Vom Südharz ins Thüringer Becken Die Hauptbahn Nordhausen

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Vom Südharz ins Thüringer Becken Die Hauptbahn Nordhausen
Die
BAHNTour
Hauptbahn Nordhausen – Erfurt
Vom Südharz ins
Thüringer Becken
von
René Krebs
und
Matthias Hansen
Nach der Zugkreuzung mit einem RE beschleunigte 232 103 von Raildox am 22.07.12 einen leeren Düngemittelzug aus dem Bahnhof Kleinfurra.
Gestartet war der Zug in Ebeleben. Ab Nordhausen wird 182 100 (Bautyp Siemens ES64U2), welche schon am Zugschluss auszumachen ist, die
Traktion übernehmen. Erst letztes Jahr wurde hier in Kleinfurra der westliche Bahnhofskopf noch mit zwei neuen Formhauptsignalen ausgestattet.
E
her Arbeitstier und Aschenputtel als stolze Prinzessin zählt die KBS 601 nicht zu den landschaftlichen Glanzpunkten Thüringens. Auserkoren ist sie allerdings zur nächsten SPNV-Musterstrecke im Freistaat, womit die noch bemerkenswert vollständige Ausstattung mit
mechanischer Leit- und Sicherungsalttechnik – meist der Bauart Jüdel – in absehbarer Zeit Geschichte sein wird. Allerdings verzögert
sich der Um- und Ausbau (vgl. Ausgabe 1/12, S. 63), so dass durchaus noch Zeit bleibt, etwas vom alten Eisenbahnflair zu erhaschen...
Erbaut wurde diese knapp 80 km messende
Hauptbahn auf Beschluss des Fürstentums
Schwarzburg-Sondershausen sowie Preußens
zwischen 1867 und 1869. Die Betreiberin
der Strecke, die private Nordhausen-Erfurter
Eisenbahn-Gesellschaft konnte den Betrieb am
17.08.1869 aufnehmen. Im Jahre 1887 erfolgte
der Verkauf der Bahn an den Preußischen Staat.
Große Warenempfänger und -versender existierten zu jener Zeit noch nicht, denn erst zu Beginn
des 20. Jahrhunderts wuchs die Kaliindustrie um
Sondershausen heran.
Beim Bahnbau nutzte man auf den ersten acht
Kilometern die Trasse der hier 1867 eröffneten Halle-Kasseler Bahn, die dazu ein zweites
Gleis erhielt. Im abseits des Ortes gelegenen
Trennungsbahnhof Wolkramshausen, wo die
Kilome­trierung mit 0,0 neu beginnt, schwenkt
die Erfurter Strecke in südlicher Richtung nach
Kleinfurra ab, wo sich die ersten Modernisierungsanzeichen der Infrastruktur in Form des
umgerüsteten Bahnübergangs bemerkbar machen. Aber gleichwohl sind in diesem Bahnhof
noch Formausfahrsignale sowie ein Wärter- und
Fahrdienstleiterstellwerk zu finden.
Auf den Haltepunkt Großfurra folgt die Station
Sondershausen-Glückauf, welche als Haltepunkt,
Ausweichanschlussstelle und zeitweise, wenn
besetzt, als Blockstelle fungiert. In Glückauf kann
der Fotograf die Zeugnisse des einst betriebenen
Kalibergbaus – Fördertürme und Halden – ins
Motiv einbinden. Das Kaliwerk, heute als Glückauf
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Sondershausen Entwicklungs- und Sicherungsgesellschaft mbH (GSES) firmierend, wurde zwar
1991 geschlossen, nahm aber 2006 zumindest
die Streusalzproduktion für den Winterdienst
wieder auf. Hier wird nun zusätzlich Sondermüll
langzeitsicher unterirdisch eingelagert, der auch
per Schiene von Nordhausen her gebracht wird.
Interessierte können diesen Betrieb besuchen. Er
wurde daher unter Tage um so einige Attraktionen wie einen Laugensee für Kahnfahrten, eine
Kegelbahn und einen Konzertsaal ergänzt.
Knappe 3 km weiter erreichen wir den Bahnhof
von Sondershausen, bis 1918 Residenzstadt
des eingangs genannten Fürstentums, danach
bis zur Schaffung des Landes Thüringen 1920
Landeshauptstadt des Freistaates SchwarzburgSondershausen. An den Kalibergbau erinnert
die gleich hinter dem Bahnhof gelegene Anlage des früheren Petersenschachtes, dessen
Förderturm auf Wunsch des von 1909 bis zu
seiner Abdankung 1918 regierenden Fürsten
Günther Victor von Schwarzburg-Rudolstadt
dem Pariser Eiffelturm nachempfunden ist. Das
Pflasterkreuz auf der Außenseite am nördlichen
Ende des Inselbahnsteiges markiert noch heute
die Stelle, an der Seine Durchlaucht geruhte den
Zug zu besteigen.
Und auch sonst sind im Bahnhof heute noch
viele Relikte der „alten Bahn“ zu finden. Der
Großteil seiner ehemaligen Gleisanlagen ist
zwar verschwunden oder ungenutzt, dennoch
kann man neben dem Empfangsgebäude, dem
Wasserturm, der auch hier noch vorhandenen
Formsignaltechnik auch einen alten Wasserkran
am Bahnsteig der Gleise 2 und 3 finden.
Interessant ist auch, dass Haus- und Inselbahnsteigdach durch gleisüberspannende T-Träger
miteinander verbunden sind. Leider hat man
2011 die dezente alte Bahnhofsbeleuchtung mit
ihren Holzmasten gegen eine Vielzahl sehr hoher,
„moderner“ Lampen ausgewechselt, was den
fotografischen Reiz doch wieder etwas schmälert. Bis Ende 2006 konnte man von hier über
die Kyffhäuserbahn auch Bad Frankenhausen
und Artern per Schiene erreichen, doch ist diese
Strecke inzwischen komplett stillgelegt und wird,
wenn überhaupt, durch ihren Pächter Deutsche
Regionaleisenbahn GmbH nur im Ostteil ab Bad
Frankenhausen vorrangig für den Güterverkehr
reaktiviert.
Dann könnte auch die Bundeswehr in Bad Frankenhausen wieder vor Ort verladen und bräuchte
nicht mehr die 2008 als Ersatz in Sondershausen
angelegte Verladerampe zu nutzen, was wie
beim Militär üblich gleichwohl nur sehr sporadisch vonstatten geht. Sondershausen ist reizvoll
zwischen den bewaldeten Muschelkalkrücken
von Windleite und Hainleite gelegen, von denen
letztere beim Bahnbau durchschnitten werden
musste. Daher folgt jetzt auf einer Länge von
rund 7 km und mit 12 ‰ die größte Steigung
der Strecke, der sich nach Verlassen der Stadt
die Ortsumgehung der B 4 in Form einer Bündelungstrasse zugesellt. An deren Ende ist der
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ehemalige Bahnübergang noch gut zu erkennen,
dessen Schranken vom Personal der früher hier
befindlichen Blockstelle „Geschling“ mitbedient
wurden. Vor dem Krieg hielten hier bedarfsweise
an Sommersonntagen einige Züge für Ausflügler.
Die Blockstelle hatte ihre Bedeutung vor allem
für bergan fahrende, schwere Güterzüge der
Dampflokzeit und den Bahnübergang machte
die Ortsumgehung entbehrlich.
Nach Verlassen des Waldes geht es in einer langen
Rechtskurve zum Bahnhof Hohenebra. Die alten
Stellwerke und Formausfahrsignale werden noch
immer gebraucht, nicht jedoch das Bahnhofsgebäude, welches leider komplett dem Verfall
preisgegeben ist. Reisezüge halten hier wegen
der abseitigen Lage schon seit Jahren nicht mehr.
Von hier zweigt am westlichen Bahnhofsteil die
Strecke nach Ebeleben ab, welche auch heute
noch für den verbleibenden Güterverkehr auf
dieser Strecke eine wichtige Rolle spielt (siehe
BAHN-REPORT 6/11, S. 62). Für zusätzlichen „Betrieb“ sorgt seit vergangenem Fahrplanwechsel
die Tatsache, dass die Bedienung von Ebeleben
nicht mehr über Nordhausen, sondern direkt
von Erfurt aus erfolgt, so dass in Hohenebra Kopf
gemacht werden muss.
Die Trasse steigt indes noch weiter an und
erreicht kurz vor dem reizvollen Haltepunkt
Hohenebra Ort ihren höchsten Punkt mit rund
310 m über NN. Nach rechts bietet sich ein
schöner Fernblick über den nördlichsten Teil
des Thüringer Beckens Richtung Ebeleben. Vom
gepflegten Stationsgebäude in Hohenebra Ort
aus werden in mechanischer Alttechnik noch
zwei Schrankenanlagen und das Blocksignal in
Richtung Nordhausen bedient. Ab jetzt wechselt das Neigungsverhältnis ins Gefälle hinab
zum Haltepunkt Niederspier, von welchem aus
ebenfalls noch zwei mechanische Vollschrankenanlagen bedient werden.
In vielen Kurven windet sich das Gleis durch die
stark hügelige Landschaft zum langgezogenen,
zweigleisigen Bahnhof von Wasserthaleben.
Zwar nur ein Dorf mit 400 Seelen, doch wendete
dort zu Reichsbahnzeiten lange Jahre ein Personenzugpaar von Erfurt her. Hier befindet sich
heute das einzige verbliebene Formvorsignal der
Strecke, welches in Fahrtrichtung Nordhausen
steht. Der Fahrdienstleiter sitzt, ebenso wie in
Sondershausen, Ringleben-Gebesee, Kühnhausen, Erfurt-Gispersleben und Erfurt Nord
im Empfangsgebäude. Dem Flüsschen Helbe
folgend und parallel zur Landstraße verlaufend
wird nach weiteren fünf Kilometern der Bahnhof
Greußen erreicht. Nach dem Umbau im Jahre
2009 besteht hier keine Möglichkeit mehr, einen
Güterzug „auf die Seite“ zu nehmen.
Dennoch kann der Fotograf auf Motivsuche in
Greußen fündig werden, sind doch alle Betriebsgebäude noch vorhanden – am Nordkopf die
beiden Wärterstellwerke, das Fahrdienstleiterstellwerk „Gs“ und das leider heruntergekom-
Fahrzeiten der Güterzüge
Ebeleben (Mo+Mi+Do, mit BR 261):
EK 54854 UEG 11.48-12.06 URGS 12.37-13.04 UWTL 13.18-13.40 UHO 14.20-15.15 UEE,
EK 54855 UEE 16.45-17.37 UHO 18.21-18.34 UWTL 18.42-19.11 UKU 19.19-19.27 UEN 19.51-20.00 UEG
Weißensee (B Mo+Di+Do+Fr, mit BR 261):
EK 55196 UEG 6.50-7.17 USF 7.22-7.37 UWSE,
EK 55197 UWSE 9.27-9.40 USF 9.46-10.05 UEN 10.17-10.26 UEG
Glückauf (Mo+Mi+Fr, mit BR 261):
EK 54852 UN 8.42-8.58 UKFA 9.10-9.17 UGL
EK 54853 UGL 10.31-10.40 UKFA 11.13-11.18 UWK 11.20-11.30 UN
Abkürzungen:
UEG Erfurt Gbf, UEN Erfurt Nord, UGL Glückauf, UHO Hohenebra, UKFA Kleinfurra, UKU Kühnhausen,
URGS Ringleben-Gebesee, USF Straußfurt, UWSE Weißensee, UWTL Wasserthaleben
mene große Empfangsgebäude. Die nördliche
Ein- und Ausfahrt sichern ein Formhaupt- und
zwei Gleissperrsignale. Im Bahnhofssüdkopf
stehen hingegen schon länger, vermutlich seit
Reichsbahnzeiten, Lichtsignale, die vom Fahrdienstleiterstellwerk aus bedient werden.
Bis Juni 1968 bestand auch von hier – genauer
gesagt von Greußen West aus – die Möglichkeit,
mit dem Zug nach Ebeleben zu gelangen. Eine
direkte Gleisverbindung der vormaligen Greußen-Ebeleben-Keulaer Eisenbahn zum „Hauptbahnhof“ gab es jedoch nicht, sie war nur durch
mehrere Rangierfahrten möglich. Nach Passieren
des Haltepunktes Gangloffsömmern folgt der
Bahnhof der Gemeinde Straußfurt, ehemals
ein durchaus bedeutender Knotenpunkt. Vier
befahrbare Hauptgleise und der seit Dezember
2007 nur noch im Güterverkehr genutzte Abzweig der von der Thüringer Eisenbahn GmbH
(ThE) gepachteten Pfefferminzbahn in Richtung
Weißensee – Sömmerda sind immerhin noch
vorhanden.
Ein Getreidelager und der Umschlag von Drahtrollen, die in zweiachsigen „Hbi“-Schiebewandwagen angeliefert werden, sorgen in Weißensee
noch für Frachtaufträge. Auch Kesselwagenzüge
der InfraLeuna GmbH zum dortigen Tanklager
gelangen gelegentlich über Straußfurt zum Ziel.
Die Fahrdienstleiter sind hier in zwei Fachwerk-
Stellwerken untergebracht; das bekanntere dürfte das am Nordkopf befindliche Fahrdienstleiterstellwerk„Sn“ sein, da es einfacher ins Fotomotiv
zu integrieren ist als das an einem Damm und in
der Kurve befindliche Wärterstellwerk „Ss“. Auch
hier, wie in Greußen, hinterlässt das leerstehende
und baufällige Em­pfangsgebäude einen eher
negativen Eindruck. Bis 2011 galt, dass ab hier
die Formsignale im Gegensatz zum nördlichen
Teil der Strecke nicht mehr mit Flaschengas,
sondern elektrisch beleuchtet werden. Die
Gasbeleuchtung hat inzwischen aber auch in
Kleinfurra ausgedient.
Entlang des rechterhand liegenden UnstrutRückhaltebeckens wird die Fahrt durch die immer flacher werdende Ackerbaulandschaft des
Thüringer Beckens fortgesetzt. Waren bis hierher
maximal 90 km/h erlaubt, so darf der Zug jetzt
bis Tempo 100 beschleunigen. Der kleine Kreuzungsbahnhof Ringleben-Gebesee ist mit zwei
Gleisen, vier Hl-Signalen und einer handbedienten Vollschrankenanlage ausgestattet. Positiv
hervorzuheben ist hier das Empfangsgebäude
nebst Güterschuppen (!), welches sich gepflegt
und mit Blumen geschmückt präsentiert.
Das Kontrastprogramm dazu bietet der nächste
Haltepunkt in Walschleben: Das Empfangsgebäude verlassen, der Bahnsteig modernisiert, trist
und kalt. Schnell weiter nach Kühnhausen mit sei-
Auf dem Weg von Ebeleben soeben auf der
KBS 601 angekommen, fuhr 275 801 vom
Bautyp Vossloh G1206 am 26.07.12 mit einem
kurzen Holzzug aus dem Bahnhof Hohenebra in
Richtung Nordhausen aus. Dieser Bahnhof dient
heute nur noch betrieblichen Zwecken. Beachtung schenkt der Eisenbahnfreund natürlich den
noch mit Gasflaschen beleuchteten Signalen.
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Die Bundeswehrkaserne in Sondershausen sorgt gelegentlich für Militärverkehr auf der Strecke.
Am 03.03.12 hatte 233 112 das Raketenartilleriebataillon 132 zunächst bis nach Nordhausen zu
bringen. Hier passierte sie mit M 62944 die durchgeschaltete Blockstelle Sondershausen-Glückauf.
nem wiederum eher altertümlichen Flair, in dem
der Fotograf auf Motivsuche mit Sicherheit fündig wird. Auch wenn die Formsignalkombination
am Nordkopf durch eine mit Hl-Signalen ersetzt
wurde, so finden sich am Südkopf des Bahnhofes
die beiden letzten Form- und Gleissperrsignale
auf dem restlichen Weg nach Erfurt. Auch die
handbediente Vollschrankenanlage und das
Klinker-Empfangsgebäude mit seinem Fachwerkanbau sind als Fotomotiv nicht verkehrt.
Der Haus- und die beiden Zwischenbahnsteige
zeigen noch üppigen Pilzlampenbesatz und
haben sich seit Uropas Zeiten kaum verändert –
die Kantensteine bestehen noch immer aus
Travertin, einem in der Region gewonnenen
Süßwasserkalkstein. An der Bahnhofseinfahrt
links liegt das Kieswerk, von dem in den letzten
Jahren relativ oft Kieszüge durch verschiedene
EVU Richtung Erfurt abgefahren wurden, was
2012 allerdings noch nicht der Fall war.
In Kühnhausen mündet die von Bad Langensalza über Döllstädt kommende Strecke ein, was
auf dem verbleibenden Stück natürlich eine
dichtere Belegung zur Folge hat. Daher gibt auf
den letzten elf Streckenkilometern auch keinen
Haltepunkt mehr, sondern nur noch Bahnhöfe
mit Kreuzungsmöglichkeit. Ab Kühnhausen,
das 1994 zur Landeshauptstadt eingemeindet
wurde, weicht die ländliche Streckenumgebung
flugs einer typischen Stadtrandlandschaft. Das
uralte Dorf Gispersleben wirkt zwar durchaus
noch ländlich, ist aber bereits seit 1950 ein Erfurter Stadtteil. Das Empfangsgebäude wurde
vor einigen Jahren weitestmöglich abgerissen –
nur der Fahrdienstleiter durfte natürlich nicht
obdachlos werden. Leider sind die Gleisanlagen
für den Güterverkehr schon seit langer Zeit ungenutzt und liegen brach.
Hier am nördlichen Stadtrand wurden zu DDRZeiten zwei große Plattenbausiedlungen aus
dem Boden gestampft, die bei der Weiterfahrt in
Sicht kommen: Linkerhand der „Rote Berg“ und
rechts nach Unterquerung der breiten Straßenbrücke das„Rieth“ mit seinen Punkthochhäusern.
Hier mündet auch die Trasse der ehemaligen
Kleinbahn nach Nottleben ein, über die das
Riethviertel von 1976 bis 1995 seinen „S-Bahn“Anschluss mit dem Endhaltepunkt Erfurt Berliner
Straße hatte. Eingesetzt wurden DoppelstockWendezüge mit V 100, im Volksmund respektlos
„Riethschleuder“ genannt.
Letzte Station vor Erreichen des Hauptbahnhofes ist Erfurt Nord, in welcher es neben dem
Em­pfangsgebäude auch noch ein kleines Wärterstellwerk gibt. Über die große Betonbrücke
fährt seit 1990 die Straßenbahn zum Roten
Berg. Auch hier sind die einst umfangreicheren
Gleisanlagen für den Güterverkehr schon lange
ungenutzt. Zwar bindet hier die„Stammstrecke“
der heutigen Erfurter Bahn GmbH, die Verbindungsspange hinüber zur Sangerhausener Strecke ein, doch die Bedienung der Anschließer via
Erfurt Ost abgewickelt. Um zum Hauptbahnhof
zu gelangen, muss das Erfurter Stadtgebiet auf
seiner Ostseite umfahren werden. Das geschieht
gewissermaßen durch den „Hinterhof“, denn
Nord- und Oststadt sind wie andernorts auch
alte Industrie- und Arbeiterwohnviertel – die
gutbürgerlichen, durchgrünten Wohngebiete
erlebt nur, wer sich aus Richtung Neudietendorf
nähert.
Da die Trasse teils in Dammlage verläuft, ist
zumindest ein guter Ausblick gewährleistet.
Von rechts grüßen die Türme von Dom und
Severikirche inmitten des kaum kriegszerstörten
Stadtzentrums hinüber. Kurz vor Streckenkilometer 68 überqueren wir eine mit Stadtbahntrasse
versehene Ausfallstraße. Rechts unterhalb des
Bahnkörpers befanden sich die Anlagen des alten
Nordhäuser Bahnhofes, dessen Empfangsgebäude auch noch vorhanden ist. Die ersten Oberleitungsmasten, seitdem wir Wolkramshausen
verlassen haben, werden sichtbar. Mittels eines
Kreuzungsbauwerkes geht es unter der Güterbahnhofszufahrt aus Richtung Sangerhausen
und dann gemeinsam mit dem Sangerhäuser
Personenzuggleis in einer langen Rechtskurve
unter der Thüringer Bahn hindurch, bis wenige
Augenblicke später der neu erbaute Erfurter
Hauptbahnhof erreicht ist.
Aktuell verkehren auf dieser Strecke 17 tägliche
Personenzugpaare, die ausschließlich aus Triebwagen der BR 642 bestehen. Diese hatten im
Jahre 2000 die bis dahin noch eingesetzten 232er
mit ihren drei„By“-Wagen abgelöst. Durchgehende Güterzüge zwischen Erfurt und Nordhausen
gibt es seit 2005 nicht mehr, als täglich noch zwei
Zugpaare, mit 232 bespannt, unterwegs waren.
Seitdem beschränkt sich der Güterverkehr auf
die genannten Anschließer, welche mit Loks der
BR 261 bedient werden (siehe Kasten auf der
vorherigen Seite), sowie auf Sondergüterzüge
nach Ebeleben, welche zumeist den Laufweg
über Nordhausen wählen. Zu DR-Zeiten diente
die Strecke auch quasi überregionalen Zügen
wie z. B. dem Paar P 6914/P 6923, das Sonneberg
über Saalfeld und Erfurt mit Nordhausen verband
und natürlich als wichtige Abfuhrstrecke der
Sondershäuser Kaliindustrie.
Als RE 16450 (Erfurt – Nordhausen) verließ
642 072 am 02.08.12 den Bahnhof Greußen und
passierte dabei das letzte verbliebene Ausfahrsignal am nördlichen Bahnhofskopf. Am rechten
Bildrand ist das Wärterstellwerk „Gn“ auszumachen, welches mit einem Kurbelwerk der Bauart
Jüdel ausgestattet ist.
Fotos (4): R. Krebs
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