1. Grundlagen des Veranstaltungs rechts

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1. Grundlagen des Veranstaltungs rechts
1. Grundlagen des Veranstaltungs­rechts
Blitz-Übersicht für den eiligen Leser
Veranstaltungen („Events“) erstrecken sich über einen weiten Bereich von Aktivitäten. Neben Veranstaltungen im Rechtssinn gibt es eine Reihe anderer Kategorisierungen.
Insgesamt können alle Events in eine von fünf möglichen Gruppen unterteilt werden:
Die klassischen öffentlichen Veranstaltungen unterliegen den Landes-Veranstaltungsgesetzen und damit einer Reihe spezifischer, kostenpflichtiger Rechts-Konsequenzen (behördliche Berechtigung, Auflagen und Überwachung, Eignung der
Veranstaltungsstätte, Durchführungsvorschriften, …).
Dies unterscheidet die öffentlichen markant von den privaten Veranstaltungen,
wobei die Abgrenzung öffentlich – privat sensibel ist.
Darüber hinaus gibt es noch die aus dem VeranstG ausgenommenen (befreiten)
öffentlichen Veranstaltungen als eigene Kategorie, nebst veranstaltungsähnlichen Events (zB Messen, Märkte, Spiele, …) und freien Veranstaltungen (zB wissenschaftliche Veranstaltungen, Schulungen, …).
1.1 Zum Begriff der „Veranstaltung“ und des
­„Veranstaltungsrechts“ – historische Wurzeln
„Events“ und „Veranstaltungen“ jeglicher Art boomen heute, viele Ereignisse werden bewusst inszeniert, „Live Marketing“ durch Events ist in aller Munde, und auch
die Werbe- und Kommunikationswirtschaft hat Events als Marketingtool längst erkannt und kommt zunehmend den „Eventlern“ in die Quere (oder umgekehrt, je
nach Sichtweise!).
➲➲Hinweis:
Vorwegnehmend sei gleich festgehalten: Die Worte „Veranstaltung“ und „Event“
werden wir hier als Synonyma verwenden.
Welche Strukturbausteine machen das Wesen einer Veranstaltung aus?
 Zunächst muss eine „besondere Schaustellung, Darbietung oder Belustigung“
vorliegen, um es in der altmodischen Diktion der Veranstaltungsgesetze zu formulieren (vgl etwa § 1 Abs 1 S 1 Wiener VeranstG), oder – moderner: ein besonderes, inszeniertes Ereignis. Dh unerlässlich für eine Veranstaltung ist zunächst
ein konkretes Veranstaltungsprogramm. Aus dem Inhalt dieses Programms erVögl (Hrsg), Praxishandbuch Veranstaltungsrecht, LexisNexis
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gibt sich die Veranstaltungsart. Hinter dem Inhalt steht immer ein Veranstaltungszweck (zB Erwerbsmäßigkeit, Charity-Veranstaltung), der rechtlich relevant
sein kann. Der Veranstaltungsinhalt muss nicht unbedingt unterhaltender Art
sein, er kann auch zur „Erbauung“ der Teilnehmer dienen (so zB § 1 Abs 1 Bgld
VeranstG).
 Für das inszenierte Ereignis muss ein Veranstalter nach außen hin die Verantwortung (Haftung) übernehmen. Dieser ist zumindest für die Durchführung (faktische Abwicklung) der Veranstaltung zuständig.
 Unter Umständen ist eine Veranstaltungsagentur (Eventagentur) mit der Organisation der Veranstaltung vertraut.
 Die Veranstaltung findet zu einer bestimmten Zeit statt, wobei es Einzelveranstaltungen, befristete Veranstaltungen und unbefristete Dauerveranstaltungen gibt.
 Veranstaltungen finden an einem bestimmten Ort statt (Veranstaltungsstätte).
Dieser unterliegt uU einer behördlichen Eignungsfeststellungspflicht. Der Ort
kann sich auf öffentlichem oder privatem Grund befinden. Die Location kann
entweder dem Veranstalter gehören (als Eigentümer, Pächter, Mieter) oder sie
wird vom Verfügungsberechtigten (Inhaber der Veranstaltungsstätte) an den
Veranstalter vermietet („Eigen“-, „Fremd“veranstaltung aus Sicht des LocationInhabers).
 Sie finden für und vor Publikum statt. Sie sind entweder allgemein oder nur auf
Einladung zugänglich, kostenlos oder gegen Eintrittsgeld (Sonderfall: „freiwillige“ Spende). Im Falle allgemeinen Zutritts kann der Veranstalter sein Publikum
dennoch nach bestimmten erlaubten Kriterien (zB Mindestalter, „Damentag“)
selektieren.
 Veranstaltungen finden mittels Akteuren (Mitwirkenden, Darstellern) statt. Zu
diesen bestehen vertragliche Beziehungen, oft wird auch eine in- oder ausländische Künstleragentur oder ein anderer Vermittler eingeschaltet sein.
 In die Organisation der Veranstaltung kann eine Veranstaltungsagentur eingebunden sein, aber auch andere Partner- oder Subunternehmen wie Catering/
Gastronomie, Security, Veranstaltungstechnik usw.
 Bei der Veranstaltung können auch Dienstnehmer eingesetzt sein wie etwa im
Kassen- und Gastronomiebereich, in der Veranstaltungstechnik usw.
 Für die Durchführung öffentlicher Veranstaltungen sind behördliche Berechtigungen notwendig. Dazu können diverse Sonderbewilligungen kommen, zB für
die Nutzung öffentlichen Grundes, sowie Anmeldepflichten bei UrheberrechtsVerwertungsgesellschaften (AKM).
 Da durch Veranstaltungen auch Anrainerinteressen berührt werden können, sehen die Veranstaltungsgesetze bzw landesgesetzliche Bestimmungen dahin gehende Kautelen vor (Lärmschutzmaßnahmen, …).
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1.1 Zum Begriff der „Veranstaltung“ und des „
­ Veranstaltungsrechts“ – Historische Wurzeln
Die einzelnen Unterscheidungskategorien können sich in der Praxis durchmischen:
So kann zB eine allgemein zugängliche (öffentliche) Veranstaltung sowohl unentgeltlich (bei freiem Eintritt) als auch entgeltlich zugänglich sein, auf privatem wie öffentlichem Grund stattfinden, in der eigenen Veranstaltungsstätte des Veranstalters
oder einer gemieteten Location, usw.
Zusammenfassend können wir daher ganz allgemein definieren:
Veranstaltungen („Events“) sind:
 von einem Veranstalter,
 uU unter Einbindung einer Veranstaltungsagentur bzw von Partner- bzw Subunternehmern,
 vor und für Publikum,
 allgemein zugänglich oder für eingeladene Gäste,
 entgeltlich oder unentgeltlich,
 in einer Veranstaltungsstätte oder einem anderen Ort,
 zu einer bestimmten Zeit,
 auf privatem oder öffentlichem Grund,
 mit einem bestimmten Inhalt (Programm),
 unter Einbindung von Akteuren (Darstellern),
 Geplantes und Inszeniertes,
 besonderes Ereignis („Schaustellung, Darbietung, Belustigung“).
Bei Veranstaltungen handelt es sich demgemäß um Darbietungen, die für sich allein
das Wesensmerkmal einer dramaturgisch abgegrenzten Einheit bilden, dh, es für
sich allein wert sind, betrachtet zu werden – denn wesentliches Element einer „Veranstaltung“ in diesem Sinne ist, dass sie vor Zuschauern (Betrachtern) stattfindet
und daher eine Interaktion zwischen Darstellern einerseits und Zuschauern andererseits stattfindet. Andernfalls handelt es sich um ein eventähnliches alltägliches
Ereignis (). Auch der VwGH hatte sich mit dieser Grundsatzfrage auseinanderzusetzen und definierte den Begriff in seinem Erkenntnis Zl 1809/79/5 vom 26. 9. 1979
ganz in diesem Sinne.
Wir sehen aus dieser Definition, dass der Begriff der „Veranstaltung“ – wir verwenden ihn hier als Synonym zu „Event“ – ein sehr weitgefasster ist, der weit über die
Definitionen in den Veranstaltungsgesetzen hinausreicht. Dementsprechend weitgefasst ist der Begriff des Veranstaltungsrechts:
Veranstaltungsrecht ist die Gesamtheit aller Rechtsnormen, die sich auf Veranstaltungen beziehen.
Man kann unterscheiden:
Das Veranstaltungsrecht ieS:
Es besteht aus den Veranstaltungsgesetzen der Bundesländer samt Annexmaterien (zB im Bereich des Veranstaltungsstättenrechts) sowie damit eng zusamVögl (Hrsg), Praxishandbuch Veranstaltungsrecht, LexisNexis
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menhängenden Materien wie Jugendschutz, Vergnügungssteuern/Lustbarkeitsabgaben und anderen Sonderabgaben, durchwegs auf Landesebene.
Das Veranstaltungsrecht iwS:
Beinhaltet alle Materien, die sich (auch) auf Veranstaltungen beziehen, wie zB
bestimmte Sonderbestimmungen im Straßenverkehrs-, Schifffahrts- oder Luftfahrtrecht, Urheberrecht usw.
Historische Entwicklung
„Veranstaltungen“ im Sinne öffentlicher Darbietungen, Schaustellungen und Belustigungen gibt es zweifellos historisch bereits sehr lange, man denke nur an die antiken Olympiaden oder an Gladiatorenkämpfe in römischen Arenen. Im modernen
Sinne liegen die Wurzeln von Veranstaltungen einerseits im höfischen Bereich der
Neuzeit (Theater- und Konzertsäle/Opernsäle an den Fürstenhöfen), vor allem aber
in der bürgerlichen Kultur des Vormärz der Jahre ab 1815. In dieser Zeit entwickelten sich einerseits aus der bürgerlichen Salonkultur etwa Theateraufführungen oder
Soireen mit konzertanten Darbietungen oder Lesungen, andererseits gerieten die
fahrenden Schausteller in das Visier der Behörden. Aus Sicht des damaligen Polizeistaates (System Metternich) waren Veranstaltungen potenzielle Gefahrenquellen,
denn sie stellten Ansammlungen von Bürgern zu einem bestimmten Zweck dar, der
dem Staat im Sinne der allumfassenden politischen Kontrolle grundsätzlich suspekt
war. Daher stellten die ersten Regelungen des Veranstaltungswesens in den 1830erJahren reine Polizeivorschriften dar, deren vordringlichster Zweck jener der Überwachung und Kontrolle war.
Dieser Regelungszweck steht bis heute ganz im Vordergrund der Vorschriften in
diesem Bereich. Erst in neuester Zeit kamen zusätzliche Aspekte wie Anrainer- und
Umweltschutz stärker legistisch zum Tragen.
1.2 Der Begriff der „öffentlichen Veranstaltung“
– verfassungsgesetzliche ­Determinierung und
Rechtsquellen
Gemäß unserer Bundesverfassung (Art 15 B-VG) ist das Veranstaltungswesen Landessache in Gesetzgebung und Vollziehung. Demgemäß gibt es neun verschiedene Landes-Veranstaltungsgesetze mit zum Teil erheblich voneinander abweichenden Regelungen, etwa im Bereich der Spielautomaten. Die Bundesländer sind
verfassungsgesetzlich weder dazu verpflichtet, ihre Vorschriften zu akkordieren,
noch unterliegen sie einer Richtlinienkompetenz des Bundes.
Den örtlich zuständigen Bundespolizeibehörden obliegt die sicherheitspolizeiliche
Überwachung von Veranstaltungen und in erster Instanz die Mitwirkung bei der Verleihung von Veranstaltungsberechtigungen.
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1.2 „Öffentliche Veranstaltung“ – verfassungsgesetzliche ­Determinierung und Rechtsquellen
Auch viele andere Materien, welche den Bereich öffentlicher Veranstaltungen berühren, vom Jugendschutz über die diversen Sondersteuern bis hin zu polizeilichen
Regelungen, sind Landessache; teilweise kommt sogar den Gemeinden ein Regelungsrecht zu.
Dem verfassungsgesetzlichen Tatbestand „Veranstaltungswesen“ unterliegen nur
öffentliche Veranstaltungen, wobei die Verfassung weder den Begriff der „Veranstaltung“ noch jenen der „Öffentlichkeit“ definiert. Die Landesgesetze definieren
ihrerseits den Begriff der „Veranstaltung“ im Wesentlichen einheitlich, nämlich als
„Schaustellung, Darbietung oder Belustigung“, fassen hingegen den Begriff der
„Öffentlichkeit“ völlig unterschiedlich, was weitreichende Folgen für den Geltungsbereich der Veranstaltungsgesetze hat.
Wie im Folgenden gezeigt werden wird, können wir rechtlich insgesamt fünf Arten
von Veranstaltungen im weitesten Sinne unterscheiden, wobei lediglich die öffentlichen Veranstaltungen sowie die aus den Veranstaltungsgesetzen ausgenommenen Veranstaltungen positivrechtlich geschlossen geregelt sind und so benannt
werden.
1. Öffentliche Veranstaltungen unterliegen den Landes-Veranstaltungsgesetzen
und sind mit einer ganzen Reihe spezifischer – länderweise unterschiedlicher! –
öffentlich-rechtlicher Verpflichtungen verbunden:
 Es ist zur Veranstaltung eine personenbezogene Berechtigung notwendig,
die entweder durch Anzeige, Anmeldung oder Bewilligung erworben wird.
 Der Veranstalter hat einen definierten Status und spezifische Verpflichtungen
und Haftungen.
 Die Veranstaltung darf grundsätzlich nur in einer geeigneten, behördlich genehmigten Veranstaltungsstätte stattfinden (dingliche Berechtigung).
 Die Behörden erteilen Auflagen, die vom Veranstalter einzuhalten sind.
 Die Gesetze enthalten zahlreiche detaillierte Durchführungsbestimmungen
etwa betreffend Öffnungszeiten, Umwelt- und Anrainerschutz, Jugendschutz,
den Einsatz bestimmter fachlich qualifizierter Kräfte (auch Ärzte, Sanitäter), sowie die Veranstaltungssicherheit.
 Im Mittelpunkt der Regelungen steht die behördliche und polizeiliche Überwachung mit weitgehenden Eingriffsrechten.
 Gesetzesverletzungen stehen unter strengen, weitreichenden Sanktionen (inkl
Beschlagnahme, Einziehung, Verfall).
In Summe kann daher festgestellt werden: Öffentliche Veranstaltungen sind
auf Landesebene streng reglementiert, wobei die diversen notwendigen Berechtigungen und Auflagen auch Kostenfaktoren darstellen.
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2. Länderweise unterschiedlich werden bestimmte Arten öffentlicher Veranstaltungen aus den jeweiligen Landes-Veranstaltungsgesetzen ausgenommen.
3. Alle Veranstaltungen, die nicht öffentlich sind, gelten als privat und unterliegen
damit nicht den Veranstaltungsgesetzen. Da die Bundesverfassung den Begriff
„öffentlich“ (leider) nicht definiert, ist dies im Wege einer verfassungsrechtlich
nicht unbedenklichen „Kompetenz-Kompetenz“ den Bundesländern überlassen:
dh, jedes Land definiert den Begriff und damit die Abgrenzung zu den privaten
Veranstaltungen eigenständig und legt damit selbst den Umfang seiner Regelungskompetenz fest. Aufgrund der teils unterschiedlichen Definitionen kann daher durchaus ein und derselbe Veranstaltungstyp in einem Bundesland dem jeweiligen Veranstaltungsgesetz unterliegen, in einem anderen Bundesland nicht.
Private Veranstaltungen unterliegen lediglich strafrechtlichen und sonstigen
verwaltungsrechtlichen Bestimmungen (zB über Ruhestörung udgl). Dabei kann
es sich um private Veranstaltungen im engeren Sinne handeln, also zB um Familienfeiern oder Feste mit Freunden, oder um private Veranstaltungen im weiteren
Sinne wie etwa b to b-Events mit geladenen Businesskunden.
4.Sogenannte „veranstaltungsähnliche Events“ wie zB Märkte inkl Flohmärkte,
Messen und Verkaufsausstellungen, Wohltätigkeitsbasare, Aktivitäten der Gewerbeausübung, Spiele, Sportausübung, Wettbewerbe etc unterliegen entweder eigenen spezifischen Rechtsgrundlagen (GewO, Sondergesetze) oder können relativ frei durchgeführt werden. Sie unterliegen jedenfalls nicht den Veranstaltungsgesetzen.
5.Sogenannte „freie Veranstaltungen“ beruhen auf verfassungsgesetzlichen
Grundfreiheiten und daher ebenfalls nicht auf den Veranstaltungsgesetzen. Sie
fallen nach den Bestimmungen der Bundesverfassung in die ausschließliche
Zuständigkeit des Bundes zur Gesetzgebung, wie etwa Bundestheater, künstlerische und wissenschaftliche Sammlungen und Einrichtungen (Museen) sowie
Veranstaltungen, die Ausübung eines Glaubens, einer Religion oder eines (religiösen) Bekenntnisses sind, oder Versammlungen im Sinne des (Bundes-)Versammlungsgesetzes.
➲➲Hinweis:
Bei veranstaltungsähnlichen Events und freien Veranstaltungen kommt es auf die
Frage der Öffentlichkeit nicht an! Hingegen greift der Bereich des Gewerberechts
mit dem maßgebenden Kriterium der Gewinnerzielungsabsicht auch in diese
Bereiche ein. Veranstaltungen dieser Kategorien können daher auch öffentlich
(= allgemein zugänglich) stattfinden, ohne dass sich an ihrem Rechtscharakter
etwas ändert; wird mit ihnen jedoch nachhaltig ein wirtschaftlicher Vorteil angestrebt, unterliegen sie dennoch den gewerberechtlichen Vorschriften.
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1.3 Abgrenzungen
Das Gewerberecht greift analog auch in die anderen Bereiche (öffentliche, ausgenommene und private Veranstaltungen) ein.
1.2.1Die Landes-Veranstaltungsgesetze im Überblick
(Angegeben wird hier grundsätzlich der Titel ohne Zitierung von LGBl bzw einzelner
Novellen sowie Nebengesetze und Verordnungen).
➲➲Hinweis:
Die Gesetzestexte sind am jeweils neuesten Stand im Internet unter http://www.
ris.bka.gv.at/Land/ kostenlos abrufbar und ausdruckbar!
Wien: VeranstG
VeranstaltungsstättenG
V über die Organisation und Tätigkeit des Spielapparatebeirates
Niederösterreich: VeranstG
SpielapparateG
Oberösterreich: VeranstaltungssicherheitsG
Veranstaltungs-FormularV, VeranstaltungssicherheitsV
Salzburg: VeranstG
Veranstaltungsstätten-V
Tirol: VeranstG
Vorarlberg: VeranstG
Kärnten: VeranstG
Steiermark: VeranstG
Burgenland: VeranstG
1.3 Abgrenzungen
1.3.1 Veranstaltungsähnliche Tatbestände
Viele in der Realität begegnende Ereignisse mögen aufgrund ihrer Inszenierung,
ihres Erscheinungsbildes, ihrer Gestaltung „Event“charakter haben bzw auch umgangssprachlich als „Veranstaltungen“ bezeichnet werden, ohne dass es sich dabei
rechtlich gesehen um Veranstaltungen im eigentlichen Sinne (öffentliche, ausgenommene oder private Veranstaltungen) handelt. Diese Tatbestände unterliegen
teilweise spezifischen eigenen gesetzlichen Regelungen oder können relativ frei abVögl (Hrsg), Praxishandbuch Veranstaltungsrecht, LexisNexis
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gewickelt werden. Für sie gelten dezidiert nicht die veranstaltungsgesetzlichen Bestimmungen inkl der Regelungen über Veranstaltungsstätten. Das kann nicht deutlich genug betont werden, weil „Events“ dieser Kategorie in der Praxis, auch seitens
involvierter Behörden, leider immer noch und immer wieder mit Veranstaltungen
„verwechselt“ werden.
Die Veranstaltungsgesetze der Länder selbst nehmen auf die Abgrenzung von Veranstaltungen zu „eventähnlichen Tatbeständen“ nicht explizit Bezug, von wenigen
vereinzelten Ausnahmen abgesehen. So führt das Wiener VeranstG (§ 1 Abs 2 Z 4)
als nicht dem Gesetz unterliegend an „das Abhalten von Spielen und der Betrieb
von Freizeiteinrichtungen (zB Fitneßcenter), die in den Anwendungsbereich der Gewerbeordnung … fallen.“
Dazu nun im Einzelnen:
Alltägliche oder nebenrangige Ereignisse sind keine „besonderen Ereignisse“ und
begründen daher keine Veranstaltung im rechtlichen Sinn. Dabei ist von einer objektiven Beurteilung auszugehen: Erreicht ein inszeniertes Ereignis einen künstlerischen oder sonstigen Anspruch, der es Außenstehenden wert erscheinen kann, ihm
beizuwohnen?
Diese Frage ist bei vielen „Veranstaltungen“ im Freundes- und Familienkreis auszuschließen, so zB bei einem von Schülern oder Studenten gemeinsam mit Lehrkräften veranstalteten „bunten Abend“ als Höhepunkt einer gemeinsam verbrachten
Woche. Dieser bunte Abend beinhaltet evt Bühnendarbietungen, Sketches, kabarettartige Einlagen, Gesangs- und Musikdarbietungen usw und mag für die Beteiligten selbst subjektiv durchaus Eventcharakter haben (subjektives Erlebnis) – für
unbeteiligte Außenstehende wird das Ereignis aufgrund seines laienhaften Charakters eher uninteressant sein. Obwohl hier Darbietungen vor Publikum stattfinden,
liegt daher rechtlich gesehen keine Veranstaltung vor. Dasselbe wird gelten, wenn
zwei Bekannte gegeneinander ein Tennismatch austragen und Freunde der beiden
dabei zusehen. Anders hingegen bereits bei einem vor Zuschauern stattfindenden
Turnier oder Meisterschaftsspiel eines Sportvereins; hier kann idR davon ausgegangen werden, dass die Wettbewerbe auch für relativ Außenstehende (also über den
unmittelbaren Familien-, Freundes- und Bekanntenkreis hinaus) interessant und „zusehenswert“ sein können.
Es wird daher eine Reihe von Sachverhalten geben, die vom Wertungsniveau her
unter dieser Anspruchsgrenze einer Veranstaltung liegen und daher nicht als „Veranstaltungen“ im Rechtssinn zu werten sind.
Noch ein Beispiel: Im Rahmen einer größeren Einladung, anlässlich derer nur gegessen und getrunken wird (= keine Veranstaltung, da keine organisierte Darbietung,
sondern veranstaltungsähnlicher Event ), „veranstaltet“ der Gastgeber eine Überraschungseinlage: um Mitternacht rieselt künstlicher Schnee von der Decke in den
Saal. Da dies wohl nicht den Charakter einer für sich eigenständigen Darbietung
entfaltet, scheint diese „Einlage“ veranstaltungsgesetzlich irrelevant. Anders stellt
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1.3 Abgrenzungen
der Fall sich dar, wenn eine solche Einlage in eine Veranstaltung eingebunden wird,
etwa einen veranstaltungsrechtlich relevanten Ball (Tanzunterhaltung); dann könnte
sich etwa die Veranstaltungs-Baubehörde durchaus auch für diesen Teil der Veranstaltung „interessieren“. Die Grenzziehung bleibt im Einzelnen schwierig und kann
wohl nur von Fall zu Fall vorgenommen werden.
Ebenso kann das Vorliegen eines „besonderen Ereignisses“ als dramaturgische Einheit ausgeschlossen werden, wenn im Rahmen eines Ereignisses, das keine Veranstaltung ist, in völlig untergeordnetem Umfang „Veranstaltungs“-Bestandteile stattfinden, die zB nur der kurzzeitigen Untermalung oder Überleitung zwischen einzelnen Programmteilen dienen.
➲➲Beispiel:
Als Auflockerung bei einer Abfolge von Festreden spielt dazwischen jeweils ein
Ensemble kurze musikalische Überleitungen. Anders hingegen, wenn die Ansprachen durch einen „Showblock“ aufgelockert werden, der als dramaturgische Einheit einer Darbietung anzusehen ist – diesfalls liegt eine Veranstaltung
(Musikdarbietung, konzertante Vorführung) vor.
➲➲Hinweis:
In diesem Fall, wie allgemein überall dort, wo Nicht-Veranstaltungen sich mit
„echten“ Veranstaltungen ieS mischen, gilt: Behördlich „anzumelden“ sind dann
jeweils nur die betreffenden Veranstaltungsbestandteile, nicht hingegen das Gesamt-Ereignis!
Dh es wird keinesfalls ein Gesamtereignis, dessen Teil eine Veranstaltung ist, damit
insgesamt zu einer Veranstaltung! (Grundsatz der isolierten Betrachtensweise).
Dieser Grundsatz ist auf andere Rechtsgebiete wie das Urheberrecht nicht anwendbar! So stellen zB selbst ganz kurz im Hintergrund einer Veranstaltung eingespielte
Filmclips eine Filmvorführung dar, die urheberrechtlichen Voraussetzungen unterliegt und tantiemenrechtliche Folgen auslöst. Das Urheberrecht kennt daher anders
als das Veranstaltungsrecht zwar eine qualitative, aber keine quantitative Bagatellgrenze! (Näher bei  14.)
Die Grenzen sind hier, wie im Falle aller Abgrenzungen, fließend, letztlich zählt der
faktische Gesamteindruck. So kann aus dem oben dargestellten „bunten Abend“ zB
sehr schnell eine „echte“ Veranstaltung werden, wenn er nämlich im Gemeindehaus
stattfindet und die Bevölkerung zum Zusehen eingeladen wird.
Wir weisen auf diese Abgrenzungsfragen hier und im Folgenden deswegen so ausführlich hin, weil sie aus den positivrechtlichen Vorschriften des Veranstaltungsrechts
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unmittelbar so nicht ablesbar sind. Es mag im Einzelfall auch einiger Überzeugungsarbeit bei involvierten Behörden bedürfen, um die Abgrenzungen klarzustellen. Im
Zweifelsfall empfiehlt sich stets im Vorhinein eine fachmännische Beratung!
Messen dienen im Wesentlichen der Präsentation von Waren und Dienstleistungen
sowie der Kundenakquirierung und unterliegen der Gewerbeordnung (GewO). Dh
wer Messen gewerbsmäßig organisiert bzw veranstaltet, benötigt die Gewerbeberechtigung „Organisation (öffentlicher) Veranstaltungen“ und wird Mitglied in der
jeweiligen Fachgruppe der Freizeitbetriebe der Wirtschaftskammer. Wer sich an
Messen nur als Aussteller beteiligt, benötigt für den Messeauftritt (Messekoje) keine eigene spezifische Berechtigung; es genügt die jeweils vorhandene Berufsausübungsberechtigung (zB Gewerbeberechtigung).
Messen – wie alle anderen veranstaltungsähnlichen Events auch – können sich mit
„echten“ Veranstaltungen mischen, etwa in Form einer Showbühne auf einer Messe,
auf der diverse Vorführungen stattfinden. Diesfalls ist diese Bühne und der unmittelbar sie umgebende Raum (Zuschauerraum) als Veranstaltungsstätte anzusehen,
und es müssen für diese Fläche und die entsprechenden Veranstaltungszeiten die
entsprechenden veranstaltungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sein. In diesem
Fall ist damit zu rechnen, dass auch Fluchtwege, Ein- und Ausgänge aus der Messeräumlichkeit udgl als Teil einer Veranstaltungsstätte angesehen werden. In diesem
Fall findet die „Mischung“ nicht nur sachlich statt (Messe mit Veranstaltung), sondern zusätzlich auch räumlich. Die Messe als Ganzes wird dadurch jedoch nicht zur
Veranstaltung!
➲➲Hinweis:
Die Messe als Gewerbebetrieb unterliegt der spezifischen gewerberechtlichen
Betriebsanlagenpflicht, es können sich daher behördliche Auflagen ähnlicher Art,
die jedoch verschiedenen Rechtsquellen entspringen, kumulieren. Im Falle allfälliger Regelungskollisionen hat wohl die jeweils strengere Norm Vorrang. Dies ist
wichtig festzustellen, weil im österreichischen Bundesstaat keinesfalls der Grundsatz „Bundesrecht (= zB Gewerberecht) bricht Landesrecht (= zB Veranstaltungsgesetz)“ gilt!
 Wir werden die verschiedenen Regelungs„welten“ des Veranstaltungs- und Gewerberechts, die in der Praxis sehr oft aufeinanderstoßen (zB: Gastronomie bei
Veranstaltungen!), ausführlich in  9.1.3 durchleuchten.
Entsprechendes gilt für alle im Weiteren genannten Fälle analog!
Märkte und ähnliche (Verkaufs-)Veranstaltungen, die eigenen gesetzlichen Regelungen (§§ 286 ff GewO!) unterliegen und hier nicht weiter im Detail zu behandeln
sind. Festgehalten werden soll nur, dass Märkte nur innerhalb definierter gesetzlicher Rahmenbedingungen abgehalten werden, welche die einzelnen Gemeinden
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