Landwirtschaft
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Universität Zürich Institut für Lehrerbildung und Berufspädagogik Einführung in die Berufspädagogik Landwirtschaft Proseminararbeit zur beruflichen Aus- und Weiterbildung für Landwirte Dietz Karin Lacher Sebastian Spycher Dominik De Baptistis Sergio Zürich, 25. Januar 2002 Inhaltsverzeichnis 1. Struktur der Branche................................................................................................................................................2 2. Gestaltung der Aus- und Fortbildung......................................................................................................................3 2.1 Grundsätzliche Angaben....................................................................................................................................3 2.2 Lehrberufe.............................................................................................................................................................4 2.3 Fort- und Weiterbildung.....................................................................................................................................7 3. Berufslehre....................................................................................................................................................................8 3.1 Betriebliche Bildung.............................................................................................................................................8 3.2 Überbetriebliche Bildung....................................................................................................................................8 3.3 Schulische Bildung...............................................................................................................................................8 4. Entwicklung..................................................................................................................................................................10 4.1 Situation heute......................................................................................................................................................10 4.2 Entwicklungsrichtungen.....................................................................................................................................17 Wintersemester 2001/02, Lehrbeauftragter: Dr. Emil Wettstein, Veranstaltung 1327 Uni Zürich, IleB, Proseminar “Einführung in die Berufspädagogik” 2 1 Struktur der Branche Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft Die Bauern und Bäuerinnen der Schweiz tragen eine grosse Verantwortung in der schweizerischen Landesversorgung, in der Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen und in der Pflege der Kulturlandschaft der Schweiz, begründet durch Artikel 104 der Bundesverfassung, dem Landwirtschaftsgesetz und verschiedenen Verordnungen. Finanzielle Unterstützung vom Bund (14 Milliarden Franken von 2000 bis 2003) erhalten die Landwirte nur, wenn sie die strengen Auflagen bezüglich Ökologie und Tierhaltung einhalten. Diese an Verpflichtungen gebundenen Direktzahlungen lösten in den 90-er Jahren die Subventionen ab, die zu Überproduktion, Umweltbelastungen und hohen Nahrungsmittelpreisen geführt hatten. Ein staatlich garantiertes Preis- und Marktumfeld verschwand, heute bestimmen Angebot und Nachfrage die Preise. Die nächsten grossen Herausforderungen für die Landwirtschaft werden die zunehmende Globalisierung und die EU sein. Das Ziel der heutigen Agrarpolitik ist die Anpassung der Preise an das Niveau der EU. Die in der Schweiz produzierten Lebensmittel sind heute jedoch teurer aufgrund der hohen Lebenskosten, Maschinen- und Landpreise und der Auflagen beim Gewässer-, Tier- und Naturschutz. Um sich auf dem härteren Markt positionieren zu können, entwickeln viele Bauern und Bäuerinnen innovative Ideen. Sie halten Hochlandrinder, pflanzen Melonen statt Kartoffeln an, bieten Ferien und Frühstücksbuffet auf dem Hof an, veranstalten Lamatrekking, Discos oder senken Produktionskosten, indem sie Betriebsgemeinschaften bilden. Betriebe: Zahl und Grösse Zwischen 1990 und 2000 hat die Zahl der Betriebe um ca. 25’000 auf 71’000 abgenommen, 1965 waren es noch 160’000 Betriebe. Die landwirtschaftliche Nutzfläche ist ungefähr gleich geblieben. Die vorhandenen Betriebe wurden somit grösser. Diese Betriebe bewirtschaften 15’250 km2 Land, mehr als ein Drittel der Gesamtfläche der Schweiz (=41’290 km2). Ein Durchschnittsbetrieb umfasst ungefähr 15,3 ha. Fast die Hälfte aller Betriebe liegen im Berggebiet. 4’800 Höfe sind Biobetriebe und bewirtschaften 8% der landwirtschaftlichen Nutzfläche. Die Zahl der Betriebe, die die Anforderungen der beiden Bundesprogramme für Tiere mit freiem Auslauf (RAUS) und in besonders tierfreundlichen Ställen (BTS) erfüllen, erhöhte sich 2000 um 14 bzw. 17 Prozent. Produkte und Markt Die Schweizer Landwirtschaft produziert rund zwei Drittel der im Inland benötigten Nahrungsmittel. Ein Drittel wird importiert. Der gesamte Handel läuft heute zu zwei Dritteln über die Grossverteiler Migros und Coop. Gut drei Viertel des Gesamtumsatzes der Landwirtschaft stammt aus dem Verkauf tierischer Produkte wie Milch, Fleisch und Eier. Die Milch ist das wichtigste landwirtschaftliche Erzeugnis mit einem Anteil am Gesamtumsatz von 35% (3,8 Milliarden Liter). Insgesamt hielten die Bauern im Jahr 2000 rund 1,5 Mio. Stück Rindvieh, 6,8 Mio. Hühner, 1,49 Mio. Schweine, 62’000 Ziegen und 50’000 Pferde. Der Tierschutz ist in der Schweiz sehr fortschrittlich geregelt: Batteriehühner sind verboten, das Weiden der Kühe ist obligatorisch, Hormone und Antibiotika in der Mast nicht zugelassen, industrielle Tierhaltung nicht erlaubt. Arbeitende Rund 3% der Gesamtbevölkerung arbeiteten im Jahr 2000 in der Landwirtschaft, 130’000 Männer und 75’000 Frauen. Ungefähr ein Drittel der männlichen Arbeitnehmer waren Teilzeitangestellte, bei den Frauen waren es rund zwei Drittel. Es existierten 524 weibliche Betriebsleiterinnen und 49’339 männliche Betriebsleiter. Uni Zürich, IleB, Proseminar “Einführung in die Berufspädagogik” 3 Im neuen Umfeld konnten nicht alle Betriebe mithalten, vor allem bei den kleineren Betrieben ist ein Rückgang zu verzeichnen. Jeder dritte Betrieb ist ein Nebenerwerbsbetrieb, der zum grösseren Teil auf ein Einkommen aus einem anderen Beruf angewiesen ist. Ebenso ein Drittel beträgt die Anzahl der Betriebe, der im Jahr 2000 keine Eigenkapitalbildung gelang. Diese Betriebe seien laut Agrarbericht 2001 ohne Basis für eine längerfristige Sicherung der Existenz. Im Berggebiet sei die Lage besorgniserregend (NZZ, 20.11.01). Organisation Die wichtigste und grösste Organisation ist der Schweizerische Bauernverband (SBV) mit Sitz in Brugg. Jeder Bauer ist als Sektionsmitglied indirekt dem SBV angeschlossen. Die Entscheide werden an der Delegiertenversammlung mit 500 Mitgliedern und in der Schweizerischen Landwirtschaftskammer mit 100 Mitgliedern demokratisch gefällt. Die Berufsgruppe ist gut organisiert, es kommen 25 kantonale und viele regionale Bauernverbände dazu. Ebenso existieren viele Interessenverbände und Branchenorganisationen wie zum Beispiel die Älpler- und Älplerinnenorganisation, Bio Suisse, demeter, IP suisse, Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für die Berggebiete und die Vereinigung zum Schutz der kleinen und mittleren Bauern (VKMB). Als einziger Wirtschaftssektor verfügt die Landwirtschaft über ein eigenes Bundesamt. (aus: www. landwirtschaft.ch; www. bauernverband.ch; Zeitschrift kf.Info, Nr. 11, 2001; Broschüre ”Portrait der Landwirtschaft” des Landwirtschaftlichen Informationsdienstes LID; Agrarbericht 2001 in der NZZ vom 20.11.01; Die Schweizer Landwirtschaft in Zahlen, Ausgabe 2001/02, Abteilung Statistik des Schweizerischen Bauernverbandes) 2 Gestaltung der Aus- und Fortbildung 2.1 Grundsätzliche Angaben Rekrutierung des Nachwuchses: Der Strukturwandel in der Landwirtschaft hinterlässt seine Spuren auch im Bildungswesen. Die schwierige Situation der Landwirtschaft wirkt sich vor allem auf die schwindende Zahl von Lehrlingen aus. Im Unterschied zu andern Wirtschaftszweigen ist der Rückgang der Lehrverhältnisse in der Landwirtschaft in den vergangenen Jahren nicht auf ein fehlendes Lehrstellenangebot zurückzuführen sondern auf die fehlende Attraktivität der landwirtschaftlichen Berufe. Entwicklung der Lehrlingszahlen in der Landwirtschaft 3500 3000 2500 2000 1.Lehrjahr Landwirtschaft 1500 1000 500 1999 1997 1995 1993 1991 1989 1987 1985 1983 1981 1979 1977 0 Im landwirtschaftlichen Bildungswesen bestehen daher Überkapazitäten. In verschiedenen Spezialzweigen gibt es nicht mehr genügend Interessenten um eine separate Grundausbildung zu Uni Zürich, IleB, Proseminar “Einführung in die Berufspädagogik” 4 gewährleisten. Ein Angebot von vielen verschiedenen Ausbildungsmodellen verhindert teilweise die Nutzung von Synergien. Besonderheiten: Das landwirtschaftliche Bildungswesen umfasst die Grundausbildung sowie die Weiterbildung des Landwirts und der Landwirtin sowie von zwölf landwirtschaftlichen Spezialberufen. Sie unterscheidet sich von der gewerblich-industriellen Berufsbildung sowohl bezüglich der gesetzlichen Grundlagen, der Organisationsstruktur wie auch in den Ausbildungsangeboten. Während rund 100 Jahren hat sich die Sonderstellung bewährt. Mit zunehmender Entwicklung und Professionalisierung der Berufsbildung zeigten sich immer mehr auch die Nachteile des Systems: Die Struktur der landwirtschaftlichen Berufsbildung ist kompliziert und teuer. Zwangsläufig wurde daher auch das landwirtschaftliche Bildungswesen Ziel der Verwaltungsreformen von Bund und Kantonen. In zahlreichen Kantonen wurde die Zuständigkeit dafür von den Landwirtschaftsämtern auf die Berufsbildungsämter übertragen. Mit der Schaffung des Bundesamtes für Berufsbildung und Technologie 1998 geschah dies auch auf Bundesebene. Die Rechtsgrundlage bildet im Moment aber noch das Landwirtschaftsgesetz. Das wird sich mit dem neuen Berufsbildungsgesetz ändern; es wird nach Inkrafttreten auch für die Landwirtschaft Gültigkeit haben und die Bestimmungen über die Berufsbildung im Landwirtschaftsgesetz werden aufgehoben. 2.2 Lehrberufe Das landwirtschaftliche Bildungswesen umfasst die Berufsausbildungen in den folgenden Berufen: • Landwirt / Landwirtin • (Landwirt / Landwirtin mit Spezialrichtung Biolandbau) • Bereiter / Bereiterin; • Geflügelzüchter / Geflügelzüchterin; • Gemüsegärtner / Gemüsegärtnerin; • Getränketechnologe / Getränketechnologin; • Käser / Käserin; • Molkerist / Molkeristin; • Obstbauer / Obstbäuerin; • Pferdepfleger / Pferdepflegerin; • Rennreiter / Rennreiterin; • Weintechnologe / Weintechnologin; • Winzer / Winzerin Für die allgemeine Landwirtschaft, den Gemüsebau und die Pferdepflege werden auch Anlehren angeboten. Die Ausbildung der Bäuerin erfolgt nicht nach dem Landwirtschaftsgesetz, sondern nach dem Berufsbildungsgesetz. Die Träger der landwirtschaftlichen Berufsbildung sind die Kantone oder die von ihnen beauftragten Berufsorganisationen. (Art. 118 und 119 LWG). Auf Kantonsebene waren in der Regel und sind es zum Teil noch immer, die Landwirtschaftsämter mit dem Vollzug betraut. Teilweise haben diese Ihre Kompetenzen an Berufsorganisationen delegiert. Dies führte zu einem sehr komplizierten Netz von Kompetenzen und Zuständigkeiten. Aufbau der Ausbildung: Die dreijährige Grundausbildung der Landwirte bis zur Lehrabschlussprüfung umfasst zwei Stufen: Nämlich eine zweijährige vertragliche Lehre mit begleitender Berufsschule (mindestens 400 Lektionen) und eine zweisemestrige Landwirtschaftsschule (Vollzeitschule mit mindestens 1200 Lektionen). Die Lehrlinge werden in rund 60 Berufsschulklassen und die Landwirtschaftsschüler und Schülerinnen in 36 Landwirtschaftsschulen unterrichtet. Während den zwei Lehrjahren der Landwirte werden die grundlegenden Fertigkeiten und ein Basiswissen zur Berufsausübung als Angestellter vermittelt. Uni Zürich, IleB, Proseminar “Einführung in die Berufspädagogik” 5 Die Landwirtschaftsschulen bieten ein vertieftes Grundlagenwissen in der Produktionstechnik und eine Vorbereitung für eine spätere Tätigkeit als Betriebsleiter. Darin ist der hohe Anteil an theoretischem Unterricht von mindestens 1600 Lektionen begründet. Die meisten landwirtschaftlichen Spezialberufe sind nach dem Modell der dreijährigen Lehre, wie die gewerblich industriellen Berufe organisiert. Hier liegt das Schwergewicht der Ausbildung in der Vorbereitung zur Berufsausübung als Angestellter. Die 6 landwirtschaftlich - technischen Berufsmaturitätsschulen sind vorwiegend als Vollzeitschulen nach der Lehre organisiert. Sie nehmen Absolventen der Lehrabschlussprüfung aller Berufe auf. Rechtliche Besonderheiten: Als wesentliche Unterschiede zur gewerblich-industriellen Berufsbildung sind folgende Merkmale der landwirtschaftlichen Berufsbildung zu nennen: • • • • • • • • Sie beruht auf einer separaten Rechtsgrundlage, nämlich dem Landwirtschaftsgesetz und der Verordnung über die landwirtschaftliche Berufsbildung. Für Lehrlinge in den landwirtschaftlichen Berufen gilt das Arbeitsgesetz nicht. Auf Kantonsebene wird die landwirtschaftliche Berufsbildung vorwiegend durch die Landwirtschaftsämter verwaltet. Die Landwirtschaftsschule entspricht teilweise einer «Berufsfachschule» wie sie der Entwurf zum neuen Berufsbildungsgesetz vorschlägt. Das triale Ausbildungsmodell ist in der Landwirtschaft teilweise realisiert. Die Lehre setzt sich aus einem zweijährigen betrieblichen Teil mit begleitender Berufsschule und einem zweisemestrigen Landwirtschaftsschulteil zusammen. Der Berufsschulunterricht für Landwirte beträgt mindestens 1600 Lektionen. In der Landwirtschaft gibt es eine Vielzahl von (kantonalen) Ausbildungsmodellen. Alle Reglemente und Weisungen (für die Grund- und Weiterbildung der Landwirtschaft) wurden unterschiedslos von den Trägern der Berufsbildung erlassen und vom Bundesamt für Landwirtschaft genehmigt. Wegen der Finanzierung gemäss Landwirtschaftsgesetz wurde der landwirtschaftlichen Berufsbildung bedeutend höhere Bundesbeiträgen zuteil, als dies der Fall gewesen wäre nach dem Berufsbildungsgesetz. Geschichte: Die landwirtschaftliche Berufsbildung unterscheidet sich in verschiedener Hinsicht von der gewerblich -industriellen. Sowohl bezüglich der gesetzlichen Grundlagen, der Organisationsstruktur wie auch der Ausbildungsangebote ging die Landwirtschaft bisher eigene Wege. Diese Sonderstellung ist historisch bedingt. Der Beginn der formalen landwirtschaftlichen Berufsbildung geht auf die Bildungsreformer des 18. Jahrhunderts und die Entstehung der ersten Landwirtschaftsschulen zurück. Auf Bundesebene wurde 1892 erstmals der Betrieb der «landwirtschaftlichen Mittelschulen» im «Bundesgesetz betreffend die Förderung der Landwirtschaft durch den Bund» geregelt. Einige der in den folgenden Jahren festgelegten Grundsätze haben ihre Gültigkeit bis auf den heutigen Tag behalten. So die Unterscheidung zwischen Fortbildungsschule (heute Berufsschule) und «Fachschule», die Genehmigung der Lehrpläne, die Subventionierungsgrundsätze usw. Relativ spät (mit dem Landwirtschaftsgesetz von 1951) wurde in der Landwirtschaft die betriebliche Lehre eingeführt. Vorher war man davon ausgegangen, dass der Landwirt sein handwerkliches Können schon fast «in die Wiege gelegt» bekommt und die Jugendzeit auf dem Bauernhof eine hinreichende praktische Bildung ermöglicht. 1973 und 1993 wurden der Abschnitt Berufsbildung im Landwirtschaftsgesetz je revidiert. 1993 wurde eine gewisse Annäherung an Bestimmungen des Berufbildungsgesetzes vorgenommen. Die heute geltenden Rechtsgrundlage wurde nur noch geringfügig geändert, da 1998 die Integration ins Berufsbildungsgesetz bereits vorgesehen war. Zukunft: Ausgelöst durch die Reform der Bundesverwaltung im Bereich "Bildung Forschung und Technologie" (Bundesratsbeschluss vom 29. September 1997) und die Annahme eines Verfassungsartikel über die Berufsbildung sollen nun alle Lehrberufe dem Berufsbildungsgesetz unterstellt und im Bundesamt für Uni Zürich, IleB, Proseminar “Einführung in die Berufspädagogik” 6 Berufsbildung und Technologie zusammengefasst werden. Die über 100 - jährige Tradition der separaten landwirtschaftlichen Berufsbildung geht damit zu Ende. Neben der Aufgabe von Vertrautem und auch von gewissen Privilegien bietet dieser Wechsel die Chance einer Reform und eines Neubeginns der landwirtschaftlichen Berufsbildung. Bildungspolitischen Erfordernissen muss Priorität eingeräumt werden. Berufe müssen zusammengefasst werden. Die Ausbildung muss verstärkt berufsfeldbezogen organisiert werden. Trotzdem kann nicht mehr jede Landwirtschaftsschule ein allumfassendes Programm für die ganze Breite der Urproduktion anbieten. Die Bildungszentren müssen vermehrt zu Kompetenzzentren werden. Grosse Reformen stehen auch im didaktischen Bereich der Grundbildung bevor. Wie im gewerblich- industriellen Bereich muss auch das landwirtschaftliche Bildungswesen von der Vermittlung reiner Sachkompetenzen noch mehr abrücken zugunsten einer stärkeren Gewichtung von Schlüsselqualifikationen wie Sprachkompetenz, Selbst- und Sozialkompetenz usw. Die Grundbildung muss vermehrt auf Generalisten abzielen, die der immer mehr geforderten berufliche Mobilität zu genügen vermögen. Die Grundbildung verschiedener Berufe kann zusammengefasst und auf das Wesentliche konzentriert werden. Die berufliche Spezialisierung hat vor allem in Form von Weiterbildung zu geschehen. Die Weiterbildung muss flexibler auf die Bedürfnisse der Berufsangehörigen ausgerichtet werden. Die landwirtschaftliche Berufsbildung steht unter Reformdruck, verstärkt durch die Strukturänderungen der Landwirtschaft und des ländlichen Raumes. • Wegen der starken Abnahme der Lehrlingszahlen ist die Berufsbildung verschiedener landwirtschaftlicher Spezialberufe in Frage gestellt. • In der landwirtschaftlichen Berufsbildung bestehen Überkapazitäten. • Die Weiterexistenz zahlreicher Organisationen der landwirtschaftlichen Berufsbildung ist gefährdet. Diese Situation hat die Behörden und verschiedene Partnerorganisationen zum Handeln veranlasst. Um die verschiedenen Bemühungen zu koordinieren und in eine Gesamtstrategie einzubinden hat das BBT eine Expertengruppe eingesetzt. Gemäss Pflichtenheft hat diese den Auftrag, den Bund bei der Integration der landwirtschaftlichen Berufsbildung zu beraten und Projekte die in diesem Zusammenhang unterstützt werden zu begleiten. Als erste Aufgabe hat die Expertengruppe die Begleitung und Evaluation des Projektes "Berufsfeld grüne Berufe" übernommen. Das erste Opfer der oben geschilderten Entwicklung ist der Schweizerische Landwirtschaftliche Verein SLV, die bisher für die Berufsbildung des Landwirts verantwortliche Organisation. Der SLV hat seinen Verantwortung für die landwirtschaftliche Berufsbildung an den Schweizerischen Bauernverband SBV abgetreten. Der SBV ist nun im Zusammenhang mit dieser Übernahme am Aufbau einer Bildungsplattform, welche allen interessierten Organisationen zur Verfügung stehen soll. Weiter will der SBV im Rahmen eines Projektes des Lehrstellenbeschlusses zur Entstehung eines Berufsfeldes "grüne Berufe" beitragen. Die Schaffung von Berufsfeldern entspricht einem Postulat des neuen Berufsbildungsgesetzes. Ziele sind die Verbesserung der Durchlässigkeit und der Ausbildungsqualität sowie der rationellere Einsatz der Mittel. Wie die Landwirtschaft sind auch der Gartenbau und die Forstwirtschaft vorwiegend im ländlichen Raum angesiedelt und gestalten diesen entscheidend mit. Es ist daher naheliegend, dass sich daraus für die Berufsbildung gemeinsame Interessen ergeben. Dass die drei Wirtschaftszweige auch in Konkurrenz zueinander stehen, ist für eine Zusammenarbeit in der Berufsbildung kein Nachteil, im Gegenteil. Der SBV klärt nun ab, welche Berufe in der Ausbildung des Nachwuchses zusammenarbeiten wollen und wo in der Ausbildung der verschiedenen Berufe Gemeinsamkeiten vorhanden sind. Durch Zusammenlegung solcher Ausbildungsteile sollen anschliessend Doppelspurigkeiten vermieden und Synergien nutzbar gemacht werden 2.3 Fort und Weiterbildung Die Weiterbildung verläuft in zwei Richtungen, die sich ergänzen: • Die «Kaderbildung» umfasst die Fachschulen und die Betriebsleiterschule sowie die Lehrmeisterausbildung welche zur Berufsprüfung und zur Meisterprüfung führen. Die Uni Zürich, IleB, Proseminar “Einführung in die Berufspädagogik” 7 landwirtschaftlichen Fachhochschulen unterstehen bereits seit Inkrafttreten des Fachhochschulgesetzes im Jahre 1998 nicht mehr dem Landwirtschaftsgesetz. • Weiterbildung als «éducation permanente» wurde teilweise durch die Betriebsberatung wahrgenommen. Wie bereits erwähnt entsteht dadurch eine Überschneidung mit dem Berufsbildungsgesetz. Die Modularisierung des tertiären Bildungsbereichs zielt ebenfalls auf «lebenslanges Lernen». (aus: www.bbt.admin.ch) Uni Zürich, IleB, Proseminar “Einführung in die Berufspädagogik” 8 3. Berufslehre Die Ausbildung zum Landwirt / Landwirtin ist sehr speziell. So verbringen die Lehrling zuerst zwei Jahren auf einem Lehrbetrieb, kombiniert mit der Berufschule. Anschliessend müssen sie während 2 Semester eine Landwirtschaftliche Schule besuchen. Diese sogenannte Winterschule ist sehr theoretisch und wird durch verschiedene Exkursionen ergänzt. 3.1. Betriebliche Bildung Die Struktur sieht so aus, dass die Berufslehre (Grundausbildung) mindestens 3 Jahre dauert. Zwei Jahre dauert die vertragliche Lehrzeit auf anerkannten Lehrbetrieben. In der Regel müssen es zwei verschiedene Betriebe sein und einer davon muss sich auf Milchvieh Haltung spezialisiert haben. Während dieser Zeit auf dem Lehrbetrieb besuchen die Lehrlinge die Berufschule. Im Anschluss an diese betriebliche Ausbildung findet der 1. Teil der Lehrabschlussprüfung statt. Um das theoretische Wissen zu vergrössern, besuchen die Lehrlinge während 2 Semestern (mind. 34 Wochen) die Ausbildung an einer Landwirtschaftsschule. Diese sogenannte Winterschule enthält sehr viel Theorie und wird mit Excursionen ergänzt. Während den zwei Wintersemester haben die angehenden Landwirte wiederum Zeit, sich Praxiserfahrung anzueignen. Nach diesen zwei Semestern findet der zweite Teil der LAP statt. Ausbildungsziele Für die Berufslehre zum Landwirt / zur Landwirtin werden folgende Ausbildungsziele genannt: Sach- und Methodenkompetenz • kann sich über naturwissenschaftliche Grundlagenkenntnisse ausweisen und ökologische Zusammenhänge aufzeigen. • kann Techniken zur Erzeugung gesunder Nahrungs- und Futtermittel sowie zum Schutz und zur Pflege der Umwelt im Berufsalltag anwenden. • beherrscht die Produktionstechnik und kann diese in der Praxis selbstständig umsetzen. • kann in Feld und Stall sowie in der Werkstatt anfallende Arbeiten fachgerecht ausführen. • kann Nutztiere fachgerecht halten und respektiert das Tier als Lebewesen • verfügt über betriebs- und volkswirtschaftliche Grundkenntnisse • kennt die Grundsätze der Agrarpolitik • kennt die Gesetzmässigkeiten des Marktes. Sozial- und Selbstkompetenz • ist teamfähig und kritikfähig • ist kommunikationsfähig • kann Aufträge selbstständig ausführen • stellt sich positiv zur Arbeit und ist bereit, berufliche Leistung zu erbringen • befasst sich mit gesellschaftlichen Fragen 3.2. Überbetriebliche Bildung Im Sektor Landwirtschaft gibt es verschiedene Weiterbildungsmöglichkeiten: Ausbildung zum Landwirt mit Fachausweis (ehem. Betriebsleiter) Diese Ausbildung befähigt, landwirtschaftliche Betriebszweige selbstständig zu führen. Sie vermittelt vertiefte produktionstechnische Kenntnisse und schafft Kompetenz, Mitarbeiter einzusetzen. Ausbildungsziele (Sach-, Methoden-, Sozial- und Selbstkompetenz) • kann landwirtschaftliche Betriebszweige wirtschaftlich und standortgerecht führen. • verfügt über spezielle Kenntnisse in Betriebszweigen • kann die Zweckmässigen Produktionstechniken anwenden. • ist fähig zur Zusammenarbeit mit Berufskollegen- und kolleginnen. • ist geübt, sich mündlich und schriftlich auszudrücken • kann Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen einsetzen und anleiten Uni Zürich, IleB, Proseminar “Einführung in die Berufspädagogik” • 9 erkennt die Bedeutung der permanenten Weiterbildung Landwirt mit eidg. Diplom Der diplomierte Meisterlandwirt ist befähigt, einen Landwirtschaftsbetrieb unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit umfassend zu planen und unternehmerisch zu führen. Dies Weiterbildung ist Voraussetzung zur Ausbildung von Lehrlingen und trägt dazu bei, die erworbenen produktionstechnischen, wirtschaftlichen und sozialen Kenntnisse und Fähigkeiten zu erweitern, zu vertiefen und zu vernetzen. Ausbildungsziele (Sach-, Methoden-, Sozial- und Selbstkompetenz) • kann einen landw. Betrieb wirtschaftlich und standortgerecht führen. • kann einen Betrieb weiterentwickeln • verfügt über vertiefte Kenntnisse in Volkswirtschaft, Agrarpolitik, Markt, Agrarrecht, Steuern und Versicherungen. • kann Führungsinstrumente einsetzen und kann Produkte vermarkten. • kann Mitarbeiterinnen anleiten und führen. • kann vielseitig kommunizieren und versteht sich auf Öffentlichkeitsarbeit. • bildet sich laufend weiter und ist offen für Neuerungen. Permanente Weiterbildung Die permanente Weiterbildung trägt dazu bei, bestehendes Wissen zu erweitern, vorhanden Fähigkeiten zu optimieren und neue Kompetenzen zu erwerben sowie die eigene Persönlichkeit weiter zu entwickeln. Sie dient ebenfalls dazu, die Multifunktionalität der Landwirtschaft umfassend zu erkennen und entsprechende Schlussfolgerungen umsetzen zu können. Ausbildungsziele (Sach-, Methoden-, Sozial- und Selbstkompetenz) • sich mit den Veränderungen in der Landwirtschaft auseinander zu setzen • in ihrem Berufsfeld zu agieren. • die Lebensqualität im Beruf und auf dem Betrieb zu erhalten oder zu erhöhen. • das Bild der Landwirtschaft in der Öffentlichkeit aufzuwerten • die Entwicklung des ländlichen Raumes mitzugestalten. • entwickelt die Teamfähigkeit weiter • optimiert die Kommunikationsfähigkeit • übernimmt Verantwortung 3.3. Schulische Bildung In der Berufsschule im 1. und 2. Lehrjahr besuchen die Lehrlinge folgende Fächer: Allgemeinbildung, Sport Naturwissenschaften Pflanzenbau Tierhaltung Landtechnik Zusatzkurse in Arbeitssicherheit und Werkstatt Für die 36 bestehenden Landwirtschaftsschulen gibt es einen schweizerischen Lehrplan. Für die Umsetzung ist jede Schule selber verantwortlich (aus: Lehrplan für die Berufslehre des Landwirts / Der Landwirtin) Uni Zürich, IleB, Proseminar “Einführung in die Berufspädagogik” 10 4. Entwicklung 4.1 Situation heute Wer könnt die gegenwärtige Ausbildungssituation in der Landwirtschaft, deren Stärken und Schwächen, sowie die möglichen Entwicklungsschritte in naher Zukunft besser beurteilen als Direktbetroffene. In diesem Kapitel lassen wir drei Personen zu Worte kommen, die mit ganz verschiedenen Hintergrund mit der landwirtschaftlichen Lehre zu tun haben: • • • Lehrperson und Schulleiter einer landwirtschaftlichen Schule Landwirt mit Meisterprüfung Ehemaliger, gelernter Landwirt, heute in einer anderen Branche tätig Interview mit Lehrperson Marc Kummer ist Schulleiter der Landwirtschaftlichen Schule Strickhof, Lindau/ZH. In dieser Position hat er hervorragenden Einblick in die Entwicklung und Gegenwart der landwirtschaftlichen Berufsausbildung. 1. Generelle Frage: Ist eine abgeschlossene Lehre als Landwirt überhaupt Vorschrift, um einen Hof führen zu dürfen? Nein, jede/r Selbstbewirtschafter/in kann grundsätzlich einen Hof führen. Einschränkungen: Eine leichte Bevorteilung im Rahmen des Bäuerlichen Bodenrechts. Strukturverbesserung: Landwirtschaftliche Ausbildung (LAP) oder erfolgreiche Betriebsführung über drei Jahre (weniger restriktiv für Nebenerwerb) gelten als Bedingung für Subventionen und Kredite. Wie viele Bauern in der Schweiz haben nach Ihrer Schätzung eine Lehre mit LAP oder Ausbildung mit höherem Abschluss absolviert? Grundsätzlich abhängig von der Betriebsart (Neben-/Zu-/Vollerwerb) ZH (1996): Nebenerwerb - 50 % Zuerwerb: 90 % Vollerwerb: 85 % (Quelle: Bauer Priska (1999), Agrarstrukturwandel in der Schweiz, Diss. ETH Zürich) 2. Lehrstellensituation: Gibt es genug Lehrstellen für alle interessierten Jugendliche - oder gibt es gar zu wenig Lehrlinge um alle möglichen Lehrstellen zu besetzen? Es gibt genügend Lehrstellen für interessierte Jugendliche. Die Situation ist längerfristig nicht stabil. Wir haben viele ältere Lehrmeister und wenig Lehrmeister-Nachwuchs. Wie weit engagiert sich der Verband, dass Engpässe diesbezüglich vermieden werden können? Der Berufsverband engagierte sich bisher wenig. Uni Zürich, IleB, Proseminar “Einführung in die Berufspädagogik” 3. 11 Lehrlinge: Wie viele Frauen (%) absolvieren die Landwirtschafts-Lehre? Hierzu gibt es keine Statistik; meine grobe persönliche Schätzung: 10 % Wie viele Lehrlinge (%) kommen nicht aus Bauern-Familien? Auch hier ist keine Statistik vorhanden; grobe persönliche Schätzung: 20 % Wie viele Lehrlinge (%) bleiben nach der Lehre auf dem Beruf bzw. finden eine Stelle? Keine Statistik vorhanden! In welche Berufe weichen die anderen aus? Diejenigen, die in der Landwirtschaft tätig bleiben möchten, finden häufig Erwerbskombinationen im landwirtschaftsnahen Bereich oder Bereich Bau/Transport. Viele bleiben durch eine landwirtschaftsnahe Weiterbildung (Fachhochschule, Technikerschule für Agrarwirtschaft) der Branche verbunden. Frühere Klassiker waren Polizei, Feuerwehr, Grenzwache u.ä. Wo ist die Landwirte - Lehre als gute (Basis-)Ausbildung willkommen? Natürlich in allen “Grünen Berufen” wie z. Bsp. Gartenbau, Forstwirtschaft etc., aber generell auch in den meisten handwerklichen Berufen. Wie wird auf die Tatsache, dass einige Lehrlinge nach der LAP nicht auf ihrem Beruf arbeiten können während der Ausbildung bzw. in der Berufsschule Rücksicht genommen? Ja, darauf wird eingegangen – auch durch die Art des Berufes. Landwirt ist einer der Berufe mit der breitesten Kompetenzpalette: Lehrbetrieb: Vielseitigkeit, frühe Selbständigkeit, Integration in eine fremde Familie (evtl. in einer fremden Region), Durchhaltewille, Belastbarkeit, früher Kontakt mit der Unternehmensführung (Lehrlinge erhalten durch die enge Zusammenarbeit mit dem Lehrmeister/Unternehmer früh Einblick in unternehmersiche Überlegungen) Schule: Grosser Schulanteil (1600 Lektionen im Vergleich zu 1100 Lektionen bei anderen gewerblichen Berufen), grosses Wahl- und Pflichtfachangebot auch von Branchen unabhängigen Fächern: Informatik, Maschinenschreiben, Technik/Motoren, Betriebswirtschaft, Metallbau/Holz/Maurerarbeiten, fakultativ auch Sprachen 4. Schule & Ausbildung Welche Fächer (in welchem Umfange) besuchen die Lehrlinge im 1. und 2. Lehrjahr an der Berufsschule? Allgemeinbildung, Sport Naturwissenschaften Pflanzenbau Tierhaltung Landtechnik Zusatzkurse: Arbeitssicherheit, Werkstatt Wie sieht das Verhältnis zwischen Theorie und Praxis aus? In den ersten zwei Jahren ist der Schulanteil gering. Auf dem Lehrbetrieb wird allerdings auch "Theorie" vermittelt. So wird unter der Beaufsichtigung des Lehrmeisters ein umfassendes Betriebsheft und ein Herbarium geführt. Uni Zürich, IleB, Proseminar “Einführung in die Berufspädagogik” 12 Im dritten Lehrjahr (Landwirtschaftsschule) ist der "Theorieteil" gross. Durch Exkursionen, Übungen und Werkstattkurse wird der Praxisbezug vertieft. Im Konzept Winterschule (2x über den Winter) besteht die Möglichkeit, zwischen den zwei Semestern wiederum praktische Erfahrung zu sammeln. 5. Strukturveränderungen und Schullehrplan Die Landwirtschaft ist in den letzten Jahren starken Veränderungen unterworfen. Wie weit und wie schnell konnte und kann der Schullehrplan auf diese Veränderungen angepasst werden? Können Sie uns Beispiele nennen? Der Lehrplan wurde in den letzten Jahren immer wieder auf schweizerischer Ebene angepasst. Die letzte Anpassung ist seit dem Schuljahr 2001/02 in Kraft. Innerhalb des Lehrplans hat sich der Strickhof immer wieder an die Veränderungen angepasst: a) In jedem Fach: Die Mehrheit der Fachkundelehrer ist auch als Berater tätig, stammt von einem Bauernhof oder führt auch heute noch einen Betrieb. Externe Lehrkräfte sind häufig Spezialisten. Durch die Nähe zur Praxis passt jede Lehrkraft seinen Unterricht laufend an. Bsp.: Der Unterrichtsanteil im Biolandbau wurde für alle ausgebaut. Interessierte können sich weiter vertiefen und Spezialabschluss "Biolandbau" machen. b) Ausbau der Informatik. Zusätzlich zum Unterricht "rund um die Uhr-Zugang" zum Informatikraum und ins Internet. c) Spezialisierung: Auf das Schuljahr 2001/02 haben wir aufgrund von Abklärungen bei den Lehrmeistern und Schülern das Wahlfachangebot stark erweitert. z.Bsp.. Schwerpunktbildung in der Landwirtschaft (Milch, Spezialkulturen, Pflanzenbau), Veredelung, Grünraumbewirtschaftung, Büroadministration bis Lastwagenprüfung. Des weiteren wird v.a. der Weiterbildungssektor dauernd den Veränderungen angepasst: a) Spezialisierung nach der LAP2: Grosses Angebot innerhalb der Betriebsleiterschule und als Vorbereitung auf die Meisterprüfung. Von 1997 - 1999 führten wir eine modulare Weiterbildung im Biolandbau (Biolandexperte/Biolandexpertin). Wegen zu geringer Nachfrage in einzelnen Modulen konnte der Baukasten nicht mehr umfassen angeboten werden. b) Zweitausbildung: Immer mehr Hofnachfolger lernen zuerst einen nichtlandwirtschaftlichen Beruf. Sie können mit einer verkürzten Lehre (nur 1 Lehrjahr) und einer reduzierten Landwirtschaftsschule (ohne Allgemeinbildung) den Berufabschluss erreichen. Wir führen diesen Lehrgang seit 1994. Gerade auf diese Jahr erstmalig mit über 20 Schülerinnen/Schüler. c) Ausbau auf dem obersten Bildungssegment: Mit der Einführung der Fachhochschulen wurden der "Raum" zwischen Meisterprüfung und Fachhochschulestudium grösser. Wir führen seit 1997 eine Technikerschule für Agrarwirtschaft und Unternehmensführung. Die Zahlen sind steigend. Berufsziele: 1. Führung eines grösseren und/oder komplexeren Landwirtschaftsbetriebes 2.Tätigkeit in der Landwirtschaft und anspruchsvolle Zweittägikeit (Agrotreuhand, etc.) als Erwerbskombination und Flexibilisierung. 3. Anspruchsvolle Führungs- oder Fachtätigkeit rund um die Landwirtschaft oder auch nicht; Hauptkompetenz dazu: Unternehmensführung, Kommunikation, Informatik, Belastbarkeit. Generell werden auch die Möglichkeiten und Bildungsgänge verbessert: a) Seit 1994 führen wir für die schulisch schwächsten, die nicht in der Lage sind eine reguläre Lehre zu machen, eine Anlehre. Uni Zürich, IleB, Proseminar “Einführung in die Berufspädagogik” 13 b) Seit 1990 führen wir eine BMS, seit 2001/02 heisst sie Naturwissenschaftliche BMS. Sie bereitet auf Fachhochschulen im Bereich Landwirtschaft, Lebensmittel, Biotechnologie, Ökotrophologie, Gesundheit und Sport vor. Ist der gegenwärtige Schullehrplan Ihrer Meinung nach up to date? Er ist soeben aktualisiert worden. Zu den inhaltlichen Veränderungen haben wir am Strickhof den stufengerechten Unterricht (in drei Niveaus) und die integrierte naturwissenschaftliche Berufsmaturitätsschule eingeführt. Die schulischen Leistungen der Lehrlinge sind sehr heterogen. Die ersten Erfahrungen sind gut. Für eine grundsätzliche Beurteilung ist es noch zu früh. Lehrlinge/Lehrmeister/Lehrer/Eltern begrüssen das Konzept zurzeit grossmehrheitlich. Wo müssten noch Veränderungen vorgenommen werden? Spezialisierung einerseits / Öffnung andererseits. Seit wann besteht die Ausbildung in der gegenwärtigen Form (2 LJ mit BS, 3. LJ an der LW-Schule; Modul-Lehrgänge zur Berufsprüfung)? Bis 1993 wurde die Lehre nach zwei Jahren abgeschlossen. Die Landwirtschaftsschule folgte danach. Seit 1993 ist die Lehre auf drei Jahre ausgerichtet. Der Übertritt von der Lehre in die schullastige Landwirtschaftsschule überfordert die schwächsten Schüler. Das modulare Konzept für die Berufsprüfung und die Meisterprüfung gibt es seit drei Jahren. Wie lange existierte das vorgängige Modell? Das ist mit nicht bekannt. Ich glaube in den Grundzügen sehr lange, evtl. 40 Jahre? 6. Koordination Schule/Betriebe Wie werden die Lehrpläne der verschiedenen Landwirtschaftsschulen koordiniert? Es gibt den schweizerischen Lehrplan. In der Umsetzung arbeitet jede Schule alleine. Im Kanton Zürich ist der Strickhof an drei Orten (Lindau: Jahresschule, Wetzikon: Winterschule, Winterthur - Wülflingen: Zweitausbildung). Diese Lehrgänge haben den gleichen Lehrplan. Wie wird die Zusammenarbeit zwischen Ihrer Schule und den Lehrmeister organisiert? Lehrmeistertagungen ad-hoc Arbeitgruppen Lehrmeister in der Bildungskommission bzw. Aufsichtskommission Lehrmeister als Prüfungsexperten auf allen Stufen Gibt es obligatorische Lehrmeister-Tage, Weiterbildungen oder nur informelle Treffen? Es gibt alljährlich obligatorische Lehrmeistertagungen. Sind Sie mit dieser Zusammenarbeit Schule - Lehrmeister zufrieden? Durch die Fusion unserer Schule von einstmals 5 (bis 1994) auf drei (bis1998) zu einer ist der Kontakt zu den Lehrmeistern noch nicht gefestigt. Das braucht Zeit. Wir suchen den Dialog und hören stark auf die eigentlichen Ausbildner. Die Lehrmeister rekrutieren die Lehrlinge und wirken prägend auf das Berufsbild. Wie beurteilen sie den Stand der betrieblichen Ausbildung Ihrer Lehrlinge im 3. LJ im Allgemeinen? Sehr unterschiedlich sowohl hinsichtlich Praxis wie Theorie. Uni Zürich, IleB, Proseminar “Einführung in die Berufspädagogik” 7. 14 Zukunft: Landwirtschaftliche Lehren werden im Vergleich zu den meisten anderen Lehren nicht durch das BBG, sondern durch den Verband geregelt. Es sollen Bestrebungen im Gange sein die LW - Lehren auch ins BBG aufzunehmen. Das ist beinahe beschlossene Sache. Das neue Berufsbildungsgesetz integriert die landwirtschaftlichen Berufe. Für die Betreuung der landwirtschaftlichen Berufe ist seit 1998 bereits das BBT zuständig. Wie beurteilen Sie diese Entwicklung für die Qualität der Ausbildung? Der Beruf Landwirt/in ist ein besonderer Beruf. Es werden (Klein-)Unternehmer ausgebildet. Die Arbeitzeiten sind lang – enthalten aber auch Präsenzzeiten, Arbeitzeit und Freizeit sind in der Landwirtschaft nach wie vor weniger getrennt. Das unternehmerische Risiko ist recht hoch. Der Beruf sollte seine Eigenheiten nicht verlieren. Die landwirtschaftliche Ausbildung hat immer auch eine agrarpolitische Komponente. Das ist auch zu berücksichtigen. Ansonsten beurteile ich eine Annäherung an die übrige Berufsbildung positiv. Wer ist die treibende Kraft dahinter, der Bund, die Landwirte oder der Verband? In einer ersten Phase der Bund. Jetzt hat der Schweizerische Bauernverband (inkl. Schweiz. Landwirtschaftlicher Verein) den Ball aufgenommen und wirkt federführend (z.B. Berufsfeld “Grüne Berufe”). Welche Änderungen in der Landwirte - Ausbildungen stehen an und wann sind diese zu erwarten? Das Hauptthema ist die Bildung eines Berufsfeldes "grüne Berufe" mit Landwirt, Forstwart, Gärtner, Bereiter, Rennreiter, Pferdepfleger, Winzer etc. Da wurde im Dezember 2001 eine Vernehmlassung des Schweizerischen Bauernverbandes durchgeführt. Die Ergebnisse sind noch nicht bekannt. Wie beurteilen Sie die Zukunft des trialen Bildungssystem in der Landwirtschaft? Die Mehrheit der Zürcher Lehrmeister steht hinter dem bisherigen System. Wir lehnen den Umbau der landwirtschaftlichen Lehre mit zwei Lehrjahren und zwei Semestern Landwirtschaftsschule in eine dreijährige Lehre ab. Begründung: Solange keine echten Grundberufe entstehen, ist der Systemwechsel nicht nötig. Die Arbeitszeit pro Lehrling und Lehrjahr sinkt. Die Lehrlinge sind weniger auf dem Betrieb. Dies bedeutet für den Lehrbetrieb ein Leistungsabbau. Der Lehrling wird für den Lehrbetrieb teurer. Der Lehrling ist mehr weg pro Lehrjahr. Mit dem Familienanschluss der Lehrlinge leisten die Bauernfamilien schon viel und übernehmen eine grosse Verantwortung. Der Ausbau auf drei Lehrjahre ist für Jugendliche aus Landwirtschaftsbetrieben kaum attraktiver. Mit dem Abbau von Unterrichtsstunden wird das Niveau des anspruchsvollen Berufes reduziert. Die Attraktivität für schulisch starke Lehrlinge sinkt. Wir befürchten, dass durch den Systemwechsel Lehrbetriebe aus der Nachwuchsförderung aussteigen und ihre Betriebe ohne Lehrling organisieren. Einige im Konzept enthaltenen Aussagen zur Begründung einer dreijährigen Lehre sind unseres Erachtens systemneutral. Folgende Elemente tragen zur Verbesserung der Ausbildung bei, entsprechen dem Konzept des Schweizerischen Bauernverbandes, sind aber unabhängig vom Lehraufbau und können auch mit dem heutigen System erfüllt werden: Bildung von Lehrjahresklassen: Die Lehrjahre sind separat zu beschulen. Die Lehrlinge haben einen vergleichbaren Erfahrungshintergrund und können dort abgeholt werden. Stufengerechter Unterricht: Der Beruf Landwirt/in zieht eine heterogene Gruppe von Jugendlichen an. Von diejenigen, die einen kleinen schulischen Rucksack besitzen und bis zu den anderen, welche ein Gymnasium besuchen könnten. Die Lehrlinge sind in vier Niveaus zu schulen: Uni Zürich, IleB, Proseminar “Einführung in die Berufspädagogik” 15 Anlehre: (Lern-)Behinderte in 2 Jahren Zweites Niveau grundlegende Stufe: Berufspraktiker auf 3 Jahre (Schaffen LAP1, jedoch nicht LAP 2) Drittes Niveau mittlere Stufe: Landwirtschaftsschule in Stärkeklassen Viertes Niveau erweiterte Stufe: Landwirtschaftsschule in Stärkeklasse, evtl. mit naturwissenschaftlicher BMS Nebst der Block - BMS nach der Lehre (BMS II) ist die Möglichkeit der lehrbegleitenden naturwissenschaftlichen BMS (BMS I) anzubieten. - Der Pflichtteil des Unterrichts kann nach dem heute gültigen Lehrplan zu Gunsten einer Spezialisierung gekürzt werden: (Biolandbau, Obstbau, Geflügelzucht, Schweinehaltung, Milchviehhaltung II, Ackerbau II, etc.). Diese Verbesserungsschritte haben wir aufgrund der letztjährigen Lehrmeistertagungen am Strickhof eingeführt oder sind in Vorbereitung. 8. Schlussbemerkung: Landwirt ist ein anspruchsvoller Beruf. Anders als in anderen Berufen erhalten die Lehrlinge bereits ab dem ersten Lehrjahr einen Einblick in die Unternehmensführung. Schon früh wächst ein Verständnis für Unternehmertum. Diese Fertigkeiten werden auf der Stufe Landwirtschaftsschule vertieft. Die Landwirtschaft darf das Bildungsniveau nicht senken! Landwirt mit Meisterprüfung Emil H. führt als Landwirt mit Meisterprüfung einen grösseren Mittelbetrieb mit 27 ha Land, 30 Kühen, 4 Aufzuchtrinder, Mastkälber, 20 Schafen und einigen Ziegen. Etwa 70% seines Arbeitsanfalls betrifft die Viehhaltung. Alle seine Ausbildungsschritte (LAP, Berufsprüfung, Betriebsleiter und Meisterprüfung) hat er zwischen 1980 und 1996 im Arenenberg, der thurgauischen Landwirtsschafts - Schule, absolviert. Obwohl er mit der Meisterprüfung und als Verheirateter - nichtverheiratete Landwirte dürfen keine Lehrlinge betreuen - die wichtigsten Qualifikationen mitbringt, hat er zur Zeit keinen Stift. Als Landwirt ist man ohnehin schon sehr stark an den Hof und die Arbeit gebunden. Einen Lehrling zu betreuen bedeutet noch weniger Freiheit in der Arbeitsplanung und noch mehr Verantwortung, va. auch für die Frau. Die eigene Lehre Seine Lehrjahre bis zur LAP - auch seine weitere Ausbildung - beurteilt er durchwegs positiv. Auch für den Sohn eines Landwirts, der ja Beruf und Betriebsführung seit Kindheit kennt, bringt die Lehre viele neue Impulse und vertiefte Kenntnisse zu Bekanntem. Erstaunlicherweise beurteilt er, neben dem Fachkundlichen, v.a. die Allgemeinbildung als äusserst brauchbar. So verfüge er etwa über viel mehr staatskundliches Wissen oder wie eine Vereinsleitung zu funktionieren habe, als seine Geschwister, die eine gymnasiale Ausbildung abschlossen. Als Mitglied der örtlichen Feuerwehr, des Turnvereins und der Schulpflege kommt ihm dies zu Gute. Die Berufsschule hat er in landwirtschaftspolitischen Fragen als neutral und offen erlebt. Die Lehre in der Gegenwart Als nach wie vor grösste Stärke der landwirtschaftliche Lehre sieht er die breite, vielseitige Ausbildung: In welcher anderen Ausbildung lehre man schon etwas Theoretisches und gleichzeitig Praktisches zu so verschiedenen Gebieten wie Zoologie (Viehzucht), Botanik (Landbau), Chemie (Bodenkunde), Ökologie, Buchhaltung (Betriebsführung), Mechanik/Maschinenbau usw.? Gerade aber diese breite Ausbildung könnte auch eine Schwäche der Ausbildung sein. So werden (zunehmend) schwächere Schüler, durchaus taugliche Landwirte, überfordert. Zudem seien gewisse Lehrer halt Spezialisten auf ihrem Fachgebiet und giengen dadurch zu stark ins Details. Zudem - aber dem werde ja durch die Diversifizierung der Lehrgänge Rechnung getragen - lerne manch ein Stift "zuviel", wenn er später z. B. den reinen Mastbetrieb seines Vaters übernehmen werde. Uni Zürich, IleB, Proseminar “Einführung in die Berufspädagogik” 16 Der landwirtschaftliche Ausbildung auf allen Stufen attestiert er, das genügend auf die schwierige Lage der Landwirtschaft eingegangen und reagiert würde. Weiterbildungskurse ermöglichen einen Einstieg in angrenzende Berufsbereiche (Z. Bsp. Beratung, bäuerliche Treuhand etc. ) Die Qualität der gegenwärtigen Lehre schätzt er als genügend für den Beruf ein, v.a. wenn er mit anderen Lehren vergleiche. So würde er allen Interessierten diese Lehre empfehlen, auch dann wenn absehbar sei, dass die persönliche Zukunft nicht unbedingt in der Landwirtschaft liege. Die Zukunft der Lehre In Zukunft muss wahrscheinlich Flexibilität noch mehr beachtet werden. Die modulare Ausbildung zum Betriebsleiter sei der richtige Weg. Spezialisierung in den verschiedenen Produktionsrichtungen wird noch wichtiger sein. Schwierigkeiten sieht er in der heutigen Stiften - Situation: Einerseits stiegen die Anforderungen an einen Landwirt dauernd, somit auch das Ausbildungs-Niveau und die geforderten schulischen Fähigkeiten. Was die Anlehre bringe, werde man sehen. Andererseits verliere der Beruf und somit die Lehre an Attraktivität. Es sei verständlich, dass viele junge Bauernsöhne der unsicheren Zukunft in der Landwirtschaft mit den langen Arbeitstagen und der grossen Verantwortung andere Berufsausbildungen vorzögen. Heute schon gebe es wahrscheinlich zu wenig Stifte für alle interessierten Lehrmeister. Beurteilung durch einen "Ehemaligen" Jonathan L. stammt nicht aus einer bäuerlichen Familie. Trotz der Aussicht, nie einen Landwirtschaftsbetrieb führen zu können, absolvierte er diese Lehre in seinem "Traumberuf". Heute ist er in der Transport - Branche tätig. In seinem Rückblick auf und seiner Kritik an der Lehre und Berufsschule kommen, z. T. auch zwischen den Zeilen, neue, ebenfalls interessante Aspekte zur Landwirte - Ausbildung zur Sprache, Können Sie uns kurz einen Rückblick auf die Lehre im Besonderen auf die Berufsschule geben? Ich absolvierte meine beiden Lehrjahre zwischen Frühjahr 1988 und Sommer 1990. Im ersten Lehrjahr hatten wir im Sommer einmal pro Monat einen halben Tag Schule. Das brachte soviel wie nichts. Wir Lehrlinge sprachen über Traktoren und Erntemengen. Vom Unterricht (2 Lektionen ABU, 2 Lektionen Berufskunde) bekamen wir nichts mit. Das war klar ein Missstand. Im Winter hatten wir dann 2 mal einen halben Tag pro Woche Schule. Eigentlich hätten wir einen ganzen Tag pro Woche zur Schule gehen müssen, aber wegen Schulraummangel gimg das nicht. Heute mit der Zentralisierung der verschiedenen landwirtschaftlichen Ausbildungsorten hat sich dies verbessert. Die Berufsschule in den ersten zwei Jahren würde man besser in Blockwochen erteilen, der Nutzen wäre sicher höher. Nach diesen zwei Jahren legte ich die sogenannte Lehrlingsprüfung ab. Im ersten Sommer danach machte ich die RS bevor ich dann den 2. Teil der Lehre, die "Winterschule" (2 Wintersemester Landwirtschafts-Schule) begann. Für manche war das ein "Theorie-Schock": Nach zwei Jahren Praxis nun 5 Tage 8,5 Stunden Schule! Deshalb habe ich da Bedenken, dass heute die Winterschule z.T. abgeschafft wurde und die beiden Semester in einem ganzen "Theorie-Jahr" absolviert werden. Ein Jahr nur Theorie und Schulbank drücken nach zwei Jahren Arbeiten im Freien? Und im Sommer gibts bei den meisten zu Hause so viel zu tun! Die Schule war streng, strenger als in vielen anderen Lehren mit "Handwerker-Image". Generell denke ich, dass diese Lehre und dieser Beruf unterschätzt werden. Welche Kritik üben Sie rückblickend an der schulischen und praktischen Ausbildung? Meiner Meinung nach wurde damals in der Schule noch zu wenig auf den leider stets möglichen "Ausstieg" wie auch auf des Bauern im Nebenerwerb eingegangen. Heute mit diesen abnehmenden Stiftenzahlen ist dies wahrscheinlich eher der Fall. In der Winterschule dominierten zudem ein wenig die "Fachidioten" unter den Berufskundelehrer. Diese unterrichteten in zu grossem Umfange und gingen zu stark ins Detail. Uni Zürich, IleB, Proseminar “Einführung in die Berufspädagogik” 17 Was ich sehr schätzte war die Vielseitigkeit der Fächer bis hin zu den ausserberuflichen Fächern Metallbau, Holzbau, wo wir schweissen, mauern und schreinern lernten. Ich würde diese Lehre wieder machen. Ich schätze diese Vielseitigkeit in Theorie und Praxis. Viele Arbeitgeber wissen, wer Landwirt gelernt hat, weiss was Arbeiten heisst. Dies ermöglicht auch den Einstieg in anderen Branchen. Zudem ist eine Landwirte - Lehre auch eine Lebensschule: Man geht früh weg von zu Hause, lernt sich schnell an Veränderungen anzupassen und muss selbständig werden. Ab und zu habe ich mich aber auch ausgenutzt gefühlt. Ich musste sinnlose und v.a. gefährliche Arbeiten verrichten. Als Landwirte - Stift ist man halt 24 Stunden unter des Meisters Fuchtel. Es gibt keine Überstunden, kein Trinkgeld und keine Bürotür, die man abends abschliessen kann. 4.2 Entwicklungsrichtungen Die obigen Aussagen zur Ausbildungs - Situation in der Landwirtschaft zeigen ein deutliches Bild: Die Lehre zum Landwirt fordert ein hohes (lebens-) schulisches Niveau und dieses steigt weiterhin. zeichnet sich durch ihre Vielseitigkeit aus, "leidet" aber auch darunter. verliert trotzdem an Attraktivität für die Jugendlichen. Daraus lassen sich folgende Entwicklungsrichtungen ableiten: Diversifizierung der Ausbildung Es gibt zwar stets weniger Lehrlinge, deren schulisches Leistungsvermögen aber sehr heterogen ist. Um darauf zu reagieren, müssen (und werden bald) verschiedenste Ausbildungslehrgänge auf Sek.Stufe II angeboten werden: Von der Anlehre für schulisch schwache Lehrlinge bis hin zur BMS (Block oder lehrbegleitend).. Die klassische "2+1 Jahr-Lehre", die von allen absolviert wird, hat ausgedient. Spezialisierung Immer weniger Landwirtschafts-Betriebe werden als Mischbetriebe geführt, deshalb macht es wenig Sinn alle Stifte die selbe Ausbildung machen. 1. Die Ausbildungsinhalte müssen spezialisiert werden: Ein grosser Teil der Schulfächer werden Wahlpflichtfächer sein. So kann der einzelne Lehrling seine theoretische Ausbildung auf seine zu erwartende Arbeits-Situation (zu Hause) anpassen. 2. Die Ausbildungsgänge müssen spezialisiert werden: Schon heute gibt es verschiedene Berufsausbildungen im Landwirtschafts-Sektor (Landwirt, Obstbauer, Gemüsegärtner, Winzer) . Vielleicht wird es in Zukunft auch möglich sein, statt sich zum Landwirten ausbilden zu lassen, eine spezielle Lehre zum Bio-Bauer, zum Viehzüchter, zum Ackerbauer etc. absolvieren zu können. Kompatibilisierung Wie in allen Sektoren gilt auch in der Landwirtschaft: Wer Landwirt lehrt, muss nicht Landwirt bleiben. Damit die Landwirt - Lehre nicht ein Abstellgleis wird. falls man zum Umsatteln gezwungen wird, muss die Ausbildung kompatibler werde. Bereits heute gilt sie als typische 3-Jahre-Lehre, die als Anforderung in so vielen Berufen und höheren Schulen gefordert wird. Die Lehrinhalte aller landwirtschaftlichen und landwirtschaftsnahen Berufen, der sog. "grünen Berufe" (Forstwirtschaft, Gärtner, etc.) muss weitgehend koordiniert werden, so dass eine Umschulung für Absolventen der einen Lehre effizient und Zeitverlust realisiert werden kann. Wie die Aussagen aus Kap. 4.1 auch zeigen, zeichnet sich die landwirtschaftliche Ausbildung auch aus, dass sie schnell auf die stetigen Veränderungen in der Branche zu reagieren weiss. Uni Zürich, IleB, Proseminar “Einführung in die Berufspädagogik” Bei sämtlichen obigen Entwicklungsrichtungen ist bereits heute schon einiges im Gange. Dazu verweisen wir auf das informative Interview mit dem Schulleiter M. Kummer. 18