gib aids keine chance.de

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gib aids keine chance.de
Gefährliche Liebschaften
Eine sprachliche Analyse
der mach‘s mit-Kampagne der Bundeszentrale
für gesundheitliche Aufklärung
Corinna Braasch
HF Deutsche Sprache und Literatur
NF Betriebswirtschaftslehre
4. Semester
B.A.-Seminar Printwerbung analysieren
bei Frederike Eggs
Die Autorin hat diese Hausarbeit StuZ MuK zur Verfügung gestellt.
Sie ist nicht Teil der Veröffentlichung, sondern eine unveränderte Originalquelle, die von StuZ MuK archiviert wird.
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Inhalt
1. Einleitung ......................................................................................................................................... 2!
2. Hintergrund der Kampagne .............................................................................................................. 3!
3. Die Rolle des Social Marketing ....................................................................................................... 4!
4. Exemplarische Untersuchung .......................................................................................................... 5!
4.1. 1. Staffel: Für Verliebte. (mach’s mit „klassisch“) .................................................................. 5!
4.2. 2. Staffel: Unentbeerlich! (Obst & Gemüse) ............................................................................. 7!
4.3. 3. Staffel: Balken biegen - Aids riskieren (Liebesorte) ............................................................ 9!
4.4. 4. Staffel: Ich will’s soft. (Wissen & Kondom) ....................................................................... 10!
5. Fazit ................................................................................................................................................ 13!
6. Literaturverzeichnis ....................................................................................................................... 16!
7. Anhang ........................................................................................................................................... 18!
Die Autorin hat diese Hausarbeit StuZ MuK zur Verfügung gestellt.
Sie ist nicht Teil der Veröffentlichung, sondern eine unveränderte Originalquelle, die von StuZ MuK archiviert wird.
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1. Einleitung
In Goethes Faust spricht Gretchen, als sie alleine in ihrer Stube ist, in einem Monolog über ihre
Liebe zu Faust:
Mein Busen drängt / Sich nach ihm hin. / Ach dürft’ ich fassen / Und halten ihn. (Goethe 1977: 101)
Im Urfaust lautet dieser Vers jedoch anders. Dort ist es Gretchens „Schoß“, der sich nach Faust
hindrängt, was unverkennbar auf ihren Sexualinstinkt anspielt (vgl. Reich-Ranicki 2004: 117).
Goethe wusste um die Wirkung dieses Verses und änderte ihn, um den Konventionen der
Gesellschaft seiner Epoche zu folgen (vgl. ebd.: 118).
Wünsche nach Sexualität lassen sich auch heute in der Öffentlichkeit teils nur verklausuliert
aussprechen. Wie dies erfolgreich in der Werbung funktioniert, zeigt die Bundeszentrale für
gesundheitliche Aufklärung (BZgA) mit ihrer Kampagne für Aids-Prävention.
Als das HI-Virus in den 80er Jahren entdeckt wird, ist schnell klar, dass es jeden treffen kann –
mangelndes Wissen führt zu Unsicherheit in der Bevölkerung (vgl. https://www.gib-aids-keinechance.de/kampagnen/gib_aids_keine_chance.php,
26.2.2014).
Deutschland
muss
einen
gesamtgesellschaftlichen Lernprozess und ein nachhaltiges Schutzverhalten der Bevölkerung
ansteuern (vgl. ebd.). Die mach’s mit-Kampagne der BZgA wird ins Leben gerufen und startet 1993
mit den ersten Motiven, die bundesweit sichtbar sind.
In der vorliegenden Seminararbeit steht die mach’s mit-Kampagne und ihre Entwicklung von 1993
bis heute im Fokus. Zunächst wird in Punkt 2. die Hintergrundidee der Kampagne betrachtet und
näher auf die Zielgruppenbestimmung eingegangen. Im 3. Abschnitt soll kurz erläutert werden, um
welche Art von Werbung es sich bei der Kampagne handelt und welche Rolle das Social Marketing
dabei einnimmt. Anschließend werden in einer exemplarischen Untersuchung (4.) vier Plakate der
jeweiligen Abschnitte 1 sprachlich analysiert und auf ihre Bausteine und Text-Bild-Relation
untersucht (4.1., 4.2., 4.3.). Hinzu kommt die genauere Betrachtung des Slogans, der sich vom
Beginn der Kampagne bis heute deutlich verändert hat. Abschließend werden die Ergebnisse der
Analyse unter 5. im Fazit ausgewertet und die Veränderungen, die im Verlauf der Kampagne
stattfinden, betrachtet. Der Schwerpunkt wird vor allem auf der Entwicklung der Motive sowie auf
der Zielgruppenansprache liegen. Es soll ferner eine Einteilung der Staffeln in Phasen
vorgenommen und eine vergleichende Tabelle entwickelt werden, in der die Entwicklung der
Kampagne dargestellt wird. Im Anhang sind unter 7. Vergrößerungen der analysierten Plakate
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Die Kampagne wird in dieser Seminararbeit als Gefüge aus vier Staffeln bzw. Abschnitten betrachtet anstatt als vier Einzelkampagnen
Die Autorin hat diese Hausarbeit StuZ MuK zur Verfügung gestellt.
Sie ist nicht Teil der Veröffentlichung, sondern eine unveränderte Originalquelle, die von StuZ MuK archiviert wird.
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sowie zusätzliche Beispiele der Kampagnenstaffeln zu finden, die zur weiterführenden
Veranschaulichung dienen.
2. Hintergrund der Kampagne
Die nationale Präventionskampagne mach’s mit der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung
(BZgA) startet im Jahr 1993, 10 Jahre, nachdem der HI-Virus als Ursache von Aids identifiziert
wird (vgl. BZgA 2012: 4). Ihre Gründung findet unter der Dachkampagne Gib Aids keine Chance
statt, die bereits 1987 ins Leben gerufen wird (vgl. ebd.). Die Idee, „das Kondom erstmals
spielerisch und charmant auf Postern abzubilden“ (http://www.sueddeutsche.de/leben/zum-weltaids-tag-das-kondom-als-held-1.1030454,
23.2.2014)
stammt
von
den
Studenten
Marcel
Kolyenbach und Guido Meyer, die sich 1992 in einer Seminararbeit mit dem Thema befassen.
Ziel der mach’s mit-Kampagne ist es, die Bevölkerung über das Thema HIV-Infektion und Aids
aufzuklären
und
zum
Schutz
mit
http://www.machsmit.de/kampagne/index.php,
Kondomen
22.2.2014).
zu
Anfänglich
motivieren
gestartet
mit
(vgl.
einer
Plakatserie, ist die Kampagne heute multimedial sichtbar. Durch den Einsatz von Werbemitteln wie
Poster, Plakate, Anzeigen, Postkarten, Online-Banner und Kinospots wurden inzwischen mehr als
90%
der
Bevölkerung
erreicht
(vgl.
ebd.).
Die
Kombination
aus
massenmedialen,
reichweitenstarken Maßnahmen wie Plakate und Anzeigen und persönlicher Kommunikation durch
Online- und Telefonberatung gewährleistet dabei den Erfolg der Kampagne. (vgl. https://www.gibaids-keine-chance.de/kampagnen/gib_aids_keine_chance.php, 22.2.2014). mach’s mit ist bis heute
die größte Gesundheitskampagne in Deutschland (vgl. BZgA 2012: 2).
Die 1. Staffel mach’s mit „klassisch“ (1993-2005) lenkt durch Plakate, die Abbildungen von bunten
Kondomen zeigen und mit teilweise provokativen und zweideutigen Headlines versehen sind,
Aufmerksamkeit auf sich. Die Motive der 2. Staffel (2006-2008) stellen Obst & Gemüse mit
übergerollten Kondomen dar. Von 2009-2011 werden Liebesorte gezeigt, die für mögliche
Risikosituationen sensibilisieren sollen (vgl. http://www.machsmit.de/kampagne/historie.php,
22.2.2014). In der seit 2012 laufenden Staffel Wissen & Kondom werden Menschen mit ihren
individuellen Vorstellungen von Sexualität auf den bundesweit sichtbaren Plakaten abgebildet. Die
BZgA spricht als Primärsender der Präventionsbotschaft vor allem die sexuell aktive Bevölkerung
an. An der aktuellen Staffel der Kampagne wird sichtbar, dass an Menschen jeden Alters appelliert
wird. Es zählen jedoch auch alle in die Zielgruppe, die sich bereits Gedanken über das Thema
machen und im Vorfeld damit auseinandersetzen wollen bzw. sollen. Die Zielgruppe ist also,
entgegen aller Marketingratschläge, sehr weit angesetzt, da Gesundheit schließlich die gesamte
Bevölkerung betrifft. Unterstützt wird die Kampagne vom Fachverband Außenwerbung (FAW), der
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jährlich 65.000 Plakatflächen als Werbeträger kostenlos zur Verfügung stellt (vgl. BZgA 2012: 5).
Finanzielle Förderung erhält die BZgA für das Projekt von Beginn an von der Bundesregierung.
Seit 2005 wird sie mit jährlich 3,2 Millionen Euro auch vom Verband der privaten
Krankenversicherung (PKV) unterstützt (vgl. ebd.: 5).
3. Die Rolle des Social Marketing
Das Social Marketing spielt als Marketingdisziplin eine tragende Rolle bei der Umsetzung der
Kampagne. In Kotler/ Lees Social Marketing. Influencing Behaviors for Good wird eine passende
Definition für den Begriff gegeben:
Social Marketing is the use of marketing principles and techniques to promote the adoption of behaviors that
improve the health or well-being of the target audience or of society as a whole.
- Nedra Weinreich, 2011
Es handelt sich bei der Kampagne nicht um Wirtschaftswerbung, da kein spezifisches Produkt
beworben wird. Zielke (1991: 81ff.) unterscheidet Bildelemente einer Anzeige ihrer Funktion nach
in Catch-, Key- und Focus-Visual, die dazu dienen, ein beworbenes Produkt darzustellen oder
Aufmerksamkeit darauf zu lenken. Da die mach’s mit-Kampagne jedoch kein bestimmtes Produkt
vermarkten will, soll bei der nachfolgenden exemplarischen Untersuchung der Bausteine der
Anzeigen auf die Analyse der verschiedenen Visuals verzichtet werden.
Zumal kein wirtschaftliches Ziel verfolgt wird, kommt der Erfolg der Kampagne vor allem der
Bevölkerung zu. Einzig und allein der Rezipient bzw. die Gesellschaft ist der Träger des „Profits“.
Unlike commercial marketing, in which the primary intended beneficiary is the corporate shareholder, the
primary beneficiary of the social marketing program is society. (Kotler/ Lee 2011: 10)
In der 1., 2. und 3. Staffel wird zwar mithilfe von Kondomen für den Schutz vor einer HIVInfektion geworben, doch es handelt sich dabei nicht um das Produkt eines bestimmten Herstellers,
das vermarktet werden soll. Der Rezipient der Botschaft soll motiviert werden, überhaupt Kondome
zu benutzen, egal welcher Marke. Es soll eine „gewünschte Verhaltensweise“ (vgl. Kotler/ Lee,
2010: 68) verkauft bzw. risikoreiches Verhalten vermieden werden. Dem Rezipienten wird dabei
verdeutlicht, „[…] dass der Nutzen des neuen Verhaltens die Mühen der Verhaltensänderung
überwiegt.“ (ebd.: 62). Es besteht außerdem kein gesättigter Markt, in dem man sich gegen die
Konkurrenz im Wirtschaftskampf durchsetzen m sste. Die Konkurrenz sind lediglich die „[…]
gegenwärtigen oder bevorzugten Verhaltensweisen der Zielgruppe und ihre wahrgenommenen
Vorteile und Kosten.“ (Kotler/ Lee 2010: 68). Die Verhaltensänderung des Rezipienten basiert auf
freiwilliger Zustimmung (vgl. ebd.: 71).
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4. Exemplarische Untersuchung
Im Folgenden Abschnitt wird aus jeder der vier Staffeln der Kampagne ein Beispiel analysiert.
Dabei stehen die Bausteine, die sprachlichen Aspekte und die Text-Bild-Relation der einzelnen
Plakate im Fokus.
4.1. 1. Staffel: Für Verliebte. (mach’s mit „klassisch“)
In der 1. Staffel der mach’s mit-Kampagne (1993-2005) stehen Kondome im Vordergrund. Dieser
Abschnitt der Kampagne wird auf der offiziellen Seite der Dachkampagne als mach’s mit
„klassisch“ bezeichnet (vgl. https://www.gib-aids-keine-chance.de/kampagnen/machs_mit.php,
23.2.2014). Auf jedem der Plakate ist mindestens ein Kondom in Verbindung mit einer passenden
Headline abgebildet. Die rosarote Brille stellt das erste Motiv der Kampagne dar (vgl.
http://www.sueddeutsche.de/leben/zum-welt-aids-tag-das-kondom-als-held-1.1030454, 23.2.2014).
Abbildung 1: Motiv der 1. Staffel der Kampagne (http://www.machsmit.de/kampagne/historie.php, 23.02.2014)
„Für Verliebte“ bildet in diesem Beispiel die Headline (Schlagzeile), welche als Aufhänger einer
Anzeige dient (vgl. Janich 2010: 55). Sie wird neben dem Bild meist als Erstes wahrgenommen und
stellt einen einleitenden Dialog zwischen Sender und Empfänger her (vgl. Sulikan 2012: 32). Die
Headline steht in direktem Bezug zur Abbildung, die eine rosarote Brille darstellt. Sie thematisiert
außerdem den Zusatznutzen für den Rezipienten, welcher in diesem Fall darin besteht, „eine
besondere Verwendungssituation“ (Janich 2010: 56) aufzuzeigen, nämlich die, in der Verliebtheit
eine tragende Rolle spielt. „Für Verliebte“ stellt eine Alliteration dar, die sich durch den
labiodentalen Frikativ [f] ergibt und für Einprägsamkeit sorgt. Auffällig ist der Punkt, der am Ende
der Headline steht. Für den Rezipienten plausibler gewesen wäre die Auslassung des Punktes, da es
sich bei der Headline um eine Art Überschrift handelt. Auch Bredel (2011: 79f.) zählt Überschriften
zu listenmodal verfassten Texten, bei denen die Zeilengrenze zugleich eine syntaktische Grenze
markiert und keine Punktsetzung verlangt. Es erfolgt eine indirekte Ansprache durch die
Präposition „für“, die sich offensichtlich an Verliebte wendet. Es ist jedoch nicht die rosarote Brille
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gemeint, die für Verliebte sein soll. Vielmehr soll das Kondom beim Ausleben ihrer Liebe zum
Schutz ihrer Gesundheit dienen.
Der zentrale Blickfang ist das piktografische Bildelement, welches eine rosarote Brille darstellt.
Erzeugt wird dieses Bild durch die realistische Abbildung zweier rosa Kondome, die durch das
Linienabbild eines Gestells zu einer Brille vervollständigt werden. Die beiden Kondome dienen
somit als Gläser der Brille, durch die Verliebte ihre Umgebung sprichwörtlich wahrnehmen.
Obwohl verliebte Menschen die Welt also metaphorisch oft „durch eine rosarote Brille sehen“ und
die Realität deshalb nur eingeschränkt wahrnehmen, ist dabei ebenso wichtig, wie Gläser für eine
Brille sind, dass sie ein Kondom benutzen. Die Botschaft des Plakats stützt sich auf ein allgemeines
Weltwissen des Rezipienten, der den Phraseologismus „etwas durch die rosarote Brille sehen“
kennen muss, um das Bildelement in Verbindung mit der Headline zu verstehen. Der Empfänger
muss also für das Verständnis der Bildbotschaft eine Decodierungsleistung erbringen (vgl. Schüler
2013: 63).
Wie bei vielen Werbeanzeigen befindet sich der Slogan „mach’s mit.“ im unteren Viertel auf der
rechten Seite. Er ist außerdem der Name der Kampagne. Die Illokution stellt eine Aufforderung dar,
erkennbar am Imperativ „mach“ in der Verberststellung. Auffällig ist, dass lediglich Minuskeln
verwendet werden, was ein zunehmendes Phänomen in der Werbesprache darstellt. Außerdem ist
auch hier eine werbetypische Alliteration zu finden (mach’s mit.), die dem Slogan einen hohen
Wiedererkennungswert gibt. Wichtig ist auch das bewusst gewählte Duzen. Der Rezipient wird auf
einer vertrauten Ebene angesprochen, was bei einem Thema, über das meist nur privat gesprochen
wird, förderlich ist. Das Pronomen „es“ wird bewusst apostrophiert und ermöglicht eine
umgangssprachliche Ansprache des Rezipienten, der so auf persönlicher Ebene erreicht wird. Das
Pronomen kann hierbei auf zwei verschiedene Arten gelesen werden. Es kann einerseits die
Assoziation Mach’s mit Kondom (also: Hab Sex mit Kondom) entstehen, die den Slogan
gleichzeitig zu einer Ellipse macht, da das Objekt (Kondom) ausgespart wurde und gedanklich vom
Rezipienten hinzugefügt werden muss. Andererseits könnte auch die Kampagne selbst hinter dem
Pronomen stehen. Somit wäre der Slogan lesbar als Mach die Kampagne mit. Der Rezipient würde
somit direkt eingebunden. Der Syntax des Slogans weist einen Punkt als Abschlusszeichen auf, der
eine Symmetrie zur Headline herstellt. Obwohl der Slogan eine Verberststellung aufweist und eine
direkte Aufforderung an den Rezipienten darstellt, wird kein Ausrufezeichen gesetzt. Ziel der
Kampagne ist es nicht, die Bevölkerung zu belehren und mit moralischem Zeigefinger zu warnen.
Es soll vielmehr die Motivation, eigenständig präventive Maßnahmen zu treffen und Kondome zu
benutzen, steigen und das Bewusstsein für die Ansteckungsgefahr von Geschlechtskrankheiten
gestärkt werden.
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Typografisch gesehen hält sich das Plakat eher zurück. Für die Headline und den Slogan wird eine
fett gedruckte, kursive und serifenlose Schriftart in Schwarz gewählt, die sich fast durch die
gesamte Kampagne zieht. Direkt unter dem Slogan wird in einem eher unauffälligen Grauton auf
die Website der Kampagne „machsmit.de“ verwiesen, die zusätzliche Informationen über HIV und
Aids enthält.
Unten links auf dem Plakat befindet sich das rot-schwarz-weiße Logo der Dachkampagne „GIB
AIDS KEINE CHANCE“, das ausschließlich Majuskeln enthält und somit Aufmerksamkeit auf
sich zieht. Durch das zusätzliche Hinterlegen von AIDS mit roter (Signal/Warn-)Farbe, wird
zusätzlicher Fokus auf die Krankheit gelegt.
Im Ganzen ist das Plakat relativ einfach gehalten, da es nur eine kurze Headline und keinen Body
Copy (Fließtext) enthält. Das Bildelement nimmt ungefähr ein Drittel der Anzeige ein und stellt
somit den Mittelpunkt dar. Für den Hintergrund wird ein schlichtes Weiß gewählt, das nicht vom
eigentlichen Fokus ablenkt. Es könnte in diesem Zusammenhang auch für Reinheit, Hygiene und
Gesundheit stehen, die durch die Benutzung eines Kondoms gewährleistet wird.
4.2. 2. Staffel: Unentbeerlich! (Obst & Gemüse)
Die zweite Staffel der Kampagne umfasst die Zeitspanne von 2006-2008, in der Obst und Gemüse
mit übergerollten Kondomen auf tausenden Großflächen in Deutschland zu sehen ist. So
selbstverständlich wie der Genuss von gesundem Obst und Gemüse, soll auch die Nutzung von
Kondomen
im
Liebesleben
ein
alltäglicher
Bestandteil
des
Lebens
werden
(vgl.
http://www.machsmit.de/kampagne/historie.php, 23.2.2014).
Beispielhaft dazu wird das Motiv der Erdbeere, der bis zur Hälfte ein Kondom übergerollt ist,
betrachtet.
Abb. 2: Motiv der 2. Staffel der Kampagne (http://www.machsmit.de/kampagne/historie.php, 23.02.2014)
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„Unentbeerlich!“ stellt die Headline dar. Sie enthält eine intendierte Abweichung, in diesem Sinne
ein Sprachspiel, denn sie bezieht sich auf das Adjektiv „unentbehrlich“. Solange der Rezipient diese
Abweichung auch als solche erkennt und nicht als Fehler ansieht, entsteht ein Mehrwert (vgl.
Dittgen 1989: 19). Dieser Mehrwert stellt eine sprachliche Beziehung zur Erdbeere her, die
ebenfalls „beer“ im Wortinneren enthält. „Unentbeerlich!“ bezieht sich somit sowohl auf die
abgebildete Erdbeere als auch auf die Bedeutung des Adjektivs „unentbehrlich“. Es wird darauf
verwiesen, dass Kondome für den sicheren Geschlechtsverkehr unbedingt notwendig, also
unentbehrlich sind. Janich (2010: 205ff.) unterscheidet verschiedene Verfahren, die Veränderungen
am Wort oder Syntagma beschreiben, die so zu Wortspielen werden. So lässt sich die Veränderung
des Adjektivs „unentbehrlich“ zum sprachspielerischen „unentbeerlich“ als phonetisches Verfahren
identifizieren, da es sich um eine Homophonie, also einen gleichen Klang der beiden Wörter,
handelt. Auffällig an der Syntax ist das Ausrufezeichen, das die Headline abschließt. Es hat die
Funktion des Nachdrucks (vgl. Bredel 2011: 50). Dass das bei dieser Anzeige funktioniert, ohne
dass sich der Rezipient belehrt fühlt, ist auf die Typografie zurückzuführen. „Unentbeerlich“
erscheint in einer eher hellgrauen Schrift, die außerdem feiner gewählt ist als die des vorherigen
Kampagnenabschnitts. Da die typografische Erscheinung in den Hintergrund tritt und weniger
erdrückend für den Rezipienten wirkt als eine schwarze, fett gewählte Schrift, fällt auch die
negative Assoziation des Ausrufezeichens als belehrendes Element in den Hintergrund. Es dient
hier eher zur unterschwelligen Aufforderung. Zentraler Bestandteil ist auch bei diesem Plakat das
Bildelement. Es spielt eine essentielle Rolle beim Interpretieren der Headline, die ohne die
Abbildung nicht funktionieren würde. Das betrachtete Beispiel zeigt eine reife Erdbeere, der bis zur
Hälfte ein weißes Kondom übergerollt ist. Die Erdbeere gilt als eine sinnliche Frucht und wird
deshalb schnell mit der Thematik Sexualität in Verbindung gebracht. Sie versinnbildlicht das
männliche Geschlechtsteil, das eine individuelle Form und Größe haben kann. Andere Motive der
Staffel sind beispielsweise eine mit Kondom überzogene Gurke oder Banane. Mithilfe dieser
Vielfalt wird auch die Ansprachengruppe erweitert, was dazu führt, dass sich mehr Menschen mit
der Werbung identifizieren können. Unabhängig von äußeren Faktoren bleibt jedoch die
Bedeutsamkeit der Verwendung eines Kondoms zum Schutz vor HIV.
Im unteren Viertel des Plakats befindet sich auch hier der Slogan „mach’s mit“ auf der rechten
Seite, diesmal in einem dunklen Grau, jedoch in derselben Schriftart und ebenfalls kursiv wie im
ersten Abschnitt der Kampagne. Es wird außerdem ein Copyright zum Schutz des Slogans
hinzugefügt. Das Logo der Dachkampagne befindet sich unten links in gewohnten Farben. Der
Slogan tritt in dieser Staffel ohne Punkt am Ende auf. Der Grund hierfür könnte das
Ausrufezeichen, welches auf fast jedem Plakat der Staffel am Schluss der Headline zu finden ist,
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sein. Es suggeriert dem Rezipienten bereits eine Aufforderung, weshalb der Imperativ des Slogans
vermutlich nicht zusätzlich durch ein Satzabschlusszeichen verstärkt werden soll.
4.3. 3. Staffel: Balken biegen - Aids riskieren (Liebesorte)
Die dritte Staffel der Kampagne (2009-2011) zeigt „Liebesorte, […] an denen Menschen Sex haben
(oder haben können) - und greif[t] damit die Lebenswelten ihrer Zielgruppen auf.“
(https://www.gib-aids-keine-chance.de/kampagnen/liebesorte.php, 24.2.2014). Eines der Motive der
3. Staffel stellt ein Hochbett dar, auf dem eine zerwühlte Decke liegt und dessen Leiter mit
Unterwäscheteilen drapiert ist. Es lässt den Rezipienten annehmen, dass vor der Entstehung des
Bildes hier zwei Menschen Geschlechtsverkehr miteinander hatten.
Abb. 3: Motiv der 3. Staffel der Kampagne
(https://www.gib-aids-keine-chance.de/img/pool/540x270/11-00816_Postkarte_Hochbett.jpg, 24.02.2014)
Die Headline besteht diesmal aus zwei Teilen. Es werden die Optionen „Balken biegen“ und „Aids
riskieren“ gegeben, die beide aus der Kombination Substantiv und Infinitiv bestehen. Für die
Abkürzung AIDS wurde die eingedeutschte Form Aids verwendet, die sich in der deutschen
Sprache längst gefestigt hat. Die eindeutig passende Option für die abgebildete Situation besteht im
„Balken biegen“, da sich die Balken erkennbar auf das Hochbett beziehen. „Angekreuzt“ wird die
Option mit einem roten Kondom, denn nur in Verbindung mit geeignetem Schutz können „Balken
gebogen werden“. Die Metapher „Balken biegen“ bezieht sich hierbei auf den Geschlechtsakt, bei
dem sich auf einem Hochbett im wahrsten Sinne des Wortes die Balken biegen können. Sowohl
„Balken biegen“ als auch „Aids riskieren“ besteht aus jeweils vier Silben, was einen Rhythmus
beim Lesen erzeugt. Typografisch orientiert sich dieser Kampagnenabschnitt wieder am Beginn der
Kampagne. Es wird erneut die fettgedruckte, kursive Schriftart für die Headline gewählt.
Die Bildgestaltung des Plakats unterscheidet sich in seiner Aufmachung maßgeblich von den
vorherigen Staffeln der Kampagne. Weg vom Minimalismus wird dem Rezipienten hier ein sehr
viel ausgeschmückteres Bild geboten, das trotzdem Raum für Fantasie lässt. Da es sich bei der
Abbildung um eine realistische Situation handelt, kann sich der Empfänger der Werbebotschaft
leichter in die Umstände hineinversetzen. Es handelt sich vermutlich um das Hochbett eines
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Jugendlichen, deshalb werden mit speziell dieser Anzeige überwiegend junge Menschen im
Teenageralter angesprochen. Der Slogan der Kampagne „mach’s mit.“ wird wie immer unten rechts
abgedruckt, diesmal in einem schlichten Weiß. Hier ist nun auch wieder der Punkt am Ende
vorzufinden. Direkt darunter befindet sich ein Verweis auf die Website „www.machsmit.de“. Auf
der rechten Seite ist das Logo der Dachkampagne zu finden, das diesmal zusätzlich mit einem roten
Rahmen hinterlegt ist. Die rote Farbe des Logos wird außerdem erneut mit der Leiter des Hochbetts
und dem Kondom aufgegriffen. Die Diagonale, die sich somit durch das Bild zieht, stellt eine
Verbindung von Aids zum Kondom her.
Auch dieses Plakat beinhaltet keinen Body Copy (Fließtext). Sulikan (2012: 34) bezeichnet diese
Art von Werbung folgendermaßen:
Solche Werbeanzeigen dienen eher der Interessenweckung am Produkt und der Überleitung zur informierenden
Quelle, z.B. zur Homepage des Unternehmens.
4.4. 4. Staffel: Ich will’s soft. (Wissen & Kondom)
In der aktuellen Staffel der Kampagne, die seit April 2012 in Deutschland zu sehen ist, sind
Menschen
mit
ihren
individuellen
Vorstellungen
von
Sexualität
abgebildet
(vgl.
http://www.machsmit.de/kampagne/index.php, 27.2.2014). Der Inhalt der Kampagne wird erweitert
- sie dient nicht mehr nur zur HIV- und Aids-Prävention, sondern auch zur Vorbeugung anderer
sexuell übertragbarer Infektionen (STI) (vgl. http://www.machsmit.de/kampagne/index.php,
24.2.2014). Auf der Internetseite der Kampagne heißt es:
Da sexuell übertragbare Infektionen leichter beim Sex übertragen werden können als HIV, haben wir die HIVPr ventionsbotschaft „Kondome schützen" erweitert. Was neu dazu kommt und genauso wichtig ist: das
Wissen zu STI. (http://www.machsmit.de/kampagne/index.php, 25.02.2014)
Das zu untersuchende Beispiel zeigt eine Kampfsportlerin mit dem Statement „Ich will’s soft.“.
Abb. 4: Motiv der 4. Staffel der Kampagne (http://www.machsmit.de/media/kampagne/plakate/2013/plakate_soft.pdf, 24.02.2014)
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Die Headline stellt die Aussage „Ich will’s soft.“ dar, die erneut in der typisch fett gedruckten,
kursiven Schriftart abgebildet ist, diesmal in Rot. Durch ihre Kürze und Prägnanz wirkt die Aussage
selbstbewusst und authentisch. Das personendeiktische „Ich“ bezieht sich auf die abgebildete Frau,
von der das Statement ausgeht. Diese Verbindung stellt für den Betrachter einen Bruch dar, da sie
seinen stereotypischen Mustern widerspricht. Das Auftreten der Frau gibt Anlass zur Vermutung,
sie sei eine robuste. kräftige und vor allem schlagfertige Person, deren Charakter sich weniger mit
dem Anglizismus „soft“ assoziieren ließe. Durch diesen Kontrast wird ein Spannungsverhältnis
zwischen Bild und Text erzeugt. Wie auch im Slogan wird „es“ apostrophiert, was dazu beiträgt,
dass die Glaubwürdigkeit der umgangssprachlichen Wirkung der Aussage nicht verletzt wird. Da
„soft“ Teil des Prädikats „will“ ist, dient es als Objektsprädikativ. Während in den ersten beiden
Staffeln der Kampagne für jedes Plakat eine neue Headline gewählt wird, ist in der 3. sowie in der
4. Staffel ein wiederkehrendes Muster zu finden (s. Anhang).
Zum ersten Mal tritt ein Body Copy in der Kampagne auf: „Mit Wissen & Kondom schützt Du
Dich vor HIV und verringerst das Risiko einer Ansteckung mit anderen sexuell übertragbaren
Infektionen (STI).“. Er dient als Präventionsbotschaft der neuen Staffel und besitzt eine
„informationsübermittelnde Funktion“ (Sulikan 2012: 35). Der Rezipient erfährt eine direkte
Ansprache durch das Anredepronomen „Du“, das großgeschrieben wird. Der Duden Online
empfiehlt ebenfalls, immer dann Großschreibung in der Anrede zu wählen, wenn der Autor selbst
den Leser persönlich anredet (vgl. https://www.duden.de/sprachwissen/sprachratgeber/gross-oderkleinschreibung-von--em-du-du--em--und--em-ihr-ihr--em--1, 25.2.2014). Trotz direkter Ansprache
findet im Body Copy keine Aufforderung statt. Der Rezipient wird vielmehr auf eine
Gesprächsebene gezogen, in der es scheint, als würde ihm jemand einen Rat nahelegen wollen. Da
seit Beginn der Kampagne auch im Slogan geduzt wird, geschieht dies ebenso im Body Copy, was
dazu beitragen soll, dass offener und vertrauter über die Themen Sexualität und Schutz gesprochen
wird. Die Wortwiederholung der Präposition „mit“, die den Satz einleitet, greift das „mit“ des
Slogans auf. Es erfolgt eine genauere Beschreibung, wie die Ellipse zu verstehen ist. Der Rezipient
erfährt eine genaue Anweisung, wie er sich schützen und auf welchem Medium er sich informieren
kann. Da zum ersten Mal in der Kampagne kein Präservativ abgebildet wird, fällt nun stattdessen
das Wort „Kondom“.
Bildelement des Plakats ist die Boxkämpferin, die als Sekundärsender der Botschaft agiert. Sie wird
in einer typischen Position für ihre Sportart dargestellt, nämlich verteidigend oder aber
angriffsbereit Position. Aus ihren Augen geht ein ernster, vielleicht auch drohender oder warnender
Blick hervor, der den Rezipienten in Verbindung mit ihrem äußerlichen Erscheinungsbild zur
stereotypen Schlussfolgerung kommen lässt, hier eine ernstzunehmende, kampfbereite Frau vor sich
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zu haben. Sie ist der eigentliche Blickfang der Anzeige und suggeriert mit ihrem Auftreten einen
augenscheinlichen Gegensatz zum Statement „Ich will’s soft.“. Die Aufmerksamkeit des
Rezipienten wird durch kognitiv überraschende Reize erzeugt.
Esch et al. (2011: 43) beschreiben diese Reize folgendermaßen:
Kognitiv überraschende Reize sind solche, die gegen bestehende Erwartungen und Vorstellungen des
Empfängers verstoßen und dadurch zu Überraschungen, gedanklichen Widersprüchen oder Konflikten führen.
Auffällig ist außerdem die Hintergrundfarbe, die mit einem Rosa/Lila gewählt wurde, denn auch sie
steht im Kontrast zur taffen Frau.
Eine entscheidende Umwandlung in der aktuellen Staffel ist der Slogan der Kampagne, der zu
„mach’s! aber mach’s mit.“ geändert wurde. Er ist etwas unterhalb der Hälfte auf dem Plakat
positioniert, über dem Fließtext, der daran anknüpft. Die Schriftart bleibt dieselbe wie bei den
vorherigen Staffeln. Die erste Aufforderung „mach’s!“ bezieht sich dabei deutlich auf die Headline,
da sie ebenfalls rot gekennzeichnet ist. Sie stellt ein Antwortelement auf die Aussage der Frau dar
und bekräftigt diese. Zum ersten Mal tritt das Ausrufezeichen als Satzabschlusszeichen im Slogan
auf. Bredel (2008: 171f.) unterscheidet drei Verwendungen von Ausrufezeichen: prospektiv,
simultan und retrospektiv. Die einzelnen Verwendungen sind abhängig davon, ob der Produzent,
der Rezipient oder beide betroffen sind. Im Fall der Aufforderung „mach’s mit!“ liegt eine
prospektive Verwendung vor, die die Rezipientenseite betrifft und deshalb direktiv wirkt. Der
Rezipient wird zwar motiviert, seine sexuellen Wünsche zu realisieren (mach’s!), jedoch mit der
Bedingung: „aber mach’s mit!“. Das finite Verb im Imperativ „mach“ wird mit der repetitiven Figur
der Anapher erneut aufgegriffen. In dieser Staffel kann „mach’s mit“ nur noch auf eine Art und
Weise gelesen werden, nämlich als Ellipse mit der gedanklichen Vervollständigung „mach’s mit
Kondom.“ bzw. wie der Fließtext verrät „mach’s mit Wissen & Kondom“. Hoffmann (2012: 442)
beschreibt den Konjunktur aber als Instrument dafür, die verbundenen Gedanken zu verarbeiten
und ins Verhältnis zu setzen. Für den Slogan ergibt sich daraus eine Abhängigkeit der beiden Teile.
Im übertragenen Sinne macht die BZgA als Sender des Slogans deutlich, dass sie die Aussage der
Headline nur dann unterstützt und der Sekundärsender (und somit auch alle Rezipienten, die sich
mit ihm identifizieren können) nur dann dazu auffordert, seine Sexualität so individuell auszuleben,
wie es der Geschmack bestimmt, wenn ein Kondom benutzt wird, das für Schutz sorgt. „aber
mach’s mit.“ stellt somit eine Bedingung für die Gültigkeit des ersten Teils („mach’s!“) dar. Im
unteren Bereich des Plakats befindet sich rechts das Logo der Dachkampagne, direkt darunter der
Name der BZgA. Links daneben sind die Logos des Fachverband Aussenwerbung e.V. (FAW) und
des Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV) zu finden, die bei der Unterstützung der
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Kampagne maßgeblich mitwirken. Es wird erneut auf die Website der Kampagne verwiesen, die
nun ein erweitertes Spektrum an Informationen über HIV, Aids und STI enthält. Es wird außerdem
die telefonische Beratung und deren Telefonnummer mit aufgeführt. Neu ist ein STI-Logo, das dazu
aufruft, Informationen über das Thema einzuholen. In Rot/Schwarz/Weiß greift es die Farben des
Logos der Dachkampagne auf. Das Image der Kampagne wird durch die Auflistung der
Unterstützung, die sie erhält, die Telefonberatung sowie das neue STI-Logo noch stärker
kommuniziert als in den vorherigen Abschnitten der Kampagne.
In dieser Staffel wird der Rezipient, verglichen mit den anderen Abschnitten, regelrecht mit
Informationen überhäuft. Auch wenn Aids die gefährlichste aller Geschlechtskrankheiten ist, sollte
die Gefahr einer Ansteckung mit anderen STI nicht in Vergessenheit geraten. Es herrscht noch
immer Aufklärungsbedarf in Deutschland, und das nicht nur für junge Menschen. Gerade deshalb
zeigt die aktuelle Staffel auch Menschen aller Altersklassen.
5. Fazit
Die vier betrachteten Staffelmotive zeigen, dass sich die Zielgruppenansprache der Kampagne im
Laufe der Zeit stark verändert hat. Zu Beginn der Kampagne stand vor allem das Kondom im
Vordergrund. Wichtig dabei war, das Image des Verbrauchsgutes zu verbessern und zu einem
alltäglichen Gegenstand und Drogerieartikel zu machen, dem nichts Verwerfliches anzuheften ist.
Bis zur aktuellen Staffel wurde in jedem Abschnitt das Kondom abgebildet. Da die Kampagne seit
Jahren in Deutschland sichtbar ist, wird davon ausgegangen, dass die meisten Rezipienten sie
bereits kennen. Die seit 2012 sichtbaren Motive setzen dieses Hintergrundwissen voraus und
erfordern deshalb keine erneute Abbildung des Präservativs. Nun ziehen Menschen, deren
Statements ein Spannungsverhältnis zwischen Bild und Text aufweisen, den Fokus auf sich. Der
zeitliche Aspekt spielt dabei eine wichtige Rolle, denn 1993 hätte die Kampagne mit diesen
Motiven wohl nicht funktioniert. Der Trend, mit Testimonials zu werben, ist erst in den letzten
Jahren stark angestiegen. Es handelt sich beim Thema Sexualität und individuelle Vorlieben
außerdem um ein sensibles Thema, das in unserer Gesellschaft erst Ende der 90er mit Serien wie
Sex and the City so offen zum Gesprächsstoff wurde. Andersherum wäre es heute weniger wirksam,
erneut mit Kondomen zu werben, da sie längst zum Alltag gehören und fast überall erhältlich sind.
Die Kampagne lässt sich somit vereinfacht in zwei Phasen einteilen: die ersten drei Staffeln stellen
dabei die erste Phase dar, in der ein realistisch abgebildetes Präservativ zu sehen ist, die zweite
Phase wird durch die letzte Staffel gekennzeichnet, in der keine Kondome mehr sichtbar sind.
Wichtig dabei ist, dass Bild und Text immer eng miteinander verbunden sind. Vor allem die letzte
Staffel hätte ohne Text nicht funktioniert, da sie gerade durch den augenscheinlichen Bruch
zwischen Bild und Text die Aufmerksamkeit des Rezipienten auf sich zieht.
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Das Wissen der Bevölkerung über HIV und Aids hat sich erheblich verbessert. Dadurch ist jedoch
auch bekannt, dass es heutzutage Medikamente gibt, die ein Leben mit Aids ermöglichen. Die Zahl
der geschätzten Neuinfektionen lag in Deutschland 2011 bei 2.700 (vgl. BZgA 2012: 13). Vor allem
die Zahl der HIV-Infektionen unter Jugendlichen ist in den letzten Jahren stark gestiegen (vgl.
http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2013-11/aids-infektionen-jugendliche-tote, 28.02.2014). Um
die Bevölkerung weiterhin aufzuklären und aufzuzeigen, dass nicht nur HIV und Aids, sondern
auch andere Geschlechtskrankheiten ein hohes Risiko für die Gesundheit darstellen und außerdem
das Risiko einer HIV-Infektion erhöhen, wird die Präventionsbotschaft 2012 erweitert und in einem
Fließtext präsentiert (s. unter 4.4.). Der Fokus der Kampagne liegt jetzt nicht mehr nur auf HIV und
Aids, sondern auch auf anderen STI.
Printmedien gelten als „klassisches Low-Involvement-Medium“ (vgl. Esch et al. 2011: 46). Den
Verlauf der Kampagne betrachtend lässt sich feststellen, dass das Involvement des Rezipienten
mehr und mehr gefragt wird. Begonnen mit einer knappen Headline und dem kurzen Slogan, die
beide zügig vom Empfänger erfasst und miteinander verbunden werden können, erfordert das
Erfassen eines Plakats der aktuellen Staffel mehr Aufmerksamkeit und kognitive Verarbeitung.
Die nachfolgende Tabelle fasst die wichtigsten Informationen über die einzelnen Staffeln der
Kampagne zusammen.
1. Staffel
mach’s mit „klassisch“
2. Staffel
Obst & Gemüse
3. Staffel
Liebesorte
4. Staffel
Wissen & Kondom
1
1
1
2
Zeitraum
1993-2005
2006-2008
2009-2011
seit 2012
Slogan
mach's mit
mach’s mit
mach’s mit.
mach’s! aber mach’s
mit.
Phase
Headlines
Für Verliebte. /
Dream-Team: / Frühlingsgefühle/ …
Unentbehrlich! /
Poppt sicher! /Passt
auf jede Gurke / …
Balken biegen - Aids
riskieren /
den Sommer auskosten - Aids riskieren / anbeißen - Aids
riskieren / …
Ich will’s soft. /
Ich will’s wild. /
Ich will’s romantisch. / …
(wiederkehrendes
Muster)
(wiederkehrendes
Muster)
Bildelement
Werbeziel
Involvement
Kondome mit Linienabbildern
Kondome mit Obst
und Gemüse
Kondome, Liebesorte
Menschen (Testimonials)
HIV- und AidsPrävention
HIV- und AidsPrävention
HIV- und AidsPrävention
HIV-, Aids- und STIPrävention
Low Involvement
Low Involvement
Low Involvement (mit
steigender Tendenz)
Low Involvement
(höchstes Involvement bisher)
Tabelle 1: Kampagnenstaffeln im Vergleich
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Während andere Länder heute noch immer mit hohen Aids-Infektionsraten zu kämpfen haben,
befindet sich Deutschland in einer vergleichsweise günstigen Position, welche vor allem auf die
Präventionsarbeit zurückzuführen ist, die in den letzten zwei Jahrzehnten geleistet wurde (vgl.
BZgA 2012: 2). Dass die machs mit-Kampagne in Deutschland bis heute so gut funktioniert, ist vor
allem der Kultur, Offenheit und Toleranz des Landes zu verdanken. Auch in anderen Ländern
wurden Motive aufgrund des Erfolgs der Kampagne adaptiert (vgl. BZgA 2012: 32). Spannend
bleibt daher, für welche Motive sich die BZgA in der kommenden Staffel 2015 entscheiden wird.
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6. Literaturverzeichnis
Monographien:
Bredel, Ursula (2011): Interpunktion, Heidelberg: Winter.
Dittgen, Andrea Maria (1989): Regeln für Abweichungen. Funktionale sprachspielerische
Abweichungen in Zeitungsüberschriften, Werbeschlagzeilen, Werbeslogans, Wandsprüchen und
Titeln, Frankfurt am Main [u.a.]: Lang.
Esch,
Franz-Rudolf/
Herrmann,
Andreas/
Sattler,
Henrik
(20113):
Marketing.
Eine
managementorientierte Einführung, München: Vahlen.
Goethe, J.W. (1977): Insel Goethe Werkausgabe. Band 3, Frankfurt am Main: Insel Verlag.
Hoffmann, Ludger (2012): Deutsche Grammatik. Grundlagen für Lehrausbildung, Schule, Deutsch
als Zweitsprache und Deutsch als Fremdsprache, Berlin: Schmidt.
Janich, Nina (20105): Werbesprache. Ein Arbeitsbuch, Tübingen: Niemeyer.
Kotler, Philip/ Lee, Nancy R. (2010): Social Marketing für eine bessere Welt. Praxishandbuch für
Politik, Unternehmen und Institutionen, München: mi-Wirtschaftsbuch, FinanzBuch Verlag.
Kotler, Philip/ Lee, Nancy R. (20114): Social Marketing. Influencing Behaviors for Good, Los
Angeles: SAGE Publications.
Reich-Ranicki, Marcel (2004): Geothe noch einmal. Reden und Anmerkungen, München: dtv.
Schüler, Dominic (20132): Kommunikation am Markt: Rhetorik, Medien, Werbung, Konsum,
Tübingen: Kairos Verlag.
Sulikan, Zhanar (2012): Slogans in der deutschen Printwerbung: Untersuchung zu Form, Inhalt und
Funktion, Frankfurt am Main: Lang.
Zielke, Achim (1991): Beispiellos ist beispielhaft oder: Überlegungen zur Analyse und zur Kreation
des kommunikativen Codes von Werbebotschaften in Zeitungs- und Zeitschriftenanzeigen,
Pfaffenweiler: Centaurus-Verlagsgesellschaft.
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Internetquellen:
https://www.duden.de/sprachwissen/sprachratgeber/gross-oder-kleinschreibung-von--em-du-du-em--und--em-ihr-ihr--em--1, 25.2.2014
https://www.gib-aids-keine-chance.de/kampagnen/gib_aids_keine_chance.php, 26.2.2014
https://www.gib-aids-keine-chance.de/kampagnen/machs_mit.php, 23.2.2014
https://www.gib-aids-keine-chance.de/kampagnen/liebesorte.php, 24.2.2014
http://www.machsmit.de/kampagne/index.php, 24.2.2014
http://www.machsmit.de/kampagne/historie.php, 22.2.2014
http://www.machsmit.de/media/kampagne/plakate/2013/plakate_soft.pdf, 1.3.2014
http://www.sueddeutsche.de/leben/zum-welt-aids-tag-das-kondom-als-held-1.1030454, 23.2.2014
http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2013-11/aids-infektionen-jugendliche-tote, 28.02.2014
BZgA (Hg.) (2012): Dokumentation der Kampagne zur Aidsprävention in Deutschland, PDF-Datei
zu
finden
unter
http://www.gib-aids-keine-
chance.de/materialien/infomaterial/index.php?id=621&backlink=http%3A%2F%2Fwww.gib-aidskeine-chance.de%2Fkampagnen%2Fgib_aids_keine_chance.php, 1.3.2014
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7. Anhang
• Motive der 1. Staffel mach’s mit „klassisch“
Abb. 5: Vergrößerte Darstellung des analysierten Beispiels der 1. Staffel
(http://bilder3.n-tv.de/img/incoming/origs11747026/1888251110-w778-h550/1993-1994-Fuer-Verliebte.jpg, 1.3.2014)
Abb. 6: Weiteres Motiv der 1. Staffel der Kampagne
(https://www.gib-aids-keine-chance.de/kampagnen/mach_s_mit_klassisch_.php, 1.3.2014)
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Abb. 7: Weiteres Motiv der 1. Staffel der Kampagne
(https://www.gib-aids-keine-chance.de/kampagnen/mach_s_mit_klassisch_.php, 1.3.2014)
Abb. 8: Weiteres Motiv der 1. Staffel der Kampagne
(https://www.gib-aids-keine-chance.de/kampagnen/mach_s_mit_klassisch_.php, 1.3.2014)
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• Motive der 2. Staffel Obst & Gemüse
Abb. 9: Vergrößerte Darstellung des analysierten Beispiels der 2. Staffel
(http://www.flickr.com/photos/machsmit/3638203022/, 1.3.2014)
Abb. 10: Weiteres Motiv der 2. Staffel der Kampagne
(https://www.gib-aids-keine-chance.de/kampagnen/obst_gemuese.php, 1.3.2014)
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Abb. 11: Weiteres Motiv der 2. Staffel der Kampagne
(https://www.gib-aids-keine-chance.de/kampagnen/obst_gemuese.php, 1.3.2014)
Abb. 12: Weiteres Motiv der 2. Staffel der Kampagne
(https://www.gib-aids-keine-chance.de/kampagnen/obst_gemuese.php, 1.3.2014)
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• Motive der 3. Staffel Liebesorte
Abb. 13: Vergrößerte Darstellung des analysierten Beispiels der 3. Staffel
(https://www.gib-aids-keine-chance.de/kampagnen/liebesorte.php, 1.3.2014)
Abb. 14: Weiteres Motiv der 3. Staffel der Kampagne
(https://www.gib-aids-keine-chance.de/kampagnen/liebesorte.php, 1.3.2014)
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Abb. 15: Weiteres Motiv der 3. Staffel der Kampagne
(https://www.gib-aids-keine-chance.de/kampagnen/liebesorte.php, 1.3.2014)
Abb. 16: Weiteres Motiv der 3. Staffel der Kampagne
(https://www.gib-aids-keine-chance.de/kampagnen/liebesorte.php, 1.3.2014)
Die Autorin hat diese Hausarbeit StuZ MuK zur Verfügung gestellt.
Sie ist nicht Teil der Veröffentlichung, sondern eine unveränderte Originalquelle, die von StuZ MuK archiviert wird.
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• Motive der 4. Staffel Wissen & Kondom
Abb. 17: Vergrößerte Darstellung des analysierten Beispiels der 3. Staffel
(http://www.machsmit.de/media/kampagne/plakate/2013/plakate_soft.pdf, 1.3.2014)
Abb. 18: Weiteres Motiv der 3. Staffel der Kampagne
(http://www.machsmit.de/media/kampagne/plakate/2013/plakate_wild.pdf, 1.3.2014)
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Abb. 19: Weiteres Motiv der 3. Staffel der Kampagne
(http://www.machsmit.de/media/kampagne/plakate/GF_romantisch.pdf, 1.3.2014)
Abb. 20: Weiteres Motiv der 3. Staffel der Kampagne
(http://www.machsmit.de/media/kampagne/plakate/GF_lustvoll.pdf, 1.3.2014)
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