Hausmarken - Emsländischer Heimatbund

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Hausmarken - Emsländischer Heimatbund
Hausmarken – geheimnisvolle Zeichen an
Häusern und Antiquitäten
von Andreas Eiynck
In Zeiten, in denen die meisten Menschen weder schreiben noch lesen konnten,
markierte man Haus, Inventar und Besitz nicht mit Namen oder Initialen, sondern
mit sogenannten Hausmarken (auch Merkzeichen, Merk oder Bolmarke genannt).
Häufig findet man diese Marken noch im 17. Jahrhundert unter Verträgen als Ersatz
für die eigene Unterschrift, oft verbunden mit dem Zusatz: „dit is dat Merk van
N.N. mit sin egen Hand getogen“ oder ähnlich lautend. Das „Merk“, das sich der
nicht schreibkundige Unterzeichner fest eingeprägt hatte, galt hier gleichzeitig als
Unterschrift und Beglaubigungszeichen.
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In diesem Beitrag geht es jedoch nicht um die Hausmarken als Bestandteil von
archivalischen Dokumenten, sondern um Hausmarken an Gebäuden, Ausstattungsstücken
und Gegenständen, wie man sie in Museen und in Privatbesitz immer wieder findet.
Zur Gestaltung und Verwendung von Hausmarken
Die Zeichen selber sind meistens aus mehreren Strichen zusammengesetzt, die
mit Querstrichen und Diagonalen zu Haken oder Winkeln angeordnet sind und so
eine individuelle, unverwechselbare Marke ergeben. Die zumeist gerade Linienführung
geht wohl darauf zurück, dass diese Marken mit einfachen Werkzeugen als
Besitzzeichen in Gegenstände eingeritzt wurden. Doch auch rundlich gestaltete
Hausmarken kommen vor.
In ihrer Darstellung erinnern die Hausmarken manchmal an römische Zahlzeichen
oder häufig auch an Runenbuchstaben. Diese Ähnlichkeiten sind aber rein optisch
und technisch durch das Einritzen der geraden Striche bedingt – die Hausmarken
haben sich weder aus Zahlen noch aus Runen entwickelt. Es waren vielmehr
einprägsame Merkzeichen, mit denen auch Analphabeten ihr Eigentum eindeutig
kennzeichnen konnten.
Schon auf frühgeschichtlichen Fundstücken kommen einfache Besitzerzeichen
bisweilen vor. Aber erst im Mittelalter mit der Herausbildung der Städte, dem
Aufblühen von Handel und Handwerk sowie der zunehmenden Siedlungsdichte auf
dem Lande nahmen die zunächst wohl willkürlich gewählten Zeichen die Form von
Hausmarken nach bestimmten Gesetzmäßigkeiten der Gestaltung und der Weiterentwicklung an.
Anfangs bestanden die Hausmarken vornehmlich aus einem senkrechten Strich,
dem sogenannten Schaft, dem man – einseitig oder durchgehend – gerade oder
schräge Querstriche hinzufügte. Jedes Zeichen stand für den Besitz einer Familie
oder eines Hauses im Sinne der Haus- und Hofgemeinschaft. Jeder weitere Spross
der Familie musste die Hausmarke aber geringfügig ändern, damit man sie eindeutig
einer Besitzerfamilie zuordnen konnte. So wurden die Zeichen im Laufe der Zeit
differenzierter und komplizierter. Mit zunehmender Lese- und Schreibfertigkeit
bezog man schließlich auch Namensinitialen in die Hausmarken mit ein. So entstanden
die typischen Kombinationen aus Marken und Buchstaben, wie sie im 17. und
18. Jahrhundert weit verbreitet waren.
Nach dem Vorbild adeliger und bürgerlicher Wappen entstanden im 16. Jahrhundert
auch sogenannte „sprechende“ Hausmarken. Ihre Darstellung knüpft an den jeweiligen
Familiennamen an, etwa ein Topf für den Namen Pötter, ein Baum für Böhmer, ein
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Hausmarke der Familie Tegeder zu Gleesen
auf dem Titelblatt des Stammbaums
Hausmarke der Familie Tegeder zu Gleesen
in der Hofchronik
Kranich für Kranepohl oder eine Blume für Blohme. Auch diesen bildhaften
Hausmarken stellte man später meistens Initialen an die Seite.
Hausmarken wurden einst in Stadt und Land gleichermaßen verwendet, haben
sich aber auf dem Lande durchweg länger gehalten. Anfangs dienten sie wohl rein
praktischen Zwecken als Besitzzeichen auf Hausrat, Arbeitsgeräten, Vieh und anderem
Besitz. Seit dem 16. Jahrhundert lässt sich jedoch eine zunehmende repräsentative
Verwendung feststellen, wobei Hausmarken wie Wappen als Symbole der Familie in
Szene gesetzt wurden. Rahmen, Kartuschen oder Wappenschilde unterstrichen den
wappenartigen Charakter der Hausmarken im Zeitalter von Renaissance und Barock.
Gerade aus diesen jüngeren Epochen sind überdies die zahlenmäßig meisten
Hausmarken überliefert.
Mit der zunehmenden Verschriftlichung des Rechtswesens und der Verwaltung
hielten die Hausmarken schließlich auch Einzug in das Schriftgut und dienten
Analphabeten als Unterschriftszeichen, wobei die optische Nähe zu Siegelmarken
unverkennbar ist. Bei der handschriftlichen Kopie von Dokumenten galt die Abzeichnung
der Hausmarken sozusagen als Echtheitsbeleg für die authentische Abschrift.
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Forschungsgeschichte – Hausmarkenforschung in der NS-Zeit
Schon um die Mitte des 19. Jahrhunderts erschienen die ersten umfassenden
Untersuchungen zu Hausmarken, wobei neben ihrer Entstehungsgeschichte vor
allem rechtshistorische und germanistische Fragestellungen im Vordergrund standen.
Als Standardwerke gelten bis heute „Die Hausmarken – Eine germanistische
Abhandlung“, veröffentlicht 1853 vom Juristen A.L.J. Michelsen, sowie die vom
Rechtshistoriker Carl Gustav Homeyer verfasste Übersicht „Die Haus- und Hofmarken“
von 1870, die in ihrer umfangreichen Quellensammlung auch interessante Belege
aus dem Osnabrücker Land und dem Emsland bietet.1
Schon im 19. Jahrhundert vermuteten manche Autoren eine Ableitung der
Hausmarken aus germanischen Runen und spätestens mit der Entstehung der Heimatbewegung setzte allerorten die Dokumentation dieser vermeintlich „altgermanischen“
Rechtszeichen ein.2 Nach dem Ersten Weltkrieg wurden diese Bemühungen noch
intensiviert.3 In den 1920er Jahren galten die Hausmarken als wichtige Quelle der
Heimatgeschichtsforschung und ihre Erfassung bildete einen festen Bestandteil der
heimatkundlichen Arbeit.4
Die häufig postulierte Herkunft der Hausmarken aus dem altgermanischen
Sippenwesen und Rechtsbrauchtum sowie ihre vermutete Ableitung aus der
Runenschrift kamen der nationalsozialistischen Volkstumsideologie sehr entgegen.
Diese war ja allenthalben auf der Suche nach den germanischen Wurzeln des
deutschen Volkes und den vermeintlichen Überresten germanischen Kulturgutes in
Volkskunst, Brauchtum und Erzählgut.
Bald schon rückten die ebenso geheimnisvollen wie weit verbreiteten Hausmarken
in den Fokus der NS-Pseudowissenschaften wie Sinnbildforschung, Runen- oder
Sippenkunde. Sie wurden von den meisten Universitätswissenschaftlern abgelehnt,
fanden aber vor allem unter dem Dach der Organisation „Ahnenerbe“ der SS viel
Beachtung und politischen Rückhalt. Im Sommer 1937 wurde der Privatgelehrte
Karl Konrad Ruppel, ein leidenschaftlicher Sammler deutscher Haus-, Hof- und Sippenmarken, vom Ahnenerbe angestellt. Er und drei Mitarbeiter sollten in ganz
Deutschland und später auch in der „Ostmark“ Hausmarken sammeln und in einer
Zentralkartei ordnen.5 Im Spätherbst 1938 rief Ahnenerbe-Präsident Wüst mit einem
Informationsblatt die Öffentlichkeit zur Mitarbeit bei dieser Sammlung auf. Auch
im Emsland setzte daraufhin die Hausmarkenerfassung durch engagierte Heimatforscher
ein.6 Nicht alle Mitarbeiter werden damals durchschaut haben, dass sie auf diese
Weise geschickt in die Propagandaarbeit des Ahnenerbes einbezogen wurden und
mit ihren Forschungen vor Ort gleichzeitig auch pseudowissenschaftliches Gedankengut
im Sinne der nationalsozialistischen Volkstumsideologie verbreiteten. So notierte
ein Heimatforscher aus dem nördlichen Emsland in einem Vortragsmanuskript:
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„Die frühere Auffassung über die Entstehung des Wappenwesens, dass dasselbe
mit der Bewaffnung für Krieg und Turnier zusammenhängt, weicht neuerlich der
Ansicht, dass schon die Runen Grundlage von Hausmarken, Steinmetzzeichen und
Wappen bilden und die altgermanischen Runen- und Heilszeichen die Grundlage
hergeben ... Heute mehr denn je muß sich das Augenmerk auf all die kleinen
Urzellen richten, welche der Gesundung der völkischen Gesinnung dienen können.
Dazu gehört das Schönste, was nicht mit Geldeswert zu messen ist – eben die
Vergangenheit der dörflichen Geschlechter und die Erkenntnis, daraus zu lernen
und weiterzuarbeiten.“7 In vielen heimatkundlichen und landwirtschaftlichen
Publikationen erschienen in den folgenden Jahren Berichte über die angeblichen
Fortschritte bei der Erforschung der Haus- und Sippenmarken, die jedoch über eine
intensive Sammeltätigkeit niemals herauskam.
Der mittlerweile zum Abteilungsleiter der „Pflegstätte für Hausmarken und Sippenzeichen“ beim Ahnenerbe aufgestiegene Karl Konrad Ruppel legte 1939 als
Band 1 einer neuen „Schriftenreihe der Forschungsstätte für Hausmarken und Sippenzeichen“ in Berlin seine Publikation „Die Hausmarken. Das Symbol der germanischen
Sippe“ vor. Damit war der ideologische Hintergrund der gesamten Sammelaktion
klar bezeichnet. Weitere Forschungsergebnisse konnten durch den Zweiten Weltkrieg,
aber auch wegen der unwissenschaftlichen Herangehensweise an das Gesamtprojekt
nicht erzielt werden. Schließlich wurden die Hausmarken im Rahmen der Kriegspropaganda
sogar als „Sinnbilder mittelalterlichen Wehrwillens“ deklariert.8
Hausmarkenforschung nach dem Zweiten Weltkrieg
Die Hausmarken und ihre Erforschung waren durch die Tätigkeit des Ahnenerbes
auf Jahrzehnte in Verruf geraten. Gleichwohl widmeten sich eifrige heimatkundliche
Sammler im Emsland und der Grafschaft Bentheim auch nach 1945 weiterhin der
Dokumentation von Hausmarken.9 1963 erschien im Jahrbuch des Emsländischen
Heimatvereins sogar ein Aufsatz über die Bedeutung der Hausmarken.10 Der Autor,
der Trierer Bürgermeister Hans Horstmann, dessen Vorfahren vom Hümmling
stammten11, lobte den Ahnenerbe-Forscher Karl Konrad Ruppel darin als „verdienstvollen
Begründer der ehemaligen Hausmarkenforschungsstelle in Berlin“.12 Horstmann
hatte Ruppel 1954 veranlasst, seine nach Marburg ausgelagerte Hausmarkenkartei
mit über 25 000 nach Provinzen und Orten geordneten Belegen dem Stadtarchiv
Trier zu übereignen. Dort lagert das „Hausmarkenarchiv“ bis heute. Erst in den
letzten Jahren wurden die Hausmarken als historische Quellen neu entdeckt, nun
aber nicht mehr als vermeintliche Zeugnisse germanischen Altertums, sondern als
Dokumente der frühneuzeitlichen Repräsentationskultur in Stadt und Land.
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Hausmarken an Gebäuden
Schon die Bezeichnung Hausmarke erinnert daran, dass diese Zeichen als Hinweis
auf die Hausbesitzer einst bevorzugt an den Fassaden, Türen und Toren von
Gebäuden in Stadt und Land angebracht wurden. Im 16. und 17. Jahrhundert
gehörten Hausmarken zum festen Bestandteil der Giebeldekoration der Bürgerhäuser
im niedersächsischen und im ostwestfälischen Raum mit ihren aufwendigen Fachwerkschnitzereien oder ihren reichen Sandsteindekoration im Stil der sogenannten
„Weserrenaissance“.13 Dort läuft die chronologische Entwicklung von schlichten
Handwerkszeichen über wappenartig ausgebildete Hausmarken auf den Torbalken
schließlich zu ausgeschriebenen Namen der Bauherren.14 Als demonstratives Zeichen
an Haus und Inventar wurden die Hausmarken in den katholischen Gegenden seit
der Mitte des 17. Jahrhunderts vom gegenreformatorischen IHS-Zeichen abgelöst.15
Im 18. Jahrhundert kamen sie als Fassadenschmuck auch in den meisten protestantischen
Städten außer Mode.
Doch selbst an den schlichter gestalteten Bürgerhausfassaden im Münsterland,
im Emsgebiet und in den östlichen Niederlanden wurden im 16. und 17. Jahrhundert
auf den Torbalken, Dielenbalken und Küchenbalken neben Jahreszahlen und kurzen
Inschriften häufig auch Hausmarken angebracht.16 Nur wenige überlieferte Beispiele
sind heute noch erhalten, denn anders als im Oberweserraum wurden im Nordwesten
die meisten Torbögen der einfachen städtischen Dielenhäuser seit dem 19. Jahrhundert
entfernt und durch moderne Haustüren ersetzt. Die Zerstörungen im Zweiten
Weltkrieg und die Neubauwellen der Nachkriegsjahrzehnte taten hier ihr Übriges.
Der früheste Nachweis für die Verwendung von Hausmarken an einem Gebäude
im Emsland ist in Emsbüren an einem Inschriftstein zu finden, der heute in Zweit-
Hausmarke des Johann von Graes auf einem Kaminstein von 1583 aus Emsbüren
(Alles Fotos, soweit nicht anders angegeben, von Andreas Eiynck)
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verwendung in der Seitenwand eines Bürgerhauses im Ortskern eingemauert ist.
Vermutlich war dieser Sandstein ursprünglich als Kaminsturz an der Herdstelle des
Vorgängerbaus angebracht. Dieses Haus war einst der Sitz der Emsbürener Vögte.17
Im Mittelpunkt des Steines steht die Inschrift „IVG 1583“, die seitlich von zwei
kleinen Wappenkartuschen mit Hausmarken eingerahmt wird. Die Initialen stehen
für Johann von Graes, der zwischen 1577 und 1602 als Vogt in Emsbüren erwähnt
wird.18
Die älteste Hausinschrift in Lingen ist die einfache Jahreszahl 1583 auf dem
Türsturz des heutigen „Kivelingshauses“, einem kleinen steinernen Bürgerhaus am
Marktplatz mit einem Schweifwerkgiebel im Stil der Spätrenaissance. Verschiedene
Backsteinbauten aus dem 17. Jahrhundert in Lingen zeigten früher eingemauerte
Sandsteine, sogenannte Haus- oder Giebelsteine, die mit Hausmarken und Inschriften
versehen waren. Im Emslandmuseum sind mehrere dieser Steine von früheren
Lingener Bürgerhäusern erhalten geblieben.
Ein Stein stammt vom früheren Haus Am Markt 7. Ursprünglich war es ein
großes Bürgerhaus, seit dem 19. Jahrhundert dann Sitz der Lingener Stadtverwaltung.
An seiner Stelle steht heute die Sparkasse Emsland. Die schmiedeeisernen Maueranker
dieses Gebäudes waren als Jahreszahlen gestaltet und bezeichneten das Baujahr
1651.19 Der Giebelstein war im Westgiebel des Gebäudes über der Haustür zum
Marktplatz eingemauert.20 Die Vorderseite zeigt zwei geteilte Wappenschilde. Beide
Wappen weisen in der linken Hälfte eine Hausmarke und in der rechten Hälfte die
Darstellung eines Baumes auf. Es handelt sich dabei um die Hausmarken der Familien
Pott (links) und Menken (rechts). Dies belegen die auf einer darüber liegenden
Schriftleiste angegebenen Namen des Bauherrn und seiner Gemahlin: GERARDT
POT und MARG. MENCKE[N]. Der untere Abschluss des Steines, der vermutlich eine
Inschrift mit dem Baudatum enthielt, war
leider bereits vor der
Bergung des Steines
Anfang der 1960er
Jahre nicht mehr erhalten.21
Ein weiterer Hausstein war früher am
Hause Schlachterstraße
1 (heute Seiteneingang
der Sparkasse) angebracht.22 Seine mehr- Giebelstein mit Hausmarken von einem 1651 erbauten Haus am
fach übermalte Vor- Marktplatz in Lingen
181
derseite nennt auf einem Schriftband die
Jahreszahl 1655 und zeigt eine Kartusche,
darin einen geteilten Wappenschild mit
zwei Hausmarken. Links ist eine Blumenvase
mit den Initialen MP dargestellt und
rechts eine Hausmarke mit den Initialen
BM. Bei der Vase handelt es sich um das
sprechende Zeichen der Familie Pott. Die
Hausmarke steht, wie der Wappenstein
von 1651 belegt, für die Familie Menken.23
Die Wappenkartusche wird eingerahmt
durch sogenanntes „Knorpelwerk“, ein
beliebtes Barockornament der Mitte des
Giebelstein mit Hausmarken von einem 1655
17. Jahrhunderts. Den unteren Abschluss
erbauten Haus an der Lingener Schlachterder Umrahmung bildet ein kleiner, stilisierter
straße
Maskenkopf.
Eine weitere Hausmarke befindet sich
über dem Seitenportal des 1655 erbauten Bürgerhauses Burgstraße 7 in Lingen. In
einer kleinen Umrahmung im Stil der Mitte des 17. Jahrhunderts zeigt sie in einem
geteilten Feld links vier Bäume und rechts drei Zweige. Bislang ist es leider nicht
gelungen, diese Hausmarke einer Familie zuzuordnen.24
Hausmarke über dem Seitenportal des 1655 erbauten Hauses Burgstraße 7 in Lingen
182
Auch das vom bekannten Lingener
Chirurgen Andreas Wesken 1695 gestiftete
Sandsteinrelief am Hause Lookenstraße
10 mit einer Darstellung des Apostels
Andreas und einer von chirurgischen
Geräten umrahmten Inschriftkartusche
mit dem Eid des Hippokrates zeigt im
unteren Bereich eine Hausmarke, basierend auf dem Buchstaben W (für Wesken)
und begleitet von den Initialen AW für
Andreas Wesken.25
Auffällig ist, dass alle erhaltenen Hausmarken an Gebäuden des 17. Jahrhunderts
in Lingen zu stattlichen, massiven Stein- Hausmarke des Medicus Andreas Wesken an
dem von ihm gestifteten Reliefbild
bauten oder zu aufwendigen Backsteinfassaden gehören und in Sandstein
gehauen sind. Ob auch die zahlreichen
einfachen Fachwerkhäuser, die in Städten wie Lingen, Meppen oder Haselünne
wohl den Großteil der städtischen Bebauung ausmachten, auf ihren Tor- und
Inschriftbalken mit solchen Zeichen markiert waren, kann mangels erhaltener
Beispiele nur vermutet werden.
An den dekorativen Fachwerkfassaden, die nach einem Stadtbrand im Jahre
1733 in Haselünne neu entstanden, sind
jedenfalls keine Hausmarken mehr nachweisbar, wohl aber das in der Barockzeit
in allen katholischen Gebieten so beliebte
IHS-Zeichen.26 Die Hausmarken waren
hier im 18. Jahrhundert offenbar schon
aus der Mode gekommen.
Auch im ländlichen Raum des Emslandes sind Hausmarken auf Tor- und
Deckenbalken nur selten überliefert.
Neben der geringen Zahl der erhaltenen
Bauernhäuser aus dem 16. und 17. Jahrhundert mag dabei auch die vergleichsweise
schlichte Baugestaltung eine Rolle gespielt
1695 stiftete der Medicus Andreas Wesken haben. Holzreiche Fachwerkgiebel mit
ein Reliefbild mit seinem Namenspatron
aufwendigen Zierschnitzereien und um-
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fangreichen Hausinschriften waren im Emsland wie auch im angrenzenden Münsterland und in der Grafschaft Bentheim ja nicht üblich. Erst seit dem späten
17. Jahrhundert kam eine solche dekorative Fachwerkbauweise im Gebiet östlich
der Ems in Mode. Aber bei den älteren Bauernhäusern gab es, zumindest außen am
Gebäude, kaum eine geeignete Stelle für die Anbringung von Hausmarken und
Inschriften. Ganz unbekannt waren sie im ländlichen Fachwerkbau dennoch nicht.
So zeigt eine frühere Scheune auf dem Hof Homeier in der Bauerschaft Ahlde
bei Emsbüren auf einem der Innenbalken neben der Inschrift ANNO 1619 auch eine
Hausmarke, die an ein Andreaskreuz mit zwei Querhaken erinnert.
Hausmarke und Jahreszahl 1619 an einem Balken bei Homeier in Ahlde
Auf dem Torbalken eines 1631 erbauten früheren Altenteilerhauses auf dem Hof
Butmeyer in Moorlage ist unter der Inschrift GBM ANNO 1631 DEN 14 MAI ebenfalls
eine Hausmarke eingeschnitzt. Im Schatten des weit auskragenden, verbretterten
Giebelfeldes ist die Inschrift jedoch nur schwer zu erkennen. Ähnlich verhielt es sich
Hausinschrift von 1631 und Hausmarke am Torbalken bei Butmeyer in Moorlage
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Rauchfangrahmen von 1658 mit Hausmarken im Heimatmuseum Haselünne
wohl bei der Torbalkeninschrift der alten Kirchspielschule von Salzbergen mit der
Inschrift: KERSPEL SCHOLA Ao 1632 mit den Initialen IW AA, die wohl den
damaligen Kirchenräten zuzuordnen sind. Anstelle einer Hausmarke steht hier ein
Weihekreuz, da es sich ja um ein kirchliches Gebäude handelte.27 Eine Balkeninschrift
mit Hausmarke zeigte auch der alte Schafstall des Hofes Hamann in Beesten. Unter
der Schriftzeile ANNO 1658 DEN 7 MEI waren dort die Initialen I H (= Johann
Hamann) und eine Hausmarke eingeschnitzt.28
In Häusern, die im 17. Jahrhundert schon über einen Rauchfang verfügten,
konnte man die Hausmarken auf der Vorderseite des Rauchfangbalkens anbringen,
etwa an der Stelle, an der in späterer Zeit in den Bauernhäusern große Zinnteller
und anderer Zierrat aufgestellt wurden. Überliefert ist ein solcher Rauchfangbalken
Linke Hausmarke am Rauchfang von 1658
in Haselünne
Rechte Hausmarke am Rauchfang von 1658
in Haselünne
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von 1658 mit zwei großen Hausmarken in runder Umrahmung im Heimathaus
Haselünne. Der ursprüngliche Standort dieses Rauchfangs ist leider nicht mehr
bekannt – er dürfte wohl aus einem Bürgerhaus in der Stadt Haselünne und nicht
aus einem Bauernhaus stammen. Eine Rauchfanginschrift mit dem Wortlaut JOSEPH
SEI MIT UNS 1637 ist aus dem Dorf Salzbergen überliefert.29 Auch in der benachbarten
Grafschaft Bentheim ist ein Beispiel von 1667 aus Bentheim dokumentiert.30
Eine bevorzugte Stelle für die Anbringung von Zeichen und Inschriften im niederdeutschen Bauernhaus war der „Löchtebalken“, der seitliche Längsbalken in der
Küche, der sich stets über dem langen Esstisch befand.31 Auf den Stützkonsolen der
„Löchtebalken“ wurden im späten 16. Jahrhundert auch im Emsland die ersten
Jahreszahlen eingeschnitzt32, später dann auf den Balken selber kurze Datumsangaben
mit Hausmarken und nach dem Dreißigjährigen Krieg dann längere Hausinschriften
mit Bibelzitaten und Sinnsprüchen.33
So erscheint auf einem heute in Zweitverwendung eingebauten Löchtebalken
im alten Bauernhaus Dülmer in Lünne die Inschrift ANNO 1658 deN 8 MAI in
Kombination mit einer Hausmarke.
Baudatum und Hausmarke am früheren Löchtebalken im alten Haus Dülmer in Lünne
Auf dem früheren Löchtebalken des Bauernhauses Allering in Salzbergen lautet
die Inschrift:
ALLES NACH GOTTES WILLEN ANNO 1724 DEN 17 MAY
ARBEITET FLEISIG VND BETTET ANDECHTIG
DAN HELFT VNS GOT ALMECHTIG
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Inschrift von 1733 auf dem früheren Löchtebalken des Hauses Otten in Ahlde
Eingerahmt wird dieser Hausspruch dort von drei Wappenschilden mit Hausmarken
und Initialen.34 Die beiden linken Wappenfelder zeigen eine Hausmarke und die
Initialen DA (= Dirk Allering) sowie ein Zeichen aus drei Kreisen mit den Initialen
TV (ungedeutet). Im rechten Wappenfeld erkennt man ein Handwerkssymbol mit
den Buchstaben IL und TM, letztere vermutlich die Abkürzung für TimmerMann
oder TimmerMeister.35
Auf dem Hof Otten in Ahlde ist ein ähnlicher Löchtebalken aus dieser Zeit
erhalten. Er zeigt die sehr ähnlich lautende Inschrift:
ARBEIT : FLEISIG : HANDELT : VP : RICHTIG : VND : BEDET : ANDECHTIG : SO
HELPET : IVW : GODT : ALMECHTIG : ANNO 1733 : DEN : 19. MAIVS
Auch diese Inschrift wird von zwei schwungvoll dekorierten Wappenkartuschen
eingerahmt, wobei das linke Wappenfeld die Initialen HT aufweist und das rechte
die Initialen GO. HT steht für Henrich Theissing, der 1728 die Hoferbin Gebbe oder
Gebina Otten heiratete und damit den Hofnamen Otten annahm, sich hier aber mit
seinem Geburtsnamen nennt.36
Wappenfeld mit den Initialen HT (= Henrich
Theissing) auf dem Löchtebalken bei Otten
in Ahlde
Wappenfeld mit den Initialen GO (= Gebina
Otten) auf dem Löchtebalken bei Otten in
Ahlde
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Kaminwand von 1724 mit Wappenfeldern auf den Sandsteinplatten bei Wobbe, früher
Pöttering, in Listrup
Ähnliche Wappenfelder mit Initialen wurden im gleichen Jahr 1724 auch auf
den Konsolen unter dem Löchtebalken des alten Bauernhauses Pöttering (heute
Wobbe) in Listrup angebracht, wobei die dortigen Buchstaben IP für Johann
Pötter(ing) und SK für seine Frau Susanne Klümpering stehen.37 Auch wenn es sich
dabei um keine Hausmarken im eigentlichen Sinne mehr handelt, so zeigt die
Umrahmung der Buchstaben durch eine Wappenkartusche doch noch den Typus
der barocken Hausmarke als Wappenersatz.38
Das Haus Pöttering (heute Wobbe) in Listrup enthält außerdem die älteste
nachweisbare Kaminwand in einem emsländischen Bauernhaus, die mit Sandsteinelementen
verziert ist. Sie zeigt auf den Kragsteinen oberhalb der seitlichen Einfassung die
Jahreszahl 1724 und auf den unteren Sandsteintafeln wiederum zwei große
Wappenfelder mit den Initialen IP und SK.
Diese Verwendung von Hausmarken auf den Sandsteinplatten wiederholt sich
1746 an einer Kaminwand im Dorf Emsbüren. Dort zeigt die linke Platte die Inschrift
ANNO, die Initialen IAD (= Johann Anton Danckelmann) und die Hausmarke
der Familie Danckelmann39, die rechte Platte die Jahreszahl 1746, die Initialen FT
(= Fenne oder Euphemia Theißing) und die Hausmarke der Familie Theißing, die
vom Stammhof Theißing in Engden bis heute geführt wird.40
188
Und noch ein weiteres Beispiel aus
dem Kirchspiel Emsbüren lässt sich hier
anführen: der Kaminstein aus dem früheren
Fährhaus am Helscher Fähr in Leschede,
das von alters her dem Bischof von
Münster gehörte und an den jeweiligen
Fährmann verpachtet wurde. Diese Sandsteintafel zeigt außer der Jahreszahl 1738
unter einer Fürstenkrone die verschlungenen
Initialen C und A, hinter denen sich kein
geringerer als der damalige Fürstbischof
Clemens August verbirgt.
Das dortige Monogramm des Landesherrn macht gleichzeitig deutlich,
welch große Bedeutung die Initialen im
18. Jahrhundert in der Heraldik hatten,
so dass auch im bürgerlichen und bäuerlichen
Bereich die Initialen die altüberWappenfeld mit den Initialen IP (= Johann
Pöttering) auf der Konsole unter dem Löch- lieferten Hausmarken immer mehr vertebalken bei Wobbe-Pöttering
drängten. So markieren die beiden Hausmarken von 1746 an der Kaminwand
des Hauses Danckelmann in Emsbüren den Endpunkt der Verwendung von Hausmarken
als Bauschmuck im Emsland. Spätere Beispiele für die Verwendung von Hausmarken
an Gebäuden sind bislang nicht bekannt
geworden.
Außerdem trat seit dem 17. Jahrhundert
zunehmend das IHS-Symbol als signifikantes Segenszeichen an die Stelle der
älteren Hausmarken auf den Löchtebalken.41
Belegt ist dieses Zeichen an diesem markanten Platz über dem Esstisch erstmals
1703 im Bauernhaus Laumann (früher
Niehaus) in Lohe bei Freren und 1727
im Bauernhaus Geising in Ahlde, dort in
Verbindung mit einer längeren Inschrift:
Kaminstein mit den Initialen des Landesherrn
Clemens August im Helscher Fährhaus
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AG GOT BEWARE DIES HAVS ALLE DI DAR GEN IN VND AVS EN FVR FEVER
BRAND VND STVRM WINT LAT MISGVNNERS GVNNEN LAT HATERS HATEN KANN
VNS NICHT BATEN WAN GOT IST MET VNS KANN NIMANT WEDER VNS. IOHAN
HELMINCK CHRISTINE GESINCK TOSAMEN ELEVTE. 1727 DEN 27. MAJVS.42
Im weiteren Verlauf des 18. Jahrhundert ist das IHS-Zeichen an Häusern und
Einrichtungsstücken im südlichen Emsland vielfach belegt und wurde im 19.
Jahrhundert sogar auf die Neubauten mit massiven Außenwänden übertragen.
Frühe Belege auf Schützensilber
Frühe Belege für Hausmarken im Emsland sind auch die Königsketten der alten
Schützenvereine in Stadt und Land. An den Ketten der Lingener Kivelinge sind
schon die ältesten Plaketten aus dem späten 16. Jahrhundert mit Hausmarken und
Initialen, später dann mit Hausmarken und Namensangaben versehen. Auch die älteren
Königsplaketten der ländlichen Schützenvereine aus dem 17. und 18. Jahrhundert
zeigen solche Hausmarken, etwa an den Königsketten von Thuine (ab 1613)43,
Altenlingen (seit 1617), Freren (1722)44 oder Handrup. Da die Plaketten die Hausmarke
fast immer in Kombination mit einem Namen und einer Jahreszahl zeigen und zudem
Kaminsteine mit den Hausmarken der Eheleute Anton Danckelmann und Fenne Theissing
aus einem Haus in Emsbüren
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durch die Königsketten regional genau zuzuweisen sind, kann man die Schützenplaketten
wohl als die wichtigste Quelle zur Identifikation von emsländischen Hausmarken betrachten.45
Spätestens um die Mitte des 18. Jahrhunderts wurde die Verwendung von
Hausmarken auf den Königsplaketten jedoch aufgegeben. An ihre Stelle traten
Namen und Inschriften, häufig auch Formeln oder Sinnsprüche. Sie dokumentieren
die zunehmende Lese- und Schreibfähigkeit, während Hausmarken nun offenbar
als antiquiert galten.
Hausmarken auf Fensterbierscheiben
Sehr häufig findet man Hausmarken auf den sogenannten Fensterbierscheiben,
also aufwendig bemalten kleinen Glasscheiben für Bleiverglasungen, die einst in
vielen Kirchen, Rathäusern und Schlössern, Bürger- und Bauernhäusern zu finden
waren.46 Ihr Name geht auf das „Fensterbier“ zurück, ein Fest zum Einzug in ein
neues Haus, zu dem die Gäste bemalte Scheiben als Geschenke mitbrachten.47 Dieser
Brauch ist im 17. Jahrhundert für die Stadt Lingen ,48 aber auch für das Kirchdorf
Sögel archivalisch belegt.49 Er war damals wohl im gesamten Emsland allgemein
Bäuerliche Hausmarken und Wappen der Familie Pinninck auf den Königsplaketten des
17. Jahrhunderts an der Kette des Schützenvereins Altenlingen; Foto: Lukas Raming
191
verbreitet. Später wurden diese Scheiben auch zu Hochzeiten den Neuvermählten
übergeben und waren im 18. Jahrhundert auf dem Lande eines der beliebtesten
Hochzeitsgeschenke.
Der Reiseschriftsteller Johann Georg Kohl schreibt 1864 in seinen „Nordwestdeutschen
Skizzen“ über die Fensterbierscheiben: „Ohne Zweifel stammt wohl diese Sitte noch
aus den ersten Zeiten der Erfindung oder doch der Verbreitung des Glases in Norddeutschland. Wenn ein Bauer ein neues Haus baute, kamen seine Freunde mit
Glasfenstern angezogen, auf denen ein kleines Bild, ein Spruch und der Name der
Geber gemalt waren und die dann nachher in die Fensterrahmen eingesetzt wurden.
Der Beschenkte musste dabei Bier spenden und ein Fest geben, das das ‚Fensterbier‘
oder noch häufiger ‚Fensterteer‘ hieß.
Die gemalten Fensterscheiben waren nach alter Mode nur klein. Sie hatten den
Zuschnitt der Zeit, in der das Glas noch etwas sehr Kostbares war. Auch ließen sie
wegen der dick aufgetragenen Farbe nicht viel Licht durch. Als man in der Neuzeit
anfing, weniger auf hübsche Bilder und Sprüche als darauf zu achten, dass die
Fenster Licht hereinließen, und als die Scheiben zugleich größer wurden, da starb
das ‚Fensterteer‘ allmählich aus. Und so sind denn auch die gemalten Fensterscheiben
und Fenstersprüche seltener geworden. Doch findet man sie noch in einigen alten
Häusern, meist jedoch nicht in der Hauptstube, sondern nur hier und da in irgendeiner
kleinen Nebenkammer, bei der es noch nicht so sehr auf Licht ankam ... Manchmal
findet man auch Wappen auf den Fenstern dargestellt, vor allem wenn ein adliger
Herr der Geber war und seinen Bauern bei ihrem Fensterteer ein bemaltes Glas
sandte.“50
Die Ursprünge des Schenkens von dekorierten Glasscheiben sind wohl in der
Stiftung mittelalterlicher Kirchenfenster zu suchen. Die bekanntesten Fensterbierscheiben
im Emsland befinden sich in den Fenstern der kleinen Kapelle in Höven bei Haselünne.
Sie gelangten 1652 als Geschenke von Kirchenvorstehern der umliegenden Gemeinden
in den Vorgängerbau des heutigen Gotteshauses.51 Auch aus den Kirchen zu
Bramsche52, Thuine53 und anderen Orten sind solche Scheiben mit Widmungen und
Stifternamen erhalten.
Fensterbierscheiben aus Bürger- und Bauernhäusern sind für viele Orte des
Emslandes überliefert. Einst waren sie wohl in jedem größeren Haus anzutreffen.
Doch im späten 18. Jahrhundert kamen sie – vielleicht im Zusammenhang mit dem
Aufkommen der Gardinen – außer Mode und wurden schon im 19. Jahrhundert
massenhaft beseitigt. Die wenigen noch vorhandenen Beispiele befinden sich heute
fast alle nicht mehr am ursprünglichen Standort, sondern in Museen und Sammlungen.
Erhalten beziehungsweise nachweisbar sind Belege aus Lingen54, Haselünne, Herzlake55,
Werlte56, Sögel57, Spahn58, Lengerich59, Emsbüren, Bramsche, Thuine, Plantlünne
und Beesten60. Eine umfangreiche Sammlung solcher Scheiben aus Häusern im
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Hausmarken auf Fensterscheiben des 17. Jahrhunderts aus der Kapelle in Höven (oben) und
aus der Sammlung des Lingener Emslandmuseums (unten)
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südlichen Emsland besitzt das Emslandmuseum in Lingen. Sie wurde schon vor
dem Ersten Weltkrieg von Pfarrer Gerhard
Tegeder aus Gleesen zusammengetragen
und gelangte 1927 in das Kreisheimatmuseum Lingen. Auch in allen Nachbarregionen des Emslandes waren Fensterbierscheiben im 17. und 18. Jahrhundert
weit verbreitet. 61 Der Bestand reicht
vielerorts bis in das 17. Jahrhundert
zurück, was angesichts der Zerbrechlichkeit
der empfindlichen Scheiben doch beHausmarke auf einer Fensterscheibe von 1691 merkenswert ist. Sie waren eben nicht
aus einem Bauernhaus in Spahn
bloße Gebrauchsgegenstände und Bauteile,
sondern Erinnerungsstücke an Verwandte
und Vorfahren sowie benachbarte und
befreundete Familien.
Die gemalten Darstellungen auf den Fensterscheiben zeigen die ganze Bilderwelt
bürgerlichen und bäuerlichen Lebens im 17. und 18. Jahrhundert. Zunftzeichen
und Berufssymbole waren typische Motive im städtischen Bereich. Auf dem Lande
Vögel, Blüten und Hausmarken auf alten Fensterscheiben im Emslandmuseum Lingen
194
erscheinen pflügende und säende Bauern, Reiter auf springenden Rössern mit
knallenden Peitschen und Pistolen, Hochzeitswagen mit Brautpaaren und Gästen
bei der Anreise zum Fensterbier, stets festlich gekleidet wie vornehme Bürger oder
Adelige. Darstellungen von Zimmerleuten beim Richtfest und Hochzeitspaaren
zeigen den Zusammenhang der Scheiben mit dem Brauchtum von Fensterbier und
Hochzeitsfeier. Auf religiöse Aspekte weisen die Scheiben mit Darstellungen von
Heiligen und Wallfahrtsbildern hin. Blumen und Vögel vermitteln eine heitere
Stimmung, wie sie mit den guten Wünschen zum Einzug in das neue Haus eben
verbunden war. Jahreszahlen und Namen, Inschriften und Sinnsprüche erinnern an
fröhliche Tage und großzügige Stifter.
Im Mittelpunkt vieler Fensterbierscheiben stehen mehr oder weniger aufwendig
dekorierte Hausmarken. Mit Rankenwerk umrahmte und farbig hinterlegte Kartuschen
geben den grafischen Zeichen eine wappenartige Wirkung, die den repräsentativen
Charakter der Fensterbierscheiben deutlich herausstellt.
Auch bei den Fensterbierscheiben lässt sich seit dem 17. Jahrhundert eine
zunehmende Kombination von Hausmarken und Initialen feststellen. Gelegentlich
findet man sogar eine unmittelbare Verbindung von Bildmotiven und Hausmarken.
Offenbar waren die Glasmaler in ihrer Darstellungsweise etwas freier als Zimmerleute
und Zierschnitzer bei der Fachwerkdekoration. Gelegentlich erwiesen sie sich wohl
auch bei der Neuschöpfung von Hausmarken als recht erfinderisch.62
Hausmarken auf Möbeln
In zahlreichen Veröffentlichungen wird immer wieder behauptet, dass Hausmarken
regelmäßig an Möbelstücken zu finden seien, auch im Emsland. Doch am umfangreichen
Bestand historischen Mobiliars in den Museen und im Privatbesitz der Region lassen
sich Beispiele hierfür so gut wie gar nicht finden. Gekennzeichnet wurden Möbel
hier erst seit dem 17. Jahrhundert, und zwar fast immer mit Jahreszahlen, Namen
und Initialen. Dies gilt insbesondere für die sogenannten „Bauernmöbel“, also die
oft aufwendig dekorierten Aussteuermöbel der vollbäuerlichen Schicht. Die Möbel
gehörten ursprünglich immer zur Aussteuer einer konkreten Person, meistens der
einheiratenden Frau, und zählten damit gerade nicht zum allgemeinen Besitz eines
Hofes oder einer Familie. Insofern ist es auch konsequent, dass sie nicht mit
Hausmarken gekennzeichnet wurden.
Im adeligen Bereich findet man auf solchen Aussteuermöbeln, vor allem auf den
obligatorischen Aussteuertruhen, häufig die Wappen der entsprechenden Familien,
meist das sogenannte Allianzwappen der Eltern mit dem Familienwappen des Vaters
links und dem der Mutter rechts.
195
Die „Pinnincksche Truhe“ von 1620 gilt als ältestes Einrichtungsstück des Gutes Beversundern
bei Lingen
(Fotos der Truhe: Richard Heskamp)
Hausmarke auf der linken Füllung der „Pinninckschen Truhe“
196
Wappen der Familie Pinninck auf der rechten
Füllung der „Pinninckschen Truhe“
Aus dem adeligen Damenstift Wietmarschen sind zwei solche Wappentruhen
überliefert, die beim Eintritt der dortigen Stiftsdamen als Aussteuertruhen in das
Kloster gelangten und nach deren Tod dort verblieben. Eine dieser Truhen, die sich
heute im Emslandmuseum Lingen befindet, zeigt auf der Vorderseite die eingeschnitzten
Wappen der Familien von Viefhues und von Rorup sowie die Jahreszahl 1619. Die
relativ kleine Kastentruhe ist einfach dekoriert, aber sorgfältig gefügt und diente
ursprünglich wohl als „Brieflade“, also zur Aufbewahrung von Dokumenten und
Wertsachen. Eine vermutlich aus der gleichen Aussteuer stammende Truhe befindet
sich heute in Privatbesitz in Wietmarschen. Die mit Schnitzereien im Renaissancestil
dekorierte Kufentruhe wirkt auf den ersten Blick wie eine bäuerliche Aussteuertruhe
aus dem Münsterland. Auf den beiden Füllungen zeigt sie jedoch ebenfalls die
Wappen der Familien von Viefhus und von Rorup mit den Unterschriften „VIFHVS
G N S“ und „ROROP 1630“.
Ein vergleichbares Stück, die so genannte „Pinninck’sche Truhe“ aus dem Jahre
162063, ist aus der alten Einrichtung des Gutes Beversundern in Altenlingen überliefert
und befindet sich heute als Dauerleihgabe der Familie von Galen im Emslandmuseum
in Lingen. Der Wappenschmuck auf dieser großen und aufwendig dekorierten Dreifeldertruhe mit Rollwerkkartuschen und einer Bogenfüllung im Mittelfeld ist etwas
rätselhaft.
Auf der linken Füllung erscheint ein geteilter Wappenschild, der einen bärtigen
Männerkopf und eine Hausmarke zeigt. Darüber stehen die Initialen „IP“, die als
„Junker Pinninck“ gedeutet werden. Die rechte Füllung weist ein Wappen mit einem
Balken und zwei Vögeln auf, offenbar das Wappen der Familie Pinninck, das in
seiner Darstellung jedoch heraldisch nicht vollständig mit dem später üblichen Familienwappen übereinstimmt. Die Innenfläche der Bogenfüllung besitzt in der Mitte
ein vertieftes Feld, in dem eine eigenartige Ritzdekoration erkennbar ist. Vermutlich
handelt es sich dabei um den Vorriss für eine Intarsienfüllung aus farblich
unterschiedlichen Hölzern. Erkennbar ist noch eine reiche Blattwerkdekoration, die
wohl einen Wappenschild umrahmte. Das Wappen selber ist leider nicht dargestellt.
Die aus Deventer stammende Familie Pinninck gelangte erst 1625 durch Kauf in
den Besitz von Beversundern und gehörte damals auch noch nicht dem Adelsstande
an. Der Käufer des Gutes, Adrian Pinninck, war kaiserlich-spanischer Amtsrentmeister
in Lingen. Sein Vater, der Großkaufmann und Leinenhändler Hermann Pinninck,
hatte sich mit der Adeligen Lucie von Reede zu Brandlecht vermählt.64 Adrian
Pinninck heiratete am 6. Februar 1617 in Lingen Maria Boncamp oder Boenekamp,
die Tochter seines Lingener Amtsvorgängers.65 Doch erst am 10. Januar 1652 wurde
Adrian Pinninck von Kaiser Ferdinand III. in den deutschen Adelsstand erhoben.66
Demnach könnte die Truhe die bürgerliche Hausmarke der Familie Boncamp und
das Wappen der Familie Pinninck zeigen.67
197
Das einzige ländliche Möbel im Emsland,
das zumindest eine den Hausmarken
ähnliche Verzierung aufweist, ist eine
aufwendig dekorierte Kufentruhe von
1664, die heute auf einem Bauernhof in
Wettrup steht. Sie zeigt auf den drei Füllungen eine sehr sorgfältig gearbeitete
Dekoration mit Beschlagwerk, dem typischen Ornament der Zeit um 1600.
Über dem Schlüsselloch in der Oberleiste
ist eine zweiteilige Wappenkartusche eingeschnitzt, die links die Buchstaben HM
und die Zahl 16, rechts dagegen die
Buchstaben AO und die Zahl 64 aufweist.
Das Ganze ist so angeordnet und ausgeführt, dass man zunächst an eine Hausmarke denkt. Die Zahlen stehen jedoch
sicher für die Jahresangabe 1664, AO als
Frontseite einer Truhe von 1664 in Wettrup
Abkürzung für Anno und H M wären
mit der Datierung in einem Wappenfeld
schließlich die Initialen des damaligen
Besitzers oder der Besitzerin. Ob diese
Truhe 1664 allerdings tatsächlich als bäuerliche Aussteuertruhe angefertigt wurde,
darf bezweifelt werden. Vermutlich stammt sie aus dem städtisch-bürgerlichen
Bereich und gelangte erst später an ihren heutigen Standort.
Hausmarken auf Bronzemörsern
In manchen alteingesessenen Haushalten, aber auch in vielen Museen und
Sammlungen findet man Bronzemörser aus dem 16. und 17. Jahrhundert, die mit
Ornamentfriesen, Inschriften, Jahreszahlen, Namen und Hausmarken dekoriert sind.
Dabei handelt es sich keineswegs um alte Haushalts- oder Apothekergeräte, sondern
um repräsentative Zierstücke, die für einen praktischen Gebrauch in Küche oder
Labor viel zu wertvoll waren.68
Die norddeutschen Mörser aus dem 15. Jahrhundert zeigen in der Regel ein
schlichtes Dekor, dafür aber häufig eine reliefartig ausgeprägte Hausmarke.69 Die
ältesten mit Namen gekennzeichneten Mörser in Nordwestdeutschland stammen
aus dem frühen 16. Jahrhundert. Sie entstanden zunächst wohl im Zusammenhang
mit Glockengüssen, denn die Herstellungstechnik – der Guss in einer individuell
198
Mörser von 1589 mit eingravierten Ornamenten
im Emslandmuseum Lingen
Eingraviert ist auch ein Wappenfeld mit einer
Hausmarke
(Fotos: Richard Heskamp)
angefertigten „verlorenen Form“ – war bei Glocken und Mörsern identisch und
viele Glockengießer sind auch als Hersteller von Mörsern nachweisbar.
Die Namen auf den Mörsern nennen meistens die Eigentümer des Mörsers.
Soweit sich diese heute noch identifizieren lassen, handelt es sich um Personen aus
der städtischen und ländlichen Honoratiorenschicht. Auch der Adel ist vertreten.
Wappen und Hausmarken unterstreichen den repräsentativen Charakter der Mörser
ebenso wie die häufig genannten Amtsfunktionen, etwa Pfarrer, Richter oder
Verwalter. Seit etwa 1570 werden häufig Ehepaare auf den Mörsern genannt und
man geht wohl nicht fehl, wenn man diese Mörser als repräsentative Hochzeitsgeschenke
in besseren Kreisen betrachtet.
Die in Nordwestdeutschland nachweisbaren Mörser wurden im 16. Jahrhundert
größtenteils in Osnabrück, Münster, Kleve und in den Niederlanden hergestellt,
später dann vorzugsweise in Deventer. Die meisten bekannten Stücke aus dem 17.
Jahrhundert stammen aus Werkstätten dieser Stadt an der Ijssel. Der Text für die
Inschriften, aber auch die Vorlagen für Wappen und Hausmarken mussten also
dorthin übermittelt werden, was angesichts der damaligen Post- und Handelsverbindungen
für Schreibkundige wohl kein allzu großes Problem war. So lassen sich besonders
im Münsterland, aber auch im Weser-Ems-Gebiet noch heute zahlreiche Ziermörser
aus niederländischer Produktion mit Namen und Hausmarken einheimischer
Honoratioren nachweisen.
199
Die Osnabrücker Mörser des 16. Jahrhunderts zeichnen sich dadurch aus, dass
ihre Dekoration nicht als Relief eingegossen, sondern in die glatte Oberfläche der
Mörser eingraviert wurde.70
Ein solcher Mörser befindet sich auch in der Sammlung des Lingener Emslandmuseums.
Er zeigt neben verschiedenen Pflanzenornamenten auf der einen Seite ein Schriftband
mit der Jahreszahl 1589 und auf der anderen Seite einen Wappenschild mit einer
Hausmarke. Ein Name ist leider nicht angegeben und die Marke konnte bislang
auch nicht identifiziert werden. Der frühere Standort dürfte aber in einem vornehmen
Bürgerhaus in Lingen zu vermuten sein.
Ein ebenfalls gravierter Mörser ist in Privatbesitz in Haselünne erhalten. Er
stammt ursprünglich aus einer Juristenfamilie in Vechta und zeigt die eingravierte
Inschrift ENGELBERTH MVESELER ANNO 1600, verbunden mit einer Hausmarke.
Nach der Form zu schließen, könnte dieser Mörser in Münster entstanden sein.
Genau verfolgen lässt sich die Herkunft eines Mörsers aus der Familie Danckelmann,
die ursprünglich aus Rheine stammte und deren reformierter Zweig sich im 17.
Jahrhundert in Lingen niederließ.71 Aufgrund der Zierornamente ist sicher, dass
dieser Mörser in der Werkstatt des bekannten Bronzegießers Hendrik Wegewart d.J.
(†1624) im niederländischen Deventer hergestellt wurde.72 Bei der Übermittlung
des Textes für die Inschrift dorthin ging wohl etwas schief, denn die Inschrift nennt
außer der Jahreszahl 1618 die beiden Männernamen IORGEN DANCKELMANN und
JOHAN POTKENS. Dahinter verbergen sich jedoch die Eheleute Jürgen Danckelmann
und Johanna Pöttken. Der Stammvater dieser Danckelmann-Linie war Johann
Danckelmann aus Rheine, der nach Metelen zog und dort 1593 das Bürgerrecht
erwarb. Er wurde der Stammvater verschiedener Danckelmann-Linien im Münsterland
und in Emsbüren.
Sein Sohn, der auf dem Mörser genannte Jürgen Danckelmann, heiratete Johanna
Pöttken (um 1600–1653), die Tochter eines Burgsteinfurter Gastwirtes. Das
Hochzeitsdatum ist nicht bekannt, der Mörser nennt das Jahr 1618. Das erste Kind
aus dieser Ehe wurde allerdings erst 1628 geboren. Jürgen Danckelmann war von
1629 bis 1637 Bürgermeister in Metelen. 1633 wurde er von den hessischen Truppen,
die damals das Münsterland besetzt hielten, nach Rheine verschleppt. Er starb 1662
in Metelen. Der Mörser fiel vermutlich an den ältesten Sohn Johann, der sich 1670
in Burgsteinfurt zum Calvinismus bekannte und die reformierte Burgsteinfurt-Linie
Danckelmann begründete. Diese starb um die Mitte des 18. Jahrhunderts in
männlicher Linie aus.
Wie der Mörser damals weiter vererbt oder überliefert wurde, lässt sich nicht
mehr rekonstruieren. Vor ein paar Jahren tauchte er auf einer Auktion bei Sotheby’s
in London auf und fand über den niederländischen Antiquitätenhandel den Weg
nach Lingen.
200
Mörser der Eheleute Danckelmann/Pöttken
von 1618 mit eingravierter Hausmarke
(Foto: Richard Heskamp)
Die Familie Danckelmann stammte
aus dem Bürgertum im nördlichen Münsterland und nur der reformierte Zweig
in Lingen wurde später in den Adelsstand
erhoben. Daher führte die Familie ursprünglich auch kein Wappen, sondern
eine Hausmarke. Diese wurde auf dem
Mörser nicht eingegossen, sondern der
Hersteller modellierte lediglich ein schlichtes
Wappenfeld, in das die Hausmarke vor
Ort eingraviert werden konnte – ein
damals übliches Verfahren. Angesichts
der sehr harten Bronze war hier allerdings eine geübte Hand notwendig, die in
diesem Fall wohl fehlte. So wurde die Hausmarke ziemlich grob in die Oberfläche
des ansonsten sehr kunstvoll gearbeiteten Mörsers eingeritzt.
Hausmarken als Gravuren auf Silber und Zinn
Vielfach belegt sind Hausmarken auf altem Zinngeschirr, besonders auf Repräsentationsstücken wie Gildepokalen, Trinkbechern und anderen Ziergegenständen.
Aus dem Emsland sind solche Stücke nicht überliefert und überhaupt fehlen hier
jegliche Nachweise für Hausmarken auf Zinngegenständen. Das ist zunächst
erstaunlich, aber leicht erklärbar. Die meisten erhaltenen Zinngeräte im Emsland
stammen nämlich erst aus dem 18. und 19. Jahrhundert, also einer Zeit, als in den
meisten Bereichen der Repräsentationskultur längst Namensinschriften und Sinnsprüche
an die Stelle von Hausmarken getreten waren.
Dass Hausmarken auf edlen Metallgefäßen auch im Emsland verbreitet waren,
beweist eine Branntweinschale aus Emsbüren, die um 1750 vom Lingener Goldschmied
Jan Hindrik Thiel angefertigt wurde. In ihre Wandung ist eine Wappenkartusche
mit zwei Hausmarken eingraviert, links ein Kranich und rechts ein Dreieck mit drei
Kugeln.73 Es handelt sich um die Wappen beziehungsweise Hausmarken der Familien
Danckelmann und Theissing. Die darüber angebrachten Initialen AD und FT stehen
für Anton Danckelmann und Fenne Theissing, die sich auch auf dem oben bereits
angeführten Kaminstein verewigt haben.
201
Hausmarken auf religiösen Denkmälern
Seit dem Mittelalter wurde es üblich, Stiftungen religiöser Bildwerke und kirchliche
Ausstattungstücke mit Stifterinschriften, Stifterwappen oder Hausmarken zu versehen.
Das früheste nachweisbare Beispiel für die Verwendung von Hausmarken im
sakralen Bereich findet man an einer Totenlaterne auf dem alten Kirchhof in
Emsbüren. Die aus Bentheimer Sandstein kunstvoll gearbeitete Lichtersäule, deren
Bekrönung schon seit langem fehlt, zeigt auf dem achtseitigen Unterbau vier Maßwerkblenden und Wappenfelder mit Hausmarken. Stilistisch gehört die Lichtersäule
in die Zeit um 1500. Die Hausmarken lassen sich leider keinen bestimmten Familien
zuordnen. So ist auch nicht feststellbar, ob sie für einen bestimmten Stifterkreis
oder für die damaligen Kirchenräte stehen.
Im Zeitalter der Renaissance und des
Barock erreichte diese Art der Selbstdarstellung frommer Stifter durch Epitaphien
(Erinnerungsdenkmäler) und Grabsteine
ihre weiteste Verbreitung.
Während kunsthistorisch wertvolle Arbeiten vornehmlich adeliger Schenker im
Emsland noch in vergleichsweise großer
Zahl erhalten sind, beispielsweise in den
Pfarrkirchen zu Meppen, Haselünne und
Aschendorf, Lengerich und Thuine, gingen
die einfachen Stücke aus bürgerlichen
und bäuerlichen Stifterkreisen wohl größtenteils verloren und sind heute nur noch
in wenigen Resten greifbar.
Hierzu zählt ein Reliefbild mit einer
volkstümlichen Darstellung der schmerzhaften Muttergottes in der Pfarrkirche
zu Groß Hesepe. Die Gottesmutter erscheint
hier – wie in der Barockzeit üblich –
durchbohrt von einem Schwert als Ausdruck
des Schmerzes. Ungewöhnlich ist jedoch
die Kombination mit den LeidenswerkUnterbau der früheren Totenlaterne auf dem
alten Kirchhof in Emsbüren aus der Zeit um
1500 mit spätgotischem Dekor
202
Auf dem Sockel der Totenlaterne sind neben gotischem Maßwerkdekor auch verschiedene
Hausmarken angebracht
zeugen Christi.74 Unterhalb des Bildfeldes erscheint dort eine Kartusche mit der
Jahreszahl 1705 und den sprechenden Hausmarken der Eheleute I.C. KRANNIOLL
(ein Kranich75) und M. PLAGGE (drei Marterwerkzeuge für Plagge = Plage). Johann
Conrad Kranioll, eigentlich Kranepohl, stammte aus Horstmar im Münsterland und
war von Beruf Reitersoldat. Margaretha Plagge, geb. Grüter aus Groß Hesepe, hatte
1651 Gerhard Plagge geheiratet, Halberbe und Gastwirt in Dalum. Er starb 1665
unter Hinterlassung mehrerer kleiner Kinder. Seine Witwe ging im Jahr darauf eine
zweite Ehe ein mit Johann Conrad Kranepohl, der 1689 Pächter der Dalumer Fähre
wurde. Auch aus dieser Ehe gingen mehrere Kinder hervor. Margaretha Kranepohl,
verwitwete Plagge, geborene Grüter, starb am 18. Mai 1705. Das von den Eheleuten
gestiftete Marienrelief hatte also gleichzeitig den Charakter eines Erinnerungsdenkmals
für die verstorbene Ehefrau.76
In der Barockzeit entstanden auch außerhalb der Kirchen und Kirchhöfe viele
religiöse Denkmäler. Neben Wegekreuzen und Kapellen mit Heiligenbildern waren
dies im 18. Jahrhundert vor allem die sogenannten „Bildstöcke“. Diese aus Sandstein
gefertigten stelenartigen Gehäuse mit Reliefbildern gehen auf die barocken
Stationsbilder entlang der Prozessionswege zwischen Münster und dem Wallfahrtsort
Telgte sowie entlang des Großen Kreuzwegs in Coesfeld zurück.77 In der giebelartigen
Bekrönung sind häufig Stifternamen und Stifterwappen angebracht.
203
Reliefbild von 1705 in der Kirche zu Groß
Hesepe mit den Hausmarken der Stifter Bildstock von 1737 in Salzbergen mit den
Hausmarken der Stifter
204
Einer der ältesten Bildstöcke im Emsland
steht nördlich von Salzbergen am sogenannten „Napoleondamm“, der alten
„Friesischen Straße“ von Münster nach
Ostfriesland. Er zeigt auf der einen Bildseite
eine Kreuzigungsszene und auf der anderen
Seite eine volkstümliche Darstellung der
sieben Schmerzen der Muttergottes in
Form von sieben Schwertern. Eine Inschrift
unter dem Marienbild nennt als Stifter
des Bildstocks die Eheleute Lubertus Hinterding und Gertrudis Albers aus Salzbergen,
die Eltern des späteren Salzbergener
Pfarrers Bernhard Hermann Hinterding.
Als Stiftungsdatum ist an der Seite des
Bildstocks der 25. Oktober 1737 angegeben.78
Der bogenförmige Giebelaufsatz ist
auf den Bildseiten mit einem Wolkenhimmel
gefüllt, in den als oberer Abschluss auf
beiden Seiten zwei gekrönte Hausmarken
eingearbeitet sind: links das Zeichen der
Familie Hinterding und rechts das Zeichen
der Familie Albers. Bemerkenswert ist
dies vor allem, weil die Familie Hinterding
keine alteingesessene Bauernfamilie war.
Um 1750 wird die Familie den „Brinksitzern“ zugeordnet und betrieb eine
Gastwirtschaft. Vielleicht wollten die Eheleute mit der Stiftung des Bildstocks und
der Führung von Hausmarken ihren neuen
sozialen Status als Eltern eines Geistlichen
und des zukünftigen Pfarrers unterstreichen.
Hausmarken auf
Grabdenkmälern
Hausmarken findet man auch auf
vielen Grabdenkmälern, besonders auf
den in manchen Gegenden Norddeutschlands verbreiteten steinernen Grabplatten,
Grabstelen und Grabkreuzen.79
In Zeiten, in denen die meisten Familien
sich mit zugewiesenen Grabstellen auf
einem völlig unregelmäßig belegten Kirchhof begnügen mussten und die meisten
Begräbnisplätze allenfalls mit einem Holzkreuz markiert waren, bildeten Familiengruften nicht nur einen wichtigen Bestandteil der Sepulkralkultur, sondern
immer auch der Repräsentationskultur.
Gerade Hausmarken als Zeichen alteingesessener Familien waren geeignet, auf
der Familiengruft nicht nur einzelne Verstorbene, sondern die gesamte Familie
oder gar die Verwandtschaft zu repräsentieren.
Auf dem Alten Friedhof in Lingen sind noch etwa 25 Grabstellen aus der Zeit
vom 17. bis zum frühen 18. Jahrhundert erhalten80, allerdings nicht mehr auf den
ursprünglichen Grabstellen, sondern sekundär eingebaut in die heutige Friedhofsmauer.81
In Lingen gehörte zu den größeren Häusern und Anwesen eine feste Begräbnisstätte
auf dem Friedhof. Beim Verkauf des Hauses konnte die Grabstelle einem neuen
Eigentümer übertragen werden.82 In mehreren Fällen sind sogar die Hausnummern
auf den Grabplatten angegeben.
Alle identifizierbaren Grabplatten auf dem Alten Friedhof in Lingen gehören zu
führenden Familien der Stadt. Diese Honoratioren legten offenbar großen Wert auf
eine repräsentative Ausgestaltung ihrer Familiengräber und statteten ihre Grabdenkmäler
neben Namen, Inschriften und Ornamenten auch mit ihren Hausmarken oder Wappen
aus.
Die Grabplatten aus dem 17. und 18. Jahrhundert zeigen größtenteils bürgerliche
Wappen, die in den meisten Fällen aus den Familiennamen abgeleitet sind, etwa
ein Berg mit einer Kappe für Cappenberg, ein Haus für Blockhus, eine kunstvoll
verknotete Kordel für Cordes, eine Eiche für Zur Eick, ein Lindenblatt für Terlinden,
205
In die Mauer des Alten Friedhofs zu Lingen wurden im 19. Jahrhundert zahlreiche historische
Grabplatten eingesetzt
ein Topf mit Blumen für Pott, eine Martinsgans für Martens usw. Man kann diese
ideenreich gestalteten Darstellungen wohl getrost unter den Phantasiewappen einordnen.
Drei der ältesten Grabplatten zeigen anstelle der Wappen traditionelle Hausmarken
mit strichhaften Zeichen. Im Mittelpunkt einer nur fragmentarisch erhaltenen,
vermutlich 1630 entstandenen Platte erscheint ein umkränzter Wappenschild in
barocken Formen mit einer Hausmarke und den Initialen D R I M. Durch Vergleich
mit den Hausmarken an den Königsketten der Kivelinge lässt sich diese Hausmarke
der Familie Drees zuordnen.83
Eine weitere Hausmarke ist als linke
Hälfte eines bürgerlichen Ehewappens
auf einer Grabplatte aus dem 18. Jahrhundert dargestellt. Wie die Unterschrift
des Wappens und ein Vergleich mit den
Hausmarken an der Kivelingskette zeigen,
handelt es sich um das Zeichen der Bürgermeisterfamilie Dreesmann.84
Fragment einer Grabplatte von 1639 mit
Hausmarke der Familie Drees
206
Grabplatte der Familie Dreesmann mit späterer Nachbeschriftung durch die Familie
Schmidt
Grabplatte von 1663 mit Wappen und Hausmarken auf den Eckpunkten sowie Nachbeschriftung durch die Familie Schmidt
Eine der am aufwendigsten dekorierten Grabplatten auf dem Lingener Friedhof
zeigt in reichem frühbarockem Rankenwerk eine von zwei Säulen eingerahmte Kreuzigungsszene mit zwei knienden Stifterfiguren sowie einer Sanduhr als VanitasSymbol. Die verwitterte Inschrift lässt neben wenigen Wortresten noch eindeutig die
Jahreszahl 1663 erkennen. Die ursprünglichen Texte in den beiden Schriftkartuschen
ober- und unterhalb des Bildfeldes wurden später abgeschlagen und durch den Namen
des Nachbesitzers, J.C. Müller, ersetzt. Deutlich erkennt man jedoch noch heute, dass
in den vier Ecken der Grabplatte vier Wappenfelder angeordnet waren. Die beiden
unteren Wappen wurden in späterer Zeit bei einer Einkürzung der Platte entfernt. Die
beiden oberen Wappenfelder zeigen links vermutlich einen Topf mit einer Blume,
vielleicht die Hausmarke der Familie Pott, und rechts eine aus Strichen zusammengesetzte
Hausmarke. Leider lassen sich auch bei dieser Grabplatte die Namen der dort Bestatteten
nicht mehr identifizieren. Eindeutig feststellbar ist in diesem Fall jedoch der Hersteller
der Platte, der Bildhauer Bernd Meiering aus Rheine.85
Auf den Grabplatten der Lingener Honoratiorenfamilien wurden die Hausmarken
als Gestaltungselement im 18. Jahrhundert durch die bürgerlichen Familienwappen
207
Detail des Wappenfeldes einer Grabplatte mit der Hausmarke der Familie Dreesmann und
vermutlich dem Wappen der Familie Steding
abgelöst. Bei den vereinzelt erhaltenen steinernen Grabkreuzen von ländlichen
Friedhöfen fanden sie im bäuerlichen Umfeld im 18. Jahrhundert noch allgemeine
Verwendung.86
Zusammenfassung – Zur Verwendung der Hausmarken
Als Besitzerzeichen spielten die Hausmarken schon im 16. Jahrhundert keine
Rolle mehr. Im privaten Bereich, etwa auf Mobiliar oder Gebrauchsgegenständen,
sind sie im Emsland nur selten nachweisbar. Sie sind in ihrem Gebrauch vielmehr
untrennbar verbunden mit der bürgerlichen und bäuerlichen Repräsentationskultur
in der frühen Neuzeit. Sie finden sich in dieser Zeit an Hausgiebeln und an wichtigen
Stellen im Gebäude, also an den Orten im und am Gebäude, an denen später die
Hausinschriften angebracht wurden.
Häufig findet man Hausmarken auf prestigeträchtigen Luxusgegenständen aus
wertvollem Metall und an brauchtümlichen Gegenständen, die die bürgerliche und
bäuerliche Gemeinschaft repräsentieren, allen voran die Fensterbierscheiben.
208
Detail einer Grabplatte von 1663 mit einer Hausmarke in der Wappenkartusche oben rechts
sowie Nachbeschriftung durch die Familie J.C. Müller
Nur die oberen Sozialschichten in Stadt und Land führten eine Hausmarke. Dies
waren zum einen die alteingesessenen Bauernfamilien, die durch die Agrarverfassung
gegenüber Neubauern und Heuerleuten eine privilegierte Stellung besaßen. Zum
anderen waren es die Kaufleute, Handwerker, Akademiker und Honoratioren in den
größeren Orten. Diese waren in den Städten auch Inhaber des vollen Bürgerrechtes,
während die meisten Stadtbewohner der unteren Sozialschichten nur Einwohner
ohne volles Bürgerrecht waren. Für Kleinbauern und Heuerleute, aber auch für die
städtischen Unterschichten fehlen jegliche Nachweise von Hausmarken.
Die führenden Schichten in Stadt und Land versuchten in der gesamten Frühen
Neuzeit, ihre privilegierte Stellung gegen die zahlenmäßig rasch anwachsenden Unterschichten zu behaupten. Die Heiratskreise dieser Familien machen das besonders
deutlich. Aber auch nach außen hin waren sie bestrebt, zu zeigen, wer auf der
unteren Ebene von Stadt, Kirchspiel und Bauerschaft das Sagen hatte. Ein Mittel
dieser ständischen Abgrenzung war die Verwendung von Hausmarken, die eben
nicht jede Familie aufzuweisen hatte. Daher haben die Hausmarken neben ihrer
heraldischen und rechtlichen Funktion auch eine hohe kulturhistorische Aussagekraft.
209
Grabplatte mit den bürgerlichen Wappen der Familien Flaging und Pott auf dem Alten
Friedhof in Lingen
Anmerkungen
1 Andreas Ludwig Jacob Michelsen, Die Hausmarke – Eine germanistische Abhandlung. Jena 1853;
Carl Gustav Homeyer, Die Haus- und Hofmarken. Berlin 1870, Nachdruck Saarbrücken 2007.
Beide Bücher sind mittlerweile in digitalisierter Form auch als Google-Books im Internet einsehbar.
Homeyer war Germanist und Rechtshistoriker, Michelsen Professor der Rechte in Jena.
2 Franz Diekmann, Geschichte des Kirchspiels Rhede. Rhede 1913, S. 35, Alte Bauernzeichen aus
dem 16.–18. Jahrhundert.
3 Siehe hierzu z.B. Hans Förster, Alte volkstümliche Kunst Niedersachsens. Hannover 1926, S. 108–
113.
4 Das „Handgemal“, die „Bolmarke“ des alten Bauern. In: Lingener Volksbote, Ausgabe vom
17.3.1933; Heinrich Wellmann, Die Bauerschaft Mehringen a. d. Ems und Umgegend des Kirchspiels
Emsbüren im Kreise Lingen (Ems). Ein Beitrag zur Heimatkunde. Lingen (Ems) 1934, S. 162.
5 Michael H. Kater, Das „Ahnenerbe“ der SS, 1935–1945, ein Beitrag zur Kulturpolitik des Dritten
Reiches. Stuttgart 1973, S. 76; Einen Nachruf auf Karl Konrad Ruppel (1880–1968), der nach
dem Zweiten Weltkrieg als Rechtsanwalt tätig war, publizierte ein Pfarrer i.R. Hermann Knodt im
Archiv für Sippenforschung und alle verwandten Gebiete, Bd. 35/36, 1969, S. 151.
6 Beispielhaft zitiert sei hier die Untersuchung der Lengericher Hausmarken von Hermann Meier,
Über das „Merk“ der Landbevölkerung. In: Die Kunde. Gemeinsames Mitteilungsblatt des
urgeschichtlichen Außendienstes am Landesmuseum der Provinz Hannover und der Arbeitsgemeinschaft
für Volkskunde Niedersachsens, Jg. 8, 1940, S. 90–92. Ferner: Emsländische Haus- und Hofmarken.
In: Neue Volksblätter, Ausgabe vom 5.4.1939. Auch im Archiv des Heimatvereins Rhede befinden
sich Unterlagen über eine örtliche Sammelaktion, bei der 1938 Hausmarken aus alten Urkunden
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und Dokumenten, aus Hofchroniken und von Grabsteinen zusammengetragen und dann zu einer
Übersichtstafel aufgearbeitet wurden.
Kopie eines Manuskriptes von Franz Vogler, Rhede, wahrscheinlich von 1938.
Adolf Dickes, Heimatliche heraldische Kunst. Wappen im Gau Weser-Ems. Sinnbilder mittelalterlichen
Wehrwillens. Ursprung und Werden der Hausmarken. In: Neue Volksblätter, Ausgabe vom 9.7.1944.
Ludwig Edel, Hausmarken in der Grafschaft Bentheim. In: Jahrbuch des Heimatvereins der
Grafschaft Bentheim 1954, S. 63–65 und 1955, S. 110–117; Gerhard Grävemäter, Hausmarken im
Kirchspiel Gildehaus. In: Jahrbuch des Heimatvereins der Grafschaft Bentheim 1956, S. 125–130
und 1957, S. 44; Walter Tenfelde: Die Hausmarken im Kreise Lingen. In: Jahrbuch des Emsländischen
Heimatvereins 10, 1963, S. 97–101.
Hans Horstmann, Die Entwicklung der Hof- und Hausmarken in ihren Grundzügen. In: Jahrbuch
des Emsländischen Heimatvereins 10, 1963, S. 86–96.
Hans Horstmann, Beiträge zur Geschichte der Familie Horstmann. In: Jahrbuch des Emsländischen
Heimatvereins 4, 1957, S. 95–105.
Horstmann (wie Anm. 10), S. 89.
Wilhelms Hansen, Fachwerk im Weserraum. Hameln 1980.
Klaus G. Püttmann, Zur Chronologie und Funktion von Fachwerkornamentik, ausgehend vom
Bestand der westfälischen Stadt Wiedenbrück. In: Günter Wiegelmann und Fred Kaspar (Hrsg.),
Beiträge zum städtischen Bauen und Wohnen ist Nordwestdeutschland. Münster 1988, S. 97–
140.
Wilhelm Schmülling, Hausinschriften in Westfalen und ihre Abhängigkeit vom Baugefüge. Münster
1951, S. 76–78 u. 132.
Schmülling (wie Anm. 15), S. 15–18; Everhard Jans, Burgerhuizen tussen Ijssel en Eems 1400–1850.
Zutphen 1989; Andreas Eiynck, Häuser, Speicher, Gaden – Städtische Bauweisen und Wohnformen
in Burgsteinfurt und im nordwestlichen Münsterland vor 1650. Bonn 1991. Einzelne Torbalken aus
der Zeit um 1600 mit Hausmarken sind z.B. in Burgsteinfurt und Vreden noch erhalten.
Bernhard Feldmann, Untersuchungen zur Topographie des historischen Emsbüren. In: Christine
Hermanns (Hrsg.), Saxlinga – Kirchspiel – Gemeinde. 1175 Jahre Emsbüren. Emsbüren 1994,
S. 49–66, hier S. 63.
Walter Tenfelde, Urkunden und sonstige schriftliche Quellen zur Geschichte des Kirchspiels
Emsbüren. Lingen (Ems) 1990, Nr. 404, S. 64. Die gleiche Hausmarke wie auf dem Kaminstein
erscheint auch auf einem Siegel, das Heinrich von Graes 1596 als Vogt von Emsbüren unter eine
Urkunde setzte. Siehe genealogische Sammlung Johann Rudolf van Lengerich, Haus Lengerich.
Arnold Nöldecke, Die Kunstdenkmäler der Provinz Hannover. IV. Regierungsbezirk Osnabrück, 4.
Die Kreise Lingen und Grafschaft Bentheim. Hannover 1919, S. 59.
Andreas Eiynck, Lingen – Stadt an der Ems. Erfurt 2001, S. 24–25.
Ein entsprechendes Foto des Steines am alten Standort befindet sich im Bildarchiv des Emslandmuseums.
Nöldecke (wie Anm. 19), S. 59.
Siehe auch Tenfelde (wie Anm. 9), S. 42.
Walter Tenfelde, Ein altes Bürgerhaus an der Burgstraße. In: Kivelingszeitung Lingen 1984,
S. 28–31.
Andreas Eiynck, Das Andreasdenkmal am Andreasplatz und der Medicus Andreas Wesken. In:
Holger Berentzen (Hrsg.), Aus dem Glauben leben – 16 Stationen in Lingen. Ein Stadtführer für
junge und jung gebliebene Menschen. Lingen 2011, S. 34–37; E. Püschel, Wundarzt A. Wesken,
†1703 – Beurkundung einer ungewöhnlichen Operation. In: Kivelingszeitung Lingen 1972,
S. 29–35.
Das IHS-Zeichen befindet sich am reich beschrifteten Torbogen des Hauses Nonnenwall 3, und
zwar in Kombination mit einer Giebelinschrift in lateinischer Sprache, einer Giebelbalkeninschrift
in deutscher Sprache mit dem Chronogramm 1734 sowie Torbogeninschrift mit den Namen der
Erbauer.
211
27 Aloys Kohlstall, Salzbergen – die Geschichte eines Dorfes. Salzbergen 1977, S. 78. Der Torbalken,
der schon im 19. Jahrhundert an einem Nebengebäude wiederverwendet wurde, befindet sich
heute in der Kolpingbildungsstätte in Salzbergen.
28 Der Schafstall wurde in den 1970er Jahren bei einem Sturm umgeweht. Die Balkeninschrift ist
abgebildet bei Bernhard Garmann, Beesten in Vergangenheit und Gegenwart. Beesten 1975,
S. 52.
29 Kohstall (wie Anm. 27), S. 152.
30 Schmülling (wie Anm. 15), S. 18.
31 Dieses Phänomen ist bislang noch nicht zusammenhängend untersucht. Frühe Beispiele bei Heinz
Riepshoff, Die Bedeutung von Baudaten und Inschriften in und an Gebäuden in der früheren
Grafschaft Hoya. In: Der Holznagel 5, 2007, S. 6–21 (Luchtbalken mit Inschrift „IM JAR ANNO
1579“ und Knagge unter einem Luchtbalken mit Jahreszahl „1595“) sowie an einem Bauernhaus
in Varel-Obenstrohe mit den Inschriften „Johan“ „B.V.H. 1565“ auf den mit Taustäben verzierten
Knaggen unter dem Luchtbalken, abgebildet bei Niklas Hertwig und Andreas Eiynck, Bauernhöfe
in Nordwestdeutschland. Eine kulturhistorische Hofreise durch die Region Weser-Ems. Münster
2011, S. 82/83.
32 So 1573 in der früheren Leibzucht des Bauernhofes Feye in Beesten und 1589 im Bauernhaus
Thy in Messingen.
33 Weitere Luchtbalkeninschriften aus dem 17. Jahrhundert ohne Hausmarken im südlichen Emsland
finden sich z.B. in einem früheren Altenteilerhaus in Bawinkel, wo nur die Datierung ANNO 1617
angegeben ist. In einem früheren Bauernhaus in Ahlde lautet die Inschrift: ANNO 1646 DEN 26.
SEPTEMBRI. HERMANN HÜSINCK SWENNE WOLBERS; zitiert nach Wellmann (wie Anm. 4),
S. 160. Dies ist gleichzeitig die älteste Hausinschrift mit vollständig ausgeschriebener Namensnennung
beider Eheleute im Emsland. Auf dem erhaltenen Luchtbalken des früheren Bauernhauses Venbert
in Spelle heißt es: ANNO 1648 DEN 19. FEBERVARIVS und auf dem Luchtbalken im früheren
Bauernhaus Sühlmeiners in Langen lautet die Inschrift: ANNO 1678 DEN 23. APRIL JohAN SVL
ANNA SINE hVESE FROVWE. Auch für das 18. Jahrhundert lassen sich im südlichen Emsland
noch zahlreiche Luchtbalkeninschriften nachweisen. Zu den Luchtbalkeninschriften in der Grafschaft
Bentheim siehe Schmülling (wie Anm. 15), S. 18.
34 Den gleichen Spruch wählte man 1727 auch für den noch erhaltenen Luchtbalken des alten
Bauernhauses Hopmann in Ahlde: ARBEITET FLEISSIG HANDELT AUFRICHTIG BETET ANDECHTIG
SO HIFLT UNS GOTT ALMECHTIG GERT HOPMES GREITE ROLFES EHLEUTE ANNO 1727 DEN
10 JUNIUS sowie 1732 auch für eine Balkeninschrift im früheren Bauernhaus Wintel, später
Teipen in Mehringen: ARBEIT FLEISIG HANDEL UPRICHTIG UND BEDDET ANDECHTIG SO
HELPET JU GODT ALMECHTIG. BERND RICHTERINK. GESE HEMELS. ANO 1732, DEN 4. MERTEN.,
letztere zitiert nach Wellmann (wie Anm. 4), S. 160.
35 Kohstall (wie Anm. 27), S. 153.
36 Für die Klärung der genealogischen Zusammenhänge der Familien Otten und Theissing danke ich
Herrn Hans König, Darme.
37 Die beiden Sandsteintafeln befinden sich heute in Zweitverwendung in einem Haus an der
Papenstraße; zur Deutung der Initialen siehe Norbert Tandecki und Reinhard Cloppenburg (Bearb.),
Status Animarum 1749 in den Kirchspielen Emsbüren, Salzbergen und Schepsdorf (Beiträge zur
Emsländischen und Bentheimer Familienforschung Band 3, Teilband 3). Sögel 1995, S. 85.
38 Um diese Zeit erscheinen solche Wappenfelder mit Initialen auch 1702 am Speicher des Hofes
Gansfort in der Bauerschaft Drievorden, die ebenfalls zum alten Kirchspiel Emsbüren gehörte.
Wie beim Haus Allering in Salzbergen lautet dort die Inschrift: ARBEITET FLEISIGH VND HANDELT
VPRICHTIG VND BETET ANDECHTIG SO HILFET DICH GODT ALEMECHTIG DEN 16 MERTEN
ANNO 1702. Ferner befanden sich Initialen in Wappenfeldern am 1736 erbauten Backhaus des
Hofes Hemelt in Mehringen, siehe Wellmann (wie Anm. 4), S. 160.
39 Tenfelde (wie Anm. 18), S. 547.
40 Zur Identifizierung der Initialen siehe Tandecki/Cloppenburg (wie Anm. 37), S. 75.
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41 Auch im Raum Meppen ist das IHS-Symbol als Segenszeichen auf den Konsolen unter dem
Luchtbalken oder an Balken im Wohnteil der Bauernhäuser nachweisbar.
42 Josef Tiesmeyer, Bilder der Heimat. Lingen 1912, S. 23.
43 Bernhard Lau, Fest 375 Jahre St. Georg Schützenverein Thuine 1614–1989. Thuine 1989, S. 29–31.
44 Siehe den Beitrag von Sebastian Kulling in diesem Jahrbuch.
45 Eine detaillierte Zusammenstellung würde den Rahmen dieses Beitrags sprengen.
46 Eine umfassende Übersicht zu diesem Thema bietet Joachim Kleinmanns, Wappen, Reiter, fromme
Sprüche. Bemalte Fensterscheiben in Westfalen. Detmold 1997.
47 Otto Lauffer, Niederdeutsches Bauernleben in Glasbildern der neueren Jahrhunderte. Berlin und
Leipzig 1936.
48 Friedrich Hilkenbach, Etwas über Fensterbierscheiben aus dem Kreise Lingen. In: Kivelingszeitung
1937, S. 5.
49 Holger Lemmermann, Auf dem freien Hümmling. Ländliches Leben in vier Jahrhunderten (1530–
1870). Sögel 1995, S. 55.
50 Johann Georg Kohl, Reisen durch das weite Land. Nordwestdeutsche Skizzen 1864. Herausgegeben
von Geert Demarest. Berlin 1990, S. 278.
51 Ernst Simme, Die Kapelle in Höven. In: Jahrbuch des Emsländischen Heimatvereins 7, 1960,
S. 31–40.
52 Heute in Privatbesitz in Handrup.
53 Scheibe im Emslandmuseum Lingen.
54 Mehrere Stücke im Emslandmuseum Lingen.
55 Franz Jostes, Westfälisches Trachtenbuch. Münster 1904, 2. Aufl. 1961, S. 240.
56 Scheiben aus Werlte sind abgebildet bei Lemmermann (wie Anm. 49), S. 55. Eine weitere Scheibe
aus Werlte mit einem Reiter und einem Sinnspruch befindet sich heute in Privatbesitz in Haselünne.
57 Horstmann (wie Anm. 11), S. 101.
58 Alter Privatbesitz in Spahnharrenstätte.
59 Eine ganze Anzahl von Fensterbierscheiben aus Lengerich befindet sich im Falkenhof-Museum
der Stadt Rheine. Sie wurden aus einer Privatsammlung erworben und sind seit der Neugestaltung
des Museums 2003 magaziniert. Abbildung in: Das alte Kirchspiel Lengerich – Bilder erzählen
aus vergangenen Tagen. Horb am Neckar 1990, S. 82.
60 Die Belege aus Beesten und Plantlünne sind abgebildet bei Franz Barth, „Wer christlich handelt
in der Welt, hat selten großes Gut noch Geld“. 250jährige bunte Glasscheiben – Dokumente eines
sinnvollen Brauchtums. In: Lingener Tagespost, Ausgabe vom 16. Oktober 1976. Die Scheiben
befanden sich damals in der Sammlung von Pfarrer Josef Gockel in Andervenne. Ihr heutiger
Standort ist unbekannt.
61 Zu den Fensterbierscheiben in der Grafschaft Bentheim siehe Rainer Marggraf: Glasmalerei des
18. Jahrhunderts in Bauernhäusern der Niedergrafschaft. In: Jahrbuch des Heimatvereins der
Grafschaft Bentheim 1975, S. 131–140; Walter Höltken, Fensterbier und Fensterbierscheiben. In:
Bentheimer Jahrbuch 1982, S. 129–134.
62 Lauffer (wie Anm. 47), S. 37–39; Horstmann (wie Anm. 10).
63 Walter Borchers, Kostbarkeiten des Emslandes aus öffentlichem und privatem Besitz. Ausstellungskatalog
Städtisches Museum Osnabrück 1968, S. 28, Nr. 80 und Tafel 28.
64 Genealogie Pinninck. Genealogische Zusammenstellung im Archiv des Emslandmuseums Lingen.
65 Seine Schwester Maria Pinninck heiratete laut der Genealogie Pinninck am gleichen Tage in
Lingen einen Cornelius Boncamp.
66 Rudolf vom Bruch, Die Rittersitze des Emslandes. Münster 1962, S. 123.
67 Das Pinnincksche Wappen erscheint übrigens auch auf dem silbernen Vogel, den Adrian Pinninck
1644 für die Königskette des Schützenvereins Altenlingen gestiftet hat, sowie auf einer Königsplakette,
die an die Regentschaft Heinrich Pinnincks bei den Altenlingener Schützen im gleichen Jahr
1644 erinnert.
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68 Dirk-Arnold Wittop-Koning, Bronzemörser (Monographien zur pharmazeutischen Kulturgeschichte
4). Frankfurt a.M. 1975. Zahlreiche norddeutsche Beispiele enthält auch die umfangreiche private
Mörsersammlung von Ernst Genz, dokumentiert bei B. Dubbe, Die Mörsersammlung Ernst Genz.
1.000 Mörser aus 10 Jahrhunderten. Berg am Starnberger See 1993.
69 Speziell zu den norddeutschen Mörsern siehe Wolfgang Hömberg, Der norddeutsche Bronzemörser
im Zeitalter von Gotik und Renaissance. Stuttgart 1983.
70 Hömberg (wie Anm. 69), S. 136–239.
71 Hans Jürgen Warnecke, Die Familie Danckelmann. In: Wilfried Ehbrecht (Hrsg.), Lingen 975–
1975. Zur Genese eines Stadtprofils. Lingen (Ems) 1975, S. 115–144; Stammbaum der Familie
Danckelmann, zusammengestellt von Hans Jürgen Warnecke, im Archiv des Emslandmuseums
Lingen.
72 Dirk Arnold Wittop-Koning, Nederlandse vijzels. Weert 1989, S. 51–53.
73 Walter Tenfelde, Die Goldschmiede Lingens – Ihr Leben und ihre Arbeit. Lingen (Ems) 1979,
S. 123.
74 Roswitha Poppe, Bau- und Kunstdenkmäler des Kreises Meppen, Nr. 53, S. 83; Hermann Prenger
(Bearb.), St.-Nikolaus-Kirche Groß Hesepe. Aus der Vergangenheit Hasba-Hesepe. Groß Hesepe
1989, S. 38–40.
75 Der Kranich gilt auch als Symbol der Wachsamkeit. Nach dem Volksglauben stellen die Kraniche,
wenn sie sich auf ihrem Zuge niederlassen, Wachen auf, die in ihrem erhobenen Fuß einen Stein
halten. Wenn einer der Wächter vor Müdigkeit einschläft, fällt der Stein nieder und er erwacht
wieder. Reinhard Bojer, Emsländische Heimatkunde im Nationalsozialismus, Bd. 2. Lingen 2005,
S. 56–58; zitiert nach der Ems-Zeitung, Beilage „Mein Emsland“, Nr. 7, 17.5.1936, Ein alter
emsländischer Straßenknotenpunkt.
76 Für die genealogischen Angaben zur Familie Plagge-Kranepohl danke ich Herrn Martin Koers.
77 Gertrud Stolte-Adelt, Wegbilder der Barockzeit im Münsterland. Ein Beitrag zur Geschichte der
volkstümlichen Plastik Westfalens. Wattenscheid 1936; Andreas Eiynck (Hrsg.), Kreuze, Klusen,
Wegebilder. Sakrale Kleindenkmäler im Südlichen Emsland. Lingen (Ems) 2010, S. 18–22.
78 Aloys Kohstall, Die katholische Pfarrgemeinde Salzbergen (Der Kreis Lingen in Wort und Bild,
Bd. 1). Lingen 1969, S. 73–74.
79 Dietrich Steilen, Norddeutsche Grabmalskunst. Bremen 1938; Wolfgang Runge, Sprechende Steine.
Grabstelen im Oldenburger Land von 1600 bis 1800. Oldenburg 1979; Claudia Bei der Wierden,
Erinnerungszeichen. Historische Grabmäler zwischen Elbe und Weser (1231–1900). Stade 2005.
80 Inge Dlugay, Der alte Friedhof zu Lingen-Ems. In: Lingener Heimatkalender auf das Jahr 1954,
S. 74–89, hier S. 78–80.
81 Walter Tenfelde, Die Grabplatten der Stadt Lingen. Eine familiengeschichtliche Abhandlung.
Lingen-Ems 1950.
82 Auf einer Reihe der Grabplatten befinden sich „Umwidmungen“ mit den Namen der später
Bestatteten sowie den entsprechenden Hausnummern, während die älteren Inschriften weggemeißelt
wurden.
83 Tenfelde (wie Anm. 81), S. 16–18; mit den späteren Besitzern der Grabstätte, der Kaufmannsfamilie
Huilmann, haben Marke und Inschrift wohl nichts zu tun, auch wenn in späterer Zeit der
Namenszug DIRK HUILMAN geschickt in die Grabplatte eingefügt wurde.
84 Tenfelde (wie Anm. 9), S. 98, Nr. 13. Unklar bleibt allerdings, ob dort ein Ehepaar Dreesmann
oder die in der leider nur fragmentarisch erhaltenen Grabinschrift erwähnte „Juffer Dreesmann“
mit dem Wappen ihrer Eltern verewigt wurde.
85 Reinhard Karrenbrock, Zwei Generationen westfälischer Bildhauer – Heinrich Meiering – Bernd
Meiering – Bildwerke des 17. Jahrhunderts aus dem Oldenburger Münsterland, Emsland, Osnabrücker
Land. Cloppenburg 1992, S.188–189.
86 Andreas Eiynck und Albert Finke, Hof- und Feldkreuze im Kirchspiel Rhede. In: Jahrbuch des
Emsländischen Heimatbundes 56, 2010, S, 157–180.
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