Passt der Sattel?

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Passt der Sattel?
Top Thema ● ● ● ● ● Der passende Sattel
Passt der Sattel?
Der Sattel liegt auf dem Pferd – aber passt er auch? Sattlermeister
Boris Ravenschlag und Pferde-Osteotherapeutin Beatrix Schulte Wien
zeigen, wie man das überprüfen kann und wie der Sattel sitzen muss.
Oberes Foto:
Schwerpunkt
des Sattels
richtig im
Bereich des
12. Brustwirbels. Unteres
Foto: SattelSchwerpunkt
zu weit
hinten.
E
s ist gar nicht so einfach zu beurteilen, ob ein Sattel dem Pferd
richtig passt oder nicht. Nicht
umsonst ist der Beruf Sattler ein Meisterhandwerk. Einige grundlegende Regeln erleichtern es aber auch Reitern
und Pferdebesitzern zu beurteilen, ob
sie mit ihrem Sattel die richtige Wahl
getroffen haben. Eine qualifizierte Person, wie zum Beispiel ein Sattlermeister,
sollte dann im Detail beurteilen, ob der
Sattel verändert werden muss, oder ob
ein ganz neues Modell oder gar eine
Maßanfertigung aufs Pferd sollte.
Praktische Anleitung
zur Sattelbeurteilung
Sitzprofil:
Das Sitzprofil hat wesentlichen Einfluss auf die Position des Beckens. Es
ist dafür verantwortlich, dass das Becken in eine aufrechte Position kommt
und die Ferse automatisch ohne Pauschenwirkung unter die Hüfte fällt.
Bügel und Fußballen treffen sich.
Gesamtradius des Sattels:
Der Gesamtradius des Sattels vom
Kopfnagel bis zum Hinterrand des
Baumes entspricht der Oberlinie des
Pferdes und bildet unter dem Reitergewicht keine Brücke. Das heißt, ohne
ihn zu gurten, liegt der Sattel zuerst
mit dem mittleren Teil auf. Das ist der
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Der tiefste Punkt ist
in der Mitte des Sattels.
Teil, der den Reiter im Bereich des
12. Brustwirbels trägt. Ist der Sattel
dort schlaff oder hohl, sodass nur vorne und hinten Druck entsteht, spricht
man von einer Brückenbildung.
Kissenbeschaffenheit:
Kopfeisenweite:
Strippen und Gurtlage:
Ausmessen der Ortweite mit
einem Widerristmesser.
Knötchen deutlich
sichtbar.
Die Konsistenz der Kissenoberfläche
muss absolut einheitlich sein und darf
keinerlei Knötchen oder Unregelmäßigkeiten aufweisen. Auf Fingerdruck
muss das Kissen so nachgeben, als
wenn man ein gut gefülltes Wollkissen
zusammendrückt. Es darf nicht, wie
ein Gummiball, in seine Form zurückspringen.
Kissenabstand:
Vier Finger Breite
sind richtig.
Langgurt mit guter Ellbogenfreiheit.
Die obere Weite des Kopfeisens (kleiner Bogen) darf keinesfalls links und
rechts des Widerrists klemmen. Es
muss genügend Raum für eine beidseitige Biegung bieten. Die Schiefe des
Pferdes muss mit eingerechnet werden,
ohne dass das Kopfeisen selbst asymmetrisch geformt sein darf. Sein weiterer Verlauf muss der Form des Pferdes
entsprechen. Die unteren Enden müssen leicht vom Pferd weggebogen sein.
Sattelunterlage:
Die beiden Sattelkissen müssen parallel zueinander verlaufen. Sie bilden
den Sattelkanal, der einen durchgehend gleichmäßigen Abstand von mindestens vier Fingern Breite, ca. 8 cm,
aufweisen muss.
Kissenwinkel:
Kissen liegen gut auf.
Von hinten betrachtet, entspricht die
Winkelung der Kissen der Rückenwinkelung des Pferdes. Beim Auflegen des
Sattels trifft die Kissenmitte als höchster Punkt zuerst auf das Pferd. Auf keinen Fall darf sich das Gewicht auf den
inneren oder äußeren Kissenrand konzentrieren.
Die Sattelstrippen sollen auf die natürliche Gurttiefe des Pferdes treffen.
Die erste Strippe soll, von ihrem Befestigungspunkt kommend, senkrecht
in die natürliche Gurtlage des Pferdes
führen. Sie sollte etwa eine Handbreit
hinter dem Ellenbogen liegen. Ist ein
Durch die
Klettverschlüsse lässt
sich die Satteldecke gut
an den Sattel
anpassen.
Die Sattelunterlage muss formstabil
sein und darf keine Faltenbildung zulassen. Gut bewährt haben sich eng
gesteppte Baumwoll-Filz-Kombinationen mit einem großzügigen, anatomischen Schnitt in der Oberlinie (Raum
für den Widerrist).
Unbedingt ist auf passende Befestigungsvorrichtungen zu achten, damit
eine optimale Position der Unterlage
erreicht wird. Sie darf keinesfalls über
dem Widerrist spannen oder sich anderweitig verziehen. Die Einfassungen
sollten möglichst weich und dünn sein,
um Haarbruch zu vermeiden.
Kurzgurt mit guter Ellbogenfreiheit.
Pferd mit einem nicht passenden Sattel
geritten worden, verformt es sich auch
in der Gurtlage. Wird es dann mit einem passenden Sattel geritten, wird es
sich wieder umformen, so dass unter
Umständen auch die erste Strippe versetzt werden muss.
Deshalb muss ein halbes Jahr nach
der Veränderung des Sattels unbedingt
eine Kontrolle erfolgen.
Ledergurte (Plastikgurte sind nicht
geeignet) müssen auf Schweißbrüche,
vor allem hinter dem Ellenbogen und
am Brustbein, kontrolliert werden.
Bei Kurzgurten ist darauf zu achten,
dass die Lederschlaufen für das Einstecken der Gurtstrippen die Ellenbogenfreiheit nicht behindern.
Lang- und Kurzgurte sollen anatomisch geformt, also am Brustbein breit
und weich und am Ellenbogen ausgeschnitten (geschweift) sein.
Kopfeisenrichtung:
Das Kopfeisen über dem
Widerrist darf maximal parallel, besser aber leicht vom
Verlauf des Schulterblattes weg,
in Richtung Reiter laufen.
Die Platzierung des Kopfeisens muss immer hinter dem
letzten, fühlbaren Teil des
Schulterblattes sein. Das
Kopfeisen darf weder nach
vorne in Richtung Schulterblatt, noch rückwärts verlaufen.
Text und Fotos auf den Seiten 64-65 aus „Der passende Sattel“
mit freundlicher Genehmigung des Verlags Müller Rüschlikon, Stuttgart.
Texte und Fotos S. 66-70: Dr. J. Wiedemann
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Top Thema ● ● ● ● ● Der passende Sattel
Analyse durch den Sattlermeister
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Foto 1: Bei diesem Wallach handelt
es sich um ein wenig trainiertes Freizeitpferd. Es fehlt ihm deutlich an
Muskulatur im Bereich Hals, Widerrist
und Rücken. Es besitzt zwei Sättel, die
ihm beide überhaupt nicht passen.
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Foto 2: Durch die unpassenden Sättel und die unpassende Vergurtung ist
der Wallach bereits extrem empfindlich in der Gurtlage und im Rücken geworden. Gibt man mit dem Daumen
etwas Druck an die Stelle der Gurtverschnallung reagiert das Pferd mit ausweichender Bewegung.
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Foto 4: Und so liegt der Dressursattel
auf dem Rücken des Wallachs: Der
Schwerpunkt des Sattels befindet sich
viel zu weit hinten.
Foto 7: Die Kammer des Sattels ist
viel zu eng: Sie drückt beidseitig auf
den Widerrist des Pferdes.
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Foto 5: Hier sieht man deutlich, wie
sich die Gurtstrippen des viel zu weit
hinten liegenden Sattels nach vorne
ziehen. Der Gurt ist nicht gepolstert
und unangenehm für das Pferd.
Foto 8: Die Sattelkissen des schlecht
passenden Dressursattels sind deutlich
verbeult.
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Foto 3: Auch beim Angurten des Sattels zeigt das Pferd eine deutliche Widersetzlichkeit: Der Wallach dreht seinen Kopf nach hinten, legt die Ohren
an und schnappt nach dem Menschen.
Klare Anzeichen dafür, dass das Pferd
Schmerzen hat und Sattel und Sattelzeug nicht passen.
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Foto 6: Der Sattel ist deutlich linksseitig schief. Er liegt nicht mittig auf
dem Pferd. Dadurch drückt er auf die
Rückenwirbel. Die Schiefe des Sattels
kann von ungleicher Polsterung der
Sattelkissen kommen oder/und ungleicher Bemuskelung des Pferdes.
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Foto 9: Der Springsattel des Wallachs sitzt ebenso schlecht wie der
Dressursattel. Er hat eine viel zu enge
Kammer. Der Gurt liegt viel zu knapp
hinterm Ellbogen.
Buchtipp: Der passende Sattel
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Foto 10: Der Springsattel klemmt
durch seine enge Kammer die Wirbelsäule des Pferdes ein. Hinten liegt er
gar nicht auf, kann aufgrund der Konstruktion seiner Sattelkissen keine stabile Lage auf dem Pferderücken finden,
sondern kippt.
Beatrix Schulte Wien
Die Autorinnen: Sportwissenschaftlerin und Reitsportsattlerin
Anemone Lamparter betreibt
eine Sattelklinik in Münsingen.
Beatrix Schulte Wien ist Physiotherapeutin, Human- und Pferdeosteotherapeutin und Dressurreiterin. Sie leitet das Deutsche
Institut für Pferdeosteopathie
(DIPO) in Dülmen. Seit vielen
Jahren beschäftigt sie sich mit
dem Thema Sattel und Auswirkungen auf die Pferdegesundheit.
„Der passende Sattel“, 176 S.,
geb., 163 Abbildungen, 24,90 €,
Verlag Müller Rüschlikon,
ISBN 978-3-275-01684
dass der Sattel mit seiner Mitte auf dem
Pferderücken liegt, aber nach vorne
und hinten keinen Abschluss findet und
daher nach vorne und nach hinten
kippt. Dies ist umso schlimmer, je
schwerer der Reiter ist.
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Foto 11: Der Springsattel ist einige
Zeit vor der Begutachtung durch Sattlermeister Boris Ravenschlag durch einen anderen Sattler geändert worden –
nur leider nicht korrekt, wie Boris
Ravenschlag erläutert: Die Sattelkissen
sind von der Seite her mit Polsterung
aufgefüllt worden. Dadurch sind sie
rund geworden und kippen nach innen.
Sie sehen aus wie zwei aufgepolsterte
Wurstpellen. Durch die falsche Rundung finden sie keine Auflagefläche auf
dem Pferderücken und geben punktuellen Druck ab. Sie hätten flach gepolstert
werden müssen, damit sie eine genügend große flache, nicht punktuell drückende Auflagefläche besitzen. So aber
ist die dickste bzw. höchste Stelle der
„Würste“ auch noch in der Mitte und
nicht im hinteren Bereich der Sattelkissen, so wie es sein sollte. Diese handwerklich schlechte Arbeit führt dazu,
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Foto 12: Ein Fall für die Mülltonne:
Diese Sattelstrippen sind lebensgefährlich. Sie sind so alt und ungepflegt, dass
sich die Verklebung zwischen den Lederschichten der Strippen gelöst hat
und man sie auseinanderfalten kann.
Die Wärmeentwicklung durch das
Schwitzen des Pferdes sorgt dafür,
dass dem Leder Fett und Feuchtigkeit
entzogen wird. Bei mangelnder Pflege
wird es daher hart und brüchig, auch
die Füllung leidet.
Zuviel Fett und Öl machen das Leder
allerdings weich, auch dann lösen sich
Schichten voneinander ab.
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Foto 1 und 2: Dieser Dressursattel
passt gut zu diesem Pferd. Er liegt im
Schwerpunkt des Pferdes flächig auf
und folgt dem Pferderücken. Im hinteren Bereich entfernt er sich leicht
vom Rücken, hat hier lockereren
Kontakt. Das darf und soll er auch,
denn mit dem Aufwölben des Pferderückens beim Reiten darf der hintere
Teil des Sattels leicht nach oben wippen. Dies muss aber deutlich von einem kippenden Sattel unterschieden
werden, der wie eine Wippe mittig
auf dem Pferderücken liegt.
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Foto 1: Dieser Dressursattel einer
7-jährigen Berberstute liegt grundsätzlich richtig, mit seinem tiefsten
Punkt im Schwerpunkt des Pferdes.
Einziges Manko: im hinteren Bereich
schwebt er ein klein wenig. Dies könnte durch richtige Befüllung im vorderen Sattelbereich korrigiert werden.
Foto 1: Dieser Palominowallach hat
nach einem Sturz Schädigungen davongetragen und wurde zum Headshaker: Zudem zeigt er Probleme im
Bereich der Kaumuskulatur und des
Arm-Kopf-Muskels. Ein weiteres Problemfeld des Ponys ist der Rücken,
der hier mit dem „DIPO-Wave“ behandelt wird. Beatrix Schulte Wien
diagnostiziert: „Stets wird eine Problemkette erzeugt, wenn ein Pferd
falsch oder mit unpassendem Sattel
geritten wird. Wenn beispielsweise
der Arm-Kopf-Muskel nicht arbeiten
kann, weil das Pferd zu eng geritten
wird, und dadurch das Vorderbein
nicht mehr herausschwingen kann“.
Das DIPO-Wave dient der Muskello-
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Foto 2: Die Sattelkissen haben eine
gute Lage hinter der Schulter und liegen schön am Pferd an. Die Sattelkammer ist genügend weit für das Pferd.
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Foto 3: Der Dressursattel besitzt sogenannte französische Sattelkissen,
die unabhängig vom Sattelblatt konstruiert sind. Sie verlaufen auch nicht
ganz bis zum unteren Ende des Sattelblatts. Der Sattel kommt hierdurch in
der Bewegung schneller zum Pferd zurück. Die Sattelkissen kommen gut
rechts und links der Wirbelsäule zum
liegen, sie sind passend geschnitten.
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ckerung, indem es mit seinem
schwingenden Behandlungskopf und
10 bis 24 Hertz schonend auf die
Muskulatur einwirkt.
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Foto 4: Dieser Kurzgurt ist ausreichend lang, so dass der Druck über die
gesamte Länge besser verteilt wird. Er
hat genügend Abstand zum Ellenbogen (eine Handbreit), die Verschnallung ist abgepolstert. Die Verbreiterung unter dem Bauch macht Sinn, sie
verteilt den Druck noch besser. Zudem
gibt sie dem Gurt mehr Halt. Ein normaler Kurzgurt rutscht oft nach vorne.
Foto 1 u. 2: Der Dressursattel dieses Reitponys wurde
bereits nach den Empfehlungen von Sattlermeister Boris
Ravenschlag umgearbeitet. Die Sattelkammer wurde verbreitert, der Sattel im hinteren Bereich unterbaut, hat einen
zweiten Vorstoß erhalten. Außerdem wurde die alte harte
Füllung entfernt und eine neue weiche Füllung aus reiner
Schafwolle eingesetzt. Jetzt sind die Kissen angenehm
weich für den Pferderücken, geben bei Druck nach, statt
ihrerseits in den Pferderücken zu drücken, und springen
nach Gebrauch wieder in ihre Ausgangsform zurück.
Nun passt der Sattel so optimal, wie es bei einer Umarbeitung eines vorhandenen Sattels gelingen kann: Er liegt in
Übereinstimmung mit dem Schwerpunkt des Pferdes; er liegt
vollflächig auf, so wie es sein soll.
Der Sattlermeister
Boris Ravenschlag ist Sattlermeister, Sportfachwirt
LDT und öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger der Handwerkskammer Dortmund für das
Sattler- und Feintäschnerhandwerk. In Schwerte leitet er das „Sattel-Kompetenzzentrum“ (www.
sattel-kompetenzzentrum.
de). Für Kunden bietet er
Sattelbeurteilung und Beratung vor Ort an.
Tipps vom Sattlermeister
Der Sattlermeister Boris
Ravenschlag rät:
Zur Beurteilung eines Sattels sollte zunächst
die Konstruktion und Bemuskelung des Pferderücken ohne Sattel betrachtet werden.
Der Sattel wird ohne Unterlage auf das Pferd
gelegt, um seine natürliche Lage zu beurteilen.
Danach wird der Sattel angegurtet und die nun
veränderte Lage betrachtet. Idealerweise sollte
man den Sitz des Sattels auch unter dem Reiter
auf dem gerittenen Pferd sehen.
Auch das Sattelzubehör gibt beim ersten Check
Aufschluss darüber, wodurch Probleme hervorgerufen werden. Häufig ist der Sattel gut, aber das
Zubehör unpassend.
So kann auch der beste Reiter nicht gerade im
Sattel sitzen, wenn die Bügelriemen durch Abnutzung ungleich lang geworden sind.
Sämtliches Zubehör muss ebenso Qualität haben wie der Sattel und zu ihm passen: Strippen,
Gurt, Steigbügelriemen, Bügel, Unterlage, auch
Trense, Reithalfter und Mundstück.
Die Schwerpunktlinie des Pferdes verläuft
durch den Bereich des 12. Brustwirbels. Hier befindet sich der „Masseschwerpunkt“ des Pferdes.
In Höhe des 12. Brustwirbels soll auch der tiefste
Punkt des Sattels sein und mithin der Schwerpunkt des Reiters.
Es gibt viele gute Sättel und Sattelmarken, aber
der Sattel muss zum Pferd und zum Reiter passen.
Deswegen kommen nicht alle Pferd-Reiter-Kombinationen mit fertig konfektionierter Ware aus.
Es gibt zwei weitere interessante Möglichkeiten:
Die Maßkonfektion und die Maßanfertigung eines
Sattels.
Bei der Maßkonfektion baut der Sattlermeister
aus fertig konfektionierten Teilen einen kompletten Sattel zusammen – passend für die Maße von
Pferd und Reiter. Bei der Maßanfertigung wird
der komplette Sattel extra nach den Maßen von
Pferd und Reiter angefertigt. Die Maßanfertigung
ist die teuerste Variante; eine Maßkonfektion erhält man bereits ab ca. 2500 €. J. W.
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Foto 1 u. 2: Dieser 16-jährige Wallach wurde verletzungsbedingt vier
Monate nicht geritten. Sein Dressursattel passt nicht mehr, lag vermutlich
nie optimal. Nach 20 Minuten verweigert das Pferd vor Schmerz seine Arbeit. Der Sattel wurde kürzlich aufgepolstert. Dennoch hat der Wallach
unterm Sattel Beulen rechts und links
neben der Wirbelsäule ausgebildet.
Die Diagnose: Der Sattel „zieht“ sich
beim Reiten nach vorne in die Muskulatur um den Widerrist. Der Bereich
des Sattelbaumes drückt hier; seine
Ausläufer drücken auf die obere Kante
des Schulterblattes. Etwas tiefer verkehrt sich das ins Gegenteil: Die vordere Kante des Sattelkissens liegt hohl
auf, lässt den Schluss zum Pferd vermissen. Der Schwerpunkt dieses Sattels ist falsch, er liegt hinter dem 12.
Brustwirbel. Daher stellt das Pferd bereits im Stand seine Hinterbeine nach
hinten raus, um seine Wirbelsäule zu
stabilisieren. Beim Reiten kann dies
noch deutlicher werden.
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Foto 3: Dieser Dressur-Kurzgurt ist
nicht optimal. Er ist zu kurz, die Verschnallung drückt punktuell im unteren Bereich des Rumpfes. Besser ist ein
möglichst langer Kurzgurt, der nicht
so viel Platz zum Sattelblatt lässt. Dadurch verteilt sich der Druck des Gurtes deutlich besser.
Foto 5: Ein Sattler hatte empfohlen,
die Sattelstrippen mit Elastikeinsätzen
zu versehen, um einen besseren Sitz
des Sattels zu erzielen. Sattlermeister
Boris Ravenschlag: „Die Elastikeinfassung macht hier keinen Sinn“.
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Foto 4: Was hat es mit der Wellenbildung an der Pausche auf sich? Je nach
Qualität eines Sattels kann es sich bei
dem verwendeten Leder um dünnes,
weiches Leder mit erhöhtem Verschleiß
handeln, was solche Verformungen
dann bedingt. Auch falsche Pflege mit
zuviel Fett oder sogar Öl kann zu Verformungen führen weil sich besonders
durch das Öl die Verklebung zwischen
den Lederschichten löst.
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Foto 6: Der Wallach sollte derzeit
nicht mit einem Dressursattel, sondern
besser mit einem Springsattel geritten
werden. Doch auch der zum Pferd gehörende Springsattel passt ihm nicht:
er liegt komplett auf dem Widerrist auf.
Aber er besitzt eine breiter geschnittene Kammer als der Dressursattel, und
daher fühlt sich das Pferd mit diesem
Sattel trotzdem wohler, wie die Reiterin bestätigt. Durch eine dicke Unterlage kann die Lage des Sattels leicht
verbessert werden. Die optimale Lösung ist es nicht.
Foto 7 u. 8: Das Pad als gut gemeinte polsternde
Unterlage macht es in diesem Falle nicht besser: Es
schließt den Übergangsbereich zwischen Lendenwirbel und Brustwirbel noch mehr und sorgt für eine
komplett angespannte Rückenmuskulatur. An der
Verschmutzung des Pads kann man gut erkennen,
wo der stärkste Druck dieses nicht passenden Sattels
auf den Pferderücken ausgeübt wird und wie punktuell der Druck verteilt ist: Im hinteren Bereich der
Sattelkissen und im vorderen Bereich in Richtung
Widerrist und Oberkante Schulter.

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