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Femel 4 Wörter, 25 Zeichen
?Femel (Fimmel), s. Hanf.
?Hanf (Cannabis L.),
Gattung aus der Familie der Kannabineen, mit nur einer Art, C. sativa L. (s. Tafel »Spinnfaserpflanzen«),
ein einjähriges, aufrechtes, rauh kurzhaariges Kraut mit meist ästigem, bis 1,5 m (var. chinensis bis 6 m) hohem Stengel,
langgestielten, gefingerten, 5-7- (selten 9-) zähligen Blättern, grob gesägten, lanzettlichen Blättchen, in terminalen, unterwärts
belaubten Rispen stehenden männlichen Blüten und bis fast zum Gipfel laubigen weiblichen Blütenständen, welche der Pflanze ein
buschiges, kräftiges Aussehen geben. Die Frucht bildet eine Nuß. Der Hanf riecht frisch unangenehm, betäubend und ist narkotisch.
Er stammt aus Persien und Ostindien, wurde aber als Spinnfaserpflanze schon in den ältesten Zeiten in Europa verbreitet. C. indica
Lam., oft als Stammpflanze von C. sativa unterschieden, ist nur eine tropische Kulturform des gemeinen Hanfes, von welcher
vorzüglich die weibliche Pflanze reichlich ein gelblichgrünes Harz (Churus, Charras, Tschers) absondert, welches der europäischen
und nordamerikanischen Pflanze fehlt.
? Dies Harz dient, mit Tabak geraucht, als Berauschungsmittel (vgl. Haschisch). In der Landwirtschaft unterscheidet man
gemeinen oder Spinnhanf und Riesen- oder Schleißhanf (bolognesischer oder piemontesischer Hanf). Letzterer wird höher, keimt
langsamer, reift später und liefert kräftigern Bast als der gemeine Hanf. Beide Kulturarten zeigen sich aber sehr wenig konstant und
gehen leicht ineinander über. Auch der 4-5 mm langen, ovalen, grauen bis grünlichen Früchtchen halber, welche einen 25-35 Proz.
fettes Öl enthaltenden Samen einschließen, wird der Hanf vielfach gebaut. Man benutzt den Samen zur Gewinnung des Öls und als
Vogelfutter. In Gemüsegärten dient er als Schutzpflanze, indem die Schmetterlinge sowie die Raupen, welche die Kultur der
Gemüse und Kohlgewächse sehr beeinträchtigen, den narkotischen Geruch der Hanfpflanze ungemein scheuen. Der Hanf liebt ein
feuchtes und wärmeres Klima als der Flachs und ist gegen Kälte und Spätfröste ungemein empfindlich. Da er jedoch nur eine
Vegetationsdauer von 90-105 Tagen hat, so läßt er sich in Europa bis 60° nördl. Br. noch in den Küstenländern der Ostsee
kultivieren.
Ferner baut man ihn in Nordafrika, in Asien, in Nordamerika, in Chile, Peru und Brasilien. Am besten gedeiht der Hanf in einem
fruchtbaren, geschützt liegenden, humösen Boden von mittlerer Gebundenheit und genügender Tiefgrundigkeit. Als Dünger eignen
sich besonders Hanfölkuchen, Hanfschäben und Hanfröstwasser, Superphosphat und Kalisalze, Seifensiederasche, Ölkuchenmehl
neben Kalk oder Mergel; ferner Geflügelmist, Guano, Kloakendünger, auch gut vergorne Jauche, Stalldünger in möglichst gut
vergornem, am besten kompostiertem Zustand.
Zur Saat verwendet man nur einjährigen Samen, besonders aus der Umgegend von Cremona, dem Breisgau und dem Elsaß.
Gern benutzt man den Samen aus nördlichen Gegenden, der in wärmern Ländern einen vorzüglichen Hanf erzeugt. Da die
männlichen Pflanzen, welche auch Sommerhaus oder Hemp, im Niederdeutschen und Holländischen Gelge, Hemp, in Preußen
Hanfhahn, am Rhein Semmelhanf, sonst auch Hanfbahr, Staubhanf, Femmel, Fimmel, Sünderhanf, tauber Hanf genannt werden, bei
dünnerm Stengel eine feinere Faser liefern als die weiblichen Pflanzen, die man auch Hanf in, in Niedersachsen Helling, im
Österreichischen Bösling, Bästling, in Preußen Hanfhenne oder Hanfhinne, sonst auch Winterhanf, Büßling, grünen Hanf, späten
Hanf, Kopfhanf, Maskel, Mastel, auch Saathanf zu nennen pflegt: so liegt das Streben nahe, um eine möglichst qualitätreiche Faser
zu produzieren, vorzüglich männliche Pflanzen heranzuziehen.
Indes bieten weder Form, Farbe, Schwere und Größe des Samens Anhaltspunkte für Erkenntnis des Geschlechts des
Individuums, noch vermag man durch Düngung oder Kulturverfahren auf das Dominieren des einen oder des andern Geschlechts
Einfluß auszuüben. Man säet, wenn keine Spätfröste mehr zu befürchten stehen, breitwürfig oder in Reihen und, um eine feine Faser
zu gewinnen, so dicht, daß nach dem Aufgehen jede Pflanze eine Vegetationsfläche von 18-20 qcm hat.
Von gutem Saatgut genügen für diesen Fall 4 hl pro Hektar. Sollen dagegen starke Stengel zu Seilwerk, Tauen und starker
Leinwand erzielt werden, so säet man pro Hektar nur 1,5-2 hl. Ist der Hanf aufgegangen, so wird er bei Reihenkultur mit der
Handhacke bearbeitet. Steht er auf 15 cm Höhe, so wird möglichst sorgfältig gejätet und, wo die Pflanzen zu dicht stehen, gelichtet.
Mit sehr günstigem Erfolg wird bisweilen eine Bewässerung und eine Überdüngung mit Gips angewendet.
Sobald nach stattgehabter Befruchtung die Blätter der männlichen Hanfpflanzen gelb werden, beginnt man mit dem Ziehen der
männlichen Hanfpflanzen, um die Entwickelung der Frucht auf den weiblichen Pflanzen zu fördern und die Güte der Faser in dem
Femelhanf durch längeres Stehenlassen nicht zu beeinträchtigen. Der ausgezogene Femelhanf wird an Bäumen angelehnt oder auch
in Kapellen aufgestellt und nach dem Trocknen in Bunden zur Röste gebracht. Beginnen nach weitern 4-6 Wochen auch die Blätter
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und Stengel der weiblichen Pflanzen gelb zu werden, so werden sie ebenfalls sorgfältig gezogen, in kleine Bündel eingebunden und
pyramidenartig zusammengestellt, damit der Same gut nachreifen kann. Da der zur Nachreife aufgestellte Hanf von dem Vogelfraß
sehr leicht leidet, ist das Feld während dieser Zeit gut zu hüten.
Nach vollendetem Trocknen wird der Same abgedroschen. Da die Faser, welche vom Samenhanf erhalten wird, nur noch zu
Seilerarbeit verwendet werden kann und das Femeln nicht unbedeutende Mehrkosten durch doppelte Ernte und doppelte Röste
verursacht, so ist es meist vorteilhafter, entweder nur den Samen oder nur die Faser zu gewinnen. Um eine möglichst qualitätreiche
Faser zu gewinnen, muß man den Hanf nach vollendeter Blüte und sobald die männlichen Pflanzen anfangen, gelb zu werden,
ziehen.
Beim Seilerhanf werden die Stengel mit einer Sichel oder Hippe kurz über dem Boden abgeschnitten und zwei, auch drei Tage
lang ausgebreitet auf dem Acker liegen gelassen; darauf werden die Blätter abgeschlagen und die Stengel eingefahren, nach der
Länge sortiert und in Bündel gebunden. Mehrere dünne, gleich lange Bündel werden dann zu einem großen Bund
zusammengegeben und zur Röste gebracht. Beim Spinnhanf werden die Pflanzen bei entsprechender Reife gezogen, entblättert, in
kleine Bündel, dann in stärkere vereinigt, an beiden Enden mittels eines breiten Beils abgehackt und in noch grünem Zustand zur
Röste gebracht.
Als Mittelertrag rechnet man pro Hektar in Baden 1000-1100 kg, in Rußland 800 kg, in Frankreich 1000 kg, in Italien (Bologna)
1200 kg und in Österreich 500-800 kg gebrochenen Hanf. Der Samenertrag schwankt pro Hektar von 1-20 hl. Zur Gewinnung der
Faser wird der Hanf geröstet. Bei der Tau-, Rasen- oder Feldröste werden die Hanfstengel auf einer Wiese ausgebreitet, bis sich die
Faser nach 4-6 Wochen vollständig von dem Stengel trennen läßt. Vorteilhafter ist die Wasserröste in fließendem oder stehendem
Wasser.
Sie liefert ein weit wertvolleres Produkt von weißgelber Farbe, auch geht der Prozeß rascher vor sich. Im allgemeinen muß der
weibliche Samenhanf länger rösten als der männliche. Nicht selten vereinigt man mit Vorteil die Wasser- mit der Rasenröste, oder es
wird in warmem Wasser mit oder ohne Zusatz verschiedenartiger Substanzen geröstet, ähnlich der Kunströste des Flachses. Die
neuern Bestrebungen gehen, wie bei der Gewinnung der Flachsfaser, darauf hinaus, die Faser auch ohne Röste zu gewinnen. So
wollen Leoni und Coblenz in Vaugenlieu bei Compiègne gute Resultate erzielt haben, indem sie den Hanfstengel zweimal 24 Stunden
in Trockenkammern dörrten und dann zwischen Brech- und Schwingmaschinen aufarbeiteten. Es sollen dabei aus dem Rohhanf um
10 Proz. mehr Faser erhalten werden als nach dem gewöhnlichen Röstverfahren.
? Nach anderweitigen Erfahrungen, besonders in Ungarn (Csepin), liefert der Hanf, welcher ohne Rösten auf der Narbuthschen
Maschine rein gearbeitet wurde, eine Faser, welche sich für feinere Fabrikationszwecke weit weniger eignet und in der Nässe viel
leichter verdirbt. Der geröstete Hanfstengel wird an der Sonne oder in Röstgruben oder in Dörröfen und Dörrhäusern oder in
Backöfen getrocknet und dann gebrochen. Seilerhanf, dessen Stengel eine bedeutende Länge hat und sehr dick ist, wird vorerst mit
der Hanfreibe gequetscht und mürbe gemacht. Diese besteht aus zwei senkrecht stehenden, walzenförmigen Sandsteinen, die durch
eine Achse miteinander und mit einer stehenden Welle verbunden sind und sich in doppelter Bewegung auf der horizontalen
Auflagefläche drehen. Unter
diese Steine kommt der Hanf zu liegen. Man wendet aber auch Pochwerke oder den Hanfbrechstock an, mit welchem das in dem
halbkreisförmigen Einschnitt eines aufrecht stehenden Auflagebretts aufliegende Hanfbündel derart bearbeitet wird, daß die holzige
Substanz der Stengel durch fortwährendes Vorschieben des Bündels in viele kleine Stückchen geknickt wird. Nach dieser Arbeit
kommt der unter die Handbreche oder die Brechmaschine, worauf er mitunter nur noch oberflächlich von den anhängenden
Holzstückchen gereinigt wird, um dann, wie in Rußland, gleich unsortiert, in Bündel von 10-20 kg eingebunden in den Handel
gebracht zu werden.
Der Spinnhanf dagegen wird, weil er feiner und schwächer ist als der Seilerhanf, meist gar nicht unter die Reibe gebracht,
sondern nur mit einem hölzernen Hammer geschlagen (gebottet), dann gebrochen und schließlich noch geschwungen und gehechelt.
In Belgien pflegt man den Hanf zu schälen oder zu »pellen«. Dabei bricht man von dem gerösteten Hanf das untere Wurzelende
zuerst ab, ergreift darauf die gelöste Faser mit der einen Hand und läßt, indem man den Bast abzieht, den holzigen Stengel durch die
Finger der andern Hand gleiten.
Der so gewonnene Pellhanf erscheint dann ohne weitere Bearbeitung im Handel. Da der frische Hanf sich zwar besser als der
alte verarbeiten läßt, besonders auf Stricke, sich aber nicht so fein und gut hecheln läßt wie mehrjähriger, so läßt man ihn nicht selten
längere Zeit an einem trocknen, luftigen Ort lagern. Beim Austrocknen an der Luft verliert der Hanfstengel 45-60 Proz. seines
Gewichts, und von dem lufttrocknen männlichen Hanf erhält man im Durchschnitt 26 Proz. Brechhanf, während die weiblichen
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Pflanzen im Mittel nur 16-22 Proz. liefern. An wirklich spinnbarer Faser erhält man von dem lufttrocknen Brechhanf ungefähr 60-65
Proz. Beim Hecheln gewinnt man aus 100 kg geschwungenem Hanf 44-66 kg reinen Spinnhanf; 1-6 kg sind unbrauchbare
Substanzen, und der Rest besteht aus Hede. Es können mithin aus 100 Teilen grünem Hanf höchstens 5-8 Teile spinnbare Faser
gewonnen werden.
Die Hanffaser hat im allgemeinen eine größere Länge (1-2 m und mehr) als die Faser des Flachses, sie ist weißlich oder grau;
minder wertvoll sind die grünlichen und gelblichen Sorten. Wie die Farbe, so läßt der Glanz auf die Güte der Hanffaser schließen. Die
reine Hanffaser ist in der Regel weit grober als die rein ausgearbeitete Flachsfaser. Die Feinheit hängt jedoch nicht von der Glätte des
Fadens ab, vielmehr wird dieselbe von der Größe des Querschnitts der Faser bedungen.
Der gebrochene Hanf präsentiert sich fast immer als ein bandartiger, breiter, zusammengesetzter Streifen; wird er gehechelt, so
zeigt er verschiedene Grade der Feinheit. Die Bastzellen des Hanfes zeigen eine Länge von einem bis mehreren Zentimetern. Im
Querschnitt erscheint die Hanfbastzelle rund; von der Fläche gesehen, ist sie aber nicht so regelmäßig cylindrisch wie die
Flachsbastzelle. Die natürlichen Enden der Zellen laufen in der Regel stumpf aus, hier und da sind sie wohl auch elliptisch
abgerundet.
Nach Schacht kommen die Zellenden in der Regel verzweigt vor, wodurch sich die Hanffaser wesentlich von der Leinenfaser
unterscheidet. Die Hanffaser, welche die sämtlichen Prozesse des Brechens, Schwingens etc. durchgemacht, erscheint stets parallel
gestreift. Die Hygroskopizität der Hanffaser ist sehr bedeutend und beträgt ungefähr 33 Proz. ihres Gewichts. Im Handel
unterscheidet man Basthanf, der nur gebrochen wurde, von dem gebrochenen, geschwungenen und gehechelten oder wenigstens
gebrochenen und geschwungenen Reinhanf.
Nur geschwungener, aber nicht gehechelter Hanf heißt Strähnhanf, wogegen er im fertigen, gehechelten Zustand Spinnhanf
genannt wird. Das beim Schwingen und Hecheln abfallende Produkt bildet Hanfwerg, Hanfhede oder Tors. Zur Seilerarbeit, wozu
vorzüglich der weibliche Hanf Verwendung findet, wird derselbe vorerst auf einer groben Hechel bearbeitet; hierauf werden die
Fasern glatt gelegt und ausgeglichen. Der Hanf heißt dann eingeklärt und dient so zu grobem, dickem Tauwerk.
Wird er auf einer Abzugshechel ausgespitzt und rein abgezogen, so werden hierdurch sowie durch das Feinhecheln beim
Ausmachen die längern von den kürzern Fasern getrennt und die einzelnen Faserbündel gespalten. Ein solcher ausgespitzter Hanf
dient zu Seilen und Leinen, der ganz rein abgezogene und ausgemachte Hanf zu Bindfaden und Schnüren. Während der feinste,
beste Hanf ähnlich wie der Flachs versponnen und zur Anfertigung von feinen Geweben benutzt wird, dient die gröbere Sorte zur
Darstellung von groben Geweben, wie Segeltuch und Packleinwand.
Nicht selten werden Hanf- und Flachsgarne gemischt verwendet zur Darstellung halbhänfener Gewebe, oder es dient der Hanf
bei der Papierfabrikation sowie zum Anfertigen von Lunten, Dochten etc. Der beste Hanf, wie der bolognesische, ist schön silberweiß,
von seidenartigem Glanz und flachsartiger Milde und Weichheit. Diesem zunächst stehen die Sorten mit perlgrauer und grünlicher
Farbe, während die gelblichen, braunen oder dunkelbraunen den geringsten Wert besitzen.
Letztere haben entweder bei der Röste schon gelitten, oder waren feucht eingepackt oder an einem feuchten Ort gelagert
worden. Ein solcher mehr oder weniger verdorbener Hanf riecht in der Regel auch dumpf, faulig, während der unverdorbene Hanf
einen eigentümlichen, starken Geruch besitzen muß. Im Badischen und Elsaß unterscheidet man Schuster-, Spinn- und Schleißhanf.
Ersterer ist die wertvollste Qualität; der Spinnhanf ist weniger weiß, und es wird aus diesem noch der Schleißhanf aussortiert.
Auf dem Königsberger Markt bildet der Reinband die beste Sorte, sehr rein, aber etwas stark von Faden. Minder fein und rein ist
der Schnitthanf, immerhin aber noch ziemlich gleichwertig dem Rigaer Reinhanf. Der Schocken- oder Schuckenhanf bildet die dritte
Sorte, und es ist von dieser der russische (Mohilewer) besonders schön weich, rein und schwer, aber nicht sehr lang, während der
litauische Schuckenhanf, wenn auch lang und schönfarbig, doch schwach und von geringerer innerer Güte ist.
? Der ordinäre litauische Basthanf ist gemischt, unrein und schwach. In Petersburg macht man drei Sorten: reinen, halbreinen und
Ausschußhanf. Letzterer ist wegen seiner großen Stärke und Dauerhaftigkeit sehr geschätzt. Auf ähnliche Weise wird der Hanf in
Archangel gewrackt. Auf dem Rigaer Markte dagegen macht man einen Unterschied zwischen dem polnischen und Ukrainer Hanf,
der als Reinhanf fein gehechelt, von schöner weißer oder grauer Farbe und bedeutender Länge ist und viel begehrt wird. Dasselbe
gilt von dem drujanischen Reinhanf. Der polnische und Ukrainer Ausschußhanf, zwar unrein, aber von starkem Faden, sowie der
polnische, Ukrainer und der Livländer Basthanf sind die weitern Sorten auf dem Rigaer Markte. Die beiden Märkte in Pernau und
Libau liefern vornehmlich den sogen. Paßhanf. Die in Österreich erzeugten Hanfsorten erscheinen auf dem Markt unter dem Namen
Apatiner, slawonischer und slowakischer Hanf Erstgenannter
ist die beste Qualität; beim slowakischen Hanf bezeichnet man die feinere Sorte als Börling, die gröbere, für Seilerarbeit
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geeignete als Sämling.
Nach Herodot bauten die Skythen am Kaspischen Meer und am Aralsee Hanf zur Gewinnung des Samens und des hieraus
dargestellten berauschenden Genußmittels, die Thraker und die alten Griechen dagegen, um die Faser zu gewinnen, aus welcher sie
Kleiderstoffe wehten und Taue darstellten. Zur Zeit der Römer fand Hanfkultur in den Niederungsdistrikten Siziliens, Italiens und der
Rhônemündung größere Verbreitung. In den nördlichen und westlichen Ländern Europas verbreitete sich die Hanfkultur erst in den
spätern Jahren teils von Asien, teils von Italien aus und blieb immer strichweise auf humusreichen, etwas feuchten Boden in mildem
Klima beschränkt.
Auch in Asien, Nordafrika und Amerika wird Hanf häufig angebaut. In Italien produziert man sehr schönen und wertvollen Hanf,
jährlich etwa 91 Mill. kg, besonders in den Provinzen Bologna und Ferrara. In Österreich-Ungarn werden jährlich 68 Mill. kg Hanf
produziert, wovon etwa 43 Mill. kg auf Ungarn und Siebenbürgen entfallen. Rußland produziert von allen europäischen Staaten die
größte Masse Hanf, besonders in der Ukraine, in Weißrußland, Wolhynien und Polen. Der russische Hanf ist aber nur von mittelfeiner
Qualität, dabei ist seine Zubereitung in der Regel sehr primitiv.
Die Jahresproduktion an Hanf in den europäischen Provinzen Rußlands schätzt man auf 100-120 Mill. kg Brechhanf. In
Deutschland wird Hanf hauptsächlich im Elsaß, in Baden, Hessen-Darmstadt, Westfalen, Hannover und Thüringen gebaut; die
Produktion beträgt 11-17 Mill. kg, doch genügt die inländische Produktion noch lange nicht, um den Bedarf zu decken. Versponnen
wird der Hanf hauptsächlich in Schwaben und Baden, während in Westfalen, im Kasseler Bezirk, im Hannöverschen im Kreis
Osterholz, im Osnabrückschen sowie in den Hansestädten Seilerwaren und Segeltücher dargestellt werden. In Frankreich wird
vorwiegend Hanf gebaut in den Departements Sarthe, Maine-et-Loire und Puy de Dôme; doch liefern die bessern Sorten die Picardie
und Champagne und vor allem das Departement Isère, woselbst in der Gegend von Grenoble ein dem bolognesischen Hanf
ähnliches Produkt erzeugt wird.
Die Hanfproduktion, welche man auf 42 Mill. kg schätzt, bleibt jedoch weit hinter dem Bedarf zurück. Holland betreibt die
Hanfkultur gegenüber dem Flachsbau in einer sehr geringen Ausdehnung und nur für den eignen Bedarf. Die in Holland angefertigten
Segeltücher zeichnen sich durch ihre Güte und Dauerhaftigkeit aus. In Belgien wird in den Provinzen Flandern und Brabant zwar
schöner Hanf gebaut, doch ist derselbe zu kurz und weniger geeignet für Tauwerk und Seile als der russische.
Meist wird derselbe im Inland selbst verarbeitet, oder er erscheint im gehechelten Zustand im Handel. Auch in England ist die
Hanfkultur gering, und der Bedarf wird vorwiegend aus eingeführtem Rohmaterial gedeckt. Von den erzeugten Hanfgarnen und
Webwaren wird ein großer Teil wieder ausgeführt. Die nordamerikanische Union erzeugt Hanf in immer größern Quantitäten. Die
Jahresproduktion beträgt etwa 12 Mill. kg, und vorzugsweise beteiligen sich daran die Staaten Kentucky, Missouri, Tennessee, ferner
Maryland, Ohio, Virginia und Pennsylvanien.
Der amerikanische Hanf ist dem russischen ziemlich gleich; er ist stark, kräftig und für Segeltücher und Tauwerk sehr geeignet.
Die Gesamtproduktion von Hanf wird auf 333-395 Mill. kg geschätzt. Das Kraut des indischen Hanfes kommt als Bhang oder Guaza
(Spitzen der blühenden oder im Beginn der Fruchtreife stehenden Äste oder deren Zweiglein) und als Gunjah (bis 1 m lange Stengel,
von den größern Blättern befreit, nur die stark verharzten Blüten- und jungen Fruchtstände tragend) in den Handel und ist bei uns
offizinell. Wirksamer Bestandteil des Krauts ist ein Harz, welches wieder giftiges Tetanokannabin, schlafmachendes Kannabin
(Haschischin) und ätherisches Öl enthält; man bereitet aus dem Kraut ein alkoholisches Extrakt und eine Tinktur und benutzt beide
als schlafmachende Mittel oder in den Fällen, wo man eine mildere Opiumwirkung beabsichtigt. Auch gerbsaures Kannabin wird als
schlafmachendes Mittel angewandt.
Vgl. Th. Marceau, Die Kultur und Zubereitung des Flachses und Hanfes in Frankreich, England etc. (deutsch, 2. Aufl., Weim.
1866);
F. Campbell, A treatise on the cultivation of flax and hemp (3. Aufl., Sydney 1868);
Carcenac, Du coton, du chauvre, du lin et des laines en Italie (Par. 1869);
Lobe, Anbau der Handelsgewächse, Teil 3 (Stuttg. 1868);
Brinckmeier, Der Hanf (2. Aufl., Ilmenau 1886).
Ende Hanf
Quelle: Meyers Konversations-Lexikon, 1888; Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte
Auflage, 1885-1892;8. Band, Seite 120 im Internet seit 2005; Text geprüft am 4.3.2008; publiziert von Peter Hug; Abruf am 20.1.2017
mit URL:
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