Finnland! - Schulmusik
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Finnland! - Schulmusik
„Finnland!“ Fr 1. Juli 2016, 20.00 Uhr Sa 2. Juli 2016, 20.00 Uhr Stuttgart, Ev. Kirche Gaisburg SWR Vokalensemble Stuttgart Dirigent: Marcus Creed Erstellt von Andreas Eckhardt Freitag, 01. Juli 2016, Samstag, 02. Juli 2016 Stuttgart, Ev. Kirche Gaisburg, 20 Uhr Finnland! Jean Sibelius (1865-1957) Rakastava op. 14 (Fassung für gemischten Chor, 1898) Einojuhani Rautavaara (geb. 1928) Canticum mariae virginis (1978) Cancion de nuestro tiempo (1993) Orpheus singt. Drei Sonette von Reiner Maria Rilke für SATB (auch divisi) (UA) Kaaija Saariaho (geb. 1952) Nuits, adieux (1991/1996) Jukka Linkola (geb. 1955) Mieliteko (1999) Riikka Talvitie (geb. 1970) Kuun kirje (2003) SWR Vokalensemble Stuttgart Dirigent: Marcus Creed Inhaltsverzeichnis 1. Finnland …………………………………………………………………………..... 01 2. Komponistenportraits / Werk-Infos / Materialien 2.1. 2.2. 2.3. 2.4. 2.5. Jean Sibelius ………………………………………………………………. 02 Einojuhani Rautavaara …………………………………………………….07 Kaaija Saariaho ………………………………………….………………… 13 Jukka Linkola ………………………………………………………………. 17 Riikka Talvitie ………………………………………...……………………. 19 3. Finnische Vokalmusik für junge Chöre …………………………...…………….. 21 4. Literatur und Internetquelle …………………………………………...…………. 22 5. Abbildungsverzeichnis ……………………………………………………………. 23 1. Finnland Von einem einheitlichen Volk oder einem einheitlichen Staat Finnland konnte lange nicht gesprochen werden. Erst im Mittelalter taucht der Begriff Finnland auf: kulturell, wirtschaftlich und politisch eng mit Schweden verbunden und mit Karelien im Osten an Russland grenzend. Seit 1809 erst existiert Finnland als Staat, nachdem das Königreich Schweden dieses Gebiet im Krieg gegen Russland verloren hatte. Es entstand ein autonomes Großfürstentum als eine Voraussetzung der Herausbildung einer eigenen nationalen Identität, die auch in den Künsten thematisiert wurde. Einen Beitrag dazu leistete die Wiederentdeckung des Runengesangs und das Sammeln und Notieren dieser Volkskunst. Die Kalevala, eine Sammlung lyrischer Gedichte mit mythologischem Ursprung wurde im 19. Jahrhundert zum nationalen Epos, mit dem sich finnische Künstler auseinandersetzten. Nach der „finnischen Nationalromantik“ mit Jean Sibelius im Mittelpunkt ist das 20. Jahrhundert von stilistischer Vielfalt geprägt, allerdings ohne größere serielle Einflüsse. Dies wird auch in den weiteren Werken des Konzertprogramms deutlich: Freitonale Musik, Minimal Music, Aleatorik, Improvisation, Jazz usw. sorgen für abwechslungsreiche Höreindrücke. 1 2.1. Jean Sibelius (1865-1957): Rakastava („Der Liebende“) op.14, Fassung für gemischten Chor 1898 Der finnische Komponist und Dirigent Jean Sibelius (18651957) wurde am 8. Dezember 1865 in der Provinzhauptstadt Hämeenlinna rund hundert Kilometer nördlich von Helsinki geboren. Er kann als „native speaker“ der europäischen Musikgeschichte bezeichnet werden, wobei sein Werk aber nicht ausschließlich als das des Nationalkomponisten oder eines „musikalischen Landschaftsmalers“ betrachtet werden sollte. Volkstümliche Elemente sind trotzdem Bestandteil seiner Musik, aber nicht im Sinne einer Zitat- oder CollageTechnik. Der Einfluss der Kalevala (siehe 1.) wird bei Sibelius u.a. in seiner sinfonischen Dichtung „Kullervo“ (1890-1892), einer tragischen Heldensaga, deutlich. Sein Onkel schenkte Sibelius eine Violine, in seiner Familie wurde regelmäßig Hausmusik gemacht. Die Literatur zeichnet das Bild eines schlechten Schülers, der aber wohl eine besondere Sprachbegabung hatte. Hervorzuheben ist die lange autodidaktische Beschäftigung mit der Violine und dem Klavier, die erst ab 1880 (mit 15 Jahren) in regelmäßige Violinunterricht mündete. Eine Verletzung am Ellbogen (1879) verhinderte wahrscheinlich eine berufliche Laufbahn als Geiger, trotzdem führte Sibelius ein Violinstudium unter anderem nach Berlin, wo er um 1890 jungen Künstlern wie August Strindberg und Edvard Munch begegnete. Um 1905 hatte der Komponist direkte Kontakte zur zeitgenössischen Avantgarde mit Vertretern wie Claude Debussy, Paul Dukas und Arnold Schönberg. Diese Begegnungen hatten aber wenig Einfluss auf seine Art des Komponierens. Gegen Ende der 1920er Jahre (und damit über 30 Jahre vor seinem Tod) beendete Jean Sibelius sein publiziertes kompositorisches Schaffen, das ihn bis dahin als Komponist von Weltruhm bekannt machte. Am 20. September 1957 starb er in Järvenpää bei Helsinki, wo er in seinem Haus "Ainola" über 50 Jahre gelebt hatte. Eines seiner bekanntesten Werke ist die symphonische Dichtung Finlandia op.26 (als Reflektion der finnischen Kulturgeschichte der Mitte des 19. Jahrhunderts): sie stellte eine Reaktion auf eine Russifizierungswelle des Großfürstentums Finnland um 1899 dar. Mit diesem Werk wurde 2011 die „Musiikiktalo“, Helsinkis neues Konzerthaus und Teil der Sibelius-Akademie, von Jukka-Pekka Saraste eröffnet. Neben seinen spätromantischen symphonischen Kompositionen gehört sein Violinkonzert d-Moll op. 47 zu den großen Violinkonzerten des zwanzigsten Jahrhunderts. Darüber hinaus schrieb Sibelius Schauspielmusiken, Werke für Soloinstrumente, Kammermusik, zeittypisch Werke für Sologesang mit Orchester und eben auch für Chor, wie die Suite „Rakastava“. 2 Theodor Adornos harsch ausfallende Kritik („Glosse über Sibelius“) wirft Sibelius kompositorische Trivialität und eine Berühmtheit vor, die auf ausschließlichen Gebrauch einer national gefärbten nordischen Naturstimmung in seinen Werken zurückzuführen sei. Andererseits sind Adornos Ideen eines „Naturzusammenhangs“ oder einer „Erhabenheit der Moderne“ für die Interpretation seiner Werke geeignet. Rakastava („Der Liebende“) op.14, Fassung für gemischten Chor 1898 Rakastava ist eine ursprünglich für Männerchor geschriebene Suite, die von Sibelius später um ein Streichorchester erweitert wurde und auch in einer Fassung für gemischten Chor vom Komponisten selbst vorliegt. Diese Fassung von 1898 ist im Konzert des SWR-Vokalensembles zu hören. Der Text stammt aus der Kanteletar, einer Sammlung finnischer Volksgesänge, die als Schwesterwerk der Kalevala (siehe Einleitung) gilt. Übersetzt bedeutet Kanteletar „Kantele-Spielerin“, ein Hinweis auf das finnische Volksinstrument Kantele, mit der die Lieder begleitet wurden. Anlass der Komposition war ein studentischer Chorwettbewerb, zu dem Sibelius das Werk „Rakastava“ einreichte. Trotz der Textquelle der Kanteletar fehlte den Juroren ein eindeutig „finnisch-national“ gefärbter Ton, wobei die Deutung dieser Anforderung im Unklaren verbleibt. Das Werk ist in drei große Abschnitte gegliedert. „Der Liebende“ ist fortwährend auf der Suche nach seiner Geliebten. Die Beschreibung der Natur als Ort früherer Begegnungen ist in dieser Zusammenstellung dreier lyrischer Lieder ein zentrales Stilmittel. Diese Beschreibung dient als Folie für seine wohl unglücklich verlaufende Suche nach der Geliebten. Erst im dritten Lied findet scheinbar eine Begegnung der beiden statt, bei der die Geliebte als Vögelchen bezeichnet wird. Trotz langem, fast flehentlichem Werben muss er sich letztlich von ihr verabschieden. Hörbeispiel: www.youtube.com/watch?v=w9zpGjZfytc&nohtml5=False Aufnahme (solistisch) mit dem English Vocal Consort of Helsinki 3 , WO, O WO, IST MEINE GUTE Miss on, kussa minun h väni, miss asuvi armahani, missä istuvi iloni, kulla maalla marjaseni? Ei kuulu ääntävän ahoilla, l övän leikkiä lehoissa, ei kuulu saloilta soitto, kukunta ei kunnahilta. Oisko armas astumassa marjani matelemassa, oma kulta kulkemassa, valkia vaeltamassa; Toisin torveni puhuisi, vaaran rinnat vastoaisi, saisi salot sanelemista, joka kumpu kukkumista, lehot leikkiä pitäisi, ahot ainaista iloa. Wo, o wo, ist meine Gute, wo wohnt meine Geliebte, wo sitzt sie, meine Freude, in welchem Land, meine kleine Beere? Nicht einen Ton hört man in den Wiesen, kein Spielen im Hain, kein immeln hört man hinter den Wäldern, keinen Kuckucksruf von den Hügeln. Würde mein Liebling aufbrechen, meine Süße schleichen, meine Teuerste gehen, meine Weiße wandern, dann würde mein Horn anders klingen, die Hänge würden widerhallen, die Hinterwälder etwas melden, von jedem Hügel käme ein Kuckucksruf, die Haine wären voll Spielender, die Wiesen wären für immer voll reude. ARMAHAN KULKU DER GANG DER LIEBSTEN Täst on kulta kulkenunna, täst on menn t mielitiett , tästä armas astunuuna, valkia vaeltanuuna, Täss on astunut aholla, tuoss on istunut kivellä. Kivi on paljo kirkkahampi, paasi toistansa parempi, kangas kahta kaunihimpi, lehto viittä lempiämpi, korpi kuutta kukkahampi, koko metsä mieluisampi, tuon on kultani kulusta, armahani astunnasta. Hier ist meine Geliebte entlanggegangen, hier ist meine Teuerste verschwunden, hier ist meine Liebste geschritten, meine Weiße ist losgewandert, hier ist sie über die Lichtung geschritten, dort hat sie auf einem Fels gesessen. Der Fels ist nun viel heller, scheint edler als die anderen, die Heide doppelt so schön, der Hain fünfmal heiterer, die Wildnis sechsmal blumenreicher, der ganze Wald viel angenehmer, weil meine Teuerste hier durchging, die Schritte meiner Liebsten hier waren. L L D, H vää iltaa lintuseni, h vää iltaa kultaseni, h vää iltaa n t minun oma armahani! Tanssi, tanssi lintuseni, tanssi, tanssi kultaseni, tanssi, tanssi nyt minun oma armahani! Seiso, seiso lintuseni, Seiso, seiso kultaseni, Seiso, seiso nyt minun oma armahani! LC Guten Abend, mein ögelchen, guten Abend, meine Teuerste, guten Abend nun, meine einzig Geliebte! Tanze, tanze, mein ögelchen, tanze, tanze, meine Teuerste, tanze, tanze, meine einzig Geliebte! Halt ein, halt ein, mein ögelchen, halt ein, halt ein, meine Teuerste, halt ein, halt ein, meine einzig Geliebte! 4 Anna kättä lintuseni, anna kättä kultaseni, anna kättä n t minun oma armahani! Gib mir deine Hand, mein ögelchen, gib mir deine Hand, meine Teuerste, gib mir deine Hand, meine einzig Geliebte! Käsi kaulaan lintuseni, käsi kaulaan kultaseni, halausta kultaseni, halausta nyt minun oma armahani! Lege deine Arme um meinen Nacken, mein ögelchen, deine Arme um meinen Nacken, meine Teuerste! Umarme mich, meine Teuerste, umarme mich jetzt, meine einzig Geliebte! Suuta, suuta lintuseni, suuta, suuta kultaseni, halausta lintuseni, halausta nyt minun oma armahani! Küss mich, küss mich, mein ögelchen, küss mich, küss mich, meine Teuerste, umarme mich, ögelchen, umarme mich jetzt, meine einzig Geliebte! ää h västi lintuseni, jää h västi kultaseni, jää h västi lintuseni, jää h västi nyt minun oma armahani! Leb wohl, mein ögelchen, leb wohl, meine Teuerste, leb wohl, mein ögelchen, lebe wohl nun, meine einzige Geliebte! 5 Material: Jean ibelius: Rakastava Rakastava („Der Liebende“) op.14, Fassung für gemischten Chor 1898 Die finnische Sprache unterscheidet sich sehr von der deutschen, kaum ein Wort kann über Sprachverwandtschaften erschlossen werden. Trotzdem hat Jean Sibelius sein Werk „Der Liebende“ so komponiert, dass einige Motive und Inhalte gut hörbar sind. 1. Ordne die Bausteine auf der Zeitleiste in der richtigen Reihenfolge an und beschreibe, wie diese Abschnitte auf dich wirken. 2. Im folgenden Video könnt ihr das Stück hören: www.youtube.com/watch?v=w9zpGjZfytc&nohtml5=False Eine Sängerin und ein Sänger versuchen, zwei der unten stehenden Abschnitte besonders zu verdeutlichen. Welches Mittel setzen sie ein? „…Eila, Eila…“ („Ruf eines ogels“, vor allem in den Frauenstimmen gut zu hören, ab dem Beginn des zweiten Gedichtes) 0 00 1 44 1 59 „…Täst‘ on kulta kulkenunna…“ (vom Tenor auf einem Ton gesungener Abschnitt) „…Oma armahani…“ (viermal wiederholter Ausruf „…meine Geliebte!...“) 3‘59 6 5‘00 „…Käsi kaulaan lintuseni, käsi kaulaan kultaseni…“ (eine Männer- und eine Frauenstimme singen im Duett den zweiten Teil des letzten Liedes) 7‘30 2.2. Einojuhani Rautavaara (geb. 1928): Cancion de nuestro tiempo (für gemischten Chor, 1993) Einojuhani Rautavaara (geboren am 9. Oktober 1928) ist einer der bekanntesten finnischen Komponisten des 20./21. Jahrhunderts. Nach Studien an der SibeliusAkademie in Helsinki und in Wien erhielt er 1955 vermittelt durch Jean Sibelius ein Stipendium der KoussewitzkyStiftung, das ihm weitere Studien in Amerika ermöglichte. Von 1957 bis 1990 unterrichtete Rautavaara zunächst als Dozent und später als Professor an der Sibelius-Akademie Komposition. Eines seiner bekanntesten Werke ist seine siebte S mphonie „Angel of Light“ (1994), in dem Rautavaara Kindheitserinnerungen musikalisch verarbeitet. Daneben besteht sein Werk aus Opern, Konzerten, Kammermusik und Chormusik. Stilistisch ist Rautavaara nur schwer einzuordnen, seine Kompositionen lassen eine Entwicklung vom Neoklassizismus über die Zwölftönigkeit bis zu „Klangmusik“ mit romantischer Textur beobachten. Im musikpädagogischen Kontext wurden seine Sprechstücke „Personalia“ und „Quantitativa“ (aus „Ludus verbalis“, op. 10) bekannt. Cancion de nuestro tiempo (für gemischten Chor, 1993) Als der Philharmonische Chor Tokyo mit dem Auftrag auf mich zukam, ein großes Chorwerk zu schreiben und dabei die Anforderung stellte, dass es „auf die Welt von heute“ bezogen sein sollte, stellte ich mich dieser Aufgabe mit der Wahl einiger Gedichte von Federico Garcia Lorca. Ihre emotionale Anlage, verbunden mit der Art des Umgangs mit Themen wie Sterblichkeit und Angst, scheinen näher an der heutigen Zeit als der Zeit ihrer Entstehung in den 1920er und 1930er Jahren. Im ersten Satz, Fragmentos de Agonía, malt Lorca in seinem surrealistischen Stil die harte, unmenschliche Welt, die durch eine industrialisierte Gesellschaft und Krieg hervorgerufen wurde. Im zweiten Satz, Meditacion primera y ultima, symbolisiert die Musik das Rätsel der Zeit. Es entstehen dichte „Textfelder“, und wenn das Gedicht ankündigt, dass „die Zeit jetzt in ihrem Turm schlummert“, beginnen und enden die verschiedenen Chorgruppen ihre Abschnitte willkürlich, „aleatorisch“. Im letzten Lied, Ciudad sin sueño, scheinen die empörenden Bilder des Gedichtes so stark mit den Geschehnissen des Jahres 1993 verbunden, dass ich diesem Satz den Untertitel „Nocturno del Sarajevo“ gab. [Im Bosnienkrieg stellte die Belagerung der Stadt Sarajevo von 1992-1996 die längste Belagerung einer Stadt im 20. Jahrhundert dar.- Anm. d. Verf.] Vorwort von Einojuhani Rautavaara (Notenausgabe des Verlages Fennica Gehrmann, 2003) 7 Hörbeispiele: 1. Fragmentos de Agonía www.youtube.com/watch?v=_n7ULOk-vXM 2. Meditacion primera y ultima www.youtube.com/watch?v=_n7ULOk-vXM ab 4:07 3. Ciudad sin sueño (Nocturno del Sarajevo) www.youtube.com/watch?v=9MR760_Eze0 Aufnahme mit dem Finnish Radio Chamber Choir Anmerkung zum Text: Rautavaara übernimmt die Vorlage von Federico Garcia Lorca (1898-1936, spanischer Lyriker und Dramatiker, wurde im spanischen Bürgerkrieg von Faschisten ermordet) nicht wörtlich, es gibt Auslassungen und Kürzungen. Trotzdem stehen in eckigen Klammern für das Verständnis der Gedichte wichtige Abschnitte, die nicht vertont werden. 8 Fragmentos de agonía (aus „ da a Walt Whitman“) [Pore el East River y el Bronx Los muchachos cantaban enseñado sus cinturas,] con la rueda, el aceite, el cureo y el martillo. Noventa mil mineros sacaban la plata de las rocas y los niños dibujaban escaleras y perspectivas. Am East River und in der Bronx Sangen dir Jungen und zeigten ihre Lenden Zwischen Öl und Rad, zwischen Leder und Hammer. Neunzigtausen Bergleute schlugen Silber aus dem Fels Und Kinder zeichneten Leitern und Perspektiven. Pero ninguno swe dormía, ninguno quería ser el río, ninguno amaba las hojas grandes, ninguno la lengue azul de la playa. Doch keiner konnte schlafen, keiner wollte der Fluß sein, keiner liebte die großen Blätter oder die blaue Zunge des Strandes. [Por es Eats River y el Queensborough] los muchachos luchaban con la industria, y los judíos vendían al fauna del río la rosa de la circuncisión y el cielo desembocaba por los puentes y los tejados manadas de biscontes empujadas por el viento. [Am East River und in Queensborough] Lagen die Jungen im Kampf mit der Industrie, und die Juden verkauften dem Faun vom Fluß die Beschneidungsrose, und Herden von Bisons, den Wind im Nacken, strömten vom Himmel auf Brücken und Dächer herab. Pero ninguno se detenía, ningunio quería ser nube, ninguno buscaba los helechos ni la rueda amarilla del tamboril. Doch keiner hielt inne, keiner wollte Wolke sein, keiner suchte nach Farnen oder nach dem gelben Rad des Tamburins. Cuando la luna salga las poelas rodarán parat urbar al cielo; un límite de agujas cercará la memoria y los ataúdes [se Ilevarán a los que no trabajan.] Wenn der Mond aufgeht, werden die Seilrollen rattern und den Himmel verstören, ein Nadelkreis wird sich um das Gedächtnis schließen, und die Särge entführen dann jeden, der ohne Arbeit ist. […] […] Agonía, agonía, sueño, fermento y sueño. Este es el mundo, amigo, agonía, agonía. Los muertos se descomponen bajo el reloj de las ciudades, la guerra pasa Ilorando con un millón de ratas grises, los ricos dan a sus queridas pequeños moribundos iluminados, y la vida no es noble, ni buena, ni sagrada. Todesangst, Todesangst, Traum und Gärung und Traum, so ist die Welt mein Freund, Todesangst, Todesangst. Unter dem Uhrwerk der Städte zerfallen die Toten, der Krieg zieht weinend vorbei, gefolgt von Millionen Ratten, die Reichen schenken ihren Liebsten kleine Todgeweihte mit Beleuchtung, und das Leben ist weder heilig noch edel, noch gut. […] […] 9 editación primera y última (aus „ uites“) El tiempo tiene color de noche. De una noche quieta. Sobre lunas enormes la eternidad está fija en las doce. Y el tiempo se ha dormido para siempre en su torre. Nos engañan todos los relojes. El Tiempo tiene ya horizontes. Ciudad sin sueño („ octurno del Zeit ist in den Farben der Nächte. Eine stille Nacht. Über enormen Monden ist die Ewigkeit auf zwölf gesetzt. Die Zeit ging schlafen für immer in ihrem Turm. Alle Uhren täuschen uns. Die Zeit hat letztlich Horizonte. rooklyn ridge“) No duerme nadie por el cielo. Nadie, nadie. No duerme nadie. Las criaturas de la luna huelen y rondan sus cabañas. Vendrán las iguanas vivas a morder a los hombres que no sueñan y el que huye con el corazón roto encontrará por las esquinas al increíble cocodrilo quieto bajo la tierna protesta de los astros. Niemand schläft im Himmel. Niemand, niemand. Niemand schläft. Die Mondgeschöpfe schnüffeln und schleichen durch die Hütten. Lebende Leguane werden kommen und die Menschen beißen, die nicht schlafen, und wer auf der Flucht ist mit gebrochenem Herzen, wird finden an den Straßenecken das unglaubliche Krokodil, still unter zartem Protest der Sterne. [No duerme nadie por el mundo. Nadie, nadie. No duerme nadie.] Hay un muerto en el cementerio más lejano que se queja tres años porque tiene un paisaje seco en la rodilla; y el niño que enterraron esta mañana lloraba tanto que hubo necesidad de llamar a los perros para que callase. [Niemand schläft auf der Welt. Niemand, niemand. Niemand schläft.] Auf dem fernsten Friedhof liegt ein Toter Der sich drei Jahre lang beklagt, weil er im Knie eine trockene Landschaft hat; und das Kind, das heute morgen begraben wurde, weinte so sehrman mußte die Hunde rufen, daß es still war. No es sueño la vida. ¡Alerta! ¡Alerta! ¡Alerta! Nos caemos por las escaleras para comer la tierra húmeda o subimos al filo de la nieve con el coro de las dalias muertas. Pero no hay olvido, ni sueño: Das Leben ist kein Traum. Alarm! Alarm! Alarm! Wir fallen die Treppen herunter und fressen feuchte Erde. Oder wir steigen auf zur Schneide des Schnees mit dem toten Dahlienchor. 10 carne viva. Los besos atan las bocas en una maraña de venas recientes y al que le duele su dolor le dolerá sin descanso y al que teme la muerte la llevará sobre sus hombros. Doch es gibt weder Schlaf noch Vergessen: Fleisch und Blut. Die Küsse verstricken die Münder Und ein Wirrwarr frischer Adern, und wen sein Schmerz schmerzt, den wird es endlos schmerzen, und wer Angst vor dem Tod hat, der wird ihn schultern müssen. Un día los caballos vivirán en las tabernas y las hormigas furiosas atacarán los cielos amarillos que se refugian en los ojos de las vacas. Otro día veremos la resurrección de las mariposas disecadas y aún andando por un paisaje de esponjas grises y barcos mudos veremos brillar nuestro anillo y manar rosas de nuestra lengua. Eines Tages Werden Pferde in den Kneipen leben Und rasenden Ameisen Werden die gelben Himmel angreifen, die in den Augen der Kühe Zuflucht suchen. Andern Tages Werden wir die Auferstehung der sezierten Schmetterlinge sehen, und selbst wenn wir durch eine Landschaft aus grauem Schwamm und stummen Schiffen wandern, werden wir unseren Ring dort glitzern und auf unserer Zunge Rosen sprießen sehen. ¡Alerta! ¡Alerta! ¡Alerta! A los que guardan todavía huellas de zarpa y aguacero, a aquel muchacho que llora porque no sabe la invención del puente o a aquel muerto que ya no tiene más que la cabeza y un zapato, hay que llevarlos al muro donde iguanas y sierpes esperan, donde espera la dentadura del oso, donde espera la mano momificada del niño y la piel del camello se eriza con un violento escalofrío azul. Alarm! Alarm! Alarm! Die, die noch immer gezeichnet sind von Pranke und Gegenguß, und den Jungen, der weint, weil er nicht weiß, daß die Brücke erfunden ist, oder den Toten, der nichts mehr hat als den Kopf und einen Schuh, man muss sie aller zur Mauer schaffen, wo Schlangen und Leguane warten, wo das Gebiss des Bären wartet, wo die Mumienhand des Kindes wartet und das Kamelfell zu Berge steht, blau schaudernd und voller Gewalt. No duerme nadie por el cielo. Nadie, nadie. No duerme nadie. Pero si alguien cierra los ojos, ¡azotadlo, hijos míos, azotadlo! Haya un panorama de ojos abiertos y amargas llagas encendidas. Niemand schläft auf der Welt. Niemand, niemand. Niemand schläft. Doch wenn jemand die Augen schließt, dann peitscht ihn, meine Söhne, peitscht ihn! Ich will ein Panorama offener Augen Und bitter entzündeter Wunden. No duerme nadie por el mundo. Nadie, nadie. [Ya lo he dicho.] Niemand schläft auf der Welt. Niemand, niemand. [Wie gesagt.] 11 No duerme nadie. Pero si alguien tiene por la noche exceso de musgo en las sienes, abrid los escotillones para que vea bajo la luna las copas falsas, el veneno y la calavera de los teatros. 12 Keiner schläft. Doch wenn jemand nachts Moosüberschuß an den Schläfen hat, klappt die Versenkungen auf, damit er im Mondlicht die falschen Becher sieht und das Gift und den Totenschädel des Theaters. 2.3. Kaaija Saariaho (geb. 1952): Nuits, adieux (1991/1996) für gemischten Chor und vier Solisten Kaija Saariaho (geboren am 14. Oktober 1952) ist eine finnische Komponistin mit internationaler Reputation, die vor allem durch ihre elektroakustischen Kompositionen bekannt wurde. Zunächst studierte sie in Helsinki Kunst, Design und Musikwissenschaft, da sie als Frau für sich keine berufliche Perspektive als Komponistin sah. Trotzdem folgte ein Kompositionsstudium an der Sibelius-Akademie bei P. Heininen bis 1981. Nach weiteren Studien in Freiburg bei Klaus Huber und Brian Ferneyhough zog sie nach Paris, wo sie bis heute lebt und arbeitet. Saariaho komponierte bereits in den 90er Jahren mit dem Computer und konnte im IRCAM (Institut de Recherche et Coordination Acoustique/Musique, Forschungsinstitut für Akustik/Musik, mit gegründet von Pierre Boulez) in Paris ihre Arbeitstechniken weiterentwickeln. Dadurch entstanden u.a. musikpyschologisch beforschte Klangexperimente zur Wahrnehmung von Klangfarben. Die Nutzung des Computers lässt bei ihr aber noch keine Rückschlüsse auf den Stil ihrer Kompositionen zu, er wird in erster Linie zur Analyse von Klangstrukturen und zur Formung des Materials verwendet. Die Zusammenarbeit mit bildenden und darstellenden Künstlern sowie Schriftstellerinnen bildet ein wesentliches Merkmal ihres Werkes. Kandinskys Farbenlehre wurde zur Inspiration, mit Übergängen zwischen Vokalen und Konsonanten experimentieren. Ihr vielfältiges Schaffen reicht von ühnenwerken (z. . „Amour de loin“ 2000) über Orchester- und Chorwerke (z. . „ erblendungen“ 1982-84) bis hin zu elektroakustischer Musik (z. . „Stilleben“ 1987-88 für Tonband, ein radiophones Werk). Nuits Adieux (1991/1996) für gemischten Chor und vier Solisten Das Werk „Nuits Adieux“ wurde ursprünglich 1991 für okalquartett und Elektronik geschrieben. In ihrem Werk auf Texte von Jaques Roubaud und Honoré de Balzac spielt Saariaho mit den Möglichkeiten der experimentellen Sprachbehandlung und lässt die Choristen Textteile singen, flüstern, zischen usw. In der Fassung von 1996, die auch im Konzert zu hören ist, wurde die Elektronik durch einen gemischten Chor ersetzt, der die Elektronik gleichsam imitiert. Verschiedene technische Effekte (Imitation, Echo, Delay, Reverb usw.) wurden in den Part des Chores übertragen. Das Werk besteht aus zehn korrespondierenden Teilen (Nuit I, Adieux I, Nuit II usw.), jede Stimmgruppe ist dreifach besetzt (Bsp.: Solo-Sopran, Sopran I, Sopran II). 13 Nuits, adieux Nächte, Abschiede Dans l air s arrache de la terre au noir la lumière et la crache dans l air la nuit rêche jusqu aux bords des arbres dans la terre ... Nuit tu es venue les lumières ont poussé sur les herbes, les pentes vidées de lumière, les lumières sont devenues sombres ... dans l herbe s attachent de la terre au noir les graines les vagues de la lumière et les crachent dans l herbe la nuit réelle jusqu au bord des arbres sous la terre ... In die Luft steigt das Licht auf von der Erde ins Dunkel und spuckt es In die Luft. Herbe Nacht auf der Erde bis in die Wipfel der Bäume. … Nacht, du bist gekommen, das Licht zog weiter über die Wiesen, die Hügel von denen das Licht, wich, das Licht, ist dunkel geworden … Im Gras Krallen sich die Samen, wogen des Lichts an die Erde im Dunkeln und spucken sie ins Gras, dunkle Nacht bis in die Wurzeln der Bäume unter der Erde. … Nuit, c est cela chevelure de noir révérend la lumière n est que pour le définir ainsi la nuit première précéda la jour Das ist die Nacht: Ein dunkler, ehrwürdiger Haarschopf. Das Licht ist nur dazu da, sie zu begrenzen. So wich Die erste Nacht dem Tage. 14 Jaques Roubaud: Échangès de la lumière (Nächte, „Austausch des Lichtes“) Adieu, granit, tu deviendras fleur; adieur, fleur, tu deviendras colombe; adieu colombe, tu seras femme; adieu, femme, tu seras souffrance; adieu, homme, tu seras croyance; adieu, vous qui serez tout amour et priére. Leb wohl, Granit, du wirst eine Blume sein Leb wohl, Blume; du wirst eine Taube sein; Leb wohl, Taube, du wirst eine Frau sein; Leb wohl, Frau, du wirst Schmerz sein; Leb wohl, Mann, du wirst Glaube sein; Lebt wohl, die ihr ganz Liebe sein werdet und Gebet. Honoré de Balzac: Sèraphîta (Abschiede) Hörbeispiel: www.youtube.com/watch?v=QF8cn8Wm6oo Aufnahme mit dem Estonian Philharmonic Chamber Orchestra 15 Material: „ he best introduction would be to read the texts have chosen für the piece.“ (Kaaija Saariaho auf saariaho.org) Das Werk „Nuits, adieux“ wurde zunächst für okalquartett und Elektronik geschrieben. Eine fünf Jahre später entstandene Fassung überträgt verschiedene technische Effekte auf den Part eines gemischten Chores. Im Vorwort zu ihrer Komposition beschreibt die Komponistin detailliert, wie verschiedene Textteile gesungen oder gesprochen werden sollen: flüsternd Sprechstimme mit viel Luft Singstimme mit so viel Luft wie möglich Einatmen ohne Stimme Ausatmen ohne Stimme Experimentiert mit aufgenommenen Textteilen (ganze Sätze, einzelne Worte, einzelne Silben usw.) aus Saariahos Komposition: Nehmt sie digital auf und berücksichtigt dabei einzelne Vortragsbezeichnungen der Komponistin. Bearbeitet sie mit digitalen Effekten nach. Vergleicht die Versionen mit und ohne Bearbeitung. Softwaretipp: Das Audiobearbeitungsprogramm „Audacit “ ( reeware: www.audacityteam.org) bietet verschiedene Möglichkeiten, eine Aufnahme mit Effekten zu bearbeiten. (Bsp.: Echo, Arbeit mit einem Equalizer, Reverb, Timestretch usw.) 16 2.4. Jukka Linkola (geb. 1955): Mieliteko (1999) Jukka Tapio Linkola (geboren am 21. Juli 1955) ist ein finnischer (Jazz-)Pianist, Komponist und Dirigent. Er studierte von 1972 bis 1980 an der Sibelius-Akademie in Helsinki (Finnlands einziger Musikhochschule) Klavier und Komposition. In den 1970er Jahren war Linkola als Jazzpianist und -komponist, als auch als Bandleader verschiedener Big Bands tätig. Später wurde er Korrepetitor und Dirigent am Stadttheater Helsinki. Ab dieser Zeit, die durch die vielfältige Beschäftigung mit der Opernrepertoire geprägt war, entstanden auch vermehrt Werke für Singstimmen, Vokalensembles und Chöre. Seit 1992 arbeitet Jukka Linkola als freischaffender Komponist, Instrumentalist und „künstlerischer Honorarprofessor“ in Helsinki. Sein kompositorisches Schaffen ist stilistisch zwischen Jazz, Romantik und Neoklassizismus angesiedelt. Er schreibt – mit Vorliebe für große Besetzungen Werke für Jazzensembles (vor allem für Bläser, z. . „Konzert für Trompete und Orchester“ 1988 oder „Suite für lechbläserquintett,“ 1985), Bühnenwerke (z.B. allett „Ronja Räubertochter“ 1989, Oper „Robin Hood“ 2011), Chorwerke (z.B. „Primitive Music“ 1998) und auch Kindermusicals (z.B. Max und Moritz 1987). Mieliteko (1999) „Mieliteko“ ist ein fünfsätziges Werk, das durchgängig achtstimmig (SSAATTBB) gesetzt ist und dem Vokalensemble „Tallalle“ gewidmet wurde. Textgrundlage sind verschiedene traditionelle finnische Gedichte und Lieder, die von Jukka Linkola in seinem besonderen „Personalstil“ vertont werden. Er verwendet zeitgenössische Techniken, die zusammen mit Elementen des Jazz (5/4-Takte, Synkopen, blue notes) eine besondere Verbindung eingehen. Satzfolge: 1. Mieliteko (Begehren) 2. Punapaula, (Rotes Band) 3. Lintu (Der Vogel) 4. Jäniksen joulu (Ein Kaninchen zu Weihnachten) 5. Iltalaulu (Abendlied) Coda ad libitum Hörbeispiel: https://www.youtube.com/watch?v=dTtR0hPR59I Aufnahme mit dem Kammerchor „CONSONO“ 17 Material: Interview mit Jukka Linkola (per Mail geführt im Mai 2016) Dear Jukka, you are a jazz-pianist , –composer and bandleader, but an accompanist and (opera-)conductor as well. How does this fit? Hello, my main work has been for 15 years as composer. Today I have the state "Artistic Professorship" as a composer. Mainly it meens today music for symphony orchestras (14 concertos 11 operas etc). In early days I really worked a lot with jazz and I was working as the main conductor in the biggest theatre in Finland, Helsinki City Theatre. There my main work was the boss of the music department. I never got any problems in stylistic littlethinking. Only heart gives the beat to my musical future, not theory so much. In your work we can find titles as “Ronja Räubertochter”, “Robin Hood” or “Max und Moritz”. What do you think is special about composing for young people? It is the one of my main idioms. I have three grandchildren...it will be continuing. Young generation, it is the future! “Mieliteko” is a collection of five pieces called Mieliteko, Punapaula, Lintu, Jäniksen Joulu and Iltalaulu. Can you tell us about the impuls to compose this pieces? Absolutely some Finnishs folk songs, and the huge melodic mood in folk music generally. Also the stories are interesting: nature, social problems, sadness, tragedies, lonelyness. Very common stories allover today! What are this finnish traditional pieces about? What’s “typical finnish” in them? Maybe the melancholy and the rhythm are the most original basis. In Kalevala most original poems were sang in 5/4, which makes the rhythm floating nicely. The Kalevala language is unbelieveble rich, and it‘s not understood by young people well today. I have studied it very much. Kalevala is a huge Epos! But we can hear blue notes, jazz-rhythms, clusters… Yes, of course I love to use my backround very openmindly! In those days I was really thinking listening more jazzharmony. (It happens still, sometimes, I love jazz! It is bulit in to my computer. Thanks, Jukka 18 2.5. Riikka Talvitie (geb. 1970): Kuun kirje (2003) Riikka Talvitie (geboren am 13. September 1970) ist eine finnische Oboistin, Komponistin und Musikpädagogin. Nach ihrem Abschluss an der Sibelius-Akademie 1997 und einem einjährigen Studienaufenthalt am IRCAM (Institut de Recherche et Coordination Acoustique/Musique, Forschungsinstitut für Akustik/Musik, mit gegründet von Pierre Boulez) arbeitet sie heute hauptsächlich als „freelancer“. Ihr Interesse an spartenübergreifendenden künstlerischen Produktionen wird durch die Zusammenarbeit mit finnischen Schriftstellern und bildenden Künstlern deutlich. Kammermusik und Vokalmusik (Sologesang und mehrstimmige Vokalmusik) bilden die Schwerpunkte im Schaffen der Komponistin. In ihrem Werk schimmert oft ein hintergründiger Humor durch, was sich schon an Titeln wie „Kivi, sakset, paper („Schere, Stein, Papier“, 2002) für Kammerensemble oder „Luonnonoikku“ („Laune“, 2002) für ioline und Elektronik ablesen lässt. Das achstimmige Werk ‚Kuun kirje‘ verarbeitet ein Gedicht von Eeva-Liisa Manner (1921-1995, Dichterin und Übersetzerin, ein der Gründerinnen des finnischen Modernismus). Die Uraufführung des Werke „Kuun kirje“ fand 2003 aus Anlass des zehnjährigen ubiläums des okalensembles „Lumen valo“ statt. Riikka Talvitie verbindet leichte, belebte Abschnitte mit statischen, langsam ansteigenden Sequenzen in unterschiedlichen „ esetzungsstärken. 19 Kuun kirje Luulin että kuistille oli heitetty kirje, mutta se oli vain kuun kajoa. Minä poimin valoa lattialta. Miten kevyt se oli, kuun kirje, ja kaikki taipui, kuin rauta, tuolla puolen. Eeva-Liisa Manner The letter of moon I thought that a letter was thrown on the verandah but it was only moonshine. I picked light from the floor. How light it was, the letter of moon, and everything was bending, like iron, beyond. translated by composer Mondbrief Ich dachte, auf die Veranda wäre ein Brief geworfen worden, aber es war nur der Schein des Mondes. Ich hob Licht vom Boden auf. Wie leicht er war, der Brief des Mondes, und alles gab nach, wie Eisen, jenseits. Übersetzung: Stefan Moster Auszüge aus „ ondgedichten“ Im Internet sind viele Sammlungen von Gedichten zu finden, die sich thematisch mit dem Mond beschäftigen. Als eispiel sei die Sammlung „Mondgedichte. on der Empfindsamkeit bis zur Gegenwart“ (siehe Quelle) von Ulrich ormbaum genannt. Diese unterschiedlichen Textgrundlagen können Grundlage experimenteller Improvisations- und Kompositionsprozesse werden. Ideen zu Improvisationsmodellen liefert ein Beitrag vom Schott-Verlag, der verschiedene Zugangsweisen bündelt (siehe Quelle) Eeva-Liisa Manners „Mondbrief“ ist als „Naturl rik im 20. ahrhundert“ gut geeignet, Improvisationen in zeitgenössischer Tonsprache zu entwickeln, bei denen die Rezitation des Gedichtes integraler Bestandteil ist. Riikka Talvitie arbeitet in ihrer Komposition mit Textfragmenten, die sie in verschiedenen Stimmkombinationen immer neu arrangiert. Dadurch entsteht ein mancherorts minimalistisch anmutender Klangteppich. Gerade diese Technik kann bei einer Bearbeitung des Gedichtes erprobt werden, bei der zum Beispiel Textteile in finnischer und deutscher Sprache miteinander verwoben werden. 20 Quelle: www.vormbaum.net/index.php/latest-downloads/gedicht-des-monats/3408-mondgedichte-von-derempfindsamkeit-bis-zur-gegenwart/file Gedichtsammlung zum Thema „Mond“ http://www.schott-musikpaedagogik.de/de_DE/material/sekundarstufe/nsp/impro/index.html Beiträge zum instrumentalen und vokalen Musizieren in der Schule 3. Finnische Vokalmusik für junge Chöre Die folgenden Lieder und Chorsätze eignen sich, die Welt der finnischen (Chor-) Musik kennenzulernen. Die Titel liegen alle mit deutscher Übertragung vor und reichen vom einstimmigen Volkslied bis zum vier- bis sechsstimmigen Chorsatz. Tuoll‘ on mun kultani. In: recht, Klaus und Kalmer, Stefan (Hg.): unisono. Das Liederbuch. Leipzig 2005, S. 96ff. Einstimmiges finnisches Volkslied mir deutscher Übertragung Ja dan duia. In: Suttner, Kurt u.a. (Hg.): Chor aktuell international. Kassel 2008, S. 67 Finnischer Kanon von Soili Perkiö Kesäilta. Ebd., S.70ff. „Sommerabend“, Vierstimmiger Satz mit Solo von Ahti Sonninen Aamulla varhain. Ebd., S. 72 Vier- bis sechsstimmiger Satz von Jaakko Hulkkonen Väinämöisen rukous. Ebd., S. 138 Vierstimmiges Chorlied von Heino Kaski (Väinämöisen ist die Hauptfigur der „Kalevala“) Kävelin kesäillalla. In: Brecht, Klaus u.a. (Hg.): chorissimo. Chorbuch für die Schule. Stuttgart 2008, S. 232ff. Dreistimmiger Satz (SAM) über ein finnisches Volkslied 21 4. Literatur und Internetquellen Hofmann, Trudelies (Hg.): Kanteletar: alte finnische Volkslyrik. München 1997 Iltti, Sanna: Saariaho, Kaija. In: Finscher, Ludwig (Hg.): Die Musik in Geschichte und Gegenwart, 2. Auflage, Kassel u.a. (1994-), Personenteil Band 14, Sp. 733ff. Lönnrot, Elias: Kalewala. Das finnische Epos. Übersetzt und mit einem Nachwort von Gisbert Jänicke. Salzburg und Wien 2011 Lorca, Federico García: Dichter in New York. Poeta en Nueva York. Übertragung und Nachwort von Martin von Koppenfels. Frankfurt am Main 2000 Mäkelä, Tomi: Art. Sibelius, Jean. In: Finscher, Ludwig (Hg.): Die Musik in Geschichte und Gegenwart, 2. Auflage, Kassel u.a. (1994-), Personenteil Band 15, Sp. 713ff. Mäkelä, Tomi: Saariaho, Sibelius und andere. Neue Helden des neuen Nordens. Hildesheim 2014 Manner, Eeva-Liisa: Die Welt ist eine Dichtung meiner Sinne: Gedichte, finnisch und deutsch. Ausgewählt und übertragen von Ingrid Schellbach-Kopra und Stefan Moster. Eisingen 1996 Oramo, Ilkka: Art. Finnland. In: Finscher, Ludwig (Hg.): Die Musik in Geschichte und Gegenwart, 2. Auflage, Kassel u.a. (1994-), Sachteil Band 3, Sp. 488ff. Schellbach-Kopra, Ingrid (Hg.): Still wie Licht in windloser Gegend: Lyrik aus Finnland. Karlsruhe 1977 Sivuoja-Guaratnam, Anne: Rautavaara, Einojuhani. In: Finscher, Ludwig (Hg.): Die Musik in Geschichte und Gegenwart, 2. Auflage, Kassel u.a. (1994-), Personenteil Band 13, Sp. 1320ff. 22 Internetquellen www.sibelius.fi Eine umfassende Darstellung von Leben und Werk des Komponisten in deutscher Sprache www.musicfinland.fi Eine umfassende Webseite, die finnische KomponistInnen und deren Werke vorstellt www.fmq.fi Finnish Music Quartely www.riikkatalvitie.com Webseite der Komponistin Riikka Talvitie www.saariaho.org Webseite der Komponistin Kaaija Saariaho 5. Abbildungsverzeichnis Portrait Jean Sibelius: Daniel Nüblin (www.wikipedia.de) Portrait Einojuhani Rautavaara: Clestur (www.wikipedia.de) Portrait Kaaija Saariaho: Prisca Ketterer (www.polarmusicprize.org) Portrait Riikka Talvitie: Maarit Kytöharju (www.riikkatalvitie.com) Portrait Jukka Linkola: privat Abrufdatum jeweils 10.05.16 23