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Taucher im Klärschlamm - News Wissen: Technik - tagesanzeiger.ch
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Sporttauchen sei wie Autofahren,
Unangenehm sind diese Gerüche höchstens für das
Berufstauchen wie die Formel 1, sagt der Profi
Team, das den Tauchgang begleitet.
Gregor Ulrich. Die körperliche und mentale
Belastung ist hoch. Die Taucher in Ulrichs
Team wiegen alle um die 100 Kilo. Viel davon
ist Muskelmasse, die Ausrüstung ist schwer.
Allein der Spezialhelm wiegt 15 Kilo. Dazu
kommen ein Gummi-Anzug, ein Werkzeuggurt, Fussgewichte und eine Weste, die dem
Taucher im Notfall den Kopf nach hinten dehnt.
Unter Wasser wird hart gearbeitet: Die
Berufstaucher reinigen, kontrollieren, bergen.
«Der Kalorienverbrauch liegt etwa doppelt so
Dass Menschen in Faultürmen von Kläranlagen
tauchen, ist nicht vorgesehen. Und doch spricht viel
dafür, denn die Reinigung der Becken durch Taucher
ist laut Ulrich schneller und kostengünstiger, als die
Faultürme dafür ganz zu leeren. Ulrichs Vater,
ebenfalls Berufstaucher, hat die alternative
Reinigungsmethode vor 15 Jahren mitentwickelt. Das
Wiener Familienunternehmen Umwelt-Tauchservice
hat mittlerweile Einsätze in ganz Mitteleuropa.
hoch wie an Land», sagt Ulrich. Viele der
Einsatzorte sind risikoreich oder ungemütlich:
Stauseen, AKW, Baugruben. Der Markt für
Berufstaucher ist klein. In der Deutschschweiz
gibt es rund ein Dutzend spezialisierte Firmen.
Sie bilden den Nachwuchs teils on the job aus.
Die nächsten Berufstaucherschulen liegen in
Norddeutschland. (mf)
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Zum Beispiel in Thalwil. Konzentriert stehen Ulrich
und sein vierköpfiges Team auf dem Dach der
Kläranlage. Gleich wird sich ein Kollege von Ulrich
durch die enge Luke in den Faulturm zwängen. Dick
eingepackt in eine Ausrüstung, die um die 60 Kilo
wiegt. Gehalten von einem bunten Leinenstrang, der
den Taucher mit Pressluft versorgt und durch den er
mit dem Team sprechen kann.
«Wie Honig oder Torf»
Nachdem der Einstieg geschafft ist, lassen ihn seine Kollegen langsam in die grünbraune Masse
sinken. Mit den blauen Handschuhen winkt er ein letztes Mal. Dampfwolken steigen auf. Dann
verschwindet er für 25 Minuten im Becken, wo anaerobe Bakterien Klärschlamm zu
Faulschlamm und Faulgas veredeln. Bei seiner Inspektion misst der Taucher die Menge der
Ablagerungen, die sich dort über die Jahre angesammelt haben. Das Team achtet
währenddessen auf die Tauchdauer, die Luftversorgung und die Atmung des Tauchers.
Wie ist es dort unten, fast 20 Meter unter der Oberfläche? «Heiss und dunkel», erklärt Ulrich,
der als Einsatzleiter die Daten notiert, die der Taucher aus der Tiefe durchgibt. Die
Grundtemperatur in einem Faulturm beträgt um die 37 Grad. Beim Vorwärtskommen verlassen
sich die Taucher auf ihren Tastsinn. Ulrich zeigt das Foto eines Legomodells, auf dem ein
Faulturm im Querschnitt zu sehen ist. Darauf wirkt der Boden des Beckens wie eine
Mondlandschaft. Wie ein Astronaut, der von seinem Besuch auf einem anderen Stern berichtet,
klingt auch der Taucher, als er nach seiner Rückkehr vom Inneren des Faulturms erzählt. Man
könne auf den Ablagerungen klettern wie auf Sanddünen, der Schlamm lasse sich durchfassen
wie ein Topf mit Kleister. Für Ulrich hingegen fühlt sich die Masse an wie «Honig oder Torf».