E-Book: Worauf es bei der Wohnflächenberechnung ankommt

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E-Book: Worauf es bei der Wohnflächenberechnung ankommt
Wohnfläche: Wie Sie
die richtig berechnen
Und was gilt, wenn Sie
sich verrechnet haben
Übersicht:
»
Warum die richtige Wohnfläche so wichtig ist
»
Wie Sie die Wohnfläche korrekt berechnen
»
Welche Räume und Flächen mitzählen
»
Um wieviel Sie sich verrechnen dürfen
»
Messfehler: Die bitteren Folgen
»Wohnfläche: Was Sie dazu besser nicht in Ihren
Mietvertrag schreiben sollten
»Mieterhöhung: Welche Wohnfläche gilt
»Wann Sie Ihre Betriebskosten nach der Wohnfläche
umlegen dürfen
»Betriebskosten: Wie sich ein Rechenfehler auswirkt
»Wohnflächendifferenz: Wenn der Mieter Geld zurück will
»Ihre Antwort, wenn Ihr Mieter wegen einer vermeintlichen
Wohnflächenabweichung mindert
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Warum die richtige
Wohnfläche so
wichtig ist
Ach ein paar fehlende Zentimeter: Wen interessiert das schon?“.
Beispielsweise Ihren Mieter, wenn er deswegen mehr Miete und mehr
Betriebskosten zahlen muss! Das sehen mittlerweile auch die Gerichte so,
weswegen Vermieter, die sich um mehr als 10 % zu Ihren Gunsten verrechnen, die überzahlte Miete an ihren Mieter zurückzahlen müssen.
Und das auch noch, wenn der Mieter längst ausgezogen ist bzw. Jahre
vergangen sind. Da können schon mal leicht mehrere Tausend Euros zusammen kommen…
….und es können bald noch mehr werden, denn die Toleranzgrenze
bei Messfehlern bis zu 10 % ist seit einem aktuellen BGH-Urteil zur Mieterhöhung gründlich ins Wanken geraten!
Ein Grund mehr, schon bei Mietbeginn alles richtig zu machen – nicht nur bei
den Schönheitsreparaturen, der Kaution oder der Miete, sondern aufgrund
der horrenden Rückzahlungssummen auch bei der Wohnfläche. 3
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Wie Sie die
Wohnfläche
berechnen
müssen
Genaugenommen gibt es gleich 3 Rechtsquellen, nach der Sie die Wohnfläche Ihrer Wohnung messen können – und genau das ist das Problem:
1. Die Wohnflächenverordnung
Am bekanntesten dürfte mittlerweile die seit 1.1.2004 geltende Wohnflächenverordnung sein. Diese löste die bis zu diesem Zeitpunkt für die
Wohnflächenberechnung geltenden §§ 42 bis 44 II. Berechnungsverordnung
ab. Die neuere Wohnflächenverordnung gilt eigentlich nur – wie bereits ihre
Vorgängervorschrift – für preisgebundenen Wohnraum. Die Wohnflächenverordnung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn sich weder aus Ihrem
Wohnungsmietvertrag eine andere Berechnungsweise ergibt noch in Ihrer
Stadt eine andere Berechnungsweise wie z. B. die nach der DIN 283 ortsüblich ist (BGH, Urteil v. 22.4.2009, VIII ZR 86/08; BGH, Urteil v. 23.5.2007,
VIII ZR 231/06, GE 2007 S. 1023).
2. Die DIN 277
Dann gibt es noch die DIN 277, der gerade im Neubaubereich bei Erteilen
von Baugenehmigungen sowie zur Kostenermittlung größere Bedeutung
zukommt. Allerdings typisiert sie nur bestimmte Flächen z.B. in Nutzflächen,
Verkehrsflächen oder Netto-Grundflächen.
3. Die gute alte DIN 283
Häufig werden Sie bei der Wohnflächenberechnung auch noch auf die DIN
283 stoßen. Die wurde zwar bereits 1983 ersatzlos zurückgezogen, um eine
Überschneidung mit der DIN 277 zu vermeiden, allerdings kann sie nach wie
vor für die Wohnflächenberechnung vereinbart bzw. als ortsüblich angewendet werden.
Die Wohnfläche wird bei preisgebundenem Wohnraum zwingend nach
der Wohnflächenverordnung berechnet. Von preisgebundenem Wohnraum
spricht man dann, wenn Ihre Wohnung bzw. Ihr Haus mit öffentlichen
Geldern gefördert wurde und sie diesen Wohnraum nur an einen bestimmten Personenkreis z.B. Menschen mit Wohnberechtigungsschein vermieten
dürfen.
Für Gewerberaum und preisfreien (also „ganz normalen“) Wohnraum ist
dagegen die Wohnflächenverordnung kein Muss zur Flächenberechnung.
D.h. Sie könnten im Mietvertrag auch eine andere Berechnungsweise
vereinbaren. Wirklich empfehlenswert ist dies bei Wohnraum aus Praktikabilitätsgründen jedoch nicht.
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Kennen Sie schon diese
3-Stufen-Regel des BGH?
Und jetzt? Nach der Rechtsprechung des BGH gibt es für die Wohnflächenberechnung eine 3-Stufen-Regel:
Stufe 1: Es gilt, was im Mietvertrag steht
Maßgeblich ist zunächst, was die Vertragsparteien – also der Mieter und
der Vermieter – ausdrücklich oder konkludent in ihrem Mietvertrag zur
Wohnflächenberechnung vereinbart haben. Um Streit aus dem Weg zu
gehen, steht deswegen in den meisten Wohnungsmietverträgen sinngemäß
Folgendes drin:
„Die Wohnfläche errechnet sich nach der Wohnflächenverordnung in
der jeweils gültigen Fassung. Gleiches gilt für die Ermittlung der Fläche der
Geschäftsräume. Balkone, Terrassen und ähnliche Freisitze können mit bis
zu 50% der Grundfläche angesetzt werden.“
Stufe 2: Es gilt, was ortsüblich ist
Ist nichts im Mietvertrag dazu vereinbart, wie die Wohnfläche berechnet
wird, kommt es auf eine eventuelle Ortssitte an. Also die Methode, die
normalerweise in Ihrer Stadt für die Wohnflächenberechnung angewendet
wird. Woher Sie das wissen sollen? Schauen Sie mal – falls es einen gibt –
in den Mietspiegel Ihrer Stadt. Manchmal enthält der einen entsprechenden
Hinweis, wie in Ihrer Region die Wohnfläche berechnet wird.
Streiten Sie sich mit Ihrem Mieter darüber, welche Berechnungsart nun an
Ihrem Ort ortsüblich ist, klärt das notfalls das Gericht oder ein Sachverständiger!
Stufe 3: Es kommt auf die Vorschriften zum Vertragsschluss an
Existiert keine Ortssitte, wird auch im preisfreien Wohnungsbau auf die
Wohnfläche nach den zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden
Vorschriften für den preisgebundenen Wohnungsbau ermittelt.
Zeitlich ist es also so, dass immer die Berechnungsweise – also Wohnflächenverordnung oder II. Berechnungsverordnung – zum Zeitpunkt des
Vertragsabschlusses maßgeblich ist (BGH, Urteil v. 22.4.2009, VIII ZR
86/08, AG Hamburg, Urteil v. 20.8.2014, 49 C 174/13).
Das bedeutet: Haben Sie Ihren Mietvertrag vor dem 31.12.2003 abgeschlossen, gelten noch die alten §§ 42-44 der II. Berechnungsverordnung.
Danach durfte der Vermieter die Balkonfläche beispielsweise mit maximal
50 % anrechnen. Der „Wohnwert" des Balkons spielte dabei noch keine
Rolle.
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Haben Sie Ihren Mietvertrag dagegen erst nach dem 31.12.2003 abgeschlossen, gilt für die Berechnung der Balkonfläche § 4 WoFlV. Dieser sieht
eine Regelanrechnung von nur 25 % vor, höchstens jedoch – abhängig vom
Wohnwert – bis 50 %.
PRAXIS – TIPP
Schreiben Sie besser keine
konkrete Wohnfläche in
Ihren Mietvertrag
Vermieten Sie Ihre Wohnung, sollten Sie möglichst im Mietvertrag
keine konkrete Flächenangabe machen. Sonst kann Ihr Mieter auch noch
nach Jahren kommen, nachmessen und Geld von Ihnen zurückfordern.
Weicht die gemessene Fläche von der im Mietvertrag angegebenen Fläche
um mehr als 10 % ab, kann Ihr Mieter noch 3 Jahre ab Kenntnis von der
Wohnflächenabweichung kommen und von Ihnen zu viel Bezahltes zurückverlangen.
Ohne Flächenangabe müssen Sie erst bei der ersten Betriebskostenabrechnung Farbe bekennen.
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Checkliste: Diese
Räume und Flächen
dürfen Sie mitzählen
Vermessen Sie Ihre Wohnung exakt nach der Wohnflächenverordnung,
dürfen Sie nicht jede Fläche voll mitzählen – gerade, wenn Ihre Wohnung
auch noch Dachschrägen hat.
Voll mitzählen dürfen Sie die Grundflächen aller Räume in der Wohnung, die
mindestens 2 m hoch sind.
Dagegen dürfen Sie Balkone, Loggien, Terrassen und Wintergärten maximal
bis zur Hälfte, grundsätzlich aber nur bis zu einem Viertel mitberechnen.
Räume, die zwischen 1 und 2 m hoch sind, dürfen Sie nur mit der Hälfte
ihrer Fläche mitrechnen.
Zubehörräume wie Keller, Waschküche, Abstellräume außerhalb der Wohnung, Dachböden, Schuppen und Garagen müssen Sie leider links liegen
lassen. Ebenso Räume, die niedriger als 1 m sind. Die dürfen Sie bei Ihren
Wohnflächenberechnungen nicht mitzählen.
Badewanne, Dachschrägen,
Treppen: So müssen Sie
messen
voll anrechenbar
in der
Regel zu
einem Viertel,
höchstens
jedoch zur
Hälfte anrechenbar
Abstellraum außerhalb
der Wohnung
nicht anrechenbar
X
Badewanne
X
Badezimmer Gästetoilette
X
Balkon
X
Bauordnungswidrige
Räume
Besenkammer
X
X
Bodenraum
X
Dachgarten
X
Duschwanne
X
Einbaumöbel (mit Grundfläche von mind. 0,5 m²)
X
Fensterbekleidung/
-umrahmung
X
Flur und Diele
X
Garage
X
Gästetoilette
X
Geschäftsräume
Heizgerät
7
bis zur
Hälfte
anrechenbar
X
X
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voll anrechenbar
in der
Regel zu
einem Viertel,
höchstens
jedoch zur
Hälfte anrechenbar
bis zur
Hälfte
anrechenbar
Heizungsraum
Herd
nicht anrechenbar
X
X
Hobbyraum
X
Kellerraum
X
Klimagerät
X
Küche
X
Loggia
X
Öfen
X
Pfeiler (zählt nicht zur
Wohnfläche, falls die
Höhe über 1,50 m und
die Grundfläche mehr
als 0,1 m² beträgt)
X
Räume mit einer Mindesthöhe von 1 m und
weniger als 2 m
X
Räume mit einer
Mindesthöhe von 2 m
X
Raumteile, Höhe
mindestens 2 Meter
X
Raumteile, Höhe unter
1 Meter
Raumteiler, bewegliche
X
X
Säule
X
Schornstein
X
Schrankräume innerhalb
der Wohnung
X
Schwimmbad oder ähnliche, nach allen Seiten
umschlossene Räume
Speisekammer
X
X
Terrasse
X
Trockenraum
Türbekleidung
X
X
Türnischen
Vorraum
X
X
Waschküche
Wintergarten
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X
X
Um wieviel Sie sich
verrechnen dürfen
Was tun, wenn der Mieter feststellt, dass seine Wohnung kleiner ist als im
Mietvertrag angegeben?
Dazu gibt es eine klare Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs: Ist die
Wohnung um mehr als 10 % kleiner als im Mietvertrag angegeben, zählt
das als Mangel der Mietsache und deswegen darf der Mieter nach § 536
Abs. 1 Satz 1 BGB die Miete mindern.
Die 10%-Regel gilt selbst dann, wenn sich die geringere Wohnfläche nicht
auf die Gebrauchstauglichkeit der Wohnung auswirkt und der Mieter sie
dennoch vertragsgemäß nutzen kann (BGH, Urteil v. 24.3.2004, VIII ZR
295/03, WM 2004, S. 336).
PRAXIS – TIPP
Erst ab einer Wohnflächenabweichung von 10 % darf
der Mieter mindern
Achtung: So lange Sie Ihrem Mieter keine bestimmte Wohnungsgröße
zugesichert haben, liegt bei einer geringeren Abweichung als 10 % nur eine
unerhebliche Flächenabweichung vor. Das bedeutet: Bei weniger als 10 %,
darf Ihr Mieter nach der aktuellen BGH-Rechtsprechung gar nicht mindern.
Richtig bitter wird es also erst bei einer Wohnflächenabweichung ab 10 %:
Ab dieser Flächendifferenz muss Ihnen Ihr Mieter künftig nur eine geminderte Miete zahlen.
Beispiel:
Ihre Wohnung soll laut Mietvertrag 97 m² haben. Beim Nachmessen stellt
sich heraus, dass sie tatsächlich nur 85 m² groß ist.
Die Flächenabweichung beträgt 12,37 % (= (97m² - 85m²) : 97 *100).
Deswegen muss der Mieter künftig 12,37 % weniger Miete pro Monat zahlen. Bei einer Miete von 950 EUR plus Heiz- und Betriebskostenvorauszahlungen von 150 EUR, wären das bei einer Gesamtmonatsmiete von 1.100
EUR 136 EUR weniger Miete pro Monat (=1.100 EUR Monatsgesamtmiete
– 12 % =). Der Mieter müsste damit künftig nur eine Gesamtmiete von
963,93 EUR statt 1.100 EUR zahlen.
Würde die Abweichung dagegen nur z.B. 9,8 % betragen, müsste der Mieter trotz der Flächenabweichung weiterhin die volle Miete zahlen.
Doch die Mietminderung ist nur eine von mehreren Folgen bei einer Flächenabweichung: Zusätzlich kann der Mieter noch vom Vermieter verlangen, dass er ihm die überzahlte Miete zurückzahlt (BGH, Urteil v. 7.7.2004,
VIII ZR 192/03, NZM 2004, S. 699).
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Zu viel verlangt: Wie lange
Sie wegen einer Rückzahlung zittern müssen
Aus dieser Misere kann dem Vermieter nur noch die Verjährungseinrede
heraus helfen. Damit kann der Mieter aber immer noch maximal die Mietdifferenz der letzten 3 (bis zum 31.12.2003 noch 4) Jahre von Ihnen zurückverlangen. 10
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Messfehler:
Die bitteren Folgen
Vorsicht: Die Verjährungsfrist beginnt erst ab Kenntnis zu laufen!
Der Mieter darf erst bei einer Flächenabweichung ab 10 % die Miete mindern. Doch das ist noch nicht alles: Er kann auch die Mietdifferenz der
letzten 3 Jahre zurückfordern.
Der Haken an der Sache: Die Verjährungsfrist beginnt erst ab Kenntnis von
den Umständen zu laufen. Kenntnis hat der Mieter jedoch erst dann, wenn
er auch das konkrete Messergebnis kennt. Und ohne Anhaltspunkte ist der
Mieter nicht verpflichtet, die Wohnfläche seiner Wohnung nachzumessen. So
kann es Ihnen passieren, dass Sie selbst noch Monate nach dem Mieterauszug Ihres Mieters mit Nachzahlungsansprüchen rechnen müssen!
Schlimmstenfalls müssen
Sie auch noch Betriebskosten zurückzahlen
Als ob dies nicht schon genug „Strafe“ wäre, rächt sich eine falsche Flächenangabe natürlich auch bei den Betriebskosten: Der Mieter kann auch
hier bei einer Flächenabweichung ab 10 % zuviel Bezahltes zurückfordern!
Sogar dann noch, wenn die Jahresfrist für Einwendungen betreffend der
Betriebskostenabrechnung bereits abgelaufen ist. Die Tatsache, dass die
Wohnfläche nicht korrekt ermittelt wurde, ist schließlich nicht die Schuld
des Mieters (LG Berlin, Urteil v. 3.6.2005, 63 S 507/04, GE 2005, S. 993).
Schluss mit der Toleranz
bei der Mieterhöhung:
Es gilt immer die tatsächliche Größe!
Bei einer Mieterhöhung ist es neuerdings so: Wer sich bei der Wohnfläche
zu seinen Gunsten verrechnet hat, kann nicht mehr auf die Toleranz der
Gerichte setzen. Denn gerade hat der BGH ein neues Grundsatzurteil zur
Wohnflächenabweichung gefällt. Das besagt: Ganz gleich um wieviel sich
der Vermieter bei der Wohnfläche verrechnet hat, es kommt immer auf die
tatsächliche Wohnfläche an (BGH, Urteil v. 18.11.2015, VIII ZR 266/14)!
Das bedeutet – bisher jedenfalls – nur das Aus für die 10%-Toleranzregel bei
einer Wohnflächenabweichung in einem Mieterhöhungsverfahren.
Der BGH hat seine 10%-Rechtsprechung an dieser Stelle zwar ausdrücklich
aufgegeben, aber darauf hingewiesen, dass sie jedenfalls für die Minderungsfälle uneingeschränkt weiter gilt!
Grundsatzurteil des BGH
könnte schon bald für alle
Flächenabweichungen
gelten
Dennoch könnte diese aktuelle Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur
Mieterhöhung bald auf weitere Flächenabweichungen durchschlagen – mit
teuren Folgen für Vermieter, die sich z.B. bei der Wohnflächenberechnung für
die Betriebskosten verrechnet haben und zwar ganz gleich um wieviel Prozent! Denn dann dürfte der Mieter bei jeder noch so kleinen Flächendifferenz
Betriebskosten zurückfordern.
Der Gesetzgeber hat die Wohnfläche ebenfalls im Visier! Mit der nächsten
Gesetzesänderung, die voraussichtlich noch 2016 kommen soll, soll ein
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PRAXIS – TIPP
Zusatz zur Wohnfläche im Gesetz eingefügt werden.
chluss mit der 10%-Regel?
S
Gesetzgeber will diese neue
Wohnflächen-Regelung ins
Gesetz einfügen
Danach soll es zumindest für die die Umlage des Festanteils der Heiz- und
Betriebskosten nur auf die tatsächliche Wohn- bzw. Nutzfläche ankommen.
Welche (größere oder kleinere) Fläche dann im Vertrag steht, soll künftig
keine Rolle mehr spielen.
Gleiches ist für die Miete und für Mieterhöhungen geplant: Auch dabei soll
es künftig immer auf die tatsächliche Wohnfläche ankommen, ganz gleich,
was im Mietvertrag steht oder um wieviel sich der Vermieter verrechnet hat.
Damit wäre dann endgültig Schluss mit der der-zeitigen 10%-Regel des
BGH bei Wohnflächenabweichungen.
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Wohnfläche:
Was Sie dazu
besser nicht in
Ihren Mietvertrag
schreiben sollten
Wer einem Streit mit seinem Mieter um die Wohnfläche aus dem Weg gehen
will, sollte am besten keine Wohnflächenangabe in seinem Mietvertrag machen!
Denn wo nichts steht, haben Sie auch nichts vereinbart. Dann muss der
Mieter erst einmal beweisen, von welcher Wohnungsgröße Sie bei Mietvertragsabschluss ausgegangen sind und auf welche Sie sich geeinigt haben.
Falls Sie es dennoch nicht lassen können, empfiehlt sich nachfolgende
Klausel im Mietvertrag:
Die Wohnfläche ist mit ……. m² vereinbart. Sollte sich nachträglich herausstellen, dass die tatsächliche Wohnfläche von der vorstehend vereinbarten
Fläche abweicht, so soll keine der Parteien berechtigt sein, aus dieser Tatsache eine Anpassung der Miete zu verlangen.
Wohnfläche: Vereinbart
ist vereinbart!
Stellt sich nach Mietvertragsabschluss heraus, dass die tatsächliche Wohnfläche von der vereinbarten Fläche abweicht, bleibt es nach der bisherigen
Rechtsprechung dennoch bei der vollen Miete (LG Berlin, Urteil v. 10.5.2005,
63 S 170/04, GE 2005, S. 995): Vereinbart ist schließlich vereinbart, auch
wenn sich die Wohnung als tatsächlich kleiner entpuppt!
Die Gerichte gehen davon aus, dass die Mietvertragsparteien mit einer
solchen Klausel ja gerade erreichen wollten, dass weder dem Mieter noch
dem Vermieter ein Minderungs- bzw. Nachforderungsrecht zusteht, wenn
sich im Nachhinein herausstellt, dass die Wohnung tatsächlich größer oder
kleiner ist. Deswegen beurteilte das Gericht diese Wohnflächenvereinbarung
als wirksame Klausel.
Gleiches gilt für diese beiden Klauseln:
1. Die Wohnfläche ist mit ca. 105,26 m² vereinbart.
2.Änderungen der Wohnfläche von +/- 5 % bleiben ohne Auswirkungen
auf die Miethöhe.
Die Gerichte sehen das so: Sie haben sich mit dem Mieter auf eine bestimmte Toleranzgrenze, nämlich eine Abweichung der vereinbarten Wohnfläche
von weniger als 5 % nach oben oder nach unten, geeinigt. Damit sollten
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Abweichungen in diesem Toleranzbereich für beide Seiten außer Betracht
bleiben (KG Berlin, Urteil v. 28.11.2005, 8 U 125/05, GE 2006, S. 845).
Bewegt sich die Flächenabweichung also noch in diesem vereinbarten Toleranzbereich, darf Ihr Mieter jetzt nicht kommen und die Miete mindern. Das
gilt jedenfalls, so lange die BGH-Rechtsprechung zur 10%-igen Toleranzgrenze noch gilt und keine Gesetzesänderung zur Wohnfläche ins Gesetz
aufgenommen wurde.
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Mieterhöhung:
Welche
Wohnfläche gilt
Wer sich bisher bei der Wohnfläche zu seinen Gunsten verrechnet hatte,
konnte auf die Toleranz der Gerichte hoffen und hatte dabei sogar noch den
Bundesgerichtshof auf seiner Seite: Erst ab einer Wohnflächenabweichung
von 10 Prozent darf der Mieter die Miete mindern und gleichzeitig die überzahlte Miete vom Vermieter zurückfordern.
Doch damit ist jetzt Schluss, denn der BGH hat erst kürzlich ein neues
Grundsatzurteil zur Wohnflächenabweichung gefällt, das bisher jedoch
nur für Mieterhöhungen gilt. Das besagt: Ganz gleich um wieviel sich der
Vermieter bei der Wohnfläche verrechnet hat, es kommt immer auf die
tatsächliche Wohnfläche an!
Konkret ging es in dem BGH-Fall um die Frage, wie sich eine Wohnflächenabweichung in einem Mieterhöhungsverfahren auswirkt, wenn sich herausstellt, dass die tatsächliche Fläche um stolze 33,95 Prozent größer ist als
die im Mietvertrag angegebene Wohnfläche.
Als der Vermieter die Miete für diese Wohnung erhöhen wollte, ging er bei
seiner Mieterhöhungsberechnung von der korrekten, größeren Wohnfläche
statt der im Mietvertrag angegebenen kleineren Wohnfläche aus.
Daraufhin fällte der BGH ein salomonisches Urteil (BGH, Urteil v. 18.11.2015,
VIII ZR 266/14): Der Vermieter durfte zwar bei seiner Mieterhöhung von der
tatsächlichen Größe ausgehen, muss sich dabei jedoch an die Kappungsgrenze halten!
Neues Grundsatzurteil des
BGH sagt: Ganz gleich wie
groß die Abweichung ist,
es kommt bei einer Mieterhöhung immer auf die
tatsächliche Wohnungsgröße an
Im Klartext bedeutet das: Bei einer Mieterhöhung kommt es selbst dann auf
die tatsächliche Wohnfläche an, wenn die Wohnfläche um weniger als 10
Prozent überschritten wird – und natürlich erst recht, wenn sie um mehr als
10 Prozent überschritten wird.
Kurzum: Es kommt (bisher nur!) bei einer Mieterhöhung immer auf die tatsächliche Wohnfläche an, ganz gleich wie stark die gemessene Wohnfläche
von der im Mietvertrag angegebenen Wohnfläche abweicht!
Damit hat der BGH seiner früheren Rechtsprechung, dass der Vermieter
sich an einer im Mietvertrag zu niedrig angegebenen Wohnfläche festhalten
lassen muss, auch wenn die Abweichung größer als zehn Prozent ist, den
Rücken gekehrt.
Entsprechendes gilt für den umgekehrten Fall, dass die Wohnfläche im Mietvertrag zu groß angegeben wurde: Hier kann der Vermieter die Miete gemäß
§ 558 BGB ebenfalls nur auf der Grundlage der tatsächlichen (niedrigeren)
Wohnfläche erhöhen.
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PRAXIS – TIPP
Messen Sie exakt, sonst
müssen Sie später mit einer
Rückforderung rechnen
Da es künftig bei Mieterhöhungen immer auf die tatsächliche Wohnfläche
ankommt, kann der Mieter selbst bei geringfügigen Abweichungen überzahlte Mietanteile zurückverlangen. Das gilt bisher jedenfalls nur bei überzahlten
Mieten wegen einer Mieterhöhung. Der BGH hat im gleichen Urteil ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die 10%-Rechtsprechung für die
Minderungsfälle uneingeschränkt weiter gilt.
Will der Mieter überzahlte Miete aus einer Mieterhöhung zurück, verjährt
sein Rückforderungsanspruch in 3 Jahren (BGH, Urteil v. 29.6.2011, VIII ZR
30/10).
Allerdings beginnt die Verjährungsfrist erst ab Kenntnis von den Umständen zu laufen. Kenntnis hat der Mieter erst dann, wenn er auch das exakte
Messergebnis seiner Wohnungsvermessung kennt. Ohne konkreten Anlass
muss der Mieter jedoch nicht zum Zollstock oder Laser greifen und seine
Wohnfläche nachmessen.
Reden ist Silber, Schweigen
ist Gold: Das gilt auch für
die Wohnflächenangabe im
Mietvertrag
Schon deswegen empfiehlt es sich als Vermieter, im Mietvertrag keine
Wohnfläche anzugeben, denn damit könnten Sie Rückzahlungsansprüche
auslösen, sofern sich hinterher herausstellt, dass Ihre Wohnfläche kleiner
als vereinbart ist!
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Wann Sie Ihre
Betriebskosten
nach der Wohnfläche umlegen
dürfen
Betriebskosten nach der
Wohnfläche umlegen?
Erst mal schauen, was
der Mietvertrag sagt!
Viele Vermieter glauben noch, Sie könnten es bei der Betriebskostenumlage
allen Mietern recht machen. Vergessen Sie das: Sie werden es ohnehin nie
schaffen. Denn für einen 5-Personen-Haushalt ist eine Umlage nach Personen nachteilig, der alleinstehende Mieter ärgert sich dagegen bei einer
Umlage nach der Wohnfläche.
Als Vermieter dürfen Sie nicht einfach den Umlageschlüssel nehmen, den
Sie als gerecht empfinden, sondern Sie müssen sich dabei schon an eine
gewisse Reihenfolge halten.
Da ist zunächst einmal der Mietvertrag. Dort können Sie einen bestimmten
Umlageschlüssel wie z.B. die Umlage nach m² für alle oder nur bestimmte
Betriebskosten, wie z. B. den Müll, festlegen. An den müssen Sie sich dann
aber auch bei Ihrer Abrechnung halten.
Von dem im Mietvertrag festgelegten Umlageschlüssel dürfen Sie nur dann
abweichen, wenn Sie einzelne Betriebskosten auch nach dem Umlageschlüssel „Verbrauch“ abrechnen könnten: Dann geht der Umlageschlüssel
nach Verbrauch dem Umlageschlüssel, den Sie im Mietvertrag festgelegt haben, vor. Der Umlageschlüssel nach Verbrauch setzt jedoch voraus, dass Sie
den unterschiedlichen Verbrauch aller Mietparteien auch messen können.
Beispiel:
Sie haben im Mietvertrag eine Umlage des Kaltwassers nach Personen
vereinbart. Deswegen legen Sie das Kaltwasser immer nach Personen um.
Allerdings haben jetzt alle Wohnungen im Haus einen Wasserzähler, sodass
Sie auch verbrauchsabhängig abrechnen können.
Deswegen müssen Sie künftig die Kaltwasserkosten nach dem Verbrauch
umlegen, denn eine Abrechnung nach Verbrauch hat immer Vorrang!
Haben Sie in Ihrem Wohnungsmietvertrag keinen Verteilungsschlüssel
für alle oder nur bestimmte Betriebskosten vereinbart, müssen Sie die
angefallenen Kosten anteilig nach der Wohnfläche auf die Mieter verteilen.
Hackordnung: Wer nach
Verbrauch abrechnen kann,
muss es auch tun!
Davon gibt es allerdings wiederum eine Ausnahme: Können Sie den
Verbrauch einer Betriebskostenart, wie z. B. des Kaltwassers, erfassen,
müssen Sie diese Betriebskostenart auch verbrauchsabhängig abrechnen.
Auch dann hat nämlich die verbrauchsabhängige Abrechnung Vorrang
vor dem Umlageschlüssel nach der Wohnfläche. Für manche Betriebs-
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kosten, wie z. B. die Grundsteuer oder auch die Aufzugskosten, kommt
der Umlageschlüssel nach Verbrauch nicht in Betracht, da Sie den
Verbrauch bzw. die Nutzungshäufigkeit nicht messen können.
In diesen Fällen müssen Sie dann diese Betriebskosten nach der Wohnfläche umlegen. Das bestimmt § 556a Abs. 1 Satz 1 BGB.
Die Reihenfolge der Umlageschlüssel sieht demnach so aus:
Diese Reihenfolge gilt beim
Umlageschlüssel
1. E
rst mal schauen, ob im Mietvertrag ein Verteilungsschlüssel vereinbart wurde. Falls dort einer steht, müssen Sie sich an den halten, es sei
denn, Sie können einzelne Betriebskosten nach Verbrauch abrechnen.
Dann geht die Abrechnung nach Verbrauch vor.
2. S
teht kein Umlageschlüssel im Mietvertrag, müssen Sie die Betriebskosten nach der Wohnfläche umlegen. Ausnahme: Sie können einzelne
Betriebskosten verbrauchsabhängig abrechnen.
Haben Sie bereits im Mietvertrag den Umlageschlüssel „Wohnfläche“ für
alle oder nur für einzelne Betriebskosten festgelegt, gilt er für beide Seiten
als vereinbart. An diesem Verteilungsschlüssel können Sie als Wohnungsvermieter nur noch rütteln, wenn Sie künftig stattdessen verbrauchsabhängig
abrechnen können, weil Sie z. B. nachträglich Messgeräte installiert haben.
Ansonsten können Sie einen einmal vereinbarten Umlageschlüssel nur mit
dem Einverständnis Ihres Mieters wieder ändern.
Einseitig können Sie einen vereinbarten Umlageschlüssel, wie z. B. für Müll,
Abwasser oder Kaltwasser, immer ändern, wenn Sie künftig nach einem
konkret gemessenen Verbrauch abrechnen wollen – Ihr Mieter also direkt
davon profitiert, weil er dadurch z. B. Wasser- oder Müllkosten spart.
Wichtig, wenn Sie Kosten nach einem falschen Umlageschlüssel umgelegt
haben: Das gilt „nur" als materieller, also inhaltlicher Fehler Ihrer Abrechnung
(BGH, Urteil v. 17.11.2004, VIII ZR 115/04). Das bedeutet: Sie müssen keine
komplett neue Abrechnung erstellen, sondern können Ihren Fehler auch
noch bis zum Ende der Abrechnungsfrist zu Ihren Gunsten korrigieren.
Das sollten Sie auch schleunigst tun, denn nur eine ordnungsgemäß erstellte
Abrechnung wird auch fällig! Deswegen sollten Sie Ihre Abrechnung noch
vor Ablauf der Abrechnungsfrist korrigieren, denn nur so können Sie vom
Mieter noch Geld nachfordern, falls sich nach der Korrektur ein höherer
Nachzahlungsbetrag für Ihren Mieter ergibt.
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PRAXIS – TIPP
Denken Sie bei jedem Mietvertragsabschluss dran: Einheit
muss auch beim Umlageschlüssel
herrschen!
Bevor Sie mit einem neuen Mieter einen neuen Verteilungsschlüssel vereinbaren, denken Sie bitte daran, dass Ihr Umlageschlüssel bezüglich einer
Betriebskostenart, wie z. B. Müll, im ganzen Gebäude einheitlich sein muss.
Sie können also z. B. bei Ihren Altmietern die Müllgebühren nicht nach
Köpfen und bei jedem neuen Mieter nach Quadratmetern abrechnen.
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Betriebskosten:
Wie sich ein
Rechenfehler
auswirkt
Stellen Sie fest, dass Sie bei Ihrer Betriebskostenabrechnung Ihrem Mieter
bisher viel weniger oder viel mehr Quadratmeter abgerechnet haben, als
Ihre Wohnung tatsächlich hat, hält sich der BGH an die folgende Faustregel:
Sie müssen die Betriebskosten nach der im Mietvertrag angegebenen Fläche umlegen, es sei denn, Sie haben sich um mindestens 10 % verrechnet
(BGH, Urteil v. 31.10.2007, VIII ZR 261/06).
Beträgt die Abweichung mehr als 10 % zu Ihren Lasten, haben Sie Pech
gehabt: Weil Sie Ihre Flächenberechnung bei Mietvertragsabschluss nicht
offen gelegt haben, handelt es sich lediglich um einen unbeachtlichen Kalkulationsirrtum (Schmidt-Futterer, § 556a Rz. 30). Das bedeutet: Sie dürfen nur
bei künftigen Abrechnungen von der größeren Fläche ausgehen!
Ist Ihre Wohnfläche dagegen tatsächlich um 10 % kleiner als im Mietvertrag
steht, drohen Ihnen von Seiten des Mieters nicht nur Rückzahlungsansprüche wegen der überzahlten Miete, sondern auch bei den Betriebskosten: Ihr Mieter kann die überzahlten Beträge nach den Grundsätzen
der ungerechtfertigten Bereicherung nach §§ 812, 818 BGB zurückfordern.
Sein Anspruch verjährt erst nach 3 Jahren.
Normalerweise muss der Mieter seine Einwendungen gegen die Abrechnung
ja innerhalb eines Jahres (gerechnet ab Zugang der Abrechnung) vorbringen.
Stellt Ihr Mieter jedoch erst nach Ablauf der einjährigen «Meckerfrist» fest,
dass seine tatsächliche Wohnfläche um mehr als 10 % kleiner ist, müssen
Sie ihm dennoch zu viel bezahlte Betriebskosten wieder zurückzahlen
(LG Berlin, Urteil v. 3.6.2005, 63 S 507/04, GE 2005, S. 993).
Bleiben Sie dagegen bei Ihrer Wohnflächenberechnung und dem verwendeten Umlageschlüssel bei Ihrer Abrechnung unter der 10 %-Grenze, ist
das für Ihre Abrechnung (bisher jedenfalls) unerheblich: Sie dürfen dennoch
bei Ihrer Betriebskostenabrechnung von der Fläche ausgehen, die im
Mietvertrag steht!
Etwas anderes gilt nur, wenn Sie im Mietvertrag eine bestimmte Flächengröße vertraglich vereinbart haben. So z. B., wenn in Ihrem Mietvertrag
steht, dass die Größe der Wohnung mit 206 m² als konkret vereinbart gilt.
Dieser Satz bindet Ihnen als Vermieter auch künftig die Hände: Obwohl Ihre
Wohnung größer ist, dürfen Sie weiterhin nur die im Mietvertrag festgelegte geringere Fläche abrechnen (OLG Düsseldorf, Urteil v. 8.6.2000, 10 U
94/99, GE 2000, S. 888).
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Übrigens: Steht nicht in Ihrem Mietvertrag, nach welcher Berechnungsgrundlage sich die Wohnfläche berechnet, gilt die Wohnflächenverordnung
als stillschweigend vereinbart (BGH, Urteil v. 23.5.2007, VIII ZR 231/06,
GE 2007, S. 1023).
PRAXIS – TIPP
Was der Gesetzgeber plant
Wer sich bei der Wohnfläche verrechnet, dem gesteht der Bundesgerichtshof derzeit noch eine Toleranzgrenze von 10 Prozent zu. Bei einer Wohnflächenabweichung von bis zu 10 Prozent durften Sie bisher von der im Mietvertrag angegebenen größeren Fläche ausgehen, auch wenn Ihre Wohnung
tatsächlich kleiner ist.
Allerdings hat der BGH am 18.11.2015 über einen Wohnflächenfall
geurteilt, bei dem sich der Vermieter bei einer Mieterhöhung um mehr als
10 % zu seinen Ungunsten verrechnet hatte. Zum ersten Mal erklärte
der BGH in diesem Urteil, dass es bei einer Mieterhöhung immer auf die
tatsächliche Wohnfläche ankommt, ganz gleich um wieviel Prozent Sie
sich verrechnet haben. Gleichzeitig hat er jedoch darauf hingewiesen,
dass die 10%-Regel für Mietminderungsfälle uneingeschränkt weiter gilt! Der Gesetzgeber sieht das ähnlich und will deswegen mit der nächsten
Gesetzesänderung einen Zusatz im Gesetz einfügen, dass es zumindest
für die die Umlage des Festanteils der Heiz- und Betriebskosten nur auf
die tatsächliche Wohn- bzw. Nutzfläche ankommt. Welche (größere oder
kleinere) Fläche dann im Vertrag steht, soll künftig keine Rolle mehr spielen.
Gleiches soll für die Miethöhe und für Mieterhöhungen gelten.
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Wohnflächendifferenz: Wenn
der Mieter Geld
zurück will
Beschwert sich Ihr Mieter über die falsche Wohnungsgröße, zählt das
erst ab einer Differenz von 10 % als Mangel im Sinn von § 536 Abs. 1 Satz 1
BGB. Wegen dieses Mangels darf der Mieter die Miete mindern (BGH, Urteil
v. 24.3.2004, VIII ZR 295/03, WM 2004, S. 336).
Ist Ihre Wohnung um mehr als 10 % kleiner als im Mietvertrag angegeben,
ist es so, als hätten Sie Ihrem Mieter nicht rechtzeitig den vertragsgemäßen
Gebrauch an den Mieträumen gewährt. Der Mieter kann deswegen sogar
nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB den Mietvertrag fristlos kündigen.
Doch das ist noch nicht alles: Der Mieter kann verlangen, dass Sie ihm
die überzahlte Miete wieder zurückzahlen (BGH, Urteil v. 29.4.2009, VIII ZR
142/08).
Will Ihr Mieter Geld von Ihnen zurück, weil sich die Wohnung mindestens um
10 % kleiner entpuppt als vereinbart, bleibt Ihnen nur eins: Sie können sich
auf die Verjährung berufen! Der Rückzahlungsanspruch des Mieters verjährt
innerhalb von 3 Jahren.
Das hört sich erst einmal gut an. Allerdings hat die Sache noch einen
entscheidenden Haken: Die Verjährungsfrist beginnt erst ab Kenntnis des
Mieters vom Mangel bzw. ab grober Unkenntnis vom Mangel zu laufen.
Und: Ohne konkreten Anlass muss der Mieter nicht nachmessen, ob die
Wohnung tatsächlich so groß ist wie im Mietvertrag angegeben!
Auch bei den Betriebskosten rächt sich eine falsche Flächenangabe:
Weicht die im Mietvertrag vereinbarte Wohnfläche von der tatsächlichen
Wohnfläche bis maximal 10 Prozent ab, kommt es für die Betriebskosten
auf die Quadratmeter an, die im Mietvertrag stehen.
Beträgt die Abweichung dagegen mindestens 10 Prozent, müssen Sie
die Betriebskosten nach der tatsächlichen Wohnfläche umlegen (BGH,
Urteil v. 31.10.2007, VIII ZR 261/06-2).
Der Mieter darf sogar zu viel bezahlte Betriebskosten zurückfordern! Selbst
dann, wenn die Einwendungsfrist von einem Jahr seit Zugang der Abrechnung bereits verstrichen ist (LG Berlin, Urteil v. 3.6.2005, 63 S 507/04,
GE 2005, S. 993).
Bei einer Mieterhöhung ist der Bundesgerichtshof sogar noch härter: Da es
hier immer auf die tatsächliche Fläche ankommt, kann jegliche Abweichung
dazu führen, dass Sie dem Mieter Zuvielbezahltes zurückzahlen müssen!
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Auch bei einer Mieterhöhung läuft die Verjährungsfrist für den Differenzbetrag erst ab Kenntnis von der Wohnflächenabweichung. Und: Der Mieter
ist ohne konkreten Anlass nicht verpflichtet nachzumessen, ob die im Mietvertrag angegebene Wohnfläche auch tatsächlich stimmt. Misst der Mieter
also nicht nach, liegt darin noch kein grob fahrlässiges Verhalten, was die
Verjährungsfrist in Gang setzen würde.
Erfährt ein bereits ausgezogener Mieter erst vom aktuellen Mieter von der
Wohnflächenabweichung, kann er ab diesem Zeitpunkt kommen und Zuvielbezahltes zurückfordern (LG München I, Urteil v. 19.12.2013, 31 S 6768/13).
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Ihre Antwort, wenn
Ihr Mieter wegen
einer vermeintlichen Wohnflächenabweichung
mindert
Widerspruch gegen eine Mietminderung des Mieters
An: .........................................
................................................
................................................
Ihre Mietminderung vom ....................
Sehr geehrte Frau .........................,
sehr geehrter Herr .........................,
Sie haben die Miete für Monat .................... um einen Betrag in Höhe von
............... EUR gemindert und berufen sich dabei auf eine Wohnflächenabweichung. Laut Mietvertrag beträgt die Wohnfläche zirka …………… m².
Sie behaupten nun, dass die Wohnung um ……. m² kleiner ist als im Mietvertrag angegeben. Das entspricht einer Wohnflächenabweichung von
……… m².
Laut einem Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs vom Urteil v. 31.10.2007
(VIII ZR 261/06) besteht ein Mietminderungsrecht erst ab einer Wohnflächenabweichung von 10 %. Die von Ihnen angegebene Abweichung liegt
noch im Toleranzbereich der 10%-Regel. Insofern ist eine Mietminderung
wegen einer Wohnflächenabweichung ausgeschlossen.
Zudem beruht die von Ihnen berechnete Wohnflächenabweichung auf einer
falschen Wohnflächenberechnung. Für das Berechnen des Balkons gilt § 4
Nr. 4 Wohnflächenverordnung. Dieser sieht eine Regelanrechnung von nur
25 % vor, höchstens jedoch – abhängig vom Wohnwert – bis 50 %. In diesem speziellen Einzelfall kann die Balkonfläche mit 50 % angesetzt werden,
da der Balkon Südlage hat und nach seinem speziellen Zuschnitt geeignet
ist, dort großzügig einen Tisch und Stühle aufzustellen. Die aufwendige
Bauausführung (Holzboden, Edelstahlgeländer) erhöht zusätzlich den
Wohnwert des Balkons.
Dazu beeinträchtigt die behauptete Wohnflächenabweichung Sie nicht
spürbar in der Nutzungsmöglichkeit Ihrer Wohnung. Ein unerheblicher
Mangel berechtigt Sie aber nicht zur Mietminderung.
Da aus diesem Grund eine Mietminderung nicht zulässig ist, ist die Miete in
voller Höhe zu bezahlen. Ihr Mietrückstand beträgt derzeit .........................
EUR. Bitte überweisen Sie die Mietdifferenz bis spätestens .........................
.
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Kann ich bis zu diesem Zeitpunkt keinen Zahlungseingang feststellen, sehe ich
mich gezwungen, meinen berechtigten Zahlungsanspruch gerichtlich durchzusetzen. Ich weise Sie ausdrücklich darauf hin, dass mir dadurch zusätzliche
Kosten entstehen, die ich ebenfalls gegen Sie geltend machen werde.
Mit freundlichen Grüßen
................................................
(Vermieter/in)
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