Metalworking World 3/2011
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Metalworking World 3/2011
Gehirn Online: Macht uns die moderne Technik dumm? 3/11 Das Wirtschafts- und Technologiemagazin von Sandvik Coromant Kanada: Glücklich gelandet Fertigung: Grünes Licht für hohe Geschwindigkeit Innovation: Wolfgang Hütter, Werksleiter bei Voith Turbo in Heidenheim. Wie sieht die Windkraft von morgen aus? Deutschland: Bahnbrechende Technologie für das Verzahnungsfräsen Für den Erfolg bestens geschult editorial Kenneth V Sundh, Präsident Sandvik Coromant Engagement, Teamwork und Ehrgeiz Erfolg ist das Ergebnis von beruflichem Engagement und der Fähigkeit, mit den richtigen Leuten zusammenzuarbeiten. Wolfgang Hütter, Werksleiter beim deutschen Maschinenhersteller Voith, ist ein Beweis dafür. Es war kein Zufall, dass diese erfahrene Führungskraft mit der Planung von Voiths neuer Fabrik in Heidenheim zur Herstellung von Getrieben für Hochgeschwindigkeitszüge beauftragt wurde. Auf Seite 10 berichten wir ausführlich, wie sich Hütter mit Leib und Seele diesem Projekt widmete. Inspiriert von der Fließbandfertigung in der Autoindustrie hat er eine Fabrik geschaffen, in der die teuren Spezialmaschinen das Produktionstempo bestimmen und alles bis zum kleinsten Bauteil sorgfältig durchkalkuliert ist. Hütter wusste allerdings, dass er für die erfolgreiche Durchführung seines Projekts die Hilfe von Experten brauchte. So entwickelte er zusammen mit dem Werkzeugmaschinenhersteller Heller und Sandvik Coromant ein neues Verfahren für die Fertigung von Kegelrädern auf 5-Achs-Bearbeitungszentren. Die so genannte uP-Gear® Technology ist inzwischen patentiert. Clever agierte auch der kanadische Fahrwerkhersteller Messier-Bugatti-Dowty. Als die Kunden Boeing und Airbus nach leichteren Bauteilen verlangten, nutzte er die globale Organisation von Sandvik Coromant für die Entwicklung einer optimalen Lösung dieses Problems. Sandvik Coromant-Experten aus Kanada, Frankreich, Deutschland und Mexiko waren in den Prozess involviert und lieferten schließlich Ergebnisse, die alle Erwartungen übertrafen. Auf Seite 22 erfahren Sie mehr darüber. Das sind nur zwei Beispiele, die belegen, dass 2 metalworking world „Hütter wusste, dass er für die erfolgreiche Durchführung seines Projekts die Hilfe von Experten brauchte.“ der Weg zum Erfolg auf Wissen, Partnerschaft und Zusammenarbeit basiert. Besuchen Sie uns auf der EMO in Hannover. In unserem Smart Hub präsentieren wir die neuesten Entwicklungen in verschiedenen Bereichen und zeigen Ihnen, wie wir gemeinsam neue Lösungen finden können, die Sie auf Erfolgskurs bringen. Nach diesem Besuch, davon sind wir überzeugt, werden Sie besser gerüstet sein, um Ihre Fertigungsprozesse zu optimieren und ihre Gewinne zu steigern. Ich hoffe, wie sehen uns dort! Viel Spaß bei der Lektüre. Kenneth V Sundh Präsident Sandvik Coromant Metalworking World ist das Wirtschafts- und Technologiemagazin von AB Sandvik Coromant, 811 81 Sandviken, Schweden. Tel: +46 (26) 26 60 00. Metalworking World erscheint dreimal im Jahr in amerikanischem und britischem Englisch, Chinesisch, Dänisch, Deutsch, Finnisch, Französisch, Italienisch, Japanisch, Koreanisch, Niederländisch, Polnisch, Portugiesisch, Russisch, Schwedisch, Spanisch, Tschechisch, Thai und Ungarisch. Das Magazin ist für Sandvik Coromant-Kunden in aller Welt kostenlos. Herausgegeben von Spoon Publishing in Stockholm, Schweden. ISSN 1652-5825. Chefredakteurin und verantwortlich im Sinne des schwedischen Presserechts: Yvonne Strandberg. Kontakterin: Christina Hoffmann. Redaktionsleitung: Johan Andersson. Art Director: Emily Ranneby. Technikredakteur: Christer Richt. Weitere Mitglieder der Redaktion: Valerie Mindel, Geoff Mortimore. Koordination: Beate Tjernström. Sprachkoordination: Sergio Tenconi. Layout, Sprachausgaben: Eva Bengtson. Prepress: Markus Dahlstedt. Coverfoto: Christoph Papsch. Nicht angeforderte Manuskripte werden nicht akzeptiert. Nachdruck nur mit Genehmigung der Redaktion. Anfragen bitte an die Verantwortlichen der Metalworking World. In Artikeln vertretene Meinungen und Ansichten werden nicht notwendigerweise von Sandvik Coromant oder dem Herausgeber geteilt. Zuschriften erbitten wir an: Metalworking World, Spoon Publishing AB, Kungstensgatan 21B, 113 57 Stockholm, Schweden. Tel: +46 (8) 442 96 20. E-Mail: [email protected]. Vertriebsanfragen: Beate Tjernström, Sandvik Coromant. Tel: +46 (26) 26 67 35. E-Mail: [email protected] Druck: Sandvikens Tryckeri. Gedruckt auf MultiArt Matt 115 g/m2 und MultiArt Gloss 200 g/m2 von Papyrus AB, zertifiziert nach ISO 14001 und EMAS-registriert. Coromant Capto, CoroMill, CoroCut, CoroPlex, CoroTurn, CoroThread, CoroDrill, CoroBore, CoroGrip, AutoTAS, GC, Silent Tools und iLock sind von Sandvik Coromant eingetragene Warenzeichen. Wir schicken Ihnen gerne ein kosten loses Exemplar der Metalworking World. Schicken Sie dafür bitte Ihre E-MailAdresse an [email protected]. Metalworking World wird zu Informationszwecken herausgegeben. Die Informationen sind von allgemeiner Art und sollten nicht als Empfehlung betrachtet oder als Grundlage für Entscheidungen oder spezifische Anwendungen genutzt werden. Die Nutzung der Informationen geschieht auf eigenes Risiko. Sandvik Coromant kann für direkte und indirekte Schäden sowie für Schadensnebenkosten und Folgeschäden, die aus der Anwendung von Informationen dieser Publikation entstehen, nicht haftbar gemacht werden. Inhalt 10 22 Mit einem neuen patentierten Verfahren hat sich Voith Turbo einen Namen gemacht. Produktivitätssteigerung bei kanadischem Fahrwerkhersteller durch globale Zusammenarbeit. 27 Beeinträchtigen moderne Systeme unser Denkvermögen? Streiflicht: Neues aus der Zerspanungsindustrie....................4 Machen intelligente Systeme die Menschen dumm?..........27 Deutsche Innovatoren........10 Chinas Werkzeug zum Erfolg...............................34 Die große Zukunft der Windkraft......................... 17 Die Lösung..............................38 Internationale Hilfe für kanadisches Problem...........22 17 Wie sehen die Windkraftwerke der Zukunft aus? Technik In der Ruhe liegt die Kraft Produktivitätsverluste durch Vibrationen führten zur Entwicklung einer neuen Generation schwingungsgedämpfter Silent Tools-Fräsadapter. 20 Harte Schale PVD-beschichtete Werkzeuge reduzieren dank höherer Schnittgeschwindigkeiten die Taktzeiten und ermöglichen so die Fertigung einer größeren Anzahl von Werkstücken in kürzerer Zeit. Das ebnet den Weg für gewaltige Kosteneinsparungen. 32 Langlebiges Hartmetall Eine neue Generation von Vollhartmetall-Bohrern und Geometrien verbessert Spankontrolle, Produk tivität und Werkzeugstandzeiten. 37 metalworking world 3 Energie. In den USA könnten Haushalte schon bald ihren Strombedarf mit Energie aus dem Tidenhub decken. Der New Yorker Energieversorger Verdent Power will 30 neue Gezeitenkraftwerke im östlichen Arm des East River installieren. Die Turbinen funktionieren weitgehend wie Windturbinen, nur dass sie die Energie aus der Wasserströmung gewinnen. Obwohl die Gezeitenkraftwerke nicht so groß sind wie Wind- oder Wellenkraftwerke, können sie im Jahr theoretisch bis zu 110 Terawattstunden produzieren, was der Energieproduktion von rund zwölf großen Kernkraftwerken entspricht. Nach einem kürzlich im Christian Science Monitor veröffentlichten Bericht wird es die erste Installation von Gezeitenkraftwerken in den USA sein. n Neuer Reisetrend Kris Unger/Verdan t Power Im östlichen Arm des New Yorker East River sollen Gezeitenkraftwerke installiert werden. Neuer Präsident übernimmt das Ruder management. Am 1. September tritt Klas Forsström das Amt als Präsident von Sandvik Coromant an. Der 43-jährige arbeitet seit 17 Jahren im Sandvik-Konzern und hat in der Zeit verschiedene Posten in leitender Stellung vor allem bei Sandvik Coromant bekleidet, darunter in den Bereichen F&E, Produktentwicklung, Marketing, Geschäftsentwicklung und Vertrieb. Forsström verbrachte auch dreieinhalb Jahre in den USA als Geschäftsführer bei Dormer Tools, einem ehemaligen Tochterunternehmen, das kürzlich mit Sandvik Coromant zusammengeschlossen wurde. Zuletzt war er als Präsident bei Sandvik Hard Materials tätig. n 4 metalworking world Tourismus Das Weltall als Reiseziel, bisher nur Milliardären vorbehalten, könnte nach Ansicht von Adam Baker, Berater bei Rocket Engineering, schon bald erschwing licher werden. Im März informierte sich Baker auf einem Symposium zum Thema „Weltall tourismus – Neue Geschäftsmöglichkeit für das 21. Jahrhundert“ über die Fortschritte in diesem Bereich und die innerhalb der nächsten zehn Jahre zu erwartenden Veränderungen. Das Symposium fand an der britischen Staffordshire University statt und beleuchtete unter anderem die Technologien, die sichere Flüge ins Weltall in Zukunft möglich machen sollen. Baker zufolge soll es billigere Weltraumflüge schon ab 2012 geben. Er verweist dabei auf das Raumfahrtunternehmen Virgin Galactic, das bereits Anzahlungen für kurze Trips in die Erdumlaufbahn entgegen nimmt. Die Idee erfreut sich großer Beliebtheit: 410 Personen haben sich bisher angemeldet. n WUSSTEN SIE ... dass bei der Fertigung neuer Wendeschneidplatten der CO2-Ausstoß um rund 40 Prozent geringer ausfällt, wenn man recyceltes Hartmetall ver wendet, statt neues Eisenerz abzubauen? ATELIER Simon Umweltfreundlicher Verein Energie. Die Philadelphia Eagles haben zwar nicht den diesjährigen US Super Bowl gewonnen, dafür aber viel Lob für ihr fortschrittliches Umweltkonzept. Die Eagles wollen ihre Arena mit 67.000 Sitzplätzen vor Beginn der neuen Saison 2012 mit Windturbinen, Solarzellen und einem Biodiesel-Kraftwerk ausstatten und damit das erste selbstversorgende LeSean McCoy. Stadium in den USA schaffen, das allein mit erneuerbarer Energie auskommt. SolarBlue in Florida investiert 30 Millionen US-Dollar in das Projekt. Im Gegenzug haben sich die Eagles verpflichtet, ihre Energie die nächsten 20 Jahre von SolarBlue zu beziehen. n Drew Hallowell Gezeitenkraft NASA Quicktime Quicktime text: geoff mortimore foto: Dominic Favre Sonnen anbeter Bertrand Piccard verleiht der Wissenschaft einen Hauch von Abenteuer Keiner kann behaupten, Bertrand Piccard ruhe sich auf seinen Lorbeeren aus. Der jüngste Spross einer berühmten Pionierund Forscherfamilie hat einen Hochschulabschluss in Medizin, hält Vorträge und schreibt Bücher. 1992 machte er sich einen Namen, als er als erster Mensch die Erde in einem Heißluftballon in 19 Tagen umrundete. Piccards neueste Herausforderung ist ebenso kühn wie seine bisherigen Vorhaben. Mit dem Solar Impulse-Projekt möchte Piccard die Bedeutung der modernen Technik für eine nachhaltige Entwicklung hervorheben. Dabei geht es um den Bau des ersten Solarflugzeugs, mit dem er ohne Treibstoff völlig schadstofffrei einmal um die Erde fliegen will. Das Flugzeug soll allein durch Sonnenenergie angetrieben werden. Die Tests laufen seit 2006, und der Flug ist für 2013 geplant. Das Projekt zielt auch darauf ab, Träumen und Gefühlen wieder einen Platz in der Wissenschaft einzuräumen. Bei seinem Hintergrund könnte ihm dies durchaus gelingen. n metalworking world 5 Quicktime text: geoff mortimore foto: curtis comeau Bob Johnston ist Geschäftsführer bei Machine Tech CNC. „Die Bohrstange machte sich rasch bezahlt.“ Vier Fragen an Bob Johnston von Machine Tech CNC. Dank zwei neuer schwingungsgedämpfter Bohrstangen hat das Unternehmen viele neue Aufträge erhalten. Wie kommt das? Bei einem Auftrag war eine bestimmte Bohrungstiefe vorgeschrieben. Die Silent Tools-Bohrstangen ab 80 mm verfügen über ein einstellbares f1-Maß, mit dem Bohrungsbearbeitungen entsprechend angepasst durchgeführt werden können. Genau so etwas brauchten wir, ebenso wie eine Bohrstange, die eine größere Auskragung ermöglicht. Warum ist der Überhang so wichtig? Es kam vor allem darauf an, die Größe leichter am Schneidkopf anpassen zu können. Wir haben Aufträge, bei denen Bohrungen mit 102 mm Durchmesser und einer Tiefe von fast 1000 mm verlangt werden. Eine herkömmliche 100 mm-Bohrstange geht nicht in die Bohrung, aber eine 80-Millimeter-Bohrstange schon. Bisher waren mehrere Arbeitsschritte erforderlich, um eine 102 mm-Bohrung zu erstellen. Jetzt kommen wir mit einem aus. Was war das Ergebnis? Wir konnten einen wesentlich wettbewerbsfähigeren Preis anbieten, weswegen unser Auftragseingang drastisch zugenommen hat. Die Bohrstange ist bei uns seit vier Jahren täglich im Einsatz und hatte sich bereits nach vier Monaten bezahlt gemacht. Wir sind mit den Ergebnissen so zufrieden, dass wir in eine zweite Bohrstange investiert haben. Was stellt Ihr Unternehmen her? Wir fertigen Komponenten ähnlich der Hydraulikzylinder für die Erdölindustrie. Unsere Abnehmer sind vor allem Unternehmen, die bei der Erdölgewinnung in Bohr- und Frackingprozesse (Prozesse, bei denen Wasser und Sand unter hohem Druck in vorhandene Bohrlöcher gepumpt werden) involviert sind. n Machine Tech CNC mit Sitz im kanadischen Edmonton beschäftigt auf seinem 4.200 Quadratmeter großen Fabrikgelände rund 65 Mitarbeiter. 6 metalworking world Quicktime Neue Option für MAG & GL-Maschinen! Werkzeugmaschinen. Dank einer im April 2010 besiegelten Partnerschaft steht Coromant Capto jetzt auch für MAG G&L-Maschinen zur Verfügung. In Zusammenarbeit mit Sandvik Coromant konstruiert, baut und vertreibt MAG G&L eine Coromant Capto-Option für eine neue Vertikal-Drehmaschine. Die Option umfasst eine C8-Spanneinheit für die Hauptspindel, eine nicht-rotierende C8-Spanneinheit für Drehbearbeitungen und eine C8-Spannheinheit in abgewinkelter Ausführung. Laut Helene Nimmer, Global Product Leader bei MAG, bietet das Abkommen mehr Möglichkeiten für Fertigungsunter- nehmen und sorgt für Einsparungen. „Das modulare Werkzeugsystem hat ein erhebliches Kostensenkungspotenzial, weil ein breiteres Spektrum von Aufträgen ohne Einsatz von kundenspezifischen Werkzeugen durchgeführt werden kann“, erklärt sie. „Mit dem Coromant Capto-System sind unsere Kunden in der Lage, ein einziges System von Standardwerkzeugen und Adaptern für Werkzeuge unterschiedlicher Längen und Ausführungen in einer Vielzahl von Anwendungen und Maschinen einzusetzen.“ n Millionen verfolgten die Rettung der chilenischen Bergarbeiter Helene Nimmer, Global Product Leader bei MAG. Unerwartete Rettungshilfe Pool Bohren. Die weltweit gerühmte Rettung der chilenischen Bergarbeiter im letzten Jahr erlebten Millionen von Menschen am Bildschirm. Präsident Barack Obama lobte in seiner diesjährigen Rede zur Lage der Nation den Einsatz des in Pennsylvania ansässigen Pressluftbohrerherstellers Center Rock bei dieser Rettungsaktion. Der Geschäftsführer des Unternehmens, Brendan Fisher, war selbst vor Ort in Chile und bohrte zusammen mit anderen Helfern in Viertagesschichten einen 610 Meter tiefen Schacht zu den Bergarbeitern, die nach 37 Tagen befreit werden konnten. Fisher sagte später, der CoroDrill 800 Ejectorbohrer sei ein entscheidender Teil des bei den Bohrarbeiten verwendeten Werkzeugs gewesen und lobte dessen Stärke und Zuverlässigkeit. n Erfolgreiches Recycling Vor einigen Jahren eröffnete die LKM Group in Heyuan City in der chinesischen Provinz Guangdong eine Fabrik. Heyuan (was „Quelle des Flusses“ bedeutet) ist als „grüne Stadt“ von nationalem Interesrecycling. Trotz schwieriger se konzipiert und legt größten Wert auf Umstände macht das Recyclingkonzept den Schutz der Umwelt. Dazu gehört von Sandvik Coromant (CRC) in auch das Recycling Großchina seit seiner von Abfallstoffen. Einführung vor fünf Da Chinas RecycJahren beträchtliche lingmarkt weit Fortschritte, nicht gehend unreguliert zuletzt bei der LKM ist, wandte sich die Group, einem der LKM Group an weltweit bedeutendsten Das Werk der LKM Group in Sandvik Coromant, Akteure im Formenbau. Heyuan City. als rund 9,5 Tonnen Abfallprodukte der Rückgewinnung zugeführt werden sollten. Im Rahmen eines Abkommens sammelt Sandvik Coromant nun verbrauchte Wendeschneidplatten und Hartmetallwerkzeuge ein, um sie auf umweltschonende Weise zu recyceln. n Höhenflug auf australischer Luftfahrtshow Messen.Die Besucher der diesjährigen Australian International Airshow, dem größten Luftfahrt-Event Australiens, konnten sich nicht nur über neue Produkte aus der Luftfahrt informieren, sondern auch über innovative Zerspanungslösungen von Sandvik Coromant. Auf der sechstägigen Ausstellung im März versammelten sich Piloten, Flugzeugbesitzer und Luftfahrtenthusiasten, um die über 600 Aussteller aus allen Teilen der Welt zu besuchen. Massimo Merlini Sandvik Coromant präsentierte seine jüngsten Entwicklungen. „Wir fanden, es war eine gute Gelegenheit, um für unsere Marke zu werben und unser Engagement für diese Branche hervorzuheben.“, sagt Greg Bennett, Verkaufsleiter für den Bereich Luftfahrt bei Sandvik Coromant. Rechtzeitig zur Eröffnung der Luftfahrtshow lancierte Sandvik Coromant eine Reihe von Hartmetall-Handbohrern für die Erstellung von Schraub- und Nietbohrungen in kohlefaserverstärkten Kunststoffen und MetallSchichtverbunden. n Quicktime Unkonventionelle Lösung Fräsen. Defendi Italy, mit Sitz in Camerano in der Nähe von Ancona an Mittelitaliens Ostküste, stellt Brenner und Ventile für Gasherde her und exportiert sie in alle Teile der Welt. Das Unternehmen betreibt Forschung, Entwicklung, Konstruktion und Fertigung. Dazu gehören auch Zerspanungs prozesse. Seit Jahren war das Schlichten von Ventilen für Gashähne wegen der allzu langen Rüstzeiten ein Engpass in der Produktion. 2010 beschloss Defendi, zur Steigerung der Produktivität die Effizienz der Schlichtoperationen zu Paolo Luchetta, verbessern, und wandte sich an Produktionsleiter Sandvik Coromant. bei Defendi Die Spezialisten von Sandvik Coromant schlugen eine unkonventionelle Lösung vor: Die Vollhartmetall-Werkzeuge sollten gegen eine modifizierte Variante der CoroMill 316 Fräser mit auswechselbaren Schneidköpfen ausgetauscht werden, die sich noch leichter und schneller wechseln lässt und so den besonderen Arbeitsbedingungen vor Ort gerecht wird. Obwohl Sandvik Coromant für die Zuverlässigkeit und Beständigkeit der modifizierten Werkzeuge nicht garantieren konnte, drängte Defendis Produktions leiter, Paolo Luchetta, darauf, die Lösung zu testen. „Wer die Produktivität drastisch t r o ma n Mi t C o e r ü s t e t e ausg f C ap t o ind au inen s hen! h c s a M e O zu s de r E M Auf dem Weg zum Erfolg steigern will, muss für neue Ideen offen sein“, sagt er, „und manchmal erweist sich ein unkonventionelles Konzept als die beste Lösung für den jeweiligen Zweck.“ Der Test ergab eine Verkürzung der Rüstzeit und beträchtliche zeitliche und finanzielle Einsparungen. Alle Ergebnisse wurden von einem Productivity Analyzer dokumentiert. n Weitere Informationen über Defendi auf www.defendi.it. Defendi entwickelt und fertigt Brenner und Ven tile für Gasherde. Fest im Griff! Das deutsche Unternehmen Höfler Maschinenbau wählt neue Standardaufnahme. 3. 2. Höfler und Sandvik Coromant haben eine strategische Partnerschaft eingeleitet. Warum? Wir haben erkannt, dass unsere Maschinen durch die Zusammenarbeit mit einem modernen und innovativen Werkzeughersteller noch effizienter werden können. Das führt zu völlig neuen Prozessen bei der Bearbeitung von Zahnrädern. Die neue Coromant Capto-Schnittstellenaufnahme ist Höflers neuer Standard. Warum? Unsere Fräsmaschinen haben Hochleistungs-Fräsköpfe, die mit hohem Drehmoment arbeiten. Die polygonförmige Schnittstelle des Coromant Capto verhindert, dass der Fräserdorn überlastet und beschädigt wird. Was ist Ihre Stärke beim Verzahnungsfräsen? Die Möglichkeit, Zahnräder im Großmodulbereich ohne Kühlschmierstoff zu bearbeiten, ist ziemlich einzigartig. Die heißen Späne bleiben nicht einfach irgendwo liegen, sondern landen aufgrund des speziellen Maschinendesigns direkt in einem Spanabfuhrsystem. Daraus ergeben sich enorme Produktivitätsgewinne. metalworking world MESSEN 2011 September 1. 8 emo. Die Besucher des Sandvik CoromantSmart Hubs auf der diesjährigen EMO in Hannover erwartet ein erfolgsversprechendes Erlebnis der besonderen Art. Der Smart Hub B20 in Halle 5 ist wie eine Stadt mit verschiedenen „Stadtteilen“ aufgebaut, die bestimmte Themenschwerpunkte haben: Erfolgreiche Fertigung, Intelligente Lösungen und Innovationen. Die einzelnen Anwendungsbereiche sind entlang einer Hauptstraße aufgereiht, die die Besucher buchstäblich durch die neueste Werkzeugtechnologie führt. Ein wichtiges Thema sind die jüngsten Entwicklungen im Verzahnungsfräsen. Die Besucher sehen, wie der deutsche Maschinenbauer Voith gemeinsam mit Sandvik Coromant die „produktivste Fabrik der Welt“ aufgebaut hat. Lesen Sie mehr darüber auf Seite 10. n Welche sind Ihre größten Märkte? Asien, vor allem China. Hier liefern wir für viele der neuen Großprojekte bis zu 20 Fräs- und Schleifmaschinen pro Bestellung. Zu Höflers Kunden zählen auch bekannte und angesehene Getriebehersteller. 4. Dieter Grosch ist Leiter der Abteilung Anwendungsund Zerspanungstechnik bei Höfler. sUBCONTRACTING TRADE FAIR 13. –15. September Tampere, Finnland emo 19. –24. September Hannover, Deutschland International technical fair 26. September – 1. Oktober Plowdiw, Bulgarien Oktober toolex 2011 5. –7. Oktober Sosnowiec, Polen Canadian Manufacturing technology show 17. –20. Oktober Toronto, Kanada Quicktime illustration: volvo cars Organisierter Kolonnenverkehr In zehn Jahren ist es durchaus möglich, dass sich Autos auf Autobahnen in Konvois selbstständig fortbewegen. Die Fahrer könnten in der Zeit, statt sich auf die Straße zu konzentrieren, an ihrem Laptop arbeiten, ein Buch lesen oder einen Film ansehen. Das System wird in die Fahrzeuge eingebaut und erfordert keine umfangreiche Infrastruktur im befindlichen Straßennetz. Wenn die Route des Fahrers von der Route des Konvois abweicht, übernimmt er einfach die Lenkung seines Wagens, schert aus der Kolonne aus und setzt seine Fahrt zum Zielort als Einzelfahrzeug fort. Der Fahrer gibt seinen Zielort an und wird dann von einem Bordnavigationssystem zum nächsten Konvoi geleitet. Der Wagen schließt sich hinten an der Kolonne an, und das System übernimmt die Lenkung. Das Leitfahrzeug, zum Beispiel ein Bus, wird von einem professionellen Fahrer gelenkt, der über eine drahtlose Funkverbindung die Steuerung der Fahrzeuge im Konvoi übernimmt. Die anderen Fahrzeuge des Konvois schließen auf und setzen gemeinsam ihre Fahrt zu dem Ort fort, an dem sich der Konvoi auflöst. Das EU-Projekt SATRE arbeitet an der Entwicklung der Technologie für den organisierten Kolonnenverkehr. Damit soll der Verkehrsfluss beschleunigt, die Fahrtzeit verkürzt, der Fahrerkomfort verbessert, die Zahl der Unfälle verringert und der Kraftstoffverbrauch und damit der CO2-Ausstoß reduziert werden. n metalworking world 9 text: tomas lundin foto: Christoph Papsch Verzahnte Zusammen arbeit Heidenheim, Baden-Württemberg. Um sich in Chinas rasch wachsendem Segment der Hochgeschwindigkeitszüge zu positionieren, hat Voith Turbo „die flexibelste Fabrik der Welt“ gebaut und die Entwicklung bahnbrechender Technologien für die Getriebefertigung vorangetrieben. 10 metalworking world Kegelräder für Getriebe in Hochgeschwindigkeitszügen. Die Getriebe werden mit einer neuen patentierten Technik gebaut. metalworking world 11 Imaginechina/Corbis (Ganz oben) Ein Hochgeschwindigkeitszug auf der Strecke zwischen Shanghai und Hangzhou. (Darunter) Bernhard Krause, Fräsmaschinenbediener (links) und Heiko Niedergesäss, Monteur. nnn Wolfgang Hütter durchsucht den Dokumentenschrank und findet schließlich die meterlangen Papierrollen, auf denen die Maschinen der Fabrik dokumentiert sind. Hier ist alles fein säuberlich aufgeführt: Nutzungsraten, Rüstzeiten, Kosten pro Stunde, Materialfluss und die Arbeitszeiten der Bediener. Vor drei Jahren erhielt Hütter den Auftrag, die flexibelste Fabrik der Welt zu bauen. Diese Aufgabe erforderte einige grundlegende Überlegungen. „Es war das erste Mal, dass wir Fakten eingeholt und sorgfältige Vorarbeit geleistet haben“, erinnert sich der 50-jährige Hütter. „Früher hatten wir nur eine Vorstellung davon, wie alles funktionieren sollte.“ Hütter blickt auf eine lange berufliche Laufbahn zurück: Lehrling, Programmierer, Abteilungsleiter für Werkzeugtechnik und engagierter Innovator. In Abendschule studierte er Betriebswirtschaft und ließ sich von Toyotas Prinzip der Schlanken Fertigung und Henry Fords „OnePiece-Flow“-Konzept inspirieren, bei dem ein Arbeiter eine Abfolge von Aufgaben erledigt und das Werkstück von Maschine zu Maschine begleitet. Voith ist ein Maschinenbauunternehmen in Familienbesitz mit 40.000 Beschäftigten und einem Umsatz von 5,2 Milliarden Euro. Jedes zweite Blatt Papier in der Welt wird auf einer Voith Papiermaschine hergestellt, und ein Viertel der gesamten weltweit erzeugten Wasserkraft produzieren Turbinen und Generatoren von Voith. Außerdem baut das Unternehmen Dieselmotoren und Gelenkwellen für Züge sowie innovative Kraftübertragungslösungen für den rasch wachsenden Windenergiemarkt. Getriebe und Kraftübertragungstechnik gehören zu den strategischen Produktbereichen des Konzerns. Vor dem Bau der neuen Fabrik wurde alles in einem einzigen Werk gefertigt – von riesigen Getrieben für Schiffe, Bergbaumaschinen und Windturbinen bis zu kleinen Kegelradgetrieben für die Automobilindustrie. Einige große teure Maschinen hatten eine so geringe Nutzungsrate, dass die Werksleitung der Ansicht war, sie seien für den wettbewerbsintensiven chinesischen Markt zu ineffizient. NACH ANGABEN DER WELTBANK sind Chinas Ausgaben für Hochgeschwindigkeitszüge die größte Eisenbahninvestition in der Geschichte. Die erste Strecke wurde im August 2008 in Betrieb genommen. Auf der 117 Kilometer langen Verbindung zwischen Beijing und Tianjin erreichen die Züge über 300 Kilometer pro Stunde. Seitdem sind zehn weitere Hochgeschwin digkeitstrassen mit einer Gesamtlänge von 7.000 Kilometern hinzugekommen. Wenn 2012 die Strecke zwischen Beijing und Shanghai eröffnet wird (eine Investition von 28 Milliarden Euro), werden insgesamt 13.000 Kilometer Schiene für diese superschnellen Züge zur Ver fügung stehen. In der gleichen Zeit soll auch Chinas konventionelles Eisenbahnnetz um 20.000 Kilometer auf 110.000 Kilometer aus gebaut werden. Um mit dieser Entwicklung Schritt zu halten, beschloss Voith Turbo, in Mergelstetten eine neue Fabrik zu bauen. Hütter wurde zum Projektleiter ernannt und erhielt freie Hand, um ein völlig neues Denkmodell zu entwickeln. Rasch stand fest, dass die Fabrik auf Fließ fertigung basieren sollte, bei der die teuren Hauptmaschinen das Tempo bestimmen. In dieser Fabrik sollte auch die Fertigung kleiner Losgrößen bis hin zu einzelnen Getrieben immer noch rentabel sein. Eine Voraussetzung dafür ik. andv s f u bt A om gi c . t n a p corom ilmcli F n e n es ei rik ie Fab d r e üb Die neue Fabrik basiert auf Fließfertigung, bei der die teuren Maschinen das Tempo bestimmen. 12 metalworking world Wolfgang Hütter Wolfgang Hütter, 50, hat sein gesamtes Berufsleben im Voith-Konzern verbracht. Er begann als Lehrling und arbeitete später als Werkstattmechaniker. Im Zuge seines beruflichen Aufstiegs bildete er sich zum IT-Techniker aus und studierte Betriebswirtschaft. Hütter lebt im baden-württembergischen Heidenheim, dem Sitz der Hauptverwaltung von Voith, circa 90 Kilometer von Stuttgart. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder. metalworking world 13 Das Zahnrad ist Teil des Getriebes, das in der Fabrik gebaut wird. Für ein Zuggetriebe brauchte man früher sechs Monate von der Bestellung bis zur Auslieferung und heute nur noch zwei. 14 metalworking world Michael Skarka, Maschinenbediener an einer Heller MCH-350C Fräsmaschine. (Ganz oben) Manfred Uhl von Sandvik Coromant untersucht ein Fräswerkzeug. (Darunter) Manfred Uhl und Wolfgang Hütter schauen sich Zeichnungen der Fabrikanlage an. Voith im Überblick GEGRÜNDET: 1867 von dem Schlosser Johann Matthäus Voith. Er übernahm die Werkstatt seines Vaters mit fünf Mitarbeitern und baute zunächst Fertigungsmaschinen für die Holz- und Papierindustrie. BESCHÄFTIGTE: 40.000 UMSATZ 2009/2010: 5,2 Milliarden Euro BRANCHE: Einer der weltgrößten Hersteller von Maschinen und Anlagen für die Papierindustrie. Voith baut auch Diesellokomotiven, Kupplungen und Komponenten für Hochgeschwindigkeitszüge sowie Ausrüstung für die Windkraftindustrie. war die Nutzung von fünfachsigen Bearbeitungszentren statt der teuren Spezialmaschinen, die üblicherweise in der Getriebefertigung eingesetzt werden. Der Durchbruch kam, als Voith Turbo eine strategische Partnerschaft mit dem Werkzeugmaschinenhersteller Heller im süddeutschen Nürtingen einleitete und ein neues Verfahren für die Fertigung von Kegelrädern auf 5-Achs-Bearbeitungszentren entwickelte. Sandvik Coromant wurde als dritter Partner ins Boot geholt und konzipierte Werkzeuge und Bearbeitungsstrategien für die so genannte uP-Gear® Technology die inzwischen von Voith und Heller patentiert worden ist. „Sandvik Coromant war von Anfang an dabei und lieferte nicht nur maßgeschneiderte Werkzeuge, sondern auch Optimierungsvor- schläge und Ideen zur Maschinenausstattung und zu Fertigungsstrategien“, erzählt Hütter. Kenneth Sundberg von Sandvik Coromant in Düsseldorf leitet den Bereich Verzahnungsfräsen mit globaler Verantwortung. Obwohl das Unternehmen in der technisch anspruchsvollen Getriebebranche ein Newcomer ist, schaut Sundberg optimistisch in die Zukunft. „2009 trafen wir die strategische Entscheidung, uns auf die Getriebe fertigung zu konzentrieren“, meint er. „Zurzeit investieren wir massiv in die technische Entwicklung und den Kompetenzaufbau. Bis 2015 wollen wir weltweit eine Stellung als Technologieführer in der Getriebebranche erreichen.“ Michael Skarka ist Maschinenbediener in Mergelstetten und an einer Heller MCH-350-C Fräsmaschine eingesetzt, die mit Werkzeugen von Sandvik Coromant ausgestattet ist. In hohem Tempo werden hier Kanten geschliffen, Zahn lücken gefräst und Getriebewellen geschliffen. Früher dauerte der Prozess 5,5 Stunden und heute nur 2,5 Stunden, erzählt er. Es mache ihm Spaß, sagt der 34-jährige, an vorderster Front der technischen Entwicklung zu arbeiten. Hütter geht schnellen Schrittes durch die Fabrik und kontrolliert die Abläufe. „Keiner arbeitet so flexibel und effizient“, erklärt er stolz. metalworking world 15 Aus technischer Sicht Der Schwerpunkt der uP-Gear® Technology liegt auf kleinen bis mittleren Fertigungslosen. Dieser Abwälzfräser mit einer Wendeplattenlösung ist ein neues Konzept für den Großmodulbereich. Flexibel und wirtschaftlich Ein neues revolutionäres Verfahren macht es möglich, Kegelradgetriebe schneller und einfacher zu fertigen als bisher. Kegelradgetriebe werden in vielen Bereichen gebraucht – von Autos bis Industriemaschinen. Bisher konnten die Hersteller zwischen zwei verschiedenen Fertigungsmethoden wählen: teure und komplizierte Lösungen mit Spezialmaschinen oder mit Schaftfräsern, die zwar flexibel sind, aber die Produktivität hemmen. Die von Voith Turbo, Sandvik Coromant und Heller entwickelte Up-Gear® Technology ist eine bahnbrechende Neuerung. Sie basiert auf der Nutzung von fünfachsigen Bearbeitungszentren und kombiniert Flexibilität mit hoher Produktivität und Wirtschaft- lichkeit. Der Schwerpunkt liegt auf kleinen bis mittelgroßen Fertigungslosen. Die Lösung besteht aus einer Reihe von Fräswerkzeugen, die die Zahnlücke des Kegelrads öffnen und Schritt für Schritt im weichen Zustand in die gewünschte Form bringen. Nach der Bearbeitung des Kegelrads im weichen Zustand wird es gehärtet, geschlichtet und anschließend geschliffen, bevor es in das Getriebe eingebaut wird. nächste Entwicklungs Der schritt ist das Fräsen besonders harter Werkstoffe, die bisher „Das hier ist mein Baby, und mir fällt es schwer, mich fernzuhalten, sogar in meiner Freizeit!“ Die Ergebnisse haben alle Erwartungen übertroffen. War man früher mit einem Zuggetriebe sechs Monate beschäftigt, so dauert es heute von der Bestellung bis zur Auslieferung nur noch zwei Monate. Die Fabrik mit 15.000 Quadratmetern Produktionsfläche verfügt über 16 Kräne, die den Transport 16 metalworking world hauptsächlich durch Schleifen bearbeitet wurden. Laut Kenneth Sundberg, der bei Sandvik Coromant den Bereich Verzahnungsfräsen mit globaler Verantwortung leitet, lassen sich mit Hartfräsen so gute Ergebnisse erzielen, dass der Schleifprozess unter Umständen eliminiert werden könnte. Die Wendeplattenlösung von Sandvik Coromant für Abwälzfräser ist ein weiteres innovatives Konzept. Hartmetall-Wendeschneidplatten werden vor allem im Großmodulbereich (ab Modul 10 mit Zahnrädern ab 24 Millimeter, wie sie in der Bergbauund Windkraftindustrie vorkommen) von Maschinen und einen kompletten Umbau der Produktionshallen in kürzester Zeit ermöglichen. Dank des meterdicken Betonbodens im gesamten Werk können die Maschinen ohne Einzelfundamente in jeder beliebigen Konstellation aufgestellt werden. Im Dreischichtbetrieb werden hier 40 Getriebearten gefertigt. Ein umfassendes Schulungsprogramm mit über 400 Kursen, von denen einige sechs Monate dauerten, hat eingesetzt. Bisher standen sie jedoch für kleinere Zahnräder zum Beispiel von Getrieben in Nutzfahrzeugen, Landwirtschaftsmaschinen und Zügen (Modulbereich 5-8) nicht zur Verfügung. Gemeinsam mit Voith Turbo hat Sandvik Coromant eine Lösung entwickelt, die auch für die Fließfertigung geeignet ist. Die größte Herausforderung bestand darin, die mikrometergenaue Präzision zur Erfüllung der DIN-Normen zu erreichen. Der Abwälzfräser mit rund 60 spiralförmig angeordneten Schneiden erhöht die Produktivität um 50 Prozent verglichen mit herkömmlichen Technologien. n dafür gesorgt, dass die 120 Mitarbeiter heute in der Lage sind, bis zu neun verschiedene Maschinen auf dem Weg von der Fertigung des Werkstücks bis zur Endmontage zu bedienen. „Ich bin zu 90 Prozent zufrieden“, kommentiert Hütter und fügt lachend hinzu: „Aber wenn ein bodenständiger deutscher Techniker von 90-prozentiger Zufriedenheit spricht, entspräche das in anderen Ländern vermutlich 270 Prozent!“ n innovation Die Zukunft der Windenergie Text: Tomas Lundin Foto: Grimshaw/Wind Power Ltd. Zukunft im Aufwind Windenergie ist ein brandheißer Markt. Experten zufolge sollen bis 2020 jährlich zwischen 40.000 und 60.000 neue Windturbinen in Betrieb genommen werden. Aber wie werden sie in Zukunft aussehen? Windkraftwerke in Form von Gleitern, flatternden Paneelen und fliegenden Inseln mit enormen Auslegern? metalworking world 17 innovation Die Zukunft der Windenergie Ben Shepard Silentwindturbine.com Der von British Wind Power entwickelte Aerogenerator X hat eine Spannweite von 274 Metern. Das entspricht der Länge von drei Fußballplätzen. nnn Der von British Wind Power entwickelte Aerogenerator X sieht aus wie ein zweiköpfiges Seeungeheuer, dessen zwei lange Hälse V-förmig aus dem Wasser ragen. Oben befinden sich flügelähnliche Segel, welche die vertikale, auf einer schwimmenden Plattform montierte Turbine betreiben. Der Gigant hat eine Spannweite von 274 Metern, was ungefähr der Länge von drei Fußballplätzen entspricht. Der Aerogenerator X, an dessen Entwicklung Unternehmen wie BP, Caterpillar, Rolls-Royce und EON beteiligt waren, ist eines von mehreren konkurrierenden Projekten mit Fokus auf Größe, Massenproduktion und geringem Gewicht. Viele von ihnen befinden sich in der Anfangsphase und sind noch Jahre von der Marktreife entfernt. Das norwegische Unternehmen Sway macht sich die NordseeErfahrung der Erdölindustrie zunutze und baut Windenergie anlagen auf schwimmenden Türmen, die mit Ballast gefüllt und am Meeresboden flexibel verankert werden. Der Vorteil dieser Konstruktionen besteht darin, dass sie weiter draußen auf dem Meer und in tieferen Gewässern installiert werden können als Pfeiler, die in den Meeresboden gebohrt oder gerammt werden. Sways Windturbinen sollen an ihrem Standort 50 Kilometer vor der norwegischen Küste rund 20 bis 30 Prozent mehr Strom erzeugen, weil hier der Wind stärker und kontinuierlicher weht als in küstennahen Gebieten. Zurzeit werden Prototypen getestet. Die große Frage ist jedoch, ob die Technik für Turbinen von zehn bis 20 MW ausreichend stabil und zuverlässig ist. Noch futuristischer sind luftgestützte Windenergieprojekte wie das niederländische Power Plane. Das Windkraftwerk ist hier nur noch ein unbemannter Gleiter, der über ein Kabel mit einer Bodenstation verbunden ist. Energie wird erzeugt, wenn der Gleiter aufsteigt und das Kabel auszieht. Wenn er absinkt, wird das Kabel aufgerollt und ein neuer Zyklus beginnt. Die Windstatistik des niederländischen Wetteramtes zeigt, dass die Kapazitätsauslastung aufgrund des ständig starken Windes in größeren Höhen bei 60 Prozent liegen könnte, während sie bei herkömmlichen Turbinen nur etwa 30 Prozent beträgt. Auch die Fertigungskosten machen nur einen Bruchteil der Kosten für ein konventionelles Windkraftwerk aus. „Wir tauschen Stahl, Kupfer und Glasfaser gegen Mathematik, Software und Elektronik aus und ebnen so den Weg für neue Energieressourcen“, sagt Richard Ruiterkamp, Geschäftsführer 18 metalworking world Grimshaw/Wind Power Ltd. Der Prototyp einer geräuscharmen 500-W-Turbine in Chatham Maritime im Londoner Osten. Der von British Wind Power entwickelte Aerogenerator X hat eine Spannweite von 274 Metern. Das entspricht der Länge von drei Fußballplätzen. von Ampyx Power, dem Unternehmen, das hinter dem Power Plane-Projekt steht. Eine kommerziell nutzbare Lösung dürfte bis 2014 zur Verfügung stehen. In einem ersten Schritt wird man sich an Nutzer wenden, die nicht an das Stromnetz angeschlossen sind und heute ihren Strombedarf mit Dieselgeneratoren decken. Wenn dann erst das große 1-MW-System entwickelt ist, werden sich auch Energieversorger dafür interessieren. „Das höchste Ziel bei jeder Art von grüner Energie ist, sie billiger produzieren zu können als kohlebasierte Energie, und dieses Ziel möchten wir erreichen“, fügt Ruiterkamp hinzu. Visionäre wie Francis Charles Moon, Professor an der Cornell University in den USA, gehen noch einen Schritt weiter und präsentieren eine Hybridtechnologie bestehend aus vibrierenden Windkollektoren, die bei Nacht oder bei bedecktem Himmel Energie erzeugen, und Solarzellen, die bei sonnigem Wetter die Stromerzeugung übernehmen. Das Projekt nennt sich „VibroWind“ und kann Moon zufolge in drei bis fünf Jahren auf dem Markt eingeführt werden. Die Idee ist, sich in großen Städten den Wind zunutze zu machen, der zwischen den Wohn- und Bürohäusern weht. Viele dieser neuartigen Windturbinen sehen aus wie direkt aus Vibro-Wind will den Wind ernten, der in Großstädten zwischen den Häusern weht und ihn bei Nacht oder bei bedecktem Himmel zur Energiegewinnung nutzen. Bei sonnigem Wetter am Tag übernehmen Solarzellen diese Aufgabe. Das Rennen um Megawattleistung ist in vollem Gange. Gamesa in Spanien hat zusammen mit elf Windkraftunternehmen und Konstruktionsbüros das Projekt Azimut ins Leben gerufen. Ziel ist, bis 2020 eine Turbine von 15 MW bauen zu können. Sie wäre damit doppelt so leistungsfähig wie die größte heute im Einsatz befindliche Windturbine Enercon E-126. In einem ersten Schritt investieren die beteiligten Unternehmen bis 2013 25 Millionen Euro in die Entwicklung dieser Technologie. Das EU-Projekt UpWind setzt auf eine 20-MW-Turbine mit einem Rotordurchmesser von 200 Metern und einem Metern Länge und einem Gewicht von über 20 Tonnen rund sechs bis acht Tonnen Werkstoff abgetragen werden. „Der nächste Entwicklungsschritt sind OffshoreWindenergieanlagen, und das bedeutet noch größere und schwerere Komponenten“, sagt Per Forssell, Programmleiter für den Bereich Energieerzeugung bei Sandvik Coromant. Turbinengehäuse, die heute 80 Tonnen (zwei MW-Turbinen) wiegen, werden bald bis zu 150 Tonnen schwer sein. Da braucht man größere Maschinen und spezielle Werkzeuge. „Bisher liegt der Anteil der Windkraft am weltweiten Energiemarkt bei circa zwei Prozent“, so Forssell. „Aber bei jährlichen Wachstumsraten von zehn bis 15 Prozent werden enorme Volumen auf uns zukommen.“ n Francis Moon einem Science-Fiction-Film entsprungen. Nach Ansicht von Professor Feargal Brennan, Spezialist für Offshore-Technik an der Cranfield University in England, die einen Großteil der Entwicklungsarbeit für den Aerogenerator X durchgeführt hat, liegt das daran, dass die etablierten Systeme für die Windenergiegewinnung auf See nicht für eine Strom produktion in großem Stil geeignet sind. Das dänische Beratungsunternehmen BTM Consult hat ausgerechnet, dass die Installation von neuer Windenergiekapazität auf offener See mit der heutigen Technologie doppelt so viel kosten wird wie die Installation an Land. Unternehmen wie Siemens und GE investieren schon seit geraumer Zeit in Windturbinen mit Vertikalrotor und weniger beweglichen MaSSgeschneiderte Teilen, um die Kosten gering zu halten. Andere Hersteller versuchen, durch Werkzeuge einzeln veränderbare Anstellwinkel der Der Trend zu immer größeren Windturbinen ist Rotorblätter, neue Zahnradlösungen eine Herausforderung für Maschinen- und oder laserbasierte Windmessungen vor Werkzeughersteller. Das Bohren, Fräsen und der Turbine die vorhandene Technik Drehen von riesigen Komponenten lässt sich auch zu optimieren, sagt Staffan Engström, bei modernster Technik nicht vermeiden. So müssen zum Beispiel bei der Bearbeitung einer Leiter des Windturbinenentwicklers geschmiedeten Hauptwelle von vier bis fünf Ägir Konsult. zweigeteilten Rotorblatt ähnlich den Tragflächen eines Flugzeugs. „Wir werden voraussichtlich innerhalb der nächsten zehn Jahre 20-MW-Turbinen im Einsatz zu sehen“, erklärt Jo Beurskens vom Netherlands Energy Research Centre. Solche Turbinen wären beträchtlich größer als der kommende Koloss des Marktführers Vesta, V164, dessen Rotordurchmesser 164 Meter beträgt. Der Turm hat eine Höhe von 187 Metern. Zum Vergleich: Die Freiheits statue in New York ist 94 Meter und der Wolkenkratzer „The Gherkin“ im Londoner Finanzviertel 180 Meter hoch. n metalworking world 19 Technik text: christer richt Herausforderung: Steigerung der Produktivität beim Fräsen mit großen Werkzeugreichweiten. Lösung: Verwendung einer neuen Generation von schwingungs gedämpften Fräsadaptern, die für große Werkzeugüberhänge ausgelegt sind. Schwingungsdämpfung = höhere Produktivität Beim Fräsen lassen sich Vibrationen kaum vermeiden. Es gibt verschiedene Ursachen für Vibrationen: bearbeitungstypische Schnittunterbrechungen, variierender Werkzeugeintritt und -austritt, instabile Bauteile und Werkzeugspannung bei Werkzeugen mit großem Überhang. Vieles lässt sich tun, um Vibrationen entgegenzuwirken. Bei langen Werkzeugüberhängen kommt jedoch ein schwieriger Para meter hinzu, der zusätzlicher Maßnahmen bedarf. Gute Erfolge werden seit geraumer Zeit mit schwingungsgedämpften Werkzeugen erzielt, vor allem bei Aufbohroperationen, die in einigen Anwendungen extrem lange Werkzeugüberhänge erfordern. Für verschiedene Fräsbearbeitungen mit großen Überhängen lassen sich durch den Einsatz von schwingungsgedämpften Schaft- und Eckfräsern, zum Beispiel CoroMill® 390 Schaftfräser, in Kombination mit Coromant Capto und Zylinderschäften diese Probleme optimal lösen. an Multi-TaskMaschinen und vier- bis fünfachsigen Bearbeitungszentren nimmt der Bedarf nach Bei Fräsbearbeitungen 20 metalworking world Sandvik Coromant hat im Rahmen des Silent Analyse des neuen Adapters mit höherer Steifigkeit im Hinblick auf Ablenkungseffekte entlang des Überhangs. Rot bezieht sich auf die höchste Ablenkung (an der Schneidkante). Tools-Programms eine neue Generation schwingungsgedämpfter Fräsadapter entwickelt. Somit konnte ein neues System von schwingungsgedämpften Aufnahmen in zwei Längen eingeführt werden. Sie sind zum Fräsen mit Überhängen von 4-5 x Aufnahmedurchmesser beziehungsweise 6-7 x Aufnahmedurchmesser ausgelegt. Reichweiten über diese Maße hinaus werden durch maßgeschneiderte schwingungsgedämpfte Aufnahmen abgedeckt. Für die Forschung und Entwicklung im großen Werkzeugreichweiten – mehr als das Vierfache des Werkzeugdurchmessers – zu. Ein Problem ist, dass die Auswirkungen von Vibrationen die Produktivität beeinträchtigen. Dies hat zu neuen Entwicklungen bei voreingestellten Werkzeugen geführt. Bisher mussten insbesondere die axiale Schnitttiefe und die Vorschubraten beim Fräsen niedrig gehalten werden, was sich direkt auf die Zerspanungsrate auswirkt. Bereich schwingungsgedämpfter Werkzeuge hat eine neue Hightech-Ära im Hinblick auf Konstruktion und Anwendung der Technologie begonnen. Um Schwingungstendenzen besser und präziser minimieren zu können, wurden neue Parameter entwickelt, die die Charakterisierung und Dämpfung der für verschiedene Bereiche typischen Vibrationen erleichtern. Bei Bearbeitungen mit Überhängen ist das Werkzeug den negativen Einflüssen von Ablenkung und Schnittkräften stärker ausgesetzt. Schwingungen lassen sich bei der Minimale Vibrationen Jetzt ist es möglich, mit langen Werkzeugreichweiten zu fräsen, ohne dass starke Schwingungen entstehen. Vibrationsniveau des schwingungsgedämpften Adapters der neuen Generation im Vergleich zu dem eines ungedämpften Adapters. 3 2 AMPLITUDE 1 0 1 Ungedämpft 2 3 0,00 Silent Tools 0,015 0,03 0,045 0,06 ZEIT Die neuen Adapter ermöglichen größere axiale Schnitttiefen und höhere Vorschubraten. Zerspanung nicht gänzlich vermeiden, aber sie können soweit gedämpft werden, dass sie den Prozess oder das Ergebnis nicht beeinträchtigen. Dank hochentwickelter Simulationsverfahren, Geräte und Messsysteme ist es gelungen, die auf das Werkzeug einwirkenden Kräfte zu minimieren. Diese Entwicklung hat nicht nur eine stärkere Dämpfungsfunktion bewirkt, sondern ermöglicht es auch, diese Funktion deutlicher auf bestimmte Werkzeugüberhänge abzustimmen. Jeder Adapter ist für die Dämpfung jener Schwingungsamplitude ausgelegt, die für die jeweilige Überhanglänge charakteristisch ist. Zur Lösung der durch exzessive Schwingungen während der Bearbeitung entstehenden Probleme muss das gesamte System von der Schneidkante bis zur Maschine in den Optimierungsprozess einbezogen werden. Die Stabilität lässt sich entweder durch höhere Steifigkeit des Systems und/oder durch stärkere Schwingungsdämpfung mit Hilfe von Silent Tools erhöhen. Alle Standardwerkzeuge erfordern Kompromisse bei Reichweite und Leistung. Die jüngste Entwicklung in der Dämpfungs- technologie hat jedoch zu einer besseren Kontrolle über verschiedene Schwingungsspektren bei der Zerspanung und somit zur Einführung von Standardadaptern für bestimmte Überhanglängen geführt. Das neue System von Adaptern ermöglicht eine interne Kühlschmierstoffzufuhr, wodurch sich bei einigen Prozessen und Werkstoffen die Werkzeugstandzeiten verlängern. Die neuen Adapter, die nicht mit zusätzlichen Werkzeugverlängerungen eingesetzt werden sollten, bieten größere axiale Schnitttiefen und höhere Vorschubraten und ebnen so den Weg für Produk tivitätssteigerungen beim Fräsen und Aufbohren von Bauteilen, die genau diese Reichweiten erfordern, wie etwa bei Verwendung von Fräsern mit Übergrößen des erweiterten CoroMill-Fräserprogramms. Das neue Potenzial schafft auch die Voraussetzung für längere Überhänge oder eine Kombination aus höherer Produktivität und längeren Werkzeugreichweiten. n Zusammenfassung Die schwingungsgedämpften Silent ToolsFräsadapter in zwei Längen optimieren den Fräsprozess, wenn große Reichweiten erforderlich sind. Ihre neuartige Schwingungsdämpfungstechnik sorgt für Produktivitätssteigerungen bei einem hohen Maß an Zuverlässigkeit. Die Adapter decken die häufigsten Fräsanwendungen für lange Werkzeugreichweiten ab. Dank der Produktivitätsgewinne zahlt sich die Investition in diese Adapter schon nach kurzer Zeit aus. n metalworking world 21 Vorderansicht des speziellen Werkzeugs, das für einen komplizierten Ausspindelprozess bei der Fertigung der Anschlussstücke für die Hauptfahrwerke der neuen Flugzeugmodelle Boeing 787 und Airbus A350-900 entwickelt wurde. 22 metalworking world text: Danny Kucharsky Foto: Guillaume Simoneau Sichere Landung Quebec, Kanada. Die Forderung nach leichteren Flugzeugfahrwerken zwang den Zulieferer der Flugzeugindustrie Messier-Bugatti-Dowty zum Umdenken. Um sein Ziel zu erreichen, war Hilfe aus drei Ländern nötig. nnn Als Boeing und Airbus beschlossen, ein neues kraftstoffeffizientes Großraum-Verkehrsflugzeug zu bauen, wandte man sich für den Bau des Hauptfahrwerks an Messier-Bugatti-Dowty. Die Wahl lag nahe, denn schließlich ist Messier-Bugatti-Dowty, eine Tochter der Safran Group, der weltweit führende Hersteller von Flugzeugfahrwerken und Bremssystemen. Täglich werden die Fahrwerke des Unternehmens bei über 35.000 Landungen ausgefahren. Im kanadischen Montreal stellt Messier-BugattiDowty schon seit 20 Jahren Stahlkomponenten für die Hauptfahrwerke verschiedener Airbus-Modelle her. Deshalb erhielt die Fabrik den Auftrag, die Anschlussstücke für die Hauptfahrwerke der Boeing 787 und des Airbus A350-900 zu fertigen. Beide Flugzeuge sollen in den kommenden Jahren in Dienst gestellt werden. Sie gelten als die treibstoffeffizientesten Modelle ihrer Klasse, was zum großen Teil durch Gewichtsreduktionen in allen Flugzeugbereichen, auch bei den Fahrwerken, erreicht wurde. „Das Gewicht des Fahrwerks wirkt sich unmittelbar auf den Treibstoffverbrauch aus. Wir versuchen daher, sie unter Einhaltung der Toleranzen so leicht wie möglich zu bauen“ erklärt Gilles Pouliot, strategischer Einkäufer der Montreal-Fabrik. Fahrwerke müssen für extreme Lasten ausgelegt sein und gleichzeitig leicht, kompakt, robust, zuverlässig und haltbar. Während des Flugs aber beeinträchtigt ihr Gewicht die Treibstoffeffizienz. Bei den neuen Flugzeugmodellen wurde die Forderung nach leichtgewichtigeren Fahrwerken durch einen Hohlraum im Kopf-Anschlussstück des Hauptfahrwerks erfüllt. Ingenieure entwickelten einen Prozess, bei dem die Welle der Hauptfahrwerkszylinder teilweise ausgebohrt wird. Beim so genannten Ausspindeln wird eine flaschenförmige Bohrung erstellt, die für beträchtliche Gewichtseinsparungen bei den beiden Flugzeugen sorgt. Als Messier-Bugatti-Dowty jedoch dieses Konzept für das Fahrwerk der Boeing 787 einführte, waren die ersten Ergebnisse entmutigend. „Das Resultat war nicht so, wie wir gehofft hatten“, erinnert sich der technische Fertigungsleiter des Montreal-Werks, André Martin. „Die Erstellung der flaschenförmigen Bohrung dauerte einfach zu lang.“ „Wir arbeiten mit extrem engen Toleranzen und hatten früher mit allen möglichen Problemen in der Fertigung zu kämpfen“, fügt Eric Robillard hinzu, Verfahrenstechniker und Projektleiter für das Boeing-787-Fahrwerk in der Fabrik in Montreal. Deshalb beschloss das Unternehmen, in neue Werkzeuge und Werkzeugmaschinen zu investieren, die die Komponenten schneller und wirtschaftlicher produzieren konnten. 2007 begann Messier-Bugatti-Dowty, neue Eric Robillard, Verfahrenstechniker in der Fabrik in Montreal technische Verfahren zur Verbesserung des Ausspindelprozesses zu untersuchen und wandte sich an den italienischen Werkzeugmaschinenhersteller Tacchi. Mit der Entwicklung der Tiefbohrwerkzeuge für die Anschlussstücke der 787- und A350-900-Fahrwerke wurde Sandvik Coromant Kanada beauftragt. „Es ging darum, zwei verschiedene Komponenten nach dem Ausspindelkonzept zu fertigen. Wir mussten uns also mit der Technik, der Produktivität und den Sicherheitsaspekten dieser Komponenten auseinandersetzen“, erzählt Louis-Jacques Boucher, Leiter der Geschäftsentwicklung Luftfahrt bei Sandvik metalworking world 23 (Links) Mario Laroche, Maschinenbediener, mit dem neuen Ausspindelwerkzeug. (Unten). Das erste mit dem Ausspindelwerkzeug gefertigte Probewerkstück. Coromant Kanada und Koordinator des Projekts, das 2008 begann und Sandvik Coromant-Niederlassungen aus fünf verschiedenen Ländern involvierte (siehe Kasten). „Sandvik Coromant hatte nie zuvor ein Werkzeug dieser Größenordnung gefertigt, und für uns war es das erste Mal, dass speziell für unsere Belange ein solches Werkzeug entwickelt wurde“, sagt Pouliot. „Es war ein entscheidender Schritt.“ Nachdem die Maschine Ende 2009 in Montreal eingetroffen war, kamen Spezialisten von Sandvik Coromant und halfen monatelang bei der Entwicklung von Verfahren und Arbeitsweisen für das neue Werkzeug. „Es gab auf beiden Seiten alle Hände voll zu tun, um die technischen Probleme zu lösen und Methoden zur Optimierung der Fertigungs prozesse zu erarbeiten“, meint Martin. Werkzeugmaschine und Werkzeug sind präzisionsgesteuert und so konzipiert, dass sie wie ein Uhrwerk den gleichen Prozess immer wieder ausführen können“, erklärt er. Martin vergleicht das Werkzeug von Sandvik Coromant mit einem Juwel. „Es ist ein hochmodernes Werkzeug, das in der Lage sein muss, das gleiche Teil ständig auf exakt dieselbe Weise ohne Abweichungen und ohne erneute Einstellungen herzustellen.“ Die Anschlussstücke der Fahrwerke für die Boeing 787 und den Airbus A350-900 könnten hier die nächsten 30 Jahre gebaut werden, fügt er hinzu. 24 metalworking world Messier-Dowty Montreal Messier-Dowty in Mirabel, circa 50 Kilometer nördlich von Montreal, ist eine Tochtergesellschaft von MessierBugatti-Dowty. Das 1991 gegründete Unternehmen ist im Laufe der Jahre kontinuierlich gewachsen und beschäftigt heute auf seinem 19.000 Quadratmeter großen Fabrikgelände 235 Mitarbeiter. Neben den neu hinzugekommenen Flugzeugmodellen Airbus A350-900 und Boeing 787 fertigt Messier-Dowty in Montreal Fahrwerkskomponenten für zahlreiche, weltweit eingesetzte Airbus-Modelle, darunter für den A320, A321, A330, A340 und A380. Eine neue Technologie an einer neuen Maschine einzuführen, ist nicht leicht, aber das Werkzeug von Sandvik Coromant „hat einen gewaltigen Unterschied in Bezug auf Zeit und Qualität ausgemacht“, kommentiert Robillard. „Die Bemühungen waren so erfolgreich, dass das Ziel einer Halbierung der für den Ausspindelprozess erforderlichen Zeit im Montreal-Werk nicht nur erreicht, sondern sogar übertroffen wurde. Wir haben inzwischen den Zeitaufwand um 60 Prozent verkürzt und dabei die Qualität um 100 Prozent verbessert“, freut sich Martin. „Als der Prozess anlief, sahen wir nur eine theoretische Möglichkeit, die Ergebnisse zu verwirklichen, die wir heute erreicht haben“, stellt Pouliot fest und erwähnt lobend die enge Partnerschaft zwischen Sandvik Coromant und Messier-Bugatti-Dowty. Diese Partnerschaft machte sich auch bezahlt, als das Unternehmen 2009 beschloss, die Fertigung der Hauptfahrwerke für die Airbus-Modelle A320 und A321 von Montreal und Gloucester in England in eine neue Fabrik im mexikanischen Queretaro zu verlegen. Damit wollte man in Montreal Kapazität freisetzen, um sich hier ganz auf die Produktion von Hauptfahrwerken für größere Louis-Jacques Boucher (rechts) und Bob Riberady von Sandvik Coromant erklären Mario Laroichoe (links), wie die Bohrlösung funktioniert. Das Ausspindelwerkzeug vor dem Werkstück am Anfang des Prozesses. metalworking world 25 Aus technischer Sicht Vereinte Nationen Es wurde ein wahrhaft internationales Projekt, als Messier-Bugatti-Dowty Sandvik Coromant Kanada bat, die komplexen Werkzeuge zur Durchführung des Ausspindelprozesses im Anschlussstück der Hauptfahrwerke für die Flugzeugmodelle Boeing 787 und Airbus A350-900 zu entwickeln. Unter der Leitung von Sandvik Coromant Kanada wurden für das Projekt Fachleute aus fünf Ländern hinzugezogen. Es umfasste technische Lösungen, Support bei der Einführung des Prozesses und Schulung vor Ort. Sandvik Coromant Frankreich erhielt aufgrund früherer Erfahrungen mit ähnlichen Werkzeugen den Auftrag, das Ausspindelwerkzeug zu entwickeln und zu fertigen. Unterdessen wurden Sandvik Coromant Kanada und Deutschland mit der Herstellung von peripherer Ausrüstung wie Druckmesser, Schwingungsdämpfer und Bohrrohr beauftragt. Der Rest wurde in Sandvik Coromants Werk in Mebane im US-Bundesstaat North Carolina konstruiert und gefertigt. Noch internationaler wurde das Projekt auf der ersten Besprechung beim italienischen Werkzeugmaschinenhersteller Tacchi, der für Messier-Bugatti-Dowty die Maschine für den Ausspindelprozess baute. An dem multinationalen Meeting, auf das weitere folgten, nahmen auch Vertreter der Fabrik in Montreal teil. „Wir erhielten Unterstützung aus allen Teilen der Welt“, sagt der strategische Einkäufer, Gilles Pouliot. „Alle machten mit.“ Louis-Jacques Boucher, Das Endergebnis übertraf alle Erwartungen Leiter der Geschäftsin Bezug auf Bearbeitungszeit, Qualität und entwicklung Luftfahrt bei Sandvik Coromant Oberflächengüte, meint Louis-Jacques Boucher, Kanada. Leiter der Geschäftsentwicklung Luftfahrt bei Sandvik Coromant Kanada. „Die Einbindung unserer gesamten Ressourcen und Kompetenzen hat dieses Projekt in jeder Hinsicht zu einem wahren Erfolg gemacht“, schließt Boucher. n Messier-BugattiDowtys Fabrik in Montreal fertigt Flugzeugfahrwerke für Airbus und Boeing. Flugzeugmodelle wie den Airbus A350-900 und die Boeing 787 konzentrieren zu können. In Mexiko mussten neue schlüsselfertige Werkzeuglösungen, technische Systeme und Fertigungsprozesse eingeführt werden. Das Werk in Montreal koordinierte das Projekt und bat Sandvik Coromant Kanada, die jeweiligen Werkzeug- und Programmierungskonzepte zu entwickeln. Sandvik Coromant Kanada wollte zum einen seine Kompetenz auf dem Gebiet der Fahrwerksbearbeitung auf Sandvik Coromant Mexiko übertragen und zum anderen Messier-Bugatti-Dowty bei der Einführung neuer Prozesse in Queretaro helfen, sagt Marc Boisvert, technischer Repräsentant bei Sandvik Coromant Kanada. „Wir arbeiteten vier Monate gemeinsam an der Entwicklung 26 metalworking world neuer Werkzeuge und Zerspanungsmethoden. Sandvik Coromant lieferte uns dabei für jedes Werkzeug die Parameter und Schnitttiefen sowie die jeweils besten Zerspanungsverfahren.“ Die Fabrik in Mexiko hat inzwischen ihren Betrieb erfolgreich aufgenommen. Die Partnerschaft mit Sandvik Coromant im Zusammenhang mit dem Ausspindelprozess und dem Aufbau der Fabrik in Mexiko „ist ein gutes Beispiel für Zusammen arbeitsformen, die Messier-Bugatti-Dowty bei seinen Lieferanten anstrebt“, stellt Pouliot fest. „Man hatte immer ein offenes Ohr für unsere Probleme und Bedürfnisse. Die Beziehung basiert auf einem hohen Maß an Vertrauen, und beide Seiten profitieren davon.“ n inspiration aus aller Welt text: Christopher Friman adaption: stina gerhardt Gehirn online Die Benutzung von Handcomputern boomt. Sie hinterlassen Spuren im menschlichen Gehirn – und in unserem Gedächtnis. metalworking world 27 Danielle Tunstall Smartphones, Laptops, USB-Sticks: Elektronische Kommunikationsmittel speichern alles, was ein moderner Mensch im Kopf haben sollte. Aber was passiert eigentlich mit unserem Gehirn, wenn wir unser Denkvermögen auslagern? Schrumpft es mit der Zeit oder schafft es Raum für andere Dinge? inspiration aus aller Welt nnn Ein Freund von mir verlor kürzlich sein Handy. Etwas später wollte er von einem anderen Telefon aus seine Freundin anrufen und stellte fest, dass er ihre Nummer nicht wusste. Er hatte sie zwar schon unzählige Male angerufen, die Zahlen dabei aber nie eingeben müssen. Die beiden waren schon sechs Jahre zusammen. „Das gab mir zu denken“, gestand er hinterher. Ein anderer Freund hatte Mitte März Geburtstag. Da Facebook die Geburtstage aller Mitglieder registriert, war seine „Wand“ bald voll von Glückwünschen seiner Netzwerk-Freunde – insgesamt rund 40 Personen einschließlich meiner Wenigkeit. Drei Monate später änderte einer seiner Freunde in einem unbeobachteten Augenblick aus Spaß das Datum seines Geburtstags auf einen Tag Mitte Juni. Wieder gratulierten ihm 40 Leute – auch ich, obwohl wir uns seit fast 15 Jahren kennen. Man könnte das als Beweis für meine mangelnden Qualitäten als Freund und Mensch abtun, aber ich habe ganz andere Befürchtungen. Ich kann nur zehn Telefonnummern auswendig, und dabei handelt es sich ausschließlich um die Nummern der Eltern von Schulfreunden. Darüber hinaus habe ich noch einen von zwei Kartencodes meines Telefonanbieters, zwei Passworte, die ich willkürlich für verschiedene EmailKonten, Online-Shops und Internet-Foren ausgewählt habe, und den Türcode meiner Arbeitsstelle im Kopf. Mein ganzes Leben befindet sich in meiner Tasche: Telefonnummern, der zweite Kartencode meines Telefonanbieters, ein Alarmcode und eine Flut von täglichen Gedächtnishilfen wie „Wäsche“, „Milch kaufen“, „Ein Rezept suchen“, „Rechnungen bezahlen“ oder „Mutter anrufen“. Google Maps zeigt mir den Weg zum nächsten Postamt, Lebensmittelladen oder Telefonshop. Jede Frage lässt sich durch einen Blick in Wikipedia sofort klären. Nach der Vision der Google-Gründer Sergey Brin und Larry Page sollte die Suchmaschine, wie sie selbst vor einigen Jahren sagten, als „künstliches Gehirn, intelligenter als das menschliche“ fungieren. Clive Thompson, der für das amerikanische Technik-Magazin Wired schreibt, verglich neulich das Internet mit einem „Außenbord-Gehirn“ und gab zu, er habe es im Prinzip aufgegeben, sich selbst noch etwas zu merken, weil er sofort jede beliebige Information aus dem Internet abrufen könne. Vor zwei Jahren vertrat der amerikanische Autor Nicholas Carr in einem Artikel in der Zeitschrift The Atlantic Monthly die Theorie, das Internet verändere grundlegend unser Gehirn. Unter dem Titel „Macht Google uns dumm?“ erklärte er, dass ihn das Surfen im Internet verwirre, ablenke und in seiner Konzentrationsfähigkeit behindere. „Seit einigen Jahren habe ich das beunruhigende Gefühl, dass sich jemand an meinem Gehirn zu schaffen macht, die Nervenbahnen manipuliert und mein Gedächtnis umprogrammiert“, sagte er. „Ich glaube nicht, dass ich früher so war, und am stärksten Martin Dimitrov Das ganze Leben in der Tasche. Telefonnummern, Alarmcodes und eine Flut von täglichen Gedächtnishilfen sind in winzigen Geräten wie Smartphones gespeichert 28 metalworking world macht sich das bemerkbar, wenn ich versuche zu lesen … Schon nach wenigen Seiten schweifen meine Gedanken ab, ich werde rastlos, verliere den Faden und lege das Buch weg.“ Der Artikel weckte enorme Aufmerksamkeit und sogar Dankbarkeit: Menschen aus allen Teilen der Welt berichteten in Leserbriefen erleichtert von ähnlichen Symptomen. Die moderne Gehirnforschung zeigt, dass Carr gar nicht so falsch lag. Bis vor kurzem herrschte allgemein die Ansicht, die Nervenzellen des Gehirns und ihre Beziehungen zueinander organisieren sich in der Entwicklungsphase des Menschen in entsprechenden Clustern und Bahnen und bleiben dann für den Rest des Lebens unverändert. iStockphoto/BIM Es können zwar neue Erinnerungen hinzukommen und alte verschwinden, aber das Gehirn bleibt das gleiche, bis es mit fortschreitendem Alter schließlich verkümmert. Mit neuen Verfahren sind die Wissenschaftler heute in der Lage, das menschliche Gehirn so detailliert zu analysieren, dass sie erkennen können, wo Veränderungen stattfinden. 1998, vor dem Eine Untersuchung unter Londoner Taxifahrern ergab, dass der Bereich des Durchbruch der Gehirns, der für die räumliche Orientierung verantwortlich ist, bei ihnen größer GPS-Technik, war als bei einer Kontrollgruppe. untersuchte ein Forscherteam die Gehirne von 16 Londoner Taxifahrern mit unterschiedlicher Berufserfahrung – von zwei bis 42 Jahren. Bei einem Vergleich mit den Gehirnen einer Kontrollgruppe entdeckten die Forscher, dass bei den Taxifahrern der hintere Teil des Hippocampus, der für die räumliche Orientierung zuständig ist, deutlich größer war als bei der Kontrollgruppe. Der Unterschied wurde außerdem mit zunehmender Berufserfahrung der Taxifahrer immer größer. Vor dem Hintergrund ähnlicher Experimente bezeichnete der kanadische Psychiater Norman Doidge die Gehirnplastizität, auch Neuroplastizität genannt, „als eine der außergewöhnlichsten Entdeckungen des 20. Jahrhunderts.“ Obwohl mein Gehirn genauso aussieht wie das eines Cro-Magnon-Menschen, arbeitet es nicht auf die gleiche Weise, was zum Großteil meiner intensiven Beschäftigung mit dem Internet zu verdanken ist. Ein Cro-Magnon-Mensch verbrachte vermutlich seine Abende damit, ein paar Holzscheite ins Feuer zu werfen und aus seiner Höhle zu starren. Ich dagegen überfliege abends meistens ungelesene Emails und schaue ein paar untertitelte Folgen der Serie Cops, während mich ein ewig streamender Twitter-Client mit witzigen Kommentaren und Ansichten zum Backen berieselt. US-Wissenschaftler haben zur Erklärung der Plastizität des Gehirns Darwins These vom Überleben des Stärksten abgeändert und sprechen vom „Überleben des Aktivsten“. Damit ist gemeint, dass stimulierte Gehirnfunktionen stärker werden, während ungenutzte schrumpfen. Je mehr ich das Internet für oberflächliche Faktensuche, simple Schlussfolgerungen und nicht-lineare Eindrücke benutze, desto eher ist das Gehirn in der Lage, solche Informationen zu handhaben. Je weniger ich das Gegenteil tue wie etwa Bücher lesen, komplette Sätze zusammenfügen und tiefgreifende Überlegungen anstellen, desto weniger kann das Gehirn diese Art von Informationen verarbeiten. Mit anderen Worten: 2.3 Milliarden Smartphones sollen nach einer Prognose von Research and Markets bis 2015 im Umlauf sein. 7 Die Zahl der „Einheiten“, die unser Kurzzeitgedächtnis laut einer Studie des amerikanischen Psychologen George Miller gleichzeitig bearbeiten kann. Was ist aus dem primitiven Menschen geworden? Das Internet könnte die Art, wie wir unser Gehirn benutzen, verändern. the Bridgeman Art Library metalworking world 29 iStockphoto/tomch iStockphoto/thesuperph inspiration aus aller Welt LWA Sind Minicomputer eine Bedrohung oder nur ein weiteres Instrument, das uns dabei hilft, uns auf die wichtigen Dinge zu konzentrieren? Wir laufen Gefahr, unser Gehirn darauf zu trainieren, sich ablenken zu lassen – Informationen zwar sehr schnell zu verarbeiten, aber auch ebenso schnell wieder zu vergessen. Die Forscherin Erping Zhu demonstrierte dies mit Hilfe eines Experiments, bei dem sie Freiwillige einen langen Text in einem Browserfenster lesen ließ. Alle lasen denselben Text, aber Zhu hatte in einige Texte mehrere anklickbare Links eingefügt. Als die Personen das Gelesene zusammenzufassen sollten, kristallisierte sich ein deutliches Muster heraus: Je mehr Links im Text enthalten waren, desto weniger hatte die Person vom Text verstanden. Die für das Textverständnis benötigte Gehirnkapazität war teilweise darauf verwendet worden, zu entscheiden, ob es sinnvoll sei, den Link anzuklicken oder nicht. Forscher an der Stanford University zogen ähnliche Schlussfolgerungen aus einer Studie, bei der eine Gruppe von Personen einen Großteil ihrer Zeit damit verbrachte, mehrere Dinge gleichzeitig zu tun. Parallel dazu untersuchte man eine andere Gruppe, die sich jeweils nur auf eine Sache konzentrieren sollte. Beide Gruppen lösten eine Reihe von kognitiven Aufgaben mit sehr unterschiedlichem Ergebnis. Diejenigen, die oft mehrere Dinge gleichzeitig taten, ließen sich nach Aussage eines Forschers „wesentlich leichter von externen Faktoren ablenken“, weil sie „ihr Gehirn darauf trainiert hatten, alles wahrzunehmen, was irrelevant war.“ Aus dem Experiment mit den britischen Taxifahrern zog das Forscherteam folgenden Schluss: Würden die Taxifahrer auf die Benutzung eines GPS umsteigen, gingen ihre Kenntnisse über Londons Straßennetz nach und nach verloren. Dafür würden sie jedoch andere Fähigkeiten verbessern. Externe Instrumente geben uns die Möglichkeit, unser Gehirn mit anderen Inhalten zu füllen. „Statt einfache, zeitraubende Berechnungen auszuführen, konnten sich die Schüler auf mathematische Grundsätze konzentrieren.“ 30 metalworking world Warum sich Dinge merken, wenn die Information nur einen Mausklick entfernt ist? Als Schulen die Verwendung von Taschenrechnern zuließen, protestierten Lehrer und Eltern mit dem Argument, die zunehmende Abhängigkeit von technischen Hilfsmitteln beeinträchtige die mathematischen Fähigkeiten der Schüler. Offenbar hat es ihnen nicht geschadet. Der Taschenrechner entlastete das Kurzzeitgedächtnis und schaffte Raum für abstraktes Denken und Problemlösung. Statt einfache, zeitraubende Berechnungen auszuführen, konnten sich die Schüler auf mathematische Grundsätze konzentrieren. Der amerikanische Autor und Dozent Steven Johnson vertritt die These, die Populärkultur habe trotz ihres schlechten Rufs die Menschheit vorangebracht. Im Computerspiel Pacman etwa bestehe die geistige Anregung darin, 1) einen Joystick zu bewegen, um 2) Monstern aus dem Weg zu gehen und alle Punkte zu fressen, um so 3) zum nächsten Level zu gelangen und 4) die Schritte eins bis drei zu wiederholen, um 5) schließlich das höchste Level zu erreichen. In neueren Computerspielen umfasst eine einzige Aufgabe nicht selten bis zu 100 Schritte und Herausforderungen. Das fördert die Problemlösungsfähigkeit und das abstrakte Denkvermögen. Ähnliches gilt für Fernsehprogramme, die vor 20 Jahren auf einer simplen geradlinigen Story basierten. Der Kommissar findet am Ort des Verbrechens eine Spur und löst den Fall. Moderne TV-Serien haben dagegen bis zu acht miteinander verflochtene Handlungsfäden, wobei Spuren aus vorherigen Folgen aufgenommen und in ein komplexes Netz aus Charakteren und Bezugspunkten eingewoben werden. Und das Internet? Es regt ständig unsere Sinne an, weil es von uns eine aktive Teilnahme sowie die Fähigkeit verlangt, unzählige Grafikebenen zu handhaben und immer wieder neue Kanäle der sozialen Interaktion zu verstehen. Johnson geht sogar so weit zu behaupten, unsere Kultur wird intelligenter, weil wir selbst intelligenter werden. Dies ist ein Auszug aus einem Beitrag, der in der schwedischen Zeitschrift Filter erschienen ist. Den vollständigen Text auf Schwedisch finden Sie unter www.magasinetfilter.se. n Be tt ma nn /CORBIS Kurzzeitgedächtnis Das Kurzzeit- oder Arbeitsgedächtnis verleiht uns die Fähigkeit, Informationen kurzzeitig aufzunehmen und zu verarbeiten. Es behält diese Informationen nur wenige Sekunden, ist aber zum Beispiel für Sprach-, Lese- und Schreibfertigkeiten sowie für Problemlösung und logisches Denken von entscheidender Bedeutung. n metalworking world 31 Technik text: Elaine McClarence Herausforderung: Wie lässt sich die Werkzeugproduktivität in der Fertigung erhöhen? Die physikalische Gasphasenabscheidung (PVD) ist ein Vakuumbeschichtungsverfahren für das Aufbringen dünner Beschichtungen auf Werkzeuge und Wendeschneidplatten. Dabei wird ein fester Stoff wie Metall oder eine Metalllegierung verdampft, oft mit Hilfe eines Plasmas, etwa eines elektrisch geladenen Gases. Die im Metalldampf enthaltenen Atome und Ionen werden auf ein Substrat aufgebracht und bilden eine Schicht. Für eine TiN-Beschichtung wird zum Beispiel eine Titanquelle in Stickstoffatmosphäre verdampft. Dabei lagert sich TiN auf den Werkzeugen und Wendeschneidplatten als Schicht ab. PVD-beschichtete Werkzeuge bieten längere Standzeiten (gegenüber unbeschichteten Wendeschneidplatten und Werkzeugen) und eine höhere Produktivität. So lassen sich in Fertigungsunternehmen jährlich Milliarden einsparen. Warum? Zum einen, weil derartige Werkzeuge dank höherer Schnittgeschwin- 32 metalworking world Lösung: PVD-beschichtete Werk zeuge und Wendeschneidplatten bewirken kürzere Taktzeiten und höhere Schnittgeschwindigkeiten. Beschichtung mit vielen Vorteilen digkeiten die Taktzeiten reduzieren und somit die Fertigung einer größeren Anzahl von Werkstücken in kürzerer Zeit ermöglichen, und zum anderen, weil PVD-beschichtete Werkzeuge nicht so schnell verschleißen und folglich der Betrieb seltener wegen Werkzeugaustausch unterbrochen werden muss. Hinzu kommt, dass PVD-beschichtete Werkzeuge ohne oder mit sehr geringen Mengen Kühlschmierstoff auskommen, der in manchen Unternehmen bis zu 15 Prozent der gesamten Produktionskosten ausmacht. PVD-Beschichtungen sind vor allem dort von Nutzen, wo scharfe Schneidkanten gefordert sind, etwa beim Gewindeschneiden, Einstechen, Abstechen, Schaftfräsen und Bohren. Bei Hartmetallwerkzeugen wie Schaftfräsern und Bohrern ist PVD das bevorzugte Beschichtungsverfahren. PVD-beschichtete Werkzeuge sind auch ideal für die Bearbeitung von schwer zerspanbaren Werkstoffen wie Titan, Superlegierungen und rostfreien Stählen. Hier benötigt man schärfere Schneidkanten für eine Reduzierung der Schnittkräfte, und hohe Temperaturstabilität ist für die Erhaltung scharfer Schneidkanten erforderlich. Die Funktions fähigkeit der Beschichtung hängt letztendlich davon ab, ob sie in der Lage ist, die thermomechanische Beanspruchung des für die Schneidkante verwendeten Grundstoffs unter verschiedenen Zerspanungsbedingungen zu mildern. Beschichtungsstoffe müssen über die gesamte Werkzeug- oder Wendeplattenoberfläche aufgebracht werden können. Dabei muss sichergestellt sein, dass über das gesamte Los jede Wendeschneidplatte gleichmäßig dick beschichtet wird. Das PVD-Verfahren erfüllt diese Anforderung und sorgt außerdem dafür, dass bei der Beschichtung von Werkzeugen mit schärferen Schneidkanten kein Versprödungseffekt eintritt. Letzteres wird durch niedrigere Abscheidungstemperaturen von 150 – 500° Celsius im Vergleich zu anderen Beschichtungstechnologien realisiert. So erfordert etwa die chemische Gasphasenabscheidung (CVD) UNTER DER OBERFLÄCHE Eine PVD-Sorte besteht aus verschiedenen Schichten, um besondere Eigenschaften zu erzielen. PVD-Beschichtungen sind zu einem wichtigen Produktivitätsfaktor geworden. Eine Sorte für jeden Bedarf GC1105 (HC) Ausgelegt für starke Beanspruchung und sogar Freiflächenverschleiß bei der Bearbeitung von warmfesten Superlegierungen. GC1010 (HC) Für Fräsbearbeitungen von vorgehärtetem Stahl und Kunststoffformenstahl ab 36HRC und darüber. Eine harte und verschleißfeste PVD-Beschichtung sorgt für längere Standzeiten und höhere Produktivität. GC1030 (HC) Für instabile Bedingungen wie beim Walzenstirnund Schulterfräsen oder bei Bearbeitungen mit langen Über hängen. Ein hartes feinkörniges Substrat ermöglicht den Einsatz scharfer Schneidkanten. Temperaturen von rund 1000° Celsius, obwohl Prozesse mit niedrigeren Temperaturen inzwischen zur Verfügung stehen. Beim PVDVerfahren lassen sich die für den jeweiligen Anwendungsbereich und zu beschichtenden Werkstoff am besten geeignete Beschichtungsdicke, Struktur und Zusammensetzung auf unterschiedliche Weise erreichen. Für Werkzeugbeschichtungen kommen hauptsächlich drei PVD-Prozesse zur Anwendung: Ionenplattierung, Lichtbogenverdampfung und Magnetronzerstäubung (Sputtern). PVD ist ein umweltfreundliches Niederdruckverfahren im Niedertemperaturbereich, bei dem die Werkstücke für eine gleichmäßige Beschichtung bewegt werden müssen (Lineof-Sight-Prozess). Bei dem Verfahren werden Metallprecursoren in fester Form benutzt. Der abzuscheidende Werkstoff wird von einem festen Target verdampft und auf das Substrat aufgebracht. Durch PVD werden dünne Schichten von wenigen Mikrometern gebildet, die sich durch besondere Härte, feine Körnung und glatte Oberflächenbeschaffenheit auszeichnen und bei Druckbeanspruchung keine Risse entstehen lassen. CVD-Beschichtungen sind dagegen eher für Anwendungen geeignet, bei denen Abriebverschleiß ein Problem darstellt. Sie haben eine größere Schichtdicke und bieten deshalb eine hohe Verschleißfestigkeit. Der erste kommerziell eingesetzte PVDBeschichtungswerkstoff war TiN. Sandvik Coromant führte 1982 sein erstes TiN-beschichtetes Werkzeug ein, den Delta-Bohrer, und 1990 kam mit GC 1020 der erste PVDSchneidstoff auf den Markt. nimmt PVD immer noch eine führende Stellung ein. Werkstoffe wie TiCN, TiAlN und AlCrN, Oxide wie Al2O3 und (AlCr)2O3, neuartige Beschichtungswerkstoffe wie TiAlSiCrN und sogar kohlenstoffbasierte Materialien stehen inzwischen in immer mehr Anwendungsbereichen für PVD-Verfahren zur Verfügung. Innovative Beschichtungsprozesse wie HF- oder gepulstes DC-Sputtern haben die Schwierigkeiten beim Aufbringen von isolierenden Beschichtungswerkstoffen gelöst. Durch Mehrfach-Beschichtungen lassen sich beispielsweise die Leistungsmerkmale von Wendeschneidplatten auf bestimmte Anwendungen zuschneiden. Hinzu kommen Entwicklungen bei PVD-Anlagen wie neue Dampf- und Stromversorgungsquellen, die einen weiteren Beitrag zur Verbesserung der Beschichtungstechnologie leisten werden. n In der Beschichtungsentwicklung GC1115 (HC) Beständig gegen plastische Verformung und gute Schneidkantensicherheit GC1125 (HC) Empfohlen für Schlichtbearbeitungen von rostfreien Stählen bei mittleren und niedrigen Schnittgeschwindigkeiten. GC1040 (HC) Für Fräsoperationen unter schwierigen Bedingungen, bis mittlere Schnittgeschwindigkeiten und/oder Vorschubraten. S30T (HC) Für Fräsbearbeitungen bei mittleren bis hohen Schnittgeschwindigkeiten zum Beispiel an rostfreien Duplex-Stählen. Zusammenfassung PVD-beschichtete Werkzeuge und Wendeschneidplatten sind zu einem wichtigen Produktivitätsfaktor geworden, weil sie dank höherer Schnittgeschwindigkeiten die Taktzeiten reduzieren und die Fertigung einer größeren Zahl von Werkstücken in kürzerer Zeit ermöglichen. Ihre Verschleißfestigkeit sorgt für weniger Betriebsunterbrechungen aufgrund von Werkzeugaustausch. Auch der Verbrauch an Kühlschmierstoffen geht zurück. n metalworking world 33 In den 1980er Jahren verlegten viele Unternehmen ihre Produktion nach Shenzhen in der chinesischen Provinz Guangdong und machten sie zur „Fabrik der Welt“. text: Jan Hökerberg foto: Ringo Ho Auf den Spuren des Erfolgs Shenzhen, China. Alles begann vor 30 Jahren mit einer kleinen Werkstatt in Hongkong. Heute ist die LK Group der weltgrößte Hersteller von Druckgießmaschinen. LK Group Die LK Group mit Sitz in Hongkong befasst sich mit Entwicklung, Bau und Vertrieb von Warmund Kaltkammer-Druckgießmaschinen, Spritzgießmaschinen und CNC-Bearbeitungszentren. Das Unternehmen hat acht Produktionsstätten – sechs in China, eine in Taiwan und eine in Italien – sowie weltweit 60 Vertriebs- und Servicebüros. Mit rund 3.500 Mitarbeitern erzielt die LK Group einen Jahresumsatz (von September 2009 bis September 2010) von circa 2,1 Milliarden Yuan (rund EUR 220 Millionen) 34 metalworking world Die LK Group baut Warm- und Kaltkammer-Druckgießmaschinen und andere Arten von Maschinen zur Steigerung der Produktivität von Fertigungsunternehmen in allen Teilen der Welt. Liu Siong Song, Gründer der LK Group nnn An Unternehmen wie der LK Group zeigt sich das beeindruckende Wirtschaftwachstum und der enorme industrielle Erfolg Chinas in den vergangenen 30 Jahren am deutlichsten. In den 1970er Jahren etablierte sich Hongkong als asiatisches Wirtschaftszentrum mit einer personalintensiven Fertigungsindustrie, die nach Japan an zweiter Stelle rangierte. Ein junger Indonesier chinesischer Herkunft mit Namen Liu Siong Song sah hier seine Chance und gründete 1979 eine kleine Maschinenbauwerkstatt. „Damals wuchs Hongkong rasch“, erzählt Liu, „aber auch die Löhne stiegen schnell. Viele Fabriken erkannten in der Automation eine Möglichkeit zur Senkung der Betriebskosten. Ich dachte, wir könnten unseren Kunden dabei helfen, indem wir die Maschinen, die meistens aus Japan importiert wurden und sehr teuer waren, im eigenen Land beschaffen oder besser noch produzieren.“ Im Jahr zuvor, 1978, hatte die chinesische Führung auf dem 3. Plenum des 11. Kongresses der Kommunistischen Partei Chinas ein Wirtschaftsreformprogramm angenommen, das ausländische Investitionen in die Wirtschaft des chinesischen Festlandes fördern sollte. Als Folge der neuen Öffnung Chinas strömten in den 1980er Jahren Zehntausende von kleinen und mittelständischen Fertigungsunternehmen aus Hongkong in die chinesische Provinz Guangdong und ließen sich dort nieder, weil hier die Löhne wesentlich niedriger waren als in Hongkong. Liu gehörte auch dazu. Sein Unternehmen hatte 1985 in Hongkong mit dem Bau von Warmkammer-Druckgießmaschinen begonnen und gründete 1991 die LK Group in Shenzhen (Guangdong) als erste Produktionsstätte auf dem chinesischen Festland. „Die Verlegung der Produktion nach Shenzhen brachte viele Vorteile mit sich“, erinnert sich Liu. „Die erheblich niedrigeren Kosten machten uns wettbewerbsfähiger. Aber es gab auch Nachteile. Zu jener Zeit stand Automation in China nicht hoch im Kurs, weil dadurch Arbeitsplätze in den Fabriken verloren gingen.“ Nachdem das Unternehmen in den ersten Jahren seine Verkaufszahlen jährlich verdoppelt hatte, schwächte sich das Wachstum Anfang der 1990er Jahre ab. Erst die berühmte Inspektionsreise des KP-Generalsekretärs Deng Xiaoping nach Südchina im Frühjahr 1992 leitete eine neue Reformund Investitionsära ein. Damit begann Guangdongs Wandel. Aus der verschlafenen Reisanbauregion wurde „die Fabrik der Welt“. In nur wenigen Jahren schaffte es Guangdong an die Spitze der chinesischen Exportprovinzen und wurde ein Magnet für die Zuwanderung von Arbeitskräften aus dem Hinterland. Städte wie Shenzhen und Dongguan blühten zu bedeutenden Industriezentren auf, zunächst für die Herstellung von Spielzeug, Bekleidung und Maschinen und später auch für Computer, Handys und iPads. Die Nachfrage nach automatisierten Maschinen stieg drastisch. Sowohl einheimische als auch ausländische Unternehmen wollten sich Dengs Slogan „Reich zu werden, ist wunderbar“, den er auf seiner Inspektionsreise geprägt hatte, zu Eigen machen. Die LK Group konnte schon bald expandieren und baute neue Fabriken in anderen Teilen Chinas. Heute ist das Unternehmen der weltgrößte Hersteller von Druckgießmaschinen mit einem Anteil von 50 Prozent am chinesischen Markt. Auch bei Spritzgießmaschinen gehört die LK Group zu den bedeutenden Akteuren in China. „Unser rasantes Wachstum haben wir zum großen Teil der raschen Entwicklung Chinas zu verdanken”, meint Liu. „Aber wir legen auch viel Wert auf die Qualität Die Fabrik der LK Group unserer Produkte und Dienstleistungen. Der in Shenzhen Erfolg unserer Kunden ist uns wichtig. Wenn sie erfolgreich sind, sind wir es auch.” Der Druckguss ist ein spezielles Gießverfahren für die Herstellung von Konstruktionsteilen aus Metall. Dabei wird das geschmolzene Metall unter hohem Druck in wiederverwendbare Stahlformen gedrückt. Mit diesen so genannten metalworking world 35 „Wir legen viel Wert auf die Qualität unse rer Produkte und Dienstleistungen. Der Erfolg unserer Kunden ist uns wichtig.“ Liu Siong Song, Gründer der LK Group Aus technischer Sicht Eine fruchtbare Beziehung Sandvik Coromant unterhält seit langem eine enge Beziehung zur LK Group und hat dem Unternehmen in all den Jahren insgesamt 10.000 Produktionsstunden und fast zehn Millionen Yuan (rund EUR 1 Million) an Produktionskosten gespart. Die LK Group bezog 1998 erstmals Fräs- und Drehwerk zeuge von Sandvik Coromant. Seit Ende 2006 werden Sandvik Coromant-Fräser in großem Umfang eingesetzt, was zu einer Verdoppelung der Produktivität geführt hat. Darüber hinaus hat Sandvik Coromant mit seinem Productivity Improvement Program die gesamte Produktion der LK Group analysiert und dabei Bereiche identifiziert, in denen die Zerspanungsproduktivität deutlich gesteigert werden könnte. Zhou Peng, regionaler Vertriebsleiter bei Sandvik Coromant (im gelben Kittel), mit Li Gang, Deng Lipeng und Chen Guojun, Produktionsleiter bei der LK Group. Kokillen lassen sich komplexe Formen mit einem hohen Maß an Präzision und Wiederholbarkeit fertigen – exakt definierte Konstruktionsteile mit glatten oder strukturierten Oberflächen, die für eine breite Palette von attraktiven und zweckmäßigen Oberflächenbehandlungen geeignet sind. Druckgussteile sind in der Zerspanungsindustrie die Massenproduktionsteile mit dem größten Fertigungsvolumen. Sie kommen in Tausenden von Verbraucher-, Handels- und Industrieprodukten vor. Das Spektrum reicht von Autos bis Spielsachen. Die Kunden der LK Group sind in diesen und vielen anderen Branchen zu finden. Anfänglich waren die Abnehmer Spielzeug- und Unterhaltungselektronikhersteller. Bald kamen Motorradhersteller hinzu, und heute beherrscht die Automobilindustrie das Kundenregister. Aber es gibt auch diverse andere Industriekunden. 36 metalworking world Sandvik Coromant beliefert die LK Group schon seit den 1990er Jahren und hat das Unternehmen als Produktivitätspartner bei Initiativen zur Steigerung der Effizienz unterstützt. „Früher waren die Löhne in China niedrig, aber heute sind sie hoch“, erklärt Liu. „Wer die Produktivität steigern will, muss auf Effizienz setzen. Dabei spielt Sandvik Coromant eine wichtige Rolle. Sandvik Coromant ist eine bekannte Marke, auf deren Produkte man sich verlassen kann. Sie sorgen dafür, dass sich letztendlich auch die Produktivität unserer Kunden erhöht.“ Mit dem Wandel Chinas verändert sich auch die LK Group. China ist zu einem globalen Zentrum für Forschung und Entwicklung geworden. Tausende von auslandsfinanzierten Forschungs- und Entwicklungszentren haben sich bereits überall im Land niedergelassen. Die LK Group gründete ein Unternehmen in Bei einer Bohroperation in einem Steuerblock konnte durch den Einsatz des CoroDrill 880 in Kombination mit maßgeschneiderten Aufbohrwerkzeugen die Bearbeitungszeit von 40 auf fünf Minuten verkürzt werden. „Dank der Einführung einer Reihe von Sandvik Coromant entwickelter Lösungen hat sich die Produktivität beträchtlich erhöht“, erklärt Peng Zhou, regionaler Vertriebsleiter im Shenzhen-Verkaufsbüro von Sandvik Coromant. „Durch den schnelleren Bearbeitungsprozess konnten wir rund 10.000 Produktionsstunden jährlich einsparen. Infolge der Produktivitätssteigerung hat die LK Group ihren Gewinn erhöht und ihre Wettbewerbsfähigkeit am Markt verbessert.“ n Taiwan für die Herstellung von CNC-Maschinen und verlegte dann die Serienproduktion dieser Maschinen nach Kunshan in der Nähe von Shanghai. „Die chinesische Regierung befürwortet inzwischen die Automation. Deshalb würden wir gerne Kunshan zu unserem Hauptstandort für die CNC-Produktion machen“, so Liu. Das Unternehmen betreibt auch eine intensive Zusammenarbeit mit verschiedenen führenden Universitäten, darunter mit der Tsinghua-Universität in Beijing, der Zhejiang-Universität in Hangzhou und der Polytechnischen Universität in Hongkong, und verfügt selbst über ein 200-köpfiges F&E-Team. Die Übernahme des italienischen Unternehmens IDRA 2008 war für die LK Group der erste Schritt zu einer Internationalisierungsstrategie, die weiter ausgebaut werden soll und auf ausländische Akquisitionen ausgerichtet ist. „Aber der Preis muss stimmen“, schließt Liu. n Technik text: turkka kulmala Herausforderung: Verbesserung der Spankontrolle beim Bohren in langspanende Stähle mit Vollhartmetall-Werkzeugen. Lösung: Eine neue Bohrgeometrie und Hartmetallsorte für verbesserte Spankontrolle, höhere Produktivität und längere Standzeiten. Höchstleistung beim Bohren in Stahl Da der Zerspanvorgang eines Bohrers im Inneren des Werkstücks stattfindet, ist die Spankontrolle (Spanbildung und -abfuhr) entscheidend für die Prozesssicherheit. Sandvik Coromant bringt eine völlig neue Generation von Vollhartmetall-Bohrern auf den Markt, die durch eine ausgezeichnete Spanabfuhr insbesondere bei hohen Schnittdaten überzeugt und dadurch eine Kombination aus höchster Produktivität und Sicherheit bietet. Bei der Bearbeitung von ISO P Materialien zeichnet sich der neue Bohrer durch niedrige Schnittkräfte aus und meistert auch bei langspanenden und kohlenstoffarmen Stählen die bisher für diesen Anwendungsbereich typischen Probleme in Bezug auf Spankontrolle. Im Laufe des Entwicklungsprozesses wurden zahlreiche Ideen und Konzepte ausgewertet und simuliert. Die Vielversprechendsten gelangten bis zur Prototypkonstruktion und Testphase. Die Prototypen wurden anschließend nach wesentlichen Leistungskriterien wie Spankontrolle, Geräuschpegel und Schnittkräfte benotet. Bewertet wurde auch die Qualität der Bohrung im Hinblick auf Maß-, Positions- und Geometriegenauigkeit sowie die Gratbildung am Bohrungsaustritt. Bei der schließlich ausgewählten Konstruk tion handelt es sich um eine neue einzigartige Geometrie. Die innovative Schneidkantenform und der effiziente Freiwinkel ermöglichen geringe Schnittkräfte, verbesserte Spankontrolle und eine höhere Vorschubgeschwindigkeit. Die neuartige Rundung der Schneidkante und die Schneidecken der Bohrspitze mindern die Gefahr von Kantenausbrüchen und sorgen für eine gute Beschichtungshaftung. All dies trägt zu einer weiteren Verbesserung der Prozesssicherheit bei. n corodrill 860 Zusammenfassung Ein langwieriger Produktentwicklungsprozess hat zu einer neuen Generation von VollhartmetallBohrern für ISO-P-Anwendungen geführt. Die wichtigsten Vorteile sind die hohe Prozesssicherheit, Wirtschaftlichkeit und Bohrungsqualität. n Fallbeispiel: Normen übertroffen In einer Motorplatte aus Stahl (CMC02.1) wurden mit einem Standardbohrer unter Verwendung von Minimalmengen-Schmierstoff (MMS) Bohrungen mit einem Durchmesser von 6,90 mm und H9-Toleranz erstellt. Werkzeug: CoroDrill 860-PM 860.1-0690-040A1-PM 4234 Wettbewerber Schnittgeschwindigkeit vc: 85 m/min 70 m/min Spindeldrehzahl n: 3921 U/min 3229 U/min Vorschub pro Umdrehung fn: 0.16 mm/rev 0.12 mm/rev Vorschub pro Minute vf: 627 mm/min 387 mm/min Bohrweg: 37.6 m 23.2 m Werkzeugstatus: Kein Verschleiß Hoher Verschleiß Ergebnis: Der CoroDrill 860-PM erzielte selbst mit deutlich erhöhten Schnittdaten eine Standzeitverbesserung um 62 Prozent. metalworking world 37 Die Lösung text: turkka kulmala Illustration: kjell thorsson Grünes Licht für Ihre Maschine Eine neue Werkzeugmaschine ist eine beträchtliche Investition, die sorgfältige Planung erfordert. Der übliche Ansatz zur Optimierung der Produktivität ist die Erhöhung der Schnittdaten. Ein anderer Weg zur Maximierung der Rendite besteht darin, die Nebenzeiten zu minimieren, denn schließlich bringt die Maschine nur etwas ein, wenn die grüne Lampe leuchtet. Das „Green Light Machining“Konzept ist besonders effektiv bei Multifunktionsmaschinen In aller Stille Silent tools Der modulare Aufbau der schwingungsgedämpften Silent Tools-Adapter ermöglicht effiziente Werkzeug lösungen, die den Fertigungsprozess vereinfachen und unnötige Umrüstzeiten eliminieren. Ein starkes Polygon Optimale Schnittstelle Das konische Polygon der Coromant Capto-Spanneinheit ist in der Lage, hohe Drehmomente zu übertragen und sorgt für eine konstante Mittenhöhe ohne Mitnehmersteine. Coromant Capto bietet eine höhere Spannkraft sowie eine ausgezeichnete Biegesteifigkeit und ist für HP- und Silent Tools-Systeme ausgelegt – alles optimale Voraussetzungen für eine maximale Nutzung von Multifunktionsmaschinen. 38 metalworking world Weitere Informationen finden Sie auf www.sandvik.coromant.com Zwei in einer Maschinenangepasste Spanneinheiten EDie Ausstattung von Maschinenschnittstellen mit Spanneinheiten, die sowohl für nicht-rotierende als auch für rotierende Anwendungen geeignet sind, ist bei Multifunktionsmaschinen äußerst wichtig. Dies gilt insbesondere für Drehzentren, die eine geringere Auslastung haben als Bearbeitungszentren. utilization than machining centres. Großer Unterschied Schnellwechsel- Drehzentren mit schwingungsgedämpften Werkzeughaltern Werkzeugsysteme Werkzeuge und Adapter, die den Werkzeugwechsel auf ein Minimum reduzieren, haben einen großen Einfluss auf die Maschinenauslastung, die sich bei Umstellung auf Schnellwechsel-Werkzeugsysteme um bis zu 50 Prozent erhöhen kann. Multi-Task-Maschinen Vertikaldrehzentren Unter Hochdruck HP-Kühlschmierstoffsystem Ein optimiertes und präzises Hochdruck-Kühlschmierstoffsystem kann die Werkzeugstandzeiten um bis zu 50 Prozent und die Schnittgeschwindigkeit um bis zu 20 Prozent erhöhen. Das Ergebnis: weniger Werkzeugwechsel und Spanstau und somit höhere Maschinenauslastung. 5-Achs-Bearbeitungszentren mit Drehkapazität Zeit ist Geld Ein wichtiger Faktor für die Wirtschaftlichkeit des Fertigungsprozesses ist die Dauer der Zeit, in der die Maschine im Einsatz ist. Untersuchungen zufolge liegt die Zerspanzeit bei 20 bis 40 Prozent der gesamten Fertigungsdauer. In der restlichen Zeit steht die Maschine still wegen Werkzeugwechsel, Rüstzeiten, Messungen, Betriebsstörungen, Schichtwechsel oder Wochenende. Die Minimierung dieser Faktoren verbessert die Produktivität. Sandvik Coromant nennt dieses Konzept „Green Light Machining“. n metalworking world 39 Print n:o C-5000:553 GER/01 © AB Sandvik Coromant 2011:3 EMO’11 The roa d to success starts here! 19. – 24. September, Hannover, Deutschland Der Weg zum Erfolg beginnt hier! Besuchen Sie den Sandvik Coromant Smart Hub auf der EMO 2011, wo sich die Wege zu Innovation und Produktivität kreuzen. Hier finden Sie die neueste Werkzeugtechnologie für Ihre Maschine, Ihre Branche und Ihre Anwendung – alles, um Ihren Erfolg zu sichern. Sprechen Sie mit einem unserer Branchenexperten über Ihre Anwendungen und lernen Sie neue Wege kennen, wie Sie Ihre Fertigungsprozesse verbessern und dabei Kosten sparen können. Gehen Sie jetzt auf Erfolgskurs im Smart Hub, Halle 5, Stand B20. 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