Boundary Waters - Explore Minnesota

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Boundary Waters - Explore Minnesota
minnesota/USA
Die „Boundary Waters“
im US-Bundesstaat Minnesota bieten Wildnis pur
und einen Fischbestand
wie vor 100 Jahren. Lars
Berding hat dieses einmalige Refugium mit dem
Kanu bereist.
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minnesota/USA
Mit dem Kanu durch die Wildnis Nordamerikas - Abenteuer pur in einer atemberaubenden
Naturkulisse. Nur an den von Rangern eingerichteten „Camp-Sites“ darf angelegt und
übernachtet werden. Die Seeadler haben uns
dabei ständig im Blick.
D
en Maßanzug und sein klimatisiertes Büro hat Chris für ein
paar Tage eingetauscht und
sitzt nun in bester Outdoorkleidung
vor mir im Kanu. Immer im gleichen
Rhythmus durchpflügt sein Paddel die
glasklaren Fluten dieses namenlosen
Sees. Zwischen die Beine hat er seine
Angel gestellt, an der er einen Wobbler
schleppt.
Chris ist Manager bei Volkswagen-USA.
Ab und an flüchtet er aus seinem
stressigen Alltag hier in die „Boundary
Waters“ - die Grenzgewässer – von
Minnesota (www.exploreminnesota.
com), direkt an der amerikanisch-kanadischen Grenze gelegen.
Diese unendlich erscheinende Seenlandschaft ist nahezu ausschließlich mit
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dem Kanu befahrbar. Den ganzen Morgen haben wir weder Motoren hören
noch sonstige Anzeichen menschlicher
Errungenschaften entdecken können.
Zivilisationslärm ist hier Fehlanzeige.
Wir befinden uns in einem Wildnisreservat. Nicht Natur- oder Nationalpark, nein, Wildnis.
Hier, in der BWCA, der „Boundary
Waters Canoe Area, dürfen selbst
die Ranger – oder Mounties – je nach
dem, ob man sich nun gerade auf kanadischem oder US-Territorium befindet,
nicht einmal Kettensägen benutzen.
Nichts soll hier die Ruhe stören.
Keine Häuser, kein Handynetz, kein
Strom! Und rund um uns herum nichts
als Wasser und kleine Inseln mit Birken
und Pinien, auf deren Wipfeln Seeadler
brüten. Was für eine Kulisse!
So von der Zivilisation in Ruhe gelassen,
beherbergt dieses einmalige Refugium
einen Fischbestand, den ich kaum in
Worte fassen kann.
Seeforellen, Whitefish (Renken) über
Karpfenartige („Sucker“) bis hin zu
vielen Barschartigen und Hechten tummeln sich hier unzählige Spezies in Massen. Ein Paradies für jeden Sportfischer.
Hinter mir im Kanu sitzt Blayne. Er ist
professioneller „Outfitter“ – zu deutsch
Ausstatter.
Bei ihm bekommt man vom Kanu,
Zelt, Schlafsack und Kochgeschirr bis
zur Trockennahrung alles, was für eine
Expedition in diese außergewöhnliche
Wildnis notwendig ist (www.williamsandhall.com).
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Foto oben: Neben dem
Schleppfischen sind Spinnund Vertikalangeln erfolgreiche Methoden. Als Köder
haben sich alle gängigen
Kunstvarianten sowie Blutegel
(Leeches) bewährt.
Foto links: Neben den robusten Aluminium-Kanus sind
leichte Modelle aus
Kevlar sehr
beliebt.
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Die Anzahl der zugelassenen Kanus ist
reglementiert. Dank dieser strengen
Vorschriften ist gewährleistet, dass
die Region nicht zu einem Massentourismusziel wird und dadurch Gefahr
läuft, den ursprünglichen Charakter zu
verlieren.
Im Normalfall dauern die bei Blayne
gebuchten Kanutouren etwa eine
Woche und haben dann den Charakter eines echten Survival-Abenteuers.
Ich habe leider nur einen Tag Zeit, um
dieses Paradies kennenzulernen.
fische lassen sich einfach die
in die M äuler treiben
Nahrung
Ganz hoch im Kurs steht bei den
Amis die Jagd auf nahezu alle Vertreter der Barschfamilie. Der Glasaugenbarsch (Walleye) ist ein naher
Verwandter unserer Zander und ein
hochgeschätzter Speisefisch. Er ist
jedoch kleinwüchsiger als unsere europäischen Vertreter.
Beliebte Sportfische sind der
Schwarzbarsch (Smallmouth Bass) und der
Forellenbarsch
(Largemouth
Bass). Beide
Spezies werden mehrere
Kilogramm
schwer und
sind exzellente
Kämp-
Chris hat diesen prächtigen
Schwarzbarsch (Smallmouth Bass)
zwischen versunkenen Bäumen
mit einem Blutegel am Jigkopf
überlisten können.
fer an den hier gerne gefischten kurzen
und leichten Spinnruten.
Wir haben als Köder ein paar Blutegel
(Leeches) mit an Bord. Das Anködern
und die Montage sind simpel. Einfach
einen Wurmhaken kurz oberhalb des
Saugers am Körperende durchstechen,
drei, vier Bleischrote etwa 30 Zentimeter darüber auf die Sehne ziehen, fertig.
Im Gegensatz zu einem Tauwurm halten die Köder prächtig am Haken und
spielen auch nach längerer Zeit noch
verführerisch im Wasser.
An einem Auslauf zu einem weiteren
See können wir hunderte „Sucker“
beobachten, wie sie sich stur in der
relativ starken Strömung stehend einfach die Nahrung in ihre Mäuler treiben
lassen.
Wir versuchen es mangels echter
Karpfenköder mit unseren Blutegeln,
haben jedoch damit keinen Erfolg.
Chris rät mir daraufhin, einen kleinen
Gumpen mit Kehrwasser abzufischen.
Ich montiere ein zusätzliches Bleischrot
auf die 0,20er Monofile und schlenze
meinen Köder so präzise wie es mir
von dem doch recht wackligen Kanu
nur möglich ist in die angezeigte Richtung.
Absinken lassen und dann ganz sachte
einkurbeln oder einfach die Rutenspitze anheben, so rät mir Chris.
Rumms! Mit einem angeblich üblichen
sachtem Attackieren des Köders hatte
das nun wirklich nichts gemeinsam. Ehe
ich mich richtig auf den Drill konzentrieren kann, hat mir mein Gegenüber
schon einige Meter Schnur von der
kleinen tausender Stationärrolle gezogen. Ich bin begeistert!
Der Drill zieht sich, auch deshalb, weil
das Fischen vom Kanu doch einiger
Gewöhnung meinerseits bedarf.
Schließlich gelingt es mir jedoch, einige
Meter gut zu machen und Chris ist es,
der den Largemouth kurze Zeit später
erfolgreich keschert. Toll!
Mein erster Forellenbarsch und
gleich so ein Prachtexemplar. Etwa
vier Pfund dürfte der wunderschön gezeichnete Fisch auf die
Waage bringen. Meine Mitstreiter heben die Daumen
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Die meisten Seen sind
zwar untereinander verbunden, mitunter müssen dennoch die Kanus
geschultert und um
Stromschnellen herum
zum nächsten Gewässer
verbracht werden. Jedes
Gramm der Ausrüstung
macht sich dann bemerkbar. Für einen Kanu-Trip
durch die Wildnis von
Minnesota sollte man deshalb körperlich in guter
Verfassung sein.
Wunderschöner Forellenbarsch (li.) und ordentlicher Walleye (unten).
Beide Spezies sind sehr
wohlschmeckend und
bereichern den Speiseplan
in der Wildnis.
und nicken wohlwollend. Der Fisch
gehört offensichtlich wohl schon zu den
größeren Exemplaren.
Zwei wackelige Fotos, die Chris dank
einiger Verrenkungen im Kanu irgendwie schießen kann, und Freund Fisch
darf wieder schwimmen.
Glückwunsch -K lopfen auf
die schmerzende Schulter
Nach weiteren zwei Stunden paddeln
entfernt sich aus meinen in dieser
Disziplin ungeübten Schultern langsam
das letzte Gefühl. Ich empfinde nicht
einmal mehr Schmerzen. Meine beiden
Mitstreiter sind offensichtlich etwas
geübter und lassen sich nichts anmerken.
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Und so bin ich froh, als Blayne die
Devise ausgibt, noch einen letzten
Versuch zu unternehmen, bevor wir
den Tag anglerisch beschließen wollen.
Ein letztes Mal versenke ich also meine einfache Blutegel-Montage in der
Nähe eines versunkenen Baumstammes,
den ich ohne Weiteres am etwa sechs
Meter tiefen Grund entdecken kann.
Nun, um es kurz zu machen: Der
erste Anhieb sitzt, und nach einigen
spannenden Fluchten ist es dieses Mal
Blayne, der gekonnt den Kescher unter
den prächtigen Walleye schiebt. Wow!
Ich bin begeistert. Noch viel stärker ist
jedoch die Freude bei meinen beiden
Mitpaddlern, die nicht müde werden
mir auf die schmerzende Schulter zu
klopfen.
Der Fisch misst über 25 Inches, knapp
65 Zentimeter, überschreitet damit
offensichtlich eine wohl magische Grenze und gilt somit als kapital.
Zumindest berichtet mir Blayne nach
ein paar aufgeregten Telefonaten am
Abend, dass es sich dabei um den bisher größten der noch jungen WalleyeSaison zu handeln scheint.
Über dem Tresen der Lodge entdecke
ich ein etwa gleich großes Präparat
mit poliertem Schild auf dem die Fangdaten eingraviert sind. Was für ein Tag!
Ursprünglicher und erlebnisreicher
kann Fischen einfach nicht sein.
Blayne und Chris waren tolle Wegbegleiter. Und auch wenn ihr landestypisches „You have to visit us again“
- Du musst uns wieder einmal besuchen
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Die Lodge der Outfitter Willimas & Hall ist der
letzte Vorposten der Zivilisation. Von hier aus starten
die Touren in die einzigartige Wildnis Minnesotas.
Die Saison für einen Kanu-Trip dauert von April bis in
den Oktober hinein. Der wunderschöne „Indian-Summer“ im Spätsommer/Frühherbst bietet eine atemberaubende Kulisse mit prächtigen Farben.
– eventuell eher als eine allgemein
übliche, freundliche Verabschiedung
ohne Tiefgang gemeint war: Ich werde
sie beim Wort nehmen!
Die BWCAW (Boundary Waters
Canoe Area Wilderness) liegt im
Grenzgebiet des US-Bundestaates Minnesota und der kanadischen Provinz
Ontario (Name in Kanada: „QueticoPark“).
Mehrere hundert, zum größten Teil
miteinander verbundene Seen bilden
diese einzigartige Wasserlandschaft.
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Bis auf sehr wenige Ausnahmen dürfen
lediglich nicht motorisierte Kanus als
Transportmittel eingesetzt werden.
Als Hauptsportfische gelten neben den
unterschiedlichen Salmonidenarten vor
allem der Schwarz- und der Forellenbarsch. Auch das Fischen auf Walleye
und Hecht ist sehr beliebt.
Die Sommersaison geht von Mai bis
September. Die Region ist jedoch auch
im Winter geöffnet.
Die „Outfitter“ bieten von der Grundausstattung an Leihgerät für einen
Kurztrip bis zum kompletten Guiding
für Gruppen jeden nur erdenklichen
Service an.
Weitere und ausführliche Informationen
sowie eine Internet-Linksammlung zu
dem WZR-Reiseziel können angefordert werden bei:
Great Lakes of North America
Schwarzbachstrasse 32
40822 Mettmann
Tel.: 02104-797451
Fax: 02104-912673
www.greatlakes.de
[email protected]
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