Memorial University of Newfoundland, 2016
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Memorial University of Newfoundland, 2016
Erfahrungsbericht Name: A l e x a n d e r P h i l i p p H u t z e l Studiengang und -fach: Sozialwissenschaftliche Konfliktforschung Austauschjahr: 2016 Gastuniversität: Memorial University of Newfoundland Stadt: St. John‘s Land: Kanada Aus Spam- und Datenschutzgründen wird die E-Mail-Adresse nicht im Internet veröffentlicht. Studierende der Universität Augsburg können diese auf Anfrage im Auslandsamt erhalten. Die Erfahrungsberichte werden von Studierenden verfasst und spiegeln nicht zwangsläufig die Meinung der Universität Augsburg wider. Für den Inhalt des Berichts ist der/die Verfasser/in verantwortlich. Das Akademische Auslandsamt behält sich vor, ggf. Änderungen vorzunehmen. Vorbereitungen Meinen Studienaufenthalt konnte ich durch Auslands-BaföG und dem PROMOS Stipendium gut finanzieren. Ich glaube, es gab nur eine Woche mit Nudeln und Soße. Im Endeffekt war alles gut bezahlbar. Die Bewerbung für das PROMOSStipendium ist absolut lohnenswert, da man 300 € pro Monat erhält und eine Flugkostenpauschale – in meinem Fall konnte ich Hin- und Rückflug durch PROMOS finanzieren. Ansonsten sind die Vorbereitungen hauptsächlich EMails schreiben. Eine Auslandskrankenversicherung benötigt man nicht, da man automatisch über die Memorial University versichert ist. Meine Wohnung konnte ich “off-campus” über die in Kanada beliebte Seite kijiji.ca finden. Meine Vermieterin sah mein Inserat und nach einem Skype-Call war klar, dass ich bei Ihr wohnen würde. Universitätstechnisch musste kein Learning-agreement erarbeitet werden, jedoch hielt ich Rücksprache mit dem verantwortlichen Professor. Soweit alles fix: Flug gebucht, Finanzierung klar, Wohnung und Studienplan für die Uni vorhanden. Winterklamotten habe ich mir noch gekauft und das wichtigste: wasserdichte Wanderschuhe! Ankunft Kim, meine Vermieterin und Mitbewohnerin, holte mich vom Flughafen ab und zeigte mir direkt ein wenig von der Stadt. Aber ich musste natürlich erst einmal schlafen um irgendwie auf die Zeitumstellung klarzukommen. Nach weniger als einer Woche fühlte ich mich schon ziemlich heimisch und das habe ich hauptsächlich Kim’s unglaublich warmherzigen und willkommenden Art zu verdanken. Unterkunft Die Wohnung war gut gelegen und der Preis von 570 CAD (ca 390€) war auf einem normalen Niveau. Billiger lebt es sich “on-campus”, jedoch muss man, nach einigen Berichten zufolge, mit unterschiedlichen Vorstellungen von Lautstärke und Nachtruhe im Allgemeinen klarkommen. Ich hatte es ruhig, die Lage war zentral, so dass ich zur MUN und auch “Downtown” gut zu Fuß erreichen konnte. Die Wohnung entsprach nordamerikanischen Standards was soviel bedeutet wie: es ist alles größer, bis auf die Toilette. Insgesamt war ich vollkommen zufrieden mit meiner Unterbringung. Universität Was alle Austauschstudenten gemeinsam hatten war, dass sie alle als “undergraduate” geführt wurden, egal ob die in einem Masterprogramm sind, oder nicht. Die Kursauswahl ist groß und in meinem Bereich der Soziologie entschied ich mich für “Technology & Society”, “Animals & Society” und “Sociology of Work”. Die ersten beiden Kurse waren bunt gemischt, wobei ich als Masterstudent schon eine der wenigen Ausnahmen war. “Sociology of Work” war ein kleiner Masterkurs und keiner schien sich an meinem offiziellen Status zu stören. Das Niveau würde ich als anspruchsvoll beschreiben, nicht nur weil alles englischsprachig ist, sondern weil konstant gefordert wird. Das heißt, es gilt eigentlich jede Woche mindestens ein assignment abzugeben. Essays, Experiements, Journals, Reports, Case Studys und natürlich noch Midterms und Finals. Die Wochen zogen vorbei wie im Flug. Insgesamt habe ich meine sprachlichen Fähigkeiten in Wort und Schrift sehr verbessern können. Für mich war alles sehr gut verständlich, jedoch benötigte ich etwas Zeit, um meine Gedanken in adäquate englische Sätze zu packen. Die Anerkennung der Kurse ist in meinem Studiengang kein Problem, solange sie auch nur entfernt etwas mit Soziologie oder Politikwissenschaft zu tun haben. Die Memorial University of Newfoundland ist ein sehr angenehmer Ort zum Studieren. Alle Mitarbeiter waren sehr hilfsbereit, es gibt eine wunderbare Bibliothek und eine Sporthalle (The Works), in welcher man als Student umsonst trainieren kann. Das größte Manko war meiner Meinung nach die Mensa, welche eigentlich nur aus verschiedenen Fast-Food Ketten bestand und entsprechend kaum gesundes Essen angeboten wurde. Die Pubs an der Uni waren ebenfalls eher durchschnittlich verglichen mit denen in der Stadt. Bürokratische Albträume habe ich auch nicht erlebt, alles war sehr entspannt handhabbar. Für die Neuankömmlinge gibt es viele Angebote und Möglichkeiten neue Leute und Kommilitonen aus aller Welt kennenzulernen. Man wird sehr herzlich empfangen und ermutigt sich auch im Unileben einzubringen. Ich hatte auch durchgehend den Eindruck, dass der Campus lebt, dass immer etwas passiert und immer wieder neue Angebote von vielen verschiedenen Seiten gemacht werden. Wer sich für volunteering interessiert, ist an der MUN super aufgehoben. Via E-Mail werden die Studenten ebenfalls immer auf dem Laufenden gehalten, zum Beispiel wenn die Universität geschlossen bleibt, da über Nacht ein Blizzard 50cm Schnee oder mehr über die Stadt legte. Lebenshaltungskosten Kanada ist eigentlich in allen Lebensbereichen (außer Benzin) teurer als Deutschland. Trotzdem ist es gut möglich eine anständige Ernährung aufrecht zu erhalten, zu feiern und auch zu reisen. Beispielsweise kann man als Student jeden Dienstag zu Sobey’s einkaufen gehen, da es dort 10% auf die Einkäufe gibt. Wenn man feiern will, empfiehlt es sich schon vorher zu treffen und gewünschten Zustand herzustellen, da in der Party”meile” George-Street einiges an Geld liegen bleiben kann. Die Bierpreise sind dennoch human meiner Meinung nach. Kulturelle Eigenheiten Die Neufundländer sind ein durch und durch zuvorkommendens und ehrlich herzliches Volk. Jeder war, für deutsche Verhältnisse beinahe beschämend, hilfsbereit und darum bemüht, dass man sich wohl fühlte. Kanadischer Nationalsport Nr. 1 ist sich zu entschuligen. Egal ob ein noch so kleiner Fehler oder auch nur das Streifen einer Jacke, sofort kommt ein “Sorry!”. Hat dann auch irgendwann genervt, aber man muss sich ja nicht an alles gewöhnen. Kanadier kiffen gerne so scheint es und stehen auf große Autos, Fastfood und abscheulichen Tim Hortens Kaffee. Die Becher werden dann auch entsprechend überall entsorgt, was mich oftmals wütend gemacht hat und kaum nachvollziehbwar war. Wie kann man eine solch schöne Landschaft mit Tim Hortens Bechern verschandeln? Es scheint niemand so wirklich zu interessieren, ebenso wie Mülltrennung nur sporadisch betrieben wird. Die Küche bietet für einen Vegetarier wie mich wenig Aufregendes, da Fleisch in all seinen Formen überall angeboten wird. Dennoch konnte ich in jedem Lokal, Pub oder Restaurant auch vegetarisch essen. Hier eine kleine Liste von Orten, an denen vegetarische Speisen angeboten werden: Yellow Belly Brewery (Black Bean Burger!) India Gate (gehoben Indisch) Shalimar (nicht so gehoben, aber dennoch sehr lecker!) Bitter’s Pub (an der MUN) Georgetown Cafe Georgetown Bakery (bestes Brot in der Stadt, sonst gibt es überall nur Weiß/Toastbrot) Dominos (Pizza Lieferdienst) The Sprout Rocket Bakery (tolle, etwas teurere Bäckerei) Smoke’s Poutinerie (Poutine ist sowas wie das kanadische Nationalgericht) Bagel Cafe (super Frühstück) Insgesamt denke ich, wer gesund essen will, muss auch in Neufundland viel selbst kochen. Wetter Meinem Eindruck nach das wichtigste Smalltalk-Thema der Neufundländer. Und das auch zu Recht, denn das Wetter in Neufundland ist unberechenbar. Ich war im Wintersemester dort, also wusste ich, es wird kalt und verschneit. Dazu kommt permanent Wind, da St. John’s direkt am Atlantik liegt. Bei Regen ist es wirklich unangenehm sich draußen zu bewegen, weswegen z.B. die Gebäude der MUN durch die sogenannten MUNnels, also unterirdische Gänge, verbunden sind. Mir machte das raue Wetter meistens nicht viel aus, da ich mehr der nordische Typ bin und mit kaltem Klima gut klarkomme. Wer also im Winter an die MUN gehen sollte, muss sich auf verrücktes und kaltes Klima einstellen. Trotzdem, sobald sich die Sonne zeigte, war die Stadt und noch mehr die Umgebung sehr schön anzusehen. Soziale Kontakte Ich habe wirklich viele unterschiedliche Nationalitäten kennengerlernt und bin dafür sehr dankbar. Man lernt nicht nur viel über andere Kulturen, man lernt sich selbst als Repräsentanten einer Kultur auch besser kennen. Das fand ich für mich eine erneut extrem spannende Erfahrung. Menschen zu begegnen und mit einem offenen “Hi!” zu begrüßen, was ja immer etwas Überwindung kostet. Ich habe Menschen aus Peru, Chile, Kanada, Irland, Finnland, Italien, Tschechien, Deutschland, Italien, Hong-Kong, China, Indien, Nigeria und Australien kennengelernt. Internationalisiertes soziales Kapital könnte man das nennen. Freizeitmöglichkeiten auf Neufundland Ich hatte das Glück drei Kommilitonen zu finden, welche ebenfalls für eine Woche quer durch die Insel Neufundland fahren wollten. Ein Auto am Flughafen zu mieten ist gut bezahlbar, gerade wenn man mehrere Personen ist. So kam ich in den Genuss, fast alle besiedelten Ecken von Neufundland zu sehen. Wandern im Grose Morne Park ist einmalig und jedem zu empfehlen, der die Möglichkeit dazu hat. In St. John’s an sich gibt es einige Möglichkeiten sich zu beschäftigen. Nur, während man studiert, ist dafür eigentlich kaum Zeit und so beschränkten sich Außeralltäglichkeiten zumeist auf gemeinsames (und verdientes!) Feiern am Wochenende. Ich konnte einige Teile des East-Coast Trails wandern, was kurzgefasst beeindruckend war. Klare Empfehlung. Die Umgebung bietet einige wunderschöne Punkte, die es sich zu besuchen lohnt: Signal Hill, Cape Spear, Quidi Vidi (unbedingt die Brauerei besuchen), Pippy Park oder einfach der Hafen von St. John’s. Ich konnte in meinen viereinhalb Monaten in Kanada viele interessante Einblicke in eine andere Kultur gewinnen, habe viele spannende Menschen kennengelernt, sehr viel Neues gerlernt und exakt 50 verschiedene Biersorten getrunken. Es hat sich in jeder Hinsicht gelohnt, ein Trimester an der Memorial University zu studieren. Ich bin dankbar für die Möglichkeit und kann es jedem und jeder Interessierten empfehlen, sich an der MUN zu bewerben.