Umgang mit Gesellschaftsrechtlichen Abfindungsklauseln

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Umgang mit Gesellschaftsrechtlichen Abfindungsklauseln
Christian Lentföhr
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Fachanwalt für Handels- und
Gesellschaftsrecht
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Umgang mit Gesellschaftsrechtlichen Abfindungsklauseln
Scheidet ein Gesellschafter aus einer Personengesellschaft oder einer Kapitalgesellschaft
(mit Ausnahme der AG) aus, so ist ihm der Wert seiner Beteiligung abzufinden. Ob eine
satzungsmäßige Begrenzung des Abfindungsanspruchs im Einzelfall hinzunehmen ist, hängt
nach der Judikatur des BGH maßgeblich von der Diskrepanz zwischen dem
gesellschaftsvertraglich geschuldeten Abfindungsbetrag einerseits und dem tatsächlichen
Anteilswert andererseits ab.
Sogenannte Buchwertklauseln sind in der Praxis weit verbreitet. Danach soll der tatsächliche
Anteilswert derjenige sein, den die Handelsbücher (Bilanz) als Eigenkapital-Anteil ausweisen.
Aufgrund bestimmter Vorsichtsprinzipien der ordnungsgemäßen Buchführung können die
Buchwerte unter dem Wert liegen, den ein fremder Dritter bereit wäre, für den Anteil zu
bezahlen. Buchwertklauseln sind deshalb nur zulässig, wenn sie den ausscheidenden
Gesellschafter nicht unbillig benachteiligen.
Anderenfalls wird der tatsächliche Anteilswert (gemeiner Wert/Verkehrswert) nach dem
sogenannten Ertragswertverfahren zu bestimmen sein, wobei man sich bewusst machen
muss, dass es auch ein einheitliches Ertragswertverfahren nicht gibt.
Die Interessenlagen der bleibenden und des weichenden Gesellschafters sind gegenläufig.
Zum Schutz der Liquidität des Unternehmens werden in den Gesellschaftsverträgen Regeln
für möglichst niedrige Abfindungen gesucht.
Da Abfindungsklauseln frei vereinbart werden können, sind sie grundsätzlich zulässig.
Grenzen ergeben sich jedoch wegen Sittenwidrigkeit und Treuwidrigkeit, § 138 Abs. 1, 242
BGB.
Nur bei Sittenwidrigkeit ist die Abfindungsklauseln nichtig, sodass dann die gerade nicht
gewünschte gesetzliche Regelung eingreift, die eine Abfindung des tatsächlichen Wertes, der
nach Ertragswertmethode zu bewerten ist, verlangt.
1. Zulässigkeit der Buchwertklauseln
Die Wirksamkeit einer abfindungsbeschränkenden Satzungsbestimmung hängt maßgeblich
von der Diskrepanz zwischen der nach ihr ermittelten Abfindung einerseits und dem
tatsächlichen Anteilswert des ausscheidenden Gesellschafters andererseits ab. Darüber
hinaus sind nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung aber auch sämtliche sonstigen
Umstände des Einzelfalls zu bewerten. Allein mit diesen mehr allgemeinen Leitlinien kann
jedoch in einem konkreten Streitfall die Zulässigkeit einer Satzungsklausel kaum hinreichend
sicher beurteilt werden.
Der Buchwert ist aus der Ertragssteuerbilanz oder einer, unter Wahrung der
Bewertungskontinuität
auf
den
Zeitpunkt
des
Ausscheidens
aufgestellten,
Auseinandersetzungsbilanz zu ermitteln. Nach herrschender Meinung umfasst die
Buchwertabfindung ohne nähere Konkretisierung jedenfalls den anteiligen Gewinn für das
laufende Geschäftsjahr, die Einlage auf dem Kapitalkonto, eventuelle Guthaben auf einem
laufenden Konto sowie alle in der Bilanz ausgewiesenen Posten mit Rücklagencharakter.
Davon abzuziehen sind gesamthänderische Verlustvortragskonten sowie Verbindlichkeiten
des Gesellschafters gegenüber der Gesellschaft auf seinem Privatkonto.
Der Ausschluss des Firmenwertes und der stillen Reserven machen dabei die Klausel nicht
unzulässig. Der II. Zivilsenat des BGH hat schon im Urteil vom 29. 5. 1978 klargestellt, dass
abfindungsbeschränkende Satzungsklauseln grundsätzlich selbst dann zulässig sind, wenn
sie in Abweichung vom Regelungsgehalt des § 738 I 2 BGB dem ausscheidenden
Gesellschafter den Firmenwert und die stillen Reserven der Gesellschaft vorenthalten.
Nach höchstrichterlicher Ansicht sind abfindungsbeschränkende Klauseln unter
Berücksichtigung der Grundsätze von „Treu und Glauben“ (vgl. § 242 BGB) insbesondere
dann zu korrigieren, wenn sie zum Nachteil des ausscheidenden Gesellschafters zu einer
erheblich hinter dem wahren Anteilswert zurückbleibenden Abfindung führen.
Entsprechendes gilt, wenn die mit der Abfindungsbeschränkung verbundenen wirtschaftlichen
Nachteile den ausscheidenden Gesellschafter sittenwidrig benachteiligen (§ 138 BGB) oder
die in § 723 III BGB verbriefte Freiheit des Gesellschafters unangemessen einschränken,
seine Gesellschaftsbeteiligung zu kündigen.
Im Urteil des II. Zivilsenats des BGH vom 24. 9. 1984 wurde diesbezüglich ebenfalls
klargestellt, dass ein (die Anwendung des § 723 III BGB rechtfertigendes) Missverhältnis
zwischen dem Buchwert und dem wirklichen Wert des Gesellschaftsanteils nicht schon dann
bejaht werden kann, wenn in großem Umfang stille Reserven vorhanden sind. Der wirkliche
Wert der Beteiligung an einem Gesellschaftsunternehmen entspreche nämlich nicht dem
Ergebnis der Addition von Buchwert und der auf die Beteiligung entfallenden stillen Reserven.
Bei der Bewertung einer abfindungsbeschränkenden Satzungsregelung stellt die
Rechtsprechung maßgeblich auf den Grad der Abweichung der statuarischen von der
gesetzlich geschuldeten Abfindung ab.
So wird ein zur Unanwendbarkeit der gesellschaftsvertraglichen Klausel führendes
Missverhältnis in einem Fall angenommen, in dem der Buchwert eines Kommanditanteils
100.000 DM und der wahre Wert unter Zugrundelegung des Ertragswertverfahrens 376.000
DM betrug. Dies war eine Abweichung von 276/376 = 73,40 %.
Ein erhebliches Missverhältnis besteht, wenn sich nach der gesellschaftsvertraglichen
Regelung eine Abfindung unterhalb geleisteter Einlagen oder einbehaltener Gewinne
errechnet.
Eine gesellschaftsvertraglich vorgesehene Abfindung für den aus einer GmbH
ausscheidenden Gesellschafter weicht dann in vollkommen unangemessener Weise vom
maßgeblichen Verkehrswert ab, wenn das an dem gesellschaftlichen Zweck ausgerichtete
Interesse
der
verbleibenden
Gesellschafter
an
dem
Fortbestand
des
Gesellschaftsunternehmens eine derart weit gehende Beschneidung des Abfindungsrechts
nicht erfordert. Die Beschränkung des Abfindungsrechts ist nach Ansicht des erkennenden
Senats willkürlich und bar jeder sachlichen Rechtfertigung, wenn der an dem
Unternehmenswert auszurichtende volle wirtschaftliche Anteilswert den satzungsmäßigen
Abfindungsbetrag (im Streitfall den Nennwert) erheblich übersteigt und möglicherweise ein
Vielfaches dieses (Nenn-Werts) ausmacht.
Der BGH hat ein grobes Missverhältnis in einem Fall angenommen, in dem die
Buchwertabfindung nur 35% - bzw. bei Einbeziehung des auf dem Privatkonto
ausgewiesenen Guthabens 45% (hier sogar 22 %) - der nach dem Verkehrswert ermittelten
(gesetzlichen) Abfindung betrug. Der ausscheidende Gesellschafter war im Streitfall über 80
Jahre alt, mehr als 53 Jahre Mitgesellschafter gewesen und auf die Verwertung seines Anteils
zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes angewiesen. Zudem konnte die Gesellschaft nach
der Erkenntnis des BGH den Abfluss von Geldmitteln in Höhe eines über dem Buchwert
liegenden Betrags verkraften. Dem ausscheidenden Gesellschafter war es daher nach
Ansicht des II. Zivilsenats nach „Treu und Glauben“ (§ 242 BGB) nicht zuzumuten, sich mit
dem gesellschaftsvertraglich vorgesehenen Buchwert abfinden zu lassen.
Ein Festhalten an der satzungsmäßigen Abfindungsklausel soll möglicherweise dann nicht
zumutbar sein, wenn der Verkehrswert innerhalb von nur drei Jahren auf das Sechsfache des
Nominalwertes ansteigt. Auch in dieser Entscheidung wurde freilich betont, dass die
Anwendbarkeit einer satzungsmäßigen Abfindungsregelung nicht allein vom Verhältnis
zwischen Bilanz- und Verkehrswert des Anteils abhängt, sondern sämtliche Umstände
einzubeziehen sind.
In einem Streitfall war gesellschaftsvertraglich ein Recht der verbleibenden Gesellschafter auf
Übernahme der Anteile eines auf Grund eigener Kündigung ausscheidenden Gesellschafters
vereinbart.
Der Übernahmepreis sollte sich nach der Satzung nach dem Nennbetrag der
Geschäftsanteile zuzüglich des darauf entfallenden Anteils an den offenen Rücklagen
(einschließlich des Gewinnvortrags) sowie der versteuerten stillen Reserven und abzüglich
eines darauf entfallenden Anteils an einem etwaigen Verlustvortrag und der Hälfte des auf die
Geschäftsanteile entfallenden Anteils am Gewinn des Unternehmens der letzten drei Jahre
vor der Übertragung bemessen. Danach errechnete sich ein Übernahmepreis in Höhe von
289% des Nominalkapitals. Der Verkehrswert bewegte sich hingegen nach den
tatrichterlichen Feststellungen zwischen 600% und 1000% des Nominalkapitals. Hierin sah
der BGH ein außergewöhnliches Missverhältnis.
Die in einer GmbH-Satzung enthaltene Buchwertklausel ist jedenfalls dann (noch) nicht
anzupassen, wenn die nach ihr berechnete Abfindung 83% des möglichen Anteils des
ausgeschiedenen Gesellschafters ausmacht. Dies wird weit unterschritten.
2. Ertragswertmethoden
Bei einer Bewertung unter Ertragswertgesichtspunkten geht man aus Sicht des ökonomisch
denkenden Investors davon aus, dass der Kaufpreis, statt damit das Unternehmen zu
erwerben, alternativ am Markt angelegt werden könnte. Hierfür erzielte er einen Basiszins,
etwa abgeleitet aus einer langfristigen Verzinsung einer konservativen Anlage, zum Beispiel
Bundesschatzbriefe. Aus heutiger Sicht dürfte ein Basiszins von vier Prozent langfristig am
Markt erzielbar sein. Es gibt nämlich Bundesschatzbriefe Typ B zu diesem Zinssatz.
Wenn ein Investor stattdessen ein risikoreiches Unternehmen erwirbt, will er
verständlicherweise einen höheren Verzinsungserfolg. Der Basiszinssatz ist demgemäß um
einen Risikozuschlag zu erhöhen.
Zunächst wird der Jahresgewinn, in der Regel gemittelt aus den letzten fünf Jahren, um den
sogenannten Unternehmerlohn vermindert, wenn der Investor oder verbleibende
Gesellschafter selbst mitarbeitet. Der Unternehmerlohn entspricht dem Gehalt eines
Fremdgeschäftsführers. Den durchschnittlichen Jahresumsatz kann man abweichend
ermitteln, wenn die einzelnen Jahre unterschiedlich gewichtet werden, also jüngere Jahre
stärker in die Bewertung einfließen als ältere, um die Entwicklung des Unternehmens
abzubilden. Schließlich ist das Ergebnis auch um außerordentliche Erträge oder
außerordentlichen Aufwand zu bereinigen, der in der Zukunft nicht zu erwarten ist. Hierin liegt
die hohe Kunst der Unternehmensbewertung, denn diese Faktoren sind die Stellschrauben, an
denen der Unternehmenswert bei gleicher Bewertungsmethode erheblich variiert werden
kann.
Der Basiszinssatz wird um eine sogenannte Marktrisikoprämie erhöht. Stellt man zum Beispiel
fest, dass in der Vergangenheit Aktienbesitzer (als typisierter Unternehmer kraft Ihrer
Unternehmensbeteiligung) langfristig dafür belohnt wurden, in Unternehmensbeteiligungen
investiert zu haben, indem sie zum Beispiel zwölf Prozent Durchschnittsrendite über Jahre
hinweg erzielten, so betrüge die Marktrisikoprämie als Differenz zum angenommenen
Basiszinssatz acht Prozent.
Zusätzlich ist es nicht unerheblich, ob die Investition in ein relativ risikoarmes Unternehmen
einer risikoarmen Branche erfolgt oder ob es sich um ein risikoreiches Unternehmen handelt.
Mit dem sogenannten Betafaktor korrigiert man die Marktrisikoprämie je nach
Ertragsschwankung des einzuschätzenden Unternehmens.
Schwankt das Ergebnis des Unternehmens vergleichbar dem DAX so beträgt der Betafaktor
Eins. Ist es schwankender als der DAX, so ist der Risikofaktor größer Eins. Ist es linear
gewachsen, zeigt also keine Schwankungen, so tendiert der Betafaktor gen Null.
Da natürlich kein Unternehmen zugleich allen DAX-Unternehmen gleicht, wird man zur
Auswahl und Bemessung des Betafaktors nur vergleichbare Unternehmen identifizieren und
auf deren Volatilität abheben. Diese sogenannten Peer-Companies sind dann auf ihre volatile
Entwicklung zu analysieren und dem zu bewertenden Unternehmen gegenüber zu stellen.
3. Sonstige Unwirksamkeitsgründe
Soweit nach der Rechtsprechung für die (Un-)Anwendbarkeit der satzungsmäßigen
Abfindungsbeschränkung nicht allein das Verhältnis zwischen dem wahren Wert des Anteils
einerseits und dem nach der gesellschaftsvertraglichen Regelung ermittelten
Abfindungsbetrag andererseits entscheidend ist, wurden bislang namentlich die folgenden
Umstände in die Würdigung miteinbezogen:
3. 1 Auszahlungsmodalitäten
Eine Unanwendbarkeit der gesellschaftsvertraglichen Abfindungsregelung insgesamt kommt
insbesondere dann in Betracht, wenn neben dem Missverhältnis zwischen dem wahren
Anteilswert und der nach der Satzung ermittelten Abfindung durch die
Auszahlungsmodalitäten weitere spürbare Einschränkungen des ausscheidenden
Gesellschafters begründet werden.
Nach der Gesetzeslage steht dem ausscheidenden Gesellschafter die Abfindung nämlich
unverzüglich mit seinem Austritt in einem Betrag zu (vgl. § 271 I BGB). Im Interesse der
Liquiditätssicherung
der
Gesellschaft
kann
zwar
nach
allgemeiner
Ansicht
gesellschaftsvertraglich ein abweichender Auszahlungsmodus wirksam vereinbart werden. In
Betracht
kommen
insoweit
beispielsweise
langjährige
Ratenzahlungsund
Stundungsvereinbarungen. Da sich solche Regelungen für den ausscheidenden
Gesellschafter jedoch ähnlich auswirken können wie eine Beschränkung der Abfindungshöhe,
darf das Interesse der Gesellschaft an der Kapitalerhaltung insbesondere dann nicht einseitig
über das Abfindungsinteresse gestellt werden, wenn die Abfindung für den ausscheidenden
Gesellschafter einen Versorgungscharakter hat.
a) Belastende Auswirkungen:
Unzulässig
sind
daher
in
solchen
Fällen
namentlich
langjährige
Ratenzahlungsvereinbarungen; dies gilt umso mehr, wenn die ausstehenden Raten zudem
weder oder nur niedrig verzinst werden, noch ihre Auszahlung im Fälligkeitstermin durch
Bürgschaften, Grundpfandrechte oder ähnliche Mittel sichergestellt wird.
Solche Regelungen schränken nämlich die Dispositionsmöglichkeit des ausscheidenden
Gesellschafters über die Wiederanlage der durch seinen Austritt freigewordenen Mittel
gravierend ein. Überdies setzen sie den Gesellschafter dem Risiko aus, den
Abfindungsanspruch bei Fälligkeit nicht durchsetzen zu können (vgl. aber auch §§ 321, 775 I
Nr. 1 BGB).
Diese Wirkungen werden noch verstärkt, wenn der Gesellschaftsvertrag ein Abtretungsverbot
für die (Abfindungs-)Ansprüche der Gesellschafter gegen die Gesellschaft vorsieht (vgl. § 399
BGB). Denn dann können die ausstehenden Raten auch nicht als Sicherheit für etwaige
(Bank-)Kredite verwendet werden, die der Gesellschafter gegebenenfalls zur
Liquiditätsverbesserung aufnehmen muss.
Zumeist wird bei der Gestaltung der Auszahlungsmodalitäten außerdem nicht ausreichend
beachtet, dass die durch das Ausscheiden aus der Gesellschaft entstehenden
Steuerverpflichtungen relativ zeitnah erfüllt werden müssen, was den finanziellen
Handlungsspielraum des ausscheidenden Gesellschafters weiter einengt und im Ergebnis
den Austritt finanziell unmöglich machen kann. Die Höhe der Rate(-n) sollte daher aus Sicht
des ausscheidenden Gesellschafters zumindest so bemessen sein, dass er seiner Steuerlast
nachkommen kann.
b)
Rechtsprechung:
Die Rechtsprechung hat sich bislang nur sehr sporadisch zu den (unzulässigen)
Möglichkeiten der Gestaltung der Auszahlungsmodalitäten geäußert. Klare Konturen
hinsichtlich der (Un-)Wirksamkeit von Auszahlungsregelungen lassen sich daraus kaum
herleiten. Zudem waren bislang wesentliche Fragen, wie etwa die Beurteilung von
Abtretungsverboten und die steuerlichen Auswirkungen, nicht Gegenstand der
veröffentlichten Entscheidungen.
Das RG hat im Urteil vom 17. 1. 1940 zwar Bedenken geäußert, ob eine statuarische
Regelung noch zulässig ist, nach welcher die Auszahlung des Abfindungsguthabens, das sich
nach der gesellschaftsvertraglichen Regelung nach der letzten vom Finanzamt genehmigten
Vermögensbilanz richteten sollte, nur in zehn gleichen Jahresraten erfolgt. Die aufgeworfene
Frage hat das RG letztendlich jedoch nicht beantwortet.
Eine gesellschaftsvertragliche Regelung ist unwirksam, die eine Auszahlung des
Abfindungsguthabens in 15 gleichen Jahresraten vorsieht. Dies gilt nach Ansicht des BGH
selbst dann, wenn der betroffene Gesellschafter aus wichtigem Grund aus der Gesellschaft
ausgeschlossen wird. Zur Begründung hat der II. Zivilsenat ausgeführt, dass eine derartig
lang bemessene Laufzeit der Raten den Abfindungsanspruch in seinem Gehalt in untragbarer
Weise schmälert. Ausdrücklich offen gelassen wurde in der Entscheidung, ob eine
zehnjährige Ratenzahlungsfrist noch zulässig ist. Der Kläger hatte nämlich lediglich eine
Auszahlung innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren verlangt (vgl. § 308 ZPO).
Eine Regelung in der Satzung einer GmbH sei nicht unwirksam, wenn sie für den Fall des
Ausscheidens oder des Ausschlusses eines Gesellschafters ein Abfindungsguthaben nach
dem vollen Verkehrswert vorsieht, aber die Fälligkeit auf längstens sechs Jahre ohne
Zinsbeilage hinausschiebt.
Eine Abfindungsklausel sei nichtig (§ 138 BGB), nach welcher der ausscheidende GmbHGesellschafter sein Abfindungsguthaben in drei Raten erhalten soll, die erst nach fünf, acht
und zehn Jahren nach der Kündigungserklärung fällig sind. Diese lange Vorenthaltung der
Abfindung („Zwangsdarlehen“) benachteilige den Ausscheidenden nämlich in sittenwidriger
Weise. Dabei sind Ratenzahlungsvereinbarungen und hinausgeschobene Fälligkeitstermine
im Interesse der Unternehmenserhaltung grundsätzlich nicht zu beanstanden. Sie werden
allerdings problematisch, wenn hierbei das Abfindungsinteresse des ausscheidenden
Gesellschafters - etwa durch Vereinbarung einer besonders langen Rückzahlungsdauer nicht ausreichend berücksichtigt wird. Längerfristige Ratenzahlungsvereinbarungen können
sich dann für den ausscheidenden Gesellschafter durchaus ähnlich auswirken wie
Abfindungsbeschränkungen.
Dabei werden Zahlungszeiträume von zehn Jahren oder mehr in aller Regel wegen
anstößiger Benachteiligung des Ausscheidungswilligen für unwirksam erachtet, während
Auszahlungszeiträume unter fünf Jahren im Allgemeinen als unbedenklich angesehen werden
(vgl. BGH, NJW 1989, 2685, 2686). Bei Auszahlungsaufschüben von fünf bis zehn Jahren
kommt es auf den Einzelfall an, wobei die Modalitäten der Verzinsung und der Auszahlung,
die Berechnung der Abfindung (Buchwert, Unternehmenswert) und dergleichen in einer
Gesamtbewertung zu berücksichtigen sind (vgl. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 50 IV, S.
1476).
c)
Ansicht der Literatur:
Vom Schrifttum werden längerfristige, den nötigen Zeitraum für die Berechnung des
Anspruchs und die Beschaffung der erforderlichen Mittel deutlich übersteigende
Auszahlungsfristen im Allgemeinen nur dann für unbedenklich gehalten, wenn sie mit einer
angemessenen Verzinsung der ausstehenden Raten verbunden sind und dem
Ausgeschiedenen auch im Übrigen unzumutbare Risiken hinsichtlich der späteren
Durchsetzung seiner Ansprüche nicht auferlegt werden. Insoweit wird eine zehn Jahre
übersteigende Abfindungszeit grundsätzlich für rechtlich unzulässig gehalten und lediglich
darüber gestritten, ob eine Laufzeit der Abfindungsraten bis zu zehn Jahren noch
sittengemäß und unter dem Blickwinkel der Kündigungsfreiheit (vgl. § 723 III BGB)
hinzunehmen ist. Dies wird durchweg nur dann angenommen, wenn die
Auszahlungsmodalitäten im Ganzen noch als sachgemäß anerkannt werden können, mithin
zumindest eine angemessene Verzinsung und eine hinreichende Absicherung der
ausstehenden Raten in der Satzung vereinbart wurde.
Nach restriktiver(-er) Literaturansicht trägt indes allein eine erheblich kürzer bemessene
Auszahlungsdauer den schutzwürdigen Interessen des abzufindenden Gesellschafters
ausreichend Rechnung. Dabei wird zunehmend der Standpunkt eingenommen, Stundungsoder Ratenzahlungsvereinbarungen, welche die Zahlung der Abfindung über einen Zeitraum
von mehr als fünf Jahren hinaus erstrecken, seien allenfalls dann zulässig, wenn die übrigen
Abfindungsklauseln gesellschafterfreundlich ausgestaltet sind und die Abfindung zum vollen
Anteilswert erfolgt. Eine Streckung der Zahlungen auf bis zu fünf Jahren soll dann aber
zulässig sein.
3.2 Absolute Höhe des Differenzbetrages
Feste Grenzen, ab wann solch ein erhebliches Missverhältnis zwischen Anteilswert und
Abfindung anzunehmen ist, lassen sich kaum angeben. In der Literatur und
Vertragsgestaltung wird als Faustregel vertreten, dass die Grenze für eine noch zulässige
Abfindungsvereinbarung bei zwei Dritteln des wirklichen Anteilswerts zu ziehen sei; nach
anderer Auffassung darf die Abfindung jedenfalls nicht unter 60% des anteiligen Ertragswerts
liegen.
In der Literatur wird zu Recht darauf hingewiesen, dass neben dem prozentualen
Missverhältnis auch der absolute Betrag gewichtet werden müsse, um den die
gesellschaftsvertragliche Abfindung hinter dem wahren Wert des Anteils zurückbleibt. Dieser
Differenzbetrag hängt von dem realen Wert des Unternehmens sowie von der Höhe der
Beteiligung des Gesellschafters ab. Er lässt Rückschlüsse zum einen darauf zu, ob der
Gesellschaft die Auszahlung eines über dem gesellschaftsvertraglich geschuldeten Betrags
finanziell möglich ist. Zum anderen wird erst hierdurch verdeutlicht, welche betragsmäßige
Einbuße dem ausscheidenden Gesellschafter bei einem Festhalten an der
gesellschaftsvertraglichen Regelung zugemutet wird. Dabei ist hier festzustellen, dass der
Differenzbetrag die Gesellschaft zwar vor Probleme stellen mag, andererseits aber die
Auszahlungsmodalitäten vom ausscheidenden Gesellschafter ein erhebliches Opfer
verlangen.
3.3 Gläubigerschutz
Vereinbarungen, die den Abfindungsanspruch eines Gesellschafters für den Fall seines durch
Gläubigerkündigung oder Insolvenzeröffnung bedingten Ausscheidens ausschließen oder in
einem über vergleichbare Fälle des Ausscheidens hinausgehenden Maß beschränken,
werden von der ganz h. M. als wegen Gläubigerbenachteiligung nichtig angesehen.
Die Praxis verwendet auf Klauseln, die die absolute Höhe nach vorstehenden Maßstäben
begrenzen.

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