Qualitäten zu, die sie nicht besitzen, wie
die Vorbeugung des SIDS oder eine Verbesserung des kindlichen Schlafes.
Die U.S. Centers for Disease Control and
Prevention haben die Umstände von 13 Todesfällen von Kindern untersucht, die im Zusammenhang mit einem Baby-Positioner erstickt sind. Die Säuglinge, 21 Tage bis 4
Monate alt, waren in Seitenlage schlafen gelegt worden und die meisten wurden in Bauchlage mit dem Kopf im Baby-Positioner vorgefunden.
Die Autoren erinnern an die Empfehlungen der
American Academy of Pediatrics (AAP), Kinder
nicht in Seiten- sondern in Rückenlage schlafen zu legen, und in ihrem Bett keine Kissen
oder andere weiche Einrichtungen zu verwenden (American Academy of Pediatrics, Pediatrics 2011; 128: 1030–39).
Seit dem 29. September 2009 empfiehlt die
Food and Drug Administration (FDA) den Eltern «dringendst», keine von der FDA nicht
anerkannte Baby-Positioner zu benutzen und
hat die Hersteller aufgerufen, ihre Produkte
nicht ohne vorherige Prüfung und Genehmigung durch die FDA zu verkaufen. Sie wünscht
vor allem zu überprüfen, dass die Produktangaben nicht nur dazu dienen, die Hersteller
vor Strafverfolgung zu schützen und dass die
günstige Wirkung auf den Schlaf und das
Fehlen jeglicher Erstickungsgefahr nachgewiesen wurden.
Zudem wurde eine Kampagne «Back-to-Sleep»
(Schlaf auf dem Rücken) gestartet.
Referenz
Suffocation Deaths Associated with Use of
Infant Sleep Positioners — United States,
1997–2011.
Centers for Disease Control and Prevention
(CDC).
Morb Mortal Wkly Rep 2012; 61 (46): 933–
937.
Vergiftungen im Kindesalter: Trend
der verantwortlichen Produkte
Einführend erinnern die Autoren daran, dass
die Gesetze kindersichere Verschlüsse und
Verpackungen betreffend, die Anzahl Vergif-
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tungen drastisch gesenkt haben: So haben
die «Palm-N-Turn»-Verschlüsse in der Provinz
Ontario (Kanada) die Anzahl Vergiftungen um
75 % gesenkt. Es folgten Gesetze in den USA
und in Kanada seit 1970 und in Europa zwischen 1970 und 1985 (aber immer noch nicht
in der Schweiz! Anmerkung O. Reinberg). In
Grossbritannien nahm die Anzahl Todesfäl­le durch Vergiftung bei Kindern unter 10 Jahren von 151 Fällen/100000 (1968) auf 23/
100000 (2000) ab.
In den USA wie in Grossbritannien stellt man
jedoch eine beunruhigende Zunahme der
Vergiftungsfälle durch Medikamente fest. Das
National Poison Data System (NPDS), USA
meldet für 2001–2008 eine Zunahme um 28 %
der Arztbesuche wegen einer Vergiftung
durch Medikamente bei Kindern unter 5 Jahren im Vergleich zum vorangehenden Jahrzehnt. Diese Studie wird durch weitere bestätigt und es ist heute so, dass Vergiftungen
durch Medikamente häufiger sind als jene
durch Haushaltprodukte. Meist handelt es
sich um eine versehentliche Einnahme, Überdosierungen von Arzneimitteln sind jedoch
sehr häufig.
In Grossbritannien weisen der National Poisons
Information Service (GB) und die Statistiken
der web Toxbase (GB) dieselbe Tendenz nach,
wobei das UK Office of National Statistics jedoch weniger Todesfälle registriert als die
US-Statistiken. Die Resultate des Zentrums in
Newcastle Upon Tyne von 2007 ergeben, dass
50 % der kindlichen Vergiftungen durch pharmazeutische Produkte bedingt sind.
Die Autoren gehen den verschiedenen Möglichkeiten nach, Vergiftungen bei Kleinkindern
vorzubeugen. Dazu gehört die Warnung an die
Eltern, Medikamente ausser Reichweite für
Kinder aufzubewahren, eine Massnahme die
jedoch nur teilweise wirksam ist. Aus der
Newcastle-Studie geht hervor, dass die versehentliche Einnahme eines Medikamentes
oft nicht zuhause stattfindet. Die Autoren
kommen auch auf die Verpackungen zu sprechen und weisen darauf hin, dass Blisters
nicht als Sicherheitsverpackung zu betrachten sind. Nun werden aber über 50 % der
Medikamente als Blister hergestellt und viele
in dieser Verpackungsform verkaufte Medikamente für Erwachsene sind für ein 10 kg
schweres Kind, das 1–2 Erwachsenendosen
einnimmt, potentiell tödlich. Es gibt eine Vielzahl Verpackungen, die der europäischen
Norm EN 14375 entsprechen, kostengünstig
sind und deren Wirksamkeit bewiesen wurde.
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Die Autoren können nicht verstehen, dass für
Erwachsene bestimmte und für Kleinkinder
potentiell gefährliche Medikamente nicht dieser Norm entsprechend verpackt werden und
finden es «inconceivable», dass nur pädiatrische Medikamente so verpackt werden.
Referenz
Anderson M. Poisoning in young children.
Arch Dis Child 2012; 97 (9): 831–832.
Studienzentrum: National Poisons Information Service, Newcastle Upon Tyne Hospitals
NHS Foundation Trust, Great North Children’s
Hospital, Newcastle Upon Tyne, UK.
Quecksilbervergiftung als
hypertensive Krise erscheinend
Dieser Artikel kann im Zusammenhang mit der
schweren Quecksilberverschmutzung des Bodens zwischen Visp und Siders für die Walliser
Kinderärzte von Nutzen sein.
Die Autoren berichten über einen Fall von
Quecksilbervergiftung bei einem 3-jährigen
Mädchen, ohne Anhaltspunkt für eine Quecksilberexposition. Klinisch bestanden initial
eine Hypertonie und Acrodynie. Die Quecksilberintoxikation wurde durch den erhöhten
Quecksilberspiegel im 24-Urin bestätigt. Diese Vergiftung kann andere Krankheitsbilder
mimen, wie ein Phäochromozytom oder eine
Vaskulitis, umso mehr, als die Quecksilbervergiftung mit einem erhöhten Katecholaminspiegel einhergeht, was einen sekretierenden
Tumor vermuten lässt.
Die Behandlung bestand in der Verabreichung
von Chelatbildnern, zusätzlich war eine antihypertensive Behandlung notwendig.
Referenz
Brannan EH, Su S, Alverson BK. Elemental
mercury poisoning presenting as hypertension in a young child. Pediatr Emerg Care 2012;
28 (8): 812–814.
Studienzentrum: Department of Pediatrics,
Rhode Island Hospital; and Brown University,
Providence, RI, USA.
Verschluckte Knopfbatterien
in den USA
Nochmals ein Artikel zum Thema verschluckte
Knopfbatterien; die U.S. Centers for Disease
Control and Prevention erfassten alle in den
USA von 1995 bis 2010 gemeldeten Fälle und
führten eine prospektive Evaluation durch. Die
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Studie greift den in Pediatrics publizierten
(Pediatrics 2012; 129 (6): 1111–7) und in Paediatrica kommentierten (Paediatrica 2013; 24
(1)) Artikel wieder auf, beschränkt sich jedoch
im Wesentlichen auf die Knopfbatterien.
Durchgeführt wurde die Studie (einmal mehr!)
durch die U.S. Consumer Product Safety Commission (CPSC). Sie basiert auf Daten des
National Electronic Injury Surveillance System
und umfasst 40400 Unfälle durch verschlucken von Batterien durch Kinder unter 13
Jahren. Über 20 mm messende Batterien sind
problematisch, da sie im Oesophagus einklemmen und zu schwerwiegenden Komplikationen
und sogar Todesfällen führen können.
Drei Viertel der Fälle betrafen Kinder unter 4
Jahren, wovon 90 % ambulant behandelt werden konnten. Es kam jedoch zu 14 Todesfällen, 12 davon durch über 20 mm messende
Knopfbatterien (3 Volt Lithiumbatterien CR
2032), die im Oesophagus von Kleinkindern
(7 Monate bis 3 Jahre) stecken bleiben.
Die CPSC ruft dazu auf, Massnahmen zu ergreifen, damit die Elektronikindustrie und die
Batterienhersteller ihre Produkte so ändern,
dass sie für Kleinkinder weniger gefährlich
sind. Die Spielzeugindustrie ist ebenfalls
angesprochen: Der Sitz der Batterien sollte
für Kinder nicht leicht erreichbar sein, der
Deckel sollte z. B. nur mittels eines Schraubenziehers geöffnet werden können. Die Eltern müssen durch alle Fachleute entsprechend informiert und Batterien müssen für
Kinder unerreichbar aufbewahrt werden. Eltern und Pflegepersonal müssen wissen,
dass eine verschluckte Batterie ein Notfall
darstellt, da sie im Oesophagus stecken geblieben sein könnte.
Anmerkung O. Reinberg
Es wurde mir vor kurzem ein 3-jähriges italienisches Mädchen überwiesen, mit einer zirkulären Oesophagusnekrose, als Folge einer
verschluckten und im proximalen Oesophagus
stecken gebliebenen Knopfbatterie von 22
mm Durchmesser. Zwischen dem Verschlucken und der Endoskopie waren 4–5 Stunden
vergangen.
Referenz
Centers for Disease Control and Prevention
(CDC).
Injuries from batteries among children aged
<13 years – United States, 1995–2010.
MMWR Morb Mortal Wkly Rep 2012; 61:
661–666.
Leim in den Augen
Die Autoren (Augenärzte) berichten über 3
Kinder (6 Jahre, 3 Jahre und 8 Monate alt), die
versehentlich Leim (Super Glue) in die Augen
bekamen.
Leim führt zu einer partiellen Verklebung eines oder beider Augenlider. Das verklebte
Augenlid wird vorsichtig abgehoben, mit den
Fingern oder unter Zuhilfenahme einer feuchten Kompresse. In keinem Fall kam es zu einer
Läsion der vorderen Augenkammer durch den
Leim, in einem Fall jedoch wurden Hornhautverletzungen festgestellt, die auf die Reinigungsversuche der Familie zurückzuführen
waren.
Die Autoren schlagen vor, die Spezialisten
machen zu lassen!
Referenz
Reddy SC. Superglue injuries of the eye. Inj J
Ophtalmol 2012; 5 (5): 634–637.
Studienzentrum: Department of Ophthalmology,
School of Medical Sciences, University Sains
Malaysia, Kubang Kerian, Kelantan, Malaysia.
Bilanz nach Einführung der
obligatorischen Kindersitze für
4–7-jährige Kinder in den USA
Die Autoren vergleichen das Verletzungs- und
Todesrisiko von 4–7-jährigen Kindern in den
US-Staaten, welche zusätzlich zu den Sicherheitsgurten das Obligatorium für Kindersitze
eingeführt haben, mit jenen, die in dieser
Beziehung noch keine gesetzlichen Vorschriften kennen. Zwischen 2001 und 2009 haben
47 Staaten und der Distrikt Columbia entsprechende Gesetze erlassen. Die Autoren vergleichen nach Alterskohorten, da nicht alle Staaten dieselben Altersgrenzen eingeführt haben.
Die Studie umfasst 3639 Unfälle.
Der Unterschied ist für alle Altersklassen signifikant. So nahm z. B. das Todesrisiko für die
4–5-jährigen nach Einführen des Gesetzes
von 5.7/100000 auf 0.4/100000 ab, während
in den Staaten ohne gesetzliche Vorschrift
das Todesrisiko für die gleiche Altersklasse
unverändert blieb.
Gemäss einem von den Autoren zitierten
Rapport des Insurance Institute for Highway
Safety (US) von 2010, benutzen 34 % der
4–7-jährigen Kinder den Sicherheitsgurt ohne
Kindersitz und 11 % sind gar nicht angegurtet.
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In den USA sind also noch Fortschritte zu
machen. Die American Academy of Pediatrics
(AAP) empfiehlt, Kindersitze zu benutzen bis
der Sicherheitsgurt sich in natürlicher Stellung auf dem Schlüsselbein des Kindes platziert, d. h. für Kinder bis 12 Jahren je nach
Grösse oder bis diese ca. 150 cm betragen.
Kommentar
Glücklicherweise wurde in der Schweiz ein
entsprechendes Gesetz erlassen. Seit dem 1.
April 2010 «muss für Kinder unter zwölf Jahren, die kleiner als 150 cm sind, eine geeignete Kinderrückhaltevorrichtung (z. B. Kindersitz) verwendet werden, gemäss Serie 03
oder 04 des ECE-Reglementes Nr. 44. Kinder
über 12 Jahren oder unter 12 Jahren, die grös­
ser als 150 cm sind, müssen die vorhandenen
Sicherheitsgurten während der Fahrt tragen.»
(Verkehrsregelnverordnung (VRV) vom 13.
November 1962 (SR 741.11), Änderung vom
14. Oktober 2009 (AS 2009 5701).
Die Standardhöhe der Verankerungen von
3-Punkte-Sicherheitsgurten der hinteren Sitze entspricht in europäischen Fahrzeugen nur
den Sicherheitskriterien für Mitfahrer mit einer Grösse von 150 cm oder darüber. Die 50.
Perzentile für 12-jährige Schweizer Kinder
liegt bei 150 cm. Deshalb wurde diese Norm
im Gesetz verankert; Kinder mit einer höheren
Perzentile, die also grösser sind, sind damit
vom Kindersitz befreit. Der Kindersitz hat eine
doppelte Funktion. Einerseits entsteht dadurch ein schräger Zug nach unten des horizontalen Teiles des Sicherheitsgurtes, der so
auf Beckenhöhe zu liegen kommt und andererseits liegt der schräge Teil über dem
Schlüsselbein. Das Risiko einer Bauchverletzung ist dreimal geringer, wenn der Gurt über
dem Becken und nicht über dem Abdomen
liegt. In der Kategorie der 4–8-Jährigen verhindert der Kindersitz Bauchverletzungen
(Paediatrica 2010; 21 (4): 36–37).
Referenz
R. Mannix, E. Fleegler, WP. Meehan III, SA.
Schutzman et al. Booster Seat Laws and Fatalities in Children 4 to 7 Years of Age. Pediatrics 2012; 130; 996–1002.
Studienzentrum
Divisions of Emergency Medicine, and Sports
Medicine, Children’s Hospital Boston, Boston,
Massachusetts; and The Micheli Center for
Sports Injury Prevention, Boston MA, USA.