Die Lissabon-Strategie und Transportarbeiter

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Die Lissabon-Strategie und Transportarbeiter
Die Lissabon-Strategie
und
Transportarbeiter
Hintergrundpapier
14. - 15. November 2007
ALTIS PARK HOTEL
Av Eng Arantes de Oliveira 9, 1900-221 Lissabon, PORTUGAL
Mit Unterstützung der
Europäischen Kommission
European Transport Workers’ Federation
Fédération Européenne des Travailleurs des Transports
Europäische Transportarbeiter-Föderation
Federación Europea de los Trabajadores del Transporte
_____________________________________________
Die Lissabon-Strategie und Transportarbeiter
Die Europäische Transportarbeiter-Föderation (ETF) führt derzeit eine umfassende Debatte
hin zu einer gewerkschaftlichen Vision zu nachhaltigem Verkehr (TRade Union Vision on
Sustainable Transport, TRUST). In ihrer Arbeit ist die ETF immer wieder mit dem Fehlen
einer sozialen Dimension in der EU-Verkehrspolitik konfrontiert, die praktisch in allen
Transportbranchen festzustellen ist. Daher ist TRUST so angelegt, dass das Projekt
Leitlinien für einen gewerkschaftlichen Beitrag zu nachhaltiger Verkehrspolitik mit einem
besonderen Schwergewicht auf der sozialen Dimension einer langfristigen Perspektive für
die Zukunft des Verkehrs in Europa bieten soll. In dieser Hinsicht betont TRUST die
Bedeutung der „Beschäftigungssäule“ der Lissabon-Strategie: Mehr und bessere
Arbeitsplätze.
Generell ist nachhaltige Entwicklung eine Entwicklung, die „die Bedürfnisse der Gegenwart
erfüllt, ohne die Fähigkeit künftiger Generationen zur Erfüllung ihrer eigenen Bedürfnisse zu
schädigen“1, d.h. eine nachhaltige Entwicklung muss die Bedürfnisse aller erfüllen, so dass
jeder besser leben kann. Sie umfasst Wirtschaftswachstum, Umweltschutz und soziale
Gerechtigkeit/ Fortschritt. Um eine echte nachhaltige Entwicklung zu erreichen, müssen alle
drei Dimensionen Berücksichtigung finden. Auf der wirtschaftlichen Ebene ist das Konzept
mit der Globalisierung des Handels verknüpft, und das Schwergewicht liegt vorwiegend auf
Wettbewerb, Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum. Außerdem wird nachhaltige Entwicklung
in der öffentlichen Debatte häufig ausschließlich als Umweltthema betrachtet. Es muss
jedoch auch eine soziale Dimension dieses Themas geben, und eine echte nachhaltige
Entwicklung ist ohne anständige Beschäftigung nicht möglich. Daher bedeutet das Konzept
aus gewerkschaftlicher Perspektive, dass die Bedingungen für Wirtschaftswachstum
geschaffen werden, während anständige Arbeitsbedingungen in einer gesellschaftlich
verantwortlichen Industrie gesichert werden, die gleichzeitig die Umwelt nicht schädigt.
Um dieses Ziel zu erreichen müssen sich die Gewerkschaften in der Förderung politischer
Maßnahmen zur nachhaltigen Entwicklung engagieren und proaktiv handeln. Wir müssen für
Standards kämpfen, um die Arbeitnehmer zu schützen und ihre Fähigkeit zu stärken, den
Wandel zu beeinflussen. Wenn dies nicht der Fall ist, findet der Wandel ohne uns statt.
1. Die Lissabon-Strategie
Als Reaktion auf die Herausforderungen, mit denen die EU durch Globalisierung und
wachsenden internationalen Wettbewerb, die Entwicklung neuer Informations- und
Kommunikationstechniken sowie das Altern der europäischen Gesellschaft konfrontiert war,
verabschiedeten die 15 Staats- und Regierungschefs der EU auf dem europäischen Gipfel
von Lissabon, Portugal, im März 2000 die Lissabon-Strategie.
Die Lissabon-Strategie wurde als neuer strategischer Ansatz konzipiert, der alle politischen
Maßnahmen der EU zu Grunde liegt und das Ziel verfolgt, die „EU zur wettbewerbsfähigsten
und dynamischsten, wissensbasierten Wirtschaftsregion der Welt zu machen, die zu
nachhaltigem Wirtschaftswachstum mit mehr und besseren Arbeitsplätzen und größerem
sozialen Zusammenhalt in der Lage ist.“2 Sie basiert außerdem auf der Vorstellung, dass
eine stärkere Wirtschaft neben der Sozialpolitik, die selbst das Wirtschaftswachstum noch
weiter forciert, die Schaffung von Arbeitsplätzen in der EU vorantreiben wird. Man muss
jedoch feststellen, dass die Strategie einen Ansatz beinhaltete, der sich nicht mit dem
1
2
Brundtland-Bericht, http://www.are.admin.ch/are/en/nachhaltig/international_uno/unterseite02330/
Ebenda, S. 2.
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Email : [email protected] ▪▪ Website : www.etf-europe.org
With the support of the
European Commission
einzelnen Arbeitnehmer befasste und keine direkten Verweise auf die verschiedenen
Branchen enthielt.
Um diese Vorstellungen zu erreichen, wurden folgende ehrgeizige Ziele festgelegt, die bis
2010 erreicht werden sollen:
- ein Wachstum von jährliches etwa 3%;3
- eine Gesamt-Beschäftigungsquote von 70%;4
- eine Beschäftigungsquote bei Frauen von mehr als 60%;5
- eine Beschäftigungsquote bei älteren Arbeitnehmern (55+) von 50%.
Diese Ziele sollten durch einen umfassenden Katalog politischer Maßnahmen erreicht
werden. Zunächst sollte ein makroökonomischer Politikmix den Übergang zu einer
wettbewerbsfähigen, dynamischen und wissensbasierten Wirtschaft mit hohem
Wirtschaftswachstum, die Vollendung des Binnenmarktes und die fiskalische Konsolidierung
fördern.6 Zweitens wurden aktive politische Maßnahmen vorgeschlagen, um das europäische
Sozialmodell durch Investitionen in Menschen und den Aufbau eines aktiven
Wohlfahrtsstaates zu modernisieren. Dazu zählten Bildung und lebenslanges Lernen, die
Förderung der gesellschaftlichen Einbindung sowie die Modernisierung des sozialen
Schutzsystems durch die Ausgewogenheit von Flexibilität und Sicherheit.7
Mit der Annahme der EU-Strategie für nachhaltige Entwicklung durch den Europäischen Rat
von Göteborg, Schweden, im Jahre 2001 wurde den beiden Dimensionen (Soziales und
Wirtschaft) der Lissabon-Strategie eine Umweltdimension hinzugefügt (siehe Kapitel 1.2.).8
1.1. Die Einführung der erneuerten Lissabon-Strategie für Wachstum und
Beschäftigung im Jahre 2005
Beim Erreichen der Halbzeit des Lissabon-Prozesses Anfang 2004 war es offensichtlich,
dass die EU ihre Ziele nicht erreichen würde, und daher ernannte die Kommission im März
2004 die unabhängige Hochrangige Sachverständigengruppe, die eine unabhängige
Bewertung der bisher erreichten Fortschritte vornehmen sollte. In ihrem Bericht „Die
Herausforderung annehmen“, der im November 2004 der Kommission und dem Rat
vorgelegt wurde, kam die Gruppe zu dem Schluss, dass in den ersten Jahren nur geringe
Fortschritte erzielt wurden, was in erster Linie auf fehlende Entschlossenheit zurückzuführen
sei. Sie kritisierte die überfrachtete Agenda, eine schlechte Koordinierung, widersprüchliche
Prioritäten sowie fehlendes Engagement und politischen Willen.9 Der Bericht verwies
außerdem auf die Tatsache, dass diese Strukturreformen zum Nachteil der Arbeitnehmer
eingeführt worden seien, um größere Flexibilität und weniger Sicherheit zu schaffen und die
Arbeitnehmerrechte zu schwächen.10 Aufgrund dieser Mängel kam die Gruppe zu dem
Schluss, dass die EU wahrscheinlich ihre Ziele von 2010 nicht erreichen würde, und empfahl
eine Neufokussierung der Strategie auf Wachstum und Beschäftigung.
Die Kommission stellte die Ergebnisse des Verfahrens zur Halbzeitbilanz-Überprüfung im
März 2005 vor und kam im Wesentlichen zu den gleichen Schlussfolgerungen wie die
Sachverständigengruppe.11 Die europäische Wirtschaft hatte in Bezug auf Wachstum,
Produktivität und insbesondere Beschäftigung nicht die erwarteten Leistungen erbringen
können, um die Ziele von Lissabon zu erreichen.12 Dies sei jedoch kein Mangel der Strategie
selbst, sondern sei in ihrer Umsetzung begründet. Daher riet die Kommission dazu, die
Lissabon-Strategie zu erneuern und alle Anstrengungen auf die „Erreichung von stärkerem,
nachhaltigerem Wachstum und die Schaffung von mehr und besseren Arbeitsplätzen“ zu
konzentrieren13 und gleichzeitig auf eine striktere Umsetzung zu achten. Außerdem
3
Ebenda, S. 2.
Ebenda, p. 9.
Ebenda, S. 9.
6
Ebenda, S. 2-7.
7
Ebenda, S. 7-10.
8
Schlussfolgerungen des Vorsitzes, Europäischer Rat von Göteborg, 15. und 16. Juni 2001, S. 4.
9
Hochrangige Sachverständigengruppe (2004): Die Herausforderung annehmen – Die Lissabon-Strategie für Wachstum und
Beschäftigung, S. 6.
10
Ebenda, S. 31.
11
KOM(2005)24 endg. vom 2.2.2005, S. 7, 29.
12
Ebenda, S. 12f.
13
Ebenda, S. 7.
4
5
3
bestätigte die Kommission ihre Absicht, das europäische Sozialmodell zu modernisieren und
weiterzuentwickeln.14
Als Ergebnis der Halbzeit-Überprüfung nahm der Europäische Rat von Brüssel im März 2005
eine Neubelebung der Lissabon-Strategie als „Partnerschaft für Wachstum und
Beschäftigung“15 vor und folgte dabei weitgehend den Empfehlungen in der Mitteilung der
Kommission. Um das Wachstumspotential und die Produktivität der EU zu erhöhen und
gleichzeitig ihren sozialen Zusammenhalt zu stärken, muss die EU die Grundlagen ihrer
Wettbewerbsfähigkeit erneuern und das vorrangige Schwergewicht auf Wissen, Innovation
und die Optimierung des Humankapitals legen. Daher muss die Strategie die Prioritäten zu
Wachstum und Beschäftigung neu fokussieren, und die EU muss alle notwendigen
nationalen und gemeinschaftlichen Ressourcen in den drei Säulen stärker mobilisieren.16
Um das Wirtschaftswachstum anzuregen legte der Rat die folgenden Schwerpunkte vor:
- Wissen und Innovationen mobilisieren, indem stärkere Investitionen in Forschung und
Entwicklung gefördert und somit neue Wettbewerbsfaktoren aufgebaut werden;17
- die EU zu einem attraktiven Raum für Investitionen und Arbeit zu machen, indem der
Binnenmarkt vollendet und das ordnungspolitische Umfeld wirtschaftsfreundlicher
gestaltet wird, während das europäische Sozialmodell erhalten bleibt.18
Um „mehr und bessere Arbeitsplätze“ zu schaffen, erklärte der Rat seine Absicht
- mehr Menschen auf den Arbeitsmarkt zu bringen und die sozialen Schutzsysteme zu
reformieren;
- die Anpassungsfähigkeit der arbeitenden Bevölkerung zu verbessern und die
Flexibilität der Arbeitsmärkte zu erhöhen, um die EU bei der Anpassung an
Umstrukturierung und Marktveränderungen zu unterstützen, und
- durch Verbesserung von Bildung und Fähigkeiten mehr in Humankapital zu
investieren.19
Auf dem Europäischen Rat im Frühjahr 2006 vereinbarten in die Staats- und
Regierungschefs die folgenden vier prioritären Bereiche für mehr Wachstum und
Beschäftigung, die ihrem Wesen nach interdisziplinär sind: mehr Investitionen in Wissen und
Innovationen, Aktivierung der wirtschaftlichen Potenziale insbesondere bei KMUs, größere
Anpassungsfähigkeit der Arbeitsmärkte auf der Grundlage von Flexicurity sowie Energie und
Klimawandel.20
Insgesamt gleicht die überarbeitete Lissabon-Strategie der ursprünglichen Strategie nicht
mehr und spiegelt anstelle dessen eine große Verlagerung der Ziele wider. Einerseits
werden das Datum 2010 und die damit verbundenen Beschäftigungsziele der ursprünglichen
Lissabon-Strategie in der überarbeiteten Lissabon-Strategie nicht mehr als Prioritäten
genannt. Andererseits ist das Gleichgewicht der drei Säulen gestört. Die überarbeitete
Strategie hat die Säulen Soziales und Umwelt stark an den Rand gedrängt und konzentriert
sich jetzt in erster Linie auf die Wirtschaftsdimension, d.h. Wachstum, Wettbewerb und
Flexibilität des Arbeitsmarktes kommen an erster Stelle und das soziale Europa (vielleicht)
später.
1.2. Die EU-Strategie für nachhaltige Entwicklung
Bereits in den 1990er Jahren wurde nachhaltige Entwicklung zu einem wichtigen Ziel der EU,
als sie als Art. 2 in den Vertrag von Amsterdam aufgenommen wurde. Seither ist nachhaltige
Entwicklung ein grundlegendes horizontales Prinzip der EU, das allen ihren politischen
Maßnahmen, Aktionen und Strategien zugrunde liegen soll.
Die Kommission hat im Mai 2001 eine Mitteilung mit dem Titel „Nachhaltige Entwicklung in
Europa für eine bessere Welt: Strategie der Europäischen Union für die nachhaltige
Entwicklung“ veröffentlicht, die die langfristige Vision vorlegt, dass Wirtschaftswachstum,
14
Ebenda, S. 5.
Europäischer Rat, Brüssel, 22. und 23. März 2005, Schlussfolgerungen des Vorsitzes, S. 2.
Ebenda, S. 2f.
17
Ebenda, S. 3f.
18
Ebenda, S. 6f.
19
Ebenda, S. 10f.
20
KOM(2006)812 endg. TEIL I vom 12.12.2006, S. 10-15.
15
16
4
sozialer Zusammenhalt und Umweltschutz miteinander verzahnt werden müssen.21 Nach
diesem Vorschlag verabschiedete der Europäische Rat auf seinem Gipfel in Göteborg in
Schweden im Juni 2001 die „EU-Strategie für nachhaltige Entwicklung“.22 Die
Nachhaltigkeitsstrategie (NE-Strategie) steht in enger Verbindung zur Lissabon-Strategie
und formuliert einen politischen Rahmen zur Erreichung einer nachhaltigen Entwicklung auf
der Grundlage der drei Säulen, die miteinander Hand in Hand gehen und sich gegenseitig
verstärken müssen, um die langfristigen Ziele zu erreichen.23 Die soziale Säule in dieser
Strategie befasst sich jedoch mit sozialem Zusammenhalt und nicht mit „mehr und besseren
Arbeitsplätzen“ oder anständigen Arbeitsbedingungen.
Die Strategie bestand aus zwei Teilen. Erste Teil der Strategie überarbeitete die Art und
Weise, wie die EU-Politik gemacht wird und konzentrierte sich auf die Verbesserung der
politischen Kohärenz, wobei sie auf mögliche Interdependenzen zwischen sich
widersprechenden Zielen hinwies, so dass sachlich begründete politische Entscheidungen
getroffen werden können. Infolgedessen mussten alle wirtschaftlichen, sozialen und
ökologischen Folgen aller politischen Maßnahmen der EU geprüft und bei der
Entscheidungsfindung berücksichtigt werden.24 Der zweite Teil führte eine Reihe von
langfristigen Zielen und Maßnahmen bei diversen, nicht-nachhaltigen Trends ein, zum
Beispiel die Sicherung von nachhaltigem Verkehr durch Begrenzung der schädlichen
Auswirkungen des Verkehrs. Daher sollte eine nachhaltige Verkehrspolitik die Korrelation
zwischen BIP-Wachstum und Verkehrswachstum durchbrechen und die sozialen und
ökologischen Kosten voll einbeziehen. Die Strategie plante außerdem eine
Gebührenerhebung auf die Infrastruktur und die Förderung umweltfreundlicher
Verkehrsträger.25 Zu den weiteren Zielen zählten der Kampf gegen den Klimawandel durch
Erfüllung der Ziele im Kyoto-Protokoll26 sowie die Bewältigung der Herausforderungen einer
alternden Bevölkerung durch Verbesserung der Lage von Familien und der Gleichstellung
der Geschlechter.27
1.2.1. Die Überprüfung der EU-Strategie für nachhaltige Entwicklung im Jahre 2005
Ähnlich wie die an der Lissabon-Strategie vorgenommenen Veränderungen wurden auch die
Ziele der EU-SDS beträchtlich verändert. Aufgrund eines breit angelegten
Konsultationsverfahrens legte die Kommission im Februar 2005 eine Mitteilung mit dem Titel
„Überprüfung der EU-Strategie der nachhaltigen Entwicklung 2005: Erste Bestandsaufnahme
und künftige Leitlinien“ vor. Die Kommission bestätigte, dass zwar keine unmittelbaren
Ergebnisse zu erwarten gewesen seien, aber die nicht-nachhaltigen Trends hätten sich
weiter verschlimmert.28 Weiterhin sei sie nicht in der Lage gewesen, die Ziele der LissabonStrategie zu erreichen.29 Nach zwei Sitzungen des Europäischen Rates im Jahr 2005
verabschiedete der Europäische Rat von Brüssel im Juni 2006 letztendlich die „Erneuerte
EU-Strategie für nachhaltige Entwicklung“30, die auch einen Rahmen enthält, der die
Reaktionen beschreibt, um die als Herausforderung für die EU geltenden nicht-nachhaltigen
Trends zu bewältigen.31 Nach Aussage des Rates besteht das „Gesamtziel der erneuerten
NE-Strategie der EU darin, Maßnahmen zu identifizieren und zu entwickeln, damit die EU
eine kontinuierliche Verbesserung der Lebensqualität für jetzige und künftige Generationen
erreichen kann“, und die wichtigen Herausforderungen sind Umweltschutz, soziale
Gerechtigkeit und Zusammenhalt, wirtschaftlicher Wohlstand sowie die Erfüllung der
internationalen Verpflichtungen der EU.32 Zur Verbesserung von Synergien, Verminderung
von gegenläufigen Effekten wird ein stärker integrierte Politikansatz vorgeschlagen, der auf
21
KOM(2001)264 endg. vom 15.5.2001, S. 2.
Schlussfolgerungen des Vorsitzes, Europäischer Rat von Göteborg, 15. und 16. Juni 2001, S. 4.
Ebenda, S. 4.
24
Ebenda, S.4f.
25
Ebenda, S. 6f.
26
Ebenda, S. 6.
27
Ebenda, S. 10.
28
KOM(2005)37 vom 9.2.2005, S. 9f
29
Ebenda, S. 4.
30
Schlussfolgerungen des Vorsitzes, europäische Rat von Brüssel, 15. und 16. Juni 2006, S. 7.
31
Rat der EU: Überprüfung der NE- Strategie der EU (10117), S. 3.
32
Ebenda, S. 3f.
22
23
5
besserer Regulierung (Verträglichkeitsstudien) und den Leitprinzipien für nachhaltige
Entwicklung beruht.33
Die erneuerte NE-Strategie formuliert Gesamtziele, Zielvorstellungen und konkrete
Maßnahmen in Bezug auf sieben zentrale Herausforderungen im Zeitraum 2005 bis 2010,
die in erster Linie die Umweltsäule betreffen, wie z.B. Klimawandel und saubere Energie,
(ökologisch) nachhaltiger Verkehr, nachhaltiger Konsum und Erzeugung sowie soziale
Einbeziehung. In Bezug auf den nachhaltigen Verkehr besteht das Gesamtziel darin
„sicherzustellen, dass unsere Verkehrssysteme die wirtschaftlichen, sozialen und
ökologischen Bedürfnisse der Gesellschaft erfüllen, während sie gleichzeitig deren
unerwünschte Auswirkungen auf Wirtschaft, Gesellschaft und die Umwelt minimieren“.34 Die
funktionellen Ziele beinhalten eine Entkopplung von Wirtschaftswachstum und
Verkehrsnachfrage mit dem Ziel, Umweltauswirkungen zu mindern, Nachhaltigkeit bei
Verkehr, Energiekonsum und Reduzierung der Emissionen von Treibhausgasen,
Schadstoffen und Lärm durch Verkehr zu erreichen, eine ausgewogene Verlagerung hin zu
umweltfreundlichen Verkehrsträgern zu erreichen, din EU-Rahmen für den öffentlichen
Personenverkehr zu modernisieren sowie im Vergleich zum Jahr 2000 die Zahl der
Verkehrstoten im Jahre 2010 zu halbieren. 35
1.3. Das Flexicurity-Konzept
Auf europäischer Ebene stand das Flexicurity-Konzept in den vergangenen Jahren ganz
oben auf der politischen Agenda und war eng mit der Debatte zur Modernisierung des
Arbeitsrechts verbunden. Das zentrale Element der Debatte ist die Frage, wie man die
Ausgewogenheit zwischen der notwendigen Flexibilität der europäischen Arbeitsmärkte
erhält, während man gleichzeitig den Arbeitnehmern die notwendige Sicherheit garantiert
und/oder bietet.
Das Konzept basiert auf dem dänischen Modell, das einen Ansatz zur Vereinbarkeit einer
dynamischen Wirtschaft mit sicherer Beschäftigung darstellt, die auf dem so genannten
„Goldenen Dreieck“ beruht, das einen flexiblen Arbeitsmarkt mit geringerem
Kündigungsschutz einerseits mit stärkerer sozialer Sicherung und aktiver Arbeitsmarktpolitik
mit Rechten und Pflichten für Arbeitslose verbindet. In Dänemark kann dieses Konzept auf
eine lange Tradition von Dialog und Vertrauen zwischen den Sozialpartnern zurückblicken.
In der Vergangenheit wurden verschiedene Behauptungen aufgestellt, in erster Linie von der
Europäischen Kommission und der Arbeitgeberseite, wonach der Arbeitsmarkt modernisiert
und reformiert werden muss, um die oben genannten Herausforderungen des 21.
Jahrhunderts anzugehen und die Ziele der Lissabon-Strategie zu erreichen. Außerdem
wurde behauptet, dass das Geschäftsklima zur Schaffung von Arbeitsplätzen „verbessert“
werden muss. Dementsprechend hat die Kommission am 27. Juni 2007 eine unverbindliche
Mitteilung mit dem Titel „Für gemeinsame Flexicurity-Prinzipien: Mehr und bessere
Arbeitsplätze durch Flexibilität und Sicherheit“ vorgelegt, in der sie gemeinsame
Herausforderungen definiert, die der EU-Arbeitsmarkt angehen muss, und eine Reihe von
möglichen gemeinsamen Prinzipien für Mitgliedstaaten vorschlägt, um mehr und bessere
Arbeitsplätze zu bieten. Als nächstes wird der Rat für Beschäftigung und Soziales die
Flexicurity-Vorschläge der Kommission diskutieren, und er könnte auf seiner Sitzung Anfang
Dezember 2007 einen Katalog gemeinsamer Flexicurity-Prinzipien verabschieden.
Weil die Flexibilität in vielen Mitgliedstaaten bereits hoch ist, zeigt die aktuelle Debatte,
welche Art von Arbeitsmarktpolitik erwünscht ist. In der Realität bedeutet Flexicurity
einerseits mehr Flexibilität des Arbeitsmarktes und der Arbeitsbedingungen und andererseits
eine Verminderung der Beschäftigungssicherheit.
33
Ebenda, S. 6f.
Ebenda, S. 10.
35
Ebenda, S. 10.
34
6
1.4. Die EGB-Position zur Lissabon-Strategie und zu Flexicurity
Die Lissabon-Strategie
Der Europäische Gewerkschaftsbund (EGB) begrüßte die Verabschiedung der LissabonStrategie im Jahre 2000 und unterstützte ihren ausgewogenen und integrierten Ansatz über
die drei Säulen. Außerdem begrüßte er die politische Verpflichtung zur Vollbeschäftigung,
mehr und besseren Arbeitsplätzen sowie größerem sozialen Zusammenhalt. Das Ziel
bestand darin, ein wettbewerbsfähiges Europa zu haben, aber eines mit sozialem
Zusammenhalt und ökologischer Nachhaltigkeit. Aber als die Halbzeit-Überprüfung der
Lissabon-Strategie näher rückte, sah der EGB die Notwendigkeit einer Neubelebung.
Entscheidende Chancen waren nicht genutzt worden, um das europäische Sozialmodell zu
stärken. Daher forderte der EGB die Stärkung der Strategie durch eine bessere Umsetzung
und ein eindeutiges Engagement für die wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Ziele
sowie eine Reform des makroökonomischen politischen Rahmens.
Nach der Verabschiedung der vereinfachten Lissabon-Strategie im Jahre 2005 warnte der
EGB, dass eine große Verlagerung im Modell der Wirtschafts- und Sozialpolitik der EU
stattgefunden habe, d.h. die Ziele in der Sozialpolitik und im Umweltbereich wurden
zurückgedrängt, und das Gesamtziel bestand anstelle dessen darin, die EU
wirtschaftsfreundlicher zu machen. Die neue Kernbotschaft besagt: „Wettbewerbsfähigkeit
steht an erster Stelle, ein soziales Europa kommt (vielleicht) später“. Dementsprechend ist
die zentrale Idee, dass jede Art von Arbeitsplatz die beste Garantie für sozialen
Zusammenhalt darstellt. Der EGB argumentiert, dass zu einer wirklichen Umsetzung der
Lissabon-Strategie das europäische Sozialmodell als wichtiger Produktionsfaktor anerkannt
werden muss. Außerdem bedeutet nachhaltige Entwicklung nach Meinung des EGB, dass
Wirtschafts-, Sozial- und Umweltpolitik auf eine sich gegenseitig stärkende Weise verfolgt
werden sollten. Dem entsprechend ist der EGB der Auffassung, dass das Thema
Durchgängigkeit zwischen der Lissabon-Strategie einerseits und der EU-Strategie für
nachhaltige Entwicklung andererseits weiterhin einer umfassenden Klärung bedarf.
Das Flexicurity-Konzept
Der EGB betrachtete die Mitteilung der Kommission zu Flexicurity als wichtige Gelegenheit
zur Förderung einer Flexicurity, die arbeitnehmerfreundlich, ausgewogen ist und auf den
Realitäten für Arbeitnehmer auf dem EU-Arbeitsmarkt aufbaut. Nach Meinung des EGB stellt
die Mitteilung jedoch eine nicht ausgewogene Sichtweise von Flexicurity dar, die die
Interessen von Unternehmen begünstigt und damit entscheidende Arbeitnehmerrechte wie
das Recht auf dauerhafte Beschäftigung und sichere Arbeitsverträge mindert. Die
Kernaussage der Mitteilung besteht also darin, dass Arbeitnehmer die Sicherheit ihrer
Arbeitsplätze und gewerkschaftlichen Schutz zu Gunsten der Beschäftigungssicherheit
aufgeben müssen. Außerdem kritisiert der EGB, dass die Kommission der
Beschäftigungssicherheit die Schuld an prekären Arbeitsverhältnissen gibt und keine
befriedigende politische Agenda vorschlägt, um Beschäftigungssicherheit zu fördern. So folgt
die Kommission dem Ansatz, dass Menschen so schnell wie möglich einen anderen
Arbeitsplatz antreten müssen, ohne dass sie auf die Arbeitsplatzqualität beachtet.
Nach Meinung des EGB ist dieser Flexicurity-Ansatz nicht akzeptabel. Anstelle dessen muss
sichergestellt sein, dass Flexibilität und Sicherheit tatsächlich funktionieren und dass es bei
beiden sich ergänzende Merkmale gibt. Sowohl Unternehmen als auch Arbeitnehmer
brauchen sowohl Flexibilität als auch Sicherheit. Daher identifiziert der EGB eine Reihe von
zentralen Prinzipien für flexible und sichere Arbeitsmärkte:
- Sicherung eines guten und robusten Schutzsystems für Arbeitsplätze und Einleitung
‚intelligenter’ Reformen durch Erweiterung und Ergänzung des Schutzes der
Arbeitsplätze durch Beschäftigungssicherheit;
- Arbeitsplatzqualität muss zum Herzstück des Konzepts werden, und dazu zählt auch
das Prinzip, das stabile und sichere unbefristete Arbeitsverträge der generelle
Beschäftigungstyp bleiben sollten;
- Förderung der verhandelten Flexicurity durch starke, autonome und repräsentative
Sozialpartner;
7
-
Verbesserung der Sozialsysteme durch Sicherung großzügiger Sozialleistungen, die
für alle Arbeitsvertrags- und Arbeitsplatzformen gelten, sowie Investitionen in aktive
Arbeitsmarktpolitik;
- Förderung des lebenslangen Lernens und Realisierung der Gender-Gleichstellung;
- Ergänzung von Flexicurity durch eine wachstums- und arbeitsplatzfreundliche
makroökonomische Politik;
- Bereitstellung der Haushaltsressourcen, die zur Finanzierung von Flexicurity
notwendig sind.
Daher fordert der EGB den Europäischen Rat, das Europäische Parlament und die
Kommission dringend auf, einen ausgewogenen und arbeitnehmerfreundlicheren Ansatz von
Flexicurity zu verabschieden.
2. Das Ergebnis der Branchen-Workshops
Das TRUST-Projekt hat seine beiden ersten Phasen bereits beendet. Die erste Phase der
Informationssammlung, die im Oktober 2006 begann, beinhaltete die Erstellung der
speziellen Diskussionsunterlagen für die Sektionen. In der zweiten Phase von Februar bis
Juni 2007 wurden sieben zweitägige Branchen-Workshops durchgeführt, die den ETFSektionen entsprachen: Fischerei, Zivilluftfahrt, Häfen, Straßentransport, Eisenbahnen,
Seeschifffahrt und Binnenschifffahrt. Mitgliedsorganisationen aus den einzelnen Sektionen
diskutierten eine gemeinsame Tagesordnung, die auf den vier zentralen Themen von
TRUST aufbaute: Umstrukturierung und Entwicklungen in der Transportwirtschaft, die
Lissabon-Strategie
und
Transportarbeiter,
Verkehr
und
Umwelt
sowie
Infrastrukturfinanzierung, staatliche Beihilfen und die Rolle der Staaten. Bei allen Workshops
konnte
man
verschiedenen
Interessengruppen
begrüßen,
die
vom
EGB,
Arbeitgeberverbänden und der Europäischen Kommission (GD Beschäftigung) kamen. Die
sich aus den verschiedenen Präsentationen ergebenden Diskussionen waren produktiv,
kritisch, und es wurde eine Vielzahl von Themen angesprochen.
Das nachfolgende Kapitel wird die Schlussfolgerungen zum Thema „Die Lissabon Strategie
und Transportarbeiter” darstellen, die bei den sieben Branchen-Workshops gezogen wurden.
Wie das obige Kapitel bereits zeigte, wurde die wirtschaftliche Säule zum Kernstück der
erneuerten Lissabon-Strategie, während die soziale Säule, d.h. mehr und bessere
Arbeitsplätze, an den Rand gedrängt wurde. Die NE-Strategie der EU wurde auf die
Umweltsäule reduziert. Die Transportwirtschaft der EU ist Teil der Lissabon-Strategie, aber
nicht nur in dem Sinne, dass sie Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum fördert oder schnelle,
effiziente und preisgünstige Beförderung bietet. Indem sie 5% aller Arbeitsplätze in der EU
stellt, ist sie auch eine Branche, die auf Humankapital aufbaut, und die Lissabon-Strategie
muss dies in Betracht ziehen. Um qualitativ gute Dienstleistungen sicherzustellen muss die
Transportwirtschaft mit gut qualifiziertem Personal arbeiten, das unter anständigen
Bedingungen arbeiten kann. Daher muss das ursprüngliche Ziel von mehr und besseren
Arbeitsplätzen neue Priorität erhalten und mit substantiellen Inhalten gefüllt werden.
Eisenbahnen
Wenn man die ehrgeizigen Ziele der (ursprünglichen) Lissabon-Strategie mit der Realität der
Eisenbahnen vergleicht, so weisen die Entwicklungen weiter Mängel auf. Die EU und die
Mitgliedstaaten vermindern/zerstören die Leistungen des Gemeinwohls in dieser Branche,
und insbesondere die neuen Betreiber (aber auch alte Eisenbahnunternehmen) haben
lediglich das Ziel, ihre Gewinne zu steigern.
Die Situation bei den Eisenbahnen ist prekär, wenn man das Thema „mehr Arbeitsplätze“
betrachtet. Es gibt keine ernsthaften vergleichenden Studien oder europäischen Daten, die
belegen, dass 15 Jahre Umstrukturierung der Branche und die Einführung von Wettbewerb
mittelfristig positive Auswirkungen gehabt haben oder haben werden. Vielmehr ist die
Beschäftigung innerhalb von 10 Jahren nach der Umstrukturierung und Deregulierung um
etwa 50% zurückgegangen. In der EU der 15 wurde die Zahl der Arbeitsplätze bei den
Eisenbahnen von 1,4 Millionen auf 800.000 abgebaut. Ein ähnlicher enormer
8
Arbeitsplatzabbau fand und/oder findet in den neuen Mitgliedstaaten statt. Außerdem zeigen
Studien, dass auf zehn verlorene Arbeitsplätze nur ein neuer Arbeitsplatz kommt. Die einzige
europäische Studie, die für die Zukunft positive Beschäftigungseffekte in der Branche
voraussagt, bezieht sich auf die Klimapolitik, wenn eine Reihe von strengen Maßnahmen zur
Förderung von (ökologisch) nachhaltigen Verkehrsträgern ergriffen wird.36 Es gibt jedoch in
der EU und unter den Mitgliedstaaten keinen starken politischen Willen zur Umsetzung
solcher Maßnahmen. Obwohl im Allgemeinen die Beteiligung von Frauen in der Branche
sehr gering ist, kann man feststellen, dass die stärkere Serviceorientierung der
Eisenbahnunternehmen zu einer höheren Beschäftigungsquote von Frauen in der Branche
geführt hat, während diese in den neuen Mitgliedstaaten generell höher ist. Dies wird jedoch
durch den noch laufenden Arbeitsplatzabbau in den neuen Mitgliedstaaten ausgehöhlt, wo
Frauen bei Umstrukturierungen die ersten sind, die aus den Unternehmen ausscheiden.
Wenn man das Thema „bessere Arbeitsplätze“ betrachtet, so ist die Situation ähnlich prekär.
Der Druck auf die Arbeitszeiten hat sich nicht nur verstärkt, sondern die Arbeitnehmer
erleben eine stärkere Individualisierung ihrer Arbeitsverträge, unsichere Arbeitsplätze sowie
eine stärkere Flexibilität von Arbeitszeiten und Schichten. Aufgrund des enormen
Arbeitsplatzabbaus in der Branche ist die Arbeitsintensität durch dauernde Überstunden,
Multitasking und Stress gestiegen. Außerdem stellen Arbeitnehmer zunehmende
Sicherheitslücken fest. Neu eingestellte Personen erhalten häufig eine geringere Entlohnung,
und bestimmte Entlohnungselemente wie Zuschläge für Überstunden, Nachtarbeit oder
Sonntagsarbeit wurden gekürzt (das Letztere gilt auch für länger beschäftigtes Personal).
Außerdem haben Studien gezeigt, dass die Umstrukturierung der Unternehmen und die
Einführung von Wettbewerb zu weniger Investitionen in Ausbildung und insbesondere in die
Ausbildung junger Arbeitnehmer in der Branche geführt haben. Diese Gesamtentwicklung
hatte eine Senkung der Einkünfte der einzelnen Arbeitnehmer, aber mittelfristig auch des
gesamten Sektors zur Folge. Diese neu geschaffenen Entlohnungsunterschiede zwischen
alten Arbeitsverträgen und den neuen erzeugen jedoch Wettbewerb auf der Grundlage von
Personalkosten und sind kontraproduktiv in Bezug auf die Motivation der Arbeitnehmer und
Qualität der Dienstleistungen. Außerdem sind junge Arbeitnehmer in der Branche weniger
zahlreich, was in erster Linie auf die prekäre Beschäftigungssituation in der Branche
zurückzuführen ist.
Straßentransport
In einer Mehrzahl der Mitgliedstaaten beschäftigt der Straßengüterverkehr 1/3 oder sogar die
Hälfte aller in der Transportwirtschaft tätigen Personen. Insgesamt arbeiten in der EU der 27
mehr als 2,7 Millionen Arbeitnehmer im Straßengüterverkehr, während 1,8 Millionen im
Personenverkehr auf der Straße tätig sind.
Die Fahrer kannten schon immer lange Arbeitszeiten, die eine positive Ausgewogenheit von
Arbeit und Leben nicht begünstigen; im Güterverkehr liefern Ermüdung, Stress und die
fehlenden angemessenen und preisgünstigen Rastplätze weitere Argumente für die
Vorstellung, dass insbesondere der Beruf des Fahrers im internationalen Güterverkehr mit
Risiken und Gesundheitsgefahren verbunden ist.
Aufgrund der Umstrukturierung der Branche und den neu auftauchenden
Logistikunternehmen wurden insbesondere bei Lagerbetreibern neue Arbeitsplätze
geschaffen. Nur ein kleiner Teil dieser Arbeitsplätze fällt unter besondere Tarifverträge. Ihre
Laufbahn- und Fortbildungsperspektiven sind stark eingeschränkt.
Außerdem nutzen die Unternehmen zunehmend die Möglichkeit des TransportBinnenmarktes aus und setzen in die großen Entlohnungsunterschiede zwischen den
Fahrern aus neuen und alten Mitgliedstaaten für sich ein. Infolgedessen beschäftigen sie
billigere Arbeitskräfte aus den neuen Mitgliedstaaten im Rahmen von Kabotage und CrossTrade-Verkehren. Eine solche Situation trägt keinesfalls dazu bei, die Arbeitsbedingungen in
der Branche zu verbessern.
36
ETUC/ ISTAS/ SDA/ Syndex/ Wuppertal Institut (2007): Climate Change and Employment [Klimawandel und Beschäftigung],
http://www.tradeunionpress.eu/Web/EN/Activities/Environment/Studyclimatechange/rapport.pdf
9
Zivilluftfahrt
Eine geschätzte Zahl von insgesamt 4,1 Millionen Menschen sind direkt oder indirekt im
zivilen Luftverkehr beschäftigt, während 1,5 Millionen Menschen in Europa direkt bei
Luftverkehrsgesellschaften arbeiten. Wenn jedoch die Rolle der Zivilluftfahrt im Rahmen der
Lissabon-Strategie diskutiert wird, verhält sich die Europäische Kommission nicht
entsprechend und konzentriert sich anstelle dessen auf ihre Rolle bei der Erhöhung von
Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum in der EU. Die Luftverkehrsbranche ist in hohem Maße
wettbewerbsfähig, aber diese Wettbewerbsfähigkeit basiert nicht auf einem soliden und
sozial nachhaltigen Rahmen und fairem Wettbewerb. Vielmehr fehlt dem von der EU
entwickelten politischen Rahmen für die Zivilluftfahrt ein integrierter Ansatz und fairer
Wettbewerb, und daher hat er negative Auswirkungen auf die quantitative und qualitative
Beschäftigungsentwicklung in dieser Branche.
Trotz des Wachstums der Branche im Passagier- und Güterverkehr in der Vergangenheit
und ihres Potenzials für weiteres Wachstum in der Zukunft kann man in Bezug auf mehr und
bessere Arbeitsplätze eher eine Entwicklung zum Gegenteil feststellen. Wegen der
Notwendigkeit zur Produktivitätserhöhung war die Luftverkehrswirtschaft in der EU mit vielen
Zusammenbrüchen und/oder Fusionen konfrontiert, die Arbeitsplatzverluste, Lohnkürzungen,
schlechte Arbeitsbedingungen, die Notwendigkeit erhöhter Produktivität und höhere
Flexibilität zur Folge hatten. Bei Ausschreibungen und/oder der Liberalisierung von
Aktivitäten insbesondere in der Branche der Bodenabfertigung ist die Übernahme der
Mitarbeiter nicht verbindlich vorgeschrieben und wird nur selten auf sozialverträgliche Art und
Weise begleitet. In einer zweiten Phase wurden Arbeitsplätze geschaffen. Diese
Arbeitsplätze bei den Billigfluglinien sind aber häufig nicht die Art von Arbeitsplätzen, die
man als bessere Arbeitsplätze beschreiben könnte, sondern es handelt sich eher um
ungesicherte Arbeitsplätze von geringerer Qualität. Atypische Arbeitsverträge, das heißt
Zeitarbeitsverträge oder Teilzeitverträge, stellen einen wachsenden Trend dar, und zudem
werden diese häufig nicht freiwillig abgeschlossen. Insbesondere junge Arbeitnehmer und
Frauen finden sich mit dieser Art von Arbeitsverträgen wieder, die wenig Sicherheit und
keine Perspektive für die berufliche Weiterentwicklung bieten, und das ist keine oder nur eine
unzureichende Basis, auf der sie eine Zukunft für sich selbst und ihre Familien aufbauen
könnten.
Über diese prekären Entwicklungen hat die Unsicherheit für die Arbeitnehmer in der
Zivilluftfahrt sich beträchtlich erhöht, und dies ist nicht nur schädlich für die Arbeitnehmer,
sondern auch kontraproduktiv für die Wettbewerbsfähigkeit der Branche.
Hafenarbeiter
Die Rolle von Häfen in der Transportkette wird aufgrund des Wachstums der Seeverkehre
und der Entwicklung der Logistik immer relevanter. Weil sie die Hauptzugänge für den
internationalen Handel darstellen, spielen Häfen eine entscheidende Rolle im
Globalisierungsprozess. Der Beitrag der Häfen zur Schaffung von mittelbarer und
unmittelbarer Beschäftigung ist ebenfalls sehr bedeutend: 2005 waren in der Branche und
bei verwandten Dienstleistungen etwa 280.000 Menschen beschäftigt.37 Wenn man die Rolle
der Häfen innerhalb der Lissabon-Strategie diskutiert, liegt das politische Schwergewicht
jedoch generell auf der wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit, der Leistungsfähigkeit und in
letzter Zeit auf der Umwelt und der Entwicklung von abgelegenen Regionen, während der
sozialen Dimension kaum Bedeutung zugemessen wird. Beschäftigungsprobleme werden in
erster Linie indirekt in Bezug auf die Frage, wie Lohnnebenkosten und Arbeitsbedingungen
zur weiteren Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit beitragen könnten, angesprochen.
Selbst nach der Niederschlagung der beiden Richtlinienvorschläge (den so genannten
Hafenpaketen I und II) in den Jahren 2003 und 2006 wird die Debatte zur künftigen
Hafenpolitik vom Thema der Wettbewerbsfähigkeit der Häfen und der Erhöhung der
Hafenkapazitäten beherrscht, wobei die derzeitigen Arbeits- und Beschäftigungspläne häufig
als Hindernis für die weitere Entwicklung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Häfen
37
GD Fischerei und Seeschifffahrt (2005): Beschäftigungstrends in allen See- oder Seefahrtressourcen nutzenden Branchen,
http://ec.europa.eu/maritimeaffairs/study_employment_en.html , S. 40
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betrachtet werden. Obwohl vorhergesagt wird, dass die Aktivitäten in den Häfen in Zukunft
zunehmen werden, bedeutet eine solche Erhöhung nicht unmittelbar die Schaffung neuer
Arbeitsplätze in der Branche, weil das Beschäftigungswachstum auch von Aspekten wie
Schiffsgrößen, dem Umfang der Automatisierung etc. abhängt.
Die Merkmale der Hafenarbeit wie Verkehrsschwankungen und die Schwierigkeit bei der
Vorhersage von Verkehrsströmen, die Notwendigkeit, rund um die Uhr Leistungen
anzubieten, sowie die Gefährlichkeit der Arbeit im Hafen sind die Begründung für
Arbeitsorganisationsformen, die als ‚Arbeitskräftepools’ bezeichnet werden und in vielen
Häfen anzutreffen sind, obwohl es je nach Land und Hafen signifikante Unterschiede gibt.
Obwohl diese Organisationsformen die von der Hafenarbeit verlangte Flexibilität erlauben,
wurde ihre Existenz zunächst von den Hafenpaketen I und II und später in den Diskussionen
nach deren Niederschlagung immer wieder infrage gestellt. Generell würden Verbote der
Arbeitskräftepools sowie die Einführung von in der Vergangenheit geplanten Maßnahmen
wie der Selbstabfertigung wahrscheinlich die Arbeitskosten senken, aber gleichzeitig die
nicht-dauerhaften Arbeitsverhältnisse erhöhen und sich damit negativ auf den Arbeitsschutz
auswirken. Weil es in der Lissabon-Strategie auch um bessere Arbeitsplätze geht, kann man
eine detaillierte Erörterung, wie man die Arbeitsschutzbilanz verbessern kann, sicherlich
nicht umgehen. Obwohl man große Anstrengungen unternehmen sollte, um eine bessere
Durchsetzung der diesbezüglich vorhandenen allgemeinen EU-Rechtsvorschriften
sicherzustellen, verlangen die Besonderheiten und die Gefahren in dieser Branche wohl eher
spezielle Regelungen.
Binnenschifffahrt
In der EU der 27 arbeiten mehr als 42.000 Personen im Bereich Binnenschifffahrt, wozu
auch selbstständige Arbeitnehmer und deren Familienangehörige zählen. Es gibt jedoch in
der EU nur wenig genaue und spezifische Daten zur Beschäftigung nach
Beschäftigungsstatus, Alter, Geschlecht oder Herkunft sowie nach Fracht- beziehungsweise
Personenschifffahrt. Trotzdem zeigen die Erfahrungen, dass die Branche mit
Personalknappheit konfrontiert ist.
In Bezug auf „bessere Arbeitsplätze“ und trotz der Tatsache, dass die Binnenschifffahrt als
sicherer und umweltfreundlicher Verkehrsträger gilt, sind die Arbeitsbedingungen nicht
attraktiv. Die (Un)Ausgewogenheit von Arbeit und Leben, alte Schiffe, unbequeme
Schlafkabinen tragen nicht dazu bei, die Branche für junge Arbeitnehmer attraktiv zu
machen. Obwohl es einen Katalog von europäischen sozialrechtlichen Vorschriften zum
Schutz der Arbeitnehmer gibt, ist es nicht immer eindeutig, welches nationale Recht für die
Mannschaften gilt, und - was noch schlimmer ist - die Durchsetzung dieser Vorschriften ist
praktisch nicht existent.
Insbesondere die Situation auf Flusskreuzfahrtschiffen ist erschreckend. Ungeregelte
Beschäftigung blüht; beispielsweise rekrutieren Zeitarbeitsagenturen Mannschaften in einem
Land und geben ihnen kurzfristige, in einem anderen Land registrierte Arbeitsverträge für die
Arbeit auf Schiffen, die nicht unter der Flagge des Landes der Beschäftigung fahren.
Die EU hat ein Aktionsprogramm, „Naiades“, zur Förderung der Binnenschifffahrt aufgelegt.
Es umfasst auch ein Kapitel zu Arbeitsplätzen und Qualifikationen, aber es enthält keinen
Verweis auf die Personenschifffahrt, und das Kapitel überlässt die Lösung der Probleme dem
sektoralen Sozialdialog.
Seeschifffahrt
Die Seeschifffahrt ist eine Branche, die expandiert und gleichzeitig einen Beitrag zu
Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum in der EU leistet. Während jedoch die Beschäftigung in
der Seeschifffahrt insgesamt stabil bleibt, nimmt die Zahl der EU-Seeleute ab, weil sie
allmählich durch Angehörige von Drittstaaten ersetzt werden. Viele europäische
Schiffseigner entscheiden sich für eine Ausflaggung ihrer Schiffe mit dem Ziel, die Kosten für
die Besatzung zu senken, und sie umgehen dabei häufig internationale und europäische
Standards zu Arbeitsbedingungen und Sicherheit an Bord und suchen auf diese Weise nach
weiteren Wettbewerbsvorteilen. Es ist ein Rennen um die niedrigsten Standards: wenn ein
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Schiffseigner seine Schiffe unter einer Billigflagge fahren lässt übt dies Druck auf die
anderen Schiffseigner aus, damit sie diesem Beispiel folgen. Eine andere Möglichkeit, wie
Schiffseigner Seeleute aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit diskriminieren, besteht darin, dass
sie EU-Staatsangehörige aus neuen Mitgliedstaaten zu geringeren Löhnen einstellen, als sie
für andere EU-Arbeitnehmer gelten würden.
Das Ziel, auf See bessere Arbeitsplätze zu bekommen, wie dies in der Lissabon-Strategie
formuliert ist, wäre nur zu erreichen, wenn Probleme wie diskriminierende Praktiken,
Sozialdumping, erhöhte Flexibilität sowie schlechte Arbeits- und Lebensbedingungen an
Bord von den zuständigen Behörden auf nationaler und europäischer Ebene wirklich
angegangen würden. Die besonderen Merkmale der Arbeitsplätze auf See wurden häufig
angeführt, um die für Seeleute im Vergleich zu Transportarbeitern an Land geltende
unterschiedliche Behandlung zu rechtfertigen; das heißt die Seeschifffahrt ist bei einer Reihe
von arbeits- und sozialrechtlichen Richtlinien ausgeklammert, wobei Schiffseigner manchmal
Arbeitnehmer aufgrund des so genannten „Wohnsitzprinzips“ einstellen und entlohnen.
Außerdem gibt es einen zunehmenden Abwärtsdruck auf die Löhne in der Linienpersonenund Fährschifffahrt in Europa, was in erster Linie auf wiederholte Sozialdumping-Praktiken
zurückzuführen ist. Daher ist die Branche mit einer ernstzunehmenden Knappheit von jungen
europäischen Arbeitskräften konfrontiert, die zur Arbeit in dieser Branche bereit sind. Daher
steigt das Durchschnittsalter der Seeleute, und Arbeitnehmer werden manchmal über das
normale Rentenalter hinaus weiter beschäftigt, um dem Mangel an jungen Arbeitskräften mit
entsprechender Ausbildung zu begegnen.
Alle diese Faktoren erklären den schlechten Ruf der Berufe in der Seeschifffahrt und
unterstreichen die Notwendigkeit, das Profil dieser Branche zu verbessern, um das
Seeschifffahrts-Know-how in Europa zu halten und hoch qualifizierte junge Menschen zu
veranlassen, einen Beruf in der Seeschifffahrt zu ergreifen.
Fischerei
Im Unterschied zu den anderen Transportbranchen gehört die Fischerei nicht zur
gemeinsamen
Verkehrspolitik,
sondern
unterliegt
seit
1983
einer
eigenen
Gemeinschaftspolitik. Die neue überarbeitete Gemeinsame Fischereipolitik (CFP) aus dem
Jahre 2003 enthält einen umfassenden Maßnahmenkatalog, der im Grunde alle Aspekte der
Fischereiwirtschaft einschließlich einer sozialen Dimension regelt. Seine Prioritäten in Bezug
auf die soziale Dimension liegen auf zwei Gebieten: einerseits beziehen sie sich auf die
Strukturveränderungen aufgrund von begrenzten Ressourcen und der Umsetzung strengerer
Erhaltungsmaßnahmen und andererseits auf die Verbesserung der Arbeits- und
Lebensbedingungen der Fischer durch die Verstärkung und Umsetzung von
Rechtsvorschriften.
Bei Betrachtung des Zieles „mehr Arbeitsplätze“ ist die Situation in der Fischereiwirtschaft
schwierig, weil viele Arbeitsplätze weggefallen sind. Die Priorität der Kommission besteht
eher darin, Fischern beim Ausscheiden aus der Branche zu helfen, indem alternative
Beschäftigungschancen in Küstengebieten und in erster Linie im Tourismus geschaffen
werden, als darin, neue Arbeitsplätze in der Branche selbst zu schaffen. Dies geschieht
innerhalb eines Rahmens, indem die anderen Branchen nicht unbedingt in der Lage sind,
diese Arbeitnehmer aufzunehmen und in der ein signifikanter Abbau der Fischereitätigkeit
negative Folgen auf mit der Fischerei verbundene Tätigkeiten an Land hätte. Anreize zum
Abbau von Arbeitsplätzen in der Branche werden auch über passive Finanzmaßnahmen wie
Pläne zur Frühverrentung gegeben.
Wenn man sich das Ziel der „besseren Arbeitsplätze“ ansieht, ist die Situation ähnlich prekär.
Ein Teil der für die Sozialpolitik in der Branche ausgewiesenen Ressourcen sollten für die
Verbesserung von Arbeits- und Lebensbedingungen verwendet werden. In der Realität ist
die Fischerei jedoch eine der gefährlichsten Branchen, was teilweise auf das Arbeitsumfeld
selbst zurückzuführen ist, aber auch an der fehlenden Präventionskultur liegt. Die
vorhandenen Rechtsvorschriften werden schlecht umgesetzt, und Schulungsmaßnahmen
sind selten, und dies gilt auch für die Sicherheitskultur in der Branche. Außerdem trägt die
Nutzung bestimmter Managementsysteme wie der so genannten „Tage auf See“ bei
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Arbeitnehmern auf See eher zu einer Erhöhung der Arbeitsunfälle bei, die die begrenzte,
ihnen auf See zugestandene Zeit maximal nutzen wollen. Diese bereits schlechte Situation
für die Arbeitnehmer verschlechtert sich weiter durch die fehlende Umsetzung von
international vereinbarten verbindlichen Maßnahmen wie der Konvention zu Normen für
Ausbildung, Zertifizierung und Wachdienste von Fischereifahrzeugbesatzungen aus dem
Jahre 1995 (Convention on Standards of Training, Certification and Watchkeeping for
Fishing Vessels Personnel, 1995 (STCW-F Convention)) sowie der Konvention von
Torremolinos und deren Protokoll aus dem Jahre 1993, deren Inkrafttreten und wirkungsvolle
Umsetzung einen Regulierungsrahmen bieten würden, der die grundlegenden Prinzipien der
sicheren Arbeit überwachen und die Seetüchtigkeit der Fahrzeuge sicherstellen sollte.
Dementsprechend haben sich die Arbeitsbedingungen verschlechtert und die Arbeitnehmer
sind flexibler geworden, während die Löhne gleichzeitig gekürzt wurden. Der Beruf wird in
erster Linie von (häufig alternden) männlichen Arbeitnehmern ausgeübt, immer häufiger
auch von Zuwanderern, und man findet an Bord von Fischereifahrzeugen nur sehr wenige
Frauen.
Die weit verbreitete Nutzung eines Vergütungssystems auf Anteilsbasis - die explosive
Erhöhung der Kraftstoffpreise setzt dieses System noch weiter unter Druck - bildet einen
weiteren Faktor, der zur sinkenden Attraktivität der Fischereiwirtschaft beiträgt.
Insgesamt wurden in der Fischereiwirtschaft keine neuen und besseren Arbeitsplätze
geschaffen. Die negative Bilanz im Arbeits- und Gesundheitsschutz und die harten
Arbeitsbedingungen, die fehlenden sozialen Maßnahmen, die die Situation in manchen
Ländern und in der Fischerei auszeichnen, schaffen zusammen mit dem generell negativen
Image der Fischereiwirtschaft und des Berufsstandes eine Situation, in der es einerseits sehr
schwierig ist, die bereits in dieser Branche tätigen Arbeitnehmer zu halten, und andererseits
ebenso schwierig ist, neue Arbeitnehmer zur Arbeit an Bord von Fischereifahrzeugen
einzustellen.
3. Fragen und Vorschläge für die Debatte bei der Konferenz
Die dritte Phase des TRUST-Projekts, die der Durchführung von drei
branchenübergreifenden thematischen Konferenzen gewidmet ist, begann mit der ersten
Konferenz am 30. und 31. Oktober 2007 in Brüssel. Die Konferenz nahm eine Synthese der
Beiträge der verschiedenen Branchen vor, die aus den sieben Branchen-Workshops zum
Thema „Umstrukturierung und Entwicklungen in der Transportwirtschaft“ stammten. Die
zweite Konferenz wird am 14. und 15. November 2007 in Lissabon veranstaltet, weil Portugal
in der zweiten Jahreshälfte 2007 die EU-Präsidentschaft innehat. Die Debatte zur LissabonStrategie und Transportarbeitern kann von diesem Umstand profitieren. Abschließend wird
die letzte thematische Konferenz am 11. und 12. Dezember 2007 in Brüssel stattfinden und
die Ergebnisse der Workshops zu den Themen „Verkehr und Umwelt“ sowie
„Infrastrukturfinanzierung, staatliche Beihilfen und die Rolle der Staaten“ diskutieren.
Die Teilnehmer werden aufgrund ihrer Erfahrungen bei der Schaffung von „mehr und
besseren Arbeitsplätzen“ für ihre Mitglieder in der Transportwirtschaft gebeten, insbesondere
über folgende Fragen nachzudenken:
- Resultiert der Lissabon-Prozess in einer sozial nachhaltigen Entwicklung in der
Transportwirtschaft?
- Wie können Gewerkschaften die soziale Säule der Lissabon-Strategie stärken, um
eine sozial nachhaltigere Transportwirtschaft zu erreichen?
o Welche Vorstellungen gibt es, wie man das „Soziale“ in der EUVerkehrspolitik durchgängig integrieren kann?
- Sind in der Zukunft positive Trends oder Chancen für Transportarbeiter festzustellen?
o Welche konkreten Maßnahmen kann man weiter verfolgen, um das Fehlen
von jungen Arbeitskräften im Hinblick darauf effizient anzugehen, mehr junge
Menschen für Transportberufe zu gewinnen?
o Was kann man tun, um den Frauenanteil in der Transportwirtschaft zu
erhöhen und ihnen würdige Arbeitsplätze zu bieten?
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Wie ist die Angemessenheit der aktuellen politischen Maßnahmen und Kohärenz
zwischen dem Ziel von mehr und besseren Arbeitsplätzen in der Lissabon-Strategie
einerseits und der EU-Verkehrspolitik andererseits sicherzustellen?
Was ist die Rolle der verschiedenen beteiligten Akteure, zum Beispiel der
Europäischen Kommission, der Mitgliedstaaten und der Sozialpartner?
Dieses Dokument wird den Teilnehmern an der zweiten thematischen TRUST-Konferenz
hoffentlich dabei helfen, die zentralen politischen Vorschläge zu identifizieren, die in einem
ETF-Strategiepapier über die „Lissabon Strategie und Transportarbeiter“ zu behandeln sind.
Mit der letzten Sitzung in der Konferenz wird das Sekretariat ein Dokument zur Diskussion
vorlegen, das die wichtigen Schlussfolgerungen der verschiedenen Workshops und der
Konferenz selbst enthält. Wir rechnen mit der aktiven Teilnahme und Beiträgen von allen zu
dieser zentralen Säule der TRade Union Vision of Sustainable Transport.
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