Menschen mit Behinderung in der Österreichischen
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Menschen mit Behinderung in der Österreichischen
Fokus: Menschen mit Behinderung in der OEZA Unless disabled people are brought into the development mainstream, it will be impossible to cut poverty in half by 2015 or to give every girl and boy the chance to achieve a primary education by the same date-goals agreed to by more than 180 world leaders at the United Nations Millenium Summit in September 2000. James David Wolfensohn, Präsident der Weltbank von 1995-2005, 2004 Einleitung Bereits in der „Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte“ aus dem Jahre 1948 wird betont, dass „alle Menschen frei und gleich an Rechten und Würde geboren“ sind und „jeder (…) Anspruch auf alle in dieser Erklärung verkündeten Rechte und Freiheiten, ohne irgendeinen Unterschied, etwa nach Rasse, Hautfarbe, Geschlecht, Sprache, Religion, politischer oder sonstiger Anschauung, nationaler oder sozialer Herkunft, Vermögen, Geburt oder sonstigem Stand“ hat. Somit hat jeder Mensch unter anderem das Recht auf Freiheit, Bildung, freie Berufswahl und die Gründung einer Familie. Menschen mit Behinderungen werden diese Rechte – vor allem in Entwicklungsländern – jedoch häufig nicht zugebilligt. Von den mehr als 650 Millionen Menschen mit Behinderungen leben insgesamt etwa 80 Prozent in Entwicklungsländern (10 Prozent der gesamten Weltbevölkerung); bei Kindern liegt der Anteil sogar bei 87 Prozent. Viele leben in absoluter Armut; häufig bleibt ihnen der Zugang zu den fundamentalsten Bildungs- oder Gesundheitseinrichtungen verwehrt, werden sie diskriminiert, sozial ausgegrenzt oder sind Opfer von Vorurteilen oder Stigmatisierung. Mittlerweile ist anerkannt, dass die Erreichung der Milleniums-Entwicklungsziele (MDGs) ohne die vollständige Inklusion von Menschen mit Behinderungen nicht möglich ist. So schlussfolgerte etwa der Bericht des Expert Group Meetings on Mainstreaming Disability in MDG Policies, Processes and Mechanisms im Jahre 2009: ”The Millennium Development Goals cannot be achieved without the full and effective inclusion of persons with disabilities and their participation in all stages of the MDGs processes.” Die Gründe für und die Konsequenzen von Behinderungen sind abhängig vom sozialen und wirtschaftlichen Umfeld. Von grundlegender Bedeutung sind auch die Rahmenbedingungen, die der Staat in Anerkennung der Rechte von Menschen mit Behinderungen schafft bzw. welche proaktiven Maßnahmen er zu deren Realisierung setzt. Ist der Staat selbst nicht stark genug oder mangelt es am politischen Willen, sind auch die Geber gefordert. Die Notwendigkeit der umfassenden Inklusion von Menschen mit Behinderungen bzw. die Berücksichtigung von deren Rechten und Bedürfnissen in der Entwicklungszusammenarbeit (EZA) wurde daher mittlerweile von bi- und multilateralen Gebern und auch von der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit (OEZA) weitgehend anerkannt. Austrian Development Agency, die Agentur der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit Information und Öffentlichkeitsarbeit Zelinkagasse 2 • 1010 Wien • Österreich Telefon: +43 1 90399-2411 [email protected] • www.entwicklung.at MENSCHENRECHTE Das soziale Modell Maßgeblich beeinflusst wurde dieser verstärkte Fokus auf Menschen mit Behinderungen von Bewegungen wie dem Disability Movement. Die Initiative setzte sich dafür ein, dass Behinderung nicht ausschließlich als medizinisches Problem betrachtet wird, dessen Lösung in Heilung, Rehabilitation oder auch Absonderung in speziellen Einrichtungen liegt (individuelles Modell). Berücksichtigt werden müssten vielmehr auch die auf Behinderungen folgende Diskriminierung und soziale Exklusion (soziales Modell). Der Einsatz für Menschen mit Behinderungen solle sich demnach insbesondere auf die Beseitigung von Barrieren konzentrieren. Medizinische Anliegen bleiben zwar weiterhin wichtig, zentrale Bedeutung erhalten aber nun menschenrechtliche Fragen. Abgelehnt wird ein Sonderstatus für Menschen mit Behinderungen. Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen der Vereinten Nationen (VN) Wesentlich für die Inklusion von Menschen mit Behinderungen war vor allem die im Dezember 2006 von der VN-Vollversammlung verabschiedete und von Österreich im September 2008 ratifizierte Konvention zum Schutz der Rechte von Menschen mit Behinderungen. Die Konvention gilt heute als die wichtigste internationale Vorgabe zum Umgang mit Menschen mit Behinderungen und wurde als fundamentaler Paradigmenwechsel bezeichnet. Menschen mit Behinderungen werden nicht mehr als hilfsbedürftige Objekte betrachtet, deren primärer Bedarf in medizinischer Behandlung und sozialem Schutz liegt, sondern als aktive Mitglieder der Gesellschaft und Subjekte mit Rechten, die fähig sind, diese Rechte einzufordern und selbstbestimmt Entscheidungen zu treffen. Ziel der Konvention ist es, den vollen und gleichberechtigten Anspruch von Menschen mit Behinderungen auf alle Menschenrechte (zivile, politische, wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte) sowie die Achtung ihrer Würde zu fördern, zu schützen und zu gewährleisten. Dazu müssen die Vertragsstaaten alle notwendigen Maßnahmen zur Verwirklichung der in der Konvention verbrieften Rechte treffen. Die aktive Einbeziehung von Menschen mit Behinderungen beispielsweise durch Konsultationen ist dabei besonders wichtig. Eckdaten zur VN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (Stand Mai 2011) Verabschiedung: 13. Dezember 2006 In Kraft getreten: 3. Mai 2008 Signatarstaaten: 147 Mitgliedstaaten: 99 (darunter OEZASchwerpunktländer: Äthiopien, Armenien, Bosnien und Herzegowina, Burkina Faso, Nicaragua, Moldau, Serbien, Uganda) Von Österreich ratifiziert am 26.9.2008 Fakultativprotokoll zur VN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen Verabschiedung: 13. Dezember 2006 In Kraft getreten: 3. Mai 2008 Signatarstaaten: 90 Mitgliedstaaten: 61 (darunter OEZASchwerpunktländer: Bosnien und Herzegowina, Burkina Faso, Nicaragua, Serbien, Uganda) Von Österreich ratifiziert am 26.9.2008 Überwacht wird die Einhaltung der Konvention durch einen durch das Fakultativprotokoll geschaffenen quasi-gerichtlichen Beschwerdemechanismus. Dieser ermöglicht es, nach Ausschöpfung des innerstaatlichen Instanzenzuges Beschwerden über Verletzungen der Konventionsrechte an das Committee in the Rights of Persons with Disabilities zu richten. Das aus unabhängigen ExpertInnen bestehende Komitee prüft zudem in regelmäßigen Abständen die Staatenberichte und richtet Empfehlungen an die Mitgliedstaaten. Auf nationaler Ebene müssen Vertragsstaaten eine Koordinierungsstelle einrichten, die die Umsetzung der Konvention auf nationaler Ebene fördern soll. Wichtig ist insbesondere Artikel 32 (internationale Kooperation), nach dem die Vertragsstaaten verpflichtet sind, im Rahmen der internationalen Zusammenarbeit andere Staaten bei der Verwirklichung des Übereinkommens zu unterstützen. Darunter können Maßnahmen fallen, die sicherstellen, dass auch Entwicklungsprogramme Menschen mit Behinderungen einbeziehen und für diese zugänglich sind. Die Anwendung von inklusiver Entwicklung wird damit zwar nicht rechtlich Menschen mit Behinderung in der OEZA – Mai 2011 | 2 MENSCHENRECHTE verbindlich, in Kombination mit anderen Konventionsbestimmungen bewirkt Artikel 32 aber zumindest eine Quasi-Verbindlichkeit. Für die Österreichische Entwicklungszusammenarbeit (OEZA) bedeutet dies, die Rechte von Menschen mit Behinderungen in ihrer Programm- und Projektarbeit vollständig zu inkludieren. Behinderungen und EZA-Sektoren und -Themen Armut und Behinderungen Menschen mit Behinderungen gehören meist besonders armen Bevölkerungsgruppen an. Weltweit ist jeder fünfte in Armut lebende Mensch behindert. Schätzungen zufolge ist zudem der Anteil von Menschen mit Behinderungen unter der armen Weltbevölkerung im Verhältnis zu armen Menschen ohne Beeinträchtigungen disproportional. Der Zusammenhang zwischen Behinderung und Armut ist ohne Unterstützung von außen nur schwer zu durchbrechen. Chronische Armut kann sowohl Ursache als auch Konsequenz von Behinderungen sein. Der begrenzte bis fehlende Zugang zu ausreichend Nahrung, Bildung oder Gesundheitsversorgung erhöht die Wahrscheinlichkeit von Erkrankungen bzw. psychologischen, physiologischen oder anatomischen Körperfunktionen (Impairment). Bei etwa 20 Prozent ist die Ursache ihrer Behinderung auf mangelhafte Ernährung zurückzuführen, bei 50 Prozent auf Armut; so erblinden etwa zwischen 250.000 und 500.000 Kinder jährlich infolge von Vitamin-A-Mangel. Außerdem haben in Entwicklungsländern nur zwei bis vier Prozent der Menschen mit Behinderungen Zugang zu Rehabilitationsmaßnahmen. Leider setzt sich dieser negative Trend fort. Die Weltgesundheitsorganisation (World Health Organisation – WHO) schätzt, dass sich die Zahl der Menschen mit mittelschweren bis schweren Behinderungen bis zum Jahre 2035 verdoppeln wird. Dabei wären Behinderungen bei entsprechender medizinischer Vorsorge und ausreichend Nahrung oft vermeidbar. Vielfach wird der Zusammenhang zwischen Armut und Behinderung auch als Teufelskreis bezeichnet, der wie folgt dargestellt werden kann: Quelle: European Commission, Make Development Inclusive: How to include the perspectives of persons with disabilities in the project cycle management – Guidelines of the EC, 2008, Seite 9. Menschen mit Behinderung in der OEZA – Mai 2011 | 3 MENSCHENRECHTE Umwelt und Behinderungen Etwa ein Drittel aller Krankheiten, die zu Beeinträchtigungen und Behinderungen führen können, sind Umweltfaktoren zuzurechnen. Vor diesem Hintergrund ist Umweltzerstörung als Ursache für Behinderung nicht zu unterschätzen. Auslöser können singuläre Katastrophen und direkte Vergiftungen wie etwa anlässlich des Reaktorunfalls von Tschernobyl oder der Giftkatastrophe im indischen Bhopal ebenso sein wie mangelnder Arbeitsschutz beim übermäßigen Einsatz von Pestiziden oder Zyanid- und Quecksilbervergiftungen beim Abbau von Gold. Aber auch bei schleichenden Prozessen wie Bodenerosion, der Senkung des Grundwasserspiegels, Klimawandel und damit verbundener Mangel-/Unterernährung sind die Folgen oft Krankheiten, die zu dauerhaften Beeinträchtigungen bzw. Behinderungen und schließlich zu Armut führen können. Kinder und Behinderungen Gerade Kinder mit Behinderungen brauchen erhöhte Zuwendung und Fürsorge sowie die Unterstützung der Familienmitglieder. Investitionen in Kinder mit Behinderungen werden jedoch teilweise sogar als Verschwendung angesehen. Häufig wird den Kindern der Zugang zur Schule verwehrt, im schlimmsten Fall werden sie sozial ausgeschlossen. Dies führt wiederum dazu, dass sich Kinder mit Behinderungen häufig als Straßenkinder wiederfinden. In armen Ländern werden aufgrund fehlender Vorsorge- und Gesundheitsdienste oft aus leichten schwere Beeinträchtigungen, die das Risiko vorzeitig zu sterben, erhöhen. Daher kann die Sterblichkeitsrate bei Kindern mit Behinderungen sogar in Ländern, in denen die durchschnittliche Kindersterblichkeit unter 20 Prozent gefallen ist, bei 80 Prozent liegen. Gender und Behinderungen Mädchen und Frauen mit Behinderungen sind mehrfach benachteiligt. Neben den bekannten Diskriminierungen wie etwa dem geringerem Zugang zu Nahrung, Landbesitz, gesundheitlicher Versorgung, Bildung, Erwerbsarbeit und ungleich höherer Arbeitsbelastung sind Mädchen und Frauen mit Behinderungen häufiger Gewalt, vor allem auch sexualisierter Gewalt mit entsprechend hohem HIV-Infektionsrisiko und anderen dramatischen Folgen, ausgesetzt. Auch Genitalverstümmelung führte etwa bei mehr als 100 Millionen Frauen zu Behinderungen. Bewaffnete Konflikte und Behinderungen Die Folgen von Kriegen und gewaltsamen Auseinandersetzungen, der Einsatz von Minen, Streuund Splitterbomben sowie die Zerstörung von Infrastruktur haben verheerende Auswirkungen auf die physische und psychische Integrität von Menschen. Chancengleichheit und günstige Lebensbedingungen verschlechtern sich in vielfacher Hinsicht oft für lange Zeit oder werden gänzlich zerstört. Menschen mit Behinderung in der OEZA Gemäß § 1 des österreichischen Entwicklungszusammenarbeitsgesetzes (EZA-G) sind „bei allen Maßnahmen (…) in sinnvoller Weise die Bedürfnisse (…) von Menschen mit Behinderung zu berücksichtigen“. Dieses Prinzip ist auch Teil wichtiger Grundsatzdokumente wie der Leitlinien der OEZA zu Good Governance und Menschenrechten. Wenngleich der Passus „in sinnvoller Weise“ aufgrund seines Interpretationsspielraumes in der Praxis zu Schwierigkeiten führen kann und die OEZA bei der praktischen Umsetzung mit Herausforderungen konfrontiert ist, ist Österreich damit der Verpflichtung aus Artikel 32 der VN-Konvention bereits 2003 weitgehend nachgekommen. Menschen mit Behinderung in der OEZA – Mai 2011 | 4 MENSCHENRECHTE Sieben Grundsätze der OEZA Ausgehend vom Prinzip „Menschenwürde für alle“ verfolgt die OEZA im Sinne einer „Entwicklung für alle“ einen inklusiven Ansatz und fördert daher insbesondere auch die Beteiligung und Gleichberechtigung sowie das Empowerment von Menschen mit Behinderungen. Wesentlich sind dabei Prävention und Rehabilitation, um Betroffenen bessere Chancen bekommen, sich am Entwicklungsprozess zu beteiligen. Der Ansatz der OEZA orientiert sich insbesondere an den Empfehlungen der Europäischen Kommission: Menschen mit Behinderungen sind eine inhomogene Gruppe und müssen auch als solche gesehen und berücksichtigt werden. Menschen mit Behinderungen werden nach dem Grundsatz „nothing about us without us“ verstärkt als Akteure der EZA in Entscheidungen miteinbezogen. Menschen mit Behinderungen sind Träger von Rechten und nicht Hilfsempfänger. Ein doppelter Ansatz ist sinnvoll: spezifische Projekte für Menschen mit Behinderungen sowie Inklusion von Menschen mit Behinderungen als Querschnittsthema in allen Programmen und Projekten (TwinTrack-Approach). In Projektevaluierungen wird überprüft, ob auf die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen Rücksicht genommen wurde. Maßnahmen sollten nachhaltig ausgerichtet sein, vor allem das soziale Umfeld (Familie) miteinschließen und dadurch langfristig positive Auswirkungen auf die Situation von Menschen mit Behinderungen und das Entwicklungspotenzial eines Landes haben. Ein Schwerpunkt liegt auf der Förderung von Frauen und Kindern mit Behinderungen. Weitgehend basierend auf diesen Prinzipien verfolgt die OEZA einen Rights-Based Approach to Development (RBA). Die Beseitigung von physischen oder zwischenmenschlichen Barrieren und die Bereitstellung (infrastruktureller) Ressourcen sind von zentraler Bedeutung. Allen Menschen soll gleichermaßen ermöglicht werden, von ihren Rechten Gebrauch zu machen; darüber hinaus sollen Menschen mit Behinderungen gleichberechtigten Zugang zu Gesundheit, Wasser, Bildung, politischer Mitbestimmung etc. erhalten. Die Ausgrenzung von Menschen mit Behinderungen wird dadurch von einem sozialpolitischen Problem zu einer Menschenrechtsverletzung. Vor allem wesentlich für die OEZA ist auch der von Europäischen Kommission empfohlene TwinTrack-Approach, der graphisch wie folgt dargestellt werden kann: Quelle: European Commission, Make Development Inclusive: How to include the perspectives of persons with disabilities in the project cycle management – Guidelines of the EC, 2008, Seite 24. Menschen mit Behinderung in der OEZA – Mai 2011 | 5 MENSCHENRECHTE Demnach unterstützt die OEZA spezifische Projekte und Programme zur Förderung der Bedürfnisse und Rechte von Menschen mit Behinderungen und bezieht deren Anliegen und Bedürfnisse möglichst in das Design, die Durchführung, das Monitoring und die Evaluierung aller Projekte und Programme ein. Die Qualitätskriterien zum Thema Menschen mit Behinderungen geben Anleitungen, wie deren Rechte und Bedürfnisse in das Projektdesign integriert werden können und was bei der Umsetzung von Projekten zu beachten ist. Partizipation, Empowerment, Rechenschaftspflicht, Nicht-Diskriminierung spielen dabei eine zentrale Rolle. Von ihren Projektpartnern verlangt die OEZA, dass Menschen mit Behinderungen bei der Konzipierung eines Projekts einzubinden sind. Auch in den Aktivitäten der OEZA zu Friedenssicherung und Konfliktprävention stellen Menschen mit Behinderungen eine besonders zu berücksichtigende Zielgruppe für Reintegrationsmaßnahmen dar. Veranstaltungen gewährleisten, dass die MitarbeiterInnen über das entsprechende Know-How für die umfassende Inklusion von Menschen mit Behinderungen verfügen. Darüber hinaus gibt es einen Behindertenbeauftragten, der für Fragen zu Menschen mit Behinderungen sowie für die Inklusion von deren Rechten und Bedürfnissen in die Aktivitäten der OEZA verantwortlich ist. Die OEZA engagiert sich ferner in diversen nationalen und internationalen Netzwerken. Gemeinsam mit Organisationen wie Licht für die Welt wurde beispielsweise ein Arbeitskreis zum Thema eingerichtet, der Möglichkeiten einer effektiveren Inklusion von Menschen mit Behinderungen im Rahmen von Maßnahmen der OEZA diskutiert. Schließlich ist die OEZA auch in der Global Partnership for Disability and Development aktiv, in der zahlreiche bi- und multilaterale Geberorganisationen und Disabled Persons Organisations (DPOs) vertreten sind. Ausgewählte Projektbeispiele Gleichberechtigung für Menschen mit Behinderungen in Afrika In afrikanischen Ländern werden körperlich und psychisch beeinträchtigte Menschen oft vom Staat vernachlässigt. Ziel des Rahmenprogramms von Licht für die Welt ist daher die Förderung inklusiver Entwicklung auf Gemeindeebene in Äthiopien, Burkina Faso oder etwa in Mosambik. Menschen mit Behinderungen werden dabei nicht mehr rein medizinisch und wohlfahrtsorientiert behandelt, sondern als aktive AkteurInnen auf allen gesellschaftlichen Ebenen integriert. Bei gemeindenahen Rehabilitationsprogrammen kommen HelferInnen ins Haus, erstellen individuelle Förderprogramme und zeigen den Angehörigen, wie sie beim Erlernen wichtiger Fertigkeiten helfen können. Oberstes Ziel ist, Menschen mit Behinderungen eine gleichberechtigte und selbstbestimmte Teilnahme an Entwicklungsprozessen zu ermöglichen. Wichtige Schritte sind der Zugang zu medizinischer Grundversorgung und Rehabilitation sowie Aufklärungsarbeit und Bewusstseinsbildung zur Vermeidung von Behinderung. Organisationsstrukturen für Rehabilitation werden aufgebaut. Aus- und Weiterbildung eröffnen Menschen mit Behinderungen neue Perspektiven. In einem auf internationaler Ebene in einem mehrjährigen von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) geleiteten Prozess wurden Richtlinien für gemeindenahe Rehabilitation erarbeitet. Darin eingebunden waren neben der WHO andere VN-Organisationen sowie Behindertenverbände und Entwicklungsorganisationen. Die Richtlinien geben als Internationale Entwicklungsstrategie einen Rahmen für gemeindenahe Rehabilitation vor. Darüber hinaus schaffen sie die Voraussetzung, um einzelne Initiativen im Sinne der Erstellung Nationaler Entwicklungsstrategien sowie des Austausches über Grenzen hinweg zu vernetzten (1980-05/2009; NRO-Rahmenprogramm Licht für die Welt 2009-2011, Licht für die Welt – Christoffel Entwicklungszusammenarbeit, 01/2009 – 12/2011, Kofinanzierung: 1.330.600 Euro – 74,26 Prozent der Gesamtsumme). Bosnien und Herzegowina: Entminung beugt Behinderungen vor Mehr als 15 Jahre nach Kriegsende sind weite Teile Bosnien und Herzegowinas noch immer vermint. Dies beeinträchtigt nicht nur die allgemeine Sicherheitslage, auch der Wiederaufbau des Landes und dessen ökonomisches Wachstum werden behindert. Immer wieder kommen Menschen ums Leben oder tragen dauerhafte körperliche Schäden davon. Entminung ist teuer, Menschen mit Behinderung in der OEZA – Mai 2011 | 6 MENSCHENRECHTE und Bosnien und Herzegowina ist nicht in der Lage, diese alleine zu finanzieren. Der Großteil der benötigten Gelder kommt von internationalen Gebern. Auch die OEZA beteiligt sich an der Entminung des Westbalkanstaates. Außerdem unterstützt Österreich eine Schmerz- und Therapieambulanz für Minenopfer. Insgesamt sollen rund 220.000 Quadratkilometer entmint und so wieder bewohnbar sowie landwirtschafltich, touristisch und industriell nutzbar gemacht werden. Binnenvertriebene und Flüchtlinge können in ihre Gemeinden zurückkehren, der Aufbau sozialer und wirtschaflticher Infrastruktur wird ermöglicht. Auch die Commission of Missing Persons erhält so Zugang zu wichtigen Gebieten (2063-00/2010, Support of Mine Action Activities in Bosnia and Herzegovina, 2010-2012, 09/2010 – 08/2012, International Trust Fund for Demining and Mine Victims Assistance (ITF), 420.000 Euro). Weißrussland: Pflege und Betreuung von Kindern mit Behinderungen Durch die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl wurde ein Fünftel des Staatsgebiets Weißrusslands radioaktiv verseucht. Umweltschäden, die schlechte Wohnsituation zahlreicher Menschen, die Armut großer Bevölkerungsteile und Alkoholmissbrauch belasten das Gesundheits- und Sozialsystem schwer. Dies wirkt sich insbesondere auf Familien mit behinderten Kindern aus, die zu den ärmsten Bevölkerungsgruppen des Landes gehören. Pflegende Elternteile, zumeist Mütter, erhalten geringe Beihilfen und können wegen mangelnder Betreuungseinrichtungen keiner Erwerbstätigkeit nachgehen. Die Bildungs- und Förderangebote beschränken sich weitgehend auf Spezialschulen und Rehabilitationszentren. Behinderte Jugendliche haben praktisch keine Möglichkeit, einen Beruf zu erlernen. Das Bewusstsein für die Notwendigkeit, Menschen mit Behinderungen gesellschaftlich zu integrieren, ist wenig entwickelt. Die Regierung versucht daher, durch den Ausbau regionaler Strukturen die Betreuungssituation zu verbessern. Mit Unterstützung der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit engagiert sich das Österreichische Rote Kreuz gemeinam mit dem Weisrussischen und Slowakischen Roten Kreuz im Bezirk Grodno im Nordwesten des Landes für die Verbesserung der Situation von 1.000 Kindern mit Behinderungen. Ein mobiles, multidisziplinäres Team von BetreuerInnen kommt zu den Familien ins Haus und hilft diesen bei der Pflege und Versorgung der Kinder und beim Erlernen spezieller Betreuungstechniken. Darüber hinaus werden die Angehörigen durch die Einrichtung eines Tagesbetreuungszentrums entlastet und können so wieder einer Beschäftigung nachgehen. Der Aufbau von Selbsthilfegruppen fördert die Vernetzung der Betroffenen und ermöglicht diesen, sich untereinander auszutauschen und gegenseitig zu unterstützen (810810/2008, Verbesserung der Gesundheitsbetreuung von Kindern mit Behinderungen, 01.01.2009 31.12.2010, Österreichisches Rotes Kreuz, Kofinanzierung: 73.000,00 Euro – 40,02 Prozent der Gesamtsumme). Pakistan: Ausbildung für Jugendliche mit Behinderungen Menschen mit Behinderungen leben häufig in gesellschaftlicher Isolation. Bildung und Ausbildung sind Grundvoraussetzungen für eigenes Einkommen und ein selbstbestimmtes, relativ unabhängiges Leben. Mit österreichischer Unterstützung erhalten im Ballungsraum Islamabad/Rawalpindi pro Jahr rund 170 Down-Syndrom-PatientInnen, AutistInnen sowie hörgeschädigte und entwicklungsverzögerte Jugendliche und Erwachsene im Alter von 14 bis 29 Jahren eine marktorientierte Ausbildung. In Rawalpindi in der nördlichen Provinz Punjab wird in einer Betreuungseinrichtung ein adäquat ausgestattetes technisches und berufliches Ausbildungszentrum eingerichtet. Nach der medizinischen und psychologischen Untersuchung der KandidatInnen, der Einschätzung ihrer Talente sowie einer Marktanalyse werden eine Reihe von Kursen in verschiedenen Modulen angeboten. Das Ausbildungsangebot umfasst Lehrgänge in Schneiderei, Stickerei, Wirkwarenerzeugung, Töpferei und Hauswirtschaftslehre ebenso wie bei Bedarf Schulungen in Sekretariatsarbeiten und Tischlerei. Der Anteil der weiblichen TeilnehmerInnen sollte mindestens 50 Prozent betragen. Zusätzlich profitieren mehr als 1.000 Familienmitglieder von den Maßnahmen (2319-01/2009, Ausbildung für Menschen mit Behinderung, HOPE'87, 01.06.2009 - 31.05.2011, Kofinanzierung: 66.000 Euro – 50 Prozent der Gesamtkosten). Menschen mit Behinderung in der OEZA – Mai 2011 | 7 MENSCHENRECHTE Weiterführende Informationen zum Thema OEZA Entwicklungszusammenarbeitsgesetz, inklusive EZA-Gesetz-Novelle 2003, http://www.entwicklung.at/uploads/media/EZA_Gesetz.pdf BMeiA, Dreijahresprogramm der Österreichischen Entwicklungspolitik 2010-2012, http://www.entwicklung.at/uploads/media/3JP_2010-2012_03.pdf BMeiA / ADA, Menschenrechte – Leitlinien der Österreichischen Entwicklungs- und Ostzusammenarbeit, Neuauflage Juli 2009, http://www.entwicklung.at/uploads/media/LL_Menschenrechte_Juli_2009_Web.pdf ADA / Ludwig Boltzmann Institut für Menschenrechte, Handbuch Menschenrechte – Anleitung zur Umsetzung des Menschenrechtsansatzes in der OEZA, 2010, http://www.entwicklung.at/uploads/media/HB_Menschenrechte_Juli2010.pdf ADA, Qualitätssicherung von Interventionen in der OEZA, Juli 2006, http://www.entwicklung.at/uploads/media/05_Fragebogen_Qualitaetssicherung.pdf ADA, OEZA Qualitätskriterien Menschen mit Behinderungen, 2006, http://www.entwicklung.at/uploads/media/05_Fragebogen_Qualitaetssicherung.pdf Vereinte Nationen Vereinte Nationen Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen, 2006, http://www.bmsk.gv.at/cms/site/attachments/8/7/3/CH1027/CMS1283153806742/konv_txt_dt_bgb l.pdf Secretariat for the Convention on the Rights of Persons with Disabilities/WHO, Mainstreaming Disability in MDG Policies, Processes and Mechanisms: Development for All - Report of the Expert Group Meeting, 2009, http://www.un.org/disabilities/documents/reports/egm/mdgs_09.doc United Nations enable, http://www.un.org/disabilities/ Vereinte Nationen, Standard Rules on the Equalization on Opportunities for Persons with Disabilities, 1993, http://www.un.org/esa/socdev/enable/dissre00.htm United Nations General Assembly Resolution, Realizing the Millenium Development Goals for persons with disabilities towards 2015 and beyond, A/RES/65/186, 4 February 2011, http://www.un.org/disabilities/documents/gadocs/a_res_65_186.doc United Nations General Assembly Resolution, Realizing the Millenium Development Goals for persons with disabilities, A/RES/64/131, 3 February 2010, http://www.un.org/disabilities/documents/gadocs/a_res_64_131.doc United Nations Office of the High Commissioner for Human Rights (OHCHR), InterParliamentary Union (IPU), From Exclusion to Equality – Realizing the rights of persons with disabilities – Handbook for Parliamentarians on the Convention on the Rights of Persons with Disabilities and its Optional Protocol, 2007, http://www.un.org/disabilities/documents/toolaction/ipuhb.pdf OHCHR, Monitoring the Convention on the Rights of Persons with Disabilities – Guidance for human rights monitors, 2010, http://www.ohchr.org/Documents/Publications/Disabilities_training_17EN.pdf Menschen mit Behinderung in der OEZA – Mai 2011 | 8 MENSCHENRECHTE Bi- und multilaterale Geber Europäische Kommission, Europäische Strategie zugunsten von Menschen mit Behinderungen 2010-2020: Erneuertes Engagement für ein barrierefreies Europa, KOM(2010) 636 endgültig, 15.11.2010, http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=COM:2010:0636:FIN:DE:PDF Europäische Kommission, Study of Disability in EC Development Cooperation, November 2010, http://ec.europa.eu/europeaid/what/social-protection/documents/223185_disability_study_en.pdf Weltbank, Disability and Development, http://go.worldbank.org/0GWEU0VOY0 Weltbank, Disability and International Cooperation and Development: A Review of Policies and Practices, May 2010, http://siteresources.worldbank.org/DISABILITY/Resources/PublicationsReports/Disability_and_Intl_Cooperation.pdf WHO/UNFPA, Promoting sexual and reproductive health for persons with disabilities – WHO/UNFPA guidance note, 2009, http://whqlibdoc.who.int/publications/2009/9789241598682_eng.pdf GTZ (GIZ) / BMZ, Was man wissen sollte zum Thema: Behinderung und Entwicklungszusammenarbeit – 10 mal nachgehakt, 2010, http://www.gtz.de/de/dokumente/gtz2010-0477debehinderung-ez.pdf. GTZ (GIZ) / BMZ, Behinderung und Entwicklung - Ein Beitrag zur Stärkung der Belange von Menschen mit Behinderungen in der deutschen Entwicklungszusammenarbeit, Politikpapier, 2006, http://www.gtz.de/de/dokumente/gtz2006-de-be-und-ent.pdf DFID, Disability core script, 2010, http://www.dfid.gov.uk/Documents/diversity/disability-corescript.pdf DFID, Guidance Note: Education for children with disabilities - improving access and quality, 2010, http://www.dfid.gov.uk/Documents/publications1/edu-chi-disabil-guid-note.pdf Internationale Netzwerke / Österreichische Nichtregierungsorganisationen: Global Partnership for Disability and Development (GPDD): http://www.gpddonline.org/index.php?option=com_content&view=frontpage&Itemid=1 GPDD / World Bank, The Impact of Climate Change on People with Disabilities, 2009, http://www.gpdd-online.org/media/news/Impact_of_Climate_Change_on_Disability-ReportFinal_012010.pdf GPDD / World Bank, Women with Disabilities in Development, 2009, http://www.gpddonline.org/media/news/Women_with_disabilities_development.pdf Canadian Network on Disability and Development: http://www.cndd.ca/Home.aspx Licht für die Welt: www.lichtfuerdiewelt.at Hilfswerk Austria: www.hilfswerkaustria.at Horizont3000 : www.horizont3000.at Menschen mit Behinderung in der OEZA – Mai 2011 | 9