hot spot key west

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hot spot key west
h o t s po t ke y w e s t
American Way
of Life &
karibisches Flair
Fotos: Jürgen Bieniek, fla-keys.com
Der Flughafen von Miami liegt nun schon 90
Minuten Autofahrt hinter einem. Der Fahrer des
Shuttlebus hat gerade den vorletzten Touristen in
seinem Resort auf Islamorada abgesetzt. Jetzt geht
es auf dem Highway No.1 ohne weiteren Stopp
zum Ziel der Reise: Key West. Die südlichste
Stadt der USA liegt am Ende der Florida Keys,
die sich wie auf einer Perlenkette aufgereiht von
der Südspitze Floridas Richtung Kuba erstrecken.
Von Key West sind es nur noch 90 Meilen bis zu
Castros Insel.
Die Fahrt mit dem Shuttle von Miami bis Key
West ist nach neun Stunden Flug nicht gerade der
bequemste Weg ans Ziel – aber der schönste allemal. Führt der Highway doch vorbei an tropischgrünen Landschaften, durch Mangrovensümpfe
und auf Stelzen immer wieder über türkisblaues
Wasser von einem Eiland zum nächsten. Die
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Die letzte bewohnte Insel der
Florida Keys und der südlichste
Zipfel der USA sind seit jeher
ein Hort individueller Freiheiten. Nicht von ungefähr entstand in Key West ein schwules
Mekka.
__Jürgen Bieniek
Fahrt über die Seven Miles Bridge, das Postkartenmotiv schlechthin, bleibt im Gedächtnis
haften.
Nach weiteren vier Stunden – man kann auch
den Flieger von Miami nehmen – ist Key West
erreicht. Mit seinen knapp 30.000 Einwohnern
wirkt das schmucke Städtchen aus palmenumsäumten Holzhäusern eher beschaulich und
gediegen. Die Touristen, die in Scharen kommen
und das Geld bringen, konzentrieren sich zum
Glück nur an bestimmten Stellen, zu bestimmten
Zeiten. Etwa auf dem Mallory Square, wenn die
Sonne im Meer versinkt und man sich verwundert die Augen reibt ob der Massen an Touristen.
Doch schon wenige Meter abseits in den Seitenstraßen der Duval Street, der belebtesten Straße
mit zahllosen Shops, Restaurants und Bars, geht
es seltsam ruhig und gelassen zu. Selbst Fahrrad-
wege sind hier angelegt, und das will was heißen
im Land des unbegrenzten Autowahns.
Key West zog schon immer
Künstler und andere Exzentriker in seinen Bann
In Key West ticken die Uhren anders. Das
spürt man irgendwie sofort. Die Insel hat schon
immer Exzentriker, Künstler, Schriftsteller und
außergewöhnliche Zeitgenossen angezogen.
Ernest Hemingway war einer von ihnen und
Tennessee Williams. Der bekannte homosexuelle
Schriftsteller wurde hier 1979, aufgehetzt durch
einen fanatischen Baptistenprediger, Opfer eines
antischwulen Überfalls durch Jugendliche. Vor
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Pflichtprogramm: eine Stadtrundfahrt
mit den putzigen Trolley-Cars
Überschaubar und paradiesisch:
das Schwulenmekka an der südlichsten
Spitze der USA
dem Wohnhaus von Williams dürfen Touristenbusse bis heute nicht anhalten, um einen Blick
auf sein Anwesen zu werfen – so wollen es die
Erben. Nur die schwule Stadtrundfahrt hat dazu
die Erlaubnis.
Für Homosexuelle wurde Key West schon vor
der allgemeinen Emanzipation zum Hort der
individuellen Freiheit. Die Stadt wirbt mit dem
Slogan „One Human Family“ und will damit zum
Ausdruck bringen, alle Menschen mit Respekt
und Würde zu behandeln. Es verwundert nicht,
dass der homosexuelle Anteil unter den Einwohnern auffällig hoch ist. Schon früh haben sich
Schwule und Lesben zusammengeschlossen, um
politisch und wirtschaftlich Einfluss zu nehmen.
Die „Key West Business Guild“ ist der älteste
Verband homosexueller Gewerbetreibender in den
USA und hat in den vergangenen 20 Jahren das
Image der Insel entscheidend mitgeprägt. Ohne
den Verband hätte man den Begriff des Gay
Marketing wohl erfinden müssen. Noch heute
sind Charity-Veranstaltungen der Business Guild
Termine, bei denen Bürgermeister und Lokalpolitiker nicht fehlen dürfen. Key West dürfte wohl
auch die einzige Stadt in den USA sein, die sich
seit vielen Jahren einen fest angestellten schwulen
Tourismuswerber leistet.
Mal mit mehr, mal mit weniger Erfolg. Seit
Miami und vor allem Fort Lauderdale massiv um
schwule Touristen werben, sind Besucherzahlen
und Übernachtungen auf Key West zurückgegangen. Immer mehr Amerikaner aus dem Mittleren
Westen und von der Ostküste, aber auch Touristen aus Europa zieht es nach Miami oder Fort
Lauderdale, wo es kilometerlange Strände gibt.
Mit seinen Mini-Beaches hat Key West diesbezüglich einen klaren Standortnachteil. Außerdem
liegen die Keys voll in der Hurricanzone, womit
ein Urlaub in der Sturmsaison zwischen Juni und
November zum Wagnis werden kann.
Die Szene ist überschaubar,
Bar-Hopping jederzeit möglich
Wer des schwulen Vergnügens wegen nach Key
West reist und Verhältnisse wie auf Gran Canaria
vor Augen hat, könnte unter Umständen enttäuscht sein. Gemessen am Bevölkerungsanteil
und an der Imagewerbung als Schwulenmekka
bleibt die Szene mit fünf Bars und zwei Danceclubs tatsächlich überschaubar. Andererseits:
Welche Kleinstadt mit 30.000 Einwohnern hat
schon sieben schwule Locations, darunter einige,
die es locker mit Bars in Amsterdam oder Berlin
aufnehmen könnten?
Die populärste Bar ist der „Bourbon Street
Pub“ auf der Duval Street. Die große Bar mit
Tanzfläche und einem Poolgarten ist Abend
für Abend gerammelt voll. Die Attraktion sind
GoGo-Dancer, die sich gegen ein paar Scheine,
die man in den Slip steckt, auch schon mal gänzlich ausziehen und dabei manchmal nicht ohne
Erregung bleiben. Schräg gegenüber befindet sich
die kleinere Bar „Kwest“. Am Wochenende findet
hier regelmäßig ein „Dick-Contest“ statt. Gäste
stecken anonym ihren Dödel durch einen großen
Ausschnitt in der Bühnenwand und das Publikum
bestimmt per Applaus den Sieger für die beste
Schwanz-Performance. Wer gewinnt, geht mit 50
Dollar für sein bestes Stück nach Hause. Durchaus amüsant und mal was anderes als immer nur
die gleichen Videos anzuschauen. Lohnenswert
ist auch ein Besuch im „La Te Da“, Restaurant,
Kabarett und Bar in einem. Wer gerne tanzt,
geht ins „Aqua“ auf der Duval Street oder in den
Danceclub „Bobby’s Monkey“ zwei Blocks weiter.
Das Gute an der Szene in Key West: Alle
Läden sind nur wenige Schritte von einander
entfernt, so dass man den ganzen Abend über
stets wechseln kann. Und noch was: Aufgrund
der schwülen Hitze läuft jeder hier ziemlich leger
herum, Flipflops in den Bars sind kein Problem.
Gästehäuser mit Pools werden
zu Szenetreffs
Zahlreich sind die schwulen Gästehäuser. Von
Standard bis Luxus ist alles dabei. Hier spielt
sich – je nach Zahl und Herkunft der Gäste
unterschiedlich intensiv – schwules Leben in
abgeschotteten Zirkeln ab. Manche Anlagen veranstalten hin und wieder Partys, zu denen auch
Nichtgäste Zutritt haben. Das „Island House“
verfügt als einziges über einen voll ausgestatteten
Darkroom sowie ein Fitnessstudio. Gerammelt
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voll ist es, wenn hier Partys stattfinden. So auch
im „Equator House“, wo hin und wieder der DJ
der lokalen schwulen Radiostation auflegt und
seine Sendung live aus dem Pool moderiert.
Überhaupt: Mangels geeigneter Strände spielt
das Leben in den Gästehäusern rund um den
Pool eine zentrale Rolle. Hier verbringt man den
Tag, den Abend und mitunter die ganze Nacht.
Hier flirtet man und verabredet sich zum Sex,
ganz unkompliziert und locker. Es gibt Urlauber,
die kommen seit Jahren hierher und sehen eine
Woche lang nichts als den Pool ihrer Anlage. Dass
man auf Key West auch noch anderes erleben
kann, haben sie immerhin gehört – und sich jedes
Mal vergebens vorgenommen, das dann auch zu
tun. Das Phänomen kennt man auch von Gran
Canaria-Urlaubern, die schon zum zehnten Mal
auf der Insel sind und selbige noch nie wirklich in
Augenschein genommen haben.
Auf Key West braucht man nicht einmal
ein Auto, um die Insel zu erkunden. Mit dem
Fahrrad kommt man überall bequem hin. Das
Hemingway-Haus gehört sicher zu den touristischen Attraktionen, ebenso das „Butterfly
House“. Dort läuft man in einem tropischen
Gewächshaus herum und wird von über 1.000
Schmetterlingen umschwirrt. Auf so eine Idee
Sandstrände sind selten auf Key
West. Die meisten sind künstlich
angelegt.
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können nur Schwule kommen, und in der Tat sind die Betreiber
ein schwules Pärchen.
Empfehlenswert ist auch die schwule Stadtrundfahrt mit dem
„Gay Trolley“, die traditionell samstags um 11 Uhr startet und
interessante Geschichten wie Anekdoten zur schwulen Geschichte
von Key West vermittelt, wie sie in keinem Reiseführer zu finden
ist.
Karibikfeeling, wie man es aus dem
Bilderbuch kennt
Ein besonderes Erlebnis ist die Fahrt mit einem Katamaran
– selbstverständlich unter US-Flagge und Regenbogenfahne. Ziel
sind mehrere Tauchgründe vor Key West, wo man beim Schnorcheln die ganze Vielfalt der Meeresfauna zu sehen bekommt. Mit
etwas Glück begegnet man sogar Meereschildkröten und Delphinen. Selbst Anfänger lernen schnell, wie man richtig schnorchelt
und werden für ihre Überwindung mit dem Anblick bunter Fische
und Korallen belohnt. Zwischendurch ankert der Katamaran auf
einer Sandbank, wo man im lauwarmen Wasser stehend planscht
und die Crew Erfrischungsgetränke serviert. Das hat was von Karibik, wie man sie aus dem Bilderbuch kennt.
Ein Muss ist auch der Ausflug auf die allerletzte Insel der Keys:
Dry Tortugas. Rund 60 Meilen fährt man mit dem Speedboot in
den Golf von Mexiko, bis man auf dem Eiland landet, das seinen
Namen hier brütenden seltenen Meeresschildkröten verdankt. Man
kann dort das alte, verfallene Fort Jefferson aus dem 18. Jahrhundert besichtigen, viel interessanter ist jedoch die außergewöhnliche
Artenvielfalt im Meer. Wer hier nicht schnorchelt, ist selber schuld!
Nicht umsonst ist das Meer rund um Dry Tortugas seit langem als
Nationalpark ausgewiesen. In der Regel gelangen Touristen nur zu
Tagesbesuchen auf die Insel.
Und zu guter Letzt sollte man sich mal mit einem Cocktailglas
in der Hand einen Sonnenuntergang auf dem Meer genehmigen
– mit schwulen Männern allein auf dem Katamaran, versteht sich
von selbst.
Die durchschnittliche Verweildauer eines US-Touristen auf Key
West beträgt in der Regel eine Woche, was hauptsächlich daran
liegt, dass Amerikaner viel weniger Urlaub haben als wir Deutsche.
Eine Woche reicht aber auch dicke aus, um Key West kennenzulernen. Den Resturlaub könnte man dann ja in Miami oder Fort Lauderdale verbringen. Soll ganz anders sein als am südlichsten Zipfel
der USA.
Unter amerikanischer Flagge und der
Regenbogenfahne segeln Schwule mit dem
Katamaran aufs Meer. Für Schnorchler und
Taucher ein Höhepunkt, für alle anderen ein
Mordsvergnügen.
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CHECK OUT
ALLGEMEINES
Einreisebestimmungen Touristen
aus EU-Ländern benötigen für die
Einreise in die USA einen maschinenlesbaren Reisepass (bordeauxroter Pass), der mindestens noch
sechs Monate gültig ist. Reisepässe,
die nach dem 25. Oktober 2005 ausgestellt wurden, müssen zusätzlich
ein digitales Foto haben.
Beim Einchecken für den Flug müssen vollständige Angaben zum Aufenthaltsort in den USA gemacht werden, Touristen müssen die Adresse
ihres Hotels angeben (vorher notieren!). HIV-Infizierte sollten sich bei
der Deutschen Aidshilfe darüber informieren, wie sie am besten in die
USA einreisen, ohne ihre Infektion
anzugeben. HIV gilt als sexuell übertragbare Krankheit und ist damit ein
Grund für die Verweigerung der Einreisegenehmigung.
Wetter Das Klima ist subtropisch
und damit ganzjährig warm. Von Mai
bis Oktober ist es heiß und schwül,
es kann öfters regnen. Dezember bis
März sind die besten Reisemonate,
Juni bis November ist Hurricansaison. Durch die hohe Luftfeuchtigkeit
liegen die gefühlten Temperaturen
meist höher als die tatsächlichen.
HINFLIEGEN
Zahlreiche US-Airlines fliegen von
Frankfurt und München nach Miami,
dort steigt man um nach Key West.
Man kann aber auch den Shuttlebus
vom Flughafen Miami nach Key West
nehmen, der rund vier Stunden für
die Fahrt benötigt. Die holländische
Fluggesellschaft MARTINAIR fliegt
mehrmals wöchentlich zu günstigen
Tarifen von Amsterdam nach Miami,
martinair.com
Die Chartergesellschaften LTU (ltu.
de) und CONDOR (condor.de) fliegen
ebenfalls von Deutschland nach Miami und bieten Anschlussflüge nach
Key West an.
ÜBERNACHTEN
Auf Key West gibt es zahlreiche
Hotels und Gästehäuser. Es gibt
niemanden, der Schwule abweisen
würde, etwa zwei Dutzend richten
sich überwiegend an schwule Urlauber. Hier eine Auswahl:
• CYPRESS HOUSE, Caroline St.
601, cypresshousekw.com • ALEXANDERS GUESTHOUSE, Fleming
St. 1118, sehr anspruchsvoll und
gehobenens Ambiente, auch Lesben, alexghouse.com • EQUATOR
HOUSE, Fleming St. 818, sehr schöne Anlage, obere Mittelklasse, in
Fußnähe zu den Schwulenbars, equa
torresort.com • ISLAND HOUSE,
sehr beliebt und meist gut belegt,
Fleming St. 1129, islandhousekey
west.com • BIG RUBY’S GUESTHOUSE, Applerouth Lane 409, sehr
szenenah, bigrubys.com
SZENE
BARS/CLUBS • BOURBON STREET
PUB, Duval St. 724, die populärste
Location mit 5 Bars, Tanzfläche und
Poolgarten, tgl. 12-4 h • KWEST,
����
Duval 705, tgl. 15-4 h, Shows ab 22 h
• LA-TE-DA, Duval 1125, tgl. ab
12 h • VIRGILIO’S, Duval 524 • 801
BOURBON BAR, Duval 801 • AQUA
DANCE, Duval 711, tgl. 12-4 h •
BOBBY’S MONKEY BAR, Danceclub,
Simonton St. 900
RESTAURANTS • ANTONIA’S, Duval
615, sehr leckere italienische Küche,
gehobene Kategorie, antoniaskey
west.com • SARABETH’S, Simonton
St. 530/Ecke Southard, wechselndes
Speisenangebot, leckeres Frühstück, sarabeth.com
AKTIVITÄTEN • BLUE Q, schwule
Touren mit dem Katamaran – u.a.
Sonnenuntergang, Schnorcheltouren, Kayaking, Partyfahrten, Infos
unter CaptainSteveKW.com • GAY
TROLLEY TOUR, Abfahrt jeden Samstag um 11 Uhr in der South Street 512
(gegenüber Atlantic Shores Resort)
INFOS I WEB
Infos über die Schwulenszene, u.a.
eine Gay Map von Key West, erhält
man an mehreren Info-Kiosken auf
der Duval Street sowie im GAY & LESBIAN COMMUNITY CENTER, Truman
Ave. 513, glcckeywest.org oder gay
keywestfl.com • touristische Infos
gibt es unter keywestattractions.
org oder unter flakeys.com. • Im Oktober findet alljährlich das „Fantasy
Fest“ statt, eine Art Karnevalsumzug, zu dem Tausende von Besuchern strömen, Infos unter fantasy
fest.net
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