Die Rechtsstellung des Gläubigers, insbesondere bei notleidenden

Transcrição

Die Rechtsstellung des Gläubigers, insbesondere bei notleidenden
Michael Renner
Die Rechtsstellung des Gläubigers, insbesondere bei
notleidenden Anleihen
Institut für Deutsches und Internationales Bank- und Kapitalmarktrecht
an der Universität Leipzig
Autor:
Michael Renner
Stand der Arbeit:
Januar 2000
Veranstaltung:
Rechtsfragen nationaler und internationaler Anleihen
Seminar an der Ostdeutschen Sparkassenakademie Potsdam
vom 02. bis 04.Februar 2000
Herausgeber:
Institut für Deutsches und Internationales Bank- und Kapitalmarktrecht
Burgstraße 27 (Petersbogen) 04109 Leipzig
Direktoren: Prof. Dr. Franz Häuser / Prof. Dr. Reinhard Welter
Zitiervorschlag:
Renner, Michael, Die Rechtsstellung des Gläubigers, insbesondere bei
notleidenden Anleihen,
http://www.uni-leipzig.de/bankinstitut/dokumente/2000-02-03-02.pdf
Umsetzung:
Stephan Dulitz / Sebastian Taschke / Gunther Thomas
http://www.uni-leipzig.de/bankinstitut/
I
Inhalt
A) Einleitung
B) Die Rechtsstellung des Gläubigers im Verhältnis zum Schuldner
I. Zinsanspruch, Kapitalzahlungsanspruch, sonstige vertragliche Rechte des
Gläubigers
1. Der Kapitalzahlungsanspruch und der Zinsanspruch
2. Sonstige Gläubigerrechte: Kündigungsrechte, Aufgeld, Besicherung etc.
II. Gesetzliche Gläubigerrechte
III. Die notleidende Anleihe - Möglichkeiten des einzelnen Gläubigers zur
Anspruchssicherung und Anspruchsdurchsetzung
1. Kündigung, Klage, Zwangsvollstreckung, Sicherheiten
2. Tatsächliche und rechtliche Beschränkung der Rechte der Gläubiger hinsichtlich der individuellen Rechtsverfolgung
3. Rechtliche und tatsächliche Notwendigkeit einer Gläubigervertretung
IV. Die Gläubigerorganisation und -vertretung nach dem SchVG
1. Zweck des SchVG
2. Notwendigkeit der gesetzlichen Regelung durch das SchVG
3. Anwendungsbereich des SchVG
4. Die Gläubigerversammlung: Rechtsnatur; ähnliche Rechtsinstitute; Aufgaben; Befugnisse; Befugnisschranken; Beschlußverfahren; Mehrheiten; der
nichtige und wirksame Beschluß: Rechtsfolgen; Minderheitenschutz
5. Der Gläubigervertreter: Aufgabe, Bestellung, Befugnisse etc.
V. Sonstige gesetzlich geregelte Gläubigervertreter (/-treuhänder)
1. Der Grundbuchvertreter
2. Der Treuhänder nach §§ 29 ff. HypBankG
VI. Die Problematik des eingeschränkten Anwendungsbereiches des SchVG
und entsprechender ausländischer Gesetze
1. Beschränkung des SchVG auf Inlandsanleihen; Rechtsfolgen bezüglich
Auslandsanleihen
2. Anwendungsbereich der dem SchVG entsprechenden ausl. Normen
3. Erfordernis der Kollektivierung der Gläubigerrechte auch bei Auslandsanleihen
4. Keine analoge Anwendbarkeit des SchVG auf Auslandsanleihen
5. Bedeutung des SchVG für Auslandsanleihen
6. Problemlösungsansätze
II
VII. Kautelarrechtliche Rechtsinstitute der Gläubigervertretung bei Geltung
deutschen Rechts
1.Der vertragliche Gläubigervertreter, die vertragliche Gläubigerversammlung
2. Der (Sicherheiten)Treuhänder
VIII. Rechtsinstitute der Gläubigervertreter nach ausländischem Recht
1. Die masse des obligataires nach französischem Recht
2. Der trust
IX. Die notleidende Anleihe - Möglichkeiten der Gläubigergesamtheit zur
Anspruchssicherung und Anspruchsdurchsetzung
1. Kündigung, Klage, Zwangsvollstreckung, Sicherheiten
2. Änderung der Anleihebedingungen:Sanierung und Umschuldung
X. Pflichten des Gläubigers
1. Zahlungspflicht
2. Sonstige Pflichten
C) Die Rechtsstellung des Gläubigers im Verhältnis zu den anderen
Gläubigern und zu Dritten
I. Rechte des einzelnen Gläubigers innerhalb der Gläubigerversammlung
II. Rechte des Gläubigers gegenüber den Emissionsbanken
III. Rechte des Gläubigers gegen den TreuhänderDie Rech
D) Literatur
1
A) Einleitung
Bei der Untersuchung der Rechtsstellung des Gläubigers, insbesondere der bei notleidenden
Anleihen, sind regelmäßig drei Rechtsverhältnisse maß- geblich und zu unterscheiden:
Das Rechtsverhältnis zwischen dem Anleiheemittenten /-schuldner und dem Gläubiger, das
Rechtsverhältnis zwischen den Anleihegläubigern untereinan- der sowie das der
1
Anleihegläubiger zu den Konsortialbanken und sonstigen Dritten ; für den Gläubiger ist ersteres
von hervorragender Bedeutung, sie soll deswegen als Schwerpunkt erörtert werden.
Jeweils soll kurz dargestellt werden, welche Rechte (und Pflichten) der Gläubiger aus dem
Rechtsverhältnis hat.
Dann soll erörtert werden, welche Maßnahmen dem einzelnen Gläubiger und der Gesamtheit
der Gläubiger zur Verfügung stehen, um im Falle einer notleidenden Anleihe die Ansprüche
gegen den Schuldner zu sichern oder durchzusetzen.
Dabei ist als Schwerpunkt darauf einzugehen, welche Rechtsinstitute den Gläubigern eine
gemeinsame Willensbildung zum Zwecke eines einheitlichen Vorgehens gegen den Schuldner
und gegen Dritte, z.B. die Konsortialbanken oder die Sicherheitengeber, ermöglichen.
Soweit die Ausstellung der Schuldverschreibungen im Inland durch einen Schuldner mit Sitz im
Inland erfolgte, bestimmt sich dies nach dem Gesetz betreffend die gemeinsamen Rechte der
2
Besitzer von Schuldverschreibungen vom 04.12.1899 (künftig nur SchVG). Doch ist das SchVG
auch bei Unan- wendbarkeit von Bedeutung, sofern auf die Anleihe deutsches Recht anwendbar ist, da es dann hinsichtlich etwaiger vertraglichen Obligationärsvertretun- gen als
gesetzliches Leitbild im Sinne des § 9 II Nr. 1 AGBG fungiert. Das SchVG ist daher ausführlich
zu erläutern, ebenso die gesetzlichen und vertraglichen Regelungen, die bei dessen
Unanwendbarkeit Platz greifen.
Gegenstand der Darstellung ist bezüglich der Anleiheart die Rechtsstellung der Gläubiger
nationaler und internationaler Anleihen, also der Inhaber von auf Geld lautenden
Forderungssrechten, wobei die Anleihepartialobligationen der einzelnen Gläubiger in
3
umlauffähigen Wertpapieren verbrieft sind ; primär solcher Anleihen, auf die deutsches Recht
anwendbar ist, beispielhaft solcher
Anleihen, die ausländischem Recht unterliegen. Soweit sich aus dem Status des Emittenten
(Staat, privatwirtschaftliches Unternehmen etc.) Besonder- heiten ergeben, wird ausdrücklich
differenziert werden.
1
2
3
Grundmann in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch, § 112, Rn. 1.
BGBl. III 4131-1, mit den wesentlichen Änderungen in BGBl. I: 1969, 671; 1972, 465, 471; 1974, 571, 572; 1993,
2204; 1994, 2937, 2938.
Bley, Wertpapiergeschäft, S. 3
2
B) Die Rechtsstellung des Gläubigers im Verhältnis zum Schuldner
Die Rechtsstellung des Gläubigers im Verhältnis zum Schuldner ergibt sich
in erster Linie aus dem Wortlaut der Teilschuldverschreibungsurkunde (oder der Globalurkunde,
4
falls nur eine solche ausgestellt wird ) und den mitabge- druckten, privatautonom gestalteten
5
Anleihebedingungen . Außerdem kann
der Übernahmevertrag, also der Vertrag zwischen dem Emittenten und der an
der Emission beteiligten Banken auf Kauf und Plazierung der Obligationen, Regelungen
6
zugunsten (im Sinne des § 328 BGB) oder mit Schutzwirkung für die Gläubiger enthalten .
Die Art der Ausübung der Gläubigerrechte sowie deren nähere inhaltliche Gestaltung, also der Anleihedienst, die Anleiheverwaltung und die Gläubigerorga- nisation, ist meist
7
in den Anleiheorganisationsverträgen geregelt .
Außerdem sind die gesetzlichen Regelungen zu beachten, so in Deutschland z.B. die §§ 793 ff.
8
BGB, das AGBG und das SchVG, sowie wirtschaftsrecht- liche Regelungen, z.B. das Recht der
Börsen- und Verkaufsprospekte.
I. Zinsanspruch, Kapitalzahlungsanspruch und sonstige vertragliche Rechte
Gläubigers
des
1. Der Kapitalzahlungsanspruch und der Zinsanspruch
Rechtsgrundlage dieser Zahlungsanprüche sind
Obligationsurkunde sowie die Anleihebedingungen.
das
Schuldversprechen
in
der
a) Bei Fälligkeit, also z.B. bei Ablauf der in der Anleihe vorgesehenen Zeit, nach Kündigung der
Anleihe oder nach Einritt der in einem Tilgungsplan festgelegten, die Fälligkeit begründenden Umstände (z.B. die Auslosung der
9
Partialobligation zur Herbeiführung vorzeitiger Fälligkeit bei gestaffelten Lauf- zeiten ), ist der
vom Erstobligationär an den Schuldner (so z.B. bei Selbst- emission) oder an dessen Vertreter
(z.B. die Konsortialbanken) zum Erwerb der Teilobligation gezahlte Betrag, also der Nennbetrag
der Obligation, an den Obligationär zu zahlen.
b) Der Zinsanspruch ist das Entgelt des Obligationärs für die Überlassung von
Kapital auf Zeit. Zinssatz, Fälligkeitstermine für die Zinsraten und sonstige, die
4
5
6
7
8
9
Kümpel, S. 985, Rn. 11.53
Kümpel, S. 981 f., Rn. 11.35 ff.
Kümpel, S. 990 f., Rn. 11.76 ff.
Horn, Internationale Anleihen, S. 326
v. Randow, ZBB 94, 23 ff., weist darauf hin, daß § 1 I 1 AGBG nicht direkt anwendbar ist, wenn der Obligationär
die Teilschuldverschreibung nicht vom Emittenten, sondern von einer Konsortialbank erwirbt, da dann der
Emittent mangels Vertragsparteienstellung kein "Verwender" i.S.d. § 1 I 1 AGBG ist. Regelmäßig ist das AGBG
in diesen Fällen gem.. § 7 i.V.m. § 1 AGBG anzuwenden; die Umgehung durch anderweitige Gestaltung I.S.d. §
7AGBG liegt in der Anleihenplazierung über Emissionsbanken und Erwerb durch von der Gestaltung der
Anleihenbedingungen ausgeschlossene Anleger.
Horn, Internationale Anleihen, S. 249
3
Zinsen betreffenden Regelungen, z.B. die Vereinbarung einer variablen Ver- zinsung (floating
rate), ergeben sich ebenfalls aus der Schuldverschreibungsurkunde nebst Anleihebedingungen. Freilich gibt es auch "unverzinsliche" An- leihen, die sog.
10
Zerobonds ; die Zinszahlung erfolgt nicht periodisch, sondern in einer Summe am Ende der
11
Laufzeit der Anleihe .
2. Sonstige Gläubigerrechte: Kündigungsrechte, Aufgeld, Besicherung etc.
a) In der Regel wird den Gläubigern in den Anleihebedingungen ein Recht zur
außerordentlichen Kündigung für den Fall von Leistungsstörungen eingeräumt. Der Tatbestand
der Leistungsstörung ist regelmäßig weit gefaßt. Ihm unterfallen die Fälle der Nichtleistung nach Fälligkeit, die Nichterfüllung sonstiger Verpflichtungen, die
wesentliche Änderung im wirtschaftlichen und rechtlichen Status des Emittenten, Ereignisse, die
die Kreditwürdigkeit des Schuldners erschüttern und den Eintritt einer Krise bei dem Schuldner, also Zahlungsun12
fähigkeit, Überschuldung, Insolvenzantragstellung etc. .
b) Häufig ist für den Fall vorzeitiger Tilgung der Anleihe dem Gläubiger ein Anspruch auf eine
Tilgungsprämie als Entschädigung für die aufgrund der vor13
zeitigen Tilgung verlustig gehenden Zinsansprüche eingeräumt
c) Informations- Kontroll- und Verwaltungsrechte können den Obligationären zusätzlich
vertraglich eingeräumt sein; von dieser Möglichkeit wird in der Praxis jedoch kaum Gebrauch
14
gemacht . Dagegen hat der Gesetzgeber mehrerer Staaten solche Regelungen zugunsten der
15
Gläubiger nationaler Anleihen getroffen, so z.B. in Deutschland nach dem SchVG oder in
Frankreich nach der Loi N° 66-537 du 24 juillet 1966 sur les sociétés commerciales in Chapitre
16
V, Artt. 293 ff. .
d) Regelmäßig verpflichtet sich der Schuldner zur Bestellung von Sicherheiten, oder ein Dritter,
z.B. die Muttergesellschaft der emittierenden Gesellschaft gibt
für die Rückzahlungsansprüche der Obligationäre eine Garantie ab. Die ge- bräuchlichen
Sicherheiten sind verschiedener Art; Beispiele: USA: (general) mortgage, guaranty...; England:
mortgage, floating charge..; Deutschland: Grundpfandrechte, Garantievertrag, Bürgschaft.
Oftmals sind die Anleihen ungesichert, man verläßt sich allein auf das credit standing des
Schuldners.
10
11
12
13
14
15
16
Kümpel, S. 1086, Rn. 13.20
Gebhardt in: Gebhardt/Gerke/Steiner, Handbuch des Finanzmanagements, S. 449
Horn, Internationale Anleihen, S. 256, 323; Stucke, DM-Auslandsanleihen, S. 26-28
Horn, Internationale Anleihen, S. 254
Horn, Internationale Anleihen, S. 282
Horn, Internationale Anleihen, S. 281 mit weiteren Nachweisen in Fn. 166
Code de Commerce von Dalloz, Stand 1994-1995
4
e) Gleichfalls der Sicherung der Zahlungsansprüche der Obligationäre dienen (mittelbar) die
Einrichtung eines Tilgungsfonds sowie die in der Anleihepraxis
üblichen negative pledge -, pari passu - und cross default -Klausel: Mit der ne- gative pledge Klausel verpflichtet sich der Schuldner, während der Laufzeit der Anleihe für andere Anleihen
keine Sicherheiten zu bestellen, ohne die Obligationäre der inmitten stehenden Anleihe
gleichzeitig und gleichrangig an solchen Sicherheiten zu beteiligen. Die cross default - Klausel
besagt, daß der
Rückzahlungsanspruch vorzeitig fällig ist, wenn andere Anleihen des Emitten- ten gekündigt
oder notleidend werden. Die pari passu - Klausel verpflichtet den Schuldner, keine der
Anleiheschuld vorrangigen Verbindlichkeiten einzu17
gehen .
f) Zuweilen wird den Anleihegläubigern auch ein Wandlungs- oder Optionsrecht auf Aktien, in der Regel des emittierenden Unternehmens oder der Kon- zernmutter,
eingeräumt.
II. Gesetzliche Gläubigerrechte
Rechte des Gläubigers gegen den Anleiheschuldner auf gesetzlicher Grund- lage ergeben sich
bei Geltung deutschen Rechts vor allem aus dem Recht der
Börsen- und Verkausprospekte, nämlich dem Börsen- und dem Verkaufspro- spektegesetz, die
insbesondere die Publizitätspflicht sowie die Haftung für fehlerhafte Publizität (§ 45 I BörsG, §
13 VerkProspG) sowie die Gläubiger- gleichbehandlungspflicht des Emittenten (§ 44 I Nr. 1
18
BörsG) statuieren .
Auch aus dem SchVG ergeben sich noch näher darzustellende Gläubiger- rechte.
III. Die notleidende Anleihe - Möglichkeiten des einzelnen Gläubigers zur
Anspruchssicherung und Anspruchsdurchsetzung
1. Kündigung, Klage, Zwangsvollstreckung, Sicherheiten
Wird die Anleihe notleidend, will oder kann der Schuldner also den laufenden
Zins nicht mehr leisten oder den Anleihebetrag bei Fälligkeit nicht zahlen, obliegt es
grundsätzlich zunächst dem einzelnen Gläubiger, seine Forde- rungen durchzusetzen. Dies
erfolgt regelmäßig durch (soweit noch erforder- lich) Kündigung der Teilobligation, Titulierung
des Anspruchs und Arrest- und Zwangsvollstreckungsmaßnahmen oder durch Geltendmachung
etwaiger Sicherheiten, insbesondere durch Inanspruchnahme des Garanten.
2. Tatsächliche und rechtliche Beschränkungen der Rechte der Gläubiger hinindividuellen Rechtsverfolgung
17
18
Kümpel, S. 984 Rn. 11.50 und Horn, Anleihen, S. 305
Grundmann in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch, § 112, Rn. 113
sichtlich der
5
Aus den Anleihebedingungen und den Anleiheorganisationsverträgen sowie
aus der Natur der Sache ergeben sich tatsächliche und rechtliche Beschrän- kungen und
Schwierigkeiten für den einzelnen Gläubiger, seine Ansprüche individuell zu verfolgen und
durchzusetzen; beispielhaft Folgendes:
a) Aus der Natur der Sache folgen zahlreiche faktische Beschränkungen der
Gläubigerrechte; Beispiele:
Mancher private Obligationär einer Auslandsanleihe verfolgt die wirtschaftliche Entwicklung des
Emittenten nicht ausreichend. Dadurch erfährt er vom Eintritt einer Leistungsstörung erst bei
Ausbleiben der fälligen Zahlungen. Zu diesem Zeitpunkt ist ein Verkauf der
Teilschuldverschreibung meist nur noch mit Ver- lust möglich, auch die außerordentliche
Kündigung der Anleihe ist bei einem zahlungsunfähigen Schuldner nicht geeignet, sich ohne
Schaden aus dem Anleiheverhältnis zu lösen.
Regelmäßig wird der private Gläubiger für die Durchsetzung seiner Rechte
mangels ausreichender Rechtskenntnisse einen Rechtsanwalt beauftragen
müssen. Diesen Schritt und die weitere gerichtliche Geltendmachung werden viele Gläubiger
aufgrund des Kostenrisikos scheuen, insbesondere wenn der Nennbetrag der Anleihe subjektiv
nicht hoch ist.
b) Die Geltendmachung der bestellten Sicherheiten ist gemäß den Anleihebe- dingungen oder
gemäß den Anleiheorganisationsverträgen häufig einem für die Anleihe bestellten Treuhänder
19
vorbehalten , der einzelne Gläubiger kann dann insoweit keine Maßnahmen ergreifen (no
action-clause).
c) Manche Kündigungsgründe aufgrund Leistungsstörung sanktionieren ein Verhalten des
Emittenten oder Garanten, das außerhalb der Rechtsbeziehung der Anleihegläubiger zum
Schuldner liegt, auf diese also nur mittelbar wirkt, so z.B. der Verstoß des Emittenten oder
Garanten gegen die negative pledge clause. Zur Wirksamkeit der Kündigung ist in diesen Fällen
regelmäßig das Erreichen einer bestimmten Quote von kündigenden Gläubigern erforderlich, um
den Schuldner und die anderen Gläubiger vor mißbräuchlichen, voreiligen, unberechtigten oder
20
sonst interessenwidrigen Kündigungen zu schützen . Meist ist die Wahrnehmung des
Kündigungsrechtes in diesen Fällen ohnehin unter Ausschluß der Ausübungsbefugnis des
21
einzelnen Gläubigers, sog. no action - clause , einem Treuhänder übertragen.
3. Rechtliche und tatsächliche Notwendigkeit einer Gläubigervertretung
Die genannten Beispiele sowie folgende Überlegungen verdeutlichen die Not- wendigkeit einer
für alle Gläubiger handelnden Gläubigerorganisation oder eines Gläubigervertreters:
a) Anleihegläubiger und Anleiheschuldner haben ein Interesse am Bestehen
19
20
21
Siebel, Internationale Anleihen, S. 597
Stucke, DM-Auslandsanleihen, S. 28-31
Horn, Anleihen, S. 434 f.
6
einer Gläubigerorganisation, wenn die Auslegung von Anleihebedingungen fraglich oder die
nachträgliche Änderung von Anleihebedingungen nötig ist und darüber im Verhandlungswege einheitlich und für alle Teilschuldver- schreibung verbindlich- Einigkeit erzielt werden soll: Eine
solche Vereinbarung mit jedem einzelnen Gläubiger ist oft schon praktisch wegen
Unerreichbarkeit vieler Gläubiger nicht möglich. Außerdem besteht stets die Gefahr, daß einzelne Gläubiger das Zustandekommen einer Einigung verhindern wollen oder inakzeptable
Forderungen stellen.
b) Dem einzelnen Gläubiger fehlen meist Möglichkeit und Gelegenheit, den
Schuldner hinreichend zu überwachen, um Verstöße gegen die Anleihebedingungen feststellen zu können und daraus geeignete Konsequenzen ziehen
zu können.
c) Ist der Schuldner in einer wirtschaftlichen Krise und sind deswegen zum Zwecke der
Schuldnersanierung Verhandlungen über eine Änderung der Anleihebedingungen erforderlich,
so hat die Stimme der Gläubigerorgani- sation, die für alle Gläubiger sprechen kann, wesentlich
mehr Gewicht als die der einzelnen Gläubiger. Die Gäubigerorganiation kann daher die
Interessen der Gläubiger z.B. bei Umschuldungsverhandlungen nachhaltiger vertreten.
IV. Die Gläubigerorganisation und -vertretung nach dem SchVG
1. Zweck des SchVG
Allerdings kann jeder einzelne Gläubiger unabhängig von den anderen Obligationären versuchen, seine Forderungen gegen den Schuldner durchzu- setzen, doch stehen
dem erhebliche tatsächliche und rechtliche Schwierig- keiten entgegen, s.o. Außerdem haben
die Anleihegläubiger gegenüber dem
22
Schuldner parallel gerichtete inhaltsgleiche Interessen .
a) Mit dem SchVG sollte, dies berücksichtigend, den Besitzern der Schuldver- schreibungen die
Geltendmachung der Interessen und Rechte, die alle Obli- gationäre gleichermaßen betreffen,
erleichert werden, indem eine rechtliche Organisation der Anleihegläubiger geschaffen wird, die
das Haupthindernis zu einem gemeinsamen Vorgehen, die fehlende Verbindung zwischen den
Gläu- bigern, beseitigt, und eine gemeinsame und verbindliche Willensbildung sowie die
23
einheitliche Rechtsdurchsetzung ermöglicht wird .
b) Außerdem sollte auch im Interesse des Schuldners ein mit entsprechender Vertretungsmacht
ausgestatteter Verhandlungspartner geschaffen werden, um mit diesem bei Bedarf die
Änderung von Anleihebedingungen auch gegen den Willen einer Minderheit, die zu keinem
22
23
MünchKomm Hüffer, § 793, Rn. 35
Ansmann, SchVG, Einleitung S. 1 mit Zitat der Entwurfsbegründung
7
24
Entgegenkommen bereit ist, verein- baren zu können : "Die Erfahrung hat gezeigt, daß der
Gläubiger, der durch freiwillige Opfer seinen Schuldner vor dem völligen Vermögensverfall
bewahrt, seinen Interessen häufig besser dient als derjenige Gläubiger, der durch Ausnutzung
seiner rechtlichen Befugnisse den Schuldner der Existenzgrundlage beraubt" (Ansmann, SchVG, S. 3). Die Möglichkeit zur Mehrheits- entscheidung innerhalb
der Gläubigerorganisation ist also durch die Ver- folgung der gemeinsamen Gläubigerinteressen
gerechtfertigt und soll die Handlungsfähigkeit des Gläubigerverbandes sicherstellen.
c) Neben diesem Schutz der Mehrheit vor einer blockierenden oder erpresse- rischen Minderheit
muß schließlich der Schutz der Minderheit vor interessenwidrigen Mehrheitsbeschlüssen
25
gewährleistet werden .
2. Notwendigkeit der gesetzlichen Regelung durch das SchVG
Die Notwendigkeit, die Anleihengläubigerorganisation gesetzlich zu regeln, ergab sich
a) zum einen aus dem raschen Bedeutungszuwachs der Anleihen als Kapital- anlage und
26
Finanzierungsinstrument in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhun- derts ,
b) zum anderen aus der Tatsache, daß das gemeinsame Interesse der Gläu- biger an der
Bedienung der Anleihe per se nicht die Annahme einer Gemein- schaft (z.B. nach §§ 741 ff
27
BGB) oder einer Gesellschaft (nach §§ 705 ff BGB) rechtfertigt . Die Verbindung zwischen den
28
Gläubigern ist eine rein wirt- schaftliche, keine rechtliche : Eine Bruchteilsgemeinschaft i.S.d.
§§ 741 ff. BGB ist nicht gegeben, da den Gläubigern nicht ein Recht gemeinschaftlich, sondern
jedem Gläubiger ein von den Rechten der anderen Gläubiger unabhängiges, eigenes Recht
zusteht. Aus diesem Grunde liegt auch keine Teilgläubigerschaft i.S.d. § 420 Alt. 2 BGB vor: Der
Schuldner hat keine teilbare Gesamtleistung, sondern voneinander unabhängige
Einzelleistungen zu erbringen. Eine Gesamtgläubigerschaft gem. §§ 428 ff. BGB ist zu
verneinen, weil jeder Obligationär nur die Rechte, die in seiner Partialobligation
verbrieft sind, geltend machen kann, § 793 I BGB. Die Annahme einer Gesellschaft, z.B. i.S.d.
§§ 705 ff. BGB scheitert daran, daß sich die Gläubiger nicht vertraglich zur Verfolgung
gemeinsamer Interessen verpflichten; so muß die Gläubigerversammlung des SchVG vielmehr
kraft Gesetzes entstehen. Außerdem sind die Gläubiger nicht zu einer Förderung eines
gemeinsamen Zwecks verpflichtet, müssen daher auch keine Beiträge leisten.
Der BGH hat auch die rechtsfortbildende Annahme einer materiellen schlichten
Rechtsgemeinschaft -aufgrund der tatsächlichen Gefahrengemeinschaft der Gläubiger eines in
29
die Krise geratenen Unternehmens- abgelehnt .
24
25
26
27
28
29
Vogel, ZBB 96, 321,323; Bruns, WM 54, 157
Hopt, FS Steindorf, 342
Vogel, ZBB 96, 321,322
Siebel, Anleihen, S. 677 f.
Hopt, FS Steindorf, 341; Heinemann, JW 33, 85 linke Spalte
BGHZ 116, 319, 324 und Ls. 1: "Die Annahme einer Gefahrengemeinschaft aller Gläubiger des in eine Krise
geratenen Unternehmens mit der Folge einer Zulassung von Mehrheitsentscheidungen zum Zwecke seiner
außergerichtlichen Sanierung, die auch für nicht zustimmende Gläubiger verbindlich sind, würde die Grenzen
richterlicher Rechtsfortbildung überschreiten..."
8
3. Anwendungsbereich des SchVG
Gemäß § 1 I SchVG ist das SchVG (zwingend, § 20 SchVG) anwendbar, wenn der Schuldner
seinen (Wohn-) Sitz im Inland hat, die Schuldverschreibungen im Inland ausgestellt werden und
ihr Nennwert mindestens 300000.- DM sowie
ihre Stückzahl mindestens 300 beträgt.
Die Partialobligationen müssen den Gläubigern nach ihrem Nennwert gleiche Rechte
einräumen; nur dann ist gewährleistet, daß "nur solche Schuldverschreibungsbesitzer für
ihresgleichen bindende Beschlüsse fassen können, die wirklich gemeinsame Interessen haben"
(Ansmann, SchVG, § 1 Nr. 32 ff.).
Gemäß § 2 SchVG bleibt es anwendbar, solange nach der Emission der Nennwert der im
Umlauf befindlichen Schuldverschreibungen DM 100000.- sowie die Stückzahl von 100 nicht
unterschritten wird.
§ 24 I SchVG nimmt Schuldverschreibungen des Bundes, der Länder und der
Gemeinden und Gemeindeverbände vom Anwendungsbereich des SchVG aus. § 24 II SchVG
erlaubt landesgesetzliche Abweichungen von § 24 I SchVG bezüglich der
Schuldverschreibungen von Gemeinden/Gemein- deverbänden: Von dieser Ermächtigung wurde
in den 30er Jahren aufgrund der finanziellen Notlage vieler (damals noch konkursfähigen)
30
Städte in weitem Umfang Gebrauch gemacht .
Praktisch bedeutsam ist die aus § 1 I folgende Unanwendbarkeit des SchVG auf
Auslandsanleihen (also auf solche Anleihen, deren Schuldner seinen Sitz nicht in Deutschland
hat, selbst wenn die Anleihe durch Rechtswahl deutschem Recht unterstellt ist), weil deutsche
31
Unternehmen ihre Anleihen zumeist über ausländische Finanzierungstöchter emittieren .
4. Die Gläubigerversammlung
Kern des Schuldverschreibungsgesetzes bilden die Regelungen über die
32
Gläubigerversammlung . Sie ist die gesetzlich verfaßte Interessengemein- schaft der
33
Gläubiger , die Mindestorganisation der Gläubiger untereinander
34
und die gemeinsame Interessenvertretung nach außen .
a) Ihre Rechtsnatur
Die Gläubigerversammlung ist keine Gesellschaft oder Gemeinschaft im Sinne
des BGB oder HGB, s.o. S. 11. Sie ist auch nicht Stellvertreterin der Gläubiger i.S.d. §§ 164 ff.
BGB: Für die Gläubiger handelt kein anderer, sie handeln selbst, da sie die
Gläubigerversammlung konstituieren. Den Gläubigern, die keine dem Mehrheitsbeschluß der
Gläubigerversammlung entsprechende Willenserklärung abgegeben haben, wird nicht etwa die
Willenserklärung der den Mehrheitsbeschluß unterstützenden Gläubiger zugerechnet. Vielmehr
30
31
32
33
34
Vogel, ZBB 96, 321,329
Vogel, ZBB 96, 321,333
Vogel, ZBB 96, 321,329
MünchKomm Hüffer, § 793, Rn. 35
Hopt, FS Steindorf, 341
9
müssen sie aufgrund der in § 1 I SchVG angeordneten Bindungswirkung gegenüber allen
Gläubigern "nur" die (rechts-)gestaltende Wirkung dieser Beschlüsse für und gegen sich gelten
lassen. Grob gesagt liegt also keine Zurechnung von Willenserklärungen, sondern eine
Zurechnung der Rechtsfolgen der Willenserklärungen anderer Gläubiger vor.
Die Gläubigerversammlung ist folglich eine gesellschaftsähnliche Rechtsge- meinschaft eigener
35
Art . Bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 1 SchVG entsteht sie kraft Gesetzes, ein
Gründungsakt oder auch nur ein entsprechen- der Wille der Obligationäre ist nicht erforderlich.
b) Ähnliche Rechtsinstitute
Eine Rechtsähnlichkeit wurde zwischen der Gläubigerversammlung nach dem SchVG und der
36
nach den §§ 173 ff KO gesehen . Jetzt kann wohl eine Parallele zum Gläubigerausschuß gem.
§§ 67 ff.InsO sowie zur Gläubiger- versammlung gem. §§ 74 ff. InsO gezogen werden: Auch
diese Gläubiger- organe handeln für die Gesamtheit der Gläubiger eines Unternehmens, das
sich in einer wirtschaftlichen Krise befindet. Sie entscheiden gem. § 72 und § 76 II InsO
ebenfalls durch Mehrheitsbeschluß (vgl. §§ 10 I, 11 II SchVG); die Beschlüsse der
Gläubigerversammlung nach der InsO müssen gem. § 78 I InsO gleichfalls den gemeinsamen
Interessen der (Insolvenz-) Gläubiger ent- sprechen, vgl. § 1 I SchVG. Schließlich haben sie wie
die Gläubiger- versammlung nach dem SchVG (s. § 11, § 18 SchVG) Mitwirkungsrechte bei
Rechtshandlungen, durch die ihre Rechtsstellung berührt wird, §§ 157, 160, 276 InsO. Soweit es
um die Einschränkung oder Aufgabe von Rechten zugunsten des Schuldners geht, ist die
Gläubigerversammlung nach dem SchVG einer Gläubigergruppe nach § 222 InsO im
Insolvenzplanverfahren der
§§ 217 InsO ähnlich: Auch diese kann bei grundsätzlicher Gleichbehandlung der
Gruppenmitglieder (§ 226InsO -vgl. §§ 12I, 19a I SchVG) durch Mehrheitsbeschluß (§ 244 I InsO -vgl. §§ 10, 11 II SchVG) mit verbindlicher Wirkung auch für die
opponierende Minderheit (§ 254, 248 InsO -vgl. § 1I SchVG) auf
Rechte der Gläubiger verzichten.
c) Ihr Aufgabenkreis
37
Der Aufgabenkreis ergibt sich aus § 1 I, II SchVG : Die Gläubigerver- sammlung soll die
gemeinsamen Interessen und die Rechte aller Gläubiger einer Anleihe wahrnehmen.
d) Ihre Befugnisse außerhalb eines Insolvenzverfahrens
Außerhalb eines Insolvenzverfaherns über das Vermögen des Schuldners ergibt sich der Umfang der Befugnisse der Gläubigerversammlung v.a. aus den
§§ 1 I, II, 10, 11 I, II, 14 I, II, III SchVG:
Gem. § 1 I, II SchVG kann die Gläubigerversammlung zur Wahrung der ge- meinsamen
Interessen der Gläubiger für alle Gläubiger verbindliche Be- schlüsse fassen, d.h. sie hat die
Macht, kraft Mehrheitsbeschluß die abwesen- de oder opponierende Minderheit der
Schuldverschreibungsinhaber zu binden. Die überstimmte Minderheit hat gegen den Beschluß,
35
36
37
Stucke, DM-Auslandsanleihen, S. 55; siehe zudem oben S. 11 zur Ablehnung des Vorliegens einer Gesellschaft
oder Gemeinschaft i.S.d. §§ 705 ff, 741 ff, 420 ff BGB.
Heinemann, JW 33, 84, 85 rechte Spalte
Barella, BB 52, 764
10
soweit er den Anforde- rungen des SchVG genügt, keine Rechtsbehelfe. Hinsichtlich des
Beschluß- gegenstandes existiert nur die Einschränkung, daß er (subjektiv) der Wahrnehmung
der gemeinsamen Interessen der Gläubiger dienen muß, § 1 I
SchVG. Welche Maßnahmen konkret beschlossen werden, hängt von den Um38
ständen des Einzelfalles ab ; insbesondere kann gem. § 11 auch die Aufgabe
oder Beschränkung von Gläubigerrechten beschlossen werden.
Außerdem kann die Gläubigerversammlung gem. § 1 II, § 14 einen gemein- samen Vertreter für
die Gläubiger bestellen und den Umfang seiner Befugnisse bestimmen.
e) Befugnisschranken
Befugnisschranken ergeben sich aus folgenden Normen des SchVG:
Gemäß § 1 III kann die Gläubigerversammlung für die Gläubiger keine Ver- pflichtung zur
Leistung begründen.
Nach § 12 I können in einem Beschluß ungleiche Bedingungen nur mit aus- drücklicher
Zustimmung der zurückgesetzten Gläubiger festgesetzt werden.
Gemäß § 12 III kann auf die dem Nennwert der Schuldverschreibungen entsprechenden
Kapitalansprüche grundsätzlich nicht durch Beschluß der Versammlung verzichtet werden.
§ 11 I erlaubt eine Aufgabe oder Beschränkung von Gläubigerrechten durch die
Gläubigerversammlung höchstens für die Dauer von drei Jahren und nur zur Abwendung einer
Zahlungseinstellung oder des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners.
Eine allgemeine Befugnisschranke ergibt sich schließlich aus § 1 I, II: Die Beschlüsse müssen
zur Wahrung der gemeinsamen Interessen aller Gläubiger gefaßt werden; der
Gläubigervertreter darf nur zur Wahrnehmung der Rechte der Gläubiger bestellt werden. Wie
die sonstigen Befugnisschranken dienen auch diese Normen dem Schutz der von einem
39
Beschluß gleichsam be- troffenen Gläubigerminderheit . Unstreitig sind die "gemeinsamen Inte40
ressen" i.S.d. § 1 I subjektiv zu bestimmen , d.h. die Gläubigermehrheit muß lediglich die
Absicht haben, die gemeinsamen Interessen zu wahren. Bei der Beurteilung der wirtschaftlichen
Lage des Schuldners und der Frage, welche Maßnahmen zur Wahrung der gemeinsamen
Interessen aller Gläubiger erforderlich sind, ist die Gläubigerversammlung in den Grenzen des
SchVG völlig frei. Die Frage, ob der Beschluß dann tatsächlich den gemeinsamen
Gläubigerinteressen dient, unterliegt nicht der richterlichen Nachprüfung, da dies von
wirtschaftlichen Gegebenheiten und der künftigen Entwicklung der wirtschaftlichen Verhältnisse
41
des Schuldners abhängig ist . Der Gläubigerversammlung, genauer der beschließenden Mehrheit muß wegen der zahlreichen, in der Natur der
Sache liegenden Unwägbarkeiten ein Beurteilungs- und Ermessensspielraum eingeräumt
werden; andernfalls sähe sie sich eventuell einem Haftungs- und Rückabwicklungsrisiko bei
objektiv "falschen" Beschlüssen ausgesetzt mit der Folge faktischer Handlungsunfähigkeit. Dagegen
unterliegt bei Anfechtung des Beschlusses der gerichtlichen Nachprüfung, ob
38
39
40
41
Ansmann, SchVG, § 1 Anm. 47
Hopt, FS Steindorf, 342 f.
Ansmann, SchVG, Anm. 47 und 50
Vogel, ZBB 96, 321,330
11
bei Beschlußfassung entgegen § 1 I SchVG bewußt nicht die gemeinsamen
Interessen aller Gläubiger, sondern Sonderinteressen einzelner Gläubiger ver42
folgt wurden .
f) Ihre Befugnisse bei eröffnetem Insolvenzverfahren
Bei einem über das Vermögen des Schuldners eröffnetem Insolvenzverfahren
hat die Gläubigerversammlung aufgrund § 19a II weitergehende Befugnisse:
Demnach sind die §§ 11 I und 12 III SchVG nicht anwendbar, wenn gem. § 218 InsO ein
Insolvenzplan i.S.d. §§ 217 ff. InsO vorgelegt wird. Das bedeutet, daß die
Gläubigerversammlung ohne Einschränkungen des § 11 I einer Auf- gabe oder Beschränkung
von Gläubigerrechten und sogar einem Kapitalverzicht wirksam zustimmen kann.
g) Das Beschlußverfahren, erforderliche Mehrheiten
Das Beschlußverfahren sowie die erforderlichen Mehrheiten sind vor allem in den §§ 3 bis 10,
11 II-V, 12 II SchVG, bei eröffnetem Insolvenzverfahren zudem in §§ 18, 19, 19a SchVG
geregelt. Hervorzuheben ist das Folgende:
Gem. § 3 I, II SchVG hat der Schuldner das Recht und die Pflicht -wenn dies der
Gläubigervertreter oder Obligationäre, deren Schuldverschreibungen zusammen 5% des im
Umlauf befindlichen Gesamtbetrages erreichen, beantragen-, die Gläubigerversammlung
einzuberufen.
Das Amtsgericht kann gem. § 4 SchVG die Antragsteller i.S.d. § 3 II SchVG zur Einberufung der
Versammlung ermächtigen, wenn der Schuldner einem
Antrag gem. § 3 II SchVG nicht Folge leistet.
Gem. § 6 und 7 SchVG müssen die Berufung der Gläubigerversammlung, ihr Zweck sowie die
Gegenstände der Beschlußfassung vorher zweimal bekannt- gemacht werden.
Die Beschlüsse müssen gem. § 9 SchVG durch ein über die Verhandlung notariell
aufgenommenes Protokoll beurkundet werden.
Die Beschlüsse bedürfen grundsätzlich der Mehrheit der abgegebenen Stimmen, § 10 I SchVG,
der Schuldner ist für die in seinem Besitz befindlichen Schuldverschreibungen nicht
stimmberechtigt, § 10 IV 1 SchVG.
Der Beschluß, durch den Rechte der Gläubiger aufgegeben oder beschränkt werden, bedarf
einer qualifizierten Mehrheit, nämlich mind. 75% der abgegebenen Stimmen (§ 11 II 1 SchVG)
und mind. die Hälfte des Nennwerts
der im Umlauf befindlichen Schuldverschreibungen (§ 11 II 2 SchVG).
Der Schuldner hat alsbald eine zweite Versammlung zu berufen, wenn in
einer ersten Versammlung nicht die nach § 11 II 2 SchVG erforderliche Mehrheit zustande kam,
und die Versammlung dies beschließt oder ein etwa
bestellter Vertreter dies beantragt, § 11 V SchVG.
Nach § 12 II SchVG hat der Schuldner den Beschluß bekanntzumachen.
42
Ansmann, SchVG, § 1 Anm. 47; Heinemann, JW 33, 84 ff.
12
Sofern über das Vermögens des Schuldners das Insolvenzverfahren eröffnet ist, wird die
Versammlung vom Insolvenzgericht einberufen und geleitet, § 18 II SchVG, insbesondere um
einen gemeinsamen Gläubigervertreter durch die Versammlung zu bestellen, § 18 III SchVG.
h) Der nichtige Beschluß, der wirksame Beschluß: Rechtsfolgen
Sofern o.g. Befugnisschranken mißachtet werden, ist der entsprechende Be43
schluß gemäß § 134 BGB i.V.m. der Norm des SchVG, die mißachtet wurde, nichtig . Freilich
finden auch die allgemeinen Nichtigkeitsgründe (§§ 138, 139, 119 f. 123, 826 etc.)
44
Anwendung . Dies kann von jedem Gläubiger im Wege der Klage oder der Einrede geltend
gemacht werden und ist zudem von Amts wegen zu beachten, sofern es sich nicht um einen
bloßen Anfechtungsgrund handelt.
Soweit dagegen die Befugnisschranken und die Verfahrensregelungen beachtet wurden und die
erforderliche Mehrheit vorlag, ist der Beschluß mit
Beschlußfassung sofort und unbedingt wirksam. Wurde mit dem Beschluß einem Antrag des
Schuldners entsprochen oder nimmt der Schuldner einen im Beschluß liegenden Antrag der
Gesamtheit der Gläubiger an, so werden dadurch regelmäßig kraft Vertrages die
Anleihebedingungen für den Schuld- ner und für alle aktuellen und künftigen
Schuldverschreibungsinhaber verbind- lich geändert. Diese Änderung muß zu ihrer Wirksamkeit
45
auch gegenüber einem gutgläubigen Erwerber einer Obligation wohl nicht in den einzelnen
Teilschuldverschreibungsurkunden Verlautbarung finden, d.h. ein gutgläubiger
Erwerb der Partialobligation zu den "alten" Bedingungen ist nicht möglich; das
ergibt sich aus folgenden Überlegungen:
Ein solcher Vermerk der Änderung der Anleihebedingungen durch Beschluß und seine
Annahme ist im SchVG als lex specialis zu den §§ 793 ff. BGB, insbesondere zu § 796 BGB,
nicht vorgesehen, vielmehr wird durch die nach § 12 II i.V.m § 6 I SchVG vorgeschriebene
Bekanntmachung des Beschlusses in gewisser Weise eine potentielle Erwerber schützende
Publizität erzielt. Andernfalls könnte die verbindliche Wirkung des Beschlusses für alle Gläubiger gem.§ 1 I SchVG und damit die Änderung der Anleihebedingungen samt dem regelmäßig
damit verfolgten Sanierungskonzept durch einzelne Gläubiger durch Verkauf der
Partialobligation an Gutgläubige zunichte gemacht werden.
i) Minderheitenschutz
Der Minderheitenschutz wird insbesondere durch die Normen, die die Befug- nisse der
Gläubigerversammlung und des Gläubigervertreters einschränken, für bestimmte
Beschlußgegenstände qualifizierte Mehrheiten vorschreiben und
46
der Minderheit Verfahrensrechte einräumen, gewährleistet, s.o. e), g) und h) .
5. Der Gläubigervertreter
43
44
45
46
Ansmann, SchVG, § 1 Anm. 50 f.
Heinemann, JW 33, 84, 85
so jedenfalls Ansmann, SchVG, § 1 Anm. 43
Hopt, FS Steindorf, 342 f.
13
Die Gläubigerversammlung hat gemäß § 1 II SchVG das Recht, einen (oder mehrere)
Gläubigervertreter zu bestellen. Seine Rechtsstellung ist in den §§ 1 II, 3 II, 4, 14, 14a, 15, 16 III,
IV, 18 III, 19, 20 SchVG geregelt.
a) Aufgabe des Vertreters
Die Aufgabe des Vertreters ergibt sich grundsätzlich aus § 1 II SchVG: Er soll die Rechte der
Gläubiger wahrnehmen, insbesondere durch gerichtliche Gel- tendmachung der
Obligationärsrechte, durch Überwachung des Geschäftsbe- triebs des Schuldners, durch
47
Vorbereitung und Durchführung von Beschlüssen der Gäubigerversammlung etc .
b) Als Vertreter ausgeschlossene Personen
§ 14a I SchVG regelt, welche Personen nicht zum Gläubigervertreter bestellt werden sollen; z.B.
Personen, die einem Organ des Schuldners oder einem Kreditgeber des Schuldners angehören
(§ 14a I Nr. 1 SchVG) oder auf die der Schuldner oder ein Gläubiger des Schuldners
maßgebenden Einfluß ausübt (§ 14a I Nr. 3 SchVG). Auf diese Weise sollen
48
Interessenkollisionen vermieden und die Unparteilichkeit des Vertreters gewährleitet werden .
Eine mögliche Verletzung des § 14a I SchVG kann gemäß § 14a II SchVG von einer
Gläubigerminderheit, die mind. 5% des Nennwerts der im Umlauf befindlichen
Schuldverschreibungen erreicht, durch Widerspruch zum
Amtsgericht geltend gemacht werden. Ist der Widerspruch begründet, bestellt
das Gericht endgültig einen anderen Vertreter, § 14 II 5,6 SchVG.
c) Die Bestellung des Vertreters
erfolgt durch Beschluß der Gläubigerversammlung gemäß den §§ 14, 14a SchVG. Für die Wahl
des Vertreters ist grundsätzlich die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen gem. § 10 I
SchVG ausreichend, wenn ihm nicht besondere Befugnisse eingeräumt werden.
d) Die Befugnisse des Vertreters; Befugnisschranken
Die Gläubigerversammlung hat bei Bestellung des Vertreters zugleich den
Umfang seiner Befugnisse zu bestimmen, § 14 I SchVG. Aufgaben und Rechtsmacht des
49
Vertreters werden also allein durch die Gläubiger- versammlung erteilt . Dies ist eine
Ausprägung des Prinzips der Gläubiger50
autonomie .
Die gesetzlichen Befugnisse des Gläubigervertreters (die gemäß § 20 SchVG in den
Anleihebedingungen nicht eingeschränkt werden können) sind folgende: Er kann gem. § 3 II
SchVG einen Antrag auf Einberufung der Gläubigerversammlung (oder gemäß § 11 V SchVG auf alsbaldige Einberufung einer "zweiten
Versammlung") stellen und sich gem.§ 4 SchVG bei Untätigkeit des Schuldners vom
47
48
49
50
Ansmann, SchVG, § 14 Anm. 1
Vogel, ZBB 96, 321,332
Stucke, DM-Auslandsanleihen, S. 60
Vogel, ZBB 96, 321,332
14
Amtsgericht zur Einberufung ermächtigen lassen. Gemäß § 14 IV SchVG ist er gesetzlicher
51
Vertreter der Gläubiger, wenn er für die Gesamtheit der Gläubiger Rechtsstreite führt . Aus §
15 SchVG ergeben sich Teilnahmerechte an Mitgliederversammlungen sowie Einsichts- und
Auskunfts- rechte gegenüber den Schuldnern, die Gesellschaft oder juristische Person sind,
deren Mitglieder in Versammlungen Beschlüsse fassen. Diese Rechte sollen dem Vertreter
insbesondere ermöglichen, die wirtschaftliche Entwick- lung des Schuldners zu überwachen und
52
entsprechende Beschlüsse der Gläubigerversammlung vorzubereiten, vgl. § 15 III SchVG . Ist
über das Vermögen des Schuldners das Insolvenzverfahren eröffnet, so kann der Vertreter gem.
§ 19 SchVG die Forderungen der Obligationäre anmelden.
Die Gläubigerversammlung kann dem Vertreter freilich weitere Befugnisse verleihen. Da dieser
jedoch seine Befugnisse einzig aus den Befugnissen der
Gläubigerversammlung ableitet, kann er von der Gläubigerversammlung nicht zu
weitergehenden Maßnahmen ermächtigt werden, als sie selbst beschließen
53
könnte . Daher gelten die Befugnisschranken der Gläubigerversammlung entsprechend für den Gläubigervertreter, s.o. 4. e). Demnach ist der Vertreter nur aufgrund eines
ihn besonders ermächtigenden Beschlusses zum Verzicht auf
Gläubigerrechte befugt, wobei für diesen Beschluß die §§ 11-13 SchVG gelten, d.h. vor allem ist
eine qualifizierte Mehrheit gem. § 11 II SchVG und Bekanntmachung des Beschlusses gem. § 6
I SchVG erforderlich, § 14 III SchVG. Das Erfordernis einer mit qualifizierter Mehrheit
beschlossenen Ermächtigung dient dem Minderheitenschutz und soll die Gläubiger allgemein
"vor unliebsamen Überraschungen bewahren" (Anmann, SchVG, § 14 Anm. 10). Ebenfalls dem
Minderheitenschutz dient das Erfordernis einer quali- fizierten Mehrheit, wenn der Vertreter zur
Geltendmachung von Gläubiger- rechten ermächtigt wird und die Gläubigerversammlung
zugleich die Befugnis des einzelnen Gläubigers zur selbständigen Geltendmachung seiner
Rechte ausschließt, § 14 II SchVG.
e) Rechtsstellung des Vertreters zu den Gläubigern
Im Außenverhältnis, also bei rechtserheblichem Handeln des Vertreters ge- genüber einem
Nichtgläubiger, ist der Vertreter nach h.Lit. der gesetzliche Vertreter aller Gläubiger, arg. §§ 14
54
IV, 1 II SchVG . Die Geltung der Vertreterhandlungen für und gegen die Gläubiger bestimmt
sich nach den §§
164 ff. BGB.
Im Innenverhältnis entsteht zwischen den Gläubigern und dem Vertreter durch
die Annahme der Wahl ein Vertragsverhältnis, das vor allem aufgrund des
Vergütungsanspruches des Vertreters gem. § 14a III 2 SchVG als Dienst- vertrag, der eine
Geschäftsbesorgung zum Gegenstande hat, zu qualifizieren
55
ist , § 675 I Alt. 1, § 611 BGB. Dieser Vertrag verpflichtet den Vertreter zur
51
52
53
54
55
Die Befugnis, den Gläubigerverband gerichtlich zu vertreten, steht ihm jedoch nicht kraft Gesetzes zu,sondern
nur auf Grund eines ermächtigenden Beschlusses der Gläubigerversammlung: Ansmann, SchVG, § 14 Anm. 12
Barella, BB 52, 764, 765
Ansmann, SchVG, § 14 Anm. 3
Stucke, DM-Auslandsanleihen, S. 60; Vogel, ZBB 94, 321, 331 m.w.N.
Ansmann, SchVG, § 14 Anm. 21; aA Stucke, DM-Auslandsanleihen, S. 61: Auftrag
15
Wahrnehmung der Interesses aller Gläubiger nach Maßgabe des SchVG und
des Beschlusses der Gläubigerversammlung, in dem der Umfang seiner Befugnisse bestimmt
wurde.
f) Die Abberufung des Vertreters
Sie richtet sich grundsätzlich nach den Anleihebedingungen. Als Ausdruck des Prinzips der
Gläubigerautonomie steht einer in § 14 VI 2 SchVG bezeichneten
qualifizierten Gläubigermehrheit stets und ohne Rücksicht auf die Anleihebe- dingungen das
Recht zur Abberufung des Vertreters zu, § 14 VI 1 SchVG (außer der Vertreter wurde durch das
Gericht bestellt, dann ist dieses zur Abberufung zuständig, § 14 VI 3 SchVG) . In § 16 IV SchVG
ist zudem ein die Gläubigerminderheiten schützendes Recht verankert; demnach kann eine
Minderheit von mind. 20% der im Umlauf befindlichen Schuldverschreibungen bei Vorliegen
eines wichtigen Grundes die Abberufung des Vertreters durch das Gericht beantragen.
V. Sonstige gesetzlich geregelte Gläubigervertreter (/-treuhänder)
Lediglich in Teilbereichen der Gläubigerrechtsstellung hat der deutsche Gesetzgeber über das
SchVG hinaus eine Kollektivierung der Wahrnehmung der Gläubigerinteressen und -rechte
normiert:
1. Der Grundbuchvertreter gemäß § 1189 BGB
Bei einer nach § 1187 (§ 1188) BGB bestellten Sicherungshypothek für die Forderungen aus
Schuldverschreibungen kann für den jeweiligen Gläubiger
gemäß § 1189 BGB ein Vertreter bestellt werden. Dieser hat die Befugnis, mit Wirkung für und
gegen jeden späteren Gläubiger bestimmte Verfügungen über die Hypothek zu treffen und die
Gläubiger bei der Geltendmachung der Hypothek zu vertreten. Nach § 1189 I 1 BGB hat er also
(nur) die Befugnis, die
zur Sicherung der obligatorischen Forderung begründeten dinglichen Rechte für die
Obligationäre wahrzunehmen. Der Gesetzgeber ermöglicht somit Verfügungen über die Sicherungshypothek, die ohne eine Vertreter wegen der Vielzahl der
56
Gläubiger praktisch kaum möglich wären . Des weiteren räumt ihm § 16 II SchVG i.V.m. §§ 3, 7
III SchVG das Recht ein, einen Antrag auf Berufung einer Gläubigerversammlung zu stellen,
sich bei Untätigkeit des Schuldners zur Einberufung durch das Amtsgericht ermächtigen zu
57
lassen und Gegenstände zur Beschlußfassung anzukündigen . Der Grundbuchvertreter ist
58
rechtsgeschäftlicher Stellvertreter i.S.d. §§ 164 ff. BGB .
In der Anleihenpraxis ist die Bestellung einer Sicherungshypothek als Sicherungsmittel jedoch eher unüblich, die Bedeutung des Grundbuchvertreters
59
i.S.d. § 1189 BGB ist daher sehr gering .
56
57
58
59
Stucke, DM-Auslandsanleihen, S. 52
Bruns, WM 57, 147. 148
Palandt-Bassenge, § 1189 Rn 4
Stucke, DM-Auslandsanleihen, S. 53
16
2. Der Treuhänder nach §§ 29 ff. HypBankG
Dieser Treuhänder, der gem. § 29 I, II HypBankG durch die Aufsichtsbehörde
60
zu bestellen ist, ist der Interessenwahrer der Pfandbriefgläubiger . Er hat gem. § 30 I 1. HS
HypBankG vor allem die Aufgabe, die vorschriftsmäßige Deckung (§§ 6 I 1, 40 I HypBankG) der
Hypothekenpfandbriefe zu überwachen, die Eintragung der zur Deckung verwendeten Werte in
das Hypothekenregister sicherzustellen (§ 30 II HypBankG), diese Werte nebst Urkunden zu
verwahren (§ 31 I HypBankG), und darauf zu achten, daß der Gesamtbetrag der im Umlauf
befindlichen Hypothekenpfandbriefe die in § 7 HypBankG bezeichnete Grenze nicht
überschreitet, § 30 V HypBankG. Zur Erfüllung seiner Aufgaben gewährt im § 32 HypBankG ein
Einsichts- und Auskunftsrecht gegen die Bank.
Der Treuhänder gem. §§ 29 ff. HypBankG ist kein Stellvertreter i.S.d. §§ 164 ff. BGB, da seine
Bestellung nicht durch die Gläubiger kraft Rechtsgeschäft, sondern durch die Aufsichtsbehörde
erfolgt. Er ist nicht befugt, die aus den Pfandbriefen resultierenden Gläubigerrechte
61
wahrzunehmen , er hat "nur" für
die Werthaltigkeit der Sicherung der Pfandbriefe zu sorgen.
VI. Die Problematik des eingeschränkten Anwendungsbereiches des
SchVG und entsprechender ausländischer Gesetze
1. Beschränkung des SchVG auf Inlandsaleihen; Rechtsfolgen bezüglich Auslandsanleihen
Der in § 1 SchVG normierte Anwendungsbereich, also die Beschränkung der
Anwendbarkeit des SchVG auf reine Inlandsanleihen, erweist sich in der
Anleihenpraxis als problematisch. Daraus folgt nämlich, daß auf alle Anleihen, die im Ausland
emittiert werden, das SchVG nicht anwendbar ist, selbst wenn
sie (zulässigerweise und bis 1992 von der Deutschen Bundesbank auch so
62
erwünscht ) deutschem Recht unterstellt werden. Dies ergibt sich aus dem eindeutigen
Wortlaut des § 1 I SchVG. Somit besteht für die Anleihegläubiger
keine gesetzliche Gläubigerorganisation und damit auch nicht die Möglichkeit,
durch die Gläubigerversammlung einen gemeinsamen Vertreter gemäß den
Bestimmungen des SchVG zu wählen. Eine kraft Gesetzes vorgesehene Bündelung der
Gläubigerinteressen und der Schutz der Gläubigerminderheiten
findet daher nicht statt. Die Folge ist, daß die Instrumente des SchVG kaum praktische
63
Bedeutung erlangt haben .
60
61
62
63
Palandt-Bassenge, vor § 1113 Rn 5
Stucke, DM-Auslandsanleihen, S. 53
Grundmann in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch, § 112, Rn. 120.
Grundmann in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch, § 112, Rn. 129.
17
2. Anwendungsbereich der dem SchVG entsprechenden ausländischen
Normen
Soweit auf die Anleihe ausländisches Recht anwendbar ist, das dem SchVG ähnliche
Rechtsinstitute der Gläubigerorganisation oder -vertretung vorsieht, liegt regelmäßig die gleiche
Problematik vor, da die gesetzlichen Bestim- mungen in der Regel nicht auf die Verhältnisse von
Anleihen mit Obligationären in verschiedenen Ländern zugeschnitten sind und zudem ihr
Anwendungs bereich auf Inlandsanleihen oder sogar Anleihen inländischer
64
Emittenten beschränkt ist ; so z.B. für Frankreich gemäß Art. 339 L. 24 Juill.
65
66
1966 bezüglich der masse des obligataires oder für die Schweiz gem. Art. 1157 I OR . Soweit
die Anleihe deutschem Recht unterstellt ist, so regelmäßig bei den DM-Auslandsanleihen,
greifen diese Vorschriften ohnehin nicht ein.
3. Erfordernis der Kollektivierung der Gläubigerrechte auch bei Auslandsanleihen
Damit stellt sich das Problem, daß bei Auslandsanleihen keine gesetzliche
Mindestorganisation der Gläubiger und keine gemeinsame Interessen- vertretung nach außen
existiert, obwohl sie gerade bei diesem Anleihetyp nötig wären: Das Erfordernis der Zustimmung
aller Anleihegläubiger zu einer Änderung der Anleihebedingungen ist praktisch unerfüllbar,
67
ebenso die gemeinsame Geltendmachung der Rechte der Obligationäre gegen den Schuldner
oder die Überwachung des Schuldnrs.
4. Keine analoge Anwendbarkeit des SchVG auf Auslandsanleihen
Aber auch die analoge Anwendbarkeit des SchVG auf deutschem Recht unterstellte Anleihen
68
ausländischer Emittenten ist zu verneinen :
Zum einen ist das Vorliegen einer Gesetzeslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit
69
des Gesetzes zu verneinen, weil sich der Gesetzgeber ausweislich der amtlichen Begründung
bewußt gegen die Anwendbarkeit des SchVG auf ausländische Schuldverschreibungen
entschieden hat.
Des weiteren ist eine Gesamtanalogie abzulehnen, weil einige Vorschriften
des SchVG nicht auf den internationalen Anleihenverkehr passen und einige
bei analoger Anwendung zudem die Regelungsbefugnis des deutschen Gesetzgebers
70
überschreiten würden : So greift z.B. § 15 SchVG in die der Rechtsordnung des Heimatrechts
des Emittenten unterliegende mitgliedschaft64
65
66
67
68
69
70
Stucke, DM-Auslandsanleihen, S. 15 f. m.w.N.
Code de Commerce von Dalloz, Stand 1994-1995
Hopt, FS Steindorf, 341, 350
Hopt, FS Steindorf, 341, 345
Stucke, DM-Auslandsanleihen, S. 67 ff.; Hopt, FS Steindorf, 341, 349 ff.
Die maßgebliche Stelle ist abgedruckt bei Hopt, FS Steindorf, 341, 349 in Fn. 37.
Hopt, FS Steindorf, 341, 347 f.
18
71
liche Organisation des Schuldners ein ; ein solcher Eingriff in das ausländische Gesellschaftsund Unternehmensrecht wäre mit den Grund- gedanken des deutschen IPR unvereinbar und
würde wohl zudem unter dem
jeweiligen ausländischen Gesellschafts- und Unternehmensrecht keine Aner72
kennung finden . Zudem kann der deutsche Gesetzgeber nicht die Zuständigkeit ausländischer Gerichte und Aufsichtsbehörden begründen, was aber bei einer analogen
73
Anwendung der §§ 4, 5, 6, 13 SchVG faktisch der Fall wäre .
Auch die insolvenzrechtlichen Bestimmungen der §§ 18 ff. SchVG könnten mit den
74
entsprechenden Regelungen des Heimatstaates des Emittenten unvereinbar kollidieren . Somit
fehlt es für eine Gesamtanalogie zum Teil an
einer Vergleichbarkeit des Sachverhalts, zum Teil ist sie wegen entgegen- stehender
(ausländischer) gesetzlicher Regelungen unzulässig.
Schließlich ist auch eine Teilanalogie hinsichtlich der Normen über die Gläubigerversammlung
75
und den Gläubigervertreter abzulehnen , da dieses
Herausgreifen einzelner Bestimmungen willkürlich und damit der Rechts- sicherheit in hohem
Maße abträglich wäre, zudem die erforderliche Rege- lungslücke zu verneinen ist, s.o., und
manche grundlegenden Bestimmungen des SchVG betreffend die Gläubigerversammlung und
den Gläubigervertreter
von der Anleihepraxis als unzweckmäßig qualifiziert werden, eine Teilanalogie
76
also gar nicht gewollt ist .
5. Bedeutung des SchVG für Auslandsanleihen
Trotz seiner Unanwendbarkeit auf Auslandsanleihen ist das SchVG für diese
nicht unbedeutend. So kann sich die Gestaltung von Anleihebedingungen, in denen eine
Gläubigerorganisation oder ein Gläubigervertreter geregelt werden
soll, an den Grundgedanken und den Strukturen des SchVG orientieren. Des weiteren kann das
SchVG zur Auslegung von Anleihebedingungen herangezogen werden, die den Normen des
SchVG entsprechen oder die auf diese verweisen. Schließlich kann das SchVG die Funktion
eines gesetzlichen Leitbildes gemäß § 9 II Nr. 1 AGBG im Rahmen der Inhaltskontrolle nach
77
dem AGBG haben .
6. Problemlösungsansätze
Stellt sich ein unabweisbares Bedürfnis des Schuldners zu einer Änderung der
Anleihebedingungen heraus, kann sich der Schuldner evtl. unter strengen Voraussetzungen und
sicherlich beschränkt auf Ausnahmefälle auf die Grundsätze von der Störung der
71
72
73
74
75
76
77
Than, FS Coing, 521, 530
Hopt, FS Steindorf, 341, 348
Hopt, FS Steindorf, 341, 348
Than, FS Coing, 521, 531
Stucke, DM-Auslandsanleihen, S. 71 f.
Hopt, FS Steindorf, 341, 349
Vogel, ZBB 96, 321,334
19
Geschäftsgrundlage oder auf eine Zustim- mungspflicht der Anleihegläubiger ähnlich der
gesellschafterlichen Treuepflicht berufen. In krassen Ausnahmefällen könnte dem Schuldner die
Berufung auf
§ 242 BGB gestattet werden, wenn die Anleihegläubiger als gegen Treu und
78
Glauben verstoßend angesehen werden müssen .
Bezüglich der Rechtsstellung der Gläubiger gilt Folgendes: Sofern auf eine Anleihe keine
gesetzliche Regelung einer Gläubigerversammlung oder eines Gläubigervertreters anwendbar
ist, können entsprechende Regelungen vertraglich in den Anleihebedingungen getroffen
werden. Außerdem kann vor allem bei DM-Auslandsanleihen inzwischen die Geltung
ausländischen Rechts vereinbart werden mit der Folge neuer Gestaltungsmöglichkeiten
hinsichtlich der Kollektivierung von Gläubigerrechten, z.B. durch Vereinbarung eines anglo79
amerikanischen trusts .
Im folgenden sollen einige der kautelarrechtlichen Gestaltungen kurz dargestellt werden.
VII. Kautelarrechtliche Rechtsinstitute der Gläubigervertretung bei Geltung
deutschen Rechts
Bei Geltung deutschen Rechts finden sich in der Anleihepraxis verschiedene
kautelarrechtliche Gestaltungen, die wenigstens eine teilweise Bündelung der
Interessen und Rechte der Gläubiger bewirken sollen.
1. Der vertragliche Gläubigervertreter, die vertragliche Gläubigerversammlung
Die Möglichkeit, in den Anleihebedingungen eine Regelung für einen vertraglichen Gläubigervertreter oder eine vertragliche Gläubigerversammlung zu treffen, ergibt sich
80
schon aus § 16 I SchVG . Soweit das SchVG anwendbar ist, haben diese dann gem. § 16 II
SchVG i.V.m.§§ 3, 7 III SchVG jedenfalls das Recht, die Einberufung der Versammlung zu
beantragen und die Beschlußgegenstände anzukündigen. Ansonsten können die Befugnisse
des
Vertreters und der Gläubigerversammlung grundsätzlich frei bestimmt werden.
81
a) Die Rechtsgrundlage für die kautelarische Gestaltung
Nach heute h.M. richtet sich der Inhalt und der Umfang des Leistungsversprechens des Emittenten der Schuldverschreibungen gemäß der durch das Rechtsscheinsprinzip
82
ergänzten Vertragstheorie nach dem Inhalt der Urkun- de, den der Emittent im Rahmen der §§
793 ff. BGB regelmäßig ohne Einwirkungsmöglichkeit der künftigen Gläubiger selbst bestimmen
kann.
78
79
80
81
82
Hopt, FS Steindorf, 341, 378 f.
Siebel, Internationale Anleihen, S. 676 f.
Ansmann, SchVG, § 20 Anm. 1,2
Hopt, FS Steindorf, 341, 352 ff.
MünchKomm Hüffer, vor § 793, Rn. 22 ff.
20
Das heißt, daß der Gläubiger die Rechte nur in dem Maße erwirbt, als sie in den
Anleihebedingungen festgelegt sind. Aufgrund §§ 793 I 1, 796 Alt. 2 BGB ist es erforderlich,
daß diese Anleihebedingungen in der Urkunde enthalten sind, wobei freilich ergänzend die
gesetzlichen Bestimmungen zu beachten sind.
Ausnahmsweise genügt eine pauschale Bezugnahme auf andere Dokumente sofern sie den Anleihegläubigern frei zugänglich sind-, z.B. den Emissionsprospekt, wenn dort Regelungen enthalten sind, die üblich sind, der Erwerber der
83
Schuldverschreibung also mit ihr rechnen muß . Das bedeutet, daß die wesentlichen
Regelungen über die Gläubigerversammlung oder einen Gläubigervertreter als den Inhalt und
den Umfang sowie die Modalitäten der Leistungspflicht des Emittenten bestimmend in den
Teilschuldverschreibungsurkunden selbst enthalten sein müssen. Konstruktiv kann die Ermächtigung zur Ausübung von
Gläubigerrechten durch ein Kollektivorgan oder durch einen Vertreter dann so erklärt werden,
daß der Obligationär bei Erwerb der Schuld- verschreibung konkludent die entsprechenden
Erklärungen, die in den Anleihebedingungen vorformuliert sind, abgibt, also dem Kollektivorgan/dem Vertreter eine
84
entsprechende Vollmacht erteilt oder eine Einwilligung i.S.d. § 185 I BGB abgibt .
b) Der mögliche Inhalt der kautelarischen Gestaltung von Gläubigerversammlung und -vertreter
85
Diesbezüglich hat der Emittent grundsätzlich freie Gestaltungsmöglichkeit .
Zu unterscheiden sind verfahrensrechtliche Klauseln (z.B. Verfahren der Einberufung der
Gläubigerversammlung, Beschlußfassung, erforderliche Mehrheiten, Bekanntmachung des
Beschlusses etc.) und materiellrechtliche Klauseln (z.B. möglicher Beschlußgegenstand,
86
Befugnisse der Versammlung oder des Vertreters zum Eingriff in Gläubigerrechte etc.) .
Vorgesehen werden kann eine Gläubigerversammlung und/oder ein Gläubigervertreter beispiels
weise entsprechend der Regelungen des SchVG. Freilich können auch abweichende
Bestimmungen getroffen werden, z.B. können der Gläubigerversammlung oder auch dem
Schuldner weitergehende Befugnisse eingeräumt werden als dies nach dem SchVG der Fall ist.
Außerdem können z.B. Regelungen für den Fall von Leistungsstörungen getroffen werden, die
unmittelbar gelten, also ein Handeln der Gläubigerversammlung oder des Gläubigervertreters
überflüssig machen.
c) Grenzen der Gestaltungsfreiheit
Aufgrund des numerus clausus des deutschen Rechts hinsichtlich der Gesellschaftstypen und der juristischen Personen kann durch die Anleihe- bedingungen keine der
87
französischen société des obligataires entsprechende Rechtsperson geschaffen werden .
Eine Regelung, durch die einer Gläubigermehrheit die Möglichkeit gegeben wird, die
Gläubigerminderheit auch diese bindend unter Eingriff in die Obligationärsrechte zu
83
84
85
86
87
Siebel, Anleihen, S. 684
Stucke, DM-Auslandsanleihen, S. 244 ff.
zahlreiche Beispiele in Hopt, FS Steindorf, 341, 356 ff.
Hopt, FS Steindorf, 341, 356 ff.
Than, FS Coing, 521, 523, 535
21
88
überstimmen, stößt dagegen nicht auf Bedenken , solange sich diese Möglichkeit aus der
Urkunde selbst ergibt: Es gilt der Grundsatz, daß der Gläubiger alles bezüglich seiner
Rechtsstellung Wesent- liche aus dem Text der Urkunde oder aus dem Gesetz entnehmen
89
können muß . Dann nämlich erwirbt der Obligationär sein Recht bereits unter der Bedingung,
daß dieses durch einen Mehrheitsbeschluß abgeändert werden kann. Zudem sieht das SchVG,
das als gesetzliches Leitbild fungieren kann, ebenfalls diese Möglichkeit vor, § 1 I SchVG.
Soweit die skripturrechtlichen Anforderungen gewahrt sind, ist daher auch die die
Gläubigerversammlung oder den Gläubigervertreter zu einer Änderung der Anleihebedingungen
90
ermächtigende Regelung statthaft , jedenfalls, solange entsprechend § 1 I SchVG diese
Ermächtigung klar begrenzt ist auf den Zweck der Wahrung der gemeinsamen Interessen aller
Gläubiger, und der Grundsatz der Gleichbehandlung der Obligationäre entsprechend § 12 I
SchVG beachtet wird.
Unter diesen Voraussetzungen ist auch zulässig, daß zugunsten einer
kollektiven Rechtsausübung und Anspruchsdurchsetzung die individuelle Ausübungsbefugnis
91
der Gläubigerrechte bei Leistungsstörungen einge- schränkt wird .
Da auf die Anleihebedingungen jedenfalls über § 7 AGBG das AGBG Anwendung findet, s.o. S.
5 Fn 8, müssen schließlich insbesondere im Hinblick auf die grundsätzlich zulässige Möglichkeit
zum Eingriff in Gläubigerrechte auch die Anforderungen bezüglich der Einbeziehungs- und der
Inhaltskontrolle beachtet werden. Für diese ist als gesetzliches Leitbild i.S.d. § 9 II Nr. 1 AGBG
das SchVG maßgeblich. Von den dort vorgesehenen Regelungen des Minderheitenschutzes
92
sollte daher nicht wesentlich abgewichen werden .
2. Der (Sicherheiten)Treuhänder
In zahlreichen Anleihen bei Geltung deutschen Rechts ist die Einsetzung eines
Treuhänders für vom Emittenten bestellte Sicherheiten in den Anleihe- bedingungen
vorgesehen. Regelmäßig fungiert die konsortialführende Bank als Treuhänderin. Ihr werden
gemäß dem Übernahmevertrag zwischen der Bank und dem Emittenten die Sicherheiten
bestellt, die sie für die Anleihe- gläubiger zu verwalten und gegebenenfalls durchzusetzen hat.
93
Es liegt also regelmäßig ein Vertrag zugunsten der Anleihegläubiger i.S.d. §§ 328 ff. BGB vor ,
ohne daß den Gläubigern hinsichtlich der Sicherheiten ein eigenes Forderungsrecht zusteht. Zu
beachten ist daher, daß der Treuhänder selbst die Ansprüche aus den bestellten Sicherheiten
94
erwirbt, er also Vollrechts- inhaber wird .
Somit wird wenigstens hinsichtlich der Sicherheiten eine Kollektivierung der Gläubigerinteressen
erreicht. Der Vollrechtserwerb des Treuhänders hinsichtlich der Sicherheiten vereinfacht die
Bestellung und die Verwaltung und Geltendmachung der Sicherheiten erheblich im Vergleich mit
der Sicherheitenbestellung zugunsten jedes einzelnen Gläubigers.
88
89
90
91
92
93
94
Than, FS Coing, 521, 523, 535 f.
Hopt, FS Steindorf, 341, 362
Than, FS Coing, 521, 523, 539
Grundmann in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch, § 112, Rn. 131.
Hopt, FS Steindorf, 341, 364 ff.
Than, FS Coing, 521, 523, 525 ff.
Stucke, DM-Auslandsanleihen, S. 225 ff.
22
Aufgrund des Treuhandvertrages ist der Treuhänder zum Handeln im Interesse der Gläubiger
verpflichtet. Regelmäßig richten sich die Rechte und
95
Pflichten des Treuhänders gegenüber den Gläubigern nach Auftragsrecht .
Zu einem Eingriff in die Rechte der Gläubiger ist der Sicherheitentreuhänder mangels
entsprechener Ermächtigung nicht berechtigt.
Die Einräumung weitergehender Befugnisse zugunsten des Treuhänders unter
gleichzeitiger Aufgabe der entsprechenden Rechte durch die Gläubiger zum Zwecke der
Kollektivierung ist nur in beschränktem Umfang möglich:
Die in der Schuldverschreibungsurkunde genannten Zahlungsansprüche können aufgrund der
skripturrechtlichen Anforderungen der §§ 793 I 1, 796 BGB nur den Gläubigern als
Wertpapierinhabern zustehen. Aus diesen Ansprüchen resultierende Rechte können daher nicht
zur Geltendmachung einem Dritten übertragen werden. Auch die Befugnis zur Änderung der
Anleihebedingungen kann, soweit die essentiellen Rechte der Gläubiger betroffen sind, nicht auf
96
den Treuhänder übertragen werden; das zeigt die Wertung des SchVG . Eine dinglich wirkende
Aufspaltung der Gläubigerrechte am Treugut zugunsten des Treuhänders ist wegen § 137 S. 1
BGB anders als nach dem anglo-amerikanischen Rechtsinstituts des trusts nicht möglich, ent97
weder ist der Treugeber oder der Treuhänder Vollrechtsinhaber .
VIII. Rechtsinstitute der Gläubigervertretung nach ausländischem Recht
Eine gesetzliche Regelung von Rechtsinstituten zur Kollektivierung der Gläubigerinteressen
98
findet sich in zahlreichen Staaten, z.B. der Schweiz, Luxemburg, Spanien, Japan etc. .
Beispielhaft wird kurz die masse des obligataires nach französischem Recht dargestellt.
Ein praktisch wichtiges Rechtsinstitut der Kautelarpraxis ist der anglo-amerikanische trust. Auch
dieser wird kurz erläutert.
1. Die masse des obligataires nach französischem Recht
Die Loi N° 66-537 du 24 juillet 1966 sur les sociétés commerciales sieht in
99
100
Chapitre V, Artt. 293 ff. als Gläubigerorganisation die masse des obligataires vor . Nach Art.
293 bilden die Gläubiger derselben Anleihe diese rechtsfähige
masse des obligataires. Ihre Organe sind gem. Art 294 die mandataires oder représentants (die
Vertreter; ähnlich dem gemeinsamen Vertreter aller Gläubiger gem. § 1 II SchVG) und die
assemblée générale des obligataires, die Generalversammlung der Gläubiger; jene werden von
dieser gewählt und
95
96
97
98
99
100
Stucke, DM-Auslandsanleihen, S. 230 f.
Stucke, DM-Auslandsanleihen, S. 269 f.
Stucke, DM-Auslandsanleihen, S. 233
Siebel, Internationale Anleihen, S. 679 ff.
Code de Commerce von Dalloz, Stand 1994-1995
Horn, Anleihen, S. 423 f.
23
auch entlassen, Artt. 294 und 299.In den Artt. 295, 296 ist geregelt, wer den Organen der
masse des obligataires angehören kann. Vergleichbar dem § 14a
SchVG sollen diese Normen vor allem einen Interessenkonflikt aufgrund eines
Näheverhältnisses der Organmitglieder zum Schuldner vermeiden. In dringenden Fällen können
die Organmitglieder auf Antrag durch Entscheidung des Gerichts ernannt werden, Art. 297.
Sofern die Organmitglieder nicht aufgrund der Anleihebedingungen ernannt wurden, werden sie
auf Antrag spätestens einen Monat vor Fälligkeit der ersten Zahlung durch den Schuldner durch
die assemblée générale, mangels einer solchen durch das Gericht ernannt, Art. 298.
Die Vertreter haben die Befugnisse, die ihnen die Generalversammlung einräumt, Artt 300, 301.
Sie handeln im Namen der masse zur Verteidigung der gemeinsamen Interessen der
Obligationäre, Art. 300. Die Generalversammlung beschließt über die von den Vertretern
auszuführenden Maßnahmen, Art. 301, und insbesondere über Maßnahmen, die die
Gläubigerrechte berühren, Art. 313; das sind vor allem die Änderung der Anleihebedingungen,
die Aufgabe von Sicherungsrechten etc. Begrenzt ist
die Kompetenz der Generalversammlung (wie die der Gläubigerversammlung nach dem SchVG)
durch den Grundsatz der Gleichbehandlung der Obligationäre, Art. 317 I Alt. 2, durch das Verbot
der Begründung neuer Verbindlichkeiten zu Lasten der Gläubiger, Art. 317 I Alt. 1 sowie durch das Verbot, auf die
Zahlungsansprüche der Obligationäre zu verzichten, arg. Art.
313 Nr. 5. Auf den eingeschränkten Anwendungsbereich gem. Art. 339 wurde
schon oben hingewiesen, s. V. 2.
Insgesamt kann mithin eine starke Rechtsähnlichkeit der assemblée générale und der
représentants einerseits und derGläubigerversammlung und dem
Gläubigervertreter nach dem SchVG andererseits festgestellt werden.
Für Euro-Anleihen französischer Emittenten werden häufig vertraglich vor der Emission der
Anleihen sociétés des obligataires in der Form einer société civile gegründet. Dabei orientiert
man sich in den diesbezüglichen Anleihebe- dingungen regelmäßig stark an der gesetzlichen
101
Regelung der Artt. 293 ff. L.24 juill. 1966 .
2. Der trust nach anglo-amerikanischem Recht
"Der im Bereich der angelsächsischen Rechte entstandene Anleihetrust dient dazu, eine
umfassenden und einheitliche rechtliche und organisatorische
Regelung für eine Anleihe zu schaffen" (Horn. Anleihen, S. 337).
a) Die Beteiligten
Bei einem trust sind stets drei Beteiligte zu unterscheiden: Der settlor (der den trust errichtet,
hier der Anleiheschuldner/ der Emittent, evtl. auch der Sicher- heitengeber), der trustee (der
Treuhänder, regelmäßig eine juristische Person, eine Kapitalgesellschaft) und der beneficiary
102
(der vom trust Begünstigte, hier der künftige Anleihegläubiger)
101
102
Horn, Anleihen, S. 424 ff.
Horn, Anleihen, S. 340
24
b) Das Wesen des trusts
Wesentlich für den trust ist, daß der trustee legal owner, also Vollrechtsinhaber
der von ihm im Interesse der bondholder gehaltenen Rechte ist. Gegenüber den Begünstigten
103
ist er nach Maßgabe der Treuhandabrede schuldrechtlich verpflichtet .
c) Die Errichtung des trusts
Die Errichtung des trusts erfolgt durch die regelmäßig umfassenden Regelungen in den trust
indentures/den trust deeds. Neben der Beachtung der gesetzlichen Vorschriften (z.B. der
englische Trustee Act von 1925) werden vier Voraussetzungen für das wirksame
104
Zustandekommen eines trusts genannt : Klarheit über das Treuhandvermögen, Eindeutigkeit
des Willens des Treugebers, über dieses Vermögen einen trust zu errichten, Bestimmtheit der
Begünstigten und ordnungsgemäße Übertragung des Treuguts auf den trustee.
d) Inhalt der trust indentures
In den trust indentures werden die Übertragung von Vermögensrechten an den trustee und die
Modalitäten ihrer Ausübung geregelt. Außerdem sind meist Regelungen hinsichtlich der
Abberufung und Ersetzung des trustee oder etwaiger Mitspracherechte der Gläubiger bei
105
grundlegenden Entscheidungen des trustee enthalten .
e) Aufgaben und Befugnisse des trustee
richten sich nach den Bestimmungen der trust indentures. Beherrschend ist der Grundsatz der
106
Gleichbehandlung aller Gläubiger .
Regelmäßig ist der trustee im Interesse der Gläubiger verpflichtet zur Überwachung des Schuldners, soweit es zur Erfüllung seiner Aufgabe erforderlich ist. Außerdem hat
er die Vermögensgegenstände im trust zu verwalten. Bei Leistungsstörungen hat der trustee die
erforderlichen rechtlichen Maßnahmen zu ergreifen; den Obligationären ist bei default
regelmäßig eine individuelle Rechtsverfolgung nicht gestattet, die Wahrnehmung ihrer Rechte
soll vielmehr
kollektiv und einheitlich durch den trustee erfolgen. Bei Notwendigkeit ist der trustee befugt, eine
Gläubigerversammlung einzuberufen oder die trust indentures abzuändern; diesbezüglich
beschränkt sich seine Rechtsmacht aber auf Angelegenheiten von geringer Bedeutung für die
Obligationäre: Bei
erheblichen Eingriffen in Gläubigerrechte, z.B. bei Stundung der Zahlungsan107
sprüche etc., ist die Zustimmung der Obligationäre erforderlich .
IX. Die notleidende Anleihe - Möglichkeiten der Gläubigergesamtheit zur
Anspruchssicherung und Anspruchsdurchsetzung
1. Kündigung, Klage, Zwangsvollstreckung, Sicherheiten
103
104
105
106
107
Stucke, DM-Auslandsanleihen, S. 190 ff.
Siebel, Internationale Anleihen, S. 541
Siebel, Internationale Anleihen, S. 541
Horn, Internationale Anleihen, S. 346
Horn, Internationale Anleihen, S. 346 ff.
25
Hier ergeben sich hinsichtlich der zu ergreifenden Maßnahmen keine Besonderheiten, s.o. III. 1.
Die einheitliche Anspruchsdurchsetzung gewährleistet die Gleichbehandlung
der Gläubiger und vermeidet dadurch ein Wettrennen unter den Gläubigern nach den
Vermögenswerten des Schuldners.
2. Änderung der Anleihebedingungen
Ihre hauptsächliche Bedeutung hat die Gläubigerversammlung, wenn die Anleihebedingungen bei einer wirtschaftlichen Krise des Schuldners zu Zwecken der Sanierung
oder Umschuldung geändert werden sollen: Erst durch die Organisation der Gläubiger wird dies
praktisch möglich.
3. Die Umschuldung
108
Vor allem bei notleidenden Staatsanleihen spielen Umschuldungen eine herausragende Rolle.
Jüngstes Beispiel ist eine Staatsanleihe der Ukraine:
Aus Gründen der
Gläubigergleichbehandlung sollen fällige Zins- und Tilgungszahlungen im Volumen von 20 Mio.
Dollar nicht bedient werden. In London werden seit dem 14.1.00 Umschuldungsverhandlungen
109
geführt .
a) Die Rechtsfolgen der notleidenden Staatsanleihe
sind die gleichen wie bei sonstigen Anleihen: Auch hier stehen den Gläubigern
die Möglichleiten der außerordentlichen Kündigung, der Klage und darauf folgender
Zwangsvollstreckung oder der Geltendmachung von Sicherheiten zu: Die Rechtsverbindlichkeit
110
auswärtiger privater Schulden eines Staates ist heute unbezweifelt . Regelmäßig verzichten
die Staaten in den Anleihebedingungen ausdrücklich darauf, sich bei Klagen und Zwangsvollstreckungs- maßnahmen auf
eine etwaige Immunität zu berufen; eine solche wird bei nicht-hoheitlicher Tätigkeit von der h.M.
111
ohnehin nicht anerkannt .
"Unfreiwillige, einseitige Konversionen", also das Eingreifen des Schuldner- staates in die
Anleihebedingungen kraft seiner Rechtssetzungsbefugnis, z.B. durch (zulässige) Änderung der
Währungsgesetze bis hin zur Nichtigerklärung von Anleiheschulden sind heute die
112
Ausnahme . Sie können neben der vertraglichen Schadensersatzpflicht auch eine
völkerrechtliche Entschä- digungspflicht des Staates auslösen, deren Rechtsqualität und
113
Umfang allerdings umstritten sind .
b) Rechtsgrundlagen für das Umschuldungsverlangen
108
109
110
111
112
113
Horn, WM 84, 713 ff.
FAZ vom 21.1.00, Finanzmarkt
Horn, WM 84, 713, 714
Siebel, Internationale Anleihen, S. 156 f.
Siebel, Internationale Anleihen, S. 216 ff.
Horn, WM 84, 713, 714
26
In Betracht kommen vor allem die unverschuldete Unmöglichkeit, insbesondere in den Fällen
höherer Gewalt; dies spielt aber bei Zahlungsunfähigkeit als solcher keine Rolle. Eher kann sich der Schuldnerstaat auf Unzumutbarkeit einer
unveränderten Vertragserfüllung aufgrund grundlegend veränderter Vertragsumstände berufen,
ähnlich dem Wegfall der Geschäfts- grundlage, als Ausprägung der clausula rebus sic
114
stantibus . Doch auch diese mögliche Rechtsgrundlage wird ohne Hinzutreten besonderer
Umstände
regelmäßig keinen Anspruch auf Umschuldung vermitteln, da insbesondere bei Anleihen keine
Verschiebung des vertraglichen Gleichgewichts vorliegen wird und zudem in der Regel die
Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation allein in den Risikobereich des Schuldners fällt,
die Gläubiger sich also nicht
aus Gründen von Treu und Glauben unter Berücksichtigung der beiderseitigen
Interessenlage auf eine Änderung der Anleihebedingungen einlassen müßten.
Die fehlende Rechtsgrundlage für eine Umschuldung ändert jedoch nichts an
ihrer faktischen Notwendigkeit.
c) Der Umschuldungsprozeß
Regelmäßig wendet sich das Schuldnerland bei drohender Zahlungsunfähigkeit an den IWF
oder an die Gläubiger (-vertreter/-versammlung), um durch eine Änderung der
Anleihebedingungen, insbesondere durch Stundung der fälligen Zahlungen, die
Zahlungsunfähigkeit zu vermeiden. Zu beachten ist, daß emittierte Anleihen regelmäßig von den
Umschuldungsverhandlungen ausgenommen werden, um die Kreditwürdigkeit des Schuldners
nicht aufgrund der mit der internationalen Streuung vieler Staatsanleihen einhergehenden
115
gesteigerten Publizität besonders zu schädigen .
d) Umschuldungsmaßnahmen
Bezogen auf notleidende Anleihen kommen vor allem die Stundung der fälligen Zahlungen, eine
Senkung des verbrieften Zinssatzes, die Änderung der Laufzeit der Anleihe oder auch ein
partieller Schuldenerlaß in Betracht.
Beachtlich ist, daß all diese Maßnahmen schwere Eingriffe in die Rechte der
Obligationäre darstellen, daher ihre Zustimmung erforderlich ist. Hier zeigt sich die Bedeutung
einer mit entsprechenden Vollmachten ausgestatteten Gläubigerorganisation, da eine
Zustimmung aller Gläubiger bei Nichtbestehen
einer Gläubigerversammlung mit der Befugnis zur Mehrheitsentscheidung praktisch nicht zu
erreichen ist.
4. Die Sanierung
Die Notwendigkeit zur Änderung der Anleihebedingungen mit dem Erfordernis der Zustimmung
der Gläubiger kann sich auch ergeben, wenn der Emittent ein privatwirtschaftliches
Unternehmen ist, das sich in einer wirtschaftlichen Krise befindet. Als Sanierungsmaßnahmen
114
115
Horn, WM 84, 713, 717
Horn, WM 84, 713, 716
27
kommen die für eine Umschuldung genannten in Betracht. Ziel der Sanierungsbemühungen ist,
dem Schuldner durch die teilweise Aufgabe der Gläubigerrechte den Weg aus der Krise zu
eröffnen, mittelbar also auch die langfristige Realisierung der Rechte der Gläubiger zu
ermöglichen.
X. Pflichten des Gläubigers
1. Zahlungspflicht
Hauptpflicht des Gläubigers ist die Zahlung des Nennbetrags bei Erwerb der Partialobligation.
2. Sonstige Pflichten
können freilich in den Anleihebedingungen vereinbart werden, z.B. eine schuldrechtliche
Verpflichtung, die Anleihe bei Leistungsstörung nicht außerordentlich zu kündigen, wenn mit der
Wahrnehmung der Rechte bei Leistungsstörungen z.B. ein trustee beauftragt wurde.
C) Die Rechtsstellung des Gläubigers im Verhältnis zu den anderen
Gläubigern und zu Dritten
1. Rechte des einzelnen Gläubigers innerhalb der Gläubigerversammlung
Dem einzelnen Gläubiger steht im Rahmen der Gläubigerorganisation nach dem SchVG stets
116
das Recht zur Teilnahme an der Gläubigerversammlung sowie das Stimmrecht zu . Der
Gläubiger kann sich zur Wahrnehmung dieser Rechte vertreten lassen.
Außerdem kann der Gläubiger ungeachtet seines Abstimmungsverhaltens die
Überschreitung der Grenzen der Ermächtigungen nach dem SchVG durch die
Gläubigerversammlung, insbesondere der §§ 1 I, 11 I, 12 I, III SchVG, klage- weise oder durch
Einrede geltend machen.
Freilich stehen ihm auch die allgemeinen Rechte aus §§ 119 ff., 826 BGB etc. zu. Gleiches gilt
für die Gläubigerrechte bei vertraglichen Gläubigerversammlungen.
2. Rechte des Gläubigers gegenüber den Emissionsbanken
Grundsätzlich besteht zwischen den Gläubigern und den Emissionsbanken keine über
Partialobligationskaufvertrag und der damit einhergehenden Interessenwahrungspflicht
Banken gem. § 31 I WpHG hinausgehende Rechtsbeziehung, doch können solche in
Anleihebedingungen oder in den Kaufverträgen vereinbart werden; z.B. kann
konsortialführende Bank als Sicherheitentreuhänderin fungieren.
116
Horn, Internationale Anleihen, S. 286
den
der
den
die
28
Gesetzliche Rechte der Gläubiger gegen die an der Emission beteiligten Banken können sich
bei fehlerhafter Publizität aus den §§ 45 ff. BörsG und aus § 13 VerkProspG sowie aus dem
Rechtsinstitut der culpa in contrahendo
117
ergeben .
3. Rechte der Gläubiger gegen den Treuhänder
Diese ergeben sich aus dem Treuhandvertrag sowie, soweit vorhanden, den
gesetzlichen Regelungen. Der Treuhänder ist grundsätzlich verpflichtet, bei
Gleichbehandlung der Gläubiger seine Rechtsmacht im Interesse der Gläubiger auszuüben,
sorgfältig zu handeln, das Treugut ordnungsgemäß zu verwalten, die Grenzen der ihm erteilten
Rechtsmacht einzuhalten, Auskünfte zu erteilen und bei Gefährdung der Gläubigerrechte im
Falle einer Leistungs118
störung die Gläubiger darauf hinzuweisen und Weisungen einzuholen .
Bei Verletzung dieser Pflichten können die Gläubiger bei Geltung deutschen Rechts
Schadensersatzansprüche aus positiver Forderungsverletzung, Unmöglichkeit und Verzug sowie
ein außerordentliches Kündigungsrecht des
Treuhandvertrages haben.
117
118
Grundmann in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch, § 112, Rn. 122, 46 ff
Stucke, DM-Auslandsanleihen, S. 193 ff.
29
D) Literatur
-Ansmann, Schuldverschreibungsgesetz nebst Durchführungsbestimmungen,
1933; zitiert als Ansmann, SchVG, §....Nr.....
-Barella, Die besonderen Schutzrechte der Obligationäre einer Aktiengesellschaft, BB 52, 764 f.
-Bley, Grundlagen und Praxis des Wertpapiergeschäfts, 1979;
zitiert als: Bley, S....
-Bruns, Die Vertretung der Obligationäre gegenüber dem Aussteller, insbesondere in einem über dessen Vermögen eröffneten Konkurs- oder Vergleichsverfahren, WM 54, 147 ff.
-Gebhardt, Anleihen als Instrument langfristiger Finanzierung, in: Gebhardt,
Gerke, Steiner (Hrsg.), Handbuch des Finanzmanagements, 1993, S. 445 ff;
zitiert als Gebhardt in : Gebhardt/Gerke/Steiner, Handbuch des Finanzmanagements, S....
-Heinemann, Die gemeinsamen Rechte der Besitzer von Schuldverschreibungen, JW 33, 84 ff.
-Hopt, Emission, Prospekthaftung und Anleihetreuhand im internationalen
Recht; in: Festschrift für Lorenz, 1991, S. 423 ff.
-Hopt, Änderung von Anleihebedingungen -Schuldverschreibungsgesetz,
§ 796 BGB und AGBG-; in: Festschrift für Steindorf, 1990, S. 340 ff.
-Horn, Recht der internationalen Anleihen, 1972; zitiert als: Horn, Anleihen, S...
-Horn, Rechtsfragen internationaler Umschuldungen, WM 84, 713 ff.
-Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, 1995; zitiert als: Kümpel, S....
-Münchener Kommentar, BGB, 3.Auflage 1997; zitiert als: MüKo, Bearbeiter,
§...Rn...
-Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 58. Auflage; zitiert als: Palandt-Bearbeiter,
§...Rn...
-Schimansky/Bunte/Lwowski (Hrsg.), Bankrechtshandbuch Band III, 1997;
zitiert als: Bearbeiter, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch,
§...Rn....
30
-Siebel, Rechtsfragen internationaler Anleihen, 1997; zitiert als: Siebel,
Anleihen, S....
-Siebel, Bemerkungen zum Thema Schiedsverfahren und Investitionsschutz
bei internationalen Anleihen; in: Festschrift für Glossner, 1994, S. 393 ff.
-Stucke, Rechte der Gläubiger bei DM-Auslandsanleihen, 1988; zitiert als:
Stucke, S....
-Than, Anleihegläubigerversammlung bei DM-Auslandsanleihen ?; in: Festschrift für Coing, Band II, 1992, S. 521 ff.
-Ungnade, Rechtliche Aspekte der DM-Auslandsanleihe, BB 75, 300 ff.
-Vogel, Das Schuldverschreibungsgesetz-Gesetzgeberisches Fossil oder
lebendes Kapitalmarktrecht, ZBB 96, 321 ff.;
-von Randow, Anleihebedingungen und Anwendbarkeit des AGB-Gesetzes,
ZBB 94, 23 ff.