Impressum - EEN

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Impressum - EEN
Verband Türkischer Industrieller
und Unternehmer
Impressum
Bundesagentur für Außenwirtschaft
Agrippastraße 87-93, 50676 Köln
Tel.: 0221/2057-0, Fax: 0221/2057-275,
Internet: www.bfai.de
Ansprechpartnerin:
Ingeborg Kozel,
Tel.: 0221/20 57-365, E-Mail: [email protected]
Dr. Sven Klaiber (Recht)
Tel.: 0221/20 57-367
E-Mail: [email protected]
Verfasser: Necip C. Bagoglu bfai - Istanbul, Dr. Sven Klaiber bfai - Köln (Recht)
Redaktion: Ingeborg Kozel, Helge Feyer (Recht)
Bestell-Nr. 12304, ISBN 3-86643-499-5; Preis: 40,- Euro
Bundesverband der deutschen Industrie (BDI), Breite Str. 29, 10178 Berlin, E-Mail: [email protected], Internet: www.bdi.eu
Verband Türkischer Industrieller und Unternehmer (TÜSIAD), Vertretung in Deutschland, Märkisches Ufer 28, 10179 Berlin,
E-Mail: [email protected], Internet: www. tusiad.org
Alle Rechte vorbehalten.© Nachdruck - auch teilweise - nur mit vorheriger ausdrücklicher Genehmigung.
Trotz größtmöglicher Sorgfalt keine Haftung für den Inhalt.
Inhalt
3
Vorworte
Wirtschaftsstruktur und Chancen
9
Investitionsklima und -risiken
18
Nationale und internationale Investitionsförderung
30
Lohn- und Lohnnebenkosten
51
Immobilienmarkt
62
Preise für Wasser, Energie und Telekommunikation
74
Transport und Logistik
78
Niederlassungsrecht
88
Steuerrecht
95
Vorwort
Deutschland und Türkei - Partner in Europa
Im April 2007 ist die Türkei das "Partnerland" der HannoverMesse. Die Messe ist Treffpunkt für Politik und Wirtschaft sowie führendes Technologieforum. Sie bietet eine ausgezeichnete Plattform, um die Wirtschaftsbeziehungen zwischen der
Türkei und Deutschland weiter zu intensivieren sowie zur
Präsentation gegenüber einem internationalen Publikum.
Die Türkei ist ein Wachstumsmarkt in strategisch interessanter Lage. Es gibt gute Gründe, warum Deutschland und die
Türkei wirtschaftlich eng verflochten sind. Unternehmen
nutzen die Chancen, die in diesem EU-Kandidatenland liegen.
Die über Jahrzehnte aufgebauten Kontakte sowie die erfolgreich umgesetzten Vorhaben und Projekte deutscher Unternehmen bilden eine verlässliche Grundlage der Zusammenarbeit. Auch die engagierte Arbeit der Deutsch-Türkischen
Industrie- und Handelskammer in Istanbul trägt Früchte. Vor
allem aber weisen verbesserte unternehmerische Rahmenbedingungen für in- und ausländische Investoren in die richtige
Richtung. Dazu gehört auch die in den letzten Jahren erzielte
gesamtwirtschaftliche Stabilisierung der Türkei.
Unsere bilateralen Wirtschaftsbeziehungen geben Anlass zur Zufriedenheit - für beide Seiten. Die
deutschen Ausfuhren in die Türkei haben sich seit 1996 mehr als verdreifacht. Die türkischen Exporte
haben sich in den vergangenen zehn Jahren mehr als verdoppelt. Unser Warenaustausch erreichte
2006 einen Wert von über 24 Mrd. Euro. Ein positives Bild vermittelt auch der Blick auf Direktinvestitionen. Gegenwärtig arbeiten rund 2.500 Unternehmen mit deutscher Kapitalbeteiligung in der
Türkei. Unternehmen verschiedenster Branchen und aller Größenordnungen, die vor Ort Marktchancen nutzen und durch eine international optimierte Wertschöpfungskette ihre Wettbewerbsfähigkeit stärken.
Eine gute Bilanz ist aber kein Anlass, die Hände in den Schoß zu legen. In der Türkei gibt es weitere
Potenziale, die Unternehmen erschließen und in vollem Umfang nutzen können. Potenziale, die aufgrund des Wirtschaftswachstums entstehen. Potenziale, die sich durch notwendige Marktliberalisierungen und erfolgreich umzusetzende Privatisierungen eröffnen. Und Potenziale, die sich aus der europäischen Perspektive des Landes ergeben. Allein der weitere Auf- und Ausbau der Infrastruktur unter anderem für Energie, Verkehr, Telekommunikation und Umwelt - erfordert Investitionen in
zweistelliger Milliardenhöhe. Das bietet deutschen Unternehmen, die auf diesen Gebieten über
hervorragendes Know-how verfügen, interessante Geschäftsmöglichkeiten.
Der vorliegende Investitionsführer, den der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) gemeinsam mit dem türkischen Unternehmerverband TÜSIAD und in Zusammenarbeit mit der Bundesagentur für Außenwirtschaft (bfai) veröffentlicht, durchleuchtet den Standort Türkei. Er informiert über
Kennzahlen, Rahmenbedingungen und Stellgrößen, die für unternehmerische Investitionsentscheidungen grundlegend sind. Er verdeutlicht Herausforderungen und Chancen für Unternehmen, die
über ein Engagement in diesem Land nachdenken. Engagement zu eigenem Nutzen und Vorteil, und
zugleich zur weiteren Stärkung der deutsch-türkischen Partnerschaft in Europa.
Jürgen R. Thumann
Präsident
Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI)
Vorwort
Türkei und Deutschland - Vertiefung der Zusammenarbeit
Mit dem Investitionsführer Türkei, den wir in Zusammenarbeit
mit der Bundesagentur für Außenwirtschaft (bfai) und dem
Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) veröffentlichen,
beabsichtigen wir, deutschen Unternehmen und Institutionen,
die auf dem türkischen Markt tätig sein wollen, nützliche Informationen anzubieten.
TÜSIAD ist überzeugt davon, dass im Vorfeld des Beitrittsprozesses, wobei das Element Europäisierung in den Vordergrund
rückt, die Jahrhunderte alten ökonomischen, politischen und
freundschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und
der Türkei eine Veränderung und eine Vertiefung durchmachen. Die bilateralen ökonomischen Beziehungen, die nach
1996 mit dem Beitritt der Türkei in die Zollunion der Europäischen Union eine Steigerung erfuhren, verlassen nunmehr ihre
Natur, nur ökonomisch zu sein, und beginnen auch soziale,
politische und kulturelle Dimensionen zu beinhalten.
Bekanntlich ist Deutschland weltweit der wichtigste Handelspartner der Türkei, in der mehr als 800 deutsche Firmen direkt oder indirekt vertreten sind. Unser
Außenhandelsvolumen mit Deutschland liegt bei ca. 25 Milliarden Euro. Wenn wir aber die Handelsbeziehungen zwischen Deutschland und den Ländern betrachten, die 2004 der EU beigetreten sind,
ist davon auszugehen, dass die Zielsetzung, das Außenhandelsvolumen mit der Türkei in den nächsten 5 Jahren auf 50 Milliarden zu steigern, zu erreichen ist. Die Investitionen der in der Türkei tätigen
deutschen Investoren und der von ihnen produzierte Mehrwert sind ein anderer wichtiger Punkt.
Heute sind deutsche Unternehmen fast in jeder Wirtschaftsbranche in der Türkei existent. Diese erwähnten Handelsgrößen zeigen die Dynamik und das Potenzial der wirtschaftlichen Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern.
Schon vor Beginn der EU-Beitrittsverhandlungen war die Wirtschaft der Türkei im Rahmen des makroökonomischen Integrationsprogramms ohnehin in einen intensiven strukturellen Reformprozess
eingetreten. Aus diesem Grund hat unsere Wirtschaft, insbesondere in den Jahren 2002 bis 2006 in
Bezug auf die Annäherung an den europäischen Durchschnitt eine erhebliche Strecke zurückgelegt.
Auch der Entwicklungsbericht der EU über die Türkei weist darauf hin, dass die Marktwirtschaft in der
Türkei von der hohen Inflationsrate und den makroökonomischen Ungleichgewichtigkeiten befreit
wurde. Als eine seit längerer Zeit für die Weltmärkte offene und seit 1996 in der Zollunion mit der EU
funktionierende Marktwirtschaft schreitet die Türkei mit sicheren Schritten in Richtung zur Erreichung der Maastricht-Kriterien weiter voran.
In diesem Zusammenhang gewinnen die Tatsachen, dass einerseits die deutschen Investoren an den
sich liberalisierenden Infrastrukturbranchen wie Verkehr und Energie Interesse zeigen und andererseits die deutschen Investitionen sich insbesondere im Bereich Bau, Elektronik, Informatik und Umwelttechnologien intensivieren, bei der Entwicklung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit zwischen
beiden Ländern an Bedeutung.
Vorwort
TÜSIAD Deutschland Direktion, die ihre Tätigkeit im Jahre 2003 aufnahm, hat sich zum Ziel gesetzt,
die ökonomischen Beziehungen zwischen Deutschland, der größten Wirtschaft der EU und der Türkei
weiter zu entwickeln, und im EU-Beitrittsprozess der Türkei einen Beitrag in Deutschland zu leisten.
Abschließend sei betont, dass TÜSIAD als Vertreter der türkischen Geschäftswelt sich auch in Zukunft
bei ähnlichen Projekten, die der Entwicklung unserer bilateralen und vielfältigen Beziehungen zu
Deutschland dienen, beteiligen wird.
Arzuhan Dogan Yalçindag
Präsidentin
TÜSIAD
Erfolgreich investieren
in der Türkei
Wirtschaftsstruktur und Chancen
9
Wirtschaftsstruktur und Chancen
Türkei im globalen und regionalen Kontext
Mit einem Bruttoinlandsprodukt (BIP) von schätzungsweise 400,1 Mrd. US$ und einem ProKopf-Einkommen von 5.350 US$ im Jahre 2006 befindet sich die Türkei unter den 20 größten
Volkswirtschaften der Welt. Nach den Projektionen des nationalen Entwicklungsplans (2007 2013), der im Durchschnitt von einer jährlichen realen Zuwachsrate der Wirtschaft von 7,0%
ausgeht, soll das BIP im Jahre 2013 eine Höhe von 797,4 Mrd. US$ und das Pro-Kopf-Einkommen
10.099 US$ erreichen. Unter Zugrundelegung der Kaufkraftparitäten sagen die Planer für 2013
ein Pro-Kopf-Einkommen von gar 15.332 US$ voraus.
Die Politik der wirtschaftlichen Reformen in der Form von Liberalisierung und Deregulierung
des Marktes haben in Verbindung mit der Aufnahme der Beitrittsverhandlungen mit der EU in
den letzten Jahren zu einem spürbaren Aufschwung im Geschäftsleben geführt, wovon sämtliche Branchen profitieren. Die Modernisierung und Rationalisierung der Industrie schreitet zügig voran. Die internationale Wettbewerbsfähigkeit der türkischen Wirtschaft steigt. Die wirtschaftliche Entwicklung ist von einem steigenden Grad der Internationalisierung des Geschäftslebens und einer wachsenden Rolle des Privatsektors gekennzeichnet. Die Welle der Privatisierungen löst einen großen Zustrom internationalen Kapitals aus. Die ausländischen Direktinvestitionen zeigen eine starke Zunahme. Sie verdoppelten sich 2006 gegenüber dem Vorjahr auf 18,7 Mrd. US$. Die Integration der türkischen Volkswirtschaft mit der Weltwirtschaft
und vor allem mit der EU schreitet voran.
Etwa 44% des türkischen Außenhandels des Jahres 2006 erfolgte mit der EU, Deutschland ist dabei der wichtigste Wirtschaftspartner. Die seit 1996 geltende Zollunion mit der EU hat zum Ausbau des Warenverkehrs wesentlich beigetragen. Der bilaterale deutsch-türkische Warenaustausch steht im Zeichen des stetigen Wachstums der türkischen Wirtschaft von durchschnittlich real 7,0% pro Jahr. Er erreichte 2006 insgesamt 23,5 Mrd. Euro, darunter deutsche Lieferungen im Wert von 14,4 Mrd. Euro. Damit war Deutschland nach Russland und vor der VR China
zweitgrößter Warenlieferant. Deutschland spielt auch unter den ausländischen Investoren
eine führende Rolle, da deutsche Unternehmen die älteste ununterbrochene Präsenz im Lande
haben und hinsichtlich der Anzahl der Projekte an erster Stelle stehen.
Die Gesamtzahl der Firmen mit deutschem Kapital in der Türkei erreichte Anfang 2007 laut offizieller Statistik rund 2.500. Die vermehrten Geschäfts- und Investitionschancen locken immer
mehr deutsche Unternehmen in die Türkei. Die Betätigungsfelder sind vielseitig. Sie reichen
von der reinen Fertigung von Industrieerzeugnissen bis hin zur Eröffnung von Warenhäusern.
Hohes Wachstumspotenzial besitzen die Bereiche Fahrzeugbau, einschließlich Kfz-Teile, -Komponenten und -Zubehör, des weiteren Bauzulieferindustrien, Transport und Logistik, Einzelhandel, Lebensmittelverarbeitung, Energietechnik, Elektrotechnik, Umwelttechnik und Automatisierungstechnik im weitesten Sinne.
Erfolgreich investieren
in der Türkei
10
Wirtschaftsstruktur und Chancen
Eine Kombination von mehreren Faktoren macht die Türkei zu einem interessanten Standort
für wirtschaftliche Engagements. Allein die Größe des Marktes mit rund 73 Mio. Einwohnern ist
bei wachsender Bevölkerung und Kaufkraft ein wichtiges Argument für den Standort. Etwa 50%
der Türken sind jünger als 25 Jahre. Der Anteil der Städter an der Gesamtbevölkerung ist mittlerweile auf zwei Drittel gestiegen. Die junge Bevölkerung und der dynamische Privatsektor beleben den Konsum und die Investitionen.
Mit der zunehmenden Integration der türkischen Wirtschaft in die EU verbessern sich auch die
langfristigen Kooperationsperspektiven für europäische und deutsche Unternehmen im Land.
Die fortschreitende Harmonisierung der politischen, wirtschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen mit den EU-Richtlinien erhöhen in der Geschäftswelt das Vertrauen in die
Stabilität und Berechenbarkeit der türkischen Wirtschaft und haben positive Auswirkungen
auf das Investitionsklima. Lohnkostenvorteile und längere Arbeitszeiten sind ebenso Argumente für den Investitionsstandort, wenn auch diese Vorteile mittelfristig an Bedeutung verlieren
werden.
Die Türkei ist außerdem als Standort für die Belieferung regionaler Märkte im Nahen Osten,
Kaukasus und in den zentralasiatischen GUS-Republiken geeignet. Türkische Vertragsunternehmen der Baubranche sind mit ihren langjährigen Auslandserfahrungen interessante Kooperationspartner für Infrastrukturprojekte im Nahen Osten und im GUS-Raum.
Der hohe Anteil der Schattenwirtschaft mit einem geschätzten Anteil von mindestens 40% der
gesamtwirtschaftlichen Leistung ist ein negativer Faktor des Standortes. Dieser Zustand führt
zu Wettbewerbsverzerrungen am Markt und behindert legale Produzenten und Investoren.
Auch die immer noch weitverbreitete Marken- und Produktpiraterie und die schwerfällige Bürokratie sind Erscheinungen, die sich ungünstig auf die Wirtschaftsentwicklung auswirken.
Einen weltweiten Überblick über bilaterale Freihandelsabkommen bietet die bfai-Publikation
"Bilaterale Freihandelsabkommen - eine Bestandsaufnahme", Erscheinungsjahr 2007, BestellNr. 12370, Preis: 25,00 Euro.
Sektorale Struktur
Der Anteil des Privatsektors an der Wertschöpfung beträgt rund 80%. Trotz der Bedeutung der
großen exportorientierten Unternehmen und großer staatlicher Betriebe sind Klein- und
Kleinstbetriebe die Stütze der türkischen Volkswirtschaft. Ihr Anteil an der Wertschöpfung im
verarbeitenden Gewerbe macht etwa 30% aus; zugleich kommen aus diesem Bereich etwa 60%
der Arbeitsplätze.
Wirtschaftsstruktur und Chancen
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Die Türkei vollzieht einen Wandel von einer agrarorientierten zu einer dienstleistungsorientierten Wirtschaft. Der Anteil des Dienstleistungssektors an der Bruttowertschöpfung macht
etwa 60% aus, der Anteil an der Beschäftigung etwa 40%. Knapp 30% der Beschäftigten sind noch
in der Landwirtschaft tätig, die trotz gesunkener Zahlen für die Beschäftigung nach wie vor
eine hohe Bedeutung hat.
Der Industriesektor ist die treibende Kraft der wirtschaftlichen Entwicklung. Die Kapazitäten
werden ausgebaut. Es entstehen zahlreiche neue Betriebe. Bestehende Produktionsanlagen
werden erweitert und modernisiert. Vor allem die Automobilindustrie, einschließlich der Zulieferindustrien, erlebte einen starken Aufschwung, währen die relative Bedeutung der Textilund Bekleidungsindustrie aufgrund der globalen Verschiebungen von Produktionsstandorten
in Billiglohnländer abnimmt.
Bedeutung der Wirtschaftssektoren
Sektor
Land- und Forstwirtschaft
Industrie
Bergbau/Rohstoffe
Produzierendes Gewerbe
Energie
Bauwirtschaft
Dienstleistungen
Handel und Tourismus
Transport u. Kommunikation
Finanzen/Versicherungen
Sonstige Bereiche
Anteil am
BIP (in %)
2000
14,1
23,3
1,1
19,2
3,0
5,2
38,0
20,0
14,2
3,8
19,4
Anteil am
BIP (in %)
2005
10,3
25,4
1,4
20,8
3,2
4,4
39,6
20,5
14,7
4,4
20,3
Anteil an den
Beschäftigten (in %)
2000
36,0
17,7
0,4
16,9
0,4
6,3
40,0
17,7
4,9
3,3
14,1
Anteil an den
Beschäftigten (in %)
2005
29,5
19,4
0,5
18,5
0,4
5,3
45,8
20,6
5,1
4,0
16,1
Quelle: Türkisches Statistikamt - Türkiye Istatistik Kurumu (TÜIK), Ankara
Der Anteil der arbeitsfähigen Bevölkerung an der gesamten Bevölkerung ist in den letzten Jahren gestiegen und wird gemäß den Prognosen im Zusammenhang mit der Alterspyramide der
Bevölkerung weiter steigen. Da das Bevölkerungswachstum, wenngleich es sich verlangsamt,
umfangreiche Mittel für die öffentliche Bildung erfordert, der Staat bedingt durch den Schuldendienst hier jedoch nicht ausreichend Mittel zur Verfügung stellen kann, besteht im Bildungsbereich ein erheblicher Nachholbedarf. Große Defizite bestehen vor allem auf dem Gebiet der Berufsausbildung. Auch die Aufwendungen für Forschung und Entwicklung sind unzureichend.
Erfolgreich investieren
in der Türkei
12
Wirtschaftsstruktur und Chancen
Informationen zu den größten Unternehmen der Türkei
Bei den umsatzstärksten Unternehmen handelt es sich im Wesentlichen um Firmen beziehungsweise Konzerne des Privatsektors mit ausländischer Kapitalbeteiligung. Die auf Platz 1
und 3 der Liste der größten 20 Unternehmen erscheinende Raffineriegesellschaft Tüpras und
Telekommunikationsgesellschaft Türk Telekom (TT) waren bis 2005 Staatsunternehmen und
wurden im genannten Jahr privatisiert. Tüpras befindet sich seitdem zu 51% im Besitz der KocShell-Gruppe. 55% von Türk Telekom wurden vom saudiarabisch-libanesischen Konzern Saudi
Oger Telecom übernommen.
Liste der TOP 20
Unternehmen/Konzern
Tüpras (www.tüpras.com.tr)
Petrol Ofisi (www.poas.com.tr)
Türk Telekom (www.turktelekom.com.tr)
Ford Otomotiv (www.ford.com.tr)
Turkcell (www.turkcell.com.tr)
Arcelik A.S. (www.arcelik.com.tr)
Shell Türkiye (www.shell.com.tr)
Opet Petrolculuk (www.opet.com.tr)
BP Türkiye (www.bp.com.tr)
Aygaz A.S. (www.aygaz.com.tr)
Enka Insaat (www.enka.com)
Toyota Otomotiv (www.toyotatr.com)
Elektrik Üretim A.S. 2) (www.euas.gov.tr)
Vestel Dis Ticaret (www.vestel.com.tr)
Eregli Demir Celik (www.erdemir.com.tr)
Oyak-Renault (www.renault.com.tr)
Migros (www.migros.com.tr)
Vestel Elektronik (www.vestel.com.tr)
Tofas Türk Otomobil (www.tofas.com.tr)
Dogus Otomotiv (www.dogusotomotiv.com.tr)
Wichtige Sparten/
Produktsegmente
Erdölraffinerie
Kraftstoffvertrieb
Telekommunikation
Kfz
Mobilfunk
Elektronik
Kraftstoffvertrieb
Kraftstoffvertrieb
Kraftstoffvertrieb
Flüssiggas/LPG
Bauwesen
Kfz
Stromerzeugung
Außenhandel
Eisen/Stahl
Kfz
Einzelhandel
Elektronik
Kfz
Kfz
1) gegenüber Vorjahr; 2) staatlich
Wechselkurs (Jahresdurchschnitt 2005): 1 Euro = 1,6695 TRY; 1 US$ = 1,3408 TRY
Quelle: Türkisches Wirtschaftsmagazin "Capital", Eigenrecherche
Umsatz 2005
(in Mio. TRY)
14.845
11.836
7.435
6.059
6.002
5.103
4.957
4.663
4.199
4.180
4.025
3.395
3.417
3.067
3.048
2.912
2.686
2.570
2.543
2.449
Veränd.
(in %) 1)
29,2
14,2
-2,4
9,0
20,2
4,0
27,9
11,1
15,9
10,4
40,5
1,2
9,3
0,3
-1,6
-12,2
18,1
6,4
-3,0
6,2
Wirtschaftsstruktur und Chancen
13
Regionale Struktur
Die regionale Aufteilung der industriellen Aktivitäten zeigt eine sehr unausgeglichene Struktur. Während in der nordwestlichen Marmara-Region mit dem industriellen Kerngebiet Istanbul-Kocaeli eine intensive Konzentration der Betriebe und der Produktion zu beobachten ist,
hält sich die Entwicklung in weiten Teilen Ostanatoliens und im Schwarzmeergebiet noch in
überschaubaren Grenzen.
In der Marmara-Region sind auch die Provinzen Bursa und Sakarya wichtige Industriestandorte. Izmir, Manisa und Denizli sind die bedeutendsten Zentren im ägäischen Raum. In der Mittelmeerregion sind Adana, Mersin sowie Antalya und in Zentralanatolien Ankara als die wichtigsten Industriezentren hervorzuheben. Die Mittelmeerprovinzen Antalya und Mugla gelten als
die wichtigsten Zentren der türkischen Tourismusindustrie mit zahlreichen Hotelbetrieben
und Jachthäfen.
In den letzten Jahren konnten jedoch auch in einigen Gebieten Zentralanatoliens und Südostanatoliens deutliche Fortschritte erzielt werden. Als Beispiele für eine positive Industrieentwicklung gelten die Provinzen Konya, Kayseri und Gaziantep, wo zahlreiche kleine und mittelständische Betriebe (zum Beispiel Maschinenbau) entstanden sind, die auch erfolgreich für den
Export produzieren. Die letzt verfügbaren offiziellen Zahlen zu den BIP pro Einwohner in den
einzelnen Provinzen stammen aus dem Jahre 2001.
Die Betriebe der stark expandierenden Kfz- und -Zulieferindustrie sind vor allem in den Provinzen Istanbul, Kocaeli (Izmit), Bursa, Sakarya (Adapazari) und Ankara angesiedelt, wie das Mercedes-Omnibuswerk in Hadimköy bei Istanbul, das Toyota-Werk in Adapazari, die M.A.N.-Omnibusfabrik bei Ankara und die Pkw-Fertigungsstätten von Renault und Fiat in Bursa. Die Textilund Bekleidungsindustrie arbeitet neben den nordwestlichen und westlichen Provinzen Istanbul, Izmir, Edirne, Bursa, Denizli, Afyon und Aydin auch in Süd- und Südostanatolien, wie in
Adana, Mersin, Hatay und Gaziantep. Die Standorte der chemischen Industrie, einschließlich
Petrochemie und Erdölraffinierung, sind vornehmlich Istanbul, Kocaeli und Izmir. Betriebe der
Elektrotechnik und Elektronik befinden sich mehrheitlich in Istanbul, Kocaeli, Manisa, Izmir
und Denizli. Der Maschinenbau ist in den Provinzen Istanbul, Ankara, Izmir, Manisa, Aydin,
Adana, Mersin und Konya verbreitet.
Erfolgreich investieren
in der Türkei
14
Wirtschaftsstruktur und Chancen
Bedeutung der Provinzen *)
Provinz
Kocaeli
Bolu
Kirklareli
Yalova
Mugla
Izmir
Istanbul
Zonguldak
Ankara
Kirikkale
Adana
BIP pro Kopf (in US$)
6.165
4.216
3.590
3.463
3.308
3.215
3.063
2.969
2.752
2.725
2.339
Anteile am gesamten BIP (in %)
4,6
0,6
0,8
0,5
1,5
7,6
21,5
0,9
7,7
0,5
2,9
*) letzt verfügbare Daten von 2001
Quelle: TÜIK, Ankara
Rolle des Staates in der Wirtschaft
Die Rolle des Staates in der türkischen Wirtschaft ist rückläufig. Es bestehen grundsätzlich keine Beschränkungen für die Tätigkeit privater Unternehmen. Nach türkischem Recht gegründete Firmen mit ausländischem Kapital nehmen gleichberechtigt mit türkischen Firmen am Wirtschaftsleben teil und werden nicht diskriminiert.
Die vom Internationalen Währungsfonds (IWF) mit großzügigen Krediten unterstützte Wirtschaftspolitik der türkischen Regierung zielt darauf ab, den Anteil des öffentlichen Sektors weiter zu senken. Zu diesem Zweck wurden bereits im Jahre 2002 wichtige Gesetze zur Liberalisierung des Energie- und Telekommunikationsmarktes in Kraft gesetzt und Deregulierungsmaßnahmen ergriffen. In diesem Zusammenhang wurden Regulierungsbehörden ins Leben gerufen, die für die Marktaufsicht und die Einhaltung von Wettbewerbsregeln zuständig sind. Mit
dieser Politik der Marktöffnung soll sowohl die Produktivität und Effizienz in den Betrieben und
somit in der Gesamtwirtschaft erhöht wie auch die stark verschuldeten öffentlichen Haushalte
entlastet werden.
Die Ausweitung der Betätigungsfelder für den Privatsektor erfolgt über die Privatisierung von
Staatsunternehmen und die Vergabe von Betriebskonzessionen beziehungsweise -lizenzen unter anderem im Rahmen von sogenannten Betreibermodellen zum Beispiel nach BOT (BuildOperate-Transfer). Auf dem Gebiet der Privatisierung von Staatsbetrieben wurden insbesondere
ab dem Jahre 2005 große Erfolge verbucht, indem größere Staatsunternehmen, die schon seit
langem auf der Privatisierungsliste standen, jedoch aus unterschiedlichen politischen und
rechtlichen Gründen nicht veräußert werden konnten, an private Investoren übertragen wurden. Dazu zählen der Telekommunikationskonzern Türk Telekom (TT), die Erdölraffineriegesellschaft Tüpras und der Stahlkonzern Erdemir. Die für Anfang 2007 geplante Privatisierung der
Elektrizitätsverteilungsnetze wurde zunächst verschoben. Die Privatisierung des Petrochemiekonzerns Petkim wurde nach zwei erfolglosen Anläufen im März 2007 erneut ausgeschrieben.
Wirtschaftsstruktur und Chancen
15
Bei den Betreibermodellen geht es vor allem um die Einbeziehung des Privatsektors in große öffentliche Infrastrukturprojekte. Insbesondere der Verkehrs- und Transportsektor bietet hier
gute Chancen. Die großen Flughäfen des Landes werden mittlerweile im Rahmen von BOT-Modellen von privaten Konsortien betrieben. Ähnliche Projekte werden für die Seehäfen vorangetrieben. Mehrere Betriebskonzessionen wurden auch im Elektrizitäts- und Erdgasbereich vergeben. Für den Eisenbahnsektor befinden sich PPP-Projekte (Public Private Partnership) in der
Planung.
Außenhandel
Das chronische Defizit in der Handelsbilanz ist in erster Linie auf die Strukturschwäche der türkischen Industrie zurückzuführen. Wegen der hohen Importabhängigkeit der lokalen Industrie, insbesondere bei der Versorgung mit Rohmaterialien und Halbwaren, führt höheres Wirtschaftswachstum in der Form von gesteigerter Industrieerzeugung zu einer übermäßigen Zunahme der Einfuhren mit tendenzieller Ausweitung des Fehlbetrags in der Handelsbilanz. Die
Politik der starken Lira und die damit verbundene Verbilligung der Importe haben in den letzten Jahren zur Ausuferung des Außenhandelsdefizits ebenso beigetragen.
Die allgemeine Verbilligung der Importe und die zunehmende fernöstliche Konkurrenz wird
von der einheimischen Industrie als eine Bedrohung der Existenz empfunden. Vor allem kleine
und mittelständische Zulieferbetriebe im Inland, die Halbfertigwaren für die industriellen Endabnehmer herstellen, werden zunehmend von der Importkonkurrenz bedrängt. Mit dem zunehmenden Fehlbetrag in der Handelsbilanz zeigt auch das Defizit in der Leistungsbilanz einen
steigenden Trend, so dass die Türkei zum Ausgleich des Fehlbetrages beziehungsweise zur Finanzierung der notwendigen hohen Investitionen in die Industrie und Infrastruktur in hohem
Maße auf Kapitaleinfuhren in der Form von ausländischen Investitionen angewiesen ist.
Die türkischen Importe bestehen in erster Linie aus Investitionsgütern, die von der Industrie
nachgefragt werden. Maschinen, Anlagen und Kraftfahrzeuge unter der SITC-Kategorie 7 bildeten 2006 den größten Einfuhrposten, gefolgt von Brennstoffen (SITC-3), Vorerzeugnissen
(SITC-6) und Erzeugnissen der chemischen Industrie (SITC-5). Wegen der fast totalen Importabhängigkeit bei Kohlenwasserstoffen stellen höhere Erdöl- und -gaspreise auf den internationalen Märkten eine große Belastung für die türkische Handelsbilanz dar.
Deutschland war 2006 nach Russland zweitgrößter Lieferant der Türkei. Die Spitzenreiter unter
den deutschen Ausfuhren in die Türkei sind die Branchen Maschinenbau, Fahrzeugbau und
Chemie. Zahlreiche deutsche Hersteller beliefern die aufstrebende türkische Industrie mit modernen Technologien und Ausrüstungen, die zur Stärkung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der Produktionsbetriebe benötigt werden. Die steigende Bedeutung Russlands im türkischen Außenhandel ist vor allem mit den zunehmenden Erdgaslieferungen bei gleichzeitig
steigenden Preisen zu erklären. Auch die Bedeutung der VR China als Lieferant wächst stetig.
Der Wettbewerb am Markt wird zusehends schärfer. Laut Projektionen im nationalen Entwicklungsplan (2007 - 2013) werden die türkischen Importe im Jahre 2013 eine Höhe von 275 Mrd.
US$ erreichen.
Erfolgreich investieren
in der Türkei
16
Wirtschaftsstruktur und Chancen
Einfuhr nach wichtigen Warengruppen (in Mio. US$; Veränderung gegenüber dem Vorjahr in %)
SITC Warengruppe
0-9 Insgesamt
0 Nahrungsmittel/lebende Tiere
.28 Metallische Erze
.33 Erdöl
5 Chemische Erzeugnisse
.51/52 Chemikalien
.53 Farben/Lacke
.54 Arzneimittel
.55 Waschmittel/Kosmetika
.57 Kunststoffe (Primärform)
.58 Kunststoffe (Halbwaren)
6 Vorerzeugnisse
.64 Papier/Pappe
.65 Textilien
.66 Baustoffe/Glas/Keramik
.67 Eisen/Stahl
.68 NE-Metalle
7 Maschinen und Fahrzeuge
.71 Kraftmaschinen
.72 Arbeitsmaschinen
.73 Metallbearbeitungsmaschinen
.74 Spezialmaschinen
.71-74 Maschinen
.75 Büromaschinen/EDV
.76 Nachrichtentechnik/Radio/TV
.77 Elektrische Maschinen
.78 Straßenfahrzeuge
.79 Schienen-, Wasser-, Luftfahrzeuge
8 Fertigerzeugnisse
.82 Möbel
.84 Bekleidung
.87 Mess- und Regeltechnik
.88 Feinmechanik / Optik
Quelle: TÜIK, Ankara
2004
97.540
1.818
3.351
8.636
14.211
3.466
1.027
3.035
661
3.592
634
16.523
1.498
4.170
687
5.325
2.239
33.704
2.929
4.510
964
3.761
12.164
1.766
2.501
5.459
10.108
1.707
5.354
283
651
1.305
525
2005
116.774
1.616
3.601
12.412
16.439
4.064
1.121
3.184
752
4.468
716
19.990
1.738
4.441
969
6.747
3.006
38.028
3.647
5.181
1.205
4.470
14.503
2.465
2.971
6.153
10.379
1.558
6.706
365
788
1.681
594
2006
137.321
1.717
4.482
16.439
18.241
4.264
1.278
3.321
874
5.314
848
24.567
1.994
4.657
1.358
7.979
4.810
41.832
3.905
5.708
1.452
5.551
16.616
2.769
3.367
6.901
11.061
1.119
7.880
513
1.095
1.783
602
2006/05
17,6
6,3
24,5
32,4
11,0
4,9
14,0
4,3
16,2
18,9
18,4
22,9
14,7
4,9
40,1
18,3
60,0
10,0
7,1
10,2
20,5
24,2
14,6
12,3
13,3
12,2
6,6
-28,2
17,5
40,5
39,0
6,1
1,3
Wirtschaftsstruktur und Chancen
17
Etwa 90% der türkischen Ausfuhren bestehen aus verarbeiteten Industrieerzeugnissen. Die
einst wichtigen Agrarprodukte spielen heute innerhalb des gesamten Exportvolumens eine
nur noch untergeordnete Rolle. Auch auf der Exportseite waren 2006 Maschinen und Fahrzeuge (SITC-7) der größte Lieferposten, dicht gefolgt von Vorerzeugnissen (SITC-6) und Fertigerzeugnissen (SITC-8). Gemäß Projektionen im Entwicklungsplan werden die türkischen Exporte
im Jahre 2013 eine Höhe von 210 Mrd. US$ erreichen.
Deutschland war 2006 mit großem Abstand erster Abnehmer türkischer Exportprodukte. Weitere wichtige Abnehmer waren Großbritannien, Italien, Frankreich, die USA, Spanien und Russland. Unter den Nachbarländern in der Region waren Irak, Russland und Rumänien von Bedeutung. Auch die Lieferungen in die Nachbarstaaten der Region, wie Irak, Israel und Bulgarien
werden ausgebaut.
Ausfuhr nach wichtigen Warengruppen (in Mio. US$; Veränderung gegenüber dem Vorjahr in %)
SITC Warengruppe
0-9 Insgesamt
.28 Metallische Erze
.33 Erdöl
5 Chemische Erzeugnisse
.54 Arzneimittel
6 Vorerzeugnisse
.64 Papier/Pappe
.65 Textilien
.67 Eisen/Stahl
.68 NE-Metalle
7 Maschinen und Fahrzeuge
.71 Kraftmaschinen
.72 Arbeitsmaschinen
.73 Metallbearbeitungsmaschinen
.74 Spezialmaschinen
.71-74 Maschinen
.75 Büromaschinen / EDV
.76 Nachrichtentechnik / Radio/TV
.77 Elektrische Maschinen
.78 Straßenfahrzeuge
.79 Schienen-, Wasser-, Luftfahrzeuge
8 Fertigerzeugnisse
.84 Bekleidung
.87 Mess- und Regeltechnik
Quelle: TÜIK, Ankara
2004
63.167
300
1.111
2.566
289
18.633
462
6.428
6.050
664
18.275
1.088
818
220
1.150
3.276
52
2.859
2.756
8.148
1.184
14.763
11.193
135
2005
73.476
411
2.027
3.061
317
20.409
560
7.076
5.827
917
21.609
1.378
1.089
308
1.395
4.170
69
3.119
3.292
9.429
1.530
16.051
11.833
152
2006
85.279
765
3.260
3.917
353
23.822
599
7.581
7.233
1.445
26.220
1.693
1.308
420
1.712
5.133
88
3.034
4.563
11.729
1.674
16.729
12.046
195
2006/05
16,1
86,1
60,8
28,0
11,4
16,7
7,0
7,1
24,1
57,6
21,3
22,9
20,1
36,4
22,7
23,1
27,5
-2,7
38,6
24,4
9,4
4,2
1,8
28,3
Erfolgreich investieren
in der Türkei
18
Investitionsklima und -risiken
Investitionsklima und -risiken
Investitionsklima
Die wirtschaftliche und politische Stabilität in der Türkei ist nach der Überwindung der schweren Wirtschaftskrise 2001 in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Die mit Unterstützung des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der EU durchgeführten Strukturreformen
zur Liberalisierung und Deregulierung des Marktes führten zu einem verstärkten Vertrauen
der internationalen Geschäftswelt, was insbesondere ab dem Jahr 2005 zu einem spürbaren
und sprunghaften Anstieg der ausländischen Direktinvestitionen beitrug. Vor allem die Deregulierung der Märkte in den Bereichen Energie und Telekommunikation bewirkten eine intensive Projekttätigkeit mit wachsendem internationalen Engagement.
Auch die langfristigen Perspektiven des EU-Beitritts nach der Aufnahme der Beitrittsverhandlungen im Oktober 2005 tragen zur Verbesserung des Investitionsklimas bei. Mit der zunehmenden Integration der türkischen Wirtschaft in die EU verbessern sich die Kooperationsperspektiven für europäische Firmen. Die fortschreitende Harmonisierung der politischen, wirtschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen mit den EU-Richtlinien sorgen in der Geschäftswelt für höheres Vertrauen in die Stabilität sowie Berechenbarkeit der türkischen Wirtschaft und haben positive Auswirkungen auf Investitionsentscheidungen. Auf der Rangliste
des AT Kearney FDI Confidence Index (www.atkearney.com) konnte die Türkei ihre Stellung bezüglich des Vertrauens internationaler Investoren von Platz 29 im Jahr 2004 auf Platz 13 im Jahr
2005 deutlich verbessern.
Die über fast drei Jahrzehnte lang zwischen 50% und 100% verharrende chronisch hohe Jahresinflation konnte dank einer restriktiven Geld- und Haushaltspolitik bis 2006 auf rund 10% gesenkt werden. Die Lage des Staatshaushalts hat sich in den letzten Jahren spürbar verbessert.
Der Anteil des Haushaltsdefizits am Bruttoinlandsprodukt (BIP) lag 2005 bei 2,0% und wird 2006
voraussichtlich unter 1,0% sinken. Nach den Vereinbarungen mit dem IWF im Rahmen des Beistandsabkommens (2005 bis 2007) müssen die öffentlichen Haushalte der Türkei jährlich einen
Primärüberschuss (Haushaltsüberschuss ohne Berücksichtigung der Zinszahlungen) in Höhe
von 6,5% des BIP ausweisen. Diese Vorgabe, die zur Sicherung der internationalen Kreditfähigkeit und zur Bedienung der Auslandsschulden notwendig ist, wird eingehalten. Die Aufrechterhaltung der Kreditfähigkeit ist für das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht von besonderer
Bedeutung, zumal die Türkei zur Finanzierung des hohen Leistungsbilanzdefizits von rund 30
Mrd. US$ (knapp 8% des BIP 2006) in absehbarer Zeit weiter auf hohe Kapitalzuflüsse aus dem
Ausland angewiesen bleibt.
Die steigende Internationalisierung des Geschäftslebens und die damit verbundene zunehmende Integration des Landes in die Weltwirtschaft bringen auch steigende Risiken für die Stabilität
mit sich. Wegen der hohen Abhängigkeit der Industrie von Energieeinfuhren (Erdöl, Erdgas) sowie importierten Rohstoffen und Halbwaren führen Preisfluktuationen auf den internationalen
Märkten zu starken Kostenschwankungen im Inland. Auch Schwankungen auf den internationalen Finanzmärkten mit Zinsänderungen bewirken wegen des hohen Kapitalbedarfs kurzfristige Wechselkursausschläge, die ebenfalls die Kostenkalkulation der Firmen erschweren.
Investitionsklima und -risiken
19
Die politische Stabilität hat sich vor allem nach den Parlamentswahlen von 2002, aus denen
eine Einpartei-Regierung hervorging, gebessert, nachdem über lange Jahre Koalitionsregierungen wegen interner Streitigkeiten zwischen den einzelnen Parteien nur eine geringe politische Handlungsfähigkeit hatten. Die von der Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP)
unter Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan geführte Regierung brachte eine Reihe von Reformen zur Modernisierung der Wirtschaft und Verwaltung auf den Weg, was zur Festigung
der politischen Stabilität beitrug.
Die Bewertung des politischen Risikos im Jahr 2007 steht im Zusammenhang mit den Präsidentschaftswahlen im Frühjahr und den im November folgenden Parlamentswahlen. Sollte der
konservativ orientierte Regierungschef Erdogan das angestrebte Präsidentenamt einnehmen,
könnte dies zu Konflikten mit dem säkularen Establishment in Militär und Justiz führen. Darüber hinaus bleibt die Terrorgefahr bestehen. Im Südosten des Landes wird das Sicherheitsrisiko
als hoch bewertet. Kurdische Separatisten könnten erneut versuchen, Anschläge zu verüben.
Einen groß angelegten Terrorangriff halten Sicherheitsexperten jedoch für unwahrscheinlich.
Nach dem Transparency-Index von 2006, der eine Einschätzung von Geschäftsleuten und Länderanalysten zum Korruptionsgrad eines Landes widerspiegelt, liegt die Türkei unter insgesamt 163 Ländern mit 3,5 Punkten auf Rang 60 (2005: Platz 65; 2004: Platz 77). Damit gehörte die
Türkei unter anderem neben Japan, der Tschechischen Republik und Slowenien zu den Ländern, die 2006 ihre Stellung verbessern konnten (Internet: www.transparency.de). Die Türkei
wird ähnlich eingeschätzt wie Griechenland (Rang 54) und Bulgarien (Rang 57) sowie deutlich
besser als Rumänien (Rang 84).
Doing Business der Weltbank
Die Türkei belegt nach dem Weltbank-Bericht "Doing Business 2007”, der jährlich die aus Unternehmersicht relevanten Rahmenbedingungen für Investitionen von 175 Ländern bewertet,
Rang 91 (Anzahl der bewerteten Länder schwankt von Jahr zu Jahr). Im Vergleich zu den meisten
EU-Ländern besteht noch ein großer Nachholbedarf. Der Nachbar Griechenland aber liegt hinsichtlich der Unternehmensfreundlichkeit deutlich zurück.
Erfolgreich investieren
in der Türkei
20
Investitionsklima und -risiken
Doing Business Länderrating 2007 Türkei (wirtschaftlicher Rang von ingesamt 175 Ländern)
Kriterien
Gesamtbewertung
Unternehmensgründung
Lizenzvergabe
Einstellung und Kündigung
Schutz von Eigentumsrechten
Zugang zu Krediten
Investorenschutz
Steuersystem / Bürokratischer Aufwand/
Belastung
Im- und Exportverfahren / Bürokratischer Aufwand und Kosten
Vertragsabschluss / Verwaltungsaufwand
und Kosten
Betriebsschließung / Dauer und Kosten
Türkei
91
53
148
146
54
65
60
65
Deutschland
21
66
21
129
42
3
83
73
Griechenland
109
140
55
166
94
83
156
108
Bulgarien
54
85
140
100
65
33
33
107
79
7
123
104
70
29
48
52
138
28
34
64
Quelle: Doing-Business-Rating der Weltbank, www.doingbusiness.org.
Die Standortvor- und -nachteile der Türkei bezüglich der strukturellen Rahmenbedingungen
und des gesamtwirtschaftlichen Umfelds können wie folgt zusammengefasst werden:
Vorteile (Chancen):
- Großer lokaler Absatzmarkt mit 73 Mio. Einwohner
- Starkes BIP-Wachstum
- Junge Bevölkerung (circa 50% unter 25 Jahre)
- Niedrige Lohnkosten für gering qualifizierte Arbeitskräfte
- Motivierte Arbeitskräfte
- Flexibles Arbeitsumfeld mit längeren Arbeitszeiten
- Hohe Produktivität in der Industrie
- Günstige geographische Lage für die Belieferung von Regionalmärkten
- Starker Modernisierungsschub in Verbindung mit der EU-Integration.
Nachteile (Risiken):
- Hoher Anteil der Schattenwirtschaft mit 40% Anteil an der Wirtschaftsleistung
- Verbreitete Marken- und Produktpiraterie
- Schwerfällige Bürokratie
- Hohe Importabhängigkeit bei Energie, Rohstoffen und Halbwaren
- Mangelnde Förderung von Forschung und Entwicklung
- Währungsrisiken
- Hohes Realzinsniveau
- Großes Einkommensgefälle.
Investitionsklima und -risiken
21
Trotz der Bemühungen der Regierung, die Bedingungen für Investitionen und Geschäftsaktivitäten zu verbessern, bleibt eine Reihe von Hindernissen in der Praxis bestehen. Die Staatsbürokratie und die Korruption in der öffentlichen Verwaltung der Türkei haben eine lange Tradition, die von den Nutznießern des Systems gepflegt wird. Managementabteilungen von Firmen
müssen schätzungsweise 20% ihrer Arbeitszeit für die Bewältigung von Problemen aufwenden,
die auf die öffentliche Verwaltung zurückzuführen sind. Die von den verschiedenen Behörden
verursachten Schwierigkeiten führen bei Unternehmen zu erheblichem Zeitverlust und in Verbindung mit der Korruption zu hohen Einstandskosten.
Die Missstände betreffen nicht nur den Bereich der Lizenzierungen beziehungsweise Genehmigungen. Auch bei der Vergabe von Aufträgen durch öffentliche und kommunale Projektträger
spielen persönliche Beziehungen trotz der Reformen im öffentlichen Beschaffungswesen der
letzten Jahre weiterhin eine Rolle.
Der für die Gründung einer Firma notwendige Zeitaufwand konnte inzwischen nach Angaben
aus der Wirtschaft bis auf einen Tag reduziert werden. Für die nach der Gründung folgenden
zahlreichen weiteren Schritte bleibt jedoch der zeitliche und bürokratische Aufwand beträchtlich. Eine gute Kontaktpflege ist hilfreich, wenn rasche Ergebnisse erzielt werden sollen. Das
Prozedere in kommunalen Behörden beziehungsweise städtischen Verwaltungen wird als besonders umständlich empfunden. Diese sind des öfteren für die Erteilung von Lizenzen (zum
Beispiel Baugenehmigungen) zuständig.
Die mit der Schattenwirtschaft, die etwa 40% der gesamtwirtschaftlichen Leistung darstellt, zusammenhängenden Unsicherheiten und Unwägbarkeiten stellen negative Gesichtspunkte für
ausländische Investoren dar, die verlässliche rechtliche Rahmenbedingungen mit geordneten
Verhältnissen erwarten. Die illegalen Aktivitäten führen vor allem zu erheblichen Wettbewerbsverzerrungen am Markt, verhindern qualitative Verbesserungen in der Industrie und
entmutigen neue Investoren.
Trotz dieser sich in der Praxis ergebenden Schwierigkeiten hat sich nach einer Umfrage der
Deutsch-Türkischen Industrie- und Handelskammer Istanbul für die meisten deutschen Firmen
der Einsatz in der Türkei gelohnt. Auf die Frage, ob sie aus heutiger Sicht erneut in der Türkei investieren würden, antworteten 131 von 152 der von der Kammer befragten Unternehmen (86%)
mit Ja. Etwa 56% gaben an, bereits ganz konkrete weitere Investitionspläne zu haben. Bei manchen von ihnen, wie Metro, DaimlerChrysler oder Bosch, geht es um Größenordnungen von
mehreren hundert Millionen Euro.
Erfolgreich investieren
in der Türkei
22
Investitionsklima und -risiken
Günstige regionale Standorte
Wegen der Nähe zu den Abnehmermärkten, der höheren Einkommen, den guten Verkehrsanbindungen und der vergleichsweise besseren Infrastruktur sind die nordwestlichen und westlichen Regionen die beliebtesten Investitionsstandorte. Der Großraum Istanbul im Zentrum der
industriell hochentwickelten Marmara-Region ist mit Abstand das beliebteste Investitionsgebiet. Von den im Jahr 2005 getätigten ausländischen Direktinvestitionen von zusammen 9,8
Mrd. US$ betrafen rund 80% Projekte in Istanbul. An zweiter und dritter Stelle auf der Rangliste
standen die Provinzen Kocaeli und Izmir. Weitere Provinzen mit vergleichsweise höherem Investitionswert waren Sakarya, Ankara und Antalya.
Von den Ende 2005 in der Türkei operierenden insgesamt 11.685 Firmen mit ausländischem Kapital waren 6.776 in der Provinz Istanbul ansässig, gefolgt von 1.175 in Antalya, 885 in Ankara
und 731 in Izmir. Weitere nennenswerte Provinzen mit ausländischem Firmenengagement waren Mugla (546), Bursa (247), Mersin (239), Kocaeli (155), Aydin (129) und Adana (91).
Auch die landesweit verteilten insgesamt 242 organisierten Industriezonen (OSB = Organize Sanayi Bögesi) bieten eine allgemein gute Infrastruktur und Vergünstigungen für Investoren. Ähnliches gilt für die Freizonen und staatlich unterstützten Technologienentwicklungszonen ("Technoparks"), in denen die Firmen in den Genuss von einer Reihe von Vergünstigungen kommen.
Stand und Perspektiven für ausländische Direktinvestitionen
Die ausländischen Direktinvestitionen, die bis 2004 auf einem relativ niedrigen Niveau verharrten, erlebten im Jahr 2005 einen sprunghaften Anstieg. Dieser Umschwung setzte sich auch
2006 in verstärkter Form fort. Die Aussichten für die nächsten Jahre sind günstig. Die Regierung
erwartet für die Laufzeit des nationalen Siebenjahresplans (2007 bis 2013) ausländische Direktinvestitionen von durchschnittlich 12,1 Mrd. US$ pro Jahr. Auch die Prognosen von Forschungsinstituten gehen in diese Richtung. Die statistischen Angaben über den kumulativen Stand der
ausländischen Investitionen sind insofern nicht vollständig, als für die Zeit vor 1980 keine verlässlichen Daten vorliegen und die Re-Investitionen von ausländischen Unternehmen in der
Türkei nicht berücksichtigt werden.
Laut offizieller Statistik der türkischen Zentralbank erreichten die ausländischen Direktinvestitionen (netto) im Jahr 2005 (2004) einen Wert von insgesamt 9.804 (2.883) Mio. US$; davon betrafen 7.963 (1.540) Mio. US$ Engagements in Industrie- sowie Dienstleistungsbranchen und
1.841 (1.343) Mio. US$ Immobilieninvestitionen. Die Gesamtzahl für die ersten acht Monate 2006
(Januar bis August) wird mit 12.407 Mio. US$ beziffert, davon 10.370 Mio. US$ Industrie- sowie
Dienstleistungsinvestitionen und 2.037 Mio. US$ Immobilienengagements.
Investitionsklima und -risiken
23
Der kumulative Wert der seit 1980 tatsächlich getätigten Direktinvestitionen (netto) wird von
staatlichen Planungsamt DPT (Devlet Planlama Teskilati) per 30.6.06 mit 31.862 Mio. US$ angegeben. Er betrug nach dieser Aufstellung Ende 2005 (2004) etwa 24.462 (16.261) Mio. US$. In diesen kumulativen Werten sind jedoch Immobilieninvestitionen des Auslandes nicht enthalten,
die in den letzten Jahren stark zugenommen haben. Da auch Engagements vor 1980 sowie ReInvestitionen der bestehenden Firmen nicht berücksichtigt werden, haben die kumulativen
Werte eine nur begrenzte Aussagekraft.
Entwicklung ausländischer Direktinvestitionen (in Mrd. US$)
Nettozuflüsse(an ausl. Direktinvestitionen)
Industrie u. Dienstleistungen
Immobilienerwerb
2003
1.752
754
998
2004
2.883
1.540
1.343
2005
9.804
7.963
1.841
Quelle: Türkische Zentralbank, Ankara
Eine Aufteilung der ausländischen Direktinvestitionen nach Sektoren beziehungsweise Branchen enthält die offizielle türkische Statistik nur auf Bruttoebene. Die Zahlen belegen die sektorale Enge der Engagements. So betreffen 85% der gesamten ausländischen Investitionen des
Jahres 2005 den Finanzsektor und die Telekommunikationsbranche. Inzwischen sind an fast allen türkischen Banken große internationale Kreditinstitute beteiligt.
Wichtigste Sektoren für ausländische Direktinvestitionen (in Mio. US$)*)
Sektoren
Insgesamt, davon
Finanzsektor
Transport und Kommunikation
Verarbeitende Industrie
Textil
Chemie
Metall
Verkehrswesen
Bauwesen
2003
745
51
2
448
8
9
1
145
8
2004
1.291
69
639
214
14
39
8
35
23
2005
8.537
4.016
3.250
789
183
174
140
106
117
*) ohne Immobilienerwerb von Ausländern, brutto
Quelle: Türkische Zentralbank, Generaldirektion für ausländische Investitionen
Neben der sehr einseitigen sektoralen Ausrichtung fällt auf, dass es sich beim überwiegenden
Teil der großen ausländischen Direktinvestitionen um den Aufkauf von beziehungsweise die
Beteiligung an bestehenden erfolgreichen türkischen Firmen handelt, die als gewinn- und zukunftsträchtig betrachtet werden. Demgegenüber halten sich neue Projekte für den kompletten Aufbau von Produktionsanlagen in überschaubaren Grenzen.
Erfolgreich investieren
in der Türkei
24
Investitionsklima und -risiken
Die nachstehende Zusammenstellung vermittelt einen Überblick über die wichtigsten ausländischen Investoren der letzten Jahre.
Größte ausländische Direktinvestitionen in der Türkei 2005/2006
Unternehmen
Land
Oger Telecom
Vodafone
Citibank
National Bank of Greece
(NBG)
Dexia
Alfa Group
GE Consumer Finance
Fortis Bank
OMV
Unicredit
BNP Paribas
Libanon
Großbritannien
USA
Griechenland
Investitionswert
(in Mio. US$)
6.550
4.550
3.100
2.774
Belgien, Frankreich
Russland
USA
Belgien, Niederlande
Österreich
Italien
Frankreich
2.437
1.590
1.556
1.140
1.054
742
216
Erläuterung
(Übernahme /Beteiligung)
Türk Telekom (55%)
Telsim (100%)
Akbank (20%)
Finansbank (46%)
Denizbank (75,2%)
Turkcell (13,2%)
Garantibank (25,5%)
Disbank (89,3%)
Petrol Ofisi (34%)
Yapi Kredi (57,4%)
TEB (50%)
Quelle: bfai
Die Gesamtzahl der Firmen mit ausländischem Kapital beziehungsweise Beteiligung beziffert
die Generaldirektion für ausländische Investitionen per Ende August 2006 mit 13.904, darunter
2.435 Firmen mit deutschem Kapital. Als wichtige Herkunftsländer der ausländischen Direktinvestitionen in der Türkei bezüglich der tatsächlichen Investitionswerte zwischen 2002 und
2005 bezeichnet die Generaldirektion für ausländische Investitionen die USA, Deutschland,
Belgien, Frankreich, die Niederlande, Großbritannien und Italien.
Anzahl der Firmengründungen mit ausländischem Kapital nach Ländern
Insgesamt, davon
Deutschland
Großbritannien
Niederlande
USA
Russland
Frankreich
Italien
2003
1.108
155
66
74
54
50
32
32
*) Kumulativer Stand per Ende August 2006
Quelle: Generaldirektion für ausländische Investitionen, Ankara
2004
2.120
377
146
145
98
108
74
79
2005
2.879
524
337
214
108
125
80
69
Kumulativ *)
13.904
2.435
1.226
1.098
696
557
533
493
Investitionsklima und -risiken
25
Die von der türkischen Zentralbank und der Generaldirektion für ausländische Investitionen
veröffentlichten Jahresangaben zur regionalen Aufteilung der Direktinvestitionen nach Herkunftsländern sind wegen ihrer Unvollständigkeit und wegen der starken Fluktuationen zwischen den einzelnen Jahresergebnissen kaum dazu geeignet, ein objektives Gesamtbild zu erhalten und können eher zu Missverständnissen und falschen Bewertungen führen. So verzerren
einmalige Investitionen aus seltenen Ländern das Gesamtbild und führen zu falschen Rückschlüssen.
So standen beispielsweise im Jahre 2005 nach den USA mit einem Investitionsvolumen von rund
1,9 Mrd. US$ (davon 1,8 Mrd. $ für die Beteiligung von GE Consumer Finance an der Garantibank)
als Investitionsherkunftsland die Britischen Jungeferninseln mit 1.593 Mio. US$ an zweiter Stelle, gefolgt von Libanon mit 1.500 US$ an dritter Stelle. Tatsächlich handelte es sich bei der Investition aus den Britischen Jungferninseln um die Zahlung der russischen Alfa Group für den Erwerb eines Anteils von 13,2% am türkischen Mobilfunkunternehmen Türkcell. Die Investition
aus dem Libanon betraf die erste Rate der Zahlung für den Erwerb eines Anteils von 55% an Türk
Telekom durch die saudisch-libanesische Oger Telecom.
Deutschland spielt unter den ausländischen Investoren in der Türkei insofern eine führende
Rolle, als deutsche Unternehmen die wahrscheinlich älteste ununterbrochene Präsenz im Lande haben und hinsichtlich der Anzahl der Projekte an erster Stelle stehen. Etliche deutsche
Großunternehmen sind seit über 50 Jahren mit eigenen Tochtergesellschaften in der Türkei. Bei
manchen, wie Siemens, reicht die Präsenz bis in das vorletzte Jahrhundert zurück. Die Großfirmen trugen nach ihrer eigenen Etablierung zur Ausweitung der deutschen Präsenz bei, indem
sie ihre angestammten Zulieferer aufforderten, nachzuziehen. Seit den 90er Jahren kommen
zunehmend mittelständische deutsche Firmen aus eigenem Antrieb in die Türkei.
Die Bedeutung der Türkei als Standort für deutsche Firmen hat in den letzten Jahren zugenommen. Die Zahl der Firmen mit deutschem Kapital in der Türkei steigt nach Beobachtungen der
Deutsch-Türkischen Industrie- und Handelskammer Istanbul mit hoher Geschwindigkeit. Die
günstige Wirtschaftsentwicklung mit durchschnittlichen realen Zuwachsraten des BIP von
rund 7% und die damit verbundenen vermehrten Investitions- und Geschäftschancen locken
immer mehr deutsche Firmen an den Bosporus. Dabei sind die Betätigungsfelder vielseitig. Sie
reichen von der reinen Fertigung von Industrieerzeugnissen, wie Haushaltsgeräte von BSH
Bosch und Siemens bis hin zur Errichtung von Warenhäusern durch den Metro-Konzern.
Neben zahlreichen kleinen und mittleren deutschen Firmen zählen namhafte Großunternehmen, wie DaimlerChrysler, Siemens, Bosch, Metro und M.A.N. zu den großen Investoren in der
Türkei. Das Omnibuswerk der DaimlerChrysler-Tochtergesellschaft Mercedes-Benz Türk in Hosdere bei Istanbul zählt weltweit zu einem der modernsten Omnibusfabriken. Es wurde von der
US-amerikanischen Fachzeitschrift "BUSRide" 2006 zum besten Omnibuswerk der Welt gewählt. Als die größte Einzelinvestition aus Deutschland ist das auf der Basis importierter Steinkohle arbeitende Kraftwerk Sugözü/Yumurtalik (1.210 MW) am Golf von Iskenderun hervorzuheben, das seit 2004 von der Gesellschaft Power Isken, eine gemeinsame Tochterfirma von STEAG und RWE, betrieben wird. Hier wurden rund 1,5 Mio. US$ investiert.
Erfolgreich investieren
in der Türkei
26
Investitionsklima und -risiken
Verlässliche Zahlen zu den gesamten Investitionen deutscher Großunternehmen in der Türkei
sind nicht greifbar. Die von der Deutsch-Türkischen Industrie- und Handelskammer Istanbul
herausgegebene Broschüre "Deutsche Firmen in der Türkei", die laufend aktualisiert wird, gibt
Aufschluss über das Engagement deutscher Unternehmen im Lande.
Deutsche Direktinvestitionen in der Türkei
Kum. Bestand *)
(in Mio. Euro)
Nettotransfers
(in Mio. Euro)
2002
1.597
2003
2.638
2004
3.249
+53
+272
+369
2005
noch nicht
verfügbar
+571
*) Unmittelbare und mittelbare deutsche Direktinvestitionen
Quelle: Deutsche Bundesbank
Kontaktanschriften:
Hazine Müstesarligi - Yabanci Sermaye Genel Müdürlügü
(Staatssekretariat für Schatzwesen - Generaldirektion für ausländische Investitionen)
Inönü Bulvari No. 36, 06510 Emek - Ankara
Tel.: 0090-312/2 12 58 77-78, -2 04 66 63; Fax: -2 12 89 16
Internet: www.hazine.gov.tr; www.treasury.gov.tr
Uluslararasi Yatirimcilar Dernegi - YASED (Foreign Investors Association)
Barbaros Bulvari, Mürbasan Sokak Koza Is Merkezi B-Blok Kat 1
34349 Besiktas - Istanbul
Tel.: 0090-212/2 72 50 94; Fax: -2 74 66 64
E-Mail: [email protected]; Internet: www.yased.org.tr
Privatisierungen und Großprojekte
Privatisierungen
Die Privatisierung von Staatsunternehmen ist ein wichtiger Bestandteil des wirtschaftlichen
Reformprogramms der Türkei. Nach der eher bescheidenen Entwicklung in der Vergangenheit
gewann die Privatisierung ab dem Jahr 2005 mit zahlreichen Ausschreibungen und Zuschlägen
an Schwung. Insbesondere seit Mitte 2005 konnten große Fortschritte bei der Veräußerung von
großen türkischen Staatsunternehmen erzielt werden. Gewerkschaften, Ingenieurkammern
und andere nationalistisch orientierte Gruppierungen sehen in der Privatisierung großer
Staatsgesellschaften eine Gefährdung nationaler Sicherheitsinteressen und versuchen, durch
Gerichtsverfahren den Privatisierungsprozess zu verzögern.
Investitionsklima und -risiken
27
Das allgemein wachsende Interesse ausländischer Investoren an türkischen Privatisierungsprojekten führte zeitweise zum Aufwachen nationaler Emotionen. Durch gezielte Zusammenschlüsse und Kooperationen wollten türkische Firmen und Einrichtungen bei der Ausschreibung von Privatisierungsprojekten mitbieten, um die Übernahme türkischer Unternehmen
durch das Ausland zu verhindern, wie es bei der Privatisierung des Stahlkonzerns Erdemir der
Fall war.
Zu den Privatisierungsprojekten zählen nicht nur die klassischen Staatsunternehmen, sondern
auch Betriebe in Konkurs gegangener Privatfirmen, die vorübergehend unter staatliche Regie
gestellt wurden, um nach einer angemessenen Übergangszeit wieder an den Privatsektor überführt zu werden. Zu dieser Gruppe von Projekten gehören vor allem die vom einst mächtigen
Uzan-Konzern zurückgebliebenen Gesellschaften, darunter das Mobilfunkunternehmen Telsim, das Ende 2005 vom britischen Branchenriesen Vodafone zum Preis von knapp 4,6 Mrd. US$
aufgekauft wurde.
Die bislang größte Privatisierung in der Türkei ist zweifellos der im August 2005 erfolgte Verkauf eines Anteils von 55% der staatlichen Telekommunikationsgesellschaft Türk Telekom (TT)
zu einem Preis von knapp 6,6 Mrd. US$ an ein Firmenkonsortium unter der Führung der libanesischen Oger Telecom. Eine weitere große Privatisierung betrifft den Verkauf eines Anteils von
51% der staatlichen Erdölraffineriegesellschaft Tüpras zu einem Preis von 4,1 Mrd. US$ an ein
Konsortium unter der Führung des türkischen Koc-Konzerns im September 2005. Tüpras ist am
Umsatz gemessen das größte Industrieunternehmen der Türkei. Als eine ebenfalls wichtige Privatisierung ist der Verkauf eines Anteils von 46,1% des Stahlunternehmens Erdemir zu einem
Preis von 2,8 Mrd. US$ an den vom Unterstützungsfonds der Streitkräfte beherrschten OYAKKonzern zu nennen.
Nach den Zahlen der Privatisierungsbehörde ÖIB wurden zwischen 1995 und 2005 Privatisierungsprojekte im Gesamtwert von 18.409 Mio. US$ durchgeführt, davon allein 8.216 Mio. US$
im Jahr 2005. Knapp 86% der Einnahmen 2005 stammen aus dem Blockverkauf von Staatsunternehmen mit Türk Telekom an erster Stelle. Die Privatisierungserlöse aus dem Verkauf von Tüpras und Erdemir sind in diesen Zahlen noch nicht enthalten, da der Vertragsabschluss erst im
Jahr 2006 erfolgte, so dass diese Einnahmen im Haushalt 2006 verbucht werden. Den Wert der
über Privatisierungen zugeflossenen ausländischen Direktinvestitionen im genannten Zeitraum beziffert die ÖIB mit 4.505 Mio. US$.
Interessante Investitionschancen werden sich in den kommenden Jahren im Zusammenhang
mit den geplanten Entstaatlichungen im Energiesektor ergeben. Die ÖIB begann 2006 mit den
Privatisierungsausschreibungen für die Elektrizitätsverteilungsnetze in 21 Landesregionen.
Auch in der Elektrizitätsproduktion stehen Privatisierungen an, die zum Teil im Rahmen von
BOT-Projekten durch die Übertragung von Betriebskonzessionen realisiert werden. Als größere
Staatsunternehmen, die nach 2006 nach dem Blockverkaufsverfahren privatisiert werden sollen, sind unter anderem das Petrochemieunternehmen Petkim, der Tabakwarenkonzern Tekel
und die staatliche Halkbank zu nennen.
Erfolgreich investieren
in der Türkei
28
Investitionsklima und -risiken
Privatisierungsbehörde
Özellestirme Idaresi Baskanligi - ÖIB
Ziya Gökalp Caddesi No. 80
06600 Kurtulus - Ankara
Tel.: 0090-312/4 30 45 60; Fax: -4 35 36 23
E-Mail: [email protected]; Internet: www.oib.gov.tr
Großprojekte
Bei den im Jahr 2006 geplanten beziehungsweise diskutierten Großprojekten handelt es sich im
Wesentlichen um Vorhaben im Bereich der Erdölverarbeitung und dem Erdöltransport, des
Weiteren um international finanzierte Immobilienprojekte für den Aufbau von Geschäftskomplexen und Infrastrukturvorhaben im Transport- und Verkehrssektor sowie im Energiebereich.
Während die Projekte im Erdöl- und Immobiliensektor direkt vom Privatsektor mit ausländischer Teilnahme geplant und verwirklicht werden, erfreuen sich im Bereich der öffentlichen Infrastruktur Betreiberprojekte nach BOT-Modell (Build, Operate, Transfer) und ähnlichen Modellen hoher Beliebtheit und werden von der Regierung vorangetrieben. Wegen der privaten Vorfinanzierung der Projekte sorgen sie für eine erhebliche Entlastung des Staatshaushalts. Mehrere Infrastrukturprojekte, wie der Bau einer dritten Brücke über den Bosporus in Istanbul oder eines dritten Flughafens für die Wirtschaftsmetropole, befinden sich noch in der frühen Planungsphase, ohne dass es bis Ende 2006 zu konkreten Entscheidungen gekommen ist.
BOT-Projekte kommen vor allem beim Aufbau und Betrieb von Flughäfen und Seehäfen zur Anwendung. Die Rechte für den Betrieb von Passagierterminals für die großen internationalen
Flughäfen, wie in Istanbul, Ankara und Izmir, wurden in den letzten Jahren im Rahmen von
BOT-Verträgen an private Unternehmen übertragen, was zum Beispiel in Istanbul zu einer
deutlichen Steigerung der Betriebseffizienz führte. Wichtiger Akteur ist hier das TAV-Konsortium (Tepe-Akfen-Ventures), das auch im Ausland ähnliche Projekte verfolgt. Die neu errichteten
modernen Passagierterminals von TAV in Ankara und Izmir nahmen 2006 ihren Betrieb auf.
Zur Beschleunigung der Investitionen im Seetransportsektor wurde 2005 mit der Privatisierung des Hafenbetriebs nach dem BOT-Modell bei sechs Seehäfen begonnen, die unter der Verwaltung der Staatsbahn TCDD standen. Bei den Mittelmeerhäfen Mersin und Iskenderun ging
der Zuschlag an das Konsortium PSA-Akfen (PSA = Port Sinagpore Authority). Für die Häfen Izmir, Samsun, Derince und Bandirma stand Ende 2006 die Entscheidung noch aus.
Wichtige größere Projekte verfolgt die staatliche Energieproduktionsgesellschaft EÜAS. Im
Braunkohlegebiet Afsin-Elbistan, wo bereits zwei Wärmekraftwerke (A und B) arbeiten, sollen
nach dem Betreibermodell vom Privatsektor mit einem Aufwand von schätzungsweise 5 Mrd.
US$ zwei weitere Kraftwerke (C und D) errichtet und betrieben werden. Angebote werden bis
Anfang 2007 eingeholt.
Investitionsklima und -risiken
29
Großprojekte in der Türkei (Stand: Ende 2006)
Projekt
Erdölraffinerie
Wert
circa
1,5 Mrd. US$
Stand
Planungsphase
Handels- u. Touristikzentrum Haydarpasa
Erdölpipeline Samsun Ceyhan (Calik Enerji)
circa
5 Mrd. US$
circa 1,5 Mrd.
US$
Planungsphase
Dubai Towers Istanbul
(Dubai International
Properties)
Einkaufszentrum
TurkMall Istanbul
500 Mio. US$
Baubeginn 2006,
Fertigstellung 2008
400 Mio.
Euro
Baubeginn 2006,
Fertigstellung Ende 2007
Unterwassertunnel unter
dem Bosporus für den
Istanbuler Straßenverkehr
2 Kraftwerke im
Braunkohlegebiet
Afsin-Elbistan
370 Mio. US$
Planungsphase, Vorstudien
5 Mrd. US$
Ausschreibung August
2006; Angebotseinholung
Januar 2007
Erstellung von Feasibility
Studies; Genehmigung erteilt
Anmerkung
Bau einer Raffinerie mit einer
Kapazität von mindestens 5
Mio. t durch POAS/OMV
Großprojekt im asiatischen Teil
Istanbuls auf 1,3 Mio. qm
550 km lange Ölpipeline vom
Schwarzen Meer zum Mittelmeer für die Transport von
50 Mio. bis 70 Mio. t pro Jahr
Zwei Mehrzweckhochhäuser
mit hochmodernem Design
in Istanbul
Einkaufszentrum mit 500.000
qm Fläche in Bayrampasa/
Istanbul
BOT-Tunnelprojekt des Verkehrsministeriums zur Erleichterung des Straßenverkehrs in
Istanbul
Aufbau und Betrieb von zwei
Kohlekraftwerken mit je 1.200
MW Kapazität nach BOT
Quelle: bfai
Aktuelle Hinweise zu Projektvorhaben finden sich auch in der Datenbank "Länder und Märkte"
www.bfai.de (unter anderem in Artikeln und in der kostenfreien Reihe "Branche kompakt", Serie "Bauwirtschaft", die weltweit jährlich aktualisiert wird).
Entwicklungsvorhaben im Ausland, die von internationalen Finanzierungsinstituten gefördert
werden (von Straßenbau über Consulting und Gesundheitsvorsorge bis zum Bau von Industrieanlagen) können unter www.bfai.de, Menüpunkt Datenbank-Recherche, Entwicklungsprojekte abgerufen werden.
Erfolgreich investieren
in der Türkei
30
Nationale und internationale Investitionsförderung
Nationale und internationale Investitionsförderung
Förderung Deutschland
Das deutsche System der Außenwirtschaftsförderung wird von Staat und Wirtschaft gemeinsam getragen. Die Auslandsvertretungen des Auswärtigen Amtes (Botschaften und Konsulate;
www.auswaertigesamt.de), die Auslandshandelskammern (AHKn; www.ahk.de) bzw. Delegiertenbüros oder Repräsentanzen der Deutschen Wirtschaft sowie die Bundesagentur für Außenwirtschaft (bfai; www.bfai.de) bilden die drei Säulen der deutschen Außenwirtschaftsförderung. Die bfai informiert in Deutschland über Auslandsmärkte, die AHK betreut und unterstützt deutsche Unternehmen im Gastland und die Botschaften und Konsulate vertreten allgemeine deutsche Wirtschaftsinteressen und konkrete Anliegen von Unternehmen gegenüber
staatlichen Stellen im Gastland. Einen Überblick über sämtliche Informationsangebote von Institutionen, die in der deutschen Außenwirtschaftsförderung aktiv sind, gibt das Internetportal
iXPOS (www.ixpos.de), eine Initiative des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie
(BMWi). Unter dem Außenwirtschaftsportal iXPOS ist auch eine Liste mit vorhandenen IHK-Firmenpools einsehbar.
Politische Flankierung
Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie
Im Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) unterstützt insbesondere die
Anlaufstelle zur politischen Flankierung von Auslandsprojekten Unternehmen, die bei der Verwirklichung ihrer Projekte im Ausland auf Schwierigkeiten stoßen. Meistens sind ausufernde
Bürokratie in den Gastländern, wenig transparente Entscheidungsverfahren oder politische
Einflussnahmen ausländischer Mitbewerber der Anlass einer Unterstützung. Sie kann in allen
Phasen einer Geschäftsbeziehung in Betracht kommen: im Rahmen internationaler Ausschreibungsverfahren, während der Ausführung von Aufträgen, beim Betrieb von Anlagen im Ausland oder bei der Abwicklung ungelöster Altfälle.
Die Anlaufstelle unterstützt vor allem kleine und mittlere Unternehmen. Sie ist Teil eines Netzwerkes politischer Flankierung, zu dem im BMWi insbesondere die Länderreferate gehören.
Unternehmen wird rasch und unbürokratisch geholfen. Die Anlaufstelle bedient sich des klassischen Instrumentariums der Außenwirtschaftsförderung und arbeitet eng mit den Auslandsvertretungen vor Ort sowie im Einzelfall mit den Auslandshandelskammern zusammen.
Kontaktanschrift:
Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi)
Herr RegD Dr. Lutz Werner, Ref. VA1
Politische Flankierung Auslandsprojekte
Scharnhorststraße 34-37, 10115 Berlin
Tel.: 030/186 15 60 96, Fax: -186 15 50 60 96
E-Mail: [email protected], Internet: www.bmwi.de
Nationale und internationale Investitionsförderung
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Auswärtiges Amt
Das Auswärtige Amt bietet deutschen Unternehmen politische Unterstützung im Ausland an:
- Beratung von Unternehmen in wirtschaftspolitischen Fragen,
- Flankierung konkreter Unternehmensinteressen gegenüber Regierungsstellen,
- Herstellung von Kontakten zu Entscheidungsträgern aus Politik und Wirtschaft des Ziellandes.
Kontaktanschrift:
Auswärtiges Amt
Arbeitsstab Außenwirtschaft II
- Referat 403 - Länderspezifische Fragen
Werderscher Markt 1, 10117 Berlin
Tel.: 030/50 00-38 53 (Sekretariat); Fax: -50 00-42 53
E-Mail: [email protected]
Ansprechpartner Türkei:
Herr Herrmann
E-Mail: 403-70@auswärtigesamt.de
Risikoabsicherung für Direktinvestitionen im Ausland
Von der deutschen Bundesregierung werden Garantien für eine Direktinvestition im Ausland
gewährt, die finanzielle Schäden aufgrund politischer Ereignisse wie Enteignung, Krieg, Zahlungsverbote oder Transferbeschränkungen abdecken. Wirtschaftliche Risiken sind nicht inbegriffen. Voraussetzung für die Übernahme einer Garantie ist, dass die Kapitalanlagen in den jeweiligen Ländern einen ausreichenden Rechtsschutz genießen. Dieser wird regelmäßig dann
angenommen, wenn zwischen dem Anlageland und der Bundesrepublik ein Investitionsförderungsvertrag besteht. Die Garantienehmer haben alle für die Kapitalanlagen notwendigen Genehmigungen einzuholen und die bestehenden Vorschriften zu beachten. Die PwC AG nimmt
die Anträge entgegen und bereitet die Sachverhalte in der Regel soweit auf, dass über eine Deckung abschließend entschieden werden kann. Ferner ist die PwC AG zuständig für sämtliche
nachgelagerten, im Zusammenhang mit der Garantie erforderlichen Verwaltungstätigkeiten
und die etwaige Schadensbearbeitung.
Förderungswürdig ist ein Vorhaben, wenn es umweltverträglich gestaltet ist und einen Beitrag
zur Entwicklung des Gastlandes leistet. Letzteres könnte bei der Substitution von Importen, der
Devisenerwirtschaftung durch Exporte und der Schaffung oder Erhaltung von Arbeitsplätzen
der Fall sein. Außerdem wirkt sich die Übernahme von Ausbildungsmaßnahmen, die Übertragung von moderner Technologie oder unternehmerischer Erfahrung und die Verbesserung der
Infrastruktur für die weitere Entwicklung des Landes positiv auf die Beurteilung aus. Generell
soll das Projekt zur Vertiefung der Beziehungen zwischen dem Gastland und Deutschland beitragen. Positive Rückwirkungen auf Deutschland werden ebenfalls berücksichtigt.
Erfolgreich investieren
in der Türkei
32
Nationale und internationale Investitionsförderung
Im Falle der Türkei sind die erforderlichen Rechtsschutzvoraussetzungen durch den am 16. Dezember 1965 in Kraft getretenen deutsch-türkischen Investitionsförderungsvertrag gegeben.
Die Anwendbarkeit dieses Vertrages ist nicht von der Erteilung besonderer Genehmigungen
abhängig. Davon abgesehen obliegt es dem Garantienehmer jedoch gemäß § 13 Abs. 1 der Allgemeinen Bedingungen ohnehin, in der Türkei erforderliche Genehmigungen oder Ähnliches
einzuholen.
Bundesgarantien für Investitionen im Ausland
Antragsberechtigt
Deutsche Unternehmen mit Direktinvestitionen
(insbesondere Beteiligungen) in der Türkei.
Art u. Höhe der Maßnahme
Absicherung deutscher Investitionen im Ausland
vor politischen Risiken (Garantienehmer trägt
mind. 5% des Verlustes, Laufzeit: bis zu 15 Jahren).
Kontaktanschrift:
PriceWaterhouseCoopers AG
New-York-Ring 13, 22297 Hamburg
Tel.: 040/88 34 94 51, Fax: -88 34 94 99
E-Mail: [email protected], Internet: www.investitionsgarantien.de
Finanzierung von Investitionen
Programme der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW)
Unternehmerkredit Ausland der KfW-Mittelstandsbank
Antragsberechtigt
Deutsche Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft, deren Tochterunternehmen bzw. Joint Ventures mit maßgeblich deutscher Beteiligung in Österreich und deren Gruppenumsatz 500 Mio. Euro
nicht überschreitet, Freiberufler
Art u. Höhe der Maßnahme
Finanzierungsanteil von bis zu 100% der förderfähigen Investitionskosten. Kosten der Gründung, Ingangsetzung und Erweiterung des Geschäftsbetriebs im Ausland können bis zu einer Höhe von
30% des Investitionsvolumens mitfinanziert werden
(Kredithöchstbetrag: 10 Mio. Euro)
Nationale und internationale Investitionsförderung
33
Unternehmerkapital - Kapital für Arbeit und Investitionen - der KfW-Mittelstandsbank
Antragsberechtigt
Deutsche Unternehmen der gewerblichen
Wirtschaft, deren Tochterunternehmen
bzw. Joint Ventures mit maßgeblich deutscher Beteiligung (mehr als 50%) in der
Türkei und deren Gruppenumsatz 500 Mio.
Euro nicht überschreitet, Freiberufler
Art u. Höhe der Maßnahme
Finanzierungsanteil von bis zu 100% der förderfähigen Investitionskosten, davon 50% als Fremdkapital- und 50% als
Nachrangtranche, Kreditlaufzeit von 10 Jahren für beide
Tranchen (Kredithöchstbetrag: 4 Mio. Euro) Mitfinanziert
werden Investitio-nen, die einen nachhaltigen wirt-schaftlichen Erfolg erwarten lassen und mit denen Arbeits-plätze
geschaffen oder gesichert werden.
KfW-Umweltkredit Ausland der KfW-Förderbank
Antragsberechtigt
Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft, Betreiber- und Kooperationsmodelle, Freiberufler. Im Kreditantrag muss die Kompatibilität des Vorhabens
mit den in der EU geltenden umweltbezogenen Bestimmungen und Standards
bestätigt werden.
Das KfW-Umweltprogramm steht zur Finanzierung von Umweltinvestitionen
außerhalb Deutschlands zur Verfügung:- im grenznahen Bereich, sofern diese
Vorhaben zur Verbesserung der Umweltsituation in Deutschland beitragen; im gesamten Ausland, wenn es sich um Investitionen deutscher Unternehmen
handelt.
Art u. Höhe der Maßnahme
Finanzierungsanteil von
bis zu 75% der förderfähigen Investitionskosten (Kredithöchstbetrag:
10 Mio. Euro)
Kontaktanschrift:
KfW Bankengruppe
Palmengartenstraße 5-9, 60325 Frankfurt am Main
Infocenter Mittelstandsbank: Tel.: 01801/24 11 24; Internet: www.kfw-mittelstandsbank.de
Infocenter KfW Förderbank Tel.: 01801/33 55 77, Internet: www.kfw-foerderbank.de
Eine Kombination von "Unternehmerkredit Ausland" und "Umweltprogramm Ausland" mit
dem Programm "Unternehmerkapital Ausland" ist möglich.
Als Schwerpunktland der deutschen Entwicklungszusammenarbeit wird die Türkei von der
KfW unterstützt.
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Nationale und internationale Investitionsförderung
Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG)
Die Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft mbh (DEG) ist auf die langfristige Finanzierung von Investitionen der privaten Wirtschaft in Entwicklungsländern spezialisiert. Sie
bietet Unternehmen Investitionskapital zu marktorientierten Konditionen für Neugründungen, Erweiterungs-, und Modernisierungsinvestitionen. Voraussetzung ist, dass die mitfinanzierten Vorhaben entwicklungspolitisch und betriebswirtschaftlich sinnvoll sowie umweltund sozialverträglich sind.
Projektfinanzierung durch die DEG
Antragsberechtigt
Deutsche und Europäische Unternehmen
Art u. Höhe der Maßnahme
Langfristiges Investitionskapital in Form von Darlehen, Mezzaninfinanzierungen, Beteiligungen und Garantien zu marktorientierten Konditionen
Kontaktanschrift:
Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft mbH (DEG)
Postfach 45 03 40, 50878 Köln
Tel: 0221/49 86-14 01, -14 02, Fax: -49 86 12 90
E-Mail: [email protected], Internet: www.deginvest.de
Public Private Partnership (PPP)
Public Private Partnership steht für Entwicklungspartnerschaften zwischen öffentlichen und
privaten Akteuren. Die Projekte werden gemeinsam geplant, finanziert und realisiert. Im Rahmen des PPP-Programms können Unternehmen eine Unterstützung ihrer Vorhaben in Entwicklungsländern beantragen, wenn diese eine entwicklungspolitische Wirkung haben. Finanziert werden die Projekte im Rahmen des PPP-Programms durch das Bundesministerium
für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). Durchgeführt werden die Projekte durch eine der vier vom BMZ beauftragten Organisationen:
- Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ)
- Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG)
- Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW)
- Stiftung für wirtschaftliche Entwicklung und berufliche Qualifizierung (SEQUA)
Nationale und internationale Investitionsförderung
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PPP-Konditionen
Antragsberechtigt
Deutsche und europäische Unternehmen sowie deren Beteiligungsgesellschaften in der Türkei mit Investitionsprojekten, die den folgenden Kriterien genügen:
Art u. Höhe der Maßnahme
Die privaten und öffentlichen Beträge werden für jedes Projekt individuell vereinbart.
In der Regel trägt der private Partner 50%
der Projektkosten
- langfristiges privatwirtschaftliches Engagement mit Gewinnerzielungsabsicht, eigenständige betriebswirtschaftliche Rentabilität des Vorhabens.
- Das Vorhaben würde ohne die öffentliche Förderung nicht
realisiert, ist nicht aufgrund gesetzlicher Vorschriften
zwingend durchzuführen und die Realisierung des Vorhabens wurde noch nicht begonnen. Auch reine Exportvorhaben oder Marktstudien sind nicht förderfähig.
Kontaktanschriften:
Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit GmbH (GTZ)
Postfach 5180, 65726 Eschborn
Frau Andrea Kolata
Tel.: 06196/79 73 77, Fax: - 79 73 78
E-Mail: [email protected], Internet: www.gtz.de/ppp
Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft mbH (DEG)
Postfach 45 03 40, 50878 Köln
Tel: 0221/49 86 14 32, Fax: -49 86 12 90
E-Mail: [email protected], Internet: www.deginvest.de
Stiftung für wirtschaftliche Entwicklung und berufliche Qualifizierung (SEQUA gGmbH)
Alexanderstraße 10, 53111 Bonn
Frau Susanne Sattlegger, Programmkoordinatorin PPP
Tel: 0228/982 38 12, Fax: -982 38 -19 oder -29
E-Mail: [email protected], Internet: www.sequa.de
KfW-Entwicklungsbank
Palmengartenstraße 5-9, 60325 Frankfurt am Main
Ansprechpartnerin: Bianca Denfeld
E-Mail: [email protected], Internet: www.kfw-entwicklungsbank.de
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in der Türkei
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Nationale und internationale Investitionsförderung
Finanzierungshilfen einzelner Bundesländer
Neben dem Bund bieten auch die Bundesländer Außenwirtschaftsförderprogramme an. Die
Chancen auf Förderung sind bei diesen, für Unternehmen mit Sitz im jeweiligen Bundesland
ausgerichteten Programmen, in der Regel hoch. Je nach Finanzkraft der einzelnen Bundesländer fällt das Förderangebot unterschiedlich aus. Dieses reicht von der Veranstaltung von Delegationsreisen und Kontaktveranstaltungen mit ausländischen Unternehmen über die Bezuschussung der Teilnahme an Auslandsmessen, umfangreiche individuelle Beratung zur Markterschließung bis hin zur Finanzierung und Absicherung von Exporten und Auslandsinvestitionen durch die Investitionsbanken und Landesbanken.
Außenwirtschaftsförderung der Bundesländer
Bundesland
Baden-Württemberg
Bayern
Berlin
Brandenburg
Bremen
Hamburg
Hessen
Mecklenburg-Vorpommern
Niedersachsen
Nordrhein-Westfalen
Rheinland-Pfalz
Saarland
Sachsen
Sachsen-Anhalt
Schleswig-Holstein
Thüringen
Außenwirtschaftsfördereinrichtungen
www.bw-i.de (Baden-Württemberg International, Wirtschaftsfördergesellschaft des Landes Baden-Württemberg)
www.bayern-international.de (Außenwirtschaftsportal); www.lfa.de (LfA
Förderbank Bayern)
www.berlin-partner.de (Berlin Partner GmbH)
www.wirtschaft.brandenburg.de (Ministerium für Wirtschaft des
Landes Brandenburg)
www.handelskammer-bremen.ihk24.de; www.wfg-bremen.de
(Bremer Wirtschaftsförderung GmbH)
www.bwa.hamburg.de (Behörde für Wirtschaft und Arbeit, Abt. f.
Internationale Wirtschaftsbeziehungen)
www.arbeitsgemeinschaft-hessischer-ihks.de
www.lfi-mv.de (Landesförderinstitut Mecklenburg-Vorpommern)
www.n-export.de (Außenwirtschaftsportal Niedersachsen);
www.nbank.de (Investitions- u. Förderbank des Landes Niedersachsen)
www.nrw-export.de (Außenwirtschaftsportal NRW); www.gfw-nrw.de
(Gesellschaft für Wirtschaftsförderung NRW)
www.isb.rlp.de (Investitions- und Strukturbank Rheinland-Pfalz)
www.saarland-international.de (Außenwirtschaftsportal des Saarlandes)
www.sachsen.de - (Navigationsmenü: Wirtschaft und Umwelt Außenwirtschaft); www.sab.sachsen.de (Sächsische Aufbaubank)
www.intercom-sachsen-anhalt.de (Außenwirtschaftsfördergesellschaft
der IHK in Sachsen-Anhalt); www.lfi-lsa.de (Investitionsbank SachsenAnhalt)
www.wtsh.de (Wirtschaftsförderung und Technologietransfer SchleswigHolstein GmbH)
www.aufbaubank.de (Thüringer Aufbaubank); http://investinthueringen.org/index.php?id=76 (Landesentwicklungsgesellschaft
Thüringen mbH)
Nationale und internationale Investitionsförderung
37
Mit der Förderdatenbank des Bundes im Internet (http://www.foerderdatenbank.de/) gibt die
Bundesregierung einen vollständigen und aktuellen Überblick über die Förderprogramme des
Bundes, der Länder und der Europäischen Union. Zudem ist eine persönliche Förderberatung
durch das BMWi möglich.
Kontaktanschrift:
Förderberatung des BMWi
Tel:: 01888/615-80 00, Fax: -70 33
E-Mail: [email protected]
Wichtige deutsche Banken in der Türkei
Folgende deutsche Banken sind in der Türkei mit Außenstellen oder Repräsentanzen vertreten:
Deutsche Bank A.S.
Eski Büyükdere Caddesi
Tekfen Tower No: 209 K: 17-18, 4. Levent 34394 Istanbul
Tel.: 0090 212/317 01 00, Fax: -317 01 05
Dresdner Bank
Michael Burger
Büyükdere Caddesi
Eren Talu Building, 8th Floor, 34330 1. Levent - Istanbul
Tel.: 0090 212/282 69 62
Commerzbank AG
Representative Office for Turkey
Semra Demirli, Büyükdere Caddesi, Yapi Kredi Plaza
B-Blok, Kat 7, 19/B, 34330 Levent-Istanbul
Tel.: 0090212/279 4248, Fax: -279 41 76
WestLB AG
Ebulula Mardin Caddesi
Maya Park Towers
34335 Akatlar Istanbul
Tel.: 0090 212/3 39 25 00, Fax: -52 22 42
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in der Türkei
38
Nationale und internationale Investitionsförderung
Förderung durch die Europäische Union
Die Türkei wurde im Jahr 1999 offiziell als EU-Beitrittskandidat anerkannt und wird seit Anfang
2002 im Rahmen der Heranführungshilfen der Gemeinschaft gefördert. Die als Zuschüsse gewährten Finanzhilfen sollen dem Land bei der Vorbereitung auf den angestrebten Beitritt helfen. Sie sind eng an das Vorbeitrittsprogramm PHARE angelehnt, beruhen jedoch auf einer eigenen Türkei-Verordnung. Ihre jährliche finanzielle Unterstützung für die Türkei hat die EU
von 177 Mio. Euro im Jahr 2003 über 250 Mio. 2004 und 300 Mio. Euro 2005 bis auf etwa 500 Mio.
Euro für 2006 aufgestockt. Ab 2007 erhält die Türkei ihre Fördermittel durch das neue Instrument für Heranführungshilfe (Instrument for Pre-Accession, IPA).
Die Beitrittspartnerschaft bildet die Grundlage für die Finanzzuweisungen und die Schwerpunktsetzung der Vorbeitrittsförderung. Sie legt die Prioritäten bei der Vorbereitung auf den
Beitritt und insbesondere zur Übernahme des gemeinschaftlichen Besitzstands dar. Die Beitrittspartnerschaft mit der Türkei vom März 2001 wurde im Mai 2003 sowie im Januar 2006
überarbeitet. Die aktuellste Fassung trägt den Prioritäten der im Oktober 2005 begonnenen EUBeitrittsverhandlungen Rechnung und schließt ein detailliertes Arbeitsprogramm ein. Die
Partnerschaft orientiert sich an den Kopenhagen-Kriterien für einen EU-Beitritt: (1) Demokratie, Rechtstaatlichkeit und Achtung von Menschenrechten sowie Schutz von Minderheiten (politische Kriterien), (2) funktionierende Marktwirtschaft und ausreichendes Entwicklungsniveau zur Teilnahme am EU-Binnenmarkt (wirtschaftliches Kriterium) sowie (3) Übernahme und
Umsetzung des EU-Rechtsbestandes (Acquis-Kriterium).
Schwerpunktbereiche der Förderung 2006
Im Jahr 2006 belaufen sich die Zuweisungen im Rahmen des Länderprogramms für die Türkei
auf rund 442 Mio. Euro. Unter Hinzurechnung von 8 Mio. Euro (Soforthilfe zur Bekämpfung der
Vogelgrippe) und weiteren rund 50 Mio. Euro flexibel einsetzbarer Mittel (unter anderem für
technische Hilfe und TAIEX, für Verwaltungs- und Delegationszwecke, für Mehrländerprogramme wie das Statistikprogramm) erreicht der Förderbetrag für 2006 rund 500 Mio. Euro.
Die "alten" Programme bleiben noch eine Weile aktuell, denn laut EU-Haushaltsordnung muss
die Unterzeichnung der Finanzierungsabkommen mit dem Empfängerstaat binnen eines Jahres, die der einzelnen Verträge auf Basis von PHARE beziehungsweise der Türkei-Verordnung
maximal zwei Jahre nach der Mittelbindung erfolgen.
Ziel 1: Umsetzung der politischen Kriterien
Für diese Maßnahmen stehen lediglich 33 Mio. Euro zur Verfügung, da die Programme zur Stärkung der Zivilgesellschaft unter Ziel 4 fallen. Der Schwerpunkt liegt bei Migration und Schutz
von Frauen vor Gewalt. Weiterhin vorgesehen sind Maßnahmen zur Modernisierung des Polizei- und Justizapparates sowie zur Bekämpfung von Drogenhandel, Menschenhandel und Korruption.
Nationale und internationale Investitionsförderung
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Ziel 2: Wirtschaftlicher und sozialer Zusammenhalt
Die höchsten Budgets des mit rund 182 Mio. Euro größten Förderbereichs sind für Programme
zur Verbesserung der Abfallentsorgung sowie Maßnahmen zur Wirtschaftsförderung veranschlagt. Eine wichtige Rolle spielen auch die Förderung von Beschäftigung und beruflicher Bildung sowie infrastrukturbezogene Projekte. Hinzu kommen Vorhaben zur Förderung sozialer
Entwicklung und Integration sowie zur Modernisierung von Kläranlagen und zum Umweltschutz. Einige Projektbeispiele: Kläranlagen Nevsehir und Tokat (10 Mio. Euro), aktive Beschäftigungsmaßnahmen und Unterstützung der türkischen Arbeitsagentur auf lokaler Ebene (16
Mio. Euro), Ausbau des Netzes europäisch-türkischer Gewerbezentren (24 Mio. Euro), Verbesserung der Straßenverkehrssicherheit (21 Mio. Euro).
Ziel 3: Annäherung an den gemeinschaftlichen Besitzstand
Insgesamt knapp 127 Mio. Euro fließen in ein breites Spektrum an Sektoren, die an die Beitrittsanforderungen angepasst werden müssen. Betroffen sind beispielsweise Landwirtschaft,
Energie, Polizei, Justiz und Zollverwaltung, Umwelt sowie öffentliche Verwaltung. Einige Projektbeispiele: Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche (49 Mio. Euro), Modernisierung der
türkischen Zollverwaltung (Phase III, 17 Mio. Euro), Einrichtung eines Netzes zum Austausch
von Umweltinformationen (TEIEN; 10 Mio. Euro).
Ziel 4: Förderung des zivilgesellschaftlichen Dialogs zwischen EU und Türkei und Unterstützung für die Europäische Integration
Diese Komponente umfasst knapp 100 Mio. Euro. Rund zwei Drittel (63 Mio. Euro) sind für die
Teilnahme an Gemeinschaftsprogrammen und -agenturen bestimmt, unter anderem dem
7. Forschungsrahmenprogramm, dem Programm für Wettbewerb und Innovation, Kultur
2007 und der Beobachtungsstelle für Drogenmissbrauch. Die Vorhaben zur Stärkung der Zivilgesellschaft schließen zum Beispiel Netzwerkbildung und Dialoge für Kammern und Arbeitnehmerverbände ein. Einige Projektbeispiele: Förderung des zivilgesellschaftlichen Dialogs
zwischen der EU und der Türkei (22 Mio. Euro), Fortsetzung des Postgraduiertenstipendienprogramms Jean Monnet (3 Mio. Euro), zivilgesellschaftlicher Dialog/ EU-türkisches Kammerforum
(ETCF; 5 Mio. Euro).
Förderung ab 2007
Ab Anfang 2007 überträgt die EU ihre gesamte Vorbeitrittsförderung in das neue Instrument
für Heranführungshilfe (IPA). Als offiziell anerkannter Beitrittskandidat ist die Türkei dort über
alle fünf IPA-Programmkomponenten förderfähig: (1) Übergangshilfe und Aufbau von Institutionen, (2) grenzüberschreitende Zusammenarbeit, (3) regionale Entwicklung, (4) Förderung
von Humanressourcen und (5) Entwicklung des ländlichen Raums. Die Komponenten (3) bis (5)
sind eng an den EU-internen Strukturfonds angepasst. Für den Zeitraum von 2007 bis 2009 will
Brüssel der Türkei über IPA rund 1,6 Mrd. Euro zur Verfügung stellen.
Erfolgreich investieren
in der Türkei
40
Nationale und internationale Investitionsförderung
Strategische IPA-Mehrjahres- und jährliche Aktionspläne für die Türkei werden voraussichtlich
im ersten Quartal 2007 beschlossen werden. Der Kommission zufolge werden die bisherigen
Prioritäten der EU-Unterstützung für die Türkei auch im IPA-Rahmen weitestgehend bestehen
bleiben; die Budgetanteile der Prioritätsbereiche sollen weitgehend der Aufteilung des Jahres
2006 entsprechen.
Detaillierte Informationen zu den Programmen können unter www.bfai.de unter dem Stichwort EU-Projekte bezogen werden. Über ein eigenes Büro in Brüssel informiert die bfai deutsche Unternehmen aktuell und umfassend zu EU-Drittstaatenprogrammen und den damit verbundenen Chancen zur Beteiligung an Projekten und Ausschreibungen. Die aktuellen EU-Projekte können in der bfai-Datenbank "Entwicklungsprojekte" unter www.bfai.de recherchiert
werden.
Kontaktanschriften
Länderprogramme 2002 bis 2006 (einschließlich Projektbögen) auf den Internetseiten der GD
Erweiterung:
http://ec.europa.eu/enlargement/fiche_projet/index.cfm?page=415392&c=TURKEY
Generaldirektion Erweiterung der Europäischen Kommission
Anduela Gjergji, Desk Officer Türkei
Rue de la Loi 170, 1049 Brüssel
Tel.: 0032 2/295 19 43
E-Mail: [email protected]
Internet: http://ec.europa.eu/enlargement/index_de.htm
Delegation der Europäischen Kommission in der Türkei
Ugur Mumcu Cad. No. 88, Gaziosmanpasa Ankara, Türkei
Tel: 0090 312/459 87 00; Fax: -446 67 37
E-Mail: [email protected]
Internet: http://www.deltur.cec.eu.int/default.asp?pId=1&lang=1
Informationsservice zu EU-Drittstaatenprogrammen des bfai-Büros in Brüssel
Bundesagentur für Außenwirtschaft
Avenue du Boulevard 21, 1210 Bruxelles, Belgien
Tel.: 0032/2/204 01 73/87, Fax: -206 67 60
E-Mail: [email protected], Internet: www.bfai.de ("EU-Projekte")
Nationale und internationale Investitionsförderung
41
Die Europäische Investitionsbank (EIB)
Die Europäische Investitionsbank (EIB), seit dem Zusammenschluss mit dem Europäischen Investitionsfonds (EIF) im Jahre 2000 EIB-Gruppe genannt, bietet Unternehmen finanzielle Unterstützung bei der Durchführung verschiedener Projekte an, die zur Entwicklung in der EU beitragen und die europäische Integration fördern. Die Wahl des jeweiligen Finanzierungsproduktes der Bank hängt dabei von der Art und der Förderungswürdigkeit der Projekte ab. Die
Mehrzahl (circa. 90%) aller Aktivitäten der EIB liegen in der EU, der Rest in den Beitrittsländern.
Förderungswürdig sind jedoch auch Vorhaben zur nachhaltigen Entwicklung des Mittelmeerraumes sowie der Länder Afrikas, Asiens und Lateinamerikas.
Die EIB vergibt seit Mitte der 60er Jahre zinsgünstige Kredite an die Türkei. In den Jahren 2001
bis 2005 belief sich das Darlehensvolumen auf 3,1 Mrd. Euro. Die Prioritäten liegen bei der Unterstützung des Privatsektors (über Globaldarlehen an türkische Geschäftsbanken) und bei der
Finanzierung von Infrastrukturprojekten (Schwerpunkt: Verkehr und Energie). Die Darlehen
richten sich an staatliche Stellen, Geschäftsbanken sowie türkische und ausländische private
Unternehmen. Seit dem Beginn der Beitrittsverhandlungen 2005 wurde die Darlehensvergabe
auch auf Bereiche wie Humanressourcen sowie Forschung und Entwicklung ausgedehnt.
Die EIB-Mittel werden über Global- oder langfristige individuelle Darlehen vergeben, die sich
auf bis zu 50% der Projektkosten belaufen können. Förderfähig sind Projekte in den Bereichen
Energie, Verkehr, städtische und Umweltinfrastruktur (Wasserversorgung, Abwasserentsorgung und Sanitäranlagen, städtischer Nahverkehr, Bildung und Gesundheit), Finanzinstitutionen, Informationstechnologie und Medien, Forschung und Innovation, Tourismus, Telekommunikation sowie private Investitionen in Industrie und Dienstleistungen (insbesondere von
KMU). Aktuell bereitet die EIB Projekte zur Unterstützung von KUM sowie in den Bereichen
Energie, Erdbebenschutz, Verkehr und Umwelt vor.
Eine Förderung durch die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBWE) erfolgt bisher nicht; die Türkei ist zwar Anteilseigner der EBWE, bislang aber kein Einsatzland.
Kontaktanschiften
Europäische Investitionsbank (EIB)
100, Boulevard Konrad Adenauer, 2950 Luxemburg
Tel.: 0032 2/235 00 84, Fax: -230 58 27
Paul Gerd Löser, Desk Officer Türkei
Tel.: 00352/43 79 21 59
E-Mail: [email protected]; Internet: www.eib.org
Erfolgreich investieren
in der Türkei
42
Nationale und internationale Investitionsförderung
Die aktuellen Projekte der EIB können unter der Internetadresse www.eib.org/projects/ unter
dem Menüpunkt "project list" recherchiert werden.
EIB Deutschland
Lennestraße 11, 10785 Berlin
Tel.: 030/59 00 47 90, Fax: -59 00 47 99
E-Mail: [email protected]
Internationale Förderung
International Finance Corporation (IFC)
Innerhalb der Weltbankgruppe fördert die International Finance Corporation (IFC) mit Hauptsitz in Washington D.C. Auslandsinvestitionen im Privatsektor der Entwicklungsländer (mehr
dazu unter: http://www.ifc.org). Diese Förderung können auch Investoren aus Deutschland
nutzen, die sich in der Türkei in bestimmten Bereichen engagieren wollen.
Die IFC-Finanzierung ist im Regelfall auf maximal 25% der gesamten Projektkosten begrenzt.
Standardprojekte der IFC werden in der Größenordnung 1 Mio. bis 100 Mio. $ finanziert. IFC-finanzierte Projekte müssen vom Privatsektor durchgeführt werden. Außerdem müssen sie finanziellen, volkswirtschaftlichen, umweltschutz- und durchführungsbezogenen Richtlinien
des Gastlandes bzw. Vorschriften der Weltbank entsprechen. Die Vorschriften der IFC in Bezug
auf Umwelt, Gesundheit und Sicherheit finden Sie unter www.ifc.org/enviro.
Die Türkei ist seit 1956 Mitglied der IFC. Das Land zählt derzeit zu den bedeutendsten Mittelempfängern der IFC (weltweit an 5. Stelle, 2005). Seit 1970 hat die IFC aus eigenen Mitteln insgesamt 2,5 Mrd. $ für Projekte in Schlüsselsektoren zugesagt. Zudem wurden 1,6 Mrd. $ an syndizierten Krediten für Vorhaben in der Türkei arrangiert. Vor allem nach der Finanzkrise von 2001
sind in hohem Masse Mittel bereitgestellt werden. Das Portfolio für laufende Projekte wird derzeit auf mehr als 1,2 Mrd. $ beziffert.
Die IFC unterstützt in der Türkei schwerpunktmäßig Projekte im Finanzsektor, im Bereich Mikrofinanzierung sowie in der verarbeitenden Industrie. Im Zuge der Privatisierungsbestrebungen soll künftig mehr Augenmerk auf den Infrastrukturbereich im weiteren Sinne gelegt werden (Stromwirtschaft, Häfen, Logistik). Es sollen wichtige Privatisierungsvorhaben unterstützt
und mehr ausländische Direktinvestitionen gewonnen werden.
Die Internetseite
http://www.ifc.org/ifcext/eca.nsf/Content/Turkey_investment%20table#TurkeyTable listet
wichtige von der IFC unterstützte Investitionen in der Türkei auf:
Nationale und internationale Investitionsförderung
43
Kontaktadressen für weiterführende Informationen bei der IFC:
IFC Headquarters Office, Washington D.C.
2121 Pennsylvania Avenue, NW
MSN F 11K-1100, Washington, DC 20433/USA
Tel.: 001 202/458-77 94, Fax: -974-43 12
Neeraj Jain
Principal Strategy Officer
Tel.: 001 202/473-67 78
E-Mail: [email protected]
George Konda
Senior Economist
Southern Europe & Central Asia
Tel.: 001 202/458-01 96
[email protected]
Kaikham Onedamdy
Strategy Officer
Southern Europe & Central Asia
Tel.: 001 202/473-63 14
E-Mail: [email protected]
Die IFC unterhält Länder bzw. Regionalbüros. Zuständig für Kooperationen in der Türkei ist das
Büro der IFC in Istanbul:
IFC-Southern Europe and Central Asia - Regional Office
Buyukdere Cad. No: 185
Kanyon Ofis Blogu Kat 10, Levent, 34394, Istanbul
Tel.: 0090 212/385-30 00, Fax: -385-301
(Dieses Regionalbüro ist auch noch für folgende Länder zuständig: Albanien, Aserbaidschan,
Bosnien-Herzegovina, Bulgarien, Kroatien, Kasachstan, Kirgisistan, Mazedonien, Moldavien,
Rumänien, Serbien und Montenegro, Tadschikistan, Turkmenistan und Usbekistan.)
Shahbaz Mavaddat
Direktor, Abteilung Südeuropa und Zentralasien
Tel.: 0090 212/385-3000
E-Mail: [email protected]
Erfolgreich investieren
in der Türkei
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Nationale und internationale Investitionsförderung
Snezana Stoiljkovic
Manager
Sektor: Verarbeitende Industrie
Tel.: 0090 212/385-30 00
E-Mail: [email protected]
Antonio David
Portfolio Manager
Sektor: Verarbeitende Industrie
Tel.: 0090 212/385-30 00
E-Mail: [email protected]
Martin L. Kimmig
Portfolio Manager
Sektor: Finanzmärkte
Tel.: 0090 212/385-30 00
E-Mail: [email protected]
Risikoabsicherung für Direktinvestitionen im Ausland (Multilaterale Investitionsagentur MIGA)
Ziel der Multilateral Investment Guarantee Agency (MIGA), die zur Weltbankgruppe gehört, ist
die Förderung von Investitionsprojekten in Entwicklungsländern durch Bereitstellung von Policen, welche das politische Risiko in einem Land absichern.
Unter www.miga.org können Projekte, die gegen politische Risiken in den jeweiligen Ländern
abgesichert werden nach Sektoren und Ländern recherchiert werden.
Es gibt kein eigenes Büro von MIGA in der Türkei, es muss die MIGA-Zentrale in Washington D.C.
kontaktiert werden.
Kontaktanschriften:
The Multilateral Investment Guarantee Agency
1818 H Street, NW
Washington DC 20433
Nationale und internationale Investitionsförderung
45
Garantien:
Fax: 001 202/522 26 30
Technische Zusammenarbeit
Fax: 001 202/522 26 50
Business Development Analyst
Michael Durr
E-Mail: [email protected]
Tel.: 001 202/458 47 98, Fax: -522 03 16
Infrastrukturbereich:
Philippe Valahu
E-Mail: [email protected]
Finanzsektor
Ileana Boza
E-Mail: [email protected]
Verarbeitende Industrie / Agrobusiness / Dienstleistungen
Nabil Fawaz
E-Mail: [email protected]
Öl- und Gassektor / Bergbau und Chemie
Nick Halkas
E-Mail: [email protected]
Aktuelle Hinweise zu Projektvorhaben finden sich auch in der Datenbank "Länder und Märkte"
www.bfai.de. Entwicklungsvorhaben im Ausland, die von internationalen Finanzierungsinstituten gefördert werden (von Straßenbau über Consulting und Gesundheitsvorsorge bis zum
Bau von Industrieanlagen) können unter www.bfai.de, Menüpunkt Datenbank-Recherche, Entwicklungsprojekte abgerufen werden.
Hinweise auf öffentliche Ausschreibungen ausländischer staatlicher Stellen können unter
www.bfai.de, Menüpunkt Datenbank- Recherche, Ausschreibungen recherchiert werden. Darüber hinaus stehen im Bereich der Ausschreibungen auch EU-Binnenmarkt-Ausschreibungen
staatlicher Stellen zur Verfügung
Erfolgreich investieren
in der Türkei
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Nationale und internationale Investitionsförderung
Nationale Fördermaßnahmen
Das nationale türkische Investitionsfördersystem, das 2003 neu gefasst wurde, kennt keine besonderen Vergünstigungen für ausländische Investitionen, die über die bestehenden Bestimmungen für lokale Unternehmen hinausgehen. Die Grundlagen für die Behandlung ausländischer Investitionen bildet das Gesetz Nr. 4875, das am 17.6.03 in Kraft trat und das langjährige
Gesetz Nr. 6224 aus dem Jahr 1954 ersetzte. Der Kern der Reform 2003 besteht in der grundsätzlichen Gleichstellung von Unternehmen mit in- und ausländischem Kapital. Die zuvor geltenden Vorschriften für ausländische Investoren, wie die Vorgabe einer Mindestinvestitionssumme, wurden beseitigt. Ausländische Investitionen bedürfen keiner besonderen Genehmigung.
Sie unterliegen bezüglich der Gründung und Förderung denselben Vorschriften und Bestimmungen, die auch für einheimische Firmen gelten.
Das bestehende türkische Fördersystem verknüpft Aspekte der Regionalentwicklung und der
Mittelstandsförderung. Diese beiden Elemente bilden die Grundpfeiler des staatlichen Fördersystems.
Darüber hinaus werden direkte und indirekte Subventionen für Projekte in den Bereichen Forschung und Technologieentwicklung gewährt. Auch die Exportwirtschaft profitiert von staatlichen Beihilfen. Steuerliche Vergünstigungen, die über die Mehrwertsteuerbefreiung im Rahmen des allgemeinen Fördersystems gemäß Ministerratsbeschluss Nr. 2006/10921 hinausgehen, werden im Rahmen des Körperschaftsteuergesetzes Nr. 5520 vom 13.6.06 (ersetzt Gesetz
Nr. 5422 vom 3.6.49) gewährt. Einen guten Überblick zu den einzelnen Fördermaßnahmen mit
Erläuterungen bietet das Internetportal der Förderagentur: www.investinturkey.gov.tr
Allgemeines Fördersystem (Regionalentwicklung)
Die allgemeine Investitionsförderung zielt in erster Linie auf den Abbau der regionalen Einkommensunterschiede ab, indem Investitionen in weniger entwickelten Regionen begünstigt
werden. Das staatliche Fördersystem basiert auf dem Ministerratsbeschluss Nr. 2006/10921 vom
28.8.06, der durch Veröffentlichung im Staatsanzeiger "Resmi Gazete" Nr. 26331 zum 6.10.06 in
Kraft gesetzt wurde und den Ministerratsbeschluss Nr. 2002/4367 vom 10.6.02 ersetzte.
Die Bescheinigung der Förderfähigkeit erteilt auf Antrag die beim Staatssekretariat für Schatzwesen angesiedelte Förderagentur, die ein Investitionsförderzertifikat ("investment certificate") ausstellt. Die förderungsfähige Mindestinvestitionssumme bestimmt Art. 4 des Ministerratsbeschlusses Nr. 2006/10921 mit 1 Mio. YTL. Die Untergrenze für die allgemeine Förderung
beträgt bei kleinen und mittelständischen Betrieben 200.000 YTL. Über die Förderungswürdigkeit eines Projektes entscheidet neben qualitativen Elementen, wie Wertschöpfungsbeitrag,
Beschäftigungseffekte und Technologietransfer, vor allem die ausgewählte Region.
Nationale und internationale Investitionsförderung
47
Es gibt drei Gruppen von Fördergebieten:
- Entwickelte Provinzen: Istanbul, Kocaeli (Izmit), Ankara, Izmir, Bursa, Adana und Antalya.
Das Förderangebot bezieht sich hier nur auf ausgewählte Branchen, wie Gesundheit und Bildung, sowie auf Gebiete von besonderer industrieller und technologischer Relevanz;
- Prioritätsprovinzen: 50 vergleichsweise wenig entwickelte Regierungsbezirke, die bei der
Förderung Vorrang genießen - Adiyaman, Agri, Aksaray, Amasya, Ardahan, Artvin, Bartin,
Batman, Bayburt, Bingöl, Bitlis, Canakkale, Cankiri, Corum, Diyarbakir, Elazig, Erzincan, Erzurum, Giresun, Gümüshane, Hakkari, Igdir, Kahramanmaras, Karabük, Karaman, Kars, Kastamonu, Kirikkale, Kirsehir, Kilis, Malatya, Mardin, Mus, Nevsehir, Nigde, Ordu, Osmaniye,
Rize, Samsun, Siirt, Sinop, Sivas, Sanliurfa, Sirnak, Tokat, Trabzon, Tunceli, Van, Yozgat, Zonguldak
- Normale Provinzen: Übrige Regierungsbezirke, die bei der Förderung mittlere Priorität einnehmen.
Nach dem Ministerratsbeschluss Nr. 2006/10921 vom Oktober 2006 besteht die allgemeine
staatliche Förderung aus drei Grundelementen:
- Zollbefreiung beim Import
- Mehrwertsteuerbefreiung
- Zinszuschüssen.
Der investitionsbezogene Steuernachlass ("investment allowance"), der bis zum Jahr 2006 eines
der Hauptinstrumente des türkischen Förderwesens war und im Zuge der Körperschaftsteuerreform aufgehoben wurde, ist nach der neuen Regelung nicht mehr Bestandteil des allgemeinen Fördersystems. Dies gilt auch für Kreditzuteilungen aus dem Staatshaushalt, die nicht
mehr gewährt werden.
Die vorgenannten drei Vergünstigungsarten werden in Verbindung mit der projektbezogenen
Beschaffung (Ankauf im Ausland oder in der Türkei) von Maschinen, Anlagen, Ausrüstungen
und Technologien gewährt. Förderungsberechtigt sind Investoren mit Investitionsförderzertifikaten. Die Zinssubventionen für Projektkredite beinhalten laut Art. 9 des Ministerratsbeschlusses bei Krediten in lokaler Währung einen staatlichen Zuschuss von fünf Prozentpunkten
und bei Devisenkrediten von zwei Prozentpunkten. Einzelheiten zu den Förderungen enthält
der Ministerratsbeschluss.
Zur Unterstützung von 36 Provinzen mit einem Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Einwohner von
unter 1.500 US$ und weiteren 13 Provinzen mit negativem sozioökonomischen Entwicklungsindex gibt es laut Gesetz Nr. 5084 vom 6.2.04 (ergänzt durch Gesetz Nr. 5350 vom 18.5.05) besondere, jedoch nur bis Ende 2008 geltende, Investitionsanreize, die auf die Erzielung von Beschäftigungseffekten abzielen. Es handelt sich hierbei um die Kostenübernahme von 20 bis 50% für
Elektrizitätsrechnungen bei Neueinstellungen (kontinuierliche Beschäftigung von mindestens
zehn Arbeitskräften), die Kostenübernahme bis zu 100% der Sozialabgaben für neues Personal,
Erfolgreich investieren
in der Türkei
48
Nationale und internationale Investitionsförderung
die Streichung der Einkommensteuer für neues Personal sowie die kostenlose Überlassung von
Grundstücken für Investitionen.
Kontaktanschriften:
Basbakanlik Hazine Müstesarligi / Yabanci Sermaye Genel Müdürlügü
(Undersecretariat of Treasury / General Directorate of Foreign Investments)
Inönü Bulvari 36, 06510 Emek - Ankara
Tel.: 0090 312/212 50 00; Fax: -212 89 16
E-Mail: [email protected]; Internet: www.treasury.gov.tr
Basbakanlik Dis Ticaret Müstesarligi (Undersecretariat of Foreign Trade)
Inönü Bulvari 36, 06510 Emek - Ankara
Tel.: 0090 312/204 75 00
Internet: www.dtm.gov.tr
Basbakanlik Gümrük Müstesarligi (Undersecretariat of Customs)
Eski Maliye Bakanligi Binasi, Kat 2, 06100 Ulus - Ankara
Tel.: 0090 312/311 12 52; Fax: -310 22 14
Internet: www.gumruk.gov.tr
Türkiye Odalar ve Borsalar Birligi - TOBB
(Vereinigung der türkischen Industrie- und Handelskammern und Warenbörsen)
Atatürk Bulvari 149, Bakanliklar - Ankara
Tel.: 0090 312/413 80 00; Fax: -418 32 68
E-Mail: [email protected]; Internet: www.tobb.org.tr
Deutsch-Türkische Industrie- und Handelskammer Istanbul
(Alman-Türk Ticaret ve Sanayi Odasi)
Muallim Naci Caddesi 40, 34347 Ortaköy - Istanbul
Tel.: 0090 212/310 69 00; Fax: -310 69 60
E-Mail: [email protected]; Internet: www.dtr-ihk.de
Mittelstandsförderung
Der Ministerratsbeschluss Nr. 2000/1822 vom 20.12.00 bildet die Grundlage der staatlichen Mittelstandsförderung der Türkei. Nach dem Ministerratsbeschluss kommen Betriebe mit bis zu
250 Mitarbeitern und mit maximal 950.000 YTL Nettoanlagevermögen (ohne Immobilien) in
den Genuss von verschiedenen Fördermaßnahmen.
Das Förderangebot reicht von Steuervergünstigungen bis zu zinssubventionierten Krediten
aus Mitteln des Staatshaushalts. Nach den geltenden Bestimmungen werden Projekte mit ei-
Nationale und internationale Investitionsförderung
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nem Investitionsbetrag bis zu maximal 950.000 YTL gefördert. Über die Förderungswürdigkeit
bestimmt die Förderagentur auf Antrag und nach Prüfung durch die damit beauftragten öffentlichen Banken. Diese sind im Falle von Projekten in den Bereichen Tourismus, Bildung, Gesundheit und Agroindustrie die Türkische Entwicklungsbank Türkiye Kalkinma Bankasi
(www.tkb.com.tr) und die Volksbank Halkbank (www.halkbank.com.tr) sowie in allen anderen
Sektoren die Türkische Industrieentwicklungsbank Türkiye Sinai Kalkinma Bankasi
(www.tskb.com.tr).
Kleine und mittelständische Unternehmen, welche die Grundbedingungen erfüllen und deren
Vorhaben als förderungsfähig anerkannt werden, können in Abhängigkeit von der ausgewählten Region für 20 bis 60% der Investitionssumme Förderkredite in Anspruch nehmen. Die Obergrenze für diese Investitionskredite aus Haushaltsmitteln beträgt 475.000 YTL, bei Krediten für
Betriebskapital 75.000 YTL. Der Zinssatz für Investitionskredite liegt zwischen 10 und 20%, für
Betriebsmittelkredite 15 bis 25%. Die Laufzeit der Kredite beträgt zwei bis vier Jahre.
Als Ergänzung zu regulären Bankkrediten für kleine und mittlere Betriebe übernimmt der nationale Kredit- und Garantiefonds KGF (Kredi Garantie Fonu Isletme ve Arastirma A.S.) Kreditbürgschaften. Der KGF bietet keine zusätzlichen Finanzmittel und arbeitet über verschiedene
Banken.
Kontaktanschrift:
Kredi Garanti Fonu Isletme ve Arastirma A.S. - KGF
Adakale Sokak 28/1, 06420 Yenisehir - Ankara
Tel.: 0090 312/435 64 26, -435 65 96; Fax: -434 48 89
E-Mail: [email protected]; Internet: www.kgf.com.tr
Eine bedeutende Institution der Mittelstandsförderung ist die Förderagentur KOSGEB im Geschäftsbereich des Ministeriums für Industrie und Handel. In der Ende 2005 veröffentlichten
Verordnung dieses Ministeriums über "Definition, Eigenschaften und Klassifizierung von kleinen und mittelständischen Unternehmen" (Staatsanzeiger Nr. 25997 vom 18.11.05) werden Betriebe mit einem Jahresumsatz oder einer Bilanzsumme bis zu 25 Mio. YTL als kleine und mittelständische Firmen (KMU) betrachtet. Die KOSGEB bietet neben Beratung und Schulung in einer
Vielzahl von Bereichen auch eine kostenlose Analyse, Prüfung und Qualitätsmessung von Produkten an und vermittelt Geschäftspartner.
Kontaktanschrift:
Kücük ve Orta Ölcekli Sanayi Gelistirme ve Destekleme Idaresi Baskanligi - KOSGEB
(Small and Medium Industry Development Organization)
MKEK Binasi, Kat 9, 06330 Tandogan - Ankara
Tel.: 0090 312/212 81 90, Fax: -212 25 08
E-Mail: [email protected]; Internet: www.kosgeb.gov.tr
Erfolgreich investieren
in der Türkei
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Nationale und internationale Investitionsförderung
Kontaktpartner für KMU bietet auch das Netzwerk der Euro Info Centres (EIC). Die Anschriften
der EIC in der Türkei enthält die Webseite
www.europa.eu.int/comm/enterprise/networks/eic/eic_turkey.html
Förderungen in Freizonen und sonstigen Sonderzonen
Freizonen
Die nach dem Gesetz Nr. 3218 vom 6.6.85 in den 21 Freizonen operierenden Betriebe genießen
seit 1985 Freiheit von der Einkommen-, Körperschaft- und Mehrwertsteuer sowie vom Einfuhrzoll. Diese Steuerbefreiungen gelten bis zum Ablauf der Lizenzen für alle Firmen, die sich bereits vor dem 6.2.04 in einer Freizone niedergelassen hatten. Für Unternehmen, die sich nach
dem 6.2.04 hier ansiedelten, entfällt die Befreiung von der Körperschaftsteuer. Die Einkommensteuerbefreiung für Arbeitnehmer läuft hier Ende 2008 aus. Die Befreiung von der Mehrwertsteuer bleibt dagegen bestehen.
Technologieentwicklungszonen (Technoparks)
Investoren im Bereich Forschung und Entwicklung können von steuerlichen Vergünstigungen
profitieren, wenn sie sich in Technologieentwicklungszonen niederlassen. Für solche Vorhaben existiert außerdem die Möglichkeit, Zuschüsse und vergünstigte Kredite in Anspruch zu
nehmen. Die rechtliche Grundlage für diese Förderung bildet das Gesetz Nr. 4691 vom 6.7.01
über Technologieentwicklungszonen ("Teknopark").
Organisierte Industriezonen
Eine überwiegend indirekte Förderung stellen die landesweit auf einer Gesamtfläche von 624
Mio. qm operierenden 242 organisierten Industriezonen "OSB" (= Organize Sanayi Bölgesi) dar,
die nach Bestimmungen des OSB-Gesetzes Nr. 4562 vom 15.4.00 arbeiten und in denen den Investoren in erster Linie eine gute Infrastruktur bereitgestellt wird. Nach dem Gesetz Nr. 5350
vom 18.5.05 ist in den OSB der Provinzen Karabük, Kirikkale, Samsun und Zonguldak die kostenlose Zuteilung von Industriegrundstücken möglich. In den OSB in 49 Provinzen werden neben
der Grundstückzuteilung auch Erleichterungen bei Steuern, Sozialversicherungsprämien und
Energiekosten gewährt. Einige der OSB arbeiten branchenbezogen, wie die sich im Aufbau befindliche TAYSAD-OSB für Kfz-Zulieferindustrien in Gebze.
Lohn- und Lohnnebenkosten
51
Lohn- und Lohnnebenkosten
Allgemeines zum Arbeitsmarkt
Die wirtschaftliche Erholung in der Türkei Anfang der 2000er Jahre war mit nur wenigen Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt verbunden. Trotz der vergleichsweise hohen Wachstumsraten des Bruttosozialprodukts blieb die offizielle Arbeitslosenquote 2006 mit 10,5% gegenüber
dem Vorjahr in etwa unverändert. Die tatsächliche Quote dürfte wegen der schwierigen Erfassung höher liegen. Der Rationalisierungsdruck auf die Betriebe im globalen Wettbewerb führt
gar zum Abbau von Arbeitsplätzen mit ungünstigen Effekten auf den Arbeitsmarkt. Damit
bleibt die Arbeitslosigkeit eines der wichtigsten Wirtschaftsprobleme des Landes.
Bei tendenziell abnehmender Bedeutung der Landwirtschaft müssen die in diesem Sektor frei
werdenden Arbeitsplätze von der Industrie und dem Dienstleistungssektor absorbiert werden.
2005 waren noch 29,5% der Arbeitskräfte im Agrarsektor beschäftigt. Dieser Strukturwandel
stellt die Arbeitsmarktpolitik vor große Herausforderungen. Wenn auch das Bildungsniveau
der Arbeitskräfte von den in der Türkei tätigen ausländischen Firmen allgemein als gut bezeichnet wird, bestehen im Ausbildungssystem, vor allem was die praktische Berufsausbildung angeht, erhebliche Defizite. Der Reformbedarf ist hier besonders groß. Die Macht der Gewerkschaften ist zwar im Vergleich zu den zurückliegenden Jahrzehnten gesunken. So waren nach
Angaben des Ministeriums für Arbeit und Soziale Sicherheit Anfang 2006 nur noch 58,7% (2000:
68,5%) der Industriearbeiter Mitglied bei den Gewerkschaften. Trotzdem spielen diese im Arbeitsleben eine nicht geringe Rolle und machen bei wirtschaftspolitischen Entscheidungen ihren Einfluss geltend. Dabei verfolgen sie eine nationalistische Linie und versuchen beispielsweise Privatisierungsprojekte der Regierung, vor allem beim Verkauf der Staatsbetriebe an ausländische Firmen, durch langwierige Gerichtsverfahren zu blockieren.
Allgemeine Arbeitsmarktdaten 2006
Bevölkerung (in Mio.)
Erwerbspersonen (Bevölkerung älter als 15 und unter 65) (in Mio.)
Erwerbstätige (in Mio.)
Arbeitslosenquote, offiziell (in %)
Analphabetenquote (in %)*)
Universitätsabschluss (in %)*)
Durchschnittliche Wochenarbeitszeit (in Stunden, inkl. Überstunden)
73,0
52,1
22,1
10,5
10,3
4,5
45,9
*) Anteil an der Gesamtbevölkerung zur Jahresmitte 2006
Quelle: Türkiye Istatistik Kurumu (TÜIK), Ankara
Die Erfolgsaussichten bei der Personalsuche steht in Abhängigkeit von den gestellten Anforderungen. Je spezifischer die Anforderungen, desto schwieriger und langwieriger gestaltet sich
die Suche. Nach einer im türkischen Wirtschaftsmagazin "Capital" (02/2006) veröffentlichten
Firmenumfrage ist die durchschnittliche Dauer der Personalsuche im Einzelhandel mit vier bis
zwölf Wochen am längsten, gefolgt von acht bis zehn Wochen in der Lebensmittelbranche und
Erfolgreich investieren
in der Türkei
52
Lohn- und Lohnnebenkosten
vier bis zehn Wochen im Arzneimittelsektor. Auch die Suche von qualifiziertem Personal für
Banken und Versicherungen ist relativ schwierig. Neben der Einschaltung privater Personalagenturen, die seit 2004 unter dem Dach des Fachverbandes ÖIBD zusammengeschlossen sind,
können Anzeigen über Stellenangebote in den Wochenendausgaben großer Tageszeitungen,
wie "Hürriyet" und "Milliyet", platziert werden. In besonders schwierigen Fällen muss der Weg
des Abwerbens bei der Konkurrenz als Problemlösung angegangen werden.
Löhne und Gehälter
Die Löhne und Gehälter in der Türkei sind im Vergleich zu den Ländern Westeuropas deutlich
niedriger. Was die Arbeitskosten in der verarbeitenden Industrie angeht, gehört das Land jedoch im Vergleich zu den Staaten Osteuropas zu den relativ teuren Ländern. Allerdings ist auch
die Produktivität in der Industrie größer als in einigen ost- und südosteuropäischen Ländern.
Die relativ starke Türkische Lira ist eine der Ursachen für die vergleichsweise hohen Arbeitskosten, was sich negativ auf die Tätigkeit ausländischer Firmen auswirkt. Wegen des hohen Anteils
der Schattenwirtschaft an der gesamtwirtschaftlichen Leistung von schätzungsweise mindestens 40% ist die Aussagekraft der offiziellen Statistiken über die tatsächliche Höhe der Löhne
und Realeinkommen der Arbeitnehmer fraglich. Nach Angaben der Weltbank waren 2004
etwa 53% der insgesamt beschäftigten Arbeiter offiziell nicht als solche registriert, davon 19% in
städtischen und 34% in ländlichen Regionen.
Insbesondere in der Landwirtschaft erfolgt die Beschäftigung häufig ohne offizielle Arbeitsverhältnisse, so dass auch keine verlässlichen Zahlen zu den tatsächlich gezahlten Löhnen vorliegen. Die hohen Lohnnebenkosten beziehungsweise das hohe Gefälle zwischen den Brutto- und
Nettolöhnen sowie die Inflexibilität in den arbeitsrechtlichen Bestimmungen fördern die
Schattenwirtschaft.
Eine wichtige Vorgabe für die Arbeitskosten in der Türkei ist der gesetzliche Mindestlohn, der
nach Art. 55 des Grundgesetzes zur Sicherung des Existenzminimums vorgeschrieben ist. Er
wird zum Beginn eines jeden Jahres von der zuständigen Kommission (Regierung, Arbeitgeber,
Gewerkschaften) angepasst und verkündet. Der seit Anfang 2007 geltende monatliche Mindestlohn für Arbeiter von 16 Jahren und älter beträgt brutto 562,50 YTL, was eine Nettomonatslohn von 403,02 YTL entspricht. Er wird zum 1.7.07 auf 585,00 YTL erhöht.
Entwicklung der durchschnittlichen Bruttomonatslöhne *)
nominal (in Landeswährung YTL)
nominal (in Euro)
Veränderung auf Euro-Basis (in %)
2004
1.034
571
-
2005
1.176
721
26,3
*) auf der Grundlage der Daten des jeweils 3. Quartals; durchschnittlicher Wechselkurs 3. Quartal 2006 (2005): 1 Euro = 1,91 (1,63) YTL
Quelle: Türkiye Istatistik Kurumu (TÜIK), Ankara
2006
1.314
688
-4,6
Lohn- und Lohnnebenkosten
53
Die vom Statistikamt gemachten Angaben zu den Bruttolöhnen in den verschiedenen Landesregionen sind ebenso unter Berücksichtigung der geschilderten Probleme bei der Erfassung zu
bewerten. Die offizielle Statistik weist das westliche Schwarzmeergebiet als die Region mit den
höchsten Arbeitslöhnen aus. Dies mag mit den im Gebiet von Zonguldak angesiedelten Steinkohlebergwerken und der Eisen- und Stahlindustrie zusammenhängen, wo wegen der schweren Arbeitsbedingungen zusätzliche Zahlungen in Form von Zulagen beziehungsweise Zuschlägen vorgenommen werden, die bei der Ermittlung des Bruttolohns mitberücksichtigt
werden.
Die östliche Marmara-Region und der Großraum Istanbul sind mit Abstand die wichtigsten Industriezonen der Türkei, wo in den zurückliegenden Jahrzehnten zahlreiche Betriebe des produzierenden Gewerbes aufgebaut wurden, die größtenteils nach internationalen Standards arbeiten. Der Regierungsbezirk (Provinz) Bursa ist das Zentrum der türkischen Automobilindustrie mit wichtigen Kfz-Werken und zahlreichen Zulieferbetrieben. Südostanatolien und Mittelostanatolien sind die wirtschaftlich am wenigsten entwickelten Gebiete der Türkei. Folglich
weisen die dort gezahlten Löhne das niedrigste Niveau auf.
Durchschnittliche Bruttomonatslöhne nach Regionen 1)
Regionen (wichtigste Städte)
Landesdurchschnitt
TR8/Westliches Schwarzmeer
(Zonguldak, Kastamonu, Samsun)
TR4/Ostmarmara (Bursa, Kocaeli)
TR5/Westanatolien (Ankara, Konya)
TR1/Istanbul
TRA/Nordostanatolien (Erzurum, Agri)
TR2/Westmarmara (Tekirdag, Balikesir)
TR6/Mittelmeer (Antalya, Adana, Hatay)
TR9/Östliches Schwarzmeer (Trabzon)
TR3/Ägäis (Izmir, Aydin, Manisa)
TR7/Mittelanatolien (Kirikkale, Kayseri)
TRB/Mittelostanatolien (Malatya, Van)
TRC/Südostanatolien (Gaziantep, Sanliurfa, Mardin)
2006 (in Euro) 2)
Veränd. (in %) 3)
688
902
-4,6
-3,9
Veränd.
(in %) 4)
11,7
12,5
812
734
690
672
636
632
625
583
563
503
410
-6,6
-3,8
-4,2
-10,0
-2,5
-3,7
2,0
-3,8
-2,8
-9,5
-12,9
9,5
12,7
12,4
5,5
14,2
12,9
19,5
12,7
14,0
5,8
2,8
1) auf der Grundlage der Daten des jeweils 3. Quartals; 2) durchschnittlicher Wechselkurs im 3. Quartal 2006 (2005): 1 Euro = 1,91 (1,63) YTL; 3) nominal in Euro; 4) nominal in Landeswährung
Quelle: Türkiye Istatistik Kurumu (TUIK), Ankara
Nach Ermittlungen des Statistikamtes werden die höchsten Bruttolöhne in der Kohle- und Erdölindustrie bezahlt. Darüber hinaus zählen die chemische Industrie, der Fahrzeugbau und die
Metallindustrie zu den Branchen mit vergleichsweise hohem Lohnniveau.
Erfolgreich investieren
in der Türkei
54
Lohn- und Lohnnebenkosten
Durchschnittliche Bruttomonatslöhne nach Industriezweigen 1)
Branche (ISIC Rev. 3)
Produzierendes Gewerbe
Nahrungsmittel und Getränke (15)
Tabakwaren (16)
Textilien (17)
Bekleidung (18)
Lederwaren (19)
Holz und Holzwaren (20)
Papier und Papierwaren (21)
Druckerzeugnisse (22)
Kohle, raffinierte Erdölprodukte (23)
Chemische Produkte (24)
Kunststoffe (25)
andere nichtmetallische Mineralprodukte (26)
Grundmetalle (27)
Metallwaren (28)
Maschinen und Anlagenbau (29)
Büromaschinen (30)
Elektrotechnische Erzeugnisse (31)
Nachrichtentechnik (32)
Medizintechnische und optische Geräte (33)
Kraftfahrzeuge und Karosserien (34)
Sonst. Transportmittel (35)
Möbel (36)
2006 (YTL)
1.314
1.218
1.506
823
724
726
930
1.307
1.687
3.517
2.215
1.254
1.141
1.894
1.284
1.462
904
1.759
1.587
1.179
1.866
1.928
890
Veränd. (in %) 2)
11,7
15,0
4,1
7,7
10,2
11,9
13,8
10,9
12,6
-5,1
12,4
9,1
9,4
13,8
14,7
11,4
13,6
4,0
5,2
20,9
9,6
10,4
18,2
2006 (in Euro)
688
638
788
431
379
380
487
684
883
1.841
1.160
657
597
992
672
765
473
921
831
617
977
1.009
466
1) auf der Grundlage der Daten des jeweils 3. Quartals; 2) nominal gegenüber dem Vorjahr
Quelle: Türkiye Istatistik Kurumu (TUIK), Ankara
Allgemein kann davon ausgegangen werden, das die in ausländischen Unternehmen gezahlten Löhne und Gehälter über den Entgelten in reinen türkischen Firmen liegen. Statistische Belege dazu existieren jedoch nicht. Die von der Gesellschaft Poyraz Consulting ermittelten und in
der Tabelle aufgeführten Zahlen zum Jahresbruttogehalt für einzelne Berufsgruppen betreffen
bereits die obere Kategorie von Unternehmen in der Türkei. Die Angaben zeigen, dass die Lohnkostenvorteile im Verhältnis zu Deutschland beträchtlich sind. Bei Firmen mit Auslandskapital
kann im Einzelfall, vor allem im Management- und Expertenbereich, die Vergütung höher als
bei reinen türkischen Firmen liegen. Dies trifft vor allem für internationale Konzerne beziehungsweise Großunternehmen zu, die in der Türkei mit Niederlassungen und Tochtergesellschaften reichlich vertreten sind.
Lohn- und Lohnnebenkosten
55
Ein Vorteil des Investitionsstandortes Türkei, der von ausländischen Unternehmen nahezu einhellig hervorgehoben wird, ist das große Potenzial gut befähigter, einsatzbereiter und hoch
motivierter Mitarbeiter. Hierbei schneiden Führungskräfte am besten ab. Obschon deutsche Investoren in der Türkei Alleineigentum oder Mehrheitseigentum bevorzugen, gaben in einer
Umfrage der Deutsch-Türkischen Industrie- und Handelskammer in Istanbul aus dem Jahre
2004 knapp 60% von ihnen an, dass ihr Unternehmen von einer türkischen Führungskraft geleitet wird. Weitere ca. 20% hatten eine gemischt deutsch-türkische Spitze. Lediglich bei den restlichen 20% handelte es sich um eine ausschließlich deutsche Geschäftsleitung.
Durchschnittlicher Jahreslohn nach Berufsgruppen (2006 brutto)
Berufsgruppe
Geschäftsführer/-in einer größeren Niederlassung
Geschäftsführer/-in eines kleinen bis mittleren
Unternehmens
Vertriebsleiter/-in
Programmierer
Ingenieur
Sekretär/-in mit Fremdsprachenkenntnissen
Buchhalter/-in
Sekretär/-in, Schreibkraft
Facharbeiter/-in
Kraftfahrer/-in
Ungelernte Arbeitskraft
YTL 2006
255.564
173.859
Veränd. (in %) 1)
10,0
12,7
in Euro 2)
141.980
96.588
113.402
43.296
40.283
38.818
22.483
16.244
15.337
14.661
10.982
32,7
29,7
31,5
17,7
26,5
5,9
-3,2
17,4
19,9
63.001
24.053
22.379
21.566
12.491
9.024
8.521
8.145
6.101
1) nominal gegenüber Vorjahr; 2) Wechselkurs im Jahresdurchschnitt 2006: 1 Euro = 1,80 YTL)
Quelle: Salary and Wages Directory (September 2006), Poyraz Consulting Inc.
Prämien, Provisionen, Zusatzleistungen
Gratifikationen ("ikramiye") und Prämien ("prim") als freiwillige Zulagen des Arbeitgebers zum
Grundlohn des Arbeitnehmers sind in vielen türkischen Betrieben üblich und verbreitet. Zusatzzahlungen zum Beispiel anlässlich der 25jährigen Betriebszugehörigkeit oder Zahlungen
zum Neujahr zählen zu dieser Kategorie von Leistungen. In nicht wenigen Fällen werden jährlich vier zusätzliche Monatsgehälter vereinbart. Solche Regelungen werden auch im Rahmen
von Tarifverträgen festgelegt. In besonderen Fällen, wie im Bergbau werden teilweise gar fünf
zusätzliche Monatsgehälter pro Jahr gezahlt. Das türkische Arbeitsgesetz schreibt den Grundsatz der Gleichbehandlung vor, wodurch der Arbeitgeber dazu verpflichtet wird, bei der Vergabe von Gratifikationen alle Beschäftigten gleich zu behandeln. Allerdings gibt es Wege, solche
Bestimmungen, wie auch andere Regeln in der Praxis zu umgehen. In einigen Branchen, wie
Kreditwesen und Versicherungswirtschaft, sind auch Zahlungen in Abhängigkeit von der Ertragslage des in Frage kommenden Unternehmens an die Beschäftigten üblich. Diese Zahlungen in Abhängigkeit von der Position des Arbeitnehmers im Betrieb erfolgen in der Regel im
ersten Quartal eines Jahres in Bezug auf das jeweils abgelaufene Geschäftsjahr.
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in der Türkei
56
Lohn- und Lohnnebenkosten
Sozialversicherungsbeiträge
Die umfangreichen Lohnnebenkosten in der Form von Sozialversicherungsbeiträgen erhöhen
die Arbeitskosten und fördern die illegale Betriebstätigkeit in der Schattenwirtschaft. Die Sozialbeiträge der Arbeitnehmer und Arbeitgeber erreichen zusammen mindestens 36,5% der Bruttolohnsumme. Laut Weltbank nimmt die Türkei hinsichtlich der Differenz zwischen dem Bruttolohn und tatsächlich ausgezahlten Lohn unter allen OECD-Ländern den Spitzenplatz ein. Die
Regierung zeigt sich bemüht, im Zuge der vom IWF unterstützten Reform zur Neuordnung des
staatlichen Sozialversicherungssystems und der Steuerreform die Belastungen auf den Produktions- beziehungsweise Kostenfaktor Arbeit zu senken.
Sozialbeiträge 2007 (in % der Bemessungsgrundlage)
Rentenversicherung
Krankenversicherung
Mutterschutz
Arbeitsunfall- und Berufskrankheiten
Arbeitslosenversicherung
Gesamt
Arbeitgeber
11,0-13,0*)
6,0
1,0
1,5-7,0
2,0
21,5-29,0
Arbeitnehmer
9,0
5,0
1,0
15,0
*) bei Arbeit unter Tage und körperlich besonders schwerer oder gesundheitsschädlicher Arbeit beträgt der Rentenversicherungsbeitrag des Arbeitgebers 13,0%.
Quelle: Sozialversicherungsanstalt (SSK), Ankara
Die Obergrenze für die Bemessungsgrundlage für die Sozialabgaben liegt seit dem 1.1.07 bei
monatlich 3.656,40 YTL. Sie wird zum 1.7.07 auf 3.802,50 YTL steigen.
Arbeitsrecht
Gesetzliche Regelungen auf einen Blick
Vergütung
Mindestlohn
Wochenarbeitszeit
Zulässige Überstunden
Gesetzliche Feiertage
Urlaubsanspruch
Lohnfortzahlung im
Krankheitsfall
Probezeit
Freie Vereinbarung möglich
562,50 YTL 1)
Max. 45 Stunden
Max. 270 Stunden/Jahr
12 1/2 Tage
Je nach Betriebszugehörigkeit 14-26 Tage
Der Arbeitgeber kann bei der Lohnfortzahlung die Arbeitsunfähigkeitszahlung
der Sozialversicherung (Krankengeld) vom Lohn des Arbeitnehmers abziehen.
Der Arbeitgeber kann bei unheilbarer Krankheit des Arbeitnehmers (Attest der
Ärztekommission) oder nach 6 Wochen nach Ablauf der Kündigungsfrist, für die
eine Lohnfortzahlung nicht vorgeschrieben ist, den Arbeitnehmer kündigen. 2)
Max. 2 Monate, kann jedoch durch Tarifvertrag bis auf 4 Monate verlängert werden
1) Erhöhung auf 585,00 YTL zum 1.7.07 beschlossen; 2) Laut Art. 48 und Art. 25/I des Arbeitsgesetzes Nr. 4857
Lohn- und Lohnnebenkosten
57
Rechtsgrundlagen
Maßgebliche Quelle des Individualarbeitsrechts ist das Gesetz Nr. 4857 vom 22.5.03, das in der
Resmi Gazete Nr. 25134 vom 10.6.03 verkündet wurde und am selben Tag in Kraft trat. Flankiert
und ergänzt wird das Gesetz durch eine ganze Reihe von Verordnungen, wie zum Beispiel die
Ministerialverordnung über zusätzliche Arbeit und Überstunden vom 6.4.04 (verkündet in der
Resmi Gazete Nr. 25425 vom gleichen Datum, S. 5 ff.). Für bestimmte Berufsgruppen wie Seeleute und Journalisten gelten Sondervorschriften. Subsidiär sind die allgemeinen Vorschriften des
Obligationengesetzbuchs heranzuziehen.
Vertragsabschluss
Artikel 8 Abs. 1 des Gesetzes Nr. 4857 (im Folgenden: ArbG) definiert ein Arbeitsverhältnis als einen Vertrag, kraft dessen sich eine Partei (Arbeitnehmer) einer anderen (Arbeitnehmer) gegenüber verpflichtet, in Weisungsabhängigkeit und gegen Entgelt Arbeitsleistungen zu erbringen.
Ein solcher Vertrag kann auf unbestimmte Zeit oder befristet abgeschlossen werden. Dabei ist
zu beachten, dass "Kettenarbeitsverträge" (zincirleme is sözlesmeleri), also die jeweilige Reihung eines (neuen) befristeten Arbeitsverhältnisses an das vorangegangene, nach Art. 11 Abs. 2
und 3 ArbG nur dann zulässig sind, wenn es für die erneute Befristung einen sachlichen Grund
gibt. Ermangelt es eines solchen sachlichen Grundes, ist die Befristung im Zuge der Teilnichtigkeit unwirksam. Das Arbeitsverhältnis gilt dann als unbefristet abgeschlossen.
Im Grundsatz unterliegt der Arbeitsvertrag keiner Form; er kann also auch mündlich oder stillschweigend geschlossen werden. Schriftform ist allerdings dann erforderlich, wenn es sich um
ein befristetes Arbeitsverhältnis handelt, dessen Laufzeit auf die Dauer von mindestens einem
Jahr angelegt ist (Art. 8 Abs. 2 ArbG). Ein Verstoß gegen dieses Formerfordernis führt gleichwohl
nicht zur Nichtigkeit des Arbeitsvertrages, sondern lediglich zur Unwirksamkeit seiner Befristung; er gilt dann als von Anfang an unbefristet.
Den Vorgaben des deutschen Nachweisgesetzes nicht unähnlich gibt Art. 8 Abs. 3 ArbG dem Arbeitgeber auf, dem Arbeitnehmer auch dann eine schriftliche Dokumentation der wesentlichen Vertragsbedingungen auszuhändigen, wenn der Vertrag selbst nicht formbedürftig ist.
Eine Probezeit (deneme süresi) kann bis zu einer Dauer von zwei - bei Bestehen eines entsprechenden Tarifvertrags auch bis zu vier - Monaten vereinbart werden (Art. 15 Abs. 1 ArbG). Schriftform ist dafür nicht erforderlich.
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58
Lohn- und Lohnnebenkosten
Rechte und Pflichten der Vertragsparteien
Der Arbeitnehmer schuldet die Verrichtung der vertraglich vereinbarten Arbeit. Dabei unterliegt er der Weisungsbefugnis des Arbeitgebers, die allerdings ihre Schranken in den gesetzlichen, tarif- oder arbeitsvertraglichen Vorgaben findet. So normiert zum Beispiel Art. 63 ArbG
die wöchentliche Höchstarbeitszeit auf 45 Stunden; Überstunden sind nach Art. 41 ArbG i.V.m.
Artt. 4 und 5 der Verordnung vom 6.4.04 nur bis zu einer Höhe von 270 Stunden im Jahr zulässig
und mit einem Zuschlag von 25% bis 50% des regulären Lohns zu vergüten.
Wettbewerbsverbote können für ein laufendes Vertragsverhältnis vereinbart werden. Nachvertragliche Wettbewerbsverbote entfalten indes nur unter den einschränkenden Voraussetzungen der Artt. 348 bis 352 des Obligationengesetzbuchs Wirkung. Sie unterliegen der Schriftform, können maximal für die Dauer von drei Jahren vereinbart werden, müssen hinreichend
bestimmt sein und setzen unter anderem einen drohenden Schaden für den Dienstherrn voraus.
Der Arbeitgeber hingegen schuldet den vereinbarten Lohn, dessen Mindesthöhe vom Gesetzgeber in jährlichen Intervallen festgelegt wird (siehe oben). Unbeschadet anderslautender Absprachen hat der Arbeitgeber nach Art. 32 Abs. 2 ArbG lediglich in türkischer Währung zu leisten (unter Umständen zum jeweiligen Tageskurs). Geht der Lohn nicht innerhalb von 20 Werktagen ab
Fälligkeit ein, steht dem Arbeitnehmer ein Leistungsverweigerungsrecht im Sinne des Art. 24
ArbG zu. Die Verjährungsfrist für Lohnforderungen beträgt fünf Jahre (Art. 32 Abs. 7 ArbG).
Ansprüche auf bezahlten Erholungsurlaub entstehen dem Arbeitnehmer erstmalig nach einer
einjährigen Wartezeit (Art. 53 Abs. 1 ArbG). Die Zahl der jährlichen Urlaubstage bemisst sich
nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit, was zu 14 Tagen Jahresurlaub in den ersten fünf Jahren, 20 Tagen in den darauf folgenden zehn Jahren und 26 Tagen ab einer Betriebszugehörigkeit von insgesamt 15 Jahren führt.
Vertragsbeendigung
Falls eine Probezeit vereinbart wurde, können alle Arbeitsverhältnisse - auch die befristeten während des entsprechenden Zeitraums ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist (bildirim süresine) gekündigt werden (Art. 15 ArbG).
Ansonsten ist eine einseitige Lösung von befristeten Vertragsverhältnissen nur bei Vorliegen eines zur außerordentlichen Kündigung berechtigenden Grundes statthaft. Die Definition eines
solchen "berechtigten Grundes" (hakli neden) bleibt das Gesetz schuldig. Allerdings finden sich
in Art. 24 ArbG (für den Arbeitnehmer) und in Art. 25 ArbG (für den Arbeitgeber) beispielhafte
Aufzählungen, unter denen zum Beispiel gesundheitliche Umstände, verschiedene Tatbestände an grobem Fehlverhalten der anderen Seite oder bestimmte Erscheinungsformen höherer
Gewalt aufgelistet sind. Stützt sich die Kündigung auf Fehlverhalten, ist sie innerhalb einer
sechstägigen Frist ab Kenntnisnahme, längstens aber innerhalb eines Jahres ab Tatbestandsverwirklichung, auszusprechen (Art. 26 ArbG).
Lohn- und Lohnnebenkosten
59
Auch unbefristete Vertragsverhältnisse können nach Maßgabe der soeben dargestellten
Artt. 24 ff. ArbG außerordentlich - also fristlos - gekündigt werden. Was die ordentliche Kündigung anbelangt, so ist dahingehend zu differenzieren, ob der besondere Kündigungsschutz
der Artt. 18 ff. ArbG eingreift oder nicht.
Im Normalfall bedarf es zur ordentlichen Kündigung keines besonderen Grundes. Lediglich
eine Kündigungsfrist, die sich in Abhängigkeit zur Betriebszugehörigkeit berechnet, ist nach
Maßgabe folgender Staffelung einzuhalten (Art. 17 ArbG):
Betriebszugehörigkeit
bis zu 6 Monate
6 bis 18 Monate
18 Monate bis 3 Jahre
mehr als 3 Jahre
Kündigungsfrist
2 Wochen
4 Wochen
6 Wochen
8 Wochen
Auf den besonderen Kündigungsschutz der Artt. 18 bis 21 ArbG können sich diejenigen berufen,
deren unbefristetes Vertragsverhältnis bereits sechs Monate währt und deren Arbeitgeber in
derselben Branche - nicht unbedingt im selben Betrieb - mindestens 30 Arbeitnehmer beschäftigt. Eine Kündigung ist dann nur bei Vorliegen eines "gültigen Grundes" (gecerli sebep) rechtmäßig. Was darunter zu verstehen ist, wird nicht gesagt. Das Gesetz nimmt lediglich eine negative Eingrenzung vor, indem es Gründe aufzählt, die nicht "gültig" sind, wie zum Beispiel die
Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft, Geschlecht, ethnische Zugehörigkeit, etc. Fest steht lediglich, dass der "gültige Grund" nicht an die Intensität des "berechtigten Grundes" im Sinne
der außerordentlichen Kündigung heranreichen muss; im Übrigen bleibt die Entwicklung einer hinreichend bestimmbaren Kasuistik durch Rechtsprechung und Lehre abzuwarten.
Hauptanwendungsfälle werden wohl leichteres Fehlverhalten und Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers, aber auch betriebliche Erfordernisse wie rückläufige Auftragslage oder Energieengpässe sein. Der Grund muss aus dem Kündigungsschreiben jedenfalls klar hervorgehen, andernfalls ist die Kündigung schon aus formellen Gründen unwirksam
(Art. 19 Abs. 1 ArbG).
Legt der Arbeitnehmer gegen die Kündigung einen Rechtsbehelf ein und wird während der
Schwebezeit bis zur verfahrensabschließenden Entscheidung nicht weiterbeschäftigt, riskiert
der Arbeitgeber nach Art. 20 Abs. 3 ArbG auch dann eine Lohnfortzahlung von bis zu vier Monatsgehältern, wenn sich die Kündigung später als rechtmäßig herausstellen sollte.
Erfolgreich investieren
in der Türkei
60
Lohn- und Lohnnebenkosten
Rechtspraxis
Die Türkei besitzt unter den OECD-Ländern neben Portugal die striktesten arbeitsrechtlichen
Vorschriften. In der Praxis werden die damit zusammenhängenden Probleme, vor allem im Falle der Beendigung von Arbeitsverträgen, gewöhnlich durch angemessene finanzielle Abfindungen geregelt, deren Höhe durch Verhandlungen bestimmt wird. Unabhängig von den auf
freiwilliger Basis gezahlten Abfindungen sieht das türkische Arbeitsrecht die sog. Altersabfindung ("Kidem tazminati") vor. Diese im internationalen Vergleich großzügige Altersabfindung,
die der Arbeitgeber bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach einer Beschäftigungsdauer
von mindestens zwölf Monaten auszuzahlen hat, stellt eine vergleichsweise hohe Kostenbelastung für den Arbeitgeber dar. Die Türkei befindet sich laut Weltbank bezüglich der Kosten der
Personalentlassung bei insgesamt untersuchten 155 Ländern unter den zehn teuersten Ländern. So entsprechen die Kosten der Entlassung einer Arbeitskraft nach 20 Jahren der Betriebszugehörigkeit der Lohnsumme von etwa 112 Wochen. Die in Monatsgehältern berechnete Altersabfindung hat eine monatliche Obergrenze, die laufend angepasst wird. Der monatliche
Höchstwert liegt seit dem 1.1.07 bei 1.960,69 YTL. Eine weitere Erhöhung auf 1.988,48 YTL zum
1.7.07 wurde beschlossen.
Eine gängige Praxis ist, dass Arbeitnehmer nach Eintritt in den Ruhestand, Erhalt der Altersabfindung und Bezug der Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung am selben Arbeitsplatz unter geringfügig veränderten Bedingungen weiterbeschäftigt werden. Dabei haben Arbeitgeber und Arbeitnehmer prämienähnliche Abgaben an die Sozialversicherungsanstalt zu entrichten.
Kontaktanschriften
Praktische Hinweise für Expats, wie Informationen zu Bildungseinrichtungen, medizinischer
Versorgung und Lebenshaltungskosten können über das Bundesverwaltungsamt bezogen
werden.
Bundesverwaltungsamt, Informationsstelle für Auswanderer und Auslandstätige
Internet: www. bva.bund.de/aufgaben/auswanderung
Tel.: 01 88 83 58/49 99 (Hotline)
Fax: 01 88 83 58/48 29
Die von der Deutsch-Türkischen Industrie- und Handelskammer (AHK Istanbul) herausgegebene Broschüre mit dem Titel "Das türkische Arbeitsrecht" (Stand: Dezember 2005) gibt einen
Überblick über das Arbeitsrecht mit detaillierten Informationen zu einzelnen Fragen.
Lohn- und Lohnnebenkosten
61
Deutsch-Türkische Industrie- und Handelskammer
(Alman-Türk Ticaret ve Sanayi Odasi)
Muallim Naci Cad. No. 40, 34347 Ortaköy - Istanbul
Tel.: 0090 212/310 69 00; Fax: -310 69 60
E-Mail: [email protected]; Internet: www.dtr-ihk.de
Calisma ve Sosyal Güvenlik Bakanligi (Ministerium für Arbeit und Soziale Sicherheit)
Inönü Bulvari 42, 06510 Emek-Ankara
Tel.: 0090 312/296 60 00; Fax: -212 07 81
E-Mail: [email protected]; Internet: www.calisma.gov.tr
Sosyal Sigortalar Kurumu - SSK (Sozialversicherungsanstalt der Arbeitnehmer)
Mithatpasa Cad. No. 7, 06437 Kizilay - Ankara
Tel.: 0090 312/458 70 00, -458 71 98; Fax: -435 65 42
E-Mail: [email protected]; Internet: www.ssk.gov.tr
Bag-Kur (Sozialversicherungsanstalt der Selbstständigen und Freiberufler)
Necatibey Cad. 37, Maltepe-Ankara
Tel.: 0090 312/231 74 20; Fax: -231 49 79
E-Mail: [email protected]; Internet: www.bagkur.gov.tr
(Anmerkung: Ein Gesetz zur Zusammenlegung von Bag-Kur, SSK und anderen Sozialversicherungsträgern unter dem Dach der neuen Anstalt für Soziale Sicherheit "Sosyal Güvenlik Kurumu - SGK” war Ende März 2007 noch nicht in Kraft gesetzt.)
Türkiye Is Kurumu - Iskur (Türkische Arbeitsanstalt)
Atatürk Bulvari No. 133, 06640 Bakanliklar-Ankara
Tel.: 0090 312/425 06 86; Fax: -425 84 51
E-Mail: [email protected] (Generaldirektion), Internet: www.iskur.gov.tr
Türkiye Isveren Sendikalari Konfederasyonu - TISK
(Vereinigung der Türkischen Arbeitgeberverbände)
Hosdere Cad.
Resat Nuri Sokak No. 108, 06540 Cankaya-Ankara
Tel.: 0090 312/439 77 17; Fax: -439 75 92-94
E-Mail: [email protected]; Internet: www.tisk.org.tr
Özel Istihdam Bürolari Dernegi - ÖIBD
(Verband der privaten Personalvermittlungsagenturen)
Cumhuriyet Caddesi No. 301 Kat 2, 34373 Harbiye - Istanbul
Tel.: 0090 212/296 37 40; Fax: -291 26 22
Internet: www.oibd.org
Wechselkurs (Stand: Ende März 2007): 1 Euro = 1,85 Neue Türkische Lira (YTL)
Erfolgreich investieren
in der Türkei
62
Immobilienmarkt
Immobilienmarkt
Der türkische Immobilienmarkt steht im Zeichen der starken Expansion der Wirtschaft. Aufgrund der zunehmenden Geschäftsaktivitäten und des steigenden Engagements internationaler Unternehmen steigt die Nachfrage nach Büroräumen, Handelsflächen und Gewerbegrundstücken. Wegen des hohen Nachholbedarfs und der verbesserten Finanzierungsbedingungen befindet sich auch der Wohnungsmarkt im Aufschwung. Der Wert der genehmigten
Bauprojekte in allen Gebäudekategorien stieg 2005 gegenüber dem Vorjahr um knapp 60% und
die Zahl der genehmigten Bauten um circa 45%. Das wachsende ausländische Interesse an türkischen Immobilien hat ebenso zum Aufschwung am Immobilienmarkt beigetragen. Mitte
2006 besaßen insgesamt 62.500 ausländische natürliche und juristische Personen, darunter
14.382 deutsche Eigentümer, in der Türkei Immobilien mit einer Gesamtfläche von 285 Mio. qm.
Für natürliche ausländische Personen gelten beim Immobilienerwerb gewisse Einschränkungen. Lokale Tochtergesellschaften ausländischer Firmen können dagegen ohne Hindernisse
Immobilien kaufen.
Der Immobilienmarkt ist von einer starken Dynamik gekennzeichnet. Wegen des hohen Nachfragepotenzials und der günstigen Voraussagen bezüglich der mittelfristigen Wirtschaftsentwicklung werden die derzeit noch vergleichsweise niedrigen Preise und Mieten jedoch langfristig deutlich zulegen. Aufgrund der regen Nachfrage und der erhöhten Renditeerwartungen
werden zahlreiche Immobilienprojekte verwirklicht, die sich in erster Linie auf den Wirtschaftsraum Istanbul konzentrieren, wo sich auch die Mehrzahl der ausländischen Firmen niedergelassen hat. Aktuelle Preise, Mieten und andere verlässliche Strukturdaten zum Immobilienmarkt sind weitgehend nur für den Großraum Istanbul erhältlich.
Markt für Büroflächen
Der Büromarkt ist traditionell durch Teileigentümerschaft an Objekten geprägt. Investoren
bauen zumeist für den eigenen Bedarf. Am Projektentwicklungsmarkt bauen jedoch zunehmend Ableger großer Baufirmen schlüsselfertige Objekte. Im Mittelpunkt des Marktes steht
Istanbul mit 82% des gesamten Büroraumangebots der Türkei. Für Büros gehobenen Standards
kommen im Wesentlichen die Stadtgebiete entlang der Nord-Süd-Achse auf der Streckenführung Maslak-Besiktas mit den Bezirken Besiktas, Fulya, Balmumcu, Zincirlikuyu, Esentepe, Sisli,
Etiler, Akatlar, Levent und Maslak im europäischen Teil Istanbuls in Frage. Diese Bezirke mit einem Büroflächenangebot von rund 800.000 qm (2005) gelten als zentrale Geschäftsgebiete
("Central Business District"). Darüber hinaus sind im europäischen Teil die Gebiete Merter,
Bakirköy und Günesli-Ikitelli in Flughafennähe mit zusammen circa 250.000 qm sowie im asiatischen Teil die Stadtbezirke Altunizade, Kozyatagi und Kavacik mit insgesamt etwa 750.000 qm
hervorzuheben.
Immobilienmarkt
63
In den genannten Stadtbezirken sind große Büro- und Geschäftskomplexe mit guten technischen Standards und hohem Komfort zu finden. Diese modernen Gebäude werden in der Regel
professionell verwaltet, von erfahrenen Sicherheitsdiensten überwacht und verfügen über
Großraumbüros, die nach besonderem Bedarf auch umfunktioniert werden können. Sie sind
mit zentralen Heizungs- und Klimasystemen, Notstromgeneratoren sowie Sprinkleranlagen
ausgestattet und besitzen Tiefgaragen. Die Büromieten sind im Vergleich zu anderen Großstädten der Welt sehr niedrig. Die von der Immobiliendienstleistungsgesellschaft PEGA im August
2006 ermittelten monatlichen Büromieten in Istanbul nach den Kategorien A+, A und B liegen
zwischen 8,84 US$/qm und 22,78 US$/qm. Bei der Kategorie A+ handelt es sich um Bürogebäude
mit höchstem internationalen Standard und modernstem Technologieniveau, wobei bei der Gestaltung besondere Wünsche der Endnutzer berücksichtigt werden. Der Bedarf an Büroflächen
der Kategorie A und A+ in den kommenden zehn Jahren wird auf 350.000 bis 400.000 qm veranschlagt. Das Wachstumspotenzial konzentriert sich im Wesentlichen auf den Raum Istanbul.
Mietpreise für Büroräume in Istanbul 2006
Kategorie A+
Kategorie A
Zentrum
Randlage
Kategorie B
Zentrum
Randlage
US$/qm/Monat
22,78
Leerraumrate (%)
0,3
15,04
11,17
30,6
15,7
12,89
8,84
2,3
28,2
Quelle: Pega Market Report, September 2006 (www.pega.com.tr)
Die relativ hohe Leerraumrate im Zentrum unter Kategorie A ist mit der Fertigstellung von vielen neuen Gebäuden 2006 zu erklären. Zusätzlich zur Grundmiete sind vom Mieter, je nach Ausstattung, monatlich Mietnebenkosten zwischen 1 und 8 US$/qm und Steuern zu zahlen. Ist der
Mieter eine juristische Person wird die Mehrwertsteuer von 18% fällig. Treten natürliche Personen als Vermieter auf, findet ein Steuersatz von 22% Anwendung.
Erfolgreich investieren
in der Türkei
64
Immobilienmarkt
Mietpreise für Büroräume nach ausgewählten Bezirken in Istanbul 2006 *)
Europäischer Teil
Levent, Akatlar, Zincirlikuyu
Maslak
Sisli, Besiktas
Flughafenbezirk
Asiatischer Teil
Kavacik
Altunizade
Kozyatagi, Bostanci
US$/qm/Monat
Leerraumrate (%)
15,95
13,24
13,34
8,74
24,6
16,7
8,9
25,1
9,99
10,03
10,26
24,2
13,6
18,2
*) Stand: August 2006
Quelle: Pega Market Report, September 2006 (www.pega.com.tr)
Die Kaufpreise für Büroimmobilien in zentraler Geschäftslage sind in den letzten Jahren stark
gestiegen. Die von Kuzeybati Real Estate Services für 2005 veröffentlichten Kaufpreise für Büroflächen liegen zwischen 350 und 2.000 US$/qm.
Kaufpreise für Büroräume in Istanbul 2005
Zentrum
Randlage
US$/qm
1.400 bis 2.000
350 bis 700
Quelle: Kuzeybati Real Estate Services (www.kuzeybati.com.tr)
Markt für Industrie- und Lagerhallen
Der Ausbau der industriellen Kapazitäten sowie die Ausweitung der Handelsaktivitäten mit einem steigenden Angebot von logistischen Dienstleistungen erhöht den Bedarf an Fabrik- und
Lagerhallen. Auch in dieser Immobiliensparte konzentriert sich das Marktgeschehen auf die industrialisierten nordöstlichen Gebiete des Landes mit Istanbul im Mittelpunkt. Laut offizieller
Statistik stieg die Zahl der von den Baubehörden genehmigten Industriebauten 2005 gegenüber dem Vorjahr im Durchschnitt um 6,7%. Der entsprechende Wert erhöhte sich um 7,5%.
Bis in die 90er Jahre waren die Industriebetriebe mehrheitlich in den zentralen Bezirken von Istanbul und entlang der Schnellstraße E-5 angesiedelt. Mit dem starken Bevölkerungswachstum
gewannen diese von der Industrie genutzten Grundstücke schnell an Wert und wurden zu attraktiven Standorten für kommerzielle Projekte und Wohnungsbauvorhaben. Dies führte
dazu, dass im Laufe der Jahre die meisten Betriebe in die Außenbezirke der Stadt umsiedelten.
Immobilienmarkt
65
Bei den meisten Nutzern handelt es sich auch um die Eigentümer der Immobilien. Wegen des
mangelnden Angebots an Industrieimmobilien hoher Qualität in den Außenbezirken der Stadt
bevorzugen viele Nutzer das Modell "build-to-suit". Nach diesem Modell erarbeiten die potentiellen Nutzer und Landbesitzer maßgeschneiderte Lösungen, wobei beim Bau die besonderen
Wünsche des Nutzers Berücksichtigung finden.
Wichtige Entwicklungsgebiete für Industrie- und Lagerhallen im asiatischen Teil Istanbuls sind
Gebze, Maltepe, Kartal, Samandira, Pendik, Ümraniye, Sarigazi, Dudullu und Tuzla. Im europäischen Teil sind die Gebiete Ayazaga, Kemerburgaz, Günesli, Yenibosna, Beylikdüzü und Hadimköy bedeutende Standorte. Diese sind sehr gut angebunden und befinden sich entweder direkt
an oder in der Nähe der TEM-Autobahn (Trans-European-Motorway) und der Schnellstraße E-5.
Wegen des Defizits an hochwertigen Lagereinrichtungen kooperieren die meisten in Istanbul
tätigen ausländischen Firmen mit Logistikunternehmen, um ihren Bedarf an Lager- und Transportdiensten zu befriedigen. Das Möbelhaus Ikea mietet beispielsweise Lagerhallen von DHL.
Logistikfirmen, wie TNT, DHL, Reysas, UPS, Horoz und Barsan, haben sich wegen der relativen
Nähe zum Stadtzentrum und zum Zollgebiet vor allem in den Gebieten von Samandira,
Ümraniye, Sarigazi und Dudullu niedergelassen. Viele Logistikfirmen machen vom "build-tosuit"-Modell Gebrauch und erwerben in verkehrsgünstiger Lage unbebautes Land, wo sie Lager
nach ihren eigenen Vorstellungen aufbauen.
Mietpreise für Lager- und Produktionshallen in Istanbul 2005
Lagerhallen
Produktionshallen
US$/qm/Jahr
37 bis 62
46 bis 65
Quelle: Kuzeybati Real Estate Services (www.kuzeybati.com.tr)
Kaufpreise für Produktionshallen in Istanbul 2005
Zentrum
Randlage
Quelle: Kuzeybati Real Estate Services (www.kuzeybati.com.tr)
US$/qm
375 bis 500
175 bis 275
Erfolgreich investieren
in der Türkei
66
Immobilienmarkt
Markt für Handelsflächen
Der Internationalisierungsgrad ist im Handelssektor weiter fortgeschritten als im Bürobereich.
Shopping-Center westlichen Standards sind mittlerweile in allen bedeutenden Zentren der Türkei entstanden oder geplant. Der türkische Einzelhandelssektor mit einem für 2006 geschätzten Jahresumsatz von rund 70 Mrd. US$ expandiert aufgrund der steigenden Bevölkerung und
des wachsenden Lebensstandards kräftig. Kleinere Ladengeschäfte werden von großflächigen
Kaufhäusern und Einkaufskomplexen verdrängt. Zunehmend investieren ausländische Unternehmen, wie Metro, Carrefour, Bauhaus und Ikea, in der Türkei. Laut Kuzeybati Real Estate Services waren in der Türkei Mitte 2006 insgesamt 107 größere Einkaufszentren (davon 43 in Istanbul, 12 in Ankara und 10 in Izmir) mit einer gesamten Baufläche von rund 4,0 Mio. qm beziehungsweise einer Bruttomietfläche von knapp 2,2 Mio. qm in Betrieb.
Die in der Türkei angebotene Bruttomietfläche liegt mit durchschnittlich 27 qm je 1.000 Einwohner weit unter dem europäischen Durchschnitt. Das Angebot in Istanbul ist mit 71 qm deutlich über dem Landesdurchschnitt. Mit den im Bau befindlichen Objekten wird in Istanbul diese
Fläche 2007 auf 95 qm steigen. Als mittelfristiges Ziel nennt der Verband der Immobiliengesellschaften GYODER in Istanbul 150 qm je 1.000 Einwohner. Aufgrund der hohen Nachfrage und
der steigenden Investitionsmöglichkeiten befanden sich im Großraum Istanbul Mitte 2006
mehrere Einkaufszentren mit einer gesamten überdachten Fläche von 845.000 qm beziehungsweise einer Bruttomietfläche von schätzungsweise 400.000 qm im Bau. Nach der Eröffnung der großen Shopping Komplexe "Kanyon" (37.500 qm) im Stadtbezirk Levent, "Kaya Millenium" (15.000 qm) in Beylikdüzü und "Bakirköy Shopping Center" in Bakirköy im Jahr 2006,
werden in den nächsten Jahren weitere Geschäftskomplexe ihre Tore öffnen.
Mehrere Projekte, auch in anderen Großstädten, sind in der Planung. Allein die niederländische
MDC entwickelt im Rahmen eines Joint Ventures mit Turk Mall ("Multi Turk Mall") eine größere
Zahl von Shopping-Centern. In Istanbul, Ankara, Izmir Antalya, Denizli, Mersin und Trabzon
will das Unternehmen in den kommenden fünf Jahren insgesamt 1,1 Mrd. Euro investieren.
Nach der Fertigstellung des ersten Projektes unter dem Namen "Forum Bornova" (66.000 qm
Bruttomietfläche) in Izmir im Jahr 2006 wird Multi Turk Mall unter der Bezeichnung "Forum Istanbul" den größten Shopping-Komlex der Stadt mit einer Bruttomietfläche von 148.000 qm
verwirklichen. Ausländische Immobilienfonds, unter anderem aus Deutschland, der Schweiz,
aus Großbritannien und den Niederlanden, zeigen aufgrund der guten Renditeerwartungen
ein steigendes Investitionsinteresse. Die deutsche CGI (Commerz Grundbesitz Investment) erwarb zu einem Preis von 80 Mio. Euro 80% an "Forum Bornova".
Immobilienmarkt
67
Größere im Bau befindliche Einkaufzentren in Istanbul (Auswahl)
Projektbezeichnung
Istinye Park
M1 Meydan
Metroport
Carrefour SA
EGS Business Park
Markt Platz
Kempinski Astoria
Levent Mall
Dogus Power Center
Stadtbezirk
Istinye
Ümraniye
Bahcelievler
Merter
Yesilköy
Esenyurt
Esentepe
1. Levent
Maslak
Eröffnungsdatum
April 2007
2007
Keine Angabe
Juni 2007
Keine Angabe
2007
Februar 2007
2008
2007
Bruttofläche (qm)
82.000
70.000
30.000
63.768
24.000
18.505
16.000
7.751
43.000
Quelle: Colliers International, Turkey 2006, Real Estate Market Review
Als Standort für Einkaufszentren ist der europäische Teil Istanbuls gegenwärtig attraktiver. Im
asiatischen Teil der Stadt ist Ümraniye das einzige Gebiet mit neuen Projekten. Branchenbeobachter erwarten, dass die neu entwickelten Wohnungsbaugebiete im asiatischen Teil, wie
Tepeören-Kurtköy, in absehbarer Zeit auch in diesen Bezirken zu Investitionen in Einkaufszentren führen werden. Im europäischen Vergleich sind die Mieten niedrig. Sie sind jedoch aufgrund der höheren Nachfrage in den letzten Jahren gestiegen. In Abhängigkeit vom Stadtbezirk und Attraktivitätsgrad des Standortes weisen die Mieten große Differenzen auf. Laut
Kuzeybati Real Estate Services bewegte sich die Jahresmiete für Handelsflächen in Istanbul
2005 zwischen 185 und 2.000 US$/qm.
Mietpreise für Handelsflächen in Istanbul 2005
Zentrum + Shopping Malls
Randlage
US$/qm/Jahr
292 bis 2.000
185 bis 538
Quelle: Kuzeybati Real Estate Services (www.kuzeybati.com.tr)
Markt für Gewerbegrund
Auch der Markt für gewerbliche Grundstücke weist tendenziell steigende Preise auf. Zur Entlastung der städtischen Infrastruktur und zur Reduzierung der Umweltschäden in den Ballungsgebieten werden Produktionsbetriebe nach und nach in die Außenbezirke der Städte und in die
sogenannten organisierten Industriezonen ("Organize Sanayi Bölgesi - OSB") umgesiedelt. Die
Zahl der OSB steigt ständig und erreichte Mitte 2006 circa 60. Hier können sich Betriebe aus allen Branchen, ausgenommen Firmen aus den Bereichen Logistik und Lagerdienste, niederlassen. Investitionen in diesen Gewerbegebieten mit allgemein guter Infrastruktur werden von
der Regierung gefördert.
Erfolgreich investieren
in der Türkei
68
Immobilienmarkt
Wichtige OSB-Standorte im asiatischen Teil Istanbuls sind Gebze, Sekerpinar, Tepeören und
Dudullu. Im europäischen Teil sind die OSB in Beylikdüzü und Hadimköy von Bedeutung. Die
höchsten Grundstückspreise werden in der OSB Dudullu, die über eine Gesamtfläche von 1,5
Mio. qm verfügt, verlangt. Hier sind zum Beispiel die Produktionsstätten von Philips, ABB,
Delphi, Alcatel und Coca-Cola angesiedelt. Die OSB Gebze wird laufend ausgebaut. Auch hier
arbeiten namhafte internationale Firmen, wie Roche, Carrier, Procter& Gamble, LG und Colgate. Darüber hinaus existieren branchenbezogene OSB zum Beispiel für die Kfz-Zulieferindustrie,
Kunststoffbetriebe, Lederbetriebe und Chemiefirmen.
Kaufpreise für unbebaute Gewerbegrundstücke in Istanbul 2005
US$/qm
Zentrum
Büroräume
Handelsflächen
Produktionshallen
Randlage
Büroräume
1.100 bis 1.800
600 bis 1.800
125 bis 300
550 bis 1.000
Quelle: Kuzeybati Real Estate Services (www.kuzeybati.com.tr)
Wohnungsmarkt
Von den insgesamt 17,5 Mio. Wohnungen in der Türkei wurden etwa 50% ohne Baugenehmigung illegal errichtet und weisen eine niedrige Qualität auf. Der Bedarf an neuen Wohnungen
in den kommenden zehn Jahren wird landweit auf rund 8 Mio. Einheiten und für Istanbul auf 2,1
Mio. Einheiten veranschlagt. Die starke Ausweitung der Wohnungsbaukredite mit niedrigeren
Zinsen und längeren Laufzeiten löste 2005 einen Bauboom aus. Mit der geplanten Einführung
eines Hypothekenkreditsystems nach westlichem Vorbild wird sich der expansive Trend weiter
verstärken. Der Anteil der Wohnungsbaukredite am türkischen Bruttosozialprodukt stieg von
0,5% im Jahr 2003 auf 2,5% im Jahr 2005. In den nächsten zehn Jahren soll dieser Anteil auf mindestens 15% steigen. Obwohl sich auch die Kreditbedingungen für Bauherren aufgrund steigender Zinsen 2006 leicht verschlechtert haben, werden gegenwärtig Hunderte von Wohnungsbauprojekten umgesetzt, die in den kommenden Jahren zum Abschluss gebracht werden sollen. Allein unter der Kategorie A waren Ende 2005 etwa 80 (Ende 2004: 50) Wohnungsprojekte
in der Durchführung.
Wichtige Baugebiete mit einem Wohnraumangebot gehobenen Standards sind im europäischen Teil Istanbuls die Außenbezirke Büyükcekmece-Hadimköy-Bahcesehir, Halkali-Ikitelli
und Kemerburgaz-Göktürk. Im asiatischen Teil konzentriert sich das Angebot auf die Gebiete
Ümraniye-Cekmeköy, Atasehir-Kozyatagi sowie Kurtköy-Tepeören-Akfirat-Samandira. In den
Residenzkomplexen in zentraler Lage mit höchsten Ansprüchen ("Akmerkez Residence", Metrocity Residence", "Polat Residence") reichen die monatlichen Mieten bis zu 35 US$/qm und die
Kaufpreise bis zu 7.000 US$/qm.
Immobilienmarkt
69
Bezüglich der Preise, Mieten und Ausstattung sind die Unterschiede zwischen den vom Großteil
der einheimischen Bevölkerung bewohnten Objekten und den Wohnungen für entsandte ausländische Fachkräfte (sogenannte Expats) gravierend. Insbesondere Objekte entlang der europäischen Seite des Bosporus in Istanbul sind vergleichsweise teuer. Expats mieten in der Regel
Häuser oder Wohnungen. Käufe sind eher selten. Wohnungen werden generell nicht möbliert
angeboten. Zahlreiche Maklerfirmen, darunter auch Niederlassungen internationaler Gesellschaften, bieten ihre Vermittlungsdienste an. Die Maklerprovision beträgt mindestens eine
Monatsmiete. Vermieter verlangen des Öfteren eine Kaution in Höhe von zwei bis drei Monatsmieten. Die Dauer der in Fremdwährungen (US-Dollar oder Euro) abgeschlossenen Mietverträge kann mehrere Jahre betragen, wenn feststeht, dass der ausländische Mieter längere Zeit im
Land verbleibt. Die in lokaler Währung (YTL) abgeschlossenen Verträge enthalten generell eine
Inflationsanpassungsklausel mit jährlichen Mieterhöhungen.
Miet- und Kaufpreise für Wohnungen in Istanbul 2005
US$/qm
Mietpreise
Zentrum
Randlage
Kaufpreise
Zentrum
Randlage
96 bis 276 (pro Jahr)
32 bis 92 (pro Jahr)
1.400 bis 3.000
350 bis 650
Quelle: Kuzeybati Real Estate Services (www.kuzeybati.com.tr)
Kaufpreise für Wohnungen nach ausgewählten Bezirken in Großstädten 2006 *)
Preise in YTL
Istanbul, europäischer Teil
Bebek
Cihangir
Florya
Kemerburgaz
Nisantasi
Tarabya
Ulus
Istanbul, asiatischer Teil
Beykoz
Moda
Suadiye
Ankara
Bahcelievler
Bakanliklar
Batikent
500.000 bis 800.000
220.000 bis 350.000
160.000 bis 320.000
300.000 bis 700.000
360.000 bis 650.000
300.000 bis 500.000
280.000 bis 390.000
160.000 bis 320.000
280.000 bis 500.000
220.000 bis 550.000
140.000 bis 220.000
140.000 bis 250.000
90.000 bis 250.000
Erfolgreich investieren
in der Türkei
70
Immobilienmarkt
Kaufpreise für Wohnungen nach ausgewählten Bezirken in Großstädten 2006 *) (Forts.)
Cankaya
Kavaklidere
Oran
Tunali Hilmi
Izmir
Alsancak
Bornova
Güzelyali
Karsiyaka
Konak
Antalya
Arap Suyu
Dedeman
Preise in YTL
110.000 bis 220.000
110.000 bis 200.000
130.000 bis 250.000
110.000 bis 300.000
130.000 bis 280.000
110.000 bis 240.000
95.000 bis 300.000
120.000 bis 380.000
200.000 bis 350.000
110.000 bis 240.000
160.000 bis 270.000
*) 150 qm, fünf Jahre alt
Wechselkurs (Oktober 2006): 1 Euro = circa 1,90 YTL
Quelle: Immobilienzeitschrift "Adres", Ausgabe September 2006
Immobilienrecht
Erwerbsbeschränkungen
Mit dem Gesetz Nr. 5444 vom 29.12.05, verkündet im Amtsblatt Nr. 26046 vom 7.1.06, hat der türkische Gesetzgeber den Immobilienerwerb für Ausländer auf eine neue Grundlage gestellt.
Das Parlament war gefordert, da das Verfassungsgericht in Ankara die vormals geltende
Rechtslage in seinem Beschluss (E 2003/70; K 2005/14) vom 14.3.05 für verfassungswidrig erklärt
hatte. Dem Gericht ging die Liberalisierung des türkischen Immobilienmarktes, die sich mehr
als anderthalb Jahre zuvor vollzogen hatte, zu weit. Damals, nämlich am 19.7.03, war das Gesetz
Nr. 4916 in Kraft getreten, das es Ausländern erstmals erlaubte, auch in ländlichen Gegenden
Grundstücke zu erwerben. Lediglich in militärischen Sperrgebieten war der Grundstückserwerb untersagt. Das Gesetz ließ außerdem einen flächenmäßigen Erwerb von bis zu 30 ha zu, in
Ausnahmefällen und nach einem entsprechenden Beschluss des Ministerrates auch mehr.
Die neue Rechtslage trifft nun eine prinzipielle Unterscheidung zwischen natürlichen und juristischen Personen. Natürlichen Personen ist ein Grundstückserwerb zu Arbeits- oder Wohnzwecken nach Art. 35 Abs. 1 S. 3 des neu gefassten Grundbuchgesetzes ("tapu kanunu") nur noch
bis zu 2,5 ha gestattet. Nach Satz 4 der Vorschrift kann der Ministerrat in Einzelfällen einen Erwerb von bis zu 30 ha Grundfläche zulassen.
Diese Erwerbsbeschränkungen gelten nicht für den Erwerb kraft gesetzlicher Erbfolge.
Immobilienmarkt
71
Unverändert blieb das in Art. 35 Abs. 1 Grundbuchgesetz verankerte Prinzip der Gegenseitigkeit
(Reziprozität; "karsiliklik ilkesi"). Dieses besagt, dass nur diejenigen Personen in der Türkei Immobilien erwerben dürfen, deren Heimatstaat auch türkischen Staatsangehörigen den Erwerb
von Grundstücken erlaubt - eine im Verhältnis zur Bundesrepublik Deutschland unproblematische Prämisse.
Was den Grunderwerb für juristische Personen anbelangt, so unterliegen diese den in Spezialgesetzen vorgesehenen Bestimmungen (Art. 35 Abs. 2 Grundbuchgesetz). Hervorzuheben ist in
diesem Zusammenhang das Gesetz Nr. 4875 über ausländische Direktinvestitionen. Dieses garantiert in seinem Art. 3 d) ausländischen Unternehmen den Erwerb von Grundeigentum und
dinglichen Rechten an Immobilien, und zwar in gleicher Weise, wie dies für Investoren türkischer Staatsangehörigkeit der Fall ist. Dies setzt jedoch die Gründung einer Niederlassung in
der Türkei voraus. Ausländische Unternehmen können folglich nicht ohne weiteres Grundeigentum in der Türkei erwerben, sondern müssen hierzu eine gesonderte Präsenz vor Ort errichten, die dann Eigentümerin der Immobilie wird. Das muss nicht unbedingt eine selbständige
Tochtergesellschaft - wie zum Beispiel eine GmbH türkischen Rechts - sein, sondern kann auch
durch eine unselbständige Zweigniederlassung (Branch, sube) erfolgen. Denn Art. 2 b) des Investitionsgesetzes öffnet dessen sachlichen Anwendungsbereich auch für die Errichtung solcher Zweigniederlassungen.
Artikel 35 Abs. 7 des neu gefassten Grundbuchgesetzes ermächtigt den Ministerrat, bestimmte
Sonderzonen auszuweisen, in denen aus ökologischen, kulturellen oder strategischen Gründen Erwerbsrestriktionen für Ausländer gelten. Darüber hinaus dürfen nicht mehr als 0,5% der
Bodenoberfläche einer Provinz von Ausländern gehalten werden.
Vertragsabschluss
Für den Grundstückskaufvertrag halten die Artt. 213 bis 217 Obligationengesetzbuch (OGB) Sondervorschriften parat. Zu seiner Gültigkeit bedarf der Vertrag der öffentlichen Beurkundung
(Art. 213 Abs. 1 OGB), und zwar durch den Grundbuchbeamten. Die Beurkundung durch einen
Notar allein reicht für den Eigentumsübergang nicht aus; sie entfaltet allenfalls schuldrechtliche Wirkung.
Mit der Eintragung ("tescil") ins Grundbuch ("tapu sicili") ist der Eigentumsübergang vollzogen
(Art. 705 Zivilgesetzbuch).
Eigentumsbelastungen/-beschränkungen
Privatrechtliche Belastungen wie zum Beispiel Grundpfandrechte, Dienstbarkeiten, Nießbrauch, Erbbaurecht, Wohnungsrecht, ergeben sich aus dem Grundbuch, nicht hingegen öffentlich-rechtliche Beschränkungen, wie etwa die Bebaubarkeit in planungsrechtlicher Hinsicht. Eine Ausnahme gilt für die Steuerschulden; auch diese lassen sich über das Grundbuchamt ermitteln.
Erfolgreich investieren
in der Türkei
72
Immobilienmarkt
Steuerrechtliche Aspekte (Grunderwerbs- und Grundsteuern)
Die Grunderwerbssteuer, die unter der Bezeichnung "Grundbuchgebühr" erhoben wird, beträgt 3% der Kaufsumme. Sie ist vom Käufer und vom Verkäufer jeweils hälftig zu entrichten.
Die Höhe der Grundsteuer divergiert nach Nutzungsart und Belegenheit der Immobilie. In größeren Städten wird für den Grund und Boden circa 0,3% des Wertes, für den Gebäudeanteil circa
0,2% erhoben. In ländlichen Bereichen fallen die Sätze deutlich geringer aus. Die Grundsteuer
für landwirtschaftlich genutzte Flächen beträgt nur 0,1%.
Kontaktanschriften
Gayrimenkul Yatirim Ortakligi Dernegi - GYODER
(Association of Real Estate Investment Companies)
Nispetiye Cad. Levent Is Merkezi No. 6/2, 34330 Levent-Istanbul
Tel.: 0090212/2 82 53 65; Fax: -2 82 53 93
E-Mail: [email protected]; Internet: www.gyoder.org.tr
Degerleme Uzmanlari Dernegi - DUD
(Association of Real Estate Appraisers)
Yildiz Cicegi Sokak No. 25, 34337 Etiler-Istanbul
Tel.: 0090212/2 63 78 40; Fax: -3 58 36 14
E-Mail: [email protected]; Internet: www.dud.org.tr
Kuzey Bati Gayrimenkul Hizmetleri Ltd. Sti.
Büyükdere Cad. Harman Sokak
Duran Is Merkezi No. 4 Kat 1, 34440 Levent-Istanbul
Tel.: 0090212/3 25 28 00; Fax: -2 68 02 61
E-Mail: [email protected]; Internet: www.kuzeybati.com.tr
DTZ Pamir & Soyuer International Property Advisers
Hakki Yeten Cad. 12/7, 34365 Sisli-Istanbul
Tel.: 0090212/2 31 55 30; Fax: -2 31 58 20
E-Mail: [email protected]; Internet: www.dtz.com.tr
Pega Commercial Real Estate Services
Tanburi Ali Efendi Sokak 9, 34337 Etiler-Istanbul
Tel.: 0090212/2 57 18 10; Fax: -2 57 20 05
E-Mail: [email protected]; Internet: www.pega.com.tr
Immobilienmarkt
Turyap Yapi San. Tic. A.S.
Dulkadirogullari Sokak No. 4, 34345 Arnavutköy-Istanbul
Tel.: 0090212/2 57 13 33; Fax: -2 57 40 72
E-Mail: [email protected]; Internet: www.turyap.com.tr
Remax Gayrimenkul A.S.
P.K. 237, 34361 Sisli-Istanbul
Tel.: 0090212/2 32 48 20; Fax: -2 32 48 27
E-Mail: [email protected]; Internet: www.remax.com.tr
Bicakci-Tanverdi Law Office
Meydan Sokak No. 28, Beybi Giz Plaza Kat 16, 34398 Maslak-Istanbul
Tel.: 0090212/2 90 25 40; Fax: -2 90 25 49
E-Mail: [email protected]; Internet: www.bicakci-tanverdi.com
Sariibrahimoglu Law Office
Kizkulesi Sokak No. 14/1, 06700 Gaziosmanpasa-Ankara
Tel.: 0090312/4 47 40 13; Fax: -4 47 45 64
E-Mail: [email protected]; Internet: www.sslawoff.com
73
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in der Türkei
74
Preise für Wasser, Energie und Telekommunikation
Preise für Wasser, Energie und Telekommunikation
Elektrizität
Die Stromverteilung erfolgt über die 21 regionalen Vertriebsgesellschaften, die unter der Regie
des Staatsunternehmens TEDAS (Türkiye Elektrik Dagitim A. S.; www.tedas.gov.tr) arbeiten und
ab dem Jahr 2006 schrittweise privatisiert werden sollen. Es gelten landesweit einheitliche
Stromtarife, die in Abhängigkeit von der Kostenentwicklung in bestimmten Zeitabständen angepasst werden. Unterschieden wird bei Stromkunden lediglich danach, ob der verbrauchende
Betrieb beziehungsweise Haushalt seinen Sitz in einer Provinz hat, die bei der staatlichen Investitionsförderung Priorität genießt (Entwicklungsprovinz), oder in einer der übrigen wirtschaftlich entwickelten Provinzen ansässig ist. Durch die Installierung von besonderen Stromzählern
haben die Verbraucher außerdem die Möglichkeit, vom günstigen Nachttarif (22 bis 6 Uhr) zu
profitieren. Auch zwischen 6 und 17 Uhr liegt der Preis unter dem Durchschnitt, während bei
Verwendung der besonderen Stromzähler zwischen 17 und 22 Uhr ein deutlich höherer Tarif
zur Anwendung kommt.
Bezüglich der Höhe der Strompreise für die Industrie stand die Türkei Anfang 2006 unter den 29
OECD-Ländern nach Italien und Japan an dritter Stelle, wie aus den Zahlen der Internationalen
Energieagentur (IEA) hervorgeht. Bei Haushaltsstrom rangiert das Land im mittleren Preisbereich. Unter allen OECD-Ländern bekleidet die Türkei bei Leitungsverlusten die Spitzenstellung. Die Verluste sind vor allem wegen der illegalen Abzweigungen (Stromdiebstahl) hoch
und werden auf jährlich 1,5 Mrd. US$ geschätzt. Die größten Verluste entstehen in Südostanatolien. Der Plan der Regierung, die Stromtarife in Abhängigkeit von den Leitungsverlusten regional zu differenzieren, konnte bisher politisch nicht durchgesetzt werden.
Strompreise für Industrie und Haushalt (YTL pro kWh) 1)
Industrie
Handel, Behörden, Büros
Private Haushalte
Entwickelte Provinzen
0,1198
0,1520
0,1278
Entwicklungsprovinzen 2)
0,1122
0,1520
0,1195
1) zuzüglich 5% Kommunalsteuer und 18% MWSt; 2) Regierungsbezirke, die im Rahmen der staatlichen Investitionsförderung Priorität genießen
(Ministerratbeschluss Nr. 2002/4367 vom 10.6.02, veröffentlicht im Staatsanzeiger “Resmi Gazete” Nr. 24810 vom 9.7.02)
Quelle: Türkiye Elektrik Dagitim A.S. (Tedas)
Erdgas
Für die Gasdistribution sind die dafür ermächtigten Vertriebsfirmen in den einzelnen Provinzen zuständig, wie Igdas in Istanbul, Ego in Ankara und Bursagaz in Bursa. Diese beziehen das
Erdgas wiederum von der staatlichen Pipelinegesellschaft Botas (www.botas.gov.tr). Die Tarife
in den einzelnen Provinzen sind unterschiedlich. Sie werden je nach Kostenentwicklung an die
aktuelle Marktlage angepasst. Einige Netze werden inzwischen privat betrieben. Andere, noch
in kommunaler Hand befindlichen Distributionsunternehmen sollen nach und nach privatisiert werden.
Preise für Wasser, Energie und Telekommunikation
75
Das Erdgasnetz wird weiter ausgebaut. Noch sind nicht alle Provinzen angeschlossen. Die Tarife
richten sich in einigen Provinzen danach, ob es sich bei den Abnehmern um “freie” oder “nicht
freie” Verbraucher handelt. Freie Verbraucher mit einem Jahresverbrauch von 1 Mio. cbm und
darüber dürfen neben der regional zuständigen Vertriebsgesellschaft auch von anderen Lieferanten Erdgas beziehen. Nicht freie Verbraucher mit einem Jahresverbrauch von weniger als 1
Mio. cbm dürfen nur von der zuständigen regionalen Gesellschaft Erdgas abnehmen.
Gaspreise für Industrie und Haushalt (YTL pro cbm) 1)
Ausgewählte Regionen
Ankara (Ego)
Istanbul (Igdas)
Bursa (Bursagaz)
Eskisehir (Esgaz)
Kayseri (Hsv)
Kocaeli (Izgaz)
Industrie
0,4929
0,4374 2)
0,4950 3)
0,4374 2)
0,4680 3)
0,4374
0,4410
0,4374 2)
0,5059 3)
Haushalte
0,4929
0,4950
0,4680
0,4680
0,4410
0,5059
1) zuzüglich 18% MWSt; 2) bei einer Jahresabnahme von 1 Mio. cbm und darüber; 3) bei einer Jahresabnahme von weniger als 1 Mio. cbm
Quellen: www.ego.gov.tr, www.bursagaz.com, www.esgaz.com.tr, www.igdas.com.tr, www.hsv.com.tr, www.izgaz.com.tr
Wasser
Die Wasserversorgung (Leitungswasser) erfolgt über die einzelnen Unternehmen in den Provinzen, wie Iski in Istanbul und Aski in Ankara. Die Tarifhöhe und -gestaltung in den einzelnen
Provinzen sind unterschiedlich. So werden beispielsweise in Istanbul und Izmir keine separaten
Abwassergebühren erhoben. Die entsprechenden Beiträge werden bei der Kalkulation der
Wassertarife bereits mitberücksichtigt. Eine Unterscheidung zwischen Brauchwasser und
Trinkwasser ist nicht bekannt.
Wasserpreise (YTL pro cbm) *)
Ausgewählte Regionen
Ankara (Aski):
Industrie:
Haushalte:
Verbrauch bis zu 10 cbm/Monat
Verbrauch von 11 bis 30 cbm/Monat
Verbrauch von mehr als 30 cbm/Monat
Istanbul (Iski):
Industrie:
Brauchwasser/ Trinkwasser
Abwasser
3,51
1,76
0,71
1,84
2,74
0,36
0,92
1,37
3,10
-
Erfolgreich investieren
in der Türkei
76
Preise für Wasser, Energie und Telekommunikation
Wasserpreise (YTL pro cbm) *) (Forts.)
Ausgewählte Regionen
Haushalte:
Verbrauch bis zu 30 cbm/Monat
Verbrauch von mehr als 30 cbm/Monat
Bursa (Buski):
Industrie:
Haushalte:
Verbrauch bis zu 10 cbm/Monat
Verbrauch von mehr als 10 cbm/Monat
Izmir (Izsu):
Industrie:
Verbrauch bis zu 50 cbm/Monat
Verbrauch von 51 bis 100 cbm/Monat
Verbrauch von mehr als 100 cbm/Monat
Haushalte:
Verbrauch bis zu 13 cbm/Monat
Verbrauch von 14 bis 20 cbm/Monat
Verbrauch von 21 bis 100 cbm/Monat
Verbrauch von mehr als 100 cbm/Monat
Adana (Adana-Aski):
Industrie:
Haushalte:
Brauchwasser/ Trinkwasser
Abwasser
1,55
3,10
-
3,67
1,47
1,27
2,41
0,19
0,36
6,85
8,58
9,61
-
1,10
2,86
4,63
5,68
-
3,45
1,15
0,86
0,29
*) zuzüglich 8% MWSt
Quellen: www.aski.gov.tr, www.iski.gov.tr, www.buski.gov.tr, www.izsu.gov.tr, www.adana-aski.gov.tr
Telekommunikation
Die Telekommunikationstarife werden gegenwärtig vom steigenden Wettbewerb im Zuge der
Marktliberalisierung und der Privatisierung der Netze stark beeinflusst. Der einzige Festnetzbetreiber, die ehemalige Staatsgesellschaft Türk Telekom (TT), die 2005 zu 55% vom arabischen
Oger-Konsortium übernommen wurde, bietet neben dem Standardtelefontarif vier Sondertarife für besondere Abonnentengruppen an (Firmentarif, Sommerhaustarif, Tarif für Vieltelefonierer, Tarif für Wenigtelefonierer). Für den Abschluss solcher Verträge mit Sondertarifen muss
ein spezieller Antrag bei der TT gestellt werden. Für alle TT-Verträge gilt bei Ortsgesprächen
von Montag bis Samstag zwischen 23 und 07 Uhr und am Sonntag ganztägig ein um 50% ermäßigter Tarif. Dieser gilt auch an offiziellen Feiertagen.
Es besteht auch die Möglichkeit, über Telefonkarten privater Telefongesellschaften (zum Beispiel “Hasretkarti” von Superonline Telekom; www.hasretkarti.com) das TT-Netz zu günstigeren Gebühren zu nutzen. Dafür wird die auf der Karte angegebene Nummer bei der Anwahl
über das Festnetz der Zielanschlussnummer vorangestellt. Die Karte kann solange eingesetzt
werden, bis die auf ihr gutgeschriebenen Sprecheinheiten verbraucht sind.
Preise für Wasser, Energie und Telekommunikation
77
Das türkische Mobilfunknetz wurde in den letzten Jahren rasch ausgebaut und findet hohe Akzeptanz in der Bevölkerung. In diesem Bereich agieren die Betreiberfirmen Turkcell, Telsim und
Avea. Turkcell ist mit knapp 30 Millionen Teilnehmern im Inland und einem Marktanteil von
über 60% größter Mobilfunkanbieter. Telsim wurde 2006 von der britischen Vodafone übernommen.
Preise für Telekommunikation
Gebühren (pro Minute in YTL)
Festnetz (Türk Telekom) 1)
Ortsgespräche
Ferngespräche innerhalb des Landes
Ferngespräche nach Deutschland
Gespräche zum türkischen Mobilfunknetz
Mobilfunknetz 2)
Gespräche im selben Mobilfunknetz
Gespräche zum Festnetz
Gespräche zu anderen Mobilfunknetzen
Gespräche zum deutschen Festnetz
Gespräche zum deutschen Mobilfunknetz
0,0639
0,1750
0,2441
0,3975
0,27
0,27
0,60
0,37
1,03
1) Standardanschluss (“StandartHATT”) von Türk Telekom, inkl. 18% MWSt, zuzüglich 15% Kommunikationssteuer; 2) Turkcell, inkl. 18% MWSt.,
zuzüglich 25% Kommunikationssteuer
Quellen: Türk Telekom www.turktelekom.com.tr, Turkcell www.turkcell.com.tr
Wechselkurs Ende August 2006: 1 US$ = 1,45 YTL; 1 Euro = 1,86 YTL.
Erfolgreich investieren
in der Türkei
78
Transport und Logistik
Transport und Logistik
Transportaufkommen
Die Aktivitäten in den Bereichen Transport und Logistik zeigten insbesondere ab 2002 im Zuge
der günstigen Wirtschaftsentwicklung und des hohen Wirtschaftswachstums einen expansiven Verlauf mit umfangreichen neuen Investitionen zum Ausbau der Verkehrsinfrastruktur
und zur Ausweitung des Angebots von logistischen Dienstleistungen. Die steigende Produktion
in der verarbeitenden Industrie und der wachsende Außenhandel (2005: 189,1 Mrd. US$) lösen
zusätzlichen Bedarf an Transport-, Lager- und Distributionsdiensten aus. Der Transportsektor
wächst mit einer Jahresrate von durchschnittlich ca. 15%. Angesichts des hohen Wirtschaftspotenzials wird auch mittelfristig eine Expansion dieser Größenordnung erwartet.
Durch den rasch wachsenden Warenverkehr mit dem Ausland und die gleichzeitige Belebung
des Binnenhandels ergeben sich für in- und ausländische Unternehmen der Transport- und Logistikbranche zusehends neue Betätigungsfelder.
Entwicklung des Gütertransportvolumens in der Türkei (in Mio. tkm)
Verkehrsträger
Inland insgesamt
Straßentransporte
Schienentransporte
Schiffstransporte
Lufttransporte 2)
Ausland insgesamt
Schienentransporte
Schiffstransporte
Lufttransporte 2)
Pipeline-Transporte
Rohöl (Inland)
Rohöl (Transit)
Erdgas 3)
2004
171.348
156.853
9.131
5.350
14
681.983
610
680.000
373
2005 (Schätzung)
180.082
164.700
10.272
5.095
15
651.048
650
650.000
398
Veränderung (in %) 1)
5,1
5,0
12,5
-4,8
7,1
-4,3
6,6
-4,4
6,7
2.905
6.776
21.796
2.910
2.000
25.067
0,2
-70,5
15,0
1) ggü. Vorjahr; 2) Luftfracht der staatlichen Fluggesellschaft THY, 3) in Mio. cbm
Quelle: Staatliches Planungsamt (DPT), Ankara
Die offizielle türkische Statistik zeigt, dass der überwiegende Teil des Transportgeschäftes im
Bereich des internationalen Warenverkehrs stattfindet. Im Inlandsverkehr dominiert der Landtransport. Etwa 95% des inländischen Güterverkehrs werden über den Straßentransport abgewickelt. Dies bedeutet eine hohe Belastung für den Straßenverkehr. Es bestehen große Engpässe
in der Straßeninfrastruktur.
Transport und Logistik
79
Der größte Teil des internationalen Gütertransports wird über den Seeweg durchgeführt. Beim
Güterverkehr mit Deutschland wird auch der Landweg bzw. der kombinierte See- und Landweg
benutzt. Der Schienenverkehr wurde in der Vergangenheit stark vernachlässigt, so dass hier ein
immenser Nachholbedarf festzustellen ist. Die Regierung verfolgt ehrgeizige Ziele, den Anteil
der Schiene am Güterverkehr zu erhöhen und damit den Straßenbereich zu entlasten. In diesem Zusammenhang befinden sich mehrere international mitfinanzierte Projekte in der
Durchführung und Vorbereitung. Die total vernachlässigte Eisenbahninfrastruktur bedarf einer grundlegenden Erneuerung und Modernisierung, um den gestiegenen Anforderungen zu
genügen.
Die gesamte türkische Transportinfrastruktur ist im Vergleich zur EU wenig entwickelt. Im
Durchschnitt entfallen auf einen Quadratkilometer nur 0,196 km Landstraßen und 0,002 km
Autobahnen. Im Eisenbahnsektor entfallen auf je 1.000 qkm durchschnittlich 11 km Schienenwege.
Verkehrsinfrastruktur in der Türkei 2005 (in km)
Straßennetz
davon Autobahnen
Schienennetz
davon elektrifiziert
Flughäfen (Anzahl)
Seehäfen (Anzahl)
349.445
1.892
10.984
2.305
33
154
Quelle: Utikad; Staatssekretariat für Schifffahrt, Verkehrsministerium
Straßennetz
Der Straßenverkehr leidet unter dem zunehmenden Güterverkehr, da ca. 95% der innertürkischen Transporte und ca. 35% der internationalen Transporte über die Straße abgewickelt werden. Dies gefährdet vor allem die Verkehrssicherheit auf den Straßen. Die Zahl der Straßenverkehrsunfälle mit vielen Verletzten und Toten liegt weit über dem EU-Durchschnitt.
Es werden in Zusammenarbeit mit der EU mehrere Projekte zur Verbesserung der rechtlichen
und administrativen Grundlagen für mehr Sicherheit im Straßenverkehr durchgeführt. Dabei
geht es u.a. um die Anwendung der Direktive 96/96 der Europäischen Kommission für die technische Inspektion von Straßenkraftfahrzeugen und in diesem Zusammenhang um die Eröffnung von technischen Kfz-Überwachungsstationen, die den EU-Normen entsprechen. Nach
der Verkündung einer entsprechenden neuen Straßentransportverordnung auf der Grundlage
des Straßentransportgesetzes Nr. 4925 wurde im Jahre 2005 die Privatisierung der technischen
Überwachungsdienste für Kfz formell vollzogen. Wegen laufender Rechtsverfahren, die von
Gegnern der Privatisierung angestrengt wurden, konnte jedoch das Firmenkonsortium Dogus/
TÜV-Süd, das den Zuschlag für den Aufbau und Betrieb der Stationen erhielt, bis Mitte 2006 ihre
Tätigkeit effektiv noch nicht aufnehmen.
Erfolgreich investieren
in der Türkei
80
Transport und Logistik
Die Gesamtlänge aller Straßen in der Türkei, einschließlich sämtlicher Dorfstraßen und nichtbefestigter Wegstrecken, beziffert das staatliche Planungsamt DPT Anfang 2005 mit 349.445 km.
Davon sind jedoch nur 8.937 km nach Fahrtrichtungen unterteilt, darunter 1.892 km Autobahnen nach internationalen Standards, 6.494 km zwischenstädtische Schnellstraßen und 550 km
aufgeteilte innerstädtische Straßen. Insbesondere im Zeitraum 2003-05 wurde in den Bau neuer Schnellstraßen massiv investiert, nachdem die Ende 2002 angetretene Regierung das ehrgeizige Ziel verkündet hatte, im Rahmen eines Eilprogramms insgesamt 15.000 km neue vierspurige zwischenstädtische Schnellstraßen zu bauen. Bis Anfang 2006 waren davon 6.800 km fertiggestellt. Die Fortführung des Straßenbauprogramms leidet teilweise unter der Knappheit der
öffentlichen Haushaltsmittel.
Wichtigste Verkehrsadern für den Straßentransport in der Türkei
Edirne-Istanbul
Istanbul - Kocaeli - Sakarya - Bolu - Ankara
Yalova - Bursa - Balikesir - Manisa - Izmir
Bursa - Eskisehir - Afyon - Burdur - Antalya
Ankara - Kirikkale - Yozgat - Sivas - Erzincan - Erzurum - Kars
Ankara - Kirsehir - Kayseri - Malatya - Diyarbakir
Mersin - Adana - Osmaniye - Gaziantep
Quelle: Generaldirektion für das Straßenwesen TCK, Ankara
Beim Ausbau der Fernstraßen durch das Straßenbauamt TCK geht es in erster Linie um die Erweiterung der bestehenden zweispurigen Landstraßen zu autobahnähnlichen vierspurigen
Schnellstraßen. Im Investitionsprogramm 2006 der Regierung waren 36 solcher Projekte aufgeführt. Außerdem werden die Arbeiten an der TEM-Autobahn (Trans-European-Motorway),
die vom Grenzübergang Edirne im Westen (bulgarische Grenze) über Istanbul und Ankara
nach Osten führt, fortgesetzt. Darüber hinaus wird 2006 zur Erleichterung des Straßenverkehrsflusses im Großraum Istanbul mit dem Bau von 32 neuen Tunneln begonnen. Der Bau einer dritten Hängebrücke für den interkontinentalen Straßenfernverkehr über den Bosporus
befindet sich in der frühen Vorbereitungsphase. Da die größte Verkehrsdichte in den industriell
stärker entwickelten nordwestlichen und westlichen Regionen herrscht, werden Projekte in
diesen Gebieten als vorrangig betrachtet.
Schienennetz
Das gesamte Schienennetz in der Türkei hat eine Länge von 10.984 km, davon 8.671 km Hauptstrecken. Von der Gesamtstrecke sind nach Angaben der Staatsbahn TCDD nur 21% elektrifiziert
und 24% mit Signalanlagen ausgestattet. Die Eisenbahninfrastruktur ist wegen vernachlässigter Investitionen in der Vergangenheit völlig veraltet. Nur 4% des Güterverkehrs werden über
die Schiene abgewickelt. Es besteht ein enormer Nachholbedarf. Mit neuen Investitionen will
die Regierung den großen Rückstand aufholen. Es werden neue Schienen, Züge, Waggons und
technische Ausrüstungen benötigt.
Transport und Logistik
81
Wichtiger Projektträger in diesem Bereich ist die Generaldirektion für den Bau von Schienenwegen, Seehäfen und Flugplätzen DLH (Demiryollari Limanlar ve Hava Meydanlari Genel Müdürlügü) im Geschäftsbereich des Verkehrsministeriums (Ulastirma Bakanligi). Die DLH legte
2004 einen langfristigen Plan zum Ausbau des Eisenbahnnetzes vor. Das Investitionsprogramm
(2004 - 2020) der DLH mit einem Ausgabenvolumen von insgesamt 15,2 Mrd. US$ konzentriert
sich auf neun Projekte für den Bau von Schienenverbindungen mit einer Gesamtlänge von 3.116
km. Bei der Auswahl der Regionen wurde vor allem das wirtschaftliche Entwicklungspotenzial
(Industrie, Handel, Tourismus, Landwirtschaft) in den einzelnen Gebieten berücksichtigt. Für
die Realisierung der Projekte werden internationale Finanzierungen benötigt.
Im Rahmen des Investitionsprogramms der DLH soll über die geplante neue Streckenführung
Trabzon-Tirebolu-Erzincan-Diyarbakir- Kurtalan-Cizre mit einer Länge von 630 km eine Schienenverbindung von der GAP-Entwicklungsregion in Südostanatolien zum Schwarzmeergebiet
hergestellt werden. Ein weiteres Projekt betrifft den Schienenweg Ankara-Konya-Silifke-Mersin
mit einer Länge von 637 km. Ein anderes Vorhaben besteht in der 546 km langen südanatolischen Streckenführung Birecik-Sanliurfa-Nusaybin-Cizre, die bis zur irakischen Grenze verlaufen wird.
Darüber hinaus befinden sich im Einzugsgebiet der Großstädte (Istanbul, Izmir) moderne Nahverkehrssysteme im Aufbau. Von großer Bedeutung ist das Marmaray-Projekt zum Aufbau einer interkontinentalen Schienenverbindung für den Stadtbahnverkehr in Istanbul mittels eines Eisenbahntunnels unter dem Marmara-Meer. Dies0es Großprojekt im Wert von 2,7 Mrd.
US$ soll 2010 zum Abschluss gebracht werden.
Wichtigste Schienenstrecken
Edirne - Istanbul (Sirkeci)
Istanbul (Haydarpasa) - Izmit - Eskisehir - Polatli - Ankara
Eskisehir - Afyon - Konya - Karaman - Ulukisla - Yenice - Adana - Iskenderun
Bandirma - Balikesir - Soma - Manisa - Izmir (Alsancak)
Zonguldak - Karabük - Cankiri - Ankara
Ankara - Kayseri - Malatya - Elazig - Mus - Tatvan - Van - Grenze Iran
Kayseri - Erzincan - Erzurum - Kars - Grenze Armenien
Samsun - Sivas - Malatya - Gaziantep - Senyurt - Mardin
Quelle: Türkische Staatsbahn (TCDD - T.C. Devlet Demiryollari)
Erfolgreich investieren
in der Türkei
82
Transport und Logistik
Luftverkehr
Der Luftverkehr in der Türkei entwickelte sich in den letzten Jahren günstig. Neben der nationalen Fluggesellschaft Turkish Airlines (Türk Hava Yollari - THY) nahmen mehrere private Gesellschaften den Betrieb auf und bauten ihre Geschäfte erfolgreich aus. Ende 2005 waren im zivilen
Luftverkehr der Türkei insgesamt 26 Firmen mit zusammen 125 Flugzeugen tätig. Unter den privaten Flugunternehmen ist im Luftfrachtbereich MNG die größte Firma. Allerdings ist die Infrastrukturausstattung (Sicherheit, Hygiene, Zugang u.Ä.) noch schwach. Angesichts der steigenden Handelsströme besteht im Luftverkehr ein erhebliches Wachstumspotenzial. Nach den
Schätzungen des internationalen Verbandes für den Lufttransport IATA wird der über türkische
Flughäfen abgewickelte Gütertransport im Zeitraum 2005-09 um durchschnittlich 8,6% pro
Jahr zunehmen. Beim Personentransport wird mit einem jährlichen Wachstum von 8,9% gerechnet. Das Luftfrachtvolumen erhöhte sich zwischen 2002 und 2005 um 42,0%.
Anfang 2006 befanden sich in der Türkei effektiv 33 Flughäfen in Betrieb, davon 20 mit internationalem Status. Istanbul, Ankara, Izmir, Antalya, Dalaman, Bodrum/Milas sind die wichtigsten
Flughafenstandorte. Für Istanbul ist neben den bestehenden Flughäfen Atatürk (Europa) und
Sabiha Gökcen (Asien) der Bau eines dritten Flughafens vorgesehen, um die steigende Nachfrage zu decken. Dieses Projekt befindet sich noch in einer frühen Planungsphase. Die Zuständigkeit für die türkischen Flughäfen liegt bei der Generaldirektion für den Flughafenbetrieb DHMI
(Devlet Hava Meydanlari Isletmesi Genel Müdürlügü). Die Rechte für den Betrieb der Passagierterminals bei einigen Flughäfen, wie Istanbul/Atatürk, Ankara/Esenboga, Izmir /Adnan Menderes und Antalya, wurde im Rahmen von BOT-Betreiberprojekten (Build, Operate, Transfer) an
private Unternehmen übertragen, was z.B. in Istanbul, in den zurückliegenden Jahren zu einer
deutlichen Steigerung der Betriebseffizienz führte. Wichtiger Akteur ist hier das TAV-Konsortium (Tepe-Akfen-Ventures), das auch im Ausland ähnliche Projekte verfolgt. Die neuen Terminals von TAV in Ankara und Izmir werden 2006 in Betrieb gehen. Der Passagierterminal für internationale Flüge in Antalya wird von Fraport betrieben.
Wichtigste Flughäfen in der Türkei 2005
Flughafen
Istanbul (Atatürk)
Antalya
Ankara (Esenboga)
Izmir (Adnan Menderes)
Dalaman
Milas-Bodrum
Adana
*) ggü. Vorjahr
Quelle: Generaldirektion für den Flughafenbetrieb (DHMI)
Frachtvolumen (in t)
615.909
321.732
75.082
62.177
43.179
34.962
29.953
Veränderung (in %) *)
7,4
15,6
1,6
10,4
15,4
23,5
21,3
Transport und Logistik
83
Schifffahrt
Der größte Teil der Transporte im Außenhandel wird über den Seeweg durchgeführt (2004:
87,4%). Wegen unterlassener Investitionen in der Vergangenheit besteht im Bereich der Hafeninfrastruktur ein großer Nachholbedarf. Vor allem beim wichtigsten türkischen Exportcontainerhafen Izmir am Ägäischen Meer machen sich Kapazitätsengpässe bemerkbar, die zeitweise
zu Behinderungen bei der Abwicklung der Warenausfuhren führen.
Der über türkische Seehäfen durchgeführte Containertransport stieg von rd. 2,5 Mio. TEU
(Twenty-Feet Equivalent Unit) im Jahre 2003 auf 3,3 Mio. TEU im Jahre 2005. Von der letztgenannten Menge entfielen 1,7 Mio. TEU auf die von der Staatbahn TCDD betriebenen Seehäfen
und 1,6 Mio. TEU auf private Häfen, die unter dem Dach des Verbandes TÜRKLIM (Türkiye Limanlar Birligi) organisiert sind. Im vorgenannten Zeitvergleich erhöhte sich das Seetransportvolumen bei allgemeiner und Trockenfracht von 41,9 Mio. t auf 66,9 Mio. t. Bei Flüssigtransporten
wurde ein leichter Rückgang von 12,5 Mio. t auf 12,3 Mio. t verzeichnet.
Zur Beschleunigung der notwendigen Investitionen wurde 2005 mit der Privatisierung des Hafenbetriebs bei sechs wichtigen Seehäfen begonnen, die unter der Verwaltung der TCDD standen.
Bei den Mittelmeerhäfen Mersin und Iskenderun ging der Zuschlag an das Konsortium PSA-Akfen
(PSA = Port Singapor Authority). Im Falle von Iskenderun meldete jedoch die Wettbewerbsbehörde ihre Bedenken und stoppte die Privatisierung. Für 2006 ist die Privatisierung der Häfen Izmir,
Samsun am Schwarzen Meer sowie Derince und Bandirma am Marmara-Meer eingeplant.
Die Abwicklung der Seetransporte im türkischen Außenhandel erfolgt überwiegend durch
Schiffe, die unter ausländischer Flagge verkehren. Nach Angaben der türkischen Seehandelskammer (Deniz Ticaret Odasi) betrug der ausländische Anteil 2005 bei den Importen 74,3% und
bei Exporten 82,0%. Von Bedeutung ist auch der Schiffsverkehr mit Ro-Ro-Schiffen für den kombinierten See- und Landtransport. Der Ro-Ro-Verkehr wächst jährlich um ca. 6,0%. Die Zahl der
mit Ro-Ro-Schiffen transportierten Fahrzeuge erreichte 2005 eine Höhe von rd. 115.000. Dies
waren 18,6% aller aus der Türkei herausfahrenden Fahrzeuge im Gütertransport. Insgesamt sieben Firmen mit 22 Ro-Ro-Schiffen bieten auf acht Linien ihre Dienste an. Die wichtigsten Ro-RoVerbindungsstrecken sind von jeweils Pendik, Cesme und Ambarli nach Triest, des Weiteren
von Samsun nach Novorossisky, von Rize nach Poti und von Trabzon nach Sochi.
Wichtigste Häfen in der Türkei 2005
Häfen
Private Häfen
Häfen der Staatsbahn TCDD
Izmir
Mersin
Istanbul (Haydarpasa)
Andere
Insgesamt
Quelle: Türkischer Verband der privaten Hafenbetreiber (TÜRKLIM), TCDD
TEU = Twenty-feet Equivalent Unit
Umschlagsvolumen (in TEU)
1.567.142
1.721.845
784.377
596.289
340.629
12.153
3.301.140
Erfolgreich investieren
in der Türkei
84
Transport und Logistik
Logistikzentren
Die aufgrund des expansiven Handels allgemein günstigen Wachstumsperspektiven für die Logistikbranche führen zu einem verstärkten Engagement ausländischer Branchenfirmen in der
Türkei. Die Zahl der ausländischen Firmen auf dem Logistikmarkt wird auf ca. 20 geschätzt mit
steigender Tendenz. Die meisten dieser Unternehmen stammen aus den USA. Neben den positiven Wirtschaftserwartungen bilden die vergleichsweise niedrigen Lohnkosten und die günstige geographische Lage der Türkei zwischen Europa und Asien die Hauptbeweggründe für das
ausländische Investitionsinteresse. Das Land eignet sich in vieler Hinsicht als Standort für die
Einrichtung von regionalen Logistikzentren. Die meisten Logistikfirmen haben ihren Hauptsitz
in der Türkei im Gebiet von Istanbul und unterhalten auch regionale Zentren in anderen Teilen
des Landes.
Fachleute rechnen für die bevorstehenden Jahre mit zunehmenden Aktivitäten bzw. Investitionen internationaler Firmen. Fast sämtliche namhafte internationale Branchenfirmen sind auch
in der Türkei vertreten. Der sich verschärfende Wettbewerb auf dem Markt sorgt dafür, dass die
Qualität der logistischen Dienstleistungen in der Türkei generell steigt und ein höherer Standard erreicht wird. Der Konkurrenzkampf im Logistikbereich wird hauptsächlich zwischen ca.
30 größeren Firmen ausgetragen, die auch den Löwenanteil des Geschäftes auf sich vereinen.
Als wichtige Akteure auf dem türkischen Markt für logistische Dienstleistungen sind die Firmen
Omsan, Barsan, Reysas, Borusan, Balnak, Türksped, Arkas Denizcilik, Schenker Arkas und Horoz
Lojistik zu nennen. Die meisten Firmen verfolgen Expansionspläne, um ihre Marktpositionen
auszubauen.
Ein besonderer Nutznießer des positiven Trends auf dem Markt für Transportlogistik ist die
Sparte der Kurier- und Expressdienste. In dieser Sparte sind vor allem die türkischen Niederlassungen bzw. Tochtergesellschaften internationaler Unternehmen, wie DHL, ZNT, FedEx und
UPS tätig. Die Unternehmen bauen ihre Geschäftstätigkeit zügig aus. DHL Global Forwarding
strebt nach eigenen Angaben die Marktführerschaft in der Türkei an. Besonders intensiven Gebrauch von Expressdiensten machen türkische Unternehmen der Textil- und Bekleidungsbranche. Angebote von Mustermodellen für Konfektionsartikel und von neuen Designs werden damit rasch an die potentiellen Abnehmer zugestellt, um Aufträge gegen Wettbewerber ohne
größeren Zeitverlust einholen zu können.
Große Logistikzentren mit gut ausgebauten Anbindungen an Häfen, Flughäfen und anderen
Verkehrsknotenpunkten existieren in der Türkei noch nicht. Auch moderne multimodale Terminals mit der Vernetzung von Schiene, Straße und Luftfahrt sind bislang unbekannt. Einige in
der Vergangenheit von Verbänden erarbeiteten diesbezüglichen Pläne konnten mangels Finanzierung und wegen anderer Probleme nicht verwirklicht werden.
Transport und Logistik
85
Die Staatsbahn TCDD verfolgt ihrerseits einen Plan, wonach 17 organisierte Industriezonen
(“Organize Sanayi Bölgesi” - OSB) an das existierende Schienennetz angebunden werden sollen.
Damit sollen diese staatlich geförderten Gewerbegebiete die Möglichkeit erhalten, ihre Produkte über das Eisenbahnsystem an in- und ausländische Abnehmer zu befördern. Im Rahmen
dieses Planes zum Ausbau des Schienentransports sollen bei den geeigneten Industriezonen
auch Containerterminals eingerichtet werden.
Darüber hinaus investieren die im Lande tätigen größeren Firmen der Transport- und Logistikbranche in den Auf- und Ausbau eigener Transport-, Lager- und Distributionskapazitäten. So errichtet beispielsweise die Alisan-Gruppe in Gebze ein großes logistischen Zentrum auf einer
überdachten Fläche von 18.500 qm. Omsan Lojistik (Umsatz 2005: 260 Mio. US$) baut in Tuzla
bei Istanbul auf einem Areal von insgesamt 42.000 qm ein großes Logistikzentrum. Erfolgreiche
lokale Firmen gelten allgemein als beliebte Übernahmekandidaten und werden von den größeren internationalen Unternehmen aufgekauft. Auch andere Kooperationen sind möglich.
Die Firma Reysas ging 2006 mit der schweizerischen Panalpina Group (Panproject Division)
eine strategische Partnerschaft ein. Die einzelnen Projekte und das Dienstleistungsangebot dieser Firmen können über die jeweilige Webseite in Erfahrung gebracht werden.
Wichtige Logistikanbieter (Auswahl)
Anbieter
Arkas Denizcilik ve Nakliyat A.S.
Alisan Uluslararasi Tas. Ve Tic. A. S.
Borusan Lojistik Dagitim Depolama Tas. Ve Tic. A.S.
DHL Danzas Air & Ocean Tas. Tic. Ltd. Sti.
Ekol Lojistik A.S.
Horoz Lojistik Kargo Hizm. San. Ve Tic. A.S.
Kühne & Nagel Nakliyat Ltd. Sti.
Omsan Lojistik A.S.
Panalpina World Transport Nakliyat Ltd. Sti.
Schenker Arkas Nakliyat ve Tic. A.S.
Ulustrans Uluslararasi Nakliyat ve Tic. A.S.
Yurtici Kargo Servisi A. S.
Sertrans Ulusl. Nakliyat Tic. Ltd. Sti.
Quelle: bfai, Istanbul
Internet-Adresse
www.arkas.com.tr
www.alisannak.com
www.borusan.com
www.dhl.com
www.ekol.com
www.horoz.com.tr
www.kuehne-nagel.com
www.omsan.com.tr
www.panalpina.com
www.schenkerarkas.com.tr
www.ulustrans.com.tr
www.yurticikargo.com.tr
www.ulustrans.com.tr
Erfolgreich investieren
in der Türkei
86
Transport und Logistik
Lieferbedingungen, Transportversicherung
In den Kaufverträgen wird vereinbart, nach welchen Lieferbedingungen der Warenverkehr
zwischen Verkäufer und Käufer abgewickelt werden soll. Wenn dies nicht individuell im Kaufvertrag geregelt werden soll, einigen sich die Vertragspartner auf handelsübliche Lieferklauseln wie die INCOTERMS.
Die vollständige deutschsprachige Fassung der INCOTERMS wird von der ”International Chamber of Commerce” (ICC) in Deutschland herausgegeben (www.icc-deutschland.de).
Beim Abschluss von Lieferverträgen ist darauf zu achten, dass die in den allgemeinen Geschäftsbedingungen deutscher Firmen enthaltene Klausel über den Eigentumsvorbehalt in der Türkei
nicht geltend gemacht werden kann, wenn dazu keine besondere und ausdrückliche Vereinbarung zwischen den Parteien getroffen wurde, die notariell eingetragen werden muss. Bei Problemen mit Lieferverträgen ist die Einschaltung einer in der Türkei ansässigen Rechtsanwaltskanzlei zu empfehlen.
Waren-Transportversicherungen können bei jeder Transportversicherungsgesellschaft abgeschlossen werden. Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft GDV bietet ein
Transport-Informations-Serviceportal unter der Internetadresse www.tis-gdv.de mit zahlreichen Informationen und Links zum Thema Transportversicherungen.
Kontaktanschriften
Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV)
Friedrichstraße 191, 10117 Berlin
Tel.: 030/20 20 50 00, Fax: -20 20 60 00
E-Mail: [email protected], Internet: www.gdv.de
Ausgewählte wichtige ausländische Versicherungsgesellschaften in der Türkei:
Aviva Sigorta A.S.
Fahrettin Kerim Gökay Cad. 72-74
Aviva Binasi, 34662 Kücükcamlica-Istanbul
Tel.: 0090216/3 26 94 40, Fax: -3 26 94 52
E-Mail: [email protected], Internet: www.avivasigorta.com.tr
Axa Oyak Sigorta A.S.
Meclisi Mebusan Cad., Oyak Ishani 81
34427 Salipazari-Istanbul
Tel.: 0090212/3 34 24 24, Fax: -2 52 15 15
Internet: www.axaoyaksigorta.com.tr
Transport und Logistik
87
Koc Allianz Sigorta A.S.
Baglarbasi Kisikli Cad. 11, 34662 Altunizade-Istanbul
Tel.: 0090216/5 56 66 66, Fax: -5 56 67 77
E-Mail: [email protected], Internet: www.kocallianz.com.tr
Informationen zu verkehrsrechtlichen Grundlagen des Straßengüterverkehrs können beim
Deutschen Speditions- und Logistikverband eingeholt werden.
Deutscher Speditions- und Logistikverband e.V. (DSLV)
Weberstraße 77, 53113 Bonn
Tel: 0228/9 14 40-0, Fax: -9 14 40-99
E-Mail: [email protected]
Anträge auf Erteilung von Genehmigungen für den grenzüberschreitenden Warengüterverkehr können beim Bundesamt für Güterfernverkehr eingereicht werden. Die Formulare stehen
online zur Verfügung.
Bundesamt für Güterfernverkehr (BAG) Zentrale
Werderstraße 34, 50672 Köln
Postfach 19 01 80, 50498 Köln
Tel.: 0221/57 76 -0, Fax: -57 76-17 77
Internet: www.bag-bund.de
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Niederlassungsrecht
Niederlassungsrecht
Gesellschaftsrecht
Abgrenzung Repräsentanz, Zweigniederlassung, Gesellschaft
An Handelsgesellschaften kennt das türkische Recht eine Vielzahl von Typen, die im Wesentlichen den deutschen Unternehmensformen entsprechen. Die vier wichtigsten sind:
- die Kollektivgesellschaft (OHG);
- die Kommanditgesellschaft (KG);
- die Aktiengesellschaft (AG);
- die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH).
Die Kollektiv- und Kommanditgesellschaft sind Personengesellschaften, während die AG und
die GmbH als Kapitalgesellschaften ausgestaltet sind. Wegen der günstigeren haftungsrechtlichen Situation sollen sich die nachstehenden Ausführungen auf die beiden Kapitalgesellschaften beschränken. Von denen wiederum erfreut sich die GmbH gerade bei KMU größter Beliebtheit, beträgt ihr Mindestkapital doch nur 5.000 YTL.
Um keine Gesellschaft, sondern um eine unselbstständige Niederlassung handelt es sich hingegen bei einer Repräsentanz (Liaison Office, Verbindungsbüro). Eine solche stellt eine nur sehr
schwache Form der Marktpräsenz eines ausländischen Unternehmens dar. Sie ist als schwach
zu bewerten, da es einer solchen Rechtsform verwehrt ist, über reine Unterstützungshandlungen (zum Beispiel Werbung, Vermittlung, Produktberatung) hinaus Marktaktivitäten zu entfalten. Insbesondere darf eine bloße Repräsentanz nicht eigenständig Verträge abschließen, Lieferungen ausführen oder sonstige Handlungen vornehmen, die als unmittelbarer Anknüpfungspunkt für Einkunftserzielung geeignet sind.
Rechtsgrundlagen
Das Recht der Handelsgesellschaften ist in den Artt. 136 bis 556 des türkischen Handelsgesetzbuchs (HGB; Gesetz Nr. 6762 vom 9.7.1956) geregelt. Es beruht auf schweizerischen, französischen und deutschen Vorbildern. Das HGB befindet sich zur Zeit jedoch auf dem parlamentarischen Prüfstand. Mit umfassenden Reformen ist mittelfristig zu rechnen.
Niederlassungsrecht
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Gründungsverfahren
Aktiengesellschaft
Die Gründungsmitglieder einer AG haben die Gründungssatzung in notariell beglaubigter
Form zu unterzeichnen. Diese hat nach Art. 279 HGB folgende Mindestangaben zu enthalten:
- Sitz und Firma der AG; die Firma ist zwingend mit einem Hinweis auf die Gesellschaftsform
auszustatten, wobei das Kürzel A.S. ausreicht;
- Art (Geld oder Sachanteile), Höhe und Einzahlungsmodus des Grundkapitals;
Anzahl und jeweiliger Wert der einzelnen Anteile;
- Einsetzung und Rechtstellung der mit der Verwaltung bzw. Vertretung der Gesellschaft betrauten Personen (insbesondere Benennung der Verwaltungsrats- und Aufsichtsratsmitglieder);
- Einberufung und Geschäftsgang der Hauptversammlung;
- Dauer der Gesellschaft, falls keine Gründung auf unbefristete Zeit beabsichtigt ist;
- Form der Bekanntmachungen der Gesellschaft;
- Höhe des Kapitalanteils der einzelnen Gründungsmitglieder, sofern keine Stufengründung
vorliegt.
Zusammen mit der Vorlage des Vertrags ist die Eintragung ins Handelsregister und die Bekanntmachung der Satzung zu beantragen. Mit der Eintragung erlangt die AG ihre Rechtsfähigkeit, die Haftung der Aktionäre für Verbindlichkeiten der Gesellschaft ist ab dato auf die von
ihnen übernommene Kapitaleinlage beschränkt (keine Durchgriffshaftung, vgl. Art. 269 HGB).
GmbH
Wie bei der AG ist auch die Gründungssatzung der GmbH von sämtlichen Gründungsmitgliedern, deren Anzahl sich indes auf mindestens zwei und höchstens 50 beläuft, in notariell beglaubigter Form zu unterzeichnen. Der Inhalt der Satzung hat nach Art. 506 HGB folgende
Punkte zu umfassen:
- Sitz, Gegenstand und Firma der Gesellschaft, wobei aus letzterer die Rechtsform einer GmbH
(zumindest in der abgekürzten Form Ltd. Sti.) eindeutig hervorgehen muss;
- die Höhe des Stammkapitals und die von jedem Gesellschafter zu erbringende Stammeinlage;
- die Form der Bekanntmachung der Gesellschaft;
- die Dauer der Gesellschaft.
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Niederlassungsrecht
Aus dem letzten Punkt wird klar, dass eine GmbH im Gegensatz zu einer AG nicht auf unbestimmte Zeit gegründet werden kann.
Die Gesellschaft ist in das Handelsregister einzutragen; ihre Satzung ist bekannt zu machen
(Art. 511 HGB). Wie die AG gewinnt die GmbH erst durch diesen Akt Rechtsfähigkeit (Art. 512
HGB), was zu einer Beschränkung der Gesellschafterhaftung auf die von ihnen einzubringenden Einlagen führt.
Kapital
Aktiengesellschaft
Die Mindestkapitaleinlage einer AG beträgt pro Gesellschafter 25 YTL, das Mindeststammkapital der Gesellschaft 50.000 YTL. Davon ist bei der Gründung wenigstens 25% einzuzahlen (Art.
285 HGB). Der Ministerrat ist jedoch zur jederzeitigen Anhebung des Mindeststammkapitalbetrags auf bis zu 1.000% der aktuellen Summe ermächtigt.
GmbH
Das Mindeststammkapital beträgt 5.000 YTL, die Mindesteinlage eines jeden Gesellschafters 25
YTL; Sacheinlagen sind nach Maßgabe von Art. 508 HGB zulässig. Das Kapital ist bei der Gründung in Höhe von 25% einzuzahlen; der Rest kann innerhalb einer dreijährigen Frist gezahlt
werden.
Organe
Aktiengesellschaft
Die AG des türkischen Rechts ist mit folgenden Organen ausgestattet:
- Generalversammlung, die die generellen Leitlinien zur Unternehmenssteuerung vorgibt,
Satzungsänderungen vornimmt, den Aufsichts- und Verwaltungsrat wählt, Bilanz, Gewinnund Verlustrechnung bestätigt und die Gewinnverteilung beschließt.
- Verwaltungsrat, ein mindestens dreiköpfiges Gremium, dem die Leitung der Geschäftsführung und die Vertretung der AG obliegt und dessen Mitglieder zwingend Aktionärsstatus innehaben müssen; Fremdgeschäftsführung ist jedoch im Wege der Delegation von Geschäftsführungsaufgaben auf sogenannte "Direktoren" (müdürler) zulässig.
- Aufsichtsrat, bestehend aus bis zu fünf Personen, die die Befugnisse einer inneren Revision
wahrnehmen, aber auch Außenstehenden gegenüber für Pflichtverletzungen einzustehen
haben (Art. 359 HGB). Mehr als die Hälfte der Aufsichtsratsmitglieder muss die türkische
Staatsangehörigkeit innehaben, eine Gesellschafterstellung ist jedoch nicht erforderlich.
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GmbH
Die GmbH kennt folgende Organe:
- Gesellschafterversammlung. Gemäß Art. 539 HGB verfügt sie über die Befugnis zu Satzungsänderungen, Bestellung/Abberufung von Geschäftsführern und Aufsichtsratsmitgliedern,
Bestätigung der Gewinn/Verlustrechnung und Bilanz, Entlastung der Geschäftsführung, Beschlussfassung über die Aufteilung von Stammanteilen und Vertretung der Gesellschaft bei
der Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegenüber ihren Gesellschaftern/Geschäftsführern;
- Geschäftsführung, die weitgehend dem Verwaltungsrat einer AG angeglichen ist, wenngleich Art. 541 HGB ausdrücklich die Möglichkeit einer Fremdgeschäftsführung (also durch
Nichtgesellschafter) erlaubt, und an die Anzahl der Geschäftsführer keine numerischen Mindest- oder Höchstanforderungen gestellt werden;
- Aufsichtsrat, bestehend aus bis zu fünf Personen (davon mehr als die Hälfte mit türkischer
Staatsangehörigkeit), der allerdings nur bei GmbHs mit einem Bestand von 20 Gesellschaftern oder mehr zu bestellen ist (Art. 548 Abs. 1 HGB).
Haftungsfragen
Dem Wesen einer Kapitalgesellschaft entsprechend haften die Gesellschafter im Grunde nicht
persönlich für Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Jedoch besteht eine persönliche Einstandspflicht der Gesellschafter einer GmbH (Durchgriffshaftung) im Hinblick auf öffentlich-rechtliche Forderungen. Den Gesellschaftern steht insoweit allerdings die Einrede der Vorausklage
zu; auch ist ihre Einstandspflicht summenmäßig auf die Höhe ihrer originär erbrachten Einlage
begrenzt.
Auflösung
Aktiengesellschaft
Im Gegensatz zur GmbH kann die AG auf unbestimmte oder bestimmte Zeit gegründet werden;
im letzten Fall führt der Fristablauf zur Auflösung. Weitere Auflösungsgründe zählt Art. 434
HGB enumerativ auf: Verfehlen des gesellschaftlichen Zwecks, Verlust von zwei Dritteln des Gesellschaftskapitals, Absinken der Anzahl der Aktionäre unter fünf, Eintritt eines in der Satzung
vereinbarten Auflösungsgrundes, Verschmelzen mit einer anderen Gesellschaft, Konkurseröffnung und Auflösungsbeschluss der Hauptverhandlung.
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Niederlassungsrecht
GmbH
Auflösungsgründe für eine GmbH sind nach Art. 549 HGB neben Zeitablauf
- weitere, in der Satzung vorgesehene Gründe;
- Gesellschafterbeschluss, der einer doppelt-qualifizierten Mehrheit von 75% der Stimmen, die
75% des Kapitals vertreten, bedarf;
- Konkurseröffnung;
- Gerichtsurteil auf Antrag eines Gesellschafters bei Vorliegen berechtigter Gründe.
Investitionsrecht
Rechtsgrundlagen
Allgemeines Investitionsregime
Am 17.6. 03 trat das Gesetz Nr. 4875 über ausländische Direktinvestitionen (ADIG) in Kraft und
hob das alte Gesetz Nr. 6224 aus dem Jahr 1954 auf.
Kernstück ist das in Art. 3 ADIG verbürgte Diskriminierungsverbot, das den Behörden untersagt, ausländische und inländische Investoren ungleich zu behandeln (Inländergleichbehandlung). Weggefallen sind damit nicht nur das Erfordernis einer gesonderten Investitionsgenehmigung für Ausländer, sondern auch die erhöhten Mindestkapitalanforderungen bei der Gründung von Kapitalgesellschaften, die ursprünglich bei 50.000 US$ lagen und sich nun nach den
Vorschriften des allgemeinen Gesellschaftsrecht bemessen (bei einer GmbH 5.000 YTL, bei einer Aktiengesellschaft 50.000 YTL).
Als ausländische Investoren definiert Art. 2 a) ADIG natürliche Personen ausländischer Staatsangehörigkeit beziehungsweise türkische Staatsangehörige mit gewöhnlichem Aufenthalt im
Ausland sowie juristische Personen, deren Gründung sich nach Maßgabe einer ausländischen
Rechtsordnung vollzog (persönlicher Anwendungsbereich des ADIG).
Den sachlichen Anwendungsbereich setzt Art. 2 b) ADIG mit dem Begriff einer klassischen Direktinvestition gleich, also mit der Gründung einer neuen Gesellschaft/Zweigniederlassung
oder mit dem Erwerb von Anteilen einer bereits bestehenden Gesellschaft, dies allerdings in einer Mindesthöhe von 10% am Gesellschaftskapital. Daraus wird aber auch deutlich, dass die Niederlassung als Einzelkaufmann nicht in den Anwendungsbereich des ADIG fällt.
Niederlassungsrecht
93
Neben der Inländergleichbehandlung wartet das neue ADIG noch mit einer ganzen Reihe weiterer Garantien und Annehmlichkeiten auf: So wurde das Gründungsverfahren durch eine Zuständigkeitskonzentration auf die jeweiligen Handelsregisterämter aus administrativer Sicht
stark vereinfacht, auch wenn die Genehmigung hinsichtlich der Eröffnung eines unselbständigen Verbindungsbüros weiterhin dem Staatssekretariat für Schatzwesen vorbehalten bleibt.
Nach Art. 3 b) ADIG sind die Investoren gegen eine entschädigungslose Enteignung geschützt;
eine solche darf sich zudem nur in gesetzlich festgelegten Bahnen und unter dem Primat des öffentlichen Wohls vollziehen. Darüber hinaus wird der freie Kapitaltransfer ins Ausland in
Art. 3 c) ADIG gewährleistet. Ausländische juristische Investoren können nach der Klarstellung des Art. 3 d) ADIG unter gleichen Voraussetzungen Immobilien erwerben wie rein türkisch
Unternehmen - eine Rechtsfolge, die sich schon aus dem allgemeinen Diskriminierungsverbot
ergibt. Bei Streitigkeiten über privatrechtliche Vereinbarungen mit der öffentlichen Hand steht
den Investoren schließlich der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten oder zu einem
Schiedsgericht offen (Art. 3 e) ADIG).
Lokale Förderung
Weitere Investitionsanreize ergeben sich aus der spezifischen Lokalförderung, deren rechtlicher Rahmen in dem Gesetz Nr. 5084 vom 29.01.04 abgesteckt ist. Die lokale Förderung hat die
Verbesserung der wirtschaftlichen Bedingungen in insgesamt 36 strukturschwachen Provinzen, die sich durch ein monatliches Pro-Kopf-Einkommen von unter 1.500 US$ auszeichnen,
zum Ziel. Die Dauer des Programms ist bis zum Jahresende 2008 angesetzt.
Eine weitere Art der ortsgebundenen Investitionsförderung stellen die 21 Freihandelszonen beziehungsweise organisierten Industriezonen dar, auf deren Territorien grundsätzlich keine gewerberechtlichen Beschränkungen für Ausländer gelten und türkisches Zoll- und Steuerrecht
nicht zur Anwendung kommen (Gesetz Nr. 3218 vom 06.06.1985). Jedoch ist für sämtliche Warenbewegungen eine Gebühr in Höhe von 0,5% des CIF- beziehungsweise des FOB-Wertes zu
entrichten, je nachdem ob es sich um einen Warenimport oder um eine Warenausfuhr handelt.
Allerdings wird es spätestens ab dem 31.12. 08 mit der Freistellung von der Einkommen- und
Körperschaftsbesteuerung ein Ende haben. Dies ergibt sich aus Art. 9 des oben erwähnten Gesetzes Nr. 5084, wonach Unternehmen, deren Freizonenlizenz ("operating licence") bereits vor
diesem Datum ausläuft (sowie die von diesen beschäftigten Angestellten) ab diesem Zeitpunkt,
die übrigen Unternehmen/Angestellten ab dem 31.12.08 zur Körperschaft- beziehungsweise
Einkommensteuer herangezogen werden. Eine Ausnahme gilt lediglich für Unternehmen der
verarbeitenden Industrie, die Einkünfte aus dem Erlös von in einer Freizone hergestellten Waren beziehen; für diese greift die Besteuerung erst mit Datum des Beitritts der Türkei zur EU.
Näheres zu den Freihandelszonen ist der Website http://www.dtm.gov.tr/sb/english/freezone1.htm zu entnehmen.
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Niederlassungsrecht
Förderhilfen
Das Gesetz Nr. 5084 sieht unter anderem folgende Fördermaßnahmen vor:
- Abzugsfähigkeit der einbehaltenen Lohnsteuer von der Einkommen- oder Körperschaftsteuer in Höhe von 80% bis 100% (Art. 3 des Gesetzes);
- Erstattung der abgeführten Arbeitgeberanteile an den Sozialversicherungsbeiträgen der Arbeitnehmer (Art. 4 des Gesetzes);
- Kostenlose Zuweisung öffentlicher Grundstücke bei Schaffung von mindestens zehn Arbeitsplätzen (Art. 5 des Gesetzes);
- Subventionierung der Energiekosten für gewisse Investitionsbereiche (in Höhe von 20% bis
50%), sofern mindestens zehn Arbeitsplätze geschaffen werden (Art. 6 des Gesetzes).
Investitionsschutzabkommen
Zwischen Deutschland und der Türkei gilt immer noch der Vertrag vom 20.6.1962 über die gegenseitige Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen. Das Abkommen ist
im BGBl. 1965 II auf den S. 1193 ff. abgedruckt.
Zahlungs- und Kapitalverkehr, Devisenrecht
Rechtsgrundlagen
Sowohl das Investitionsgesetz als auch das Investitionsschutzabkommen garantieren dem
deutschen Investor den freien Kapitalverkehr. Insbesondere kann der Investor nach Art. 3 c des
Investitionsgesetzes Gewinne, Dividenden, Lizenzgebühren und Zinsen frei ins Ausland transferieren.
Beschränkungen
Alle Beschränkungen wurden abgeschafft. Ausländer können zum Beispiel Fremdwährungskonten unterhalten.
Kontrollinstanzen
Der türkischen Zentralbank werden alle Auslandsüberweisungen ab einer Summe von 50.000
US$ gemeldet.
Steuerrecht
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Steuerrecht
Steuerarten und ihre Rechtsgrundlagen
Wie die deutsche Rechtsordnung kennt auch die türkische im Hinblick auf die Besteuerung von
Einkünften die grundsätzliche Differenzierung zwischen einer Individualeinkommensteuer,
die dem Gesetz Nr. 193 vom 06.01.1961 (EStG) unterliegt, und einer auf juristische Personen anwendbaren Körperschaftsteuer, die sich nach dem Gesetz Nr. 5520 vom 21.6.06 (KStG) bemisst.
Das alte KStG (Gesetz Nr. 5422 vom 10.06.1949) ist damit obsolet geworden. Personengesellschaften (Offene Handelsgesellschaft, Kommanditgesellschaft, etc.) hingegen sind grundsätzlich keine Steuersubjekte; ihre Einkünfte werden im Rahmen der Einkommensbesteuerung der
Gesellschafter als deren Gewinnanteile veranschlagt.
Weitere wichtige Normen - auch des materiellen Rechts - finden sich in den Statuten Nr. 213 und
6183, die das allgemeine Besteuerungsverfahren regeln und damit der deutschen Abgabenordnung (AO) vergleichbar sind.
Zu den materiellen Vorschriften des Statuts Nr. 213 gehören unter anderem die Vorschriften
über Absetzung für Abnutzung (AfA). Danach können Aktiva des Anlagevermögens, deren Nutzungsdauer ein Jahr und deren Wert 76 YTL überschreitet, linear oder degressiv abgeschrieben
werden. Nicht abschreibungsfähig sind unbebaute Grundstücke. Im Hinblick auf die Höhe der
AfA-Sätze gilt es auf Grund neuer, zum 01.01.04 in Kraft getretener Bestimmungen (Gesetz Nr.
5024) wie folgt zu differenzieren: Für Anlagegüter, die vor dem 01.01.04 in die Bilanz eingetragen wurden, kann der Steuerpflichtige die AfA-Sätze autonom bestimmen, sofern sie bei der linearen Methode 20% und bei der degressiven Methode 40% nicht überschreiten. Nach diesem
Zeitpunkt ins Anlagevermögen eingeführte Güter hingegen unterliegen den vom Finanzministerium festgelegten jeweiligen Abschreibungssätzen. Gebäude unterlagen schon vor Inkrafttreten der neuen Rechtslage individuell festgelegter AfA-Sätze (zum Beispiel Fabrikgebäude: 4%
pro Jahr, Verwaltungsgebäude: 2% pro Jahr). Eine zeitanteilige Abschreibung (pro rata temporis) ist nur für Pkw vorgeschrieben; ansonsten gilt der Grundsatz, wonach AfA-Sätze ganzjährig
im Jahr der Anschaffung angelegt werden. Auf Grund der hohen Inflation besteht die Möglichkeit einer entsprechenden Bilanzbereinigung nach Maßgabe eines alljährlich vom Finanzministerium festgelegten Koeffizienten.
Einer Verjährungsfrist von fünf Jahren unterliegen Ansprüche auf Aufhebung oder Abänderung eines Steuerbescheids.
Verzögerungen beim Eingang der Steuererklärung ziehen eine Geldbuße von 60 YTL nach sich;
der Säumniszuschlag für die verspätete Entrichtung der Steuer beläuft sich auf 4% pro Monat.
Verluste sind nach Art. 88 EStG einem Verlustvortrag (zarar nakli) innerhalb eines Höchstzeitraums von fünf Jahren zugänglich; ein Verlustrücktrag findet hingegen nicht statt.
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Steuerrecht
Das Steuerjahr entspricht dem Kalenderjahr; davon kann auf Einzelbasis abgewichen werden,
wenn sich ein Kalenderjahr auf Grund der konkreten Art der Geschäftstätigkeit als sachwidrig
erweist.
An indirekten Steuern kennt das türkische Recht Umsatz-, Verbrauchs- und Stempelsteuern.
Die Umsatzsteuer (katma deger vergisi, KDV) wurde 1985 durch das Gesetz Nr. 3065 vom
25.10.1985 (UStG) eingeführt und mittlerweile EU-Standards weitgehend angeglichen. Eine
spezielle Verbrauchssteuer (özel tüketim vergisi, ÖTV) wird nach Maßgabe des Gesetzes Nr.
4760 vom 12.06.02 bestimmten Verbrauchsgütern und anderen Konsum- und Luxusgütern auferlegt.
Körperschaftsteuer
Die Steuer auf Unternehmensgewinne von Kapitalgesellschaften wurde mit Wirkung zum
1.1.06 von 30% auf 20% abgesenkt. Da dies rückwirkend geschah, können die bereits im Weg der
Vorauszahlung noch auf Grund des alten Satzes zu viel entrichteten Beträge mit der späteren
Steuerschuld verrechnet werden. Relevant wird dies für die Steuererhebung der ersten beiden
Quartale 2006.
Einkommensteuer
Das türkische Einkommensteuerrecht nennt in Art. 2 EStG folgende Einkunftsarten:
- Einkünfte aus Gewerbebetrieb;
- Einkünfte aus Landwirtschaft;
- Einkünfte aus unselbstständiger Arbeit;
- Einkünfte aus selbstständiger (freiberuflicher) Tätigkeit;
- Einkünfte aus Immobilien;
- Einkünfte aus Kapitalerträgen;
- sonstige Einkünfte.
Unter bestimmten Umständen fallen darunter auch Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften. So unterliegt der Erlös eines Immobilienverkaufes zum Beispiel der Besteuerung,
wenn zwischen Grundstückserwerb und Veräußerung ein Zeitraum unter vier Jahren verstrichen ist. Die Besteuerung des Gewinns aus dem Verkauf von Wertpapieren kommt zum Tragen,
wenn die Zeitspanne zwischen An- und Verkauf drei Monate nicht übersteigt. Hinsichtlich der
Veräußerung von Anteilen einer türkischen Kapitalgesellschaft beträgt die entsprechende Frist
ein Jahr.
Steuerrecht
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Die Steuerpflicht ist grundsätzlich in zwei Halbjahresraten zu begleichen, von denen die erste
am 31. März und die zweite am 31. Juli des Steuerjahres fällig wird. Die Lohnsteuer ist vom Arbeitgeber einzubehalten und spätestens bis zum 20. des Folgemonats an den Fiskus abzuführen
(Artt. 98 ff. EStG). Selbständig Gewerbetreibende und Freiberufler haben eine Vorauszahlung
(gecici vergi; pesin vergi) in Höhe von 20% auf den Quartalsgewinn bereits am 15. des zweiten
Folgemonats nach Quartalsende zu entrichten.
Wie in Deutschland unterliegt der Steuertarif einer progressiven Staffelung. Die Steuersätze
wurden im April 2006 mit Wirkung zum 1.1.06 gesenkt. Eine Differenzierung zwischen Lohneinkommen und sonstigem Einkommen findet nicht mehr statt. Die neuen Steuersätze berechnen sich nun wie folgt:
Jahreseinkommen (in YTL)
bis 7.000
von 7.001 bis 18.000
von 18.001 bis 40.000
über 40.000
Steuersatz
15%
20%
27%
35%
Mehrwertsteuer
Die Umsatzsteuererklärung ist am 20., die Begleichung der Steuerschuld am 26. Tag des Folgemonats vorzunehmen.
Wareneinfuhren werden der gleichen Umsatzsteuer-Rate unterzogen wie rein innerstaatliche
Transaktionen. Der Normalsatz beträgt zur Zeit 18%, der ermäßigte Satz 1% (für die in Anhang 1
des UStG aufgelisteten Güter und Dienstleistungen wie zum Beispiel landwirtschaftliche Produkte, Gebrauchtfahrzeuge, Leasinggeschäfte, periodische Printmedien, Bestattungen) oder
8% (für die in Anhang 2 des UStG aufgelisteten Güter und Dienstleistungen, wie gewisse Grundnahrungsmittel, Bücher, Kino-, Theater- oder Opernvorstellungen). Durch Ministerratsbeschluss Nr. 2004/8301 vom 29.12.04 ist mit Wirkung zum 1.1.05 eine weitere Reduktion des Normalsatzes in den Bereichen Nahrungsmittel (Mineralwasser, Milchpulver, Frischgemüse, diverse Nusssorten), Gesundheit und Bildung (Ambulanz- und Schulbusfahrten, Privatunterricht)
auf 8% erfolgt, so dass die letztgenannte Liste eine spürbare Ausweitung erfahren hat.
Warenausfuhren hingegen (worunter auch die Lieferung in eine Freihandelszone zu subsumieren ist) sind umsatzsteuerbefreit; transnational erbrachte Dienstleistungen nur dann, wenn die
Leistung an einen im Ausland ansässigen Besteller, auf dessen Person die Rechnung ausgestellt
ist und der die Leistung in einer Fremdwährung vergütet, erbracht und dort in Anspruch genommen wird.
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Steuerrecht
Eine spezielle Verbrauchssteuer (özel tüketim vergisi, ÖTV) wird nach Maßgabe des Gesetzes Nr.
4760 vom 12.6. 02 bestimmten Verbrauchsgütern wie Getränken (zwischen 25% für Limonade
und 225% für Schaumweine), Zigaretten (28% zuzüglich einer festen Abgabe zwischen 0,376 und
1,350 YTL pro Schachtel, je nach dem Anteil an türkischem Tabak), importierten Kfz (zwischen
27% und 50%, je nach Hubraum) und anderen Konsum- oder Luxusgütern auferlegt. Im Gegensatz zur Umsatzsteuer wird die Verbrauchssteuer lediglich einmal, also an nur einer Stelle einer
Transaktionskette, erhoben.
Doppelbesteuerungsabkommen
Zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Türkei gilt das Abkommen zur
Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom
Vermögen vom 16.4.85 (BGBl. 1989 II, S. 866 ff.). Im Hinblick auf Struktur und Inhalt ist es an den
OECD-Musterentwurf MA 1977 angelehnt, auch wenn sich stellenweise Abweichungen (insbesondere im Zusammenhang mit der Quellenbesteuerung und dem Betriebsstättenbegriff) ergeben.
Das Abkommen ist - zusammen mit weiteren Informationen - unter der Internetadresse
http://www.bundesfinanzministerium.de/cln_01/nn_318/sid_3BF72DA0612B158530DBE1ABD3694ACC/DE/Steuern/Veroeffentlichungen__zu__Steuerarten/Internationales__Steuerrecht/
DBA/079.html
abrufbar.
Dem Vernehmen nach wird gegenwärtig von deutscher Seite aus erwogen, ein neues Doppelbesteuerungsabkommen auszuhandeln.