Impressum - EEN
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Verband Türkischer Industrieller und Unternehmer Impressum Bundesagentur für Außenwirtschaft Agrippastraße 87-93, 50676 Köln Tel.: 0221/2057-0, Fax: 0221/2057-275, Internet: www.bfai.de Ansprechpartnerin: Ingeborg Kozel, Tel.: 0221/20 57-365, E-Mail: [email protected] Dr. Sven Klaiber (Recht) Tel.: 0221/20 57-367 E-Mail: [email protected] Verfasser: Necip C. Bagoglu bfai - Istanbul, Dr. Sven Klaiber bfai - Köln (Recht) Redaktion: Ingeborg Kozel, Helge Feyer (Recht) Bestell-Nr. 12304, ISBN 3-86643-499-5; Preis: 40,- Euro Bundesverband der deutschen Industrie (BDI), Breite Str. 29, 10178 Berlin, E-Mail: [email protected], Internet: www.bdi.eu Verband Türkischer Industrieller und Unternehmer (TÜSIAD), Vertretung in Deutschland, Märkisches Ufer 28, 10179 Berlin, E-Mail: [email protected], Internet: www. tusiad.org Alle Rechte vorbehalten.© Nachdruck - auch teilweise - nur mit vorheriger ausdrücklicher Genehmigung. Trotz größtmöglicher Sorgfalt keine Haftung für den Inhalt. Inhalt 3 Vorworte Wirtschaftsstruktur und Chancen 9 Investitionsklima und -risiken 18 Nationale und internationale Investitionsförderung 30 Lohn- und Lohnnebenkosten 51 Immobilienmarkt 62 Preise für Wasser, Energie und Telekommunikation 74 Transport und Logistik 78 Niederlassungsrecht 88 Steuerrecht 95 Vorwort Deutschland und Türkei - Partner in Europa Im April 2007 ist die Türkei das "Partnerland" der HannoverMesse. Die Messe ist Treffpunkt für Politik und Wirtschaft sowie führendes Technologieforum. Sie bietet eine ausgezeichnete Plattform, um die Wirtschaftsbeziehungen zwischen der Türkei und Deutschland weiter zu intensivieren sowie zur Präsentation gegenüber einem internationalen Publikum. Die Türkei ist ein Wachstumsmarkt in strategisch interessanter Lage. Es gibt gute Gründe, warum Deutschland und die Türkei wirtschaftlich eng verflochten sind. Unternehmen nutzen die Chancen, die in diesem EU-Kandidatenland liegen. Die über Jahrzehnte aufgebauten Kontakte sowie die erfolgreich umgesetzten Vorhaben und Projekte deutscher Unternehmen bilden eine verlässliche Grundlage der Zusammenarbeit. Auch die engagierte Arbeit der Deutsch-Türkischen Industrie- und Handelskammer in Istanbul trägt Früchte. Vor allem aber weisen verbesserte unternehmerische Rahmenbedingungen für in- und ausländische Investoren in die richtige Richtung. Dazu gehört auch die in den letzten Jahren erzielte gesamtwirtschaftliche Stabilisierung der Türkei. Unsere bilateralen Wirtschaftsbeziehungen geben Anlass zur Zufriedenheit - für beide Seiten. Die deutschen Ausfuhren in die Türkei haben sich seit 1996 mehr als verdreifacht. Die türkischen Exporte haben sich in den vergangenen zehn Jahren mehr als verdoppelt. Unser Warenaustausch erreichte 2006 einen Wert von über 24 Mrd. Euro. Ein positives Bild vermittelt auch der Blick auf Direktinvestitionen. Gegenwärtig arbeiten rund 2.500 Unternehmen mit deutscher Kapitalbeteiligung in der Türkei. Unternehmen verschiedenster Branchen und aller Größenordnungen, die vor Ort Marktchancen nutzen und durch eine international optimierte Wertschöpfungskette ihre Wettbewerbsfähigkeit stärken. Eine gute Bilanz ist aber kein Anlass, die Hände in den Schoß zu legen. In der Türkei gibt es weitere Potenziale, die Unternehmen erschließen und in vollem Umfang nutzen können. Potenziale, die aufgrund des Wirtschaftswachstums entstehen. Potenziale, die sich durch notwendige Marktliberalisierungen und erfolgreich umzusetzende Privatisierungen eröffnen. Und Potenziale, die sich aus der europäischen Perspektive des Landes ergeben. Allein der weitere Auf- und Ausbau der Infrastruktur unter anderem für Energie, Verkehr, Telekommunikation und Umwelt - erfordert Investitionen in zweistelliger Milliardenhöhe. Das bietet deutschen Unternehmen, die auf diesen Gebieten über hervorragendes Know-how verfügen, interessante Geschäftsmöglichkeiten. Der vorliegende Investitionsführer, den der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) gemeinsam mit dem türkischen Unternehmerverband TÜSIAD und in Zusammenarbeit mit der Bundesagentur für Außenwirtschaft (bfai) veröffentlicht, durchleuchtet den Standort Türkei. Er informiert über Kennzahlen, Rahmenbedingungen und Stellgrößen, die für unternehmerische Investitionsentscheidungen grundlegend sind. Er verdeutlicht Herausforderungen und Chancen für Unternehmen, die über ein Engagement in diesem Land nachdenken. Engagement zu eigenem Nutzen und Vorteil, und zugleich zur weiteren Stärkung der deutsch-türkischen Partnerschaft in Europa. Jürgen R. Thumann Präsident Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) Vorwort Türkei und Deutschland - Vertiefung der Zusammenarbeit Mit dem Investitionsführer Türkei, den wir in Zusammenarbeit mit der Bundesagentur für Außenwirtschaft (bfai) und dem Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) veröffentlichen, beabsichtigen wir, deutschen Unternehmen und Institutionen, die auf dem türkischen Markt tätig sein wollen, nützliche Informationen anzubieten. TÜSIAD ist überzeugt davon, dass im Vorfeld des Beitrittsprozesses, wobei das Element Europäisierung in den Vordergrund rückt, die Jahrhunderte alten ökonomischen, politischen und freundschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und der Türkei eine Veränderung und eine Vertiefung durchmachen. Die bilateralen ökonomischen Beziehungen, die nach 1996 mit dem Beitritt der Türkei in die Zollunion der Europäischen Union eine Steigerung erfuhren, verlassen nunmehr ihre Natur, nur ökonomisch zu sein, und beginnen auch soziale, politische und kulturelle Dimensionen zu beinhalten. Bekanntlich ist Deutschland weltweit der wichtigste Handelspartner der Türkei, in der mehr als 800 deutsche Firmen direkt oder indirekt vertreten sind. Unser Außenhandelsvolumen mit Deutschland liegt bei ca. 25 Milliarden Euro. Wenn wir aber die Handelsbeziehungen zwischen Deutschland und den Ländern betrachten, die 2004 der EU beigetreten sind, ist davon auszugehen, dass die Zielsetzung, das Außenhandelsvolumen mit der Türkei in den nächsten 5 Jahren auf 50 Milliarden zu steigern, zu erreichen ist. Die Investitionen der in der Türkei tätigen deutschen Investoren und der von ihnen produzierte Mehrwert sind ein anderer wichtiger Punkt. Heute sind deutsche Unternehmen fast in jeder Wirtschaftsbranche in der Türkei existent. Diese erwähnten Handelsgrößen zeigen die Dynamik und das Potenzial der wirtschaftlichen Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern. Schon vor Beginn der EU-Beitrittsverhandlungen war die Wirtschaft der Türkei im Rahmen des makroökonomischen Integrationsprogramms ohnehin in einen intensiven strukturellen Reformprozess eingetreten. Aus diesem Grund hat unsere Wirtschaft, insbesondere in den Jahren 2002 bis 2006 in Bezug auf die Annäherung an den europäischen Durchschnitt eine erhebliche Strecke zurückgelegt. Auch der Entwicklungsbericht der EU über die Türkei weist darauf hin, dass die Marktwirtschaft in der Türkei von der hohen Inflationsrate und den makroökonomischen Ungleichgewichtigkeiten befreit wurde. Als eine seit längerer Zeit für die Weltmärkte offene und seit 1996 in der Zollunion mit der EU funktionierende Marktwirtschaft schreitet die Türkei mit sicheren Schritten in Richtung zur Erreichung der Maastricht-Kriterien weiter voran. In diesem Zusammenhang gewinnen die Tatsachen, dass einerseits die deutschen Investoren an den sich liberalisierenden Infrastrukturbranchen wie Verkehr und Energie Interesse zeigen und andererseits die deutschen Investitionen sich insbesondere im Bereich Bau, Elektronik, Informatik und Umwelttechnologien intensivieren, bei der Entwicklung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern an Bedeutung. Vorwort TÜSIAD Deutschland Direktion, die ihre Tätigkeit im Jahre 2003 aufnahm, hat sich zum Ziel gesetzt, die ökonomischen Beziehungen zwischen Deutschland, der größten Wirtschaft der EU und der Türkei weiter zu entwickeln, und im EU-Beitrittsprozess der Türkei einen Beitrag in Deutschland zu leisten. Abschließend sei betont, dass TÜSIAD als Vertreter der türkischen Geschäftswelt sich auch in Zukunft bei ähnlichen Projekten, die der Entwicklung unserer bilateralen und vielfältigen Beziehungen zu Deutschland dienen, beteiligen wird. Arzuhan Dogan Yalçindag Präsidentin TÜSIAD Erfolgreich investieren in der Türkei Wirtschaftsstruktur und Chancen 9 Wirtschaftsstruktur und Chancen Türkei im globalen und regionalen Kontext Mit einem Bruttoinlandsprodukt (BIP) von schätzungsweise 400,1 Mrd. US$ und einem ProKopf-Einkommen von 5.350 US$ im Jahre 2006 befindet sich die Türkei unter den 20 größten Volkswirtschaften der Welt. Nach den Projektionen des nationalen Entwicklungsplans (2007 2013), der im Durchschnitt von einer jährlichen realen Zuwachsrate der Wirtschaft von 7,0% ausgeht, soll das BIP im Jahre 2013 eine Höhe von 797,4 Mrd. US$ und das Pro-Kopf-Einkommen 10.099 US$ erreichen. Unter Zugrundelegung der Kaufkraftparitäten sagen die Planer für 2013 ein Pro-Kopf-Einkommen von gar 15.332 US$ voraus. Die Politik der wirtschaftlichen Reformen in der Form von Liberalisierung und Deregulierung des Marktes haben in Verbindung mit der Aufnahme der Beitrittsverhandlungen mit der EU in den letzten Jahren zu einem spürbaren Aufschwung im Geschäftsleben geführt, wovon sämtliche Branchen profitieren. Die Modernisierung und Rationalisierung der Industrie schreitet zügig voran. Die internationale Wettbewerbsfähigkeit der türkischen Wirtschaft steigt. Die wirtschaftliche Entwicklung ist von einem steigenden Grad der Internationalisierung des Geschäftslebens und einer wachsenden Rolle des Privatsektors gekennzeichnet. Die Welle der Privatisierungen löst einen großen Zustrom internationalen Kapitals aus. Die ausländischen Direktinvestitionen zeigen eine starke Zunahme. Sie verdoppelten sich 2006 gegenüber dem Vorjahr auf 18,7 Mrd. US$. Die Integration der türkischen Volkswirtschaft mit der Weltwirtschaft und vor allem mit der EU schreitet voran. Etwa 44% des türkischen Außenhandels des Jahres 2006 erfolgte mit der EU, Deutschland ist dabei der wichtigste Wirtschaftspartner. Die seit 1996 geltende Zollunion mit der EU hat zum Ausbau des Warenverkehrs wesentlich beigetragen. Der bilaterale deutsch-türkische Warenaustausch steht im Zeichen des stetigen Wachstums der türkischen Wirtschaft von durchschnittlich real 7,0% pro Jahr. Er erreichte 2006 insgesamt 23,5 Mrd. Euro, darunter deutsche Lieferungen im Wert von 14,4 Mrd. Euro. Damit war Deutschland nach Russland und vor der VR China zweitgrößter Warenlieferant. Deutschland spielt auch unter den ausländischen Investoren eine führende Rolle, da deutsche Unternehmen die älteste ununterbrochene Präsenz im Lande haben und hinsichtlich der Anzahl der Projekte an erster Stelle stehen. Die Gesamtzahl der Firmen mit deutschem Kapital in der Türkei erreichte Anfang 2007 laut offizieller Statistik rund 2.500. Die vermehrten Geschäfts- und Investitionschancen locken immer mehr deutsche Unternehmen in die Türkei. Die Betätigungsfelder sind vielseitig. Sie reichen von der reinen Fertigung von Industrieerzeugnissen bis hin zur Eröffnung von Warenhäusern. Hohes Wachstumspotenzial besitzen die Bereiche Fahrzeugbau, einschließlich Kfz-Teile, -Komponenten und -Zubehör, des weiteren Bauzulieferindustrien, Transport und Logistik, Einzelhandel, Lebensmittelverarbeitung, Energietechnik, Elektrotechnik, Umwelttechnik und Automatisierungstechnik im weitesten Sinne. Erfolgreich investieren in der Türkei 10 Wirtschaftsstruktur und Chancen Eine Kombination von mehreren Faktoren macht die Türkei zu einem interessanten Standort für wirtschaftliche Engagements. Allein die Größe des Marktes mit rund 73 Mio. Einwohnern ist bei wachsender Bevölkerung und Kaufkraft ein wichtiges Argument für den Standort. Etwa 50% der Türken sind jünger als 25 Jahre. Der Anteil der Städter an der Gesamtbevölkerung ist mittlerweile auf zwei Drittel gestiegen. Die junge Bevölkerung und der dynamische Privatsektor beleben den Konsum und die Investitionen. Mit der zunehmenden Integration der türkischen Wirtschaft in die EU verbessern sich auch die langfristigen Kooperationsperspektiven für europäische und deutsche Unternehmen im Land. Die fortschreitende Harmonisierung der politischen, wirtschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen mit den EU-Richtlinien erhöhen in der Geschäftswelt das Vertrauen in die Stabilität und Berechenbarkeit der türkischen Wirtschaft und haben positive Auswirkungen auf das Investitionsklima. Lohnkostenvorteile und längere Arbeitszeiten sind ebenso Argumente für den Investitionsstandort, wenn auch diese Vorteile mittelfristig an Bedeutung verlieren werden. Die Türkei ist außerdem als Standort für die Belieferung regionaler Märkte im Nahen Osten, Kaukasus und in den zentralasiatischen GUS-Republiken geeignet. Türkische Vertragsunternehmen der Baubranche sind mit ihren langjährigen Auslandserfahrungen interessante Kooperationspartner für Infrastrukturprojekte im Nahen Osten und im GUS-Raum. Der hohe Anteil der Schattenwirtschaft mit einem geschätzten Anteil von mindestens 40% der gesamtwirtschaftlichen Leistung ist ein negativer Faktor des Standortes. Dieser Zustand führt zu Wettbewerbsverzerrungen am Markt und behindert legale Produzenten und Investoren. Auch die immer noch weitverbreitete Marken- und Produktpiraterie und die schwerfällige Bürokratie sind Erscheinungen, die sich ungünstig auf die Wirtschaftsentwicklung auswirken. Einen weltweiten Überblick über bilaterale Freihandelsabkommen bietet die bfai-Publikation "Bilaterale Freihandelsabkommen - eine Bestandsaufnahme", Erscheinungsjahr 2007, BestellNr. 12370, Preis: 25,00 Euro. Sektorale Struktur Der Anteil des Privatsektors an der Wertschöpfung beträgt rund 80%. Trotz der Bedeutung der großen exportorientierten Unternehmen und großer staatlicher Betriebe sind Klein- und Kleinstbetriebe die Stütze der türkischen Volkswirtschaft. Ihr Anteil an der Wertschöpfung im verarbeitenden Gewerbe macht etwa 30% aus; zugleich kommen aus diesem Bereich etwa 60% der Arbeitsplätze. Wirtschaftsstruktur und Chancen 11 Die Türkei vollzieht einen Wandel von einer agrarorientierten zu einer dienstleistungsorientierten Wirtschaft. Der Anteil des Dienstleistungssektors an der Bruttowertschöpfung macht etwa 60% aus, der Anteil an der Beschäftigung etwa 40%. Knapp 30% der Beschäftigten sind noch in der Landwirtschaft tätig, die trotz gesunkener Zahlen für die Beschäftigung nach wie vor eine hohe Bedeutung hat. Der Industriesektor ist die treibende Kraft der wirtschaftlichen Entwicklung. Die Kapazitäten werden ausgebaut. Es entstehen zahlreiche neue Betriebe. Bestehende Produktionsanlagen werden erweitert und modernisiert. Vor allem die Automobilindustrie, einschließlich der Zulieferindustrien, erlebte einen starken Aufschwung, währen die relative Bedeutung der Textilund Bekleidungsindustrie aufgrund der globalen Verschiebungen von Produktionsstandorten in Billiglohnländer abnimmt. Bedeutung der Wirtschaftssektoren Sektor Land- und Forstwirtschaft Industrie Bergbau/Rohstoffe Produzierendes Gewerbe Energie Bauwirtschaft Dienstleistungen Handel und Tourismus Transport u. Kommunikation Finanzen/Versicherungen Sonstige Bereiche Anteil am BIP (in %) 2000 14,1 23,3 1,1 19,2 3,0 5,2 38,0 20,0 14,2 3,8 19,4 Anteil am BIP (in %) 2005 10,3 25,4 1,4 20,8 3,2 4,4 39,6 20,5 14,7 4,4 20,3 Anteil an den Beschäftigten (in %) 2000 36,0 17,7 0,4 16,9 0,4 6,3 40,0 17,7 4,9 3,3 14,1 Anteil an den Beschäftigten (in %) 2005 29,5 19,4 0,5 18,5 0,4 5,3 45,8 20,6 5,1 4,0 16,1 Quelle: Türkisches Statistikamt - Türkiye Istatistik Kurumu (TÜIK), Ankara Der Anteil der arbeitsfähigen Bevölkerung an der gesamten Bevölkerung ist in den letzten Jahren gestiegen und wird gemäß den Prognosen im Zusammenhang mit der Alterspyramide der Bevölkerung weiter steigen. Da das Bevölkerungswachstum, wenngleich es sich verlangsamt, umfangreiche Mittel für die öffentliche Bildung erfordert, der Staat bedingt durch den Schuldendienst hier jedoch nicht ausreichend Mittel zur Verfügung stellen kann, besteht im Bildungsbereich ein erheblicher Nachholbedarf. Große Defizite bestehen vor allem auf dem Gebiet der Berufsausbildung. Auch die Aufwendungen für Forschung und Entwicklung sind unzureichend. Erfolgreich investieren in der Türkei 12 Wirtschaftsstruktur und Chancen Informationen zu den größten Unternehmen der Türkei Bei den umsatzstärksten Unternehmen handelt es sich im Wesentlichen um Firmen beziehungsweise Konzerne des Privatsektors mit ausländischer Kapitalbeteiligung. Die auf Platz 1 und 3 der Liste der größten 20 Unternehmen erscheinende Raffineriegesellschaft Tüpras und Telekommunikationsgesellschaft Türk Telekom (TT) waren bis 2005 Staatsunternehmen und wurden im genannten Jahr privatisiert. Tüpras befindet sich seitdem zu 51% im Besitz der KocShell-Gruppe. 55% von Türk Telekom wurden vom saudiarabisch-libanesischen Konzern Saudi Oger Telecom übernommen. Liste der TOP 20 Unternehmen/Konzern Tüpras (www.tüpras.com.tr) Petrol Ofisi (www.poas.com.tr) Türk Telekom (www.turktelekom.com.tr) Ford Otomotiv (www.ford.com.tr) Turkcell (www.turkcell.com.tr) Arcelik A.S. (www.arcelik.com.tr) Shell Türkiye (www.shell.com.tr) Opet Petrolculuk (www.opet.com.tr) BP Türkiye (www.bp.com.tr) Aygaz A.S. (www.aygaz.com.tr) Enka Insaat (www.enka.com) Toyota Otomotiv (www.toyotatr.com) Elektrik Üretim A.S. 2) (www.euas.gov.tr) Vestel Dis Ticaret (www.vestel.com.tr) Eregli Demir Celik (www.erdemir.com.tr) Oyak-Renault (www.renault.com.tr) Migros (www.migros.com.tr) Vestel Elektronik (www.vestel.com.tr) Tofas Türk Otomobil (www.tofas.com.tr) Dogus Otomotiv (www.dogusotomotiv.com.tr) Wichtige Sparten/ Produktsegmente Erdölraffinerie Kraftstoffvertrieb Telekommunikation Kfz Mobilfunk Elektronik Kraftstoffvertrieb Kraftstoffvertrieb Kraftstoffvertrieb Flüssiggas/LPG Bauwesen Kfz Stromerzeugung Außenhandel Eisen/Stahl Kfz Einzelhandel Elektronik Kfz Kfz 1) gegenüber Vorjahr; 2) staatlich Wechselkurs (Jahresdurchschnitt 2005): 1 Euro = 1,6695 TRY; 1 US$ = 1,3408 TRY Quelle: Türkisches Wirtschaftsmagazin "Capital", Eigenrecherche Umsatz 2005 (in Mio. TRY) 14.845 11.836 7.435 6.059 6.002 5.103 4.957 4.663 4.199 4.180 4.025 3.395 3.417 3.067 3.048 2.912 2.686 2.570 2.543 2.449 Veränd. (in %) 1) 29,2 14,2 -2,4 9,0 20,2 4,0 27,9 11,1 15,9 10,4 40,5 1,2 9,3 0,3 -1,6 -12,2 18,1 6,4 -3,0 6,2 Wirtschaftsstruktur und Chancen 13 Regionale Struktur Die regionale Aufteilung der industriellen Aktivitäten zeigt eine sehr unausgeglichene Struktur. Während in der nordwestlichen Marmara-Region mit dem industriellen Kerngebiet Istanbul-Kocaeli eine intensive Konzentration der Betriebe und der Produktion zu beobachten ist, hält sich die Entwicklung in weiten Teilen Ostanatoliens und im Schwarzmeergebiet noch in überschaubaren Grenzen. In der Marmara-Region sind auch die Provinzen Bursa und Sakarya wichtige Industriestandorte. Izmir, Manisa und Denizli sind die bedeutendsten Zentren im ägäischen Raum. In der Mittelmeerregion sind Adana, Mersin sowie Antalya und in Zentralanatolien Ankara als die wichtigsten Industriezentren hervorzuheben. Die Mittelmeerprovinzen Antalya und Mugla gelten als die wichtigsten Zentren der türkischen Tourismusindustrie mit zahlreichen Hotelbetrieben und Jachthäfen. In den letzten Jahren konnten jedoch auch in einigen Gebieten Zentralanatoliens und Südostanatoliens deutliche Fortschritte erzielt werden. Als Beispiele für eine positive Industrieentwicklung gelten die Provinzen Konya, Kayseri und Gaziantep, wo zahlreiche kleine und mittelständische Betriebe (zum Beispiel Maschinenbau) entstanden sind, die auch erfolgreich für den Export produzieren. Die letzt verfügbaren offiziellen Zahlen zu den BIP pro Einwohner in den einzelnen Provinzen stammen aus dem Jahre 2001. Die Betriebe der stark expandierenden Kfz- und -Zulieferindustrie sind vor allem in den Provinzen Istanbul, Kocaeli (Izmit), Bursa, Sakarya (Adapazari) und Ankara angesiedelt, wie das Mercedes-Omnibuswerk in Hadimköy bei Istanbul, das Toyota-Werk in Adapazari, die M.A.N.-Omnibusfabrik bei Ankara und die Pkw-Fertigungsstätten von Renault und Fiat in Bursa. Die Textilund Bekleidungsindustrie arbeitet neben den nordwestlichen und westlichen Provinzen Istanbul, Izmir, Edirne, Bursa, Denizli, Afyon und Aydin auch in Süd- und Südostanatolien, wie in Adana, Mersin, Hatay und Gaziantep. Die Standorte der chemischen Industrie, einschließlich Petrochemie und Erdölraffinierung, sind vornehmlich Istanbul, Kocaeli und Izmir. Betriebe der Elektrotechnik und Elektronik befinden sich mehrheitlich in Istanbul, Kocaeli, Manisa, Izmir und Denizli. Der Maschinenbau ist in den Provinzen Istanbul, Ankara, Izmir, Manisa, Aydin, Adana, Mersin und Konya verbreitet. Erfolgreich investieren in der Türkei 14 Wirtschaftsstruktur und Chancen Bedeutung der Provinzen *) Provinz Kocaeli Bolu Kirklareli Yalova Mugla Izmir Istanbul Zonguldak Ankara Kirikkale Adana BIP pro Kopf (in US$) 6.165 4.216 3.590 3.463 3.308 3.215 3.063 2.969 2.752 2.725 2.339 Anteile am gesamten BIP (in %) 4,6 0,6 0,8 0,5 1,5 7,6 21,5 0,9 7,7 0,5 2,9 *) letzt verfügbare Daten von 2001 Quelle: TÜIK, Ankara Rolle des Staates in der Wirtschaft Die Rolle des Staates in der türkischen Wirtschaft ist rückläufig. Es bestehen grundsätzlich keine Beschränkungen für die Tätigkeit privater Unternehmen. Nach türkischem Recht gegründete Firmen mit ausländischem Kapital nehmen gleichberechtigt mit türkischen Firmen am Wirtschaftsleben teil und werden nicht diskriminiert. Die vom Internationalen Währungsfonds (IWF) mit großzügigen Krediten unterstützte Wirtschaftspolitik der türkischen Regierung zielt darauf ab, den Anteil des öffentlichen Sektors weiter zu senken. Zu diesem Zweck wurden bereits im Jahre 2002 wichtige Gesetze zur Liberalisierung des Energie- und Telekommunikationsmarktes in Kraft gesetzt und Deregulierungsmaßnahmen ergriffen. In diesem Zusammenhang wurden Regulierungsbehörden ins Leben gerufen, die für die Marktaufsicht und die Einhaltung von Wettbewerbsregeln zuständig sind. Mit dieser Politik der Marktöffnung soll sowohl die Produktivität und Effizienz in den Betrieben und somit in der Gesamtwirtschaft erhöht wie auch die stark verschuldeten öffentlichen Haushalte entlastet werden. Die Ausweitung der Betätigungsfelder für den Privatsektor erfolgt über die Privatisierung von Staatsunternehmen und die Vergabe von Betriebskonzessionen beziehungsweise -lizenzen unter anderem im Rahmen von sogenannten Betreibermodellen zum Beispiel nach BOT (BuildOperate-Transfer). Auf dem Gebiet der Privatisierung von Staatsbetrieben wurden insbesondere ab dem Jahre 2005 große Erfolge verbucht, indem größere Staatsunternehmen, die schon seit langem auf der Privatisierungsliste standen, jedoch aus unterschiedlichen politischen und rechtlichen Gründen nicht veräußert werden konnten, an private Investoren übertragen wurden. Dazu zählen der Telekommunikationskonzern Türk Telekom (TT), die Erdölraffineriegesellschaft Tüpras und der Stahlkonzern Erdemir. Die für Anfang 2007 geplante Privatisierung der Elektrizitätsverteilungsnetze wurde zunächst verschoben. Die Privatisierung des Petrochemiekonzerns Petkim wurde nach zwei erfolglosen Anläufen im März 2007 erneut ausgeschrieben. Wirtschaftsstruktur und Chancen 15 Bei den Betreibermodellen geht es vor allem um die Einbeziehung des Privatsektors in große öffentliche Infrastrukturprojekte. Insbesondere der Verkehrs- und Transportsektor bietet hier gute Chancen. Die großen Flughäfen des Landes werden mittlerweile im Rahmen von BOT-Modellen von privaten Konsortien betrieben. Ähnliche Projekte werden für die Seehäfen vorangetrieben. Mehrere Betriebskonzessionen wurden auch im Elektrizitäts- und Erdgasbereich vergeben. Für den Eisenbahnsektor befinden sich PPP-Projekte (Public Private Partnership) in der Planung. Außenhandel Das chronische Defizit in der Handelsbilanz ist in erster Linie auf die Strukturschwäche der türkischen Industrie zurückzuführen. Wegen der hohen Importabhängigkeit der lokalen Industrie, insbesondere bei der Versorgung mit Rohmaterialien und Halbwaren, führt höheres Wirtschaftswachstum in der Form von gesteigerter Industrieerzeugung zu einer übermäßigen Zunahme der Einfuhren mit tendenzieller Ausweitung des Fehlbetrags in der Handelsbilanz. Die Politik der starken Lira und die damit verbundene Verbilligung der Importe haben in den letzten Jahren zur Ausuferung des Außenhandelsdefizits ebenso beigetragen. Die allgemeine Verbilligung der Importe und die zunehmende fernöstliche Konkurrenz wird von der einheimischen Industrie als eine Bedrohung der Existenz empfunden. Vor allem kleine und mittelständische Zulieferbetriebe im Inland, die Halbfertigwaren für die industriellen Endabnehmer herstellen, werden zunehmend von der Importkonkurrenz bedrängt. Mit dem zunehmenden Fehlbetrag in der Handelsbilanz zeigt auch das Defizit in der Leistungsbilanz einen steigenden Trend, so dass die Türkei zum Ausgleich des Fehlbetrages beziehungsweise zur Finanzierung der notwendigen hohen Investitionen in die Industrie und Infrastruktur in hohem Maße auf Kapitaleinfuhren in der Form von ausländischen Investitionen angewiesen ist. Die türkischen Importe bestehen in erster Linie aus Investitionsgütern, die von der Industrie nachgefragt werden. Maschinen, Anlagen und Kraftfahrzeuge unter der SITC-Kategorie 7 bildeten 2006 den größten Einfuhrposten, gefolgt von Brennstoffen (SITC-3), Vorerzeugnissen (SITC-6) und Erzeugnissen der chemischen Industrie (SITC-5). Wegen der fast totalen Importabhängigkeit bei Kohlenwasserstoffen stellen höhere Erdöl- und -gaspreise auf den internationalen Märkten eine große Belastung für die türkische Handelsbilanz dar. Deutschland war 2006 nach Russland zweitgrößter Lieferant der Türkei. Die Spitzenreiter unter den deutschen Ausfuhren in die Türkei sind die Branchen Maschinenbau, Fahrzeugbau und Chemie. Zahlreiche deutsche Hersteller beliefern die aufstrebende türkische Industrie mit modernen Technologien und Ausrüstungen, die zur Stärkung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der Produktionsbetriebe benötigt werden. Die steigende Bedeutung Russlands im türkischen Außenhandel ist vor allem mit den zunehmenden Erdgaslieferungen bei gleichzeitig steigenden Preisen zu erklären. Auch die Bedeutung der VR China als Lieferant wächst stetig. Der Wettbewerb am Markt wird zusehends schärfer. Laut Projektionen im nationalen Entwicklungsplan (2007 - 2013) werden die türkischen Importe im Jahre 2013 eine Höhe von 275 Mrd. US$ erreichen. Erfolgreich investieren in der Türkei 16 Wirtschaftsstruktur und Chancen Einfuhr nach wichtigen Warengruppen (in Mio. US$; Veränderung gegenüber dem Vorjahr in %) SITC Warengruppe 0-9 Insgesamt 0 Nahrungsmittel/lebende Tiere .28 Metallische Erze .33 Erdöl 5 Chemische Erzeugnisse .51/52 Chemikalien .53 Farben/Lacke .54 Arzneimittel .55 Waschmittel/Kosmetika .57 Kunststoffe (Primärform) .58 Kunststoffe (Halbwaren) 6 Vorerzeugnisse .64 Papier/Pappe .65 Textilien .66 Baustoffe/Glas/Keramik .67 Eisen/Stahl .68 NE-Metalle 7 Maschinen und Fahrzeuge .71 Kraftmaschinen .72 Arbeitsmaschinen .73 Metallbearbeitungsmaschinen .74 Spezialmaschinen .71-74 Maschinen .75 Büromaschinen/EDV .76 Nachrichtentechnik/Radio/TV .77 Elektrische Maschinen .78 Straßenfahrzeuge .79 Schienen-, Wasser-, Luftfahrzeuge 8 Fertigerzeugnisse .82 Möbel .84 Bekleidung .87 Mess- und Regeltechnik .88 Feinmechanik / Optik Quelle: TÜIK, Ankara 2004 97.540 1.818 3.351 8.636 14.211 3.466 1.027 3.035 661 3.592 634 16.523 1.498 4.170 687 5.325 2.239 33.704 2.929 4.510 964 3.761 12.164 1.766 2.501 5.459 10.108 1.707 5.354 283 651 1.305 525 2005 116.774 1.616 3.601 12.412 16.439 4.064 1.121 3.184 752 4.468 716 19.990 1.738 4.441 969 6.747 3.006 38.028 3.647 5.181 1.205 4.470 14.503 2.465 2.971 6.153 10.379 1.558 6.706 365 788 1.681 594 2006 137.321 1.717 4.482 16.439 18.241 4.264 1.278 3.321 874 5.314 848 24.567 1.994 4.657 1.358 7.979 4.810 41.832 3.905 5.708 1.452 5.551 16.616 2.769 3.367 6.901 11.061 1.119 7.880 513 1.095 1.783 602 2006/05 17,6 6,3 24,5 32,4 11,0 4,9 14,0 4,3 16,2 18,9 18,4 22,9 14,7 4,9 40,1 18,3 60,0 10,0 7,1 10,2 20,5 24,2 14,6 12,3 13,3 12,2 6,6 -28,2 17,5 40,5 39,0 6,1 1,3 Wirtschaftsstruktur und Chancen 17 Etwa 90% der türkischen Ausfuhren bestehen aus verarbeiteten Industrieerzeugnissen. Die einst wichtigen Agrarprodukte spielen heute innerhalb des gesamten Exportvolumens eine nur noch untergeordnete Rolle. Auch auf der Exportseite waren 2006 Maschinen und Fahrzeuge (SITC-7) der größte Lieferposten, dicht gefolgt von Vorerzeugnissen (SITC-6) und Fertigerzeugnissen (SITC-8). Gemäß Projektionen im Entwicklungsplan werden die türkischen Exporte im Jahre 2013 eine Höhe von 210 Mrd. US$ erreichen. Deutschland war 2006 mit großem Abstand erster Abnehmer türkischer Exportprodukte. Weitere wichtige Abnehmer waren Großbritannien, Italien, Frankreich, die USA, Spanien und Russland. Unter den Nachbarländern in der Region waren Irak, Russland und Rumänien von Bedeutung. Auch die Lieferungen in die Nachbarstaaten der Region, wie Irak, Israel und Bulgarien werden ausgebaut. Ausfuhr nach wichtigen Warengruppen (in Mio. US$; Veränderung gegenüber dem Vorjahr in %) SITC Warengruppe 0-9 Insgesamt .28 Metallische Erze .33 Erdöl 5 Chemische Erzeugnisse .54 Arzneimittel 6 Vorerzeugnisse .64 Papier/Pappe .65 Textilien .67 Eisen/Stahl .68 NE-Metalle 7 Maschinen und Fahrzeuge .71 Kraftmaschinen .72 Arbeitsmaschinen .73 Metallbearbeitungsmaschinen .74 Spezialmaschinen .71-74 Maschinen .75 Büromaschinen / EDV .76 Nachrichtentechnik / Radio/TV .77 Elektrische Maschinen .78 Straßenfahrzeuge .79 Schienen-, Wasser-, Luftfahrzeuge 8 Fertigerzeugnisse .84 Bekleidung .87 Mess- und Regeltechnik Quelle: TÜIK, Ankara 2004 63.167 300 1.111 2.566 289 18.633 462 6.428 6.050 664 18.275 1.088 818 220 1.150 3.276 52 2.859 2.756 8.148 1.184 14.763 11.193 135 2005 73.476 411 2.027 3.061 317 20.409 560 7.076 5.827 917 21.609 1.378 1.089 308 1.395 4.170 69 3.119 3.292 9.429 1.530 16.051 11.833 152 2006 85.279 765 3.260 3.917 353 23.822 599 7.581 7.233 1.445 26.220 1.693 1.308 420 1.712 5.133 88 3.034 4.563 11.729 1.674 16.729 12.046 195 2006/05 16,1 86,1 60,8 28,0 11,4 16,7 7,0 7,1 24,1 57,6 21,3 22,9 20,1 36,4 22,7 23,1 27,5 -2,7 38,6 24,4 9,4 4,2 1,8 28,3 Erfolgreich investieren in der Türkei 18 Investitionsklima und -risiken Investitionsklima und -risiken Investitionsklima Die wirtschaftliche und politische Stabilität in der Türkei ist nach der Überwindung der schweren Wirtschaftskrise 2001 in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Die mit Unterstützung des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der EU durchgeführten Strukturreformen zur Liberalisierung und Deregulierung des Marktes führten zu einem verstärkten Vertrauen der internationalen Geschäftswelt, was insbesondere ab dem Jahr 2005 zu einem spürbaren und sprunghaften Anstieg der ausländischen Direktinvestitionen beitrug. Vor allem die Deregulierung der Märkte in den Bereichen Energie und Telekommunikation bewirkten eine intensive Projekttätigkeit mit wachsendem internationalen Engagement. Auch die langfristigen Perspektiven des EU-Beitritts nach der Aufnahme der Beitrittsverhandlungen im Oktober 2005 tragen zur Verbesserung des Investitionsklimas bei. Mit der zunehmenden Integration der türkischen Wirtschaft in die EU verbessern sich die Kooperationsperspektiven für europäische Firmen. Die fortschreitende Harmonisierung der politischen, wirtschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen mit den EU-Richtlinien sorgen in der Geschäftswelt für höheres Vertrauen in die Stabilität sowie Berechenbarkeit der türkischen Wirtschaft und haben positive Auswirkungen auf Investitionsentscheidungen. Auf der Rangliste des AT Kearney FDI Confidence Index (www.atkearney.com) konnte die Türkei ihre Stellung bezüglich des Vertrauens internationaler Investoren von Platz 29 im Jahr 2004 auf Platz 13 im Jahr 2005 deutlich verbessern. Die über fast drei Jahrzehnte lang zwischen 50% und 100% verharrende chronisch hohe Jahresinflation konnte dank einer restriktiven Geld- und Haushaltspolitik bis 2006 auf rund 10% gesenkt werden. Die Lage des Staatshaushalts hat sich in den letzten Jahren spürbar verbessert. Der Anteil des Haushaltsdefizits am Bruttoinlandsprodukt (BIP) lag 2005 bei 2,0% und wird 2006 voraussichtlich unter 1,0% sinken. Nach den Vereinbarungen mit dem IWF im Rahmen des Beistandsabkommens (2005 bis 2007) müssen die öffentlichen Haushalte der Türkei jährlich einen Primärüberschuss (Haushaltsüberschuss ohne Berücksichtigung der Zinszahlungen) in Höhe von 6,5% des BIP ausweisen. Diese Vorgabe, die zur Sicherung der internationalen Kreditfähigkeit und zur Bedienung der Auslandsschulden notwendig ist, wird eingehalten. Die Aufrechterhaltung der Kreditfähigkeit ist für das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht von besonderer Bedeutung, zumal die Türkei zur Finanzierung des hohen Leistungsbilanzdefizits von rund 30 Mrd. US$ (knapp 8% des BIP 2006) in absehbarer Zeit weiter auf hohe Kapitalzuflüsse aus dem Ausland angewiesen bleibt. Die steigende Internationalisierung des Geschäftslebens und die damit verbundene zunehmende Integration des Landes in die Weltwirtschaft bringen auch steigende Risiken für die Stabilität mit sich. Wegen der hohen Abhängigkeit der Industrie von Energieeinfuhren (Erdöl, Erdgas) sowie importierten Rohstoffen und Halbwaren führen Preisfluktuationen auf den internationalen Märkten zu starken Kostenschwankungen im Inland. Auch Schwankungen auf den internationalen Finanzmärkten mit Zinsänderungen bewirken wegen des hohen Kapitalbedarfs kurzfristige Wechselkursausschläge, die ebenfalls die Kostenkalkulation der Firmen erschweren. Investitionsklima und -risiken 19 Die politische Stabilität hat sich vor allem nach den Parlamentswahlen von 2002, aus denen eine Einpartei-Regierung hervorging, gebessert, nachdem über lange Jahre Koalitionsregierungen wegen interner Streitigkeiten zwischen den einzelnen Parteien nur eine geringe politische Handlungsfähigkeit hatten. Die von der Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP) unter Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan geführte Regierung brachte eine Reihe von Reformen zur Modernisierung der Wirtschaft und Verwaltung auf den Weg, was zur Festigung der politischen Stabilität beitrug. Die Bewertung des politischen Risikos im Jahr 2007 steht im Zusammenhang mit den Präsidentschaftswahlen im Frühjahr und den im November folgenden Parlamentswahlen. Sollte der konservativ orientierte Regierungschef Erdogan das angestrebte Präsidentenamt einnehmen, könnte dies zu Konflikten mit dem säkularen Establishment in Militär und Justiz führen. Darüber hinaus bleibt die Terrorgefahr bestehen. Im Südosten des Landes wird das Sicherheitsrisiko als hoch bewertet. Kurdische Separatisten könnten erneut versuchen, Anschläge zu verüben. Einen groß angelegten Terrorangriff halten Sicherheitsexperten jedoch für unwahrscheinlich. Nach dem Transparency-Index von 2006, der eine Einschätzung von Geschäftsleuten und Länderanalysten zum Korruptionsgrad eines Landes widerspiegelt, liegt die Türkei unter insgesamt 163 Ländern mit 3,5 Punkten auf Rang 60 (2005: Platz 65; 2004: Platz 77). Damit gehörte die Türkei unter anderem neben Japan, der Tschechischen Republik und Slowenien zu den Ländern, die 2006 ihre Stellung verbessern konnten (Internet: www.transparency.de). Die Türkei wird ähnlich eingeschätzt wie Griechenland (Rang 54) und Bulgarien (Rang 57) sowie deutlich besser als Rumänien (Rang 84). Doing Business der Weltbank Die Türkei belegt nach dem Weltbank-Bericht "Doing Business 2007”, der jährlich die aus Unternehmersicht relevanten Rahmenbedingungen für Investitionen von 175 Ländern bewertet, Rang 91 (Anzahl der bewerteten Länder schwankt von Jahr zu Jahr). Im Vergleich zu den meisten EU-Ländern besteht noch ein großer Nachholbedarf. Der Nachbar Griechenland aber liegt hinsichtlich der Unternehmensfreundlichkeit deutlich zurück. Erfolgreich investieren in der Türkei 20 Investitionsklima und -risiken Doing Business Länderrating 2007 Türkei (wirtschaftlicher Rang von ingesamt 175 Ländern) Kriterien Gesamtbewertung Unternehmensgründung Lizenzvergabe Einstellung und Kündigung Schutz von Eigentumsrechten Zugang zu Krediten Investorenschutz Steuersystem / Bürokratischer Aufwand/ Belastung Im- und Exportverfahren / Bürokratischer Aufwand und Kosten Vertragsabschluss / Verwaltungsaufwand und Kosten Betriebsschließung / Dauer und Kosten Türkei 91 53 148 146 54 65 60 65 Deutschland 21 66 21 129 42 3 83 73 Griechenland 109 140 55 166 94 83 156 108 Bulgarien 54 85 140 100 65 33 33 107 79 7 123 104 70 29 48 52 138 28 34 64 Quelle: Doing-Business-Rating der Weltbank, www.doingbusiness.org. Die Standortvor- und -nachteile der Türkei bezüglich der strukturellen Rahmenbedingungen und des gesamtwirtschaftlichen Umfelds können wie folgt zusammengefasst werden: Vorteile (Chancen): - Großer lokaler Absatzmarkt mit 73 Mio. Einwohner - Starkes BIP-Wachstum - Junge Bevölkerung (circa 50% unter 25 Jahre) - Niedrige Lohnkosten für gering qualifizierte Arbeitskräfte - Motivierte Arbeitskräfte - Flexibles Arbeitsumfeld mit längeren Arbeitszeiten - Hohe Produktivität in der Industrie - Günstige geographische Lage für die Belieferung von Regionalmärkten - Starker Modernisierungsschub in Verbindung mit der EU-Integration. Nachteile (Risiken): - Hoher Anteil der Schattenwirtschaft mit 40% Anteil an der Wirtschaftsleistung - Verbreitete Marken- und Produktpiraterie - Schwerfällige Bürokratie - Hohe Importabhängigkeit bei Energie, Rohstoffen und Halbwaren - Mangelnde Förderung von Forschung und Entwicklung - Währungsrisiken - Hohes Realzinsniveau - Großes Einkommensgefälle. Investitionsklima und -risiken 21 Trotz der Bemühungen der Regierung, die Bedingungen für Investitionen und Geschäftsaktivitäten zu verbessern, bleibt eine Reihe von Hindernissen in der Praxis bestehen. Die Staatsbürokratie und die Korruption in der öffentlichen Verwaltung der Türkei haben eine lange Tradition, die von den Nutznießern des Systems gepflegt wird. Managementabteilungen von Firmen müssen schätzungsweise 20% ihrer Arbeitszeit für die Bewältigung von Problemen aufwenden, die auf die öffentliche Verwaltung zurückzuführen sind. Die von den verschiedenen Behörden verursachten Schwierigkeiten führen bei Unternehmen zu erheblichem Zeitverlust und in Verbindung mit der Korruption zu hohen Einstandskosten. Die Missstände betreffen nicht nur den Bereich der Lizenzierungen beziehungsweise Genehmigungen. Auch bei der Vergabe von Aufträgen durch öffentliche und kommunale Projektträger spielen persönliche Beziehungen trotz der Reformen im öffentlichen Beschaffungswesen der letzten Jahre weiterhin eine Rolle. Der für die Gründung einer Firma notwendige Zeitaufwand konnte inzwischen nach Angaben aus der Wirtschaft bis auf einen Tag reduziert werden. Für die nach der Gründung folgenden zahlreichen weiteren Schritte bleibt jedoch der zeitliche und bürokratische Aufwand beträchtlich. Eine gute Kontaktpflege ist hilfreich, wenn rasche Ergebnisse erzielt werden sollen. Das Prozedere in kommunalen Behörden beziehungsweise städtischen Verwaltungen wird als besonders umständlich empfunden. Diese sind des öfteren für die Erteilung von Lizenzen (zum Beispiel Baugenehmigungen) zuständig. Die mit der Schattenwirtschaft, die etwa 40% der gesamtwirtschaftlichen Leistung darstellt, zusammenhängenden Unsicherheiten und Unwägbarkeiten stellen negative Gesichtspunkte für ausländische Investoren dar, die verlässliche rechtliche Rahmenbedingungen mit geordneten Verhältnissen erwarten. Die illegalen Aktivitäten führen vor allem zu erheblichen Wettbewerbsverzerrungen am Markt, verhindern qualitative Verbesserungen in der Industrie und entmutigen neue Investoren. Trotz dieser sich in der Praxis ergebenden Schwierigkeiten hat sich nach einer Umfrage der Deutsch-Türkischen Industrie- und Handelskammer Istanbul für die meisten deutschen Firmen der Einsatz in der Türkei gelohnt. Auf die Frage, ob sie aus heutiger Sicht erneut in der Türkei investieren würden, antworteten 131 von 152 der von der Kammer befragten Unternehmen (86%) mit Ja. Etwa 56% gaben an, bereits ganz konkrete weitere Investitionspläne zu haben. Bei manchen von ihnen, wie Metro, DaimlerChrysler oder Bosch, geht es um Größenordnungen von mehreren hundert Millionen Euro. Erfolgreich investieren in der Türkei 22 Investitionsklima und -risiken Günstige regionale Standorte Wegen der Nähe zu den Abnehmermärkten, der höheren Einkommen, den guten Verkehrsanbindungen und der vergleichsweise besseren Infrastruktur sind die nordwestlichen und westlichen Regionen die beliebtesten Investitionsstandorte. Der Großraum Istanbul im Zentrum der industriell hochentwickelten Marmara-Region ist mit Abstand das beliebteste Investitionsgebiet. Von den im Jahr 2005 getätigten ausländischen Direktinvestitionen von zusammen 9,8 Mrd. US$ betrafen rund 80% Projekte in Istanbul. An zweiter und dritter Stelle auf der Rangliste standen die Provinzen Kocaeli und Izmir. Weitere Provinzen mit vergleichsweise höherem Investitionswert waren Sakarya, Ankara und Antalya. Von den Ende 2005 in der Türkei operierenden insgesamt 11.685 Firmen mit ausländischem Kapital waren 6.776 in der Provinz Istanbul ansässig, gefolgt von 1.175 in Antalya, 885 in Ankara und 731 in Izmir. Weitere nennenswerte Provinzen mit ausländischem Firmenengagement waren Mugla (546), Bursa (247), Mersin (239), Kocaeli (155), Aydin (129) und Adana (91). Auch die landesweit verteilten insgesamt 242 organisierten Industriezonen (OSB = Organize Sanayi Bögesi) bieten eine allgemein gute Infrastruktur und Vergünstigungen für Investoren. Ähnliches gilt für die Freizonen und staatlich unterstützten Technologienentwicklungszonen ("Technoparks"), in denen die Firmen in den Genuss von einer Reihe von Vergünstigungen kommen. Stand und Perspektiven für ausländische Direktinvestitionen Die ausländischen Direktinvestitionen, die bis 2004 auf einem relativ niedrigen Niveau verharrten, erlebten im Jahr 2005 einen sprunghaften Anstieg. Dieser Umschwung setzte sich auch 2006 in verstärkter Form fort. Die Aussichten für die nächsten Jahre sind günstig. Die Regierung erwartet für die Laufzeit des nationalen Siebenjahresplans (2007 bis 2013) ausländische Direktinvestitionen von durchschnittlich 12,1 Mrd. US$ pro Jahr. Auch die Prognosen von Forschungsinstituten gehen in diese Richtung. Die statistischen Angaben über den kumulativen Stand der ausländischen Investitionen sind insofern nicht vollständig, als für die Zeit vor 1980 keine verlässlichen Daten vorliegen und die Re-Investitionen von ausländischen Unternehmen in der Türkei nicht berücksichtigt werden. Laut offizieller Statistik der türkischen Zentralbank erreichten die ausländischen Direktinvestitionen (netto) im Jahr 2005 (2004) einen Wert von insgesamt 9.804 (2.883) Mio. US$; davon betrafen 7.963 (1.540) Mio. US$ Engagements in Industrie- sowie Dienstleistungsbranchen und 1.841 (1.343) Mio. US$ Immobilieninvestitionen. Die Gesamtzahl für die ersten acht Monate 2006 (Januar bis August) wird mit 12.407 Mio. US$ beziffert, davon 10.370 Mio. US$ Industrie- sowie Dienstleistungsinvestitionen und 2.037 Mio. US$ Immobilienengagements. Investitionsklima und -risiken 23 Der kumulative Wert der seit 1980 tatsächlich getätigten Direktinvestitionen (netto) wird von staatlichen Planungsamt DPT (Devlet Planlama Teskilati) per 30.6.06 mit 31.862 Mio. US$ angegeben. Er betrug nach dieser Aufstellung Ende 2005 (2004) etwa 24.462 (16.261) Mio. US$. In diesen kumulativen Werten sind jedoch Immobilieninvestitionen des Auslandes nicht enthalten, die in den letzten Jahren stark zugenommen haben. Da auch Engagements vor 1980 sowie ReInvestitionen der bestehenden Firmen nicht berücksichtigt werden, haben die kumulativen Werte eine nur begrenzte Aussagekraft. Entwicklung ausländischer Direktinvestitionen (in Mrd. US$) Nettozuflüsse(an ausl. Direktinvestitionen) Industrie u. Dienstleistungen Immobilienerwerb 2003 1.752 754 998 2004 2.883 1.540 1.343 2005 9.804 7.963 1.841 Quelle: Türkische Zentralbank, Ankara Eine Aufteilung der ausländischen Direktinvestitionen nach Sektoren beziehungsweise Branchen enthält die offizielle türkische Statistik nur auf Bruttoebene. Die Zahlen belegen die sektorale Enge der Engagements. So betreffen 85% der gesamten ausländischen Investitionen des Jahres 2005 den Finanzsektor und die Telekommunikationsbranche. Inzwischen sind an fast allen türkischen Banken große internationale Kreditinstitute beteiligt. Wichtigste Sektoren für ausländische Direktinvestitionen (in Mio. US$)*) Sektoren Insgesamt, davon Finanzsektor Transport und Kommunikation Verarbeitende Industrie Textil Chemie Metall Verkehrswesen Bauwesen 2003 745 51 2 448 8 9 1 145 8 2004 1.291 69 639 214 14 39 8 35 23 2005 8.537 4.016 3.250 789 183 174 140 106 117 *) ohne Immobilienerwerb von Ausländern, brutto Quelle: Türkische Zentralbank, Generaldirektion für ausländische Investitionen Neben der sehr einseitigen sektoralen Ausrichtung fällt auf, dass es sich beim überwiegenden Teil der großen ausländischen Direktinvestitionen um den Aufkauf von beziehungsweise die Beteiligung an bestehenden erfolgreichen türkischen Firmen handelt, die als gewinn- und zukunftsträchtig betrachtet werden. Demgegenüber halten sich neue Projekte für den kompletten Aufbau von Produktionsanlagen in überschaubaren Grenzen. Erfolgreich investieren in der Türkei 24 Investitionsklima und -risiken Die nachstehende Zusammenstellung vermittelt einen Überblick über die wichtigsten ausländischen Investoren der letzten Jahre. Größte ausländische Direktinvestitionen in der Türkei 2005/2006 Unternehmen Land Oger Telecom Vodafone Citibank National Bank of Greece (NBG) Dexia Alfa Group GE Consumer Finance Fortis Bank OMV Unicredit BNP Paribas Libanon Großbritannien USA Griechenland Investitionswert (in Mio. US$) 6.550 4.550 3.100 2.774 Belgien, Frankreich Russland USA Belgien, Niederlande Österreich Italien Frankreich 2.437 1.590 1.556 1.140 1.054 742 216 Erläuterung (Übernahme /Beteiligung) Türk Telekom (55%) Telsim (100%) Akbank (20%) Finansbank (46%) Denizbank (75,2%) Turkcell (13,2%) Garantibank (25,5%) Disbank (89,3%) Petrol Ofisi (34%) Yapi Kredi (57,4%) TEB (50%) Quelle: bfai Die Gesamtzahl der Firmen mit ausländischem Kapital beziehungsweise Beteiligung beziffert die Generaldirektion für ausländische Investitionen per Ende August 2006 mit 13.904, darunter 2.435 Firmen mit deutschem Kapital. Als wichtige Herkunftsländer der ausländischen Direktinvestitionen in der Türkei bezüglich der tatsächlichen Investitionswerte zwischen 2002 und 2005 bezeichnet die Generaldirektion für ausländische Investitionen die USA, Deutschland, Belgien, Frankreich, die Niederlande, Großbritannien und Italien. Anzahl der Firmengründungen mit ausländischem Kapital nach Ländern Insgesamt, davon Deutschland Großbritannien Niederlande USA Russland Frankreich Italien 2003 1.108 155 66 74 54 50 32 32 *) Kumulativer Stand per Ende August 2006 Quelle: Generaldirektion für ausländische Investitionen, Ankara 2004 2.120 377 146 145 98 108 74 79 2005 2.879 524 337 214 108 125 80 69 Kumulativ *) 13.904 2.435 1.226 1.098 696 557 533 493 Investitionsklima und -risiken 25 Die von der türkischen Zentralbank und der Generaldirektion für ausländische Investitionen veröffentlichten Jahresangaben zur regionalen Aufteilung der Direktinvestitionen nach Herkunftsländern sind wegen ihrer Unvollständigkeit und wegen der starken Fluktuationen zwischen den einzelnen Jahresergebnissen kaum dazu geeignet, ein objektives Gesamtbild zu erhalten und können eher zu Missverständnissen und falschen Bewertungen führen. So verzerren einmalige Investitionen aus seltenen Ländern das Gesamtbild und führen zu falschen Rückschlüssen. So standen beispielsweise im Jahre 2005 nach den USA mit einem Investitionsvolumen von rund 1,9 Mrd. US$ (davon 1,8 Mrd. $ für die Beteiligung von GE Consumer Finance an der Garantibank) als Investitionsherkunftsland die Britischen Jungeferninseln mit 1.593 Mio. US$ an zweiter Stelle, gefolgt von Libanon mit 1.500 US$ an dritter Stelle. Tatsächlich handelte es sich bei der Investition aus den Britischen Jungferninseln um die Zahlung der russischen Alfa Group für den Erwerb eines Anteils von 13,2% am türkischen Mobilfunkunternehmen Türkcell. Die Investition aus dem Libanon betraf die erste Rate der Zahlung für den Erwerb eines Anteils von 55% an Türk Telekom durch die saudisch-libanesische Oger Telecom. Deutschland spielt unter den ausländischen Investoren in der Türkei insofern eine führende Rolle, als deutsche Unternehmen die wahrscheinlich älteste ununterbrochene Präsenz im Lande haben und hinsichtlich der Anzahl der Projekte an erster Stelle stehen. Etliche deutsche Großunternehmen sind seit über 50 Jahren mit eigenen Tochtergesellschaften in der Türkei. Bei manchen, wie Siemens, reicht die Präsenz bis in das vorletzte Jahrhundert zurück. Die Großfirmen trugen nach ihrer eigenen Etablierung zur Ausweitung der deutschen Präsenz bei, indem sie ihre angestammten Zulieferer aufforderten, nachzuziehen. Seit den 90er Jahren kommen zunehmend mittelständische deutsche Firmen aus eigenem Antrieb in die Türkei. Die Bedeutung der Türkei als Standort für deutsche Firmen hat in den letzten Jahren zugenommen. Die Zahl der Firmen mit deutschem Kapital in der Türkei steigt nach Beobachtungen der Deutsch-Türkischen Industrie- und Handelskammer Istanbul mit hoher Geschwindigkeit. Die günstige Wirtschaftsentwicklung mit durchschnittlichen realen Zuwachsraten des BIP von rund 7% und die damit verbundenen vermehrten Investitions- und Geschäftschancen locken immer mehr deutsche Firmen an den Bosporus. Dabei sind die Betätigungsfelder vielseitig. Sie reichen von der reinen Fertigung von Industrieerzeugnissen, wie Haushaltsgeräte von BSH Bosch und Siemens bis hin zur Errichtung von Warenhäusern durch den Metro-Konzern. Neben zahlreichen kleinen und mittleren deutschen Firmen zählen namhafte Großunternehmen, wie DaimlerChrysler, Siemens, Bosch, Metro und M.A.N. zu den großen Investoren in der Türkei. Das Omnibuswerk der DaimlerChrysler-Tochtergesellschaft Mercedes-Benz Türk in Hosdere bei Istanbul zählt weltweit zu einem der modernsten Omnibusfabriken. Es wurde von der US-amerikanischen Fachzeitschrift "BUSRide" 2006 zum besten Omnibuswerk der Welt gewählt. Als die größte Einzelinvestition aus Deutschland ist das auf der Basis importierter Steinkohle arbeitende Kraftwerk Sugözü/Yumurtalik (1.210 MW) am Golf von Iskenderun hervorzuheben, das seit 2004 von der Gesellschaft Power Isken, eine gemeinsame Tochterfirma von STEAG und RWE, betrieben wird. Hier wurden rund 1,5 Mio. US$ investiert. Erfolgreich investieren in der Türkei 26 Investitionsklima und -risiken Verlässliche Zahlen zu den gesamten Investitionen deutscher Großunternehmen in der Türkei sind nicht greifbar. Die von der Deutsch-Türkischen Industrie- und Handelskammer Istanbul herausgegebene Broschüre "Deutsche Firmen in der Türkei", die laufend aktualisiert wird, gibt Aufschluss über das Engagement deutscher Unternehmen im Lande. Deutsche Direktinvestitionen in der Türkei Kum. Bestand *) (in Mio. Euro) Nettotransfers (in Mio. Euro) 2002 1.597 2003 2.638 2004 3.249 +53 +272 +369 2005 noch nicht verfügbar +571 *) Unmittelbare und mittelbare deutsche Direktinvestitionen Quelle: Deutsche Bundesbank Kontaktanschriften: Hazine Müstesarligi - Yabanci Sermaye Genel Müdürlügü (Staatssekretariat für Schatzwesen - Generaldirektion für ausländische Investitionen) Inönü Bulvari No. 36, 06510 Emek - Ankara Tel.: 0090-312/2 12 58 77-78, -2 04 66 63; Fax: -2 12 89 16 Internet: www.hazine.gov.tr; www.treasury.gov.tr Uluslararasi Yatirimcilar Dernegi - YASED (Foreign Investors Association) Barbaros Bulvari, Mürbasan Sokak Koza Is Merkezi B-Blok Kat 1 34349 Besiktas - Istanbul Tel.: 0090-212/2 72 50 94; Fax: -2 74 66 64 E-Mail: [email protected]; Internet: www.yased.org.tr Privatisierungen und Großprojekte Privatisierungen Die Privatisierung von Staatsunternehmen ist ein wichtiger Bestandteil des wirtschaftlichen Reformprogramms der Türkei. Nach der eher bescheidenen Entwicklung in der Vergangenheit gewann die Privatisierung ab dem Jahr 2005 mit zahlreichen Ausschreibungen und Zuschlägen an Schwung. Insbesondere seit Mitte 2005 konnten große Fortschritte bei der Veräußerung von großen türkischen Staatsunternehmen erzielt werden. Gewerkschaften, Ingenieurkammern und andere nationalistisch orientierte Gruppierungen sehen in der Privatisierung großer Staatsgesellschaften eine Gefährdung nationaler Sicherheitsinteressen und versuchen, durch Gerichtsverfahren den Privatisierungsprozess zu verzögern. Investitionsklima und -risiken 27 Das allgemein wachsende Interesse ausländischer Investoren an türkischen Privatisierungsprojekten führte zeitweise zum Aufwachen nationaler Emotionen. Durch gezielte Zusammenschlüsse und Kooperationen wollten türkische Firmen und Einrichtungen bei der Ausschreibung von Privatisierungsprojekten mitbieten, um die Übernahme türkischer Unternehmen durch das Ausland zu verhindern, wie es bei der Privatisierung des Stahlkonzerns Erdemir der Fall war. Zu den Privatisierungsprojekten zählen nicht nur die klassischen Staatsunternehmen, sondern auch Betriebe in Konkurs gegangener Privatfirmen, die vorübergehend unter staatliche Regie gestellt wurden, um nach einer angemessenen Übergangszeit wieder an den Privatsektor überführt zu werden. Zu dieser Gruppe von Projekten gehören vor allem die vom einst mächtigen Uzan-Konzern zurückgebliebenen Gesellschaften, darunter das Mobilfunkunternehmen Telsim, das Ende 2005 vom britischen Branchenriesen Vodafone zum Preis von knapp 4,6 Mrd. US$ aufgekauft wurde. Die bislang größte Privatisierung in der Türkei ist zweifellos der im August 2005 erfolgte Verkauf eines Anteils von 55% der staatlichen Telekommunikationsgesellschaft Türk Telekom (TT) zu einem Preis von knapp 6,6 Mrd. US$ an ein Firmenkonsortium unter der Führung der libanesischen Oger Telecom. Eine weitere große Privatisierung betrifft den Verkauf eines Anteils von 51% der staatlichen Erdölraffineriegesellschaft Tüpras zu einem Preis von 4,1 Mrd. US$ an ein Konsortium unter der Führung des türkischen Koc-Konzerns im September 2005. Tüpras ist am Umsatz gemessen das größte Industrieunternehmen der Türkei. Als eine ebenfalls wichtige Privatisierung ist der Verkauf eines Anteils von 46,1% des Stahlunternehmens Erdemir zu einem Preis von 2,8 Mrd. US$ an den vom Unterstützungsfonds der Streitkräfte beherrschten OYAKKonzern zu nennen. Nach den Zahlen der Privatisierungsbehörde ÖIB wurden zwischen 1995 und 2005 Privatisierungsprojekte im Gesamtwert von 18.409 Mio. US$ durchgeführt, davon allein 8.216 Mio. US$ im Jahr 2005. Knapp 86% der Einnahmen 2005 stammen aus dem Blockverkauf von Staatsunternehmen mit Türk Telekom an erster Stelle. Die Privatisierungserlöse aus dem Verkauf von Tüpras und Erdemir sind in diesen Zahlen noch nicht enthalten, da der Vertragsabschluss erst im Jahr 2006 erfolgte, so dass diese Einnahmen im Haushalt 2006 verbucht werden. Den Wert der über Privatisierungen zugeflossenen ausländischen Direktinvestitionen im genannten Zeitraum beziffert die ÖIB mit 4.505 Mio. US$. Interessante Investitionschancen werden sich in den kommenden Jahren im Zusammenhang mit den geplanten Entstaatlichungen im Energiesektor ergeben. Die ÖIB begann 2006 mit den Privatisierungsausschreibungen für die Elektrizitätsverteilungsnetze in 21 Landesregionen. Auch in der Elektrizitätsproduktion stehen Privatisierungen an, die zum Teil im Rahmen von BOT-Projekten durch die Übertragung von Betriebskonzessionen realisiert werden. Als größere Staatsunternehmen, die nach 2006 nach dem Blockverkaufsverfahren privatisiert werden sollen, sind unter anderem das Petrochemieunternehmen Petkim, der Tabakwarenkonzern Tekel und die staatliche Halkbank zu nennen. Erfolgreich investieren in der Türkei 28 Investitionsklima und -risiken Privatisierungsbehörde Özellestirme Idaresi Baskanligi - ÖIB Ziya Gökalp Caddesi No. 80 06600 Kurtulus - Ankara Tel.: 0090-312/4 30 45 60; Fax: -4 35 36 23 E-Mail: [email protected]; Internet: www.oib.gov.tr Großprojekte Bei den im Jahr 2006 geplanten beziehungsweise diskutierten Großprojekten handelt es sich im Wesentlichen um Vorhaben im Bereich der Erdölverarbeitung und dem Erdöltransport, des Weiteren um international finanzierte Immobilienprojekte für den Aufbau von Geschäftskomplexen und Infrastrukturvorhaben im Transport- und Verkehrssektor sowie im Energiebereich. Während die Projekte im Erdöl- und Immobiliensektor direkt vom Privatsektor mit ausländischer Teilnahme geplant und verwirklicht werden, erfreuen sich im Bereich der öffentlichen Infrastruktur Betreiberprojekte nach BOT-Modell (Build, Operate, Transfer) und ähnlichen Modellen hoher Beliebtheit und werden von der Regierung vorangetrieben. Wegen der privaten Vorfinanzierung der Projekte sorgen sie für eine erhebliche Entlastung des Staatshaushalts. Mehrere Infrastrukturprojekte, wie der Bau einer dritten Brücke über den Bosporus in Istanbul oder eines dritten Flughafens für die Wirtschaftsmetropole, befinden sich noch in der frühen Planungsphase, ohne dass es bis Ende 2006 zu konkreten Entscheidungen gekommen ist. BOT-Projekte kommen vor allem beim Aufbau und Betrieb von Flughäfen und Seehäfen zur Anwendung. Die Rechte für den Betrieb von Passagierterminals für die großen internationalen Flughäfen, wie in Istanbul, Ankara und Izmir, wurden in den letzten Jahren im Rahmen von BOT-Verträgen an private Unternehmen übertragen, was zum Beispiel in Istanbul zu einer deutlichen Steigerung der Betriebseffizienz führte. Wichtiger Akteur ist hier das TAV-Konsortium (Tepe-Akfen-Ventures), das auch im Ausland ähnliche Projekte verfolgt. Die neu errichteten modernen Passagierterminals von TAV in Ankara und Izmir nahmen 2006 ihren Betrieb auf. Zur Beschleunigung der Investitionen im Seetransportsektor wurde 2005 mit der Privatisierung des Hafenbetriebs nach dem BOT-Modell bei sechs Seehäfen begonnen, die unter der Verwaltung der Staatsbahn TCDD standen. Bei den Mittelmeerhäfen Mersin und Iskenderun ging der Zuschlag an das Konsortium PSA-Akfen (PSA = Port Sinagpore Authority). Für die Häfen Izmir, Samsun, Derince und Bandirma stand Ende 2006 die Entscheidung noch aus. Wichtige größere Projekte verfolgt die staatliche Energieproduktionsgesellschaft EÜAS. Im Braunkohlegebiet Afsin-Elbistan, wo bereits zwei Wärmekraftwerke (A und B) arbeiten, sollen nach dem Betreibermodell vom Privatsektor mit einem Aufwand von schätzungsweise 5 Mrd. US$ zwei weitere Kraftwerke (C und D) errichtet und betrieben werden. Angebote werden bis Anfang 2007 eingeholt. Investitionsklima und -risiken 29 Großprojekte in der Türkei (Stand: Ende 2006) Projekt Erdölraffinerie Wert circa 1,5 Mrd. US$ Stand Planungsphase Handels- u. Touristikzentrum Haydarpasa Erdölpipeline Samsun Ceyhan (Calik Enerji) circa 5 Mrd. US$ circa 1,5 Mrd. US$ Planungsphase Dubai Towers Istanbul (Dubai International Properties) Einkaufszentrum TurkMall Istanbul 500 Mio. US$ Baubeginn 2006, Fertigstellung 2008 400 Mio. Euro Baubeginn 2006, Fertigstellung Ende 2007 Unterwassertunnel unter dem Bosporus für den Istanbuler Straßenverkehr 2 Kraftwerke im Braunkohlegebiet Afsin-Elbistan 370 Mio. US$ Planungsphase, Vorstudien 5 Mrd. US$ Ausschreibung August 2006; Angebotseinholung Januar 2007 Erstellung von Feasibility Studies; Genehmigung erteilt Anmerkung Bau einer Raffinerie mit einer Kapazität von mindestens 5 Mio. t durch POAS/OMV Großprojekt im asiatischen Teil Istanbuls auf 1,3 Mio. qm 550 km lange Ölpipeline vom Schwarzen Meer zum Mittelmeer für die Transport von 50 Mio. bis 70 Mio. t pro Jahr Zwei Mehrzweckhochhäuser mit hochmodernem Design in Istanbul Einkaufszentrum mit 500.000 qm Fläche in Bayrampasa/ Istanbul BOT-Tunnelprojekt des Verkehrsministeriums zur Erleichterung des Straßenverkehrs in Istanbul Aufbau und Betrieb von zwei Kohlekraftwerken mit je 1.200 MW Kapazität nach BOT Quelle: bfai Aktuelle Hinweise zu Projektvorhaben finden sich auch in der Datenbank "Länder und Märkte" www.bfai.de (unter anderem in Artikeln und in der kostenfreien Reihe "Branche kompakt", Serie "Bauwirtschaft", die weltweit jährlich aktualisiert wird). Entwicklungsvorhaben im Ausland, die von internationalen Finanzierungsinstituten gefördert werden (von Straßenbau über Consulting und Gesundheitsvorsorge bis zum Bau von Industrieanlagen) können unter www.bfai.de, Menüpunkt Datenbank-Recherche, Entwicklungsprojekte abgerufen werden. Erfolgreich investieren in der Türkei 30 Nationale und internationale Investitionsförderung Nationale und internationale Investitionsförderung Förderung Deutschland Das deutsche System der Außenwirtschaftsförderung wird von Staat und Wirtschaft gemeinsam getragen. Die Auslandsvertretungen des Auswärtigen Amtes (Botschaften und Konsulate; www.auswaertigesamt.de), die Auslandshandelskammern (AHKn; www.ahk.de) bzw. Delegiertenbüros oder Repräsentanzen der Deutschen Wirtschaft sowie die Bundesagentur für Außenwirtschaft (bfai; www.bfai.de) bilden die drei Säulen der deutschen Außenwirtschaftsförderung. Die bfai informiert in Deutschland über Auslandsmärkte, die AHK betreut und unterstützt deutsche Unternehmen im Gastland und die Botschaften und Konsulate vertreten allgemeine deutsche Wirtschaftsinteressen und konkrete Anliegen von Unternehmen gegenüber staatlichen Stellen im Gastland. Einen Überblick über sämtliche Informationsangebote von Institutionen, die in der deutschen Außenwirtschaftsförderung aktiv sind, gibt das Internetportal iXPOS (www.ixpos.de), eine Initiative des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi). Unter dem Außenwirtschaftsportal iXPOS ist auch eine Liste mit vorhandenen IHK-Firmenpools einsehbar. Politische Flankierung Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie Im Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) unterstützt insbesondere die Anlaufstelle zur politischen Flankierung von Auslandsprojekten Unternehmen, die bei der Verwirklichung ihrer Projekte im Ausland auf Schwierigkeiten stoßen. Meistens sind ausufernde Bürokratie in den Gastländern, wenig transparente Entscheidungsverfahren oder politische Einflussnahmen ausländischer Mitbewerber der Anlass einer Unterstützung. Sie kann in allen Phasen einer Geschäftsbeziehung in Betracht kommen: im Rahmen internationaler Ausschreibungsverfahren, während der Ausführung von Aufträgen, beim Betrieb von Anlagen im Ausland oder bei der Abwicklung ungelöster Altfälle. Die Anlaufstelle unterstützt vor allem kleine und mittlere Unternehmen. Sie ist Teil eines Netzwerkes politischer Flankierung, zu dem im BMWi insbesondere die Länderreferate gehören. Unternehmen wird rasch und unbürokratisch geholfen. Die Anlaufstelle bedient sich des klassischen Instrumentariums der Außenwirtschaftsförderung und arbeitet eng mit den Auslandsvertretungen vor Ort sowie im Einzelfall mit den Auslandshandelskammern zusammen. Kontaktanschrift: Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) Herr RegD Dr. Lutz Werner, Ref. VA1 Politische Flankierung Auslandsprojekte Scharnhorststraße 34-37, 10115 Berlin Tel.: 030/186 15 60 96, Fax: -186 15 50 60 96 E-Mail: [email protected], Internet: www.bmwi.de Nationale und internationale Investitionsförderung 31 Auswärtiges Amt Das Auswärtige Amt bietet deutschen Unternehmen politische Unterstützung im Ausland an: - Beratung von Unternehmen in wirtschaftspolitischen Fragen, - Flankierung konkreter Unternehmensinteressen gegenüber Regierungsstellen, - Herstellung von Kontakten zu Entscheidungsträgern aus Politik und Wirtschaft des Ziellandes. Kontaktanschrift: Auswärtiges Amt Arbeitsstab Außenwirtschaft II - Referat 403 - Länderspezifische Fragen Werderscher Markt 1, 10117 Berlin Tel.: 030/50 00-38 53 (Sekretariat); Fax: -50 00-42 53 E-Mail: [email protected] Ansprechpartner Türkei: Herr Herrmann E-Mail: 403-70@auswärtigesamt.de Risikoabsicherung für Direktinvestitionen im Ausland Von der deutschen Bundesregierung werden Garantien für eine Direktinvestition im Ausland gewährt, die finanzielle Schäden aufgrund politischer Ereignisse wie Enteignung, Krieg, Zahlungsverbote oder Transferbeschränkungen abdecken. Wirtschaftliche Risiken sind nicht inbegriffen. Voraussetzung für die Übernahme einer Garantie ist, dass die Kapitalanlagen in den jeweiligen Ländern einen ausreichenden Rechtsschutz genießen. Dieser wird regelmäßig dann angenommen, wenn zwischen dem Anlageland und der Bundesrepublik ein Investitionsförderungsvertrag besteht. Die Garantienehmer haben alle für die Kapitalanlagen notwendigen Genehmigungen einzuholen und die bestehenden Vorschriften zu beachten. Die PwC AG nimmt die Anträge entgegen und bereitet die Sachverhalte in der Regel soweit auf, dass über eine Deckung abschließend entschieden werden kann. Ferner ist die PwC AG zuständig für sämtliche nachgelagerten, im Zusammenhang mit der Garantie erforderlichen Verwaltungstätigkeiten und die etwaige Schadensbearbeitung. Förderungswürdig ist ein Vorhaben, wenn es umweltverträglich gestaltet ist und einen Beitrag zur Entwicklung des Gastlandes leistet. Letzteres könnte bei der Substitution von Importen, der Devisenerwirtschaftung durch Exporte und der Schaffung oder Erhaltung von Arbeitsplätzen der Fall sein. Außerdem wirkt sich die Übernahme von Ausbildungsmaßnahmen, die Übertragung von moderner Technologie oder unternehmerischer Erfahrung und die Verbesserung der Infrastruktur für die weitere Entwicklung des Landes positiv auf die Beurteilung aus. Generell soll das Projekt zur Vertiefung der Beziehungen zwischen dem Gastland und Deutschland beitragen. Positive Rückwirkungen auf Deutschland werden ebenfalls berücksichtigt. Erfolgreich investieren in der Türkei 32 Nationale und internationale Investitionsförderung Im Falle der Türkei sind die erforderlichen Rechtsschutzvoraussetzungen durch den am 16. Dezember 1965 in Kraft getretenen deutsch-türkischen Investitionsförderungsvertrag gegeben. Die Anwendbarkeit dieses Vertrages ist nicht von der Erteilung besonderer Genehmigungen abhängig. Davon abgesehen obliegt es dem Garantienehmer jedoch gemäß § 13 Abs. 1 der Allgemeinen Bedingungen ohnehin, in der Türkei erforderliche Genehmigungen oder Ähnliches einzuholen. Bundesgarantien für Investitionen im Ausland Antragsberechtigt Deutsche Unternehmen mit Direktinvestitionen (insbesondere Beteiligungen) in der Türkei. Art u. Höhe der Maßnahme Absicherung deutscher Investitionen im Ausland vor politischen Risiken (Garantienehmer trägt mind. 5% des Verlustes, Laufzeit: bis zu 15 Jahren). Kontaktanschrift: PriceWaterhouseCoopers AG New-York-Ring 13, 22297 Hamburg Tel.: 040/88 34 94 51, Fax: -88 34 94 99 E-Mail: [email protected], Internet: www.investitionsgarantien.de Finanzierung von Investitionen Programme der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) Unternehmerkredit Ausland der KfW-Mittelstandsbank Antragsberechtigt Deutsche Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft, deren Tochterunternehmen bzw. Joint Ventures mit maßgeblich deutscher Beteiligung in Österreich und deren Gruppenumsatz 500 Mio. Euro nicht überschreitet, Freiberufler Art u. Höhe der Maßnahme Finanzierungsanteil von bis zu 100% der förderfähigen Investitionskosten. Kosten der Gründung, Ingangsetzung und Erweiterung des Geschäftsbetriebs im Ausland können bis zu einer Höhe von 30% des Investitionsvolumens mitfinanziert werden (Kredithöchstbetrag: 10 Mio. Euro) Nationale und internationale Investitionsförderung 33 Unternehmerkapital - Kapital für Arbeit und Investitionen - der KfW-Mittelstandsbank Antragsberechtigt Deutsche Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft, deren Tochterunternehmen bzw. Joint Ventures mit maßgeblich deutscher Beteiligung (mehr als 50%) in der Türkei und deren Gruppenumsatz 500 Mio. Euro nicht überschreitet, Freiberufler Art u. Höhe der Maßnahme Finanzierungsanteil von bis zu 100% der förderfähigen Investitionskosten, davon 50% als Fremdkapital- und 50% als Nachrangtranche, Kreditlaufzeit von 10 Jahren für beide Tranchen (Kredithöchstbetrag: 4 Mio. Euro) Mitfinanziert werden Investitio-nen, die einen nachhaltigen wirt-schaftlichen Erfolg erwarten lassen und mit denen Arbeits-plätze geschaffen oder gesichert werden. KfW-Umweltkredit Ausland der KfW-Förderbank Antragsberechtigt Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft, Betreiber- und Kooperationsmodelle, Freiberufler. Im Kreditantrag muss die Kompatibilität des Vorhabens mit den in der EU geltenden umweltbezogenen Bestimmungen und Standards bestätigt werden. Das KfW-Umweltprogramm steht zur Finanzierung von Umweltinvestitionen außerhalb Deutschlands zur Verfügung:- im grenznahen Bereich, sofern diese Vorhaben zur Verbesserung der Umweltsituation in Deutschland beitragen; im gesamten Ausland, wenn es sich um Investitionen deutscher Unternehmen handelt. Art u. Höhe der Maßnahme Finanzierungsanteil von bis zu 75% der förderfähigen Investitionskosten (Kredithöchstbetrag: 10 Mio. Euro) Kontaktanschrift: KfW Bankengruppe Palmengartenstraße 5-9, 60325 Frankfurt am Main Infocenter Mittelstandsbank: Tel.: 01801/24 11 24; Internet: www.kfw-mittelstandsbank.de Infocenter KfW Förderbank Tel.: 01801/33 55 77, Internet: www.kfw-foerderbank.de Eine Kombination von "Unternehmerkredit Ausland" und "Umweltprogramm Ausland" mit dem Programm "Unternehmerkapital Ausland" ist möglich. Als Schwerpunktland der deutschen Entwicklungszusammenarbeit wird die Türkei von der KfW unterstützt. Erfolgreich investieren in der Türkei 34 Nationale und internationale Investitionsförderung Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG) Die Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft mbh (DEG) ist auf die langfristige Finanzierung von Investitionen der privaten Wirtschaft in Entwicklungsländern spezialisiert. Sie bietet Unternehmen Investitionskapital zu marktorientierten Konditionen für Neugründungen, Erweiterungs-, und Modernisierungsinvestitionen. Voraussetzung ist, dass die mitfinanzierten Vorhaben entwicklungspolitisch und betriebswirtschaftlich sinnvoll sowie umweltund sozialverträglich sind. Projektfinanzierung durch die DEG Antragsberechtigt Deutsche und Europäische Unternehmen Art u. Höhe der Maßnahme Langfristiges Investitionskapital in Form von Darlehen, Mezzaninfinanzierungen, Beteiligungen und Garantien zu marktorientierten Konditionen Kontaktanschrift: Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft mbH (DEG) Postfach 45 03 40, 50878 Köln Tel: 0221/49 86-14 01, -14 02, Fax: -49 86 12 90 E-Mail: [email protected], Internet: www.deginvest.de Public Private Partnership (PPP) Public Private Partnership steht für Entwicklungspartnerschaften zwischen öffentlichen und privaten Akteuren. Die Projekte werden gemeinsam geplant, finanziert und realisiert. Im Rahmen des PPP-Programms können Unternehmen eine Unterstützung ihrer Vorhaben in Entwicklungsländern beantragen, wenn diese eine entwicklungspolitische Wirkung haben. Finanziert werden die Projekte im Rahmen des PPP-Programms durch das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). Durchgeführt werden die Projekte durch eine der vier vom BMZ beauftragten Organisationen: - Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) - Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG) - Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) - Stiftung für wirtschaftliche Entwicklung und berufliche Qualifizierung (SEQUA) Nationale und internationale Investitionsförderung 35 PPP-Konditionen Antragsberechtigt Deutsche und europäische Unternehmen sowie deren Beteiligungsgesellschaften in der Türkei mit Investitionsprojekten, die den folgenden Kriterien genügen: Art u. Höhe der Maßnahme Die privaten und öffentlichen Beträge werden für jedes Projekt individuell vereinbart. In der Regel trägt der private Partner 50% der Projektkosten - langfristiges privatwirtschaftliches Engagement mit Gewinnerzielungsabsicht, eigenständige betriebswirtschaftliche Rentabilität des Vorhabens. - Das Vorhaben würde ohne die öffentliche Förderung nicht realisiert, ist nicht aufgrund gesetzlicher Vorschriften zwingend durchzuführen und die Realisierung des Vorhabens wurde noch nicht begonnen. Auch reine Exportvorhaben oder Marktstudien sind nicht förderfähig. Kontaktanschriften: Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit GmbH (GTZ) Postfach 5180, 65726 Eschborn Frau Andrea Kolata Tel.: 06196/79 73 77, Fax: - 79 73 78 E-Mail: [email protected], Internet: www.gtz.de/ppp Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft mbH (DEG) Postfach 45 03 40, 50878 Köln Tel: 0221/49 86 14 32, Fax: -49 86 12 90 E-Mail: [email protected], Internet: www.deginvest.de Stiftung für wirtschaftliche Entwicklung und berufliche Qualifizierung (SEQUA gGmbH) Alexanderstraße 10, 53111 Bonn Frau Susanne Sattlegger, Programmkoordinatorin PPP Tel: 0228/982 38 12, Fax: -982 38 -19 oder -29 E-Mail: [email protected], Internet: www.sequa.de KfW-Entwicklungsbank Palmengartenstraße 5-9, 60325 Frankfurt am Main Ansprechpartnerin: Bianca Denfeld E-Mail: [email protected], Internet: www.kfw-entwicklungsbank.de Erfolgreich investieren in der Türkei 36 Nationale und internationale Investitionsförderung Finanzierungshilfen einzelner Bundesländer Neben dem Bund bieten auch die Bundesländer Außenwirtschaftsförderprogramme an. Die Chancen auf Förderung sind bei diesen, für Unternehmen mit Sitz im jeweiligen Bundesland ausgerichteten Programmen, in der Regel hoch. Je nach Finanzkraft der einzelnen Bundesländer fällt das Förderangebot unterschiedlich aus. Dieses reicht von der Veranstaltung von Delegationsreisen und Kontaktveranstaltungen mit ausländischen Unternehmen über die Bezuschussung der Teilnahme an Auslandsmessen, umfangreiche individuelle Beratung zur Markterschließung bis hin zur Finanzierung und Absicherung von Exporten und Auslandsinvestitionen durch die Investitionsbanken und Landesbanken. Außenwirtschaftsförderung der Bundesländer Bundesland Baden-Württemberg Bayern Berlin Brandenburg Bremen Hamburg Hessen Mecklenburg-Vorpommern Niedersachsen Nordrhein-Westfalen Rheinland-Pfalz Saarland Sachsen Sachsen-Anhalt Schleswig-Holstein Thüringen Außenwirtschaftsfördereinrichtungen www.bw-i.de (Baden-Württemberg International, Wirtschaftsfördergesellschaft des Landes Baden-Württemberg) www.bayern-international.de (Außenwirtschaftsportal); www.lfa.de (LfA Förderbank Bayern) www.berlin-partner.de (Berlin Partner GmbH) www.wirtschaft.brandenburg.de (Ministerium für Wirtschaft des Landes Brandenburg) www.handelskammer-bremen.ihk24.de; www.wfg-bremen.de (Bremer Wirtschaftsförderung GmbH) www.bwa.hamburg.de (Behörde für Wirtschaft und Arbeit, Abt. f. Internationale Wirtschaftsbeziehungen) www.arbeitsgemeinschaft-hessischer-ihks.de www.lfi-mv.de (Landesförderinstitut Mecklenburg-Vorpommern) www.n-export.de (Außenwirtschaftsportal Niedersachsen); www.nbank.de (Investitions- u. Förderbank des Landes Niedersachsen) www.nrw-export.de (Außenwirtschaftsportal NRW); www.gfw-nrw.de (Gesellschaft für Wirtschaftsförderung NRW) www.isb.rlp.de (Investitions- und Strukturbank Rheinland-Pfalz) www.saarland-international.de (Außenwirtschaftsportal des Saarlandes) www.sachsen.de - (Navigationsmenü: Wirtschaft und Umwelt Außenwirtschaft); www.sab.sachsen.de (Sächsische Aufbaubank) www.intercom-sachsen-anhalt.de (Außenwirtschaftsfördergesellschaft der IHK in Sachsen-Anhalt); www.lfi-lsa.de (Investitionsbank SachsenAnhalt) www.wtsh.de (Wirtschaftsförderung und Technologietransfer SchleswigHolstein GmbH) www.aufbaubank.de (Thüringer Aufbaubank); http://investinthueringen.org/index.php?id=76 (Landesentwicklungsgesellschaft Thüringen mbH) Nationale und internationale Investitionsförderung 37 Mit der Förderdatenbank des Bundes im Internet (http://www.foerderdatenbank.de/) gibt die Bundesregierung einen vollständigen und aktuellen Überblick über die Förderprogramme des Bundes, der Länder und der Europäischen Union. Zudem ist eine persönliche Förderberatung durch das BMWi möglich. Kontaktanschrift: Förderberatung des BMWi Tel:: 01888/615-80 00, Fax: -70 33 E-Mail: [email protected] Wichtige deutsche Banken in der Türkei Folgende deutsche Banken sind in der Türkei mit Außenstellen oder Repräsentanzen vertreten: Deutsche Bank A.S. Eski Büyükdere Caddesi Tekfen Tower No: 209 K: 17-18, 4. Levent 34394 Istanbul Tel.: 0090 212/317 01 00, Fax: -317 01 05 Dresdner Bank Michael Burger Büyükdere Caddesi Eren Talu Building, 8th Floor, 34330 1. Levent - Istanbul Tel.: 0090 212/282 69 62 Commerzbank AG Representative Office for Turkey Semra Demirli, Büyükdere Caddesi, Yapi Kredi Plaza B-Blok, Kat 7, 19/B, 34330 Levent-Istanbul Tel.: 0090212/279 4248, Fax: -279 41 76 WestLB AG Ebulula Mardin Caddesi Maya Park Towers 34335 Akatlar Istanbul Tel.: 0090 212/3 39 25 00, Fax: -52 22 42 Erfolgreich investieren in der Türkei 38 Nationale und internationale Investitionsförderung Förderung durch die Europäische Union Die Türkei wurde im Jahr 1999 offiziell als EU-Beitrittskandidat anerkannt und wird seit Anfang 2002 im Rahmen der Heranführungshilfen der Gemeinschaft gefördert. Die als Zuschüsse gewährten Finanzhilfen sollen dem Land bei der Vorbereitung auf den angestrebten Beitritt helfen. Sie sind eng an das Vorbeitrittsprogramm PHARE angelehnt, beruhen jedoch auf einer eigenen Türkei-Verordnung. Ihre jährliche finanzielle Unterstützung für die Türkei hat die EU von 177 Mio. Euro im Jahr 2003 über 250 Mio. 2004 und 300 Mio. Euro 2005 bis auf etwa 500 Mio. Euro für 2006 aufgestockt. Ab 2007 erhält die Türkei ihre Fördermittel durch das neue Instrument für Heranführungshilfe (Instrument for Pre-Accession, IPA). Die Beitrittspartnerschaft bildet die Grundlage für die Finanzzuweisungen und die Schwerpunktsetzung der Vorbeitrittsförderung. Sie legt die Prioritäten bei der Vorbereitung auf den Beitritt und insbesondere zur Übernahme des gemeinschaftlichen Besitzstands dar. Die Beitrittspartnerschaft mit der Türkei vom März 2001 wurde im Mai 2003 sowie im Januar 2006 überarbeitet. Die aktuellste Fassung trägt den Prioritäten der im Oktober 2005 begonnenen EUBeitrittsverhandlungen Rechnung und schließt ein detailliertes Arbeitsprogramm ein. Die Partnerschaft orientiert sich an den Kopenhagen-Kriterien für einen EU-Beitritt: (1) Demokratie, Rechtstaatlichkeit und Achtung von Menschenrechten sowie Schutz von Minderheiten (politische Kriterien), (2) funktionierende Marktwirtschaft und ausreichendes Entwicklungsniveau zur Teilnahme am EU-Binnenmarkt (wirtschaftliches Kriterium) sowie (3) Übernahme und Umsetzung des EU-Rechtsbestandes (Acquis-Kriterium). Schwerpunktbereiche der Förderung 2006 Im Jahr 2006 belaufen sich die Zuweisungen im Rahmen des Länderprogramms für die Türkei auf rund 442 Mio. Euro. Unter Hinzurechnung von 8 Mio. Euro (Soforthilfe zur Bekämpfung der Vogelgrippe) und weiteren rund 50 Mio. Euro flexibel einsetzbarer Mittel (unter anderem für technische Hilfe und TAIEX, für Verwaltungs- und Delegationszwecke, für Mehrländerprogramme wie das Statistikprogramm) erreicht der Förderbetrag für 2006 rund 500 Mio. Euro. Die "alten" Programme bleiben noch eine Weile aktuell, denn laut EU-Haushaltsordnung muss die Unterzeichnung der Finanzierungsabkommen mit dem Empfängerstaat binnen eines Jahres, die der einzelnen Verträge auf Basis von PHARE beziehungsweise der Türkei-Verordnung maximal zwei Jahre nach der Mittelbindung erfolgen. Ziel 1: Umsetzung der politischen Kriterien Für diese Maßnahmen stehen lediglich 33 Mio. Euro zur Verfügung, da die Programme zur Stärkung der Zivilgesellschaft unter Ziel 4 fallen. Der Schwerpunkt liegt bei Migration und Schutz von Frauen vor Gewalt. Weiterhin vorgesehen sind Maßnahmen zur Modernisierung des Polizei- und Justizapparates sowie zur Bekämpfung von Drogenhandel, Menschenhandel und Korruption. Nationale und internationale Investitionsförderung 39 Ziel 2: Wirtschaftlicher und sozialer Zusammenhalt Die höchsten Budgets des mit rund 182 Mio. Euro größten Förderbereichs sind für Programme zur Verbesserung der Abfallentsorgung sowie Maßnahmen zur Wirtschaftsförderung veranschlagt. Eine wichtige Rolle spielen auch die Förderung von Beschäftigung und beruflicher Bildung sowie infrastrukturbezogene Projekte. Hinzu kommen Vorhaben zur Förderung sozialer Entwicklung und Integration sowie zur Modernisierung von Kläranlagen und zum Umweltschutz. Einige Projektbeispiele: Kläranlagen Nevsehir und Tokat (10 Mio. Euro), aktive Beschäftigungsmaßnahmen und Unterstützung der türkischen Arbeitsagentur auf lokaler Ebene (16 Mio. Euro), Ausbau des Netzes europäisch-türkischer Gewerbezentren (24 Mio. Euro), Verbesserung der Straßenverkehrssicherheit (21 Mio. Euro). Ziel 3: Annäherung an den gemeinschaftlichen Besitzstand Insgesamt knapp 127 Mio. Euro fließen in ein breites Spektrum an Sektoren, die an die Beitrittsanforderungen angepasst werden müssen. Betroffen sind beispielsweise Landwirtschaft, Energie, Polizei, Justiz und Zollverwaltung, Umwelt sowie öffentliche Verwaltung. Einige Projektbeispiele: Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche (49 Mio. Euro), Modernisierung der türkischen Zollverwaltung (Phase III, 17 Mio. Euro), Einrichtung eines Netzes zum Austausch von Umweltinformationen (TEIEN; 10 Mio. Euro). Ziel 4: Förderung des zivilgesellschaftlichen Dialogs zwischen EU und Türkei und Unterstützung für die Europäische Integration Diese Komponente umfasst knapp 100 Mio. Euro. Rund zwei Drittel (63 Mio. Euro) sind für die Teilnahme an Gemeinschaftsprogrammen und -agenturen bestimmt, unter anderem dem 7. Forschungsrahmenprogramm, dem Programm für Wettbewerb und Innovation, Kultur 2007 und der Beobachtungsstelle für Drogenmissbrauch. Die Vorhaben zur Stärkung der Zivilgesellschaft schließen zum Beispiel Netzwerkbildung und Dialoge für Kammern und Arbeitnehmerverbände ein. Einige Projektbeispiele: Förderung des zivilgesellschaftlichen Dialogs zwischen der EU und der Türkei (22 Mio. Euro), Fortsetzung des Postgraduiertenstipendienprogramms Jean Monnet (3 Mio. Euro), zivilgesellschaftlicher Dialog/ EU-türkisches Kammerforum (ETCF; 5 Mio. Euro). Förderung ab 2007 Ab Anfang 2007 überträgt die EU ihre gesamte Vorbeitrittsförderung in das neue Instrument für Heranführungshilfe (IPA). Als offiziell anerkannter Beitrittskandidat ist die Türkei dort über alle fünf IPA-Programmkomponenten förderfähig: (1) Übergangshilfe und Aufbau von Institutionen, (2) grenzüberschreitende Zusammenarbeit, (3) regionale Entwicklung, (4) Förderung von Humanressourcen und (5) Entwicklung des ländlichen Raums. Die Komponenten (3) bis (5) sind eng an den EU-internen Strukturfonds angepasst. Für den Zeitraum von 2007 bis 2009 will Brüssel der Türkei über IPA rund 1,6 Mrd. Euro zur Verfügung stellen. Erfolgreich investieren in der Türkei 40 Nationale und internationale Investitionsförderung Strategische IPA-Mehrjahres- und jährliche Aktionspläne für die Türkei werden voraussichtlich im ersten Quartal 2007 beschlossen werden. Der Kommission zufolge werden die bisherigen Prioritäten der EU-Unterstützung für die Türkei auch im IPA-Rahmen weitestgehend bestehen bleiben; die Budgetanteile der Prioritätsbereiche sollen weitgehend der Aufteilung des Jahres 2006 entsprechen. Detaillierte Informationen zu den Programmen können unter www.bfai.de unter dem Stichwort EU-Projekte bezogen werden. Über ein eigenes Büro in Brüssel informiert die bfai deutsche Unternehmen aktuell und umfassend zu EU-Drittstaatenprogrammen und den damit verbundenen Chancen zur Beteiligung an Projekten und Ausschreibungen. Die aktuellen EU-Projekte können in der bfai-Datenbank "Entwicklungsprojekte" unter www.bfai.de recherchiert werden. Kontaktanschriften Länderprogramme 2002 bis 2006 (einschließlich Projektbögen) auf den Internetseiten der GD Erweiterung: http://ec.europa.eu/enlargement/fiche_projet/index.cfm?page=415392&c=TURKEY Generaldirektion Erweiterung der Europäischen Kommission Anduela Gjergji, Desk Officer Türkei Rue de la Loi 170, 1049 Brüssel Tel.: 0032 2/295 19 43 E-Mail: [email protected] Internet: http://ec.europa.eu/enlargement/index_de.htm Delegation der Europäischen Kommission in der Türkei Ugur Mumcu Cad. No. 88, Gaziosmanpasa Ankara, Türkei Tel: 0090 312/459 87 00; Fax: -446 67 37 E-Mail: [email protected] Internet: http://www.deltur.cec.eu.int/default.asp?pId=1&lang=1 Informationsservice zu EU-Drittstaatenprogrammen des bfai-Büros in Brüssel Bundesagentur für Außenwirtschaft Avenue du Boulevard 21, 1210 Bruxelles, Belgien Tel.: 0032/2/204 01 73/87, Fax: -206 67 60 E-Mail: [email protected], Internet: www.bfai.de ("EU-Projekte") Nationale und internationale Investitionsförderung 41 Die Europäische Investitionsbank (EIB) Die Europäische Investitionsbank (EIB), seit dem Zusammenschluss mit dem Europäischen Investitionsfonds (EIF) im Jahre 2000 EIB-Gruppe genannt, bietet Unternehmen finanzielle Unterstützung bei der Durchführung verschiedener Projekte an, die zur Entwicklung in der EU beitragen und die europäische Integration fördern. Die Wahl des jeweiligen Finanzierungsproduktes der Bank hängt dabei von der Art und der Förderungswürdigkeit der Projekte ab. Die Mehrzahl (circa. 90%) aller Aktivitäten der EIB liegen in der EU, der Rest in den Beitrittsländern. Förderungswürdig sind jedoch auch Vorhaben zur nachhaltigen Entwicklung des Mittelmeerraumes sowie der Länder Afrikas, Asiens und Lateinamerikas. Die EIB vergibt seit Mitte der 60er Jahre zinsgünstige Kredite an die Türkei. In den Jahren 2001 bis 2005 belief sich das Darlehensvolumen auf 3,1 Mrd. Euro. Die Prioritäten liegen bei der Unterstützung des Privatsektors (über Globaldarlehen an türkische Geschäftsbanken) und bei der Finanzierung von Infrastrukturprojekten (Schwerpunkt: Verkehr und Energie). Die Darlehen richten sich an staatliche Stellen, Geschäftsbanken sowie türkische und ausländische private Unternehmen. Seit dem Beginn der Beitrittsverhandlungen 2005 wurde die Darlehensvergabe auch auf Bereiche wie Humanressourcen sowie Forschung und Entwicklung ausgedehnt. Die EIB-Mittel werden über Global- oder langfristige individuelle Darlehen vergeben, die sich auf bis zu 50% der Projektkosten belaufen können. Förderfähig sind Projekte in den Bereichen Energie, Verkehr, städtische und Umweltinfrastruktur (Wasserversorgung, Abwasserentsorgung und Sanitäranlagen, städtischer Nahverkehr, Bildung und Gesundheit), Finanzinstitutionen, Informationstechnologie und Medien, Forschung und Innovation, Tourismus, Telekommunikation sowie private Investitionen in Industrie und Dienstleistungen (insbesondere von KMU). Aktuell bereitet die EIB Projekte zur Unterstützung von KUM sowie in den Bereichen Energie, Erdbebenschutz, Verkehr und Umwelt vor. Eine Förderung durch die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBWE) erfolgt bisher nicht; die Türkei ist zwar Anteilseigner der EBWE, bislang aber kein Einsatzland. Kontaktanschiften Europäische Investitionsbank (EIB) 100, Boulevard Konrad Adenauer, 2950 Luxemburg Tel.: 0032 2/235 00 84, Fax: -230 58 27 Paul Gerd Löser, Desk Officer Türkei Tel.: 00352/43 79 21 59 E-Mail: [email protected]; Internet: www.eib.org Erfolgreich investieren in der Türkei 42 Nationale und internationale Investitionsförderung Die aktuellen Projekte der EIB können unter der Internetadresse www.eib.org/projects/ unter dem Menüpunkt "project list" recherchiert werden. EIB Deutschland Lennestraße 11, 10785 Berlin Tel.: 030/59 00 47 90, Fax: -59 00 47 99 E-Mail: [email protected] Internationale Förderung International Finance Corporation (IFC) Innerhalb der Weltbankgruppe fördert die International Finance Corporation (IFC) mit Hauptsitz in Washington D.C. Auslandsinvestitionen im Privatsektor der Entwicklungsländer (mehr dazu unter: http://www.ifc.org). Diese Förderung können auch Investoren aus Deutschland nutzen, die sich in der Türkei in bestimmten Bereichen engagieren wollen. Die IFC-Finanzierung ist im Regelfall auf maximal 25% der gesamten Projektkosten begrenzt. Standardprojekte der IFC werden in der Größenordnung 1 Mio. bis 100 Mio. $ finanziert. IFC-finanzierte Projekte müssen vom Privatsektor durchgeführt werden. Außerdem müssen sie finanziellen, volkswirtschaftlichen, umweltschutz- und durchführungsbezogenen Richtlinien des Gastlandes bzw. Vorschriften der Weltbank entsprechen. Die Vorschriften der IFC in Bezug auf Umwelt, Gesundheit und Sicherheit finden Sie unter www.ifc.org/enviro. Die Türkei ist seit 1956 Mitglied der IFC. Das Land zählt derzeit zu den bedeutendsten Mittelempfängern der IFC (weltweit an 5. Stelle, 2005). Seit 1970 hat die IFC aus eigenen Mitteln insgesamt 2,5 Mrd. $ für Projekte in Schlüsselsektoren zugesagt. Zudem wurden 1,6 Mrd. $ an syndizierten Krediten für Vorhaben in der Türkei arrangiert. Vor allem nach der Finanzkrise von 2001 sind in hohem Masse Mittel bereitgestellt werden. Das Portfolio für laufende Projekte wird derzeit auf mehr als 1,2 Mrd. $ beziffert. Die IFC unterstützt in der Türkei schwerpunktmäßig Projekte im Finanzsektor, im Bereich Mikrofinanzierung sowie in der verarbeitenden Industrie. Im Zuge der Privatisierungsbestrebungen soll künftig mehr Augenmerk auf den Infrastrukturbereich im weiteren Sinne gelegt werden (Stromwirtschaft, Häfen, Logistik). Es sollen wichtige Privatisierungsvorhaben unterstützt und mehr ausländische Direktinvestitionen gewonnen werden. Die Internetseite http://www.ifc.org/ifcext/eca.nsf/Content/Turkey_investment%20table#TurkeyTable listet wichtige von der IFC unterstützte Investitionen in der Türkei auf: Nationale und internationale Investitionsförderung 43 Kontaktadressen für weiterführende Informationen bei der IFC: IFC Headquarters Office, Washington D.C. 2121 Pennsylvania Avenue, NW MSN F 11K-1100, Washington, DC 20433/USA Tel.: 001 202/458-77 94, Fax: -974-43 12 Neeraj Jain Principal Strategy Officer Tel.: 001 202/473-67 78 E-Mail: [email protected] George Konda Senior Economist Southern Europe & Central Asia Tel.: 001 202/458-01 96 [email protected] Kaikham Onedamdy Strategy Officer Southern Europe & Central Asia Tel.: 001 202/473-63 14 E-Mail: [email protected] Die IFC unterhält Länder bzw. Regionalbüros. Zuständig für Kooperationen in der Türkei ist das Büro der IFC in Istanbul: IFC-Southern Europe and Central Asia - Regional Office Buyukdere Cad. No: 185 Kanyon Ofis Blogu Kat 10, Levent, 34394, Istanbul Tel.: 0090 212/385-30 00, Fax: -385-301 (Dieses Regionalbüro ist auch noch für folgende Länder zuständig: Albanien, Aserbaidschan, Bosnien-Herzegovina, Bulgarien, Kroatien, Kasachstan, Kirgisistan, Mazedonien, Moldavien, Rumänien, Serbien und Montenegro, Tadschikistan, Turkmenistan und Usbekistan.) Shahbaz Mavaddat Direktor, Abteilung Südeuropa und Zentralasien Tel.: 0090 212/385-3000 E-Mail: [email protected] Erfolgreich investieren in der Türkei 44 Nationale und internationale Investitionsförderung Snezana Stoiljkovic Manager Sektor: Verarbeitende Industrie Tel.: 0090 212/385-30 00 E-Mail: [email protected] Antonio David Portfolio Manager Sektor: Verarbeitende Industrie Tel.: 0090 212/385-30 00 E-Mail: [email protected] Martin L. Kimmig Portfolio Manager Sektor: Finanzmärkte Tel.: 0090 212/385-30 00 E-Mail: [email protected] Risikoabsicherung für Direktinvestitionen im Ausland (Multilaterale Investitionsagentur MIGA) Ziel der Multilateral Investment Guarantee Agency (MIGA), die zur Weltbankgruppe gehört, ist die Förderung von Investitionsprojekten in Entwicklungsländern durch Bereitstellung von Policen, welche das politische Risiko in einem Land absichern. Unter www.miga.org können Projekte, die gegen politische Risiken in den jeweiligen Ländern abgesichert werden nach Sektoren und Ländern recherchiert werden. Es gibt kein eigenes Büro von MIGA in der Türkei, es muss die MIGA-Zentrale in Washington D.C. kontaktiert werden. Kontaktanschriften: The Multilateral Investment Guarantee Agency 1818 H Street, NW Washington DC 20433 Nationale und internationale Investitionsförderung 45 Garantien: Fax: 001 202/522 26 30 Technische Zusammenarbeit Fax: 001 202/522 26 50 Business Development Analyst Michael Durr E-Mail: [email protected] Tel.: 001 202/458 47 98, Fax: -522 03 16 Infrastrukturbereich: Philippe Valahu E-Mail: [email protected] Finanzsektor Ileana Boza E-Mail: [email protected] Verarbeitende Industrie / Agrobusiness / Dienstleistungen Nabil Fawaz E-Mail: [email protected] Öl- und Gassektor / Bergbau und Chemie Nick Halkas E-Mail: [email protected] Aktuelle Hinweise zu Projektvorhaben finden sich auch in der Datenbank "Länder und Märkte" www.bfai.de. Entwicklungsvorhaben im Ausland, die von internationalen Finanzierungsinstituten gefördert werden (von Straßenbau über Consulting und Gesundheitsvorsorge bis zum Bau von Industrieanlagen) können unter www.bfai.de, Menüpunkt Datenbank-Recherche, Entwicklungsprojekte abgerufen werden. Hinweise auf öffentliche Ausschreibungen ausländischer staatlicher Stellen können unter www.bfai.de, Menüpunkt Datenbank- Recherche, Ausschreibungen recherchiert werden. Darüber hinaus stehen im Bereich der Ausschreibungen auch EU-Binnenmarkt-Ausschreibungen staatlicher Stellen zur Verfügung Erfolgreich investieren in der Türkei 46 Nationale und internationale Investitionsförderung Nationale Fördermaßnahmen Das nationale türkische Investitionsfördersystem, das 2003 neu gefasst wurde, kennt keine besonderen Vergünstigungen für ausländische Investitionen, die über die bestehenden Bestimmungen für lokale Unternehmen hinausgehen. Die Grundlagen für die Behandlung ausländischer Investitionen bildet das Gesetz Nr. 4875, das am 17.6.03 in Kraft trat und das langjährige Gesetz Nr. 6224 aus dem Jahr 1954 ersetzte. Der Kern der Reform 2003 besteht in der grundsätzlichen Gleichstellung von Unternehmen mit in- und ausländischem Kapital. Die zuvor geltenden Vorschriften für ausländische Investoren, wie die Vorgabe einer Mindestinvestitionssumme, wurden beseitigt. Ausländische Investitionen bedürfen keiner besonderen Genehmigung. Sie unterliegen bezüglich der Gründung und Förderung denselben Vorschriften und Bestimmungen, die auch für einheimische Firmen gelten. Das bestehende türkische Fördersystem verknüpft Aspekte der Regionalentwicklung und der Mittelstandsförderung. Diese beiden Elemente bilden die Grundpfeiler des staatlichen Fördersystems. Darüber hinaus werden direkte und indirekte Subventionen für Projekte in den Bereichen Forschung und Technologieentwicklung gewährt. Auch die Exportwirtschaft profitiert von staatlichen Beihilfen. Steuerliche Vergünstigungen, die über die Mehrwertsteuerbefreiung im Rahmen des allgemeinen Fördersystems gemäß Ministerratsbeschluss Nr. 2006/10921 hinausgehen, werden im Rahmen des Körperschaftsteuergesetzes Nr. 5520 vom 13.6.06 (ersetzt Gesetz Nr. 5422 vom 3.6.49) gewährt. Einen guten Überblick zu den einzelnen Fördermaßnahmen mit Erläuterungen bietet das Internetportal der Förderagentur: www.investinturkey.gov.tr Allgemeines Fördersystem (Regionalentwicklung) Die allgemeine Investitionsförderung zielt in erster Linie auf den Abbau der regionalen Einkommensunterschiede ab, indem Investitionen in weniger entwickelten Regionen begünstigt werden. Das staatliche Fördersystem basiert auf dem Ministerratsbeschluss Nr. 2006/10921 vom 28.8.06, der durch Veröffentlichung im Staatsanzeiger "Resmi Gazete" Nr. 26331 zum 6.10.06 in Kraft gesetzt wurde und den Ministerratsbeschluss Nr. 2002/4367 vom 10.6.02 ersetzte. Die Bescheinigung der Förderfähigkeit erteilt auf Antrag die beim Staatssekretariat für Schatzwesen angesiedelte Förderagentur, die ein Investitionsförderzertifikat ("investment certificate") ausstellt. Die förderungsfähige Mindestinvestitionssumme bestimmt Art. 4 des Ministerratsbeschlusses Nr. 2006/10921 mit 1 Mio. YTL. Die Untergrenze für die allgemeine Förderung beträgt bei kleinen und mittelständischen Betrieben 200.000 YTL. Über die Förderungswürdigkeit eines Projektes entscheidet neben qualitativen Elementen, wie Wertschöpfungsbeitrag, Beschäftigungseffekte und Technologietransfer, vor allem die ausgewählte Region. Nationale und internationale Investitionsförderung 47 Es gibt drei Gruppen von Fördergebieten: - Entwickelte Provinzen: Istanbul, Kocaeli (Izmit), Ankara, Izmir, Bursa, Adana und Antalya. Das Förderangebot bezieht sich hier nur auf ausgewählte Branchen, wie Gesundheit und Bildung, sowie auf Gebiete von besonderer industrieller und technologischer Relevanz; - Prioritätsprovinzen: 50 vergleichsweise wenig entwickelte Regierungsbezirke, die bei der Förderung Vorrang genießen - Adiyaman, Agri, Aksaray, Amasya, Ardahan, Artvin, Bartin, Batman, Bayburt, Bingöl, Bitlis, Canakkale, Cankiri, Corum, Diyarbakir, Elazig, Erzincan, Erzurum, Giresun, Gümüshane, Hakkari, Igdir, Kahramanmaras, Karabük, Karaman, Kars, Kastamonu, Kirikkale, Kirsehir, Kilis, Malatya, Mardin, Mus, Nevsehir, Nigde, Ordu, Osmaniye, Rize, Samsun, Siirt, Sinop, Sivas, Sanliurfa, Sirnak, Tokat, Trabzon, Tunceli, Van, Yozgat, Zonguldak - Normale Provinzen: Übrige Regierungsbezirke, die bei der Förderung mittlere Priorität einnehmen. Nach dem Ministerratsbeschluss Nr. 2006/10921 vom Oktober 2006 besteht die allgemeine staatliche Förderung aus drei Grundelementen: - Zollbefreiung beim Import - Mehrwertsteuerbefreiung - Zinszuschüssen. Der investitionsbezogene Steuernachlass ("investment allowance"), der bis zum Jahr 2006 eines der Hauptinstrumente des türkischen Förderwesens war und im Zuge der Körperschaftsteuerreform aufgehoben wurde, ist nach der neuen Regelung nicht mehr Bestandteil des allgemeinen Fördersystems. Dies gilt auch für Kreditzuteilungen aus dem Staatshaushalt, die nicht mehr gewährt werden. Die vorgenannten drei Vergünstigungsarten werden in Verbindung mit der projektbezogenen Beschaffung (Ankauf im Ausland oder in der Türkei) von Maschinen, Anlagen, Ausrüstungen und Technologien gewährt. Förderungsberechtigt sind Investoren mit Investitionsförderzertifikaten. Die Zinssubventionen für Projektkredite beinhalten laut Art. 9 des Ministerratsbeschlusses bei Krediten in lokaler Währung einen staatlichen Zuschuss von fünf Prozentpunkten und bei Devisenkrediten von zwei Prozentpunkten. Einzelheiten zu den Förderungen enthält der Ministerratsbeschluss. Zur Unterstützung von 36 Provinzen mit einem Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Einwohner von unter 1.500 US$ und weiteren 13 Provinzen mit negativem sozioökonomischen Entwicklungsindex gibt es laut Gesetz Nr. 5084 vom 6.2.04 (ergänzt durch Gesetz Nr. 5350 vom 18.5.05) besondere, jedoch nur bis Ende 2008 geltende, Investitionsanreize, die auf die Erzielung von Beschäftigungseffekten abzielen. Es handelt sich hierbei um die Kostenübernahme von 20 bis 50% für Elektrizitätsrechnungen bei Neueinstellungen (kontinuierliche Beschäftigung von mindestens zehn Arbeitskräften), die Kostenübernahme bis zu 100% der Sozialabgaben für neues Personal, Erfolgreich investieren in der Türkei 48 Nationale und internationale Investitionsförderung die Streichung der Einkommensteuer für neues Personal sowie die kostenlose Überlassung von Grundstücken für Investitionen. Kontaktanschriften: Basbakanlik Hazine Müstesarligi / Yabanci Sermaye Genel Müdürlügü (Undersecretariat of Treasury / General Directorate of Foreign Investments) Inönü Bulvari 36, 06510 Emek - Ankara Tel.: 0090 312/212 50 00; Fax: -212 89 16 E-Mail: [email protected]; Internet: www.treasury.gov.tr Basbakanlik Dis Ticaret Müstesarligi (Undersecretariat of Foreign Trade) Inönü Bulvari 36, 06510 Emek - Ankara Tel.: 0090 312/204 75 00 Internet: www.dtm.gov.tr Basbakanlik Gümrük Müstesarligi (Undersecretariat of Customs) Eski Maliye Bakanligi Binasi, Kat 2, 06100 Ulus - Ankara Tel.: 0090 312/311 12 52; Fax: -310 22 14 Internet: www.gumruk.gov.tr Türkiye Odalar ve Borsalar Birligi - TOBB (Vereinigung der türkischen Industrie- und Handelskammern und Warenbörsen) Atatürk Bulvari 149, Bakanliklar - Ankara Tel.: 0090 312/413 80 00; Fax: -418 32 68 E-Mail: [email protected]; Internet: www.tobb.org.tr Deutsch-Türkische Industrie- und Handelskammer Istanbul (Alman-Türk Ticaret ve Sanayi Odasi) Muallim Naci Caddesi 40, 34347 Ortaköy - Istanbul Tel.: 0090 212/310 69 00; Fax: -310 69 60 E-Mail: [email protected]; Internet: www.dtr-ihk.de Mittelstandsförderung Der Ministerratsbeschluss Nr. 2000/1822 vom 20.12.00 bildet die Grundlage der staatlichen Mittelstandsförderung der Türkei. Nach dem Ministerratsbeschluss kommen Betriebe mit bis zu 250 Mitarbeitern und mit maximal 950.000 YTL Nettoanlagevermögen (ohne Immobilien) in den Genuss von verschiedenen Fördermaßnahmen. Das Förderangebot reicht von Steuervergünstigungen bis zu zinssubventionierten Krediten aus Mitteln des Staatshaushalts. Nach den geltenden Bestimmungen werden Projekte mit ei- Nationale und internationale Investitionsförderung 49 nem Investitionsbetrag bis zu maximal 950.000 YTL gefördert. Über die Förderungswürdigkeit bestimmt die Förderagentur auf Antrag und nach Prüfung durch die damit beauftragten öffentlichen Banken. Diese sind im Falle von Projekten in den Bereichen Tourismus, Bildung, Gesundheit und Agroindustrie die Türkische Entwicklungsbank Türkiye Kalkinma Bankasi (www.tkb.com.tr) und die Volksbank Halkbank (www.halkbank.com.tr) sowie in allen anderen Sektoren die Türkische Industrieentwicklungsbank Türkiye Sinai Kalkinma Bankasi (www.tskb.com.tr). Kleine und mittelständische Unternehmen, welche die Grundbedingungen erfüllen und deren Vorhaben als förderungsfähig anerkannt werden, können in Abhängigkeit von der ausgewählten Region für 20 bis 60% der Investitionssumme Förderkredite in Anspruch nehmen. Die Obergrenze für diese Investitionskredite aus Haushaltsmitteln beträgt 475.000 YTL, bei Krediten für Betriebskapital 75.000 YTL. Der Zinssatz für Investitionskredite liegt zwischen 10 und 20%, für Betriebsmittelkredite 15 bis 25%. Die Laufzeit der Kredite beträgt zwei bis vier Jahre. Als Ergänzung zu regulären Bankkrediten für kleine und mittlere Betriebe übernimmt der nationale Kredit- und Garantiefonds KGF (Kredi Garantie Fonu Isletme ve Arastirma A.S.) Kreditbürgschaften. Der KGF bietet keine zusätzlichen Finanzmittel und arbeitet über verschiedene Banken. Kontaktanschrift: Kredi Garanti Fonu Isletme ve Arastirma A.S. - KGF Adakale Sokak 28/1, 06420 Yenisehir - Ankara Tel.: 0090 312/435 64 26, -435 65 96; Fax: -434 48 89 E-Mail: [email protected]; Internet: www.kgf.com.tr Eine bedeutende Institution der Mittelstandsförderung ist die Förderagentur KOSGEB im Geschäftsbereich des Ministeriums für Industrie und Handel. In der Ende 2005 veröffentlichten Verordnung dieses Ministeriums über "Definition, Eigenschaften und Klassifizierung von kleinen und mittelständischen Unternehmen" (Staatsanzeiger Nr. 25997 vom 18.11.05) werden Betriebe mit einem Jahresumsatz oder einer Bilanzsumme bis zu 25 Mio. YTL als kleine und mittelständische Firmen (KMU) betrachtet. Die KOSGEB bietet neben Beratung und Schulung in einer Vielzahl von Bereichen auch eine kostenlose Analyse, Prüfung und Qualitätsmessung von Produkten an und vermittelt Geschäftspartner. Kontaktanschrift: Kücük ve Orta Ölcekli Sanayi Gelistirme ve Destekleme Idaresi Baskanligi - KOSGEB (Small and Medium Industry Development Organization) MKEK Binasi, Kat 9, 06330 Tandogan - Ankara Tel.: 0090 312/212 81 90, Fax: -212 25 08 E-Mail: [email protected]; Internet: www.kosgeb.gov.tr Erfolgreich investieren in der Türkei 50 Nationale und internationale Investitionsförderung Kontaktpartner für KMU bietet auch das Netzwerk der Euro Info Centres (EIC). Die Anschriften der EIC in der Türkei enthält die Webseite www.europa.eu.int/comm/enterprise/networks/eic/eic_turkey.html Förderungen in Freizonen und sonstigen Sonderzonen Freizonen Die nach dem Gesetz Nr. 3218 vom 6.6.85 in den 21 Freizonen operierenden Betriebe genießen seit 1985 Freiheit von der Einkommen-, Körperschaft- und Mehrwertsteuer sowie vom Einfuhrzoll. Diese Steuerbefreiungen gelten bis zum Ablauf der Lizenzen für alle Firmen, die sich bereits vor dem 6.2.04 in einer Freizone niedergelassen hatten. Für Unternehmen, die sich nach dem 6.2.04 hier ansiedelten, entfällt die Befreiung von der Körperschaftsteuer. Die Einkommensteuerbefreiung für Arbeitnehmer läuft hier Ende 2008 aus. Die Befreiung von der Mehrwertsteuer bleibt dagegen bestehen. Technologieentwicklungszonen (Technoparks) Investoren im Bereich Forschung und Entwicklung können von steuerlichen Vergünstigungen profitieren, wenn sie sich in Technologieentwicklungszonen niederlassen. Für solche Vorhaben existiert außerdem die Möglichkeit, Zuschüsse und vergünstigte Kredite in Anspruch zu nehmen. Die rechtliche Grundlage für diese Förderung bildet das Gesetz Nr. 4691 vom 6.7.01 über Technologieentwicklungszonen ("Teknopark"). Organisierte Industriezonen Eine überwiegend indirekte Förderung stellen die landesweit auf einer Gesamtfläche von 624 Mio. qm operierenden 242 organisierten Industriezonen "OSB" (= Organize Sanayi Bölgesi) dar, die nach Bestimmungen des OSB-Gesetzes Nr. 4562 vom 15.4.00 arbeiten und in denen den Investoren in erster Linie eine gute Infrastruktur bereitgestellt wird. Nach dem Gesetz Nr. 5350 vom 18.5.05 ist in den OSB der Provinzen Karabük, Kirikkale, Samsun und Zonguldak die kostenlose Zuteilung von Industriegrundstücken möglich. In den OSB in 49 Provinzen werden neben der Grundstückzuteilung auch Erleichterungen bei Steuern, Sozialversicherungsprämien und Energiekosten gewährt. Einige der OSB arbeiten branchenbezogen, wie die sich im Aufbau befindliche TAYSAD-OSB für Kfz-Zulieferindustrien in Gebze. Lohn- und Lohnnebenkosten 51 Lohn- und Lohnnebenkosten Allgemeines zum Arbeitsmarkt Die wirtschaftliche Erholung in der Türkei Anfang der 2000er Jahre war mit nur wenigen Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt verbunden. Trotz der vergleichsweise hohen Wachstumsraten des Bruttosozialprodukts blieb die offizielle Arbeitslosenquote 2006 mit 10,5% gegenüber dem Vorjahr in etwa unverändert. Die tatsächliche Quote dürfte wegen der schwierigen Erfassung höher liegen. Der Rationalisierungsdruck auf die Betriebe im globalen Wettbewerb führt gar zum Abbau von Arbeitsplätzen mit ungünstigen Effekten auf den Arbeitsmarkt. Damit bleibt die Arbeitslosigkeit eines der wichtigsten Wirtschaftsprobleme des Landes. Bei tendenziell abnehmender Bedeutung der Landwirtschaft müssen die in diesem Sektor frei werdenden Arbeitsplätze von der Industrie und dem Dienstleistungssektor absorbiert werden. 2005 waren noch 29,5% der Arbeitskräfte im Agrarsektor beschäftigt. Dieser Strukturwandel stellt die Arbeitsmarktpolitik vor große Herausforderungen. Wenn auch das Bildungsniveau der Arbeitskräfte von den in der Türkei tätigen ausländischen Firmen allgemein als gut bezeichnet wird, bestehen im Ausbildungssystem, vor allem was die praktische Berufsausbildung angeht, erhebliche Defizite. Der Reformbedarf ist hier besonders groß. Die Macht der Gewerkschaften ist zwar im Vergleich zu den zurückliegenden Jahrzehnten gesunken. So waren nach Angaben des Ministeriums für Arbeit und Soziale Sicherheit Anfang 2006 nur noch 58,7% (2000: 68,5%) der Industriearbeiter Mitglied bei den Gewerkschaften. Trotzdem spielen diese im Arbeitsleben eine nicht geringe Rolle und machen bei wirtschaftspolitischen Entscheidungen ihren Einfluss geltend. Dabei verfolgen sie eine nationalistische Linie und versuchen beispielsweise Privatisierungsprojekte der Regierung, vor allem beim Verkauf der Staatsbetriebe an ausländische Firmen, durch langwierige Gerichtsverfahren zu blockieren. Allgemeine Arbeitsmarktdaten 2006 Bevölkerung (in Mio.) Erwerbspersonen (Bevölkerung älter als 15 und unter 65) (in Mio.) Erwerbstätige (in Mio.) Arbeitslosenquote, offiziell (in %) Analphabetenquote (in %)*) Universitätsabschluss (in %)*) Durchschnittliche Wochenarbeitszeit (in Stunden, inkl. Überstunden) 73,0 52,1 22,1 10,5 10,3 4,5 45,9 *) Anteil an der Gesamtbevölkerung zur Jahresmitte 2006 Quelle: Türkiye Istatistik Kurumu (TÜIK), Ankara Die Erfolgsaussichten bei der Personalsuche steht in Abhängigkeit von den gestellten Anforderungen. Je spezifischer die Anforderungen, desto schwieriger und langwieriger gestaltet sich die Suche. Nach einer im türkischen Wirtschaftsmagazin "Capital" (02/2006) veröffentlichten Firmenumfrage ist die durchschnittliche Dauer der Personalsuche im Einzelhandel mit vier bis zwölf Wochen am längsten, gefolgt von acht bis zehn Wochen in der Lebensmittelbranche und Erfolgreich investieren in der Türkei 52 Lohn- und Lohnnebenkosten vier bis zehn Wochen im Arzneimittelsektor. Auch die Suche von qualifiziertem Personal für Banken und Versicherungen ist relativ schwierig. Neben der Einschaltung privater Personalagenturen, die seit 2004 unter dem Dach des Fachverbandes ÖIBD zusammengeschlossen sind, können Anzeigen über Stellenangebote in den Wochenendausgaben großer Tageszeitungen, wie "Hürriyet" und "Milliyet", platziert werden. In besonders schwierigen Fällen muss der Weg des Abwerbens bei der Konkurrenz als Problemlösung angegangen werden. Löhne und Gehälter Die Löhne und Gehälter in der Türkei sind im Vergleich zu den Ländern Westeuropas deutlich niedriger. Was die Arbeitskosten in der verarbeitenden Industrie angeht, gehört das Land jedoch im Vergleich zu den Staaten Osteuropas zu den relativ teuren Ländern. Allerdings ist auch die Produktivität in der Industrie größer als in einigen ost- und südosteuropäischen Ländern. Die relativ starke Türkische Lira ist eine der Ursachen für die vergleichsweise hohen Arbeitskosten, was sich negativ auf die Tätigkeit ausländischer Firmen auswirkt. Wegen des hohen Anteils der Schattenwirtschaft an der gesamtwirtschaftlichen Leistung von schätzungsweise mindestens 40% ist die Aussagekraft der offiziellen Statistiken über die tatsächliche Höhe der Löhne und Realeinkommen der Arbeitnehmer fraglich. Nach Angaben der Weltbank waren 2004 etwa 53% der insgesamt beschäftigten Arbeiter offiziell nicht als solche registriert, davon 19% in städtischen und 34% in ländlichen Regionen. Insbesondere in der Landwirtschaft erfolgt die Beschäftigung häufig ohne offizielle Arbeitsverhältnisse, so dass auch keine verlässlichen Zahlen zu den tatsächlich gezahlten Löhnen vorliegen. Die hohen Lohnnebenkosten beziehungsweise das hohe Gefälle zwischen den Brutto- und Nettolöhnen sowie die Inflexibilität in den arbeitsrechtlichen Bestimmungen fördern die Schattenwirtschaft. Eine wichtige Vorgabe für die Arbeitskosten in der Türkei ist der gesetzliche Mindestlohn, der nach Art. 55 des Grundgesetzes zur Sicherung des Existenzminimums vorgeschrieben ist. Er wird zum Beginn eines jeden Jahres von der zuständigen Kommission (Regierung, Arbeitgeber, Gewerkschaften) angepasst und verkündet. Der seit Anfang 2007 geltende monatliche Mindestlohn für Arbeiter von 16 Jahren und älter beträgt brutto 562,50 YTL, was eine Nettomonatslohn von 403,02 YTL entspricht. Er wird zum 1.7.07 auf 585,00 YTL erhöht. Entwicklung der durchschnittlichen Bruttomonatslöhne *) nominal (in Landeswährung YTL) nominal (in Euro) Veränderung auf Euro-Basis (in %) 2004 1.034 571 - 2005 1.176 721 26,3 *) auf der Grundlage der Daten des jeweils 3. Quartals; durchschnittlicher Wechselkurs 3. Quartal 2006 (2005): 1 Euro = 1,91 (1,63) YTL Quelle: Türkiye Istatistik Kurumu (TÜIK), Ankara 2006 1.314 688 -4,6 Lohn- und Lohnnebenkosten 53 Die vom Statistikamt gemachten Angaben zu den Bruttolöhnen in den verschiedenen Landesregionen sind ebenso unter Berücksichtigung der geschilderten Probleme bei der Erfassung zu bewerten. Die offizielle Statistik weist das westliche Schwarzmeergebiet als die Region mit den höchsten Arbeitslöhnen aus. Dies mag mit den im Gebiet von Zonguldak angesiedelten Steinkohlebergwerken und der Eisen- und Stahlindustrie zusammenhängen, wo wegen der schweren Arbeitsbedingungen zusätzliche Zahlungen in Form von Zulagen beziehungsweise Zuschlägen vorgenommen werden, die bei der Ermittlung des Bruttolohns mitberücksichtigt werden. Die östliche Marmara-Region und der Großraum Istanbul sind mit Abstand die wichtigsten Industriezonen der Türkei, wo in den zurückliegenden Jahrzehnten zahlreiche Betriebe des produzierenden Gewerbes aufgebaut wurden, die größtenteils nach internationalen Standards arbeiten. Der Regierungsbezirk (Provinz) Bursa ist das Zentrum der türkischen Automobilindustrie mit wichtigen Kfz-Werken und zahlreichen Zulieferbetrieben. Südostanatolien und Mittelostanatolien sind die wirtschaftlich am wenigsten entwickelten Gebiete der Türkei. Folglich weisen die dort gezahlten Löhne das niedrigste Niveau auf. Durchschnittliche Bruttomonatslöhne nach Regionen 1) Regionen (wichtigste Städte) Landesdurchschnitt TR8/Westliches Schwarzmeer (Zonguldak, Kastamonu, Samsun) TR4/Ostmarmara (Bursa, Kocaeli) TR5/Westanatolien (Ankara, Konya) TR1/Istanbul TRA/Nordostanatolien (Erzurum, Agri) TR2/Westmarmara (Tekirdag, Balikesir) TR6/Mittelmeer (Antalya, Adana, Hatay) TR9/Östliches Schwarzmeer (Trabzon) TR3/Ägäis (Izmir, Aydin, Manisa) TR7/Mittelanatolien (Kirikkale, Kayseri) TRB/Mittelostanatolien (Malatya, Van) TRC/Südostanatolien (Gaziantep, Sanliurfa, Mardin) 2006 (in Euro) 2) Veränd. (in %) 3) 688 902 -4,6 -3,9 Veränd. (in %) 4) 11,7 12,5 812 734 690 672 636 632 625 583 563 503 410 -6,6 -3,8 -4,2 -10,0 -2,5 -3,7 2,0 -3,8 -2,8 -9,5 -12,9 9,5 12,7 12,4 5,5 14,2 12,9 19,5 12,7 14,0 5,8 2,8 1) auf der Grundlage der Daten des jeweils 3. Quartals; 2) durchschnittlicher Wechselkurs im 3. Quartal 2006 (2005): 1 Euro = 1,91 (1,63) YTL; 3) nominal in Euro; 4) nominal in Landeswährung Quelle: Türkiye Istatistik Kurumu (TUIK), Ankara Nach Ermittlungen des Statistikamtes werden die höchsten Bruttolöhne in der Kohle- und Erdölindustrie bezahlt. Darüber hinaus zählen die chemische Industrie, der Fahrzeugbau und die Metallindustrie zu den Branchen mit vergleichsweise hohem Lohnniveau. Erfolgreich investieren in der Türkei 54 Lohn- und Lohnnebenkosten Durchschnittliche Bruttomonatslöhne nach Industriezweigen 1) Branche (ISIC Rev. 3) Produzierendes Gewerbe Nahrungsmittel und Getränke (15) Tabakwaren (16) Textilien (17) Bekleidung (18) Lederwaren (19) Holz und Holzwaren (20) Papier und Papierwaren (21) Druckerzeugnisse (22) Kohle, raffinierte Erdölprodukte (23) Chemische Produkte (24) Kunststoffe (25) andere nichtmetallische Mineralprodukte (26) Grundmetalle (27) Metallwaren (28) Maschinen und Anlagenbau (29) Büromaschinen (30) Elektrotechnische Erzeugnisse (31) Nachrichtentechnik (32) Medizintechnische und optische Geräte (33) Kraftfahrzeuge und Karosserien (34) Sonst. Transportmittel (35) Möbel (36) 2006 (YTL) 1.314 1.218 1.506 823 724 726 930 1.307 1.687 3.517 2.215 1.254 1.141 1.894 1.284 1.462 904 1.759 1.587 1.179 1.866 1.928 890 Veränd. (in %) 2) 11,7 15,0 4,1 7,7 10,2 11,9 13,8 10,9 12,6 -5,1 12,4 9,1 9,4 13,8 14,7 11,4 13,6 4,0 5,2 20,9 9,6 10,4 18,2 2006 (in Euro) 688 638 788 431 379 380 487 684 883 1.841 1.160 657 597 992 672 765 473 921 831 617 977 1.009 466 1) auf der Grundlage der Daten des jeweils 3. Quartals; 2) nominal gegenüber dem Vorjahr Quelle: Türkiye Istatistik Kurumu (TUIK), Ankara Allgemein kann davon ausgegangen werden, das die in ausländischen Unternehmen gezahlten Löhne und Gehälter über den Entgelten in reinen türkischen Firmen liegen. Statistische Belege dazu existieren jedoch nicht. Die von der Gesellschaft Poyraz Consulting ermittelten und in der Tabelle aufgeführten Zahlen zum Jahresbruttogehalt für einzelne Berufsgruppen betreffen bereits die obere Kategorie von Unternehmen in der Türkei. Die Angaben zeigen, dass die Lohnkostenvorteile im Verhältnis zu Deutschland beträchtlich sind. Bei Firmen mit Auslandskapital kann im Einzelfall, vor allem im Management- und Expertenbereich, die Vergütung höher als bei reinen türkischen Firmen liegen. Dies trifft vor allem für internationale Konzerne beziehungsweise Großunternehmen zu, die in der Türkei mit Niederlassungen und Tochtergesellschaften reichlich vertreten sind. Lohn- und Lohnnebenkosten 55 Ein Vorteil des Investitionsstandortes Türkei, der von ausländischen Unternehmen nahezu einhellig hervorgehoben wird, ist das große Potenzial gut befähigter, einsatzbereiter und hoch motivierter Mitarbeiter. Hierbei schneiden Führungskräfte am besten ab. Obschon deutsche Investoren in der Türkei Alleineigentum oder Mehrheitseigentum bevorzugen, gaben in einer Umfrage der Deutsch-Türkischen Industrie- und Handelskammer in Istanbul aus dem Jahre 2004 knapp 60% von ihnen an, dass ihr Unternehmen von einer türkischen Führungskraft geleitet wird. Weitere ca. 20% hatten eine gemischt deutsch-türkische Spitze. Lediglich bei den restlichen 20% handelte es sich um eine ausschließlich deutsche Geschäftsleitung. Durchschnittlicher Jahreslohn nach Berufsgruppen (2006 brutto) Berufsgruppe Geschäftsführer/-in einer größeren Niederlassung Geschäftsführer/-in eines kleinen bis mittleren Unternehmens Vertriebsleiter/-in Programmierer Ingenieur Sekretär/-in mit Fremdsprachenkenntnissen Buchhalter/-in Sekretär/-in, Schreibkraft Facharbeiter/-in Kraftfahrer/-in Ungelernte Arbeitskraft YTL 2006 255.564 173.859 Veränd. (in %) 1) 10,0 12,7 in Euro 2) 141.980 96.588 113.402 43.296 40.283 38.818 22.483 16.244 15.337 14.661 10.982 32,7 29,7 31,5 17,7 26,5 5,9 -3,2 17,4 19,9 63.001 24.053 22.379 21.566 12.491 9.024 8.521 8.145 6.101 1) nominal gegenüber Vorjahr; 2) Wechselkurs im Jahresdurchschnitt 2006: 1 Euro = 1,80 YTL) Quelle: Salary and Wages Directory (September 2006), Poyraz Consulting Inc. Prämien, Provisionen, Zusatzleistungen Gratifikationen ("ikramiye") und Prämien ("prim") als freiwillige Zulagen des Arbeitgebers zum Grundlohn des Arbeitnehmers sind in vielen türkischen Betrieben üblich und verbreitet. Zusatzzahlungen zum Beispiel anlässlich der 25jährigen Betriebszugehörigkeit oder Zahlungen zum Neujahr zählen zu dieser Kategorie von Leistungen. In nicht wenigen Fällen werden jährlich vier zusätzliche Monatsgehälter vereinbart. Solche Regelungen werden auch im Rahmen von Tarifverträgen festgelegt. In besonderen Fällen, wie im Bergbau werden teilweise gar fünf zusätzliche Monatsgehälter pro Jahr gezahlt. Das türkische Arbeitsgesetz schreibt den Grundsatz der Gleichbehandlung vor, wodurch der Arbeitgeber dazu verpflichtet wird, bei der Vergabe von Gratifikationen alle Beschäftigten gleich zu behandeln. Allerdings gibt es Wege, solche Bestimmungen, wie auch andere Regeln in der Praxis zu umgehen. In einigen Branchen, wie Kreditwesen und Versicherungswirtschaft, sind auch Zahlungen in Abhängigkeit von der Ertragslage des in Frage kommenden Unternehmens an die Beschäftigten üblich. Diese Zahlungen in Abhängigkeit von der Position des Arbeitnehmers im Betrieb erfolgen in der Regel im ersten Quartal eines Jahres in Bezug auf das jeweils abgelaufene Geschäftsjahr. Erfolgreich investieren in der Türkei 56 Lohn- und Lohnnebenkosten Sozialversicherungsbeiträge Die umfangreichen Lohnnebenkosten in der Form von Sozialversicherungsbeiträgen erhöhen die Arbeitskosten und fördern die illegale Betriebstätigkeit in der Schattenwirtschaft. Die Sozialbeiträge der Arbeitnehmer und Arbeitgeber erreichen zusammen mindestens 36,5% der Bruttolohnsumme. Laut Weltbank nimmt die Türkei hinsichtlich der Differenz zwischen dem Bruttolohn und tatsächlich ausgezahlten Lohn unter allen OECD-Ländern den Spitzenplatz ein. Die Regierung zeigt sich bemüht, im Zuge der vom IWF unterstützten Reform zur Neuordnung des staatlichen Sozialversicherungssystems und der Steuerreform die Belastungen auf den Produktions- beziehungsweise Kostenfaktor Arbeit zu senken. Sozialbeiträge 2007 (in % der Bemessungsgrundlage) Rentenversicherung Krankenversicherung Mutterschutz Arbeitsunfall- und Berufskrankheiten Arbeitslosenversicherung Gesamt Arbeitgeber 11,0-13,0*) 6,0 1,0 1,5-7,0 2,0 21,5-29,0 Arbeitnehmer 9,0 5,0 1,0 15,0 *) bei Arbeit unter Tage und körperlich besonders schwerer oder gesundheitsschädlicher Arbeit beträgt der Rentenversicherungsbeitrag des Arbeitgebers 13,0%. Quelle: Sozialversicherungsanstalt (SSK), Ankara Die Obergrenze für die Bemessungsgrundlage für die Sozialabgaben liegt seit dem 1.1.07 bei monatlich 3.656,40 YTL. Sie wird zum 1.7.07 auf 3.802,50 YTL steigen. Arbeitsrecht Gesetzliche Regelungen auf einen Blick Vergütung Mindestlohn Wochenarbeitszeit Zulässige Überstunden Gesetzliche Feiertage Urlaubsanspruch Lohnfortzahlung im Krankheitsfall Probezeit Freie Vereinbarung möglich 562,50 YTL 1) Max. 45 Stunden Max. 270 Stunden/Jahr 12 1/2 Tage Je nach Betriebszugehörigkeit 14-26 Tage Der Arbeitgeber kann bei der Lohnfortzahlung die Arbeitsunfähigkeitszahlung der Sozialversicherung (Krankengeld) vom Lohn des Arbeitnehmers abziehen. Der Arbeitgeber kann bei unheilbarer Krankheit des Arbeitnehmers (Attest der Ärztekommission) oder nach 6 Wochen nach Ablauf der Kündigungsfrist, für die eine Lohnfortzahlung nicht vorgeschrieben ist, den Arbeitnehmer kündigen. 2) Max. 2 Monate, kann jedoch durch Tarifvertrag bis auf 4 Monate verlängert werden 1) Erhöhung auf 585,00 YTL zum 1.7.07 beschlossen; 2) Laut Art. 48 und Art. 25/I des Arbeitsgesetzes Nr. 4857 Lohn- und Lohnnebenkosten 57 Rechtsgrundlagen Maßgebliche Quelle des Individualarbeitsrechts ist das Gesetz Nr. 4857 vom 22.5.03, das in der Resmi Gazete Nr. 25134 vom 10.6.03 verkündet wurde und am selben Tag in Kraft trat. Flankiert und ergänzt wird das Gesetz durch eine ganze Reihe von Verordnungen, wie zum Beispiel die Ministerialverordnung über zusätzliche Arbeit und Überstunden vom 6.4.04 (verkündet in der Resmi Gazete Nr. 25425 vom gleichen Datum, S. 5 ff.). Für bestimmte Berufsgruppen wie Seeleute und Journalisten gelten Sondervorschriften. Subsidiär sind die allgemeinen Vorschriften des Obligationengesetzbuchs heranzuziehen. Vertragsabschluss Artikel 8 Abs. 1 des Gesetzes Nr. 4857 (im Folgenden: ArbG) definiert ein Arbeitsverhältnis als einen Vertrag, kraft dessen sich eine Partei (Arbeitnehmer) einer anderen (Arbeitnehmer) gegenüber verpflichtet, in Weisungsabhängigkeit und gegen Entgelt Arbeitsleistungen zu erbringen. Ein solcher Vertrag kann auf unbestimmte Zeit oder befristet abgeschlossen werden. Dabei ist zu beachten, dass "Kettenarbeitsverträge" (zincirleme is sözlesmeleri), also die jeweilige Reihung eines (neuen) befristeten Arbeitsverhältnisses an das vorangegangene, nach Art. 11 Abs. 2 und 3 ArbG nur dann zulässig sind, wenn es für die erneute Befristung einen sachlichen Grund gibt. Ermangelt es eines solchen sachlichen Grundes, ist die Befristung im Zuge der Teilnichtigkeit unwirksam. Das Arbeitsverhältnis gilt dann als unbefristet abgeschlossen. Im Grundsatz unterliegt der Arbeitsvertrag keiner Form; er kann also auch mündlich oder stillschweigend geschlossen werden. Schriftform ist allerdings dann erforderlich, wenn es sich um ein befristetes Arbeitsverhältnis handelt, dessen Laufzeit auf die Dauer von mindestens einem Jahr angelegt ist (Art. 8 Abs. 2 ArbG). Ein Verstoß gegen dieses Formerfordernis führt gleichwohl nicht zur Nichtigkeit des Arbeitsvertrages, sondern lediglich zur Unwirksamkeit seiner Befristung; er gilt dann als von Anfang an unbefristet. Den Vorgaben des deutschen Nachweisgesetzes nicht unähnlich gibt Art. 8 Abs. 3 ArbG dem Arbeitgeber auf, dem Arbeitnehmer auch dann eine schriftliche Dokumentation der wesentlichen Vertragsbedingungen auszuhändigen, wenn der Vertrag selbst nicht formbedürftig ist. Eine Probezeit (deneme süresi) kann bis zu einer Dauer von zwei - bei Bestehen eines entsprechenden Tarifvertrags auch bis zu vier - Monaten vereinbart werden (Art. 15 Abs. 1 ArbG). Schriftform ist dafür nicht erforderlich. Erfolgreich investieren in der Türkei 58 Lohn- und Lohnnebenkosten Rechte und Pflichten der Vertragsparteien Der Arbeitnehmer schuldet die Verrichtung der vertraglich vereinbarten Arbeit. Dabei unterliegt er der Weisungsbefugnis des Arbeitgebers, die allerdings ihre Schranken in den gesetzlichen, tarif- oder arbeitsvertraglichen Vorgaben findet. So normiert zum Beispiel Art. 63 ArbG die wöchentliche Höchstarbeitszeit auf 45 Stunden; Überstunden sind nach Art. 41 ArbG i.V.m. Artt. 4 und 5 der Verordnung vom 6.4.04 nur bis zu einer Höhe von 270 Stunden im Jahr zulässig und mit einem Zuschlag von 25% bis 50% des regulären Lohns zu vergüten. Wettbewerbsverbote können für ein laufendes Vertragsverhältnis vereinbart werden. Nachvertragliche Wettbewerbsverbote entfalten indes nur unter den einschränkenden Voraussetzungen der Artt. 348 bis 352 des Obligationengesetzbuchs Wirkung. Sie unterliegen der Schriftform, können maximal für die Dauer von drei Jahren vereinbart werden, müssen hinreichend bestimmt sein und setzen unter anderem einen drohenden Schaden für den Dienstherrn voraus. Der Arbeitgeber hingegen schuldet den vereinbarten Lohn, dessen Mindesthöhe vom Gesetzgeber in jährlichen Intervallen festgelegt wird (siehe oben). Unbeschadet anderslautender Absprachen hat der Arbeitgeber nach Art. 32 Abs. 2 ArbG lediglich in türkischer Währung zu leisten (unter Umständen zum jeweiligen Tageskurs). Geht der Lohn nicht innerhalb von 20 Werktagen ab Fälligkeit ein, steht dem Arbeitnehmer ein Leistungsverweigerungsrecht im Sinne des Art. 24 ArbG zu. Die Verjährungsfrist für Lohnforderungen beträgt fünf Jahre (Art. 32 Abs. 7 ArbG). Ansprüche auf bezahlten Erholungsurlaub entstehen dem Arbeitnehmer erstmalig nach einer einjährigen Wartezeit (Art. 53 Abs. 1 ArbG). Die Zahl der jährlichen Urlaubstage bemisst sich nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit, was zu 14 Tagen Jahresurlaub in den ersten fünf Jahren, 20 Tagen in den darauf folgenden zehn Jahren und 26 Tagen ab einer Betriebszugehörigkeit von insgesamt 15 Jahren führt. Vertragsbeendigung Falls eine Probezeit vereinbart wurde, können alle Arbeitsverhältnisse - auch die befristeten während des entsprechenden Zeitraums ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist (bildirim süresine) gekündigt werden (Art. 15 ArbG). Ansonsten ist eine einseitige Lösung von befristeten Vertragsverhältnissen nur bei Vorliegen eines zur außerordentlichen Kündigung berechtigenden Grundes statthaft. Die Definition eines solchen "berechtigten Grundes" (hakli neden) bleibt das Gesetz schuldig. Allerdings finden sich in Art. 24 ArbG (für den Arbeitnehmer) und in Art. 25 ArbG (für den Arbeitgeber) beispielhafte Aufzählungen, unter denen zum Beispiel gesundheitliche Umstände, verschiedene Tatbestände an grobem Fehlverhalten der anderen Seite oder bestimmte Erscheinungsformen höherer Gewalt aufgelistet sind. Stützt sich die Kündigung auf Fehlverhalten, ist sie innerhalb einer sechstägigen Frist ab Kenntnisnahme, längstens aber innerhalb eines Jahres ab Tatbestandsverwirklichung, auszusprechen (Art. 26 ArbG). Lohn- und Lohnnebenkosten 59 Auch unbefristete Vertragsverhältnisse können nach Maßgabe der soeben dargestellten Artt. 24 ff. ArbG außerordentlich - also fristlos - gekündigt werden. Was die ordentliche Kündigung anbelangt, so ist dahingehend zu differenzieren, ob der besondere Kündigungsschutz der Artt. 18 ff. ArbG eingreift oder nicht. Im Normalfall bedarf es zur ordentlichen Kündigung keines besonderen Grundes. Lediglich eine Kündigungsfrist, die sich in Abhängigkeit zur Betriebszugehörigkeit berechnet, ist nach Maßgabe folgender Staffelung einzuhalten (Art. 17 ArbG): Betriebszugehörigkeit bis zu 6 Monate 6 bis 18 Monate 18 Monate bis 3 Jahre mehr als 3 Jahre Kündigungsfrist 2 Wochen 4 Wochen 6 Wochen 8 Wochen Auf den besonderen Kündigungsschutz der Artt. 18 bis 21 ArbG können sich diejenigen berufen, deren unbefristetes Vertragsverhältnis bereits sechs Monate währt und deren Arbeitgeber in derselben Branche - nicht unbedingt im selben Betrieb - mindestens 30 Arbeitnehmer beschäftigt. Eine Kündigung ist dann nur bei Vorliegen eines "gültigen Grundes" (gecerli sebep) rechtmäßig. Was darunter zu verstehen ist, wird nicht gesagt. Das Gesetz nimmt lediglich eine negative Eingrenzung vor, indem es Gründe aufzählt, die nicht "gültig" sind, wie zum Beispiel die Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft, Geschlecht, ethnische Zugehörigkeit, etc. Fest steht lediglich, dass der "gültige Grund" nicht an die Intensität des "berechtigten Grundes" im Sinne der außerordentlichen Kündigung heranreichen muss; im Übrigen bleibt die Entwicklung einer hinreichend bestimmbaren Kasuistik durch Rechtsprechung und Lehre abzuwarten. Hauptanwendungsfälle werden wohl leichteres Fehlverhalten und Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers, aber auch betriebliche Erfordernisse wie rückläufige Auftragslage oder Energieengpässe sein. Der Grund muss aus dem Kündigungsschreiben jedenfalls klar hervorgehen, andernfalls ist die Kündigung schon aus formellen Gründen unwirksam (Art. 19 Abs. 1 ArbG). Legt der Arbeitnehmer gegen die Kündigung einen Rechtsbehelf ein und wird während der Schwebezeit bis zur verfahrensabschließenden Entscheidung nicht weiterbeschäftigt, riskiert der Arbeitgeber nach Art. 20 Abs. 3 ArbG auch dann eine Lohnfortzahlung von bis zu vier Monatsgehältern, wenn sich die Kündigung später als rechtmäßig herausstellen sollte. Erfolgreich investieren in der Türkei 60 Lohn- und Lohnnebenkosten Rechtspraxis Die Türkei besitzt unter den OECD-Ländern neben Portugal die striktesten arbeitsrechtlichen Vorschriften. In der Praxis werden die damit zusammenhängenden Probleme, vor allem im Falle der Beendigung von Arbeitsverträgen, gewöhnlich durch angemessene finanzielle Abfindungen geregelt, deren Höhe durch Verhandlungen bestimmt wird. Unabhängig von den auf freiwilliger Basis gezahlten Abfindungen sieht das türkische Arbeitsrecht die sog. Altersabfindung ("Kidem tazminati") vor. Diese im internationalen Vergleich großzügige Altersabfindung, die der Arbeitgeber bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach einer Beschäftigungsdauer von mindestens zwölf Monaten auszuzahlen hat, stellt eine vergleichsweise hohe Kostenbelastung für den Arbeitgeber dar. Die Türkei befindet sich laut Weltbank bezüglich der Kosten der Personalentlassung bei insgesamt untersuchten 155 Ländern unter den zehn teuersten Ländern. So entsprechen die Kosten der Entlassung einer Arbeitskraft nach 20 Jahren der Betriebszugehörigkeit der Lohnsumme von etwa 112 Wochen. Die in Monatsgehältern berechnete Altersabfindung hat eine monatliche Obergrenze, die laufend angepasst wird. Der monatliche Höchstwert liegt seit dem 1.1.07 bei 1.960,69 YTL. Eine weitere Erhöhung auf 1.988,48 YTL zum 1.7.07 wurde beschlossen. Eine gängige Praxis ist, dass Arbeitnehmer nach Eintritt in den Ruhestand, Erhalt der Altersabfindung und Bezug der Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung am selben Arbeitsplatz unter geringfügig veränderten Bedingungen weiterbeschäftigt werden. Dabei haben Arbeitgeber und Arbeitnehmer prämienähnliche Abgaben an die Sozialversicherungsanstalt zu entrichten. Kontaktanschriften Praktische Hinweise für Expats, wie Informationen zu Bildungseinrichtungen, medizinischer Versorgung und Lebenshaltungskosten können über das Bundesverwaltungsamt bezogen werden. Bundesverwaltungsamt, Informationsstelle für Auswanderer und Auslandstätige Internet: www. bva.bund.de/aufgaben/auswanderung Tel.: 01 88 83 58/49 99 (Hotline) Fax: 01 88 83 58/48 29 Die von der Deutsch-Türkischen Industrie- und Handelskammer (AHK Istanbul) herausgegebene Broschüre mit dem Titel "Das türkische Arbeitsrecht" (Stand: Dezember 2005) gibt einen Überblick über das Arbeitsrecht mit detaillierten Informationen zu einzelnen Fragen. Lohn- und Lohnnebenkosten 61 Deutsch-Türkische Industrie- und Handelskammer (Alman-Türk Ticaret ve Sanayi Odasi) Muallim Naci Cad. No. 40, 34347 Ortaköy - Istanbul Tel.: 0090 212/310 69 00; Fax: -310 69 60 E-Mail: [email protected]; Internet: www.dtr-ihk.de Calisma ve Sosyal Güvenlik Bakanligi (Ministerium für Arbeit und Soziale Sicherheit) Inönü Bulvari 42, 06510 Emek-Ankara Tel.: 0090 312/296 60 00; Fax: -212 07 81 E-Mail: [email protected]; Internet: www.calisma.gov.tr Sosyal Sigortalar Kurumu - SSK (Sozialversicherungsanstalt der Arbeitnehmer) Mithatpasa Cad. No. 7, 06437 Kizilay - Ankara Tel.: 0090 312/458 70 00, -458 71 98; Fax: -435 65 42 E-Mail: [email protected]; Internet: www.ssk.gov.tr Bag-Kur (Sozialversicherungsanstalt der Selbstständigen und Freiberufler) Necatibey Cad. 37, Maltepe-Ankara Tel.: 0090 312/231 74 20; Fax: -231 49 79 E-Mail: [email protected]; Internet: www.bagkur.gov.tr (Anmerkung: Ein Gesetz zur Zusammenlegung von Bag-Kur, SSK und anderen Sozialversicherungsträgern unter dem Dach der neuen Anstalt für Soziale Sicherheit "Sosyal Güvenlik Kurumu - SGK” war Ende März 2007 noch nicht in Kraft gesetzt.) Türkiye Is Kurumu - Iskur (Türkische Arbeitsanstalt) Atatürk Bulvari No. 133, 06640 Bakanliklar-Ankara Tel.: 0090 312/425 06 86; Fax: -425 84 51 E-Mail: [email protected] (Generaldirektion), Internet: www.iskur.gov.tr Türkiye Isveren Sendikalari Konfederasyonu - TISK (Vereinigung der Türkischen Arbeitgeberverbände) Hosdere Cad. Resat Nuri Sokak No. 108, 06540 Cankaya-Ankara Tel.: 0090 312/439 77 17; Fax: -439 75 92-94 E-Mail: [email protected]; Internet: www.tisk.org.tr Özel Istihdam Bürolari Dernegi - ÖIBD (Verband der privaten Personalvermittlungsagenturen) Cumhuriyet Caddesi No. 301 Kat 2, 34373 Harbiye - Istanbul Tel.: 0090 212/296 37 40; Fax: -291 26 22 Internet: www.oibd.org Wechselkurs (Stand: Ende März 2007): 1 Euro = 1,85 Neue Türkische Lira (YTL) Erfolgreich investieren in der Türkei 62 Immobilienmarkt Immobilienmarkt Der türkische Immobilienmarkt steht im Zeichen der starken Expansion der Wirtschaft. Aufgrund der zunehmenden Geschäftsaktivitäten und des steigenden Engagements internationaler Unternehmen steigt die Nachfrage nach Büroräumen, Handelsflächen und Gewerbegrundstücken. Wegen des hohen Nachholbedarfs und der verbesserten Finanzierungsbedingungen befindet sich auch der Wohnungsmarkt im Aufschwung. Der Wert der genehmigten Bauprojekte in allen Gebäudekategorien stieg 2005 gegenüber dem Vorjahr um knapp 60% und die Zahl der genehmigten Bauten um circa 45%. Das wachsende ausländische Interesse an türkischen Immobilien hat ebenso zum Aufschwung am Immobilienmarkt beigetragen. Mitte 2006 besaßen insgesamt 62.500 ausländische natürliche und juristische Personen, darunter 14.382 deutsche Eigentümer, in der Türkei Immobilien mit einer Gesamtfläche von 285 Mio. qm. Für natürliche ausländische Personen gelten beim Immobilienerwerb gewisse Einschränkungen. Lokale Tochtergesellschaften ausländischer Firmen können dagegen ohne Hindernisse Immobilien kaufen. Der Immobilienmarkt ist von einer starken Dynamik gekennzeichnet. Wegen des hohen Nachfragepotenzials und der günstigen Voraussagen bezüglich der mittelfristigen Wirtschaftsentwicklung werden die derzeit noch vergleichsweise niedrigen Preise und Mieten jedoch langfristig deutlich zulegen. Aufgrund der regen Nachfrage und der erhöhten Renditeerwartungen werden zahlreiche Immobilienprojekte verwirklicht, die sich in erster Linie auf den Wirtschaftsraum Istanbul konzentrieren, wo sich auch die Mehrzahl der ausländischen Firmen niedergelassen hat. Aktuelle Preise, Mieten und andere verlässliche Strukturdaten zum Immobilienmarkt sind weitgehend nur für den Großraum Istanbul erhältlich. Markt für Büroflächen Der Büromarkt ist traditionell durch Teileigentümerschaft an Objekten geprägt. Investoren bauen zumeist für den eigenen Bedarf. Am Projektentwicklungsmarkt bauen jedoch zunehmend Ableger großer Baufirmen schlüsselfertige Objekte. Im Mittelpunkt des Marktes steht Istanbul mit 82% des gesamten Büroraumangebots der Türkei. Für Büros gehobenen Standards kommen im Wesentlichen die Stadtgebiete entlang der Nord-Süd-Achse auf der Streckenführung Maslak-Besiktas mit den Bezirken Besiktas, Fulya, Balmumcu, Zincirlikuyu, Esentepe, Sisli, Etiler, Akatlar, Levent und Maslak im europäischen Teil Istanbuls in Frage. Diese Bezirke mit einem Büroflächenangebot von rund 800.000 qm (2005) gelten als zentrale Geschäftsgebiete ("Central Business District"). Darüber hinaus sind im europäischen Teil die Gebiete Merter, Bakirköy und Günesli-Ikitelli in Flughafennähe mit zusammen circa 250.000 qm sowie im asiatischen Teil die Stadtbezirke Altunizade, Kozyatagi und Kavacik mit insgesamt etwa 750.000 qm hervorzuheben. Immobilienmarkt 63 In den genannten Stadtbezirken sind große Büro- und Geschäftskomplexe mit guten technischen Standards und hohem Komfort zu finden. Diese modernen Gebäude werden in der Regel professionell verwaltet, von erfahrenen Sicherheitsdiensten überwacht und verfügen über Großraumbüros, die nach besonderem Bedarf auch umfunktioniert werden können. Sie sind mit zentralen Heizungs- und Klimasystemen, Notstromgeneratoren sowie Sprinkleranlagen ausgestattet und besitzen Tiefgaragen. Die Büromieten sind im Vergleich zu anderen Großstädten der Welt sehr niedrig. Die von der Immobiliendienstleistungsgesellschaft PEGA im August 2006 ermittelten monatlichen Büromieten in Istanbul nach den Kategorien A+, A und B liegen zwischen 8,84 US$/qm und 22,78 US$/qm. Bei der Kategorie A+ handelt es sich um Bürogebäude mit höchstem internationalen Standard und modernstem Technologieniveau, wobei bei der Gestaltung besondere Wünsche der Endnutzer berücksichtigt werden. Der Bedarf an Büroflächen der Kategorie A und A+ in den kommenden zehn Jahren wird auf 350.000 bis 400.000 qm veranschlagt. Das Wachstumspotenzial konzentriert sich im Wesentlichen auf den Raum Istanbul. Mietpreise für Büroräume in Istanbul 2006 Kategorie A+ Kategorie A Zentrum Randlage Kategorie B Zentrum Randlage US$/qm/Monat 22,78 Leerraumrate (%) 0,3 15,04 11,17 30,6 15,7 12,89 8,84 2,3 28,2 Quelle: Pega Market Report, September 2006 (www.pega.com.tr) Die relativ hohe Leerraumrate im Zentrum unter Kategorie A ist mit der Fertigstellung von vielen neuen Gebäuden 2006 zu erklären. Zusätzlich zur Grundmiete sind vom Mieter, je nach Ausstattung, monatlich Mietnebenkosten zwischen 1 und 8 US$/qm und Steuern zu zahlen. Ist der Mieter eine juristische Person wird die Mehrwertsteuer von 18% fällig. Treten natürliche Personen als Vermieter auf, findet ein Steuersatz von 22% Anwendung. Erfolgreich investieren in der Türkei 64 Immobilienmarkt Mietpreise für Büroräume nach ausgewählten Bezirken in Istanbul 2006 *) Europäischer Teil Levent, Akatlar, Zincirlikuyu Maslak Sisli, Besiktas Flughafenbezirk Asiatischer Teil Kavacik Altunizade Kozyatagi, Bostanci US$/qm/Monat Leerraumrate (%) 15,95 13,24 13,34 8,74 24,6 16,7 8,9 25,1 9,99 10,03 10,26 24,2 13,6 18,2 *) Stand: August 2006 Quelle: Pega Market Report, September 2006 (www.pega.com.tr) Die Kaufpreise für Büroimmobilien in zentraler Geschäftslage sind in den letzten Jahren stark gestiegen. Die von Kuzeybati Real Estate Services für 2005 veröffentlichten Kaufpreise für Büroflächen liegen zwischen 350 und 2.000 US$/qm. Kaufpreise für Büroräume in Istanbul 2005 Zentrum Randlage US$/qm 1.400 bis 2.000 350 bis 700 Quelle: Kuzeybati Real Estate Services (www.kuzeybati.com.tr) Markt für Industrie- und Lagerhallen Der Ausbau der industriellen Kapazitäten sowie die Ausweitung der Handelsaktivitäten mit einem steigenden Angebot von logistischen Dienstleistungen erhöht den Bedarf an Fabrik- und Lagerhallen. Auch in dieser Immobiliensparte konzentriert sich das Marktgeschehen auf die industrialisierten nordöstlichen Gebiete des Landes mit Istanbul im Mittelpunkt. Laut offizieller Statistik stieg die Zahl der von den Baubehörden genehmigten Industriebauten 2005 gegenüber dem Vorjahr im Durchschnitt um 6,7%. Der entsprechende Wert erhöhte sich um 7,5%. Bis in die 90er Jahre waren die Industriebetriebe mehrheitlich in den zentralen Bezirken von Istanbul und entlang der Schnellstraße E-5 angesiedelt. Mit dem starken Bevölkerungswachstum gewannen diese von der Industrie genutzten Grundstücke schnell an Wert und wurden zu attraktiven Standorten für kommerzielle Projekte und Wohnungsbauvorhaben. Dies führte dazu, dass im Laufe der Jahre die meisten Betriebe in die Außenbezirke der Stadt umsiedelten. Immobilienmarkt 65 Bei den meisten Nutzern handelt es sich auch um die Eigentümer der Immobilien. Wegen des mangelnden Angebots an Industrieimmobilien hoher Qualität in den Außenbezirken der Stadt bevorzugen viele Nutzer das Modell "build-to-suit". Nach diesem Modell erarbeiten die potentiellen Nutzer und Landbesitzer maßgeschneiderte Lösungen, wobei beim Bau die besonderen Wünsche des Nutzers Berücksichtigung finden. Wichtige Entwicklungsgebiete für Industrie- und Lagerhallen im asiatischen Teil Istanbuls sind Gebze, Maltepe, Kartal, Samandira, Pendik, Ümraniye, Sarigazi, Dudullu und Tuzla. Im europäischen Teil sind die Gebiete Ayazaga, Kemerburgaz, Günesli, Yenibosna, Beylikdüzü und Hadimköy bedeutende Standorte. Diese sind sehr gut angebunden und befinden sich entweder direkt an oder in der Nähe der TEM-Autobahn (Trans-European-Motorway) und der Schnellstraße E-5. Wegen des Defizits an hochwertigen Lagereinrichtungen kooperieren die meisten in Istanbul tätigen ausländischen Firmen mit Logistikunternehmen, um ihren Bedarf an Lager- und Transportdiensten zu befriedigen. Das Möbelhaus Ikea mietet beispielsweise Lagerhallen von DHL. Logistikfirmen, wie TNT, DHL, Reysas, UPS, Horoz und Barsan, haben sich wegen der relativen Nähe zum Stadtzentrum und zum Zollgebiet vor allem in den Gebieten von Samandira, Ümraniye, Sarigazi und Dudullu niedergelassen. Viele Logistikfirmen machen vom "build-tosuit"-Modell Gebrauch und erwerben in verkehrsgünstiger Lage unbebautes Land, wo sie Lager nach ihren eigenen Vorstellungen aufbauen. Mietpreise für Lager- und Produktionshallen in Istanbul 2005 Lagerhallen Produktionshallen US$/qm/Jahr 37 bis 62 46 bis 65 Quelle: Kuzeybati Real Estate Services (www.kuzeybati.com.tr) Kaufpreise für Produktionshallen in Istanbul 2005 Zentrum Randlage Quelle: Kuzeybati Real Estate Services (www.kuzeybati.com.tr) US$/qm 375 bis 500 175 bis 275 Erfolgreich investieren in der Türkei 66 Immobilienmarkt Markt für Handelsflächen Der Internationalisierungsgrad ist im Handelssektor weiter fortgeschritten als im Bürobereich. Shopping-Center westlichen Standards sind mittlerweile in allen bedeutenden Zentren der Türkei entstanden oder geplant. Der türkische Einzelhandelssektor mit einem für 2006 geschätzten Jahresumsatz von rund 70 Mrd. US$ expandiert aufgrund der steigenden Bevölkerung und des wachsenden Lebensstandards kräftig. Kleinere Ladengeschäfte werden von großflächigen Kaufhäusern und Einkaufskomplexen verdrängt. Zunehmend investieren ausländische Unternehmen, wie Metro, Carrefour, Bauhaus und Ikea, in der Türkei. Laut Kuzeybati Real Estate Services waren in der Türkei Mitte 2006 insgesamt 107 größere Einkaufszentren (davon 43 in Istanbul, 12 in Ankara und 10 in Izmir) mit einer gesamten Baufläche von rund 4,0 Mio. qm beziehungsweise einer Bruttomietfläche von knapp 2,2 Mio. qm in Betrieb. Die in der Türkei angebotene Bruttomietfläche liegt mit durchschnittlich 27 qm je 1.000 Einwohner weit unter dem europäischen Durchschnitt. Das Angebot in Istanbul ist mit 71 qm deutlich über dem Landesdurchschnitt. Mit den im Bau befindlichen Objekten wird in Istanbul diese Fläche 2007 auf 95 qm steigen. Als mittelfristiges Ziel nennt der Verband der Immobiliengesellschaften GYODER in Istanbul 150 qm je 1.000 Einwohner. Aufgrund der hohen Nachfrage und der steigenden Investitionsmöglichkeiten befanden sich im Großraum Istanbul Mitte 2006 mehrere Einkaufszentren mit einer gesamten überdachten Fläche von 845.000 qm beziehungsweise einer Bruttomietfläche von schätzungsweise 400.000 qm im Bau. Nach der Eröffnung der großen Shopping Komplexe "Kanyon" (37.500 qm) im Stadtbezirk Levent, "Kaya Millenium" (15.000 qm) in Beylikdüzü und "Bakirköy Shopping Center" in Bakirköy im Jahr 2006, werden in den nächsten Jahren weitere Geschäftskomplexe ihre Tore öffnen. Mehrere Projekte, auch in anderen Großstädten, sind in der Planung. Allein die niederländische MDC entwickelt im Rahmen eines Joint Ventures mit Turk Mall ("Multi Turk Mall") eine größere Zahl von Shopping-Centern. In Istanbul, Ankara, Izmir Antalya, Denizli, Mersin und Trabzon will das Unternehmen in den kommenden fünf Jahren insgesamt 1,1 Mrd. Euro investieren. Nach der Fertigstellung des ersten Projektes unter dem Namen "Forum Bornova" (66.000 qm Bruttomietfläche) in Izmir im Jahr 2006 wird Multi Turk Mall unter der Bezeichnung "Forum Istanbul" den größten Shopping-Komlex der Stadt mit einer Bruttomietfläche von 148.000 qm verwirklichen. Ausländische Immobilienfonds, unter anderem aus Deutschland, der Schweiz, aus Großbritannien und den Niederlanden, zeigen aufgrund der guten Renditeerwartungen ein steigendes Investitionsinteresse. Die deutsche CGI (Commerz Grundbesitz Investment) erwarb zu einem Preis von 80 Mio. Euro 80% an "Forum Bornova". Immobilienmarkt 67 Größere im Bau befindliche Einkaufzentren in Istanbul (Auswahl) Projektbezeichnung Istinye Park M1 Meydan Metroport Carrefour SA EGS Business Park Markt Platz Kempinski Astoria Levent Mall Dogus Power Center Stadtbezirk Istinye Ümraniye Bahcelievler Merter Yesilköy Esenyurt Esentepe 1. Levent Maslak Eröffnungsdatum April 2007 2007 Keine Angabe Juni 2007 Keine Angabe 2007 Februar 2007 2008 2007 Bruttofläche (qm) 82.000 70.000 30.000 63.768 24.000 18.505 16.000 7.751 43.000 Quelle: Colliers International, Turkey 2006, Real Estate Market Review Als Standort für Einkaufszentren ist der europäische Teil Istanbuls gegenwärtig attraktiver. Im asiatischen Teil der Stadt ist Ümraniye das einzige Gebiet mit neuen Projekten. Branchenbeobachter erwarten, dass die neu entwickelten Wohnungsbaugebiete im asiatischen Teil, wie Tepeören-Kurtköy, in absehbarer Zeit auch in diesen Bezirken zu Investitionen in Einkaufszentren führen werden. Im europäischen Vergleich sind die Mieten niedrig. Sie sind jedoch aufgrund der höheren Nachfrage in den letzten Jahren gestiegen. In Abhängigkeit vom Stadtbezirk und Attraktivitätsgrad des Standortes weisen die Mieten große Differenzen auf. Laut Kuzeybati Real Estate Services bewegte sich die Jahresmiete für Handelsflächen in Istanbul 2005 zwischen 185 und 2.000 US$/qm. Mietpreise für Handelsflächen in Istanbul 2005 Zentrum + Shopping Malls Randlage US$/qm/Jahr 292 bis 2.000 185 bis 538 Quelle: Kuzeybati Real Estate Services (www.kuzeybati.com.tr) Markt für Gewerbegrund Auch der Markt für gewerbliche Grundstücke weist tendenziell steigende Preise auf. Zur Entlastung der städtischen Infrastruktur und zur Reduzierung der Umweltschäden in den Ballungsgebieten werden Produktionsbetriebe nach und nach in die Außenbezirke der Städte und in die sogenannten organisierten Industriezonen ("Organize Sanayi Bölgesi - OSB") umgesiedelt. Die Zahl der OSB steigt ständig und erreichte Mitte 2006 circa 60. Hier können sich Betriebe aus allen Branchen, ausgenommen Firmen aus den Bereichen Logistik und Lagerdienste, niederlassen. Investitionen in diesen Gewerbegebieten mit allgemein guter Infrastruktur werden von der Regierung gefördert. Erfolgreich investieren in der Türkei 68 Immobilienmarkt Wichtige OSB-Standorte im asiatischen Teil Istanbuls sind Gebze, Sekerpinar, Tepeören und Dudullu. Im europäischen Teil sind die OSB in Beylikdüzü und Hadimköy von Bedeutung. Die höchsten Grundstückspreise werden in der OSB Dudullu, die über eine Gesamtfläche von 1,5 Mio. qm verfügt, verlangt. Hier sind zum Beispiel die Produktionsstätten von Philips, ABB, Delphi, Alcatel und Coca-Cola angesiedelt. Die OSB Gebze wird laufend ausgebaut. Auch hier arbeiten namhafte internationale Firmen, wie Roche, Carrier, Procter& Gamble, LG und Colgate. Darüber hinaus existieren branchenbezogene OSB zum Beispiel für die Kfz-Zulieferindustrie, Kunststoffbetriebe, Lederbetriebe und Chemiefirmen. Kaufpreise für unbebaute Gewerbegrundstücke in Istanbul 2005 US$/qm Zentrum Büroräume Handelsflächen Produktionshallen Randlage Büroräume 1.100 bis 1.800 600 bis 1.800 125 bis 300 550 bis 1.000 Quelle: Kuzeybati Real Estate Services (www.kuzeybati.com.tr) Wohnungsmarkt Von den insgesamt 17,5 Mio. Wohnungen in der Türkei wurden etwa 50% ohne Baugenehmigung illegal errichtet und weisen eine niedrige Qualität auf. Der Bedarf an neuen Wohnungen in den kommenden zehn Jahren wird landweit auf rund 8 Mio. Einheiten und für Istanbul auf 2,1 Mio. Einheiten veranschlagt. Die starke Ausweitung der Wohnungsbaukredite mit niedrigeren Zinsen und längeren Laufzeiten löste 2005 einen Bauboom aus. Mit der geplanten Einführung eines Hypothekenkreditsystems nach westlichem Vorbild wird sich der expansive Trend weiter verstärken. Der Anteil der Wohnungsbaukredite am türkischen Bruttosozialprodukt stieg von 0,5% im Jahr 2003 auf 2,5% im Jahr 2005. In den nächsten zehn Jahren soll dieser Anteil auf mindestens 15% steigen. Obwohl sich auch die Kreditbedingungen für Bauherren aufgrund steigender Zinsen 2006 leicht verschlechtert haben, werden gegenwärtig Hunderte von Wohnungsbauprojekten umgesetzt, die in den kommenden Jahren zum Abschluss gebracht werden sollen. Allein unter der Kategorie A waren Ende 2005 etwa 80 (Ende 2004: 50) Wohnungsprojekte in der Durchführung. Wichtige Baugebiete mit einem Wohnraumangebot gehobenen Standards sind im europäischen Teil Istanbuls die Außenbezirke Büyükcekmece-Hadimköy-Bahcesehir, Halkali-Ikitelli und Kemerburgaz-Göktürk. Im asiatischen Teil konzentriert sich das Angebot auf die Gebiete Ümraniye-Cekmeköy, Atasehir-Kozyatagi sowie Kurtköy-Tepeören-Akfirat-Samandira. In den Residenzkomplexen in zentraler Lage mit höchsten Ansprüchen ("Akmerkez Residence", Metrocity Residence", "Polat Residence") reichen die monatlichen Mieten bis zu 35 US$/qm und die Kaufpreise bis zu 7.000 US$/qm. Immobilienmarkt 69 Bezüglich der Preise, Mieten und Ausstattung sind die Unterschiede zwischen den vom Großteil der einheimischen Bevölkerung bewohnten Objekten und den Wohnungen für entsandte ausländische Fachkräfte (sogenannte Expats) gravierend. Insbesondere Objekte entlang der europäischen Seite des Bosporus in Istanbul sind vergleichsweise teuer. Expats mieten in der Regel Häuser oder Wohnungen. Käufe sind eher selten. Wohnungen werden generell nicht möbliert angeboten. Zahlreiche Maklerfirmen, darunter auch Niederlassungen internationaler Gesellschaften, bieten ihre Vermittlungsdienste an. Die Maklerprovision beträgt mindestens eine Monatsmiete. Vermieter verlangen des Öfteren eine Kaution in Höhe von zwei bis drei Monatsmieten. Die Dauer der in Fremdwährungen (US-Dollar oder Euro) abgeschlossenen Mietverträge kann mehrere Jahre betragen, wenn feststeht, dass der ausländische Mieter längere Zeit im Land verbleibt. Die in lokaler Währung (YTL) abgeschlossenen Verträge enthalten generell eine Inflationsanpassungsklausel mit jährlichen Mieterhöhungen. Miet- und Kaufpreise für Wohnungen in Istanbul 2005 US$/qm Mietpreise Zentrum Randlage Kaufpreise Zentrum Randlage 96 bis 276 (pro Jahr) 32 bis 92 (pro Jahr) 1.400 bis 3.000 350 bis 650 Quelle: Kuzeybati Real Estate Services (www.kuzeybati.com.tr) Kaufpreise für Wohnungen nach ausgewählten Bezirken in Großstädten 2006 *) Preise in YTL Istanbul, europäischer Teil Bebek Cihangir Florya Kemerburgaz Nisantasi Tarabya Ulus Istanbul, asiatischer Teil Beykoz Moda Suadiye Ankara Bahcelievler Bakanliklar Batikent 500.000 bis 800.000 220.000 bis 350.000 160.000 bis 320.000 300.000 bis 700.000 360.000 bis 650.000 300.000 bis 500.000 280.000 bis 390.000 160.000 bis 320.000 280.000 bis 500.000 220.000 bis 550.000 140.000 bis 220.000 140.000 bis 250.000 90.000 bis 250.000 Erfolgreich investieren in der Türkei 70 Immobilienmarkt Kaufpreise für Wohnungen nach ausgewählten Bezirken in Großstädten 2006 *) (Forts.) Cankaya Kavaklidere Oran Tunali Hilmi Izmir Alsancak Bornova Güzelyali Karsiyaka Konak Antalya Arap Suyu Dedeman Preise in YTL 110.000 bis 220.000 110.000 bis 200.000 130.000 bis 250.000 110.000 bis 300.000 130.000 bis 280.000 110.000 bis 240.000 95.000 bis 300.000 120.000 bis 380.000 200.000 bis 350.000 110.000 bis 240.000 160.000 bis 270.000 *) 150 qm, fünf Jahre alt Wechselkurs (Oktober 2006): 1 Euro = circa 1,90 YTL Quelle: Immobilienzeitschrift "Adres", Ausgabe September 2006 Immobilienrecht Erwerbsbeschränkungen Mit dem Gesetz Nr. 5444 vom 29.12.05, verkündet im Amtsblatt Nr. 26046 vom 7.1.06, hat der türkische Gesetzgeber den Immobilienerwerb für Ausländer auf eine neue Grundlage gestellt. Das Parlament war gefordert, da das Verfassungsgericht in Ankara die vormals geltende Rechtslage in seinem Beschluss (E 2003/70; K 2005/14) vom 14.3.05 für verfassungswidrig erklärt hatte. Dem Gericht ging die Liberalisierung des türkischen Immobilienmarktes, die sich mehr als anderthalb Jahre zuvor vollzogen hatte, zu weit. Damals, nämlich am 19.7.03, war das Gesetz Nr. 4916 in Kraft getreten, das es Ausländern erstmals erlaubte, auch in ländlichen Gegenden Grundstücke zu erwerben. Lediglich in militärischen Sperrgebieten war der Grundstückserwerb untersagt. Das Gesetz ließ außerdem einen flächenmäßigen Erwerb von bis zu 30 ha zu, in Ausnahmefällen und nach einem entsprechenden Beschluss des Ministerrates auch mehr. Die neue Rechtslage trifft nun eine prinzipielle Unterscheidung zwischen natürlichen und juristischen Personen. Natürlichen Personen ist ein Grundstückserwerb zu Arbeits- oder Wohnzwecken nach Art. 35 Abs. 1 S. 3 des neu gefassten Grundbuchgesetzes ("tapu kanunu") nur noch bis zu 2,5 ha gestattet. Nach Satz 4 der Vorschrift kann der Ministerrat in Einzelfällen einen Erwerb von bis zu 30 ha Grundfläche zulassen. Diese Erwerbsbeschränkungen gelten nicht für den Erwerb kraft gesetzlicher Erbfolge. Immobilienmarkt 71 Unverändert blieb das in Art. 35 Abs. 1 Grundbuchgesetz verankerte Prinzip der Gegenseitigkeit (Reziprozität; "karsiliklik ilkesi"). Dieses besagt, dass nur diejenigen Personen in der Türkei Immobilien erwerben dürfen, deren Heimatstaat auch türkischen Staatsangehörigen den Erwerb von Grundstücken erlaubt - eine im Verhältnis zur Bundesrepublik Deutschland unproblematische Prämisse. Was den Grunderwerb für juristische Personen anbelangt, so unterliegen diese den in Spezialgesetzen vorgesehenen Bestimmungen (Art. 35 Abs. 2 Grundbuchgesetz). Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang das Gesetz Nr. 4875 über ausländische Direktinvestitionen. Dieses garantiert in seinem Art. 3 d) ausländischen Unternehmen den Erwerb von Grundeigentum und dinglichen Rechten an Immobilien, und zwar in gleicher Weise, wie dies für Investoren türkischer Staatsangehörigkeit der Fall ist. Dies setzt jedoch die Gründung einer Niederlassung in der Türkei voraus. Ausländische Unternehmen können folglich nicht ohne weiteres Grundeigentum in der Türkei erwerben, sondern müssen hierzu eine gesonderte Präsenz vor Ort errichten, die dann Eigentümerin der Immobilie wird. Das muss nicht unbedingt eine selbständige Tochtergesellschaft - wie zum Beispiel eine GmbH türkischen Rechts - sein, sondern kann auch durch eine unselbständige Zweigniederlassung (Branch, sube) erfolgen. Denn Art. 2 b) des Investitionsgesetzes öffnet dessen sachlichen Anwendungsbereich auch für die Errichtung solcher Zweigniederlassungen. Artikel 35 Abs. 7 des neu gefassten Grundbuchgesetzes ermächtigt den Ministerrat, bestimmte Sonderzonen auszuweisen, in denen aus ökologischen, kulturellen oder strategischen Gründen Erwerbsrestriktionen für Ausländer gelten. Darüber hinaus dürfen nicht mehr als 0,5% der Bodenoberfläche einer Provinz von Ausländern gehalten werden. Vertragsabschluss Für den Grundstückskaufvertrag halten die Artt. 213 bis 217 Obligationengesetzbuch (OGB) Sondervorschriften parat. Zu seiner Gültigkeit bedarf der Vertrag der öffentlichen Beurkundung (Art. 213 Abs. 1 OGB), und zwar durch den Grundbuchbeamten. Die Beurkundung durch einen Notar allein reicht für den Eigentumsübergang nicht aus; sie entfaltet allenfalls schuldrechtliche Wirkung. Mit der Eintragung ("tescil") ins Grundbuch ("tapu sicili") ist der Eigentumsübergang vollzogen (Art. 705 Zivilgesetzbuch). Eigentumsbelastungen/-beschränkungen Privatrechtliche Belastungen wie zum Beispiel Grundpfandrechte, Dienstbarkeiten, Nießbrauch, Erbbaurecht, Wohnungsrecht, ergeben sich aus dem Grundbuch, nicht hingegen öffentlich-rechtliche Beschränkungen, wie etwa die Bebaubarkeit in planungsrechtlicher Hinsicht. Eine Ausnahme gilt für die Steuerschulden; auch diese lassen sich über das Grundbuchamt ermitteln. Erfolgreich investieren in der Türkei 72 Immobilienmarkt Steuerrechtliche Aspekte (Grunderwerbs- und Grundsteuern) Die Grunderwerbssteuer, die unter der Bezeichnung "Grundbuchgebühr" erhoben wird, beträgt 3% der Kaufsumme. Sie ist vom Käufer und vom Verkäufer jeweils hälftig zu entrichten. Die Höhe der Grundsteuer divergiert nach Nutzungsart und Belegenheit der Immobilie. In größeren Städten wird für den Grund und Boden circa 0,3% des Wertes, für den Gebäudeanteil circa 0,2% erhoben. In ländlichen Bereichen fallen die Sätze deutlich geringer aus. Die Grundsteuer für landwirtschaftlich genutzte Flächen beträgt nur 0,1%. Kontaktanschriften Gayrimenkul Yatirim Ortakligi Dernegi - GYODER (Association of Real Estate Investment Companies) Nispetiye Cad. Levent Is Merkezi No. 6/2, 34330 Levent-Istanbul Tel.: 0090212/2 82 53 65; Fax: -2 82 53 93 E-Mail: [email protected]; Internet: www.gyoder.org.tr Degerleme Uzmanlari Dernegi - DUD (Association of Real Estate Appraisers) Yildiz Cicegi Sokak No. 25, 34337 Etiler-Istanbul Tel.: 0090212/2 63 78 40; Fax: -3 58 36 14 E-Mail: [email protected]; Internet: www.dud.org.tr Kuzey Bati Gayrimenkul Hizmetleri Ltd. Sti. Büyükdere Cad. Harman Sokak Duran Is Merkezi No. 4 Kat 1, 34440 Levent-Istanbul Tel.: 0090212/3 25 28 00; Fax: -2 68 02 61 E-Mail: [email protected]; Internet: www.kuzeybati.com.tr DTZ Pamir & Soyuer International Property Advisers Hakki Yeten Cad. 12/7, 34365 Sisli-Istanbul Tel.: 0090212/2 31 55 30; Fax: -2 31 58 20 E-Mail: [email protected]; Internet: www.dtz.com.tr Pega Commercial Real Estate Services Tanburi Ali Efendi Sokak 9, 34337 Etiler-Istanbul Tel.: 0090212/2 57 18 10; Fax: -2 57 20 05 E-Mail: [email protected]; Internet: www.pega.com.tr Immobilienmarkt Turyap Yapi San. Tic. A.S. Dulkadirogullari Sokak No. 4, 34345 Arnavutköy-Istanbul Tel.: 0090212/2 57 13 33; Fax: -2 57 40 72 E-Mail: [email protected]; Internet: www.turyap.com.tr Remax Gayrimenkul A.S. P.K. 237, 34361 Sisli-Istanbul Tel.: 0090212/2 32 48 20; Fax: -2 32 48 27 E-Mail: [email protected]; Internet: www.remax.com.tr Bicakci-Tanverdi Law Office Meydan Sokak No. 28, Beybi Giz Plaza Kat 16, 34398 Maslak-Istanbul Tel.: 0090212/2 90 25 40; Fax: -2 90 25 49 E-Mail: [email protected]; Internet: www.bicakci-tanverdi.com Sariibrahimoglu Law Office Kizkulesi Sokak No. 14/1, 06700 Gaziosmanpasa-Ankara Tel.: 0090312/4 47 40 13; Fax: -4 47 45 64 E-Mail: [email protected]; Internet: www.sslawoff.com 73 Erfolgreich investieren in der Türkei 74 Preise für Wasser, Energie und Telekommunikation Preise für Wasser, Energie und Telekommunikation Elektrizität Die Stromverteilung erfolgt über die 21 regionalen Vertriebsgesellschaften, die unter der Regie des Staatsunternehmens TEDAS (Türkiye Elektrik Dagitim A. S.; www.tedas.gov.tr) arbeiten und ab dem Jahr 2006 schrittweise privatisiert werden sollen. Es gelten landesweit einheitliche Stromtarife, die in Abhängigkeit von der Kostenentwicklung in bestimmten Zeitabständen angepasst werden. Unterschieden wird bei Stromkunden lediglich danach, ob der verbrauchende Betrieb beziehungsweise Haushalt seinen Sitz in einer Provinz hat, die bei der staatlichen Investitionsförderung Priorität genießt (Entwicklungsprovinz), oder in einer der übrigen wirtschaftlich entwickelten Provinzen ansässig ist. Durch die Installierung von besonderen Stromzählern haben die Verbraucher außerdem die Möglichkeit, vom günstigen Nachttarif (22 bis 6 Uhr) zu profitieren. Auch zwischen 6 und 17 Uhr liegt der Preis unter dem Durchschnitt, während bei Verwendung der besonderen Stromzähler zwischen 17 und 22 Uhr ein deutlich höherer Tarif zur Anwendung kommt. Bezüglich der Höhe der Strompreise für die Industrie stand die Türkei Anfang 2006 unter den 29 OECD-Ländern nach Italien und Japan an dritter Stelle, wie aus den Zahlen der Internationalen Energieagentur (IEA) hervorgeht. Bei Haushaltsstrom rangiert das Land im mittleren Preisbereich. Unter allen OECD-Ländern bekleidet die Türkei bei Leitungsverlusten die Spitzenstellung. Die Verluste sind vor allem wegen der illegalen Abzweigungen (Stromdiebstahl) hoch und werden auf jährlich 1,5 Mrd. US$ geschätzt. Die größten Verluste entstehen in Südostanatolien. Der Plan der Regierung, die Stromtarife in Abhängigkeit von den Leitungsverlusten regional zu differenzieren, konnte bisher politisch nicht durchgesetzt werden. Strompreise für Industrie und Haushalt (YTL pro kWh) 1) Industrie Handel, Behörden, Büros Private Haushalte Entwickelte Provinzen 0,1198 0,1520 0,1278 Entwicklungsprovinzen 2) 0,1122 0,1520 0,1195 1) zuzüglich 5% Kommunalsteuer und 18% MWSt; 2) Regierungsbezirke, die im Rahmen der staatlichen Investitionsförderung Priorität genießen (Ministerratbeschluss Nr. 2002/4367 vom 10.6.02, veröffentlicht im Staatsanzeiger “Resmi Gazete” Nr. 24810 vom 9.7.02) Quelle: Türkiye Elektrik Dagitim A.S. (Tedas) Erdgas Für die Gasdistribution sind die dafür ermächtigten Vertriebsfirmen in den einzelnen Provinzen zuständig, wie Igdas in Istanbul, Ego in Ankara und Bursagaz in Bursa. Diese beziehen das Erdgas wiederum von der staatlichen Pipelinegesellschaft Botas (www.botas.gov.tr). Die Tarife in den einzelnen Provinzen sind unterschiedlich. Sie werden je nach Kostenentwicklung an die aktuelle Marktlage angepasst. Einige Netze werden inzwischen privat betrieben. Andere, noch in kommunaler Hand befindlichen Distributionsunternehmen sollen nach und nach privatisiert werden. Preise für Wasser, Energie und Telekommunikation 75 Das Erdgasnetz wird weiter ausgebaut. Noch sind nicht alle Provinzen angeschlossen. Die Tarife richten sich in einigen Provinzen danach, ob es sich bei den Abnehmern um “freie” oder “nicht freie” Verbraucher handelt. Freie Verbraucher mit einem Jahresverbrauch von 1 Mio. cbm und darüber dürfen neben der regional zuständigen Vertriebsgesellschaft auch von anderen Lieferanten Erdgas beziehen. Nicht freie Verbraucher mit einem Jahresverbrauch von weniger als 1 Mio. cbm dürfen nur von der zuständigen regionalen Gesellschaft Erdgas abnehmen. Gaspreise für Industrie und Haushalt (YTL pro cbm) 1) Ausgewählte Regionen Ankara (Ego) Istanbul (Igdas) Bursa (Bursagaz) Eskisehir (Esgaz) Kayseri (Hsv) Kocaeli (Izgaz) Industrie 0,4929 0,4374 2) 0,4950 3) 0,4374 2) 0,4680 3) 0,4374 0,4410 0,4374 2) 0,5059 3) Haushalte 0,4929 0,4950 0,4680 0,4680 0,4410 0,5059 1) zuzüglich 18% MWSt; 2) bei einer Jahresabnahme von 1 Mio. cbm und darüber; 3) bei einer Jahresabnahme von weniger als 1 Mio. cbm Quellen: www.ego.gov.tr, www.bursagaz.com, www.esgaz.com.tr, www.igdas.com.tr, www.hsv.com.tr, www.izgaz.com.tr Wasser Die Wasserversorgung (Leitungswasser) erfolgt über die einzelnen Unternehmen in den Provinzen, wie Iski in Istanbul und Aski in Ankara. Die Tarifhöhe und -gestaltung in den einzelnen Provinzen sind unterschiedlich. So werden beispielsweise in Istanbul und Izmir keine separaten Abwassergebühren erhoben. Die entsprechenden Beiträge werden bei der Kalkulation der Wassertarife bereits mitberücksichtigt. Eine Unterscheidung zwischen Brauchwasser und Trinkwasser ist nicht bekannt. Wasserpreise (YTL pro cbm) *) Ausgewählte Regionen Ankara (Aski): Industrie: Haushalte: Verbrauch bis zu 10 cbm/Monat Verbrauch von 11 bis 30 cbm/Monat Verbrauch von mehr als 30 cbm/Monat Istanbul (Iski): Industrie: Brauchwasser/ Trinkwasser Abwasser 3,51 1,76 0,71 1,84 2,74 0,36 0,92 1,37 3,10 - Erfolgreich investieren in der Türkei 76 Preise für Wasser, Energie und Telekommunikation Wasserpreise (YTL pro cbm) *) (Forts.) Ausgewählte Regionen Haushalte: Verbrauch bis zu 30 cbm/Monat Verbrauch von mehr als 30 cbm/Monat Bursa (Buski): Industrie: Haushalte: Verbrauch bis zu 10 cbm/Monat Verbrauch von mehr als 10 cbm/Monat Izmir (Izsu): Industrie: Verbrauch bis zu 50 cbm/Monat Verbrauch von 51 bis 100 cbm/Monat Verbrauch von mehr als 100 cbm/Monat Haushalte: Verbrauch bis zu 13 cbm/Monat Verbrauch von 14 bis 20 cbm/Monat Verbrauch von 21 bis 100 cbm/Monat Verbrauch von mehr als 100 cbm/Monat Adana (Adana-Aski): Industrie: Haushalte: Brauchwasser/ Trinkwasser Abwasser 1,55 3,10 - 3,67 1,47 1,27 2,41 0,19 0,36 6,85 8,58 9,61 - 1,10 2,86 4,63 5,68 - 3,45 1,15 0,86 0,29 *) zuzüglich 8% MWSt Quellen: www.aski.gov.tr, www.iski.gov.tr, www.buski.gov.tr, www.izsu.gov.tr, www.adana-aski.gov.tr Telekommunikation Die Telekommunikationstarife werden gegenwärtig vom steigenden Wettbewerb im Zuge der Marktliberalisierung und der Privatisierung der Netze stark beeinflusst. Der einzige Festnetzbetreiber, die ehemalige Staatsgesellschaft Türk Telekom (TT), die 2005 zu 55% vom arabischen Oger-Konsortium übernommen wurde, bietet neben dem Standardtelefontarif vier Sondertarife für besondere Abonnentengruppen an (Firmentarif, Sommerhaustarif, Tarif für Vieltelefonierer, Tarif für Wenigtelefonierer). Für den Abschluss solcher Verträge mit Sondertarifen muss ein spezieller Antrag bei der TT gestellt werden. Für alle TT-Verträge gilt bei Ortsgesprächen von Montag bis Samstag zwischen 23 und 07 Uhr und am Sonntag ganztägig ein um 50% ermäßigter Tarif. Dieser gilt auch an offiziellen Feiertagen. Es besteht auch die Möglichkeit, über Telefonkarten privater Telefongesellschaften (zum Beispiel “Hasretkarti” von Superonline Telekom; www.hasretkarti.com) das TT-Netz zu günstigeren Gebühren zu nutzen. Dafür wird die auf der Karte angegebene Nummer bei der Anwahl über das Festnetz der Zielanschlussnummer vorangestellt. Die Karte kann solange eingesetzt werden, bis die auf ihr gutgeschriebenen Sprecheinheiten verbraucht sind. Preise für Wasser, Energie und Telekommunikation 77 Das türkische Mobilfunknetz wurde in den letzten Jahren rasch ausgebaut und findet hohe Akzeptanz in der Bevölkerung. In diesem Bereich agieren die Betreiberfirmen Turkcell, Telsim und Avea. Turkcell ist mit knapp 30 Millionen Teilnehmern im Inland und einem Marktanteil von über 60% größter Mobilfunkanbieter. Telsim wurde 2006 von der britischen Vodafone übernommen. Preise für Telekommunikation Gebühren (pro Minute in YTL) Festnetz (Türk Telekom) 1) Ortsgespräche Ferngespräche innerhalb des Landes Ferngespräche nach Deutschland Gespräche zum türkischen Mobilfunknetz Mobilfunknetz 2) Gespräche im selben Mobilfunknetz Gespräche zum Festnetz Gespräche zu anderen Mobilfunknetzen Gespräche zum deutschen Festnetz Gespräche zum deutschen Mobilfunknetz 0,0639 0,1750 0,2441 0,3975 0,27 0,27 0,60 0,37 1,03 1) Standardanschluss (“StandartHATT”) von Türk Telekom, inkl. 18% MWSt, zuzüglich 15% Kommunikationssteuer; 2) Turkcell, inkl. 18% MWSt., zuzüglich 25% Kommunikationssteuer Quellen: Türk Telekom www.turktelekom.com.tr, Turkcell www.turkcell.com.tr Wechselkurs Ende August 2006: 1 US$ = 1,45 YTL; 1 Euro = 1,86 YTL. Erfolgreich investieren in der Türkei 78 Transport und Logistik Transport und Logistik Transportaufkommen Die Aktivitäten in den Bereichen Transport und Logistik zeigten insbesondere ab 2002 im Zuge der günstigen Wirtschaftsentwicklung und des hohen Wirtschaftswachstums einen expansiven Verlauf mit umfangreichen neuen Investitionen zum Ausbau der Verkehrsinfrastruktur und zur Ausweitung des Angebots von logistischen Dienstleistungen. Die steigende Produktion in der verarbeitenden Industrie und der wachsende Außenhandel (2005: 189,1 Mrd. US$) lösen zusätzlichen Bedarf an Transport-, Lager- und Distributionsdiensten aus. Der Transportsektor wächst mit einer Jahresrate von durchschnittlich ca. 15%. Angesichts des hohen Wirtschaftspotenzials wird auch mittelfristig eine Expansion dieser Größenordnung erwartet. Durch den rasch wachsenden Warenverkehr mit dem Ausland und die gleichzeitige Belebung des Binnenhandels ergeben sich für in- und ausländische Unternehmen der Transport- und Logistikbranche zusehends neue Betätigungsfelder. Entwicklung des Gütertransportvolumens in der Türkei (in Mio. tkm) Verkehrsträger Inland insgesamt Straßentransporte Schienentransporte Schiffstransporte Lufttransporte 2) Ausland insgesamt Schienentransporte Schiffstransporte Lufttransporte 2) Pipeline-Transporte Rohöl (Inland) Rohöl (Transit) Erdgas 3) 2004 171.348 156.853 9.131 5.350 14 681.983 610 680.000 373 2005 (Schätzung) 180.082 164.700 10.272 5.095 15 651.048 650 650.000 398 Veränderung (in %) 1) 5,1 5,0 12,5 -4,8 7,1 -4,3 6,6 -4,4 6,7 2.905 6.776 21.796 2.910 2.000 25.067 0,2 -70,5 15,0 1) ggü. Vorjahr; 2) Luftfracht der staatlichen Fluggesellschaft THY, 3) in Mio. cbm Quelle: Staatliches Planungsamt (DPT), Ankara Die offizielle türkische Statistik zeigt, dass der überwiegende Teil des Transportgeschäftes im Bereich des internationalen Warenverkehrs stattfindet. Im Inlandsverkehr dominiert der Landtransport. Etwa 95% des inländischen Güterverkehrs werden über den Straßentransport abgewickelt. Dies bedeutet eine hohe Belastung für den Straßenverkehr. Es bestehen große Engpässe in der Straßeninfrastruktur. Transport und Logistik 79 Der größte Teil des internationalen Gütertransports wird über den Seeweg durchgeführt. Beim Güterverkehr mit Deutschland wird auch der Landweg bzw. der kombinierte See- und Landweg benutzt. Der Schienenverkehr wurde in der Vergangenheit stark vernachlässigt, so dass hier ein immenser Nachholbedarf festzustellen ist. Die Regierung verfolgt ehrgeizige Ziele, den Anteil der Schiene am Güterverkehr zu erhöhen und damit den Straßenbereich zu entlasten. In diesem Zusammenhang befinden sich mehrere international mitfinanzierte Projekte in der Durchführung und Vorbereitung. Die total vernachlässigte Eisenbahninfrastruktur bedarf einer grundlegenden Erneuerung und Modernisierung, um den gestiegenen Anforderungen zu genügen. Die gesamte türkische Transportinfrastruktur ist im Vergleich zur EU wenig entwickelt. Im Durchschnitt entfallen auf einen Quadratkilometer nur 0,196 km Landstraßen und 0,002 km Autobahnen. Im Eisenbahnsektor entfallen auf je 1.000 qkm durchschnittlich 11 km Schienenwege. Verkehrsinfrastruktur in der Türkei 2005 (in km) Straßennetz davon Autobahnen Schienennetz davon elektrifiziert Flughäfen (Anzahl) Seehäfen (Anzahl) 349.445 1.892 10.984 2.305 33 154 Quelle: Utikad; Staatssekretariat für Schifffahrt, Verkehrsministerium Straßennetz Der Straßenverkehr leidet unter dem zunehmenden Güterverkehr, da ca. 95% der innertürkischen Transporte und ca. 35% der internationalen Transporte über die Straße abgewickelt werden. Dies gefährdet vor allem die Verkehrssicherheit auf den Straßen. Die Zahl der Straßenverkehrsunfälle mit vielen Verletzten und Toten liegt weit über dem EU-Durchschnitt. Es werden in Zusammenarbeit mit der EU mehrere Projekte zur Verbesserung der rechtlichen und administrativen Grundlagen für mehr Sicherheit im Straßenverkehr durchgeführt. Dabei geht es u.a. um die Anwendung der Direktive 96/96 der Europäischen Kommission für die technische Inspektion von Straßenkraftfahrzeugen und in diesem Zusammenhang um die Eröffnung von technischen Kfz-Überwachungsstationen, die den EU-Normen entsprechen. Nach der Verkündung einer entsprechenden neuen Straßentransportverordnung auf der Grundlage des Straßentransportgesetzes Nr. 4925 wurde im Jahre 2005 die Privatisierung der technischen Überwachungsdienste für Kfz formell vollzogen. Wegen laufender Rechtsverfahren, die von Gegnern der Privatisierung angestrengt wurden, konnte jedoch das Firmenkonsortium Dogus/ TÜV-Süd, das den Zuschlag für den Aufbau und Betrieb der Stationen erhielt, bis Mitte 2006 ihre Tätigkeit effektiv noch nicht aufnehmen. Erfolgreich investieren in der Türkei 80 Transport und Logistik Die Gesamtlänge aller Straßen in der Türkei, einschließlich sämtlicher Dorfstraßen und nichtbefestigter Wegstrecken, beziffert das staatliche Planungsamt DPT Anfang 2005 mit 349.445 km. Davon sind jedoch nur 8.937 km nach Fahrtrichtungen unterteilt, darunter 1.892 km Autobahnen nach internationalen Standards, 6.494 km zwischenstädtische Schnellstraßen und 550 km aufgeteilte innerstädtische Straßen. Insbesondere im Zeitraum 2003-05 wurde in den Bau neuer Schnellstraßen massiv investiert, nachdem die Ende 2002 angetretene Regierung das ehrgeizige Ziel verkündet hatte, im Rahmen eines Eilprogramms insgesamt 15.000 km neue vierspurige zwischenstädtische Schnellstraßen zu bauen. Bis Anfang 2006 waren davon 6.800 km fertiggestellt. Die Fortführung des Straßenbauprogramms leidet teilweise unter der Knappheit der öffentlichen Haushaltsmittel. Wichtigste Verkehrsadern für den Straßentransport in der Türkei Edirne-Istanbul Istanbul - Kocaeli - Sakarya - Bolu - Ankara Yalova - Bursa - Balikesir - Manisa - Izmir Bursa - Eskisehir - Afyon - Burdur - Antalya Ankara - Kirikkale - Yozgat - Sivas - Erzincan - Erzurum - Kars Ankara - Kirsehir - Kayseri - Malatya - Diyarbakir Mersin - Adana - Osmaniye - Gaziantep Quelle: Generaldirektion für das Straßenwesen TCK, Ankara Beim Ausbau der Fernstraßen durch das Straßenbauamt TCK geht es in erster Linie um die Erweiterung der bestehenden zweispurigen Landstraßen zu autobahnähnlichen vierspurigen Schnellstraßen. Im Investitionsprogramm 2006 der Regierung waren 36 solcher Projekte aufgeführt. Außerdem werden die Arbeiten an der TEM-Autobahn (Trans-European-Motorway), die vom Grenzübergang Edirne im Westen (bulgarische Grenze) über Istanbul und Ankara nach Osten führt, fortgesetzt. Darüber hinaus wird 2006 zur Erleichterung des Straßenverkehrsflusses im Großraum Istanbul mit dem Bau von 32 neuen Tunneln begonnen. Der Bau einer dritten Hängebrücke für den interkontinentalen Straßenfernverkehr über den Bosporus befindet sich in der frühen Vorbereitungsphase. Da die größte Verkehrsdichte in den industriell stärker entwickelten nordwestlichen und westlichen Regionen herrscht, werden Projekte in diesen Gebieten als vorrangig betrachtet. Schienennetz Das gesamte Schienennetz in der Türkei hat eine Länge von 10.984 km, davon 8.671 km Hauptstrecken. Von der Gesamtstrecke sind nach Angaben der Staatsbahn TCDD nur 21% elektrifiziert und 24% mit Signalanlagen ausgestattet. Die Eisenbahninfrastruktur ist wegen vernachlässigter Investitionen in der Vergangenheit völlig veraltet. Nur 4% des Güterverkehrs werden über die Schiene abgewickelt. Es besteht ein enormer Nachholbedarf. Mit neuen Investitionen will die Regierung den großen Rückstand aufholen. Es werden neue Schienen, Züge, Waggons und technische Ausrüstungen benötigt. Transport und Logistik 81 Wichtiger Projektträger in diesem Bereich ist die Generaldirektion für den Bau von Schienenwegen, Seehäfen und Flugplätzen DLH (Demiryollari Limanlar ve Hava Meydanlari Genel Müdürlügü) im Geschäftsbereich des Verkehrsministeriums (Ulastirma Bakanligi). Die DLH legte 2004 einen langfristigen Plan zum Ausbau des Eisenbahnnetzes vor. Das Investitionsprogramm (2004 - 2020) der DLH mit einem Ausgabenvolumen von insgesamt 15,2 Mrd. US$ konzentriert sich auf neun Projekte für den Bau von Schienenverbindungen mit einer Gesamtlänge von 3.116 km. Bei der Auswahl der Regionen wurde vor allem das wirtschaftliche Entwicklungspotenzial (Industrie, Handel, Tourismus, Landwirtschaft) in den einzelnen Gebieten berücksichtigt. Für die Realisierung der Projekte werden internationale Finanzierungen benötigt. Im Rahmen des Investitionsprogramms der DLH soll über die geplante neue Streckenführung Trabzon-Tirebolu-Erzincan-Diyarbakir- Kurtalan-Cizre mit einer Länge von 630 km eine Schienenverbindung von der GAP-Entwicklungsregion in Südostanatolien zum Schwarzmeergebiet hergestellt werden. Ein weiteres Projekt betrifft den Schienenweg Ankara-Konya-Silifke-Mersin mit einer Länge von 637 km. Ein anderes Vorhaben besteht in der 546 km langen südanatolischen Streckenführung Birecik-Sanliurfa-Nusaybin-Cizre, die bis zur irakischen Grenze verlaufen wird. Darüber hinaus befinden sich im Einzugsgebiet der Großstädte (Istanbul, Izmir) moderne Nahverkehrssysteme im Aufbau. Von großer Bedeutung ist das Marmaray-Projekt zum Aufbau einer interkontinentalen Schienenverbindung für den Stadtbahnverkehr in Istanbul mittels eines Eisenbahntunnels unter dem Marmara-Meer. Dies0es Großprojekt im Wert von 2,7 Mrd. US$ soll 2010 zum Abschluss gebracht werden. Wichtigste Schienenstrecken Edirne - Istanbul (Sirkeci) Istanbul (Haydarpasa) - Izmit - Eskisehir - Polatli - Ankara Eskisehir - Afyon - Konya - Karaman - Ulukisla - Yenice - Adana - Iskenderun Bandirma - Balikesir - Soma - Manisa - Izmir (Alsancak) Zonguldak - Karabük - Cankiri - Ankara Ankara - Kayseri - Malatya - Elazig - Mus - Tatvan - Van - Grenze Iran Kayseri - Erzincan - Erzurum - Kars - Grenze Armenien Samsun - Sivas - Malatya - Gaziantep - Senyurt - Mardin Quelle: Türkische Staatsbahn (TCDD - T.C. Devlet Demiryollari) Erfolgreich investieren in der Türkei 82 Transport und Logistik Luftverkehr Der Luftverkehr in der Türkei entwickelte sich in den letzten Jahren günstig. Neben der nationalen Fluggesellschaft Turkish Airlines (Türk Hava Yollari - THY) nahmen mehrere private Gesellschaften den Betrieb auf und bauten ihre Geschäfte erfolgreich aus. Ende 2005 waren im zivilen Luftverkehr der Türkei insgesamt 26 Firmen mit zusammen 125 Flugzeugen tätig. Unter den privaten Flugunternehmen ist im Luftfrachtbereich MNG die größte Firma. Allerdings ist die Infrastrukturausstattung (Sicherheit, Hygiene, Zugang u.Ä.) noch schwach. Angesichts der steigenden Handelsströme besteht im Luftverkehr ein erhebliches Wachstumspotenzial. Nach den Schätzungen des internationalen Verbandes für den Lufttransport IATA wird der über türkische Flughäfen abgewickelte Gütertransport im Zeitraum 2005-09 um durchschnittlich 8,6% pro Jahr zunehmen. Beim Personentransport wird mit einem jährlichen Wachstum von 8,9% gerechnet. Das Luftfrachtvolumen erhöhte sich zwischen 2002 und 2005 um 42,0%. Anfang 2006 befanden sich in der Türkei effektiv 33 Flughäfen in Betrieb, davon 20 mit internationalem Status. Istanbul, Ankara, Izmir, Antalya, Dalaman, Bodrum/Milas sind die wichtigsten Flughafenstandorte. Für Istanbul ist neben den bestehenden Flughäfen Atatürk (Europa) und Sabiha Gökcen (Asien) der Bau eines dritten Flughafens vorgesehen, um die steigende Nachfrage zu decken. Dieses Projekt befindet sich noch in einer frühen Planungsphase. Die Zuständigkeit für die türkischen Flughäfen liegt bei der Generaldirektion für den Flughafenbetrieb DHMI (Devlet Hava Meydanlari Isletmesi Genel Müdürlügü). Die Rechte für den Betrieb der Passagierterminals bei einigen Flughäfen, wie Istanbul/Atatürk, Ankara/Esenboga, Izmir /Adnan Menderes und Antalya, wurde im Rahmen von BOT-Betreiberprojekten (Build, Operate, Transfer) an private Unternehmen übertragen, was z.B. in Istanbul, in den zurückliegenden Jahren zu einer deutlichen Steigerung der Betriebseffizienz führte. Wichtiger Akteur ist hier das TAV-Konsortium (Tepe-Akfen-Ventures), das auch im Ausland ähnliche Projekte verfolgt. Die neuen Terminals von TAV in Ankara und Izmir werden 2006 in Betrieb gehen. Der Passagierterminal für internationale Flüge in Antalya wird von Fraport betrieben. Wichtigste Flughäfen in der Türkei 2005 Flughafen Istanbul (Atatürk) Antalya Ankara (Esenboga) Izmir (Adnan Menderes) Dalaman Milas-Bodrum Adana *) ggü. Vorjahr Quelle: Generaldirektion für den Flughafenbetrieb (DHMI) Frachtvolumen (in t) 615.909 321.732 75.082 62.177 43.179 34.962 29.953 Veränderung (in %) *) 7,4 15,6 1,6 10,4 15,4 23,5 21,3 Transport und Logistik 83 Schifffahrt Der größte Teil der Transporte im Außenhandel wird über den Seeweg durchgeführt (2004: 87,4%). Wegen unterlassener Investitionen in der Vergangenheit besteht im Bereich der Hafeninfrastruktur ein großer Nachholbedarf. Vor allem beim wichtigsten türkischen Exportcontainerhafen Izmir am Ägäischen Meer machen sich Kapazitätsengpässe bemerkbar, die zeitweise zu Behinderungen bei der Abwicklung der Warenausfuhren führen. Der über türkische Seehäfen durchgeführte Containertransport stieg von rd. 2,5 Mio. TEU (Twenty-Feet Equivalent Unit) im Jahre 2003 auf 3,3 Mio. TEU im Jahre 2005. Von der letztgenannten Menge entfielen 1,7 Mio. TEU auf die von der Staatbahn TCDD betriebenen Seehäfen und 1,6 Mio. TEU auf private Häfen, die unter dem Dach des Verbandes TÜRKLIM (Türkiye Limanlar Birligi) organisiert sind. Im vorgenannten Zeitvergleich erhöhte sich das Seetransportvolumen bei allgemeiner und Trockenfracht von 41,9 Mio. t auf 66,9 Mio. t. Bei Flüssigtransporten wurde ein leichter Rückgang von 12,5 Mio. t auf 12,3 Mio. t verzeichnet. Zur Beschleunigung der notwendigen Investitionen wurde 2005 mit der Privatisierung des Hafenbetriebs bei sechs wichtigen Seehäfen begonnen, die unter der Verwaltung der TCDD standen. Bei den Mittelmeerhäfen Mersin und Iskenderun ging der Zuschlag an das Konsortium PSA-Akfen (PSA = Port Singapor Authority). Im Falle von Iskenderun meldete jedoch die Wettbewerbsbehörde ihre Bedenken und stoppte die Privatisierung. Für 2006 ist die Privatisierung der Häfen Izmir, Samsun am Schwarzen Meer sowie Derince und Bandirma am Marmara-Meer eingeplant. Die Abwicklung der Seetransporte im türkischen Außenhandel erfolgt überwiegend durch Schiffe, die unter ausländischer Flagge verkehren. Nach Angaben der türkischen Seehandelskammer (Deniz Ticaret Odasi) betrug der ausländische Anteil 2005 bei den Importen 74,3% und bei Exporten 82,0%. Von Bedeutung ist auch der Schiffsverkehr mit Ro-Ro-Schiffen für den kombinierten See- und Landtransport. Der Ro-Ro-Verkehr wächst jährlich um ca. 6,0%. Die Zahl der mit Ro-Ro-Schiffen transportierten Fahrzeuge erreichte 2005 eine Höhe von rd. 115.000. Dies waren 18,6% aller aus der Türkei herausfahrenden Fahrzeuge im Gütertransport. Insgesamt sieben Firmen mit 22 Ro-Ro-Schiffen bieten auf acht Linien ihre Dienste an. Die wichtigsten Ro-RoVerbindungsstrecken sind von jeweils Pendik, Cesme und Ambarli nach Triest, des Weiteren von Samsun nach Novorossisky, von Rize nach Poti und von Trabzon nach Sochi. Wichtigste Häfen in der Türkei 2005 Häfen Private Häfen Häfen der Staatsbahn TCDD Izmir Mersin Istanbul (Haydarpasa) Andere Insgesamt Quelle: Türkischer Verband der privaten Hafenbetreiber (TÜRKLIM), TCDD TEU = Twenty-feet Equivalent Unit Umschlagsvolumen (in TEU) 1.567.142 1.721.845 784.377 596.289 340.629 12.153 3.301.140 Erfolgreich investieren in der Türkei 84 Transport und Logistik Logistikzentren Die aufgrund des expansiven Handels allgemein günstigen Wachstumsperspektiven für die Logistikbranche führen zu einem verstärkten Engagement ausländischer Branchenfirmen in der Türkei. Die Zahl der ausländischen Firmen auf dem Logistikmarkt wird auf ca. 20 geschätzt mit steigender Tendenz. Die meisten dieser Unternehmen stammen aus den USA. Neben den positiven Wirtschaftserwartungen bilden die vergleichsweise niedrigen Lohnkosten und die günstige geographische Lage der Türkei zwischen Europa und Asien die Hauptbeweggründe für das ausländische Investitionsinteresse. Das Land eignet sich in vieler Hinsicht als Standort für die Einrichtung von regionalen Logistikzentren. Die meisten Logistikfirmen haben ihren Hauptsitz in der Türkei im Gebiet von Istanbul und unterhalten auch regionale Zentren in anderen Teilen des Landes. Fachleute rechnen für die bevorstehenden Jahre mit zunehmenden Aktivitäten bzw. Investitionen internationaler Firmen. Fast sämtliche namhafte internationale Branchenfirmen sind auch in der Türkei vertreten. Der sich verschärfende Wettbewerb auf dem Markt sorgt dafür, dass die Qualität der logistischen Dienstleistungen in der Türkei generell steigt und ein höherer Standard erreicht wird. Der Konkurrenzkampf im Logistikbereich wird hauptsächlich zwischen ca. 30 größeren Firmen ausgetragen, die auch den Löwenanteil des Geschäftes auf sich vereinen. Als wichtige Akteure auf dem türkischen Markt für logistische Dienstleistungen sind die Firmen Omsan, Barsan, Reysas, Borusan, Balnak, Türksped, Arkas Denizcilik, Schenker Arkas und Horoz Lojistik zu nennen. Die meisten Firmen verfolgen Expansionspläne, um ihre Marktpositionen auszubauen. Ein besonderer Nutznießer des positiven Trends auf dem Markt für Transportlogistik ist die Sparte der Kurier- und Expressdienste. In dieser Sparte sind vor allem die türkischen Niederlassungen bzw. Tochtergesellschaften internationaler Unternehmen, wie DHL, ZNT, FedEx und UPS tätig. Die Unternehmen bauen ihre Geschäftstätigkeit zügig aus. DHL Global Forwarding strebt nach eigenen Angaben die Marktführerschaft in der Türkei an. Besonders intensiven Gebrauch von Expressdiensten machen türkische Unternehmen der Textil- und Bekleidungsbranche. Angebote von Mustermodellen für Konfektionsartikel und von neuen Designs werden damit rasch an die potentiellen Abnehmer zugestellt, um Aufträge gegen Wettbewerber ohne größeren Zeitverlust einholen zu können. Große Logistikzentren mit gut ausgebauten Anbindungen an Häfen, Flughäfen und anderen Verkehrsknotenpunkten existieren in der Türkei noch nicht. Auch moderne multimodale Terminals mit der Vernetzung von Schiene, Straße und Luftfahrt sind bislang unbekannt. Einige in der Vergangenheit von Verbänden erarbeiteten diesbezüglichen Pläne konnten mangels Finanzierung und wegen anderer Probleme nicht verwirklicht werden. Transport und Logistik 85 Die Staatsbahn TCDD verfolgt ihrerseits einen Plan, wonach 17 organisierte Industriezonen (“Organize Sanayi Bölgesi” - OSB) an das existierende Schienennetz angebunden werden sollen. Damit sollen diese staatlich geförderten Gewerbegebiete die Möglichkeit erhalten, ihre Produkte über das Eisenbahnsystem an in- und ausländische Abnehmer zu befördern. Im Rahmen dieses Planes zum Ausbau des Schienentransports sollen bei den geeigneten Industriezonen auch Containerterminals eingerichtet werden. Darüber hinaus investieren die im Lande tätigen größeren Firmen der Transport- und Logistikbranche in den Auf- und Ausbau eigener Transport-, Lager- und Distributionskapazitäten. So errichtet beispielsweise die Alisan-Gruppe in Gebze ein großes logistischen Zentrum auf einer überdachten Fläche von 18.500 qm. Omsan Lojistik (Umsatz 2005: 260 Mio. US$) baut in Tuzla bei Istanbul auf einem Areal von insgesamt 42.000 qm ein großes Logistikzentrum. Erfolgreiche lokale Firmen gelten allgemein als beliebte Übernahmekandidaten und werden von den größeren internationalen Unternehmen aufgekauft. Auch andere Kooperationen sind möglich. Die Firma Reysas ging 2006 mit der schweizerischen Panalpina Group (Panproject Division) eine strategische Partnerschaft ein. Die einzelnen Projekte und das Dienstleistungsangebot dieser Firmen können über die jeweilige Webseite in Erfahrung gebracht werden. Wichtige Logistikanbieter (Auswahl) Anbieter Arkas Denizcilik ve Nakliyat A.S. Alisan Uluslararasi Tas. Ve Tic. A. S. Borusan Lojistik Dagitim Depolama Tas. Ve Tic. A.S. DHL Danzas Air & Ocean Tas. Tic. Ltd. Sti. Ekol Lojistik A.S. Horoz Lojistik Kargo Hizm. San. Ve Tic. A.S. Kühne & Nagel Nakliyat Ltd. Sti. Omsan Lojistik A.S. Panalpina World Transport Nakliyat Ltd. Sti. Schenker Arkas Nakliyat ve Tic. A.S. Ulustrans Uluslararasi Nakliyat ve Tic. A.S. Yurtici Kargo Servisi A. S. Sertrans Ulusl. Nakliyat Tic. Ltd. Sti. Quelle: bfai, Istanbul Internet-Adresse www.arkas.com.tr www.alisannak.com www.borusan.com www.dhl.com www.ekol.com www.horoz.com.tr www.kuehne-nagel.com www.omsan.com.tr www.panalpina.com www.schenkerarkas.com.tr www.ulustrans.com.tr www.yurticikargo.com.tr www.ulustrans.com.tr Erfolgreich investieren in der Türkei 86 Transport und Logistik Lieferbedingungen, Transportversicherung In den Kaufverträgen wird vereinbart, nach welchen Lieferbedingungen der Warenverkehr zwischen Verkäufer und Käufer abgewickelt werden soll. Wenn dies nicht individuell im Kaufvertrag geregelt werden soll, einigen sich die Vertragspartner auf handelsübliche Lieferklauseln wie die INCOTERMS. Die vollständige deutschsprachige Fassung der INCOTERMS wird von der ”International Chamber of Commerce” (ICC) in Deutschland herausgegeben (www.icc-deutschland.de). Beim Abschluss von Lieferverträgen ist darauf zu achten, dass die in den allgemeinen Geschäftsbedingungen deutscher Firmen enthaltene Klausel über den Eigentumsvorbehalt in der Türkei nicht geltend gemacht werden kann, wenn dazu keine besondere und ausdrückliche Vereinbarung zwischen den Parteien getroffen wurde, die notariell eingetragen werden muss. Bei Problemen mit Lieferverträgen ist die Einschaltung einer in der Türkei ansässigen Rechtsanwaltskanzlei zu empfehlen. Waren-Transportversicherungen können bei jeder Transportversicherungsgesellschaft abgeschlossen werden. Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft GDV bietet ein Transport-Informations-Serviceportal unter der Internetadresse www.tis-gdv.de mit zahlreichen Informationen und Links zum Thema Transportversicherungen. Kontaktanschriften Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV) Friedrichstraße 191, 10117 Berlin Tel.: 030/20 20 50 00, Fax: -20 20 60 00 E-Mail: [email protected], Internet: www.gdv.de Ausgewählte wichtige ausländische Versicherungsgesellschaften in der Türkei: Aviva Sigorta A.S. Fahrettin Kerim Gökay Cad. 72-74 Aviva Binasi, 34662 Kücükcamlica-Istanbul Tel.: 0090216/3 26 94 40, Fax: -3 26 94 52 E-Mail: [email protected], Internet: www.avivasigorta.com.tr Axa Oyak Sigorta A.S. Meclisi Mebusan Cad., Oyak Ishani 81 34427 Salipazari-Istanbul Tel.: 0090212/3 34 24 24, Fax: -2 52 15 15 Internet: www.axaoyaksigorta.com.tr Transport und Logistik 87 Koc Allianz Sigorta A.S. Baglarbasi Kisikli Cad. 11, 34662 Altunizade-Istanbul Tel.: 0090216/5 56 66 66, Fax: -5 56 67 77 E-Mail: [email protected], Internet: www.kocallianz.com.tr Informationen zu verkehrsrechtlichen Grundlagen des Straßengüterverkehrs können beim Deutschen Speditions- und Logistikverband eingeholt werden. Deutscher Speditions- und Logistikverband e.V. (DSLV) Weberstraße 77, 53113 Bonn Tel: 0228/9 14 40-0, Fax: -9 14 40-99 E-Mail: [email protected] Anträge auf Erteilung von Genehmigungen für den grenzüberschreitenden Warengüterverkehr können beim Bundesamt für Güterfernverkehr eingereicht werden. Die Formulare stehen online zur Verfügung. Bundesamt für Güterfernverkehr (BAG) Zentrale Werderstraße 34, 50672 Köln Postfach 19 01 80, 50498 Köln Tel.: 0221/57 76 -0, Fax: -57 76-17 77 Internet: www.bag-bund.de Erfolgreich investieren in der Türkei 88 Niederlassungsrecht Niederlassungsrecht Gesellschaftsrecht Abgrenzung Repräsentanz, Zweigniederlassung, Gesellschaft An Handelsgesellschaften kennt das türkische Recht eine Vielzahl von Typen, die im Wesentlichen den deutschen Unternehmensformen entsprechen. Die vier wichtigsten sind: - die Kollektivgesellschaft (OHG); - die Kommanditgesellschaft (KG); - die Aktiengesellschaft (AG); - die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH). Die Kollektiv- und Kommanditgesellschaft sind Personengesellschaften, während die AG und die GmbH als Kapitalgesellschaften ausgestaltet sind. Wegen der günstigeren haftungsrechtlichen Situation sollen sich die nachstehenden Ausführungen auf die beiden Kapitalgesellschaften beschränken. Von denen wiederum erfreut sich die GmbH gerade bei KMU größter Beliebtheit, beträgt ihr Mindestkapital doch nur 5.000 YTL. Um keine Gesellschaft, sondern um eine unselbstständige Niederlassung handelt es sich hingegen bei einer Repräsentanz (Liaison Office, Verbindungsbüro). Eine solche stellt eine nur sehr schwache Form der Marktpräsenz eines ausländischen Unternehmens dar. Sie ist als schwach zu bewerten, da es einer solchen Rechtsform verwehrt ist, über reine Unterstützungshandlungen (zum Beispiel Werbung, Vermittlung, Produktberatung) hinaus Marktaktivitäten zu entfalten. Insbesondere darf eine bloße Repräsentanz nicht eigenständig Verträge abschließen, Lieferungen ausführen oder sonstige Handlungen vornehmen, die als unmittelbarer Anknüpfungspunkt für Einkunftserzielung geeignet sind. Rechtsgrundlagen Das Recht der Handelsgesellschaften ist in den Artt. 136 bis 556 des türkischen Handelsgesetzbuchs (HGB; Gesetz Nr. 6762 vom 9.7.1956) geregelt. Es beruht auf schweizerischen, französischen und deutschen Vorbildern. Das HGB befindet sich zur Zeit jedoch auf dem parlamentarischen Prüfstand. Mit umfassenden Reformen ist mittelfristig zu rechnen. Niederlassungsrecht 89 Gründungsverfahren Aktiengesellschaft Die Gründungsmitglieder einer AG haben die Gründungssatzung in notariell beglaubigter Form zu unterzeichnen. Diese hat nach Art. 279 HGB folgende Mindestangaben zu enthalten: - Sitz und Firma der AG; die Firma ist zwingend mit einem Hinweis auf die Gesellschaftsform auszustatten, wobei das Kürzel A.S. ausreicht; - Art (Geld oder Sachanteile), Höhe und Einzahlungsmodus des Grundkapitals; Anzahl und jeweiliger Wert der einzelnen Anteile; - Einsetzung und Rechtstellung der mit der Verwaltung bzw. Vertretung der Gesellschaft betrauten Personen (insbesondere Benennung der Verwaltungsrats- und Aufsichtsratsmitglieder); - Einberufung und Geschäftsgang der Hauptversammlung; - Dauer der Gesellschaft, falls keine Gründung auf unbefristete Zeit beabsichtigt ist; - Form der Bekanntmachungen der Gesellschaft; - Höhe des Kapitalanteils der einzelnen Gründungsmitglieder, sofern keine Stufengründung vorliegt. Zusammen mit der Vorlage des Vertrags ist die Eintragung ins Handelsregister und die Bekanntmachung der Satzung zu beantragen. Mit der Eintragung erlangt die AG ihre Rechtsfähigkeit, die Haftung der Aktionäre für Verbindlichkeiten der Gesellschaft ist ab dato auf die von ihnen übernommene Kapitaleinlage beschränkt (keine Durchgriffshaftung, vgl. Art. 269 HGB). GmbH Wie bei der AG ist auch die Gründungssatzung der GmbH von sämtlichen Gründungsmitgliedern, deren Anzahl sich indes auf mindestens zwei und höchstens 50 beläuft, in notariell beglaubigter Form zu unterzeichnen. Der Inhalt der Satzung hat nach Art. 506 HGB folgende Punkte zu umfassen: - Sitz, Gegenstand und Firma der Gesellschaft, wobei aus letzterer die Rechtsform einer GmbH (zumindest in der abgekürzten Form Ltd. Sti.) eindeutig hervorgehen muss; - die Höhe des Stammkapitals und die von jedem Gesellschafter zu erbringende Stammeinlage; - die Form der Bekanntmachung der Gesellschaft; - die Dauer der Gesellschaft. Erfolgreich investieren in der Türkei 90 Niederlassungsrecht Aus dem letzten Punkt wird klar, dass eine GmbH im Gegensatz zu einer AG nicht auf unbestimmte Zeit gegründet werden kann. Die Gesellschaft ist in das Handelsregister einzutragen; ihre Satzung ist bekannt zu machen (Art. 511 HGB). Wie die AG gewinnt die GmbH erst durch diesen Akt Rechtsfähigkeit (Art. 512 HGB), was zu einer Beschränkung der Gesellschafterhaftung auf die von ihnen einzubringenden Einlagen führt. Kapital Aktiengesellschaft Die Mindestkapitaleinlage einer AG beträgt pro Gesellschafter 25 YTL, das Mindeststammkapital der Gesellschaft 50.000 YTL. Davon ist bei der Gründung wenigstens 25% einzuzahlen (Art. 285 HGB). Der Ministerrat ist jedoch zur jederzeitigen Anhebung des Mindeststammkapitalbetrags auf bis zu 1.000% der aktuellen Summe ermächtigt. GmbH Das Mindeststammkapital beträgt 5.000 YTL, die Mindesteinlage eines jeden Gesellschafters 25 YTL; Sacheinlagen sind nach Maßgabe von Art. 508 HGB zulässig. Das Kapital ist bei der Gründung in Höhe von 25% einzuzahlen; der Rest kann innerhalb einer dreijährigen Frist gezahlt werden. Organe Aktiengesellschaft Die AG des türkischen Rechts ist mit folgenden Organen ausgestattet: - Generalversammlung, die die generellen Leitlinien zur Unternehmenssteuerung vorgibt, Satzungsänderungen vornimmt, den Aufsichts- und Verwaltungsrat wählt, Bilanz, Gewinnund Verlustrechnung bestätigt und die Gewinnverteilung beschließt. - Verwaltungsrat, ein mindestens dreiköpfiges Gremium, dem die Leitung der Geschäftsführung und die Vertretung der AG obliegt und dessen Mitglieder zwingend Aktionärsstatus innehaben müssen; Fremdgeschäftsführung ist jedoch im Wege der Delegation von Geschäftsführungsaufgaben auf sogenannte "Direktoren" (müdürler) zulässig. - Aufsichtsrat, bestehend aus bis zu fünf Personen, die die Befugnisse einer inneren Revision wahrnehmen, aber auch Außenstehenden gegenüber für Pflichtverletzungen einzustehen haben (Art. 359 HGB). Mehr als die Hälfte der Aufsichtsratsmitglieder muss die türkische Staatsangehörigkeit innehaben, eine Gesellschafterstellung ist jedoch nicht erforderlich. Niederlassungsrecht 91 GmbH Die GmbH kennt folgende Organe: - Gesellschafterversammlung. Gemäß Art. 539 HGB verfügt sie über die Befugnis zu Satzungsänderungen, Bestellung/Abberufung von Geschäftsführern und Aufsichtsratsmitgliedern, Bestätigung der Gewinn/Verlustrechnung und Bilanz, Entlastung der Geschäftsführung, Beschlussfassung über die Aufteilung von Stammanteilen und Vertretung der Gesellschaft bei der Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegenüber ihren Gesellschaftern/Geschäftsführern; - Geschäftsführung, die weitgehend dem Verwaltungsrat einer AG angeglichen ist, wenngleich Art. 541 HGB ausdrücklich die Möglichkeit einer Fremdgeschäftsführung (also durch Nichtgesellschafter) erlaubt, und an die Anzahl der Geschäftsführer keine numerischen Mindest- oder Höchstanforderungen gestellt werden; - Aufsichtsrat, bestehend aus bis zu fünf Personen (davon mehr als die Hälfte mit türkischer Staatsangehörigkeit), der allerdings nur bei GmbHs mit einem Bestand von 20 Gesellschaftern oder mehr zu bestellen ist (Art. 548 Abs. 1 HGB). Haftungsfragen Dem Wesen einer Kapitalgesellschaft entsprechend haften die Gesellschafter im Grunde nicht persönlich für Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Jedoch besteht eine persönliche Einstandspflicht der Gesellschafter einer GmbH (Durchgriffshaftung) im Hinblick auf öffentlich-rechtliche Forderungen. Den Gesellschaftern steht insoweit allerdings die Einrede der Vorausklage zu; auch ist ihre Einstandspflicht summenmäßig auf die Höhe ihrer originär erbrachten Einlage begrenzt. Auflösung Aktiengesellschaft Im Gegensatz zur GmbH kann die AG auf unbestimmte oder bestimmte Zeit gegründet werden; im letzten Fall führt der Fristablauf zur Auflösung. Weitere Auflösungsgründe zählt Art. 434 HGB enumerativ auf: Verfehlen des gesellschaftlichen Zwecks, Verlust von zwei Dritteln des Gesellschaftskapitals, Absinken der Anzahl der Aktionäre unter fünf, Eintritt eines in der Satzung vereinbarten Auflösungsgrundes, Verschmelzen mit einer anderen Gesellschaft, Konkurseröffnung und Auflösungsbeschluss der Hauptverhandlung. Erfolgreich investieren in der Türkei 92 Niederlassungsrecht GmbH Auflösungsgründe für eine GmbH sind nach Art. 549 HGB neben Zeitablauf - weitere, in der Satzung vorgesehene Gründe; - Gesellschafterbeschluss, der einer doppelt-qualifizierten Mehrheit von 75% der Stimmen, die 75% des Kapitals vertreten, bedarf; - Konkurseröffnung; - Gerichtsurteil auf Antrag eines Gesellschafters bei Vorliegen berechtigter Gründe. Investitionsrecht Rechtsgrundlagen Allgemeines Investitionsregime Am 17.6. 03 trat das Gesetz Nr. 4875 über ausländische Direktinvestitionen (ADIG) in Kraft und hob das alte Gesetz Nr. 6224 aus dem Jahr 1954 auf. Kernstück ist das in Art. 3 ADIG verbürgte Diskriminierungsverbot, das den Behörden untersagt, ausländische und inländische Investoren ungleich zu behandeln (Inländergleichbehandlung). Weggefallen sind damit nicht nur das Erfordernis einer gesonderten Investitionsgenehmigung für Ausländer, sondern auch die erhöhten Mindestkapitalanforderungen bei der Gründung von Kapitalgesellschaften, die ursprünglich bei 50.000 US$ lagen und sich nun nach den Vorschriften des allgemeinen Gesellschaftsrecht bemessen (bei einer GmbH 5.000 YTL, bei einer Aktiengesellschaft 50.000 YTL). Als ausländische Investoren definiert Art. 2 a) ADIG natürliche Personen ausländischer Staatsangehörigkeit beziehungsweise türkische Staatsangehörige mit gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland sowie juristische Personen, deren Gründung sich nach Maßgabe einer ausländischen Rechtsordnung vollzog (persönlicher Anwendungsbereich des ADIG). Den sachlichen Anwendungsbereich setzt Art. 2 b) ADIG mit dem Begriff einer klassischen Direktinvestition gleich, also mit der Gründung einer neuen Gesellschaft/Zweigniederlassung oder mit dem Erwerb von Anteilen einer bereits bestehenden Gesellschaft, dies allerdings in einer Mindesthöhe von 10% am Gesellschaftskapital. Daraus wird aber auch deutlich, dass die Niederlassung als Einzelkaufmann nicht in den Anwendungsbereich des ADIG fällt. Niederlassungsrecht 93 Neben der Inländergleichbehandlung wartet das neue ADIG noch mit einer ganzen Reihe weiterer Garantien und Annehmlichkeiten auf: So wurde das Gründungsverfahren durch eine Zuständigkeitskonzentration auf die jeweiligen Handelsregisterämter aus administrativer Sicht stark vereinfacht, auch wenn die Genehmigung hinsichtlich der Eröffnung eines unselbständigen Verbindungsbüros weiterhin dem Staatssekretariat für Schatzwesen vorbehalten bleibt. Nach Art. 3 b) ADIG sind die Investoren gegen eine entschädigungslose Enteignung geschützt; eine solche darf sich zudem nur in gesetzlich festgelegten Bahnen und unter dem Primat des öffentlichen Wohls vollziehen. Darüber hinaus wird der freie Kapitaltransfer ins Ausland in Art. 3 c) ADIG gewährleistet. Ausländische juristische Investoren können nach der Klarstellung des Art. 3 d) ADIG unter gleichen Voraussetzungen Immobilien erwerben wie rein türkisch Unternehmen - eine Rechtsfolge, die sich schon aus dem allgemeinen Diskriminierungsverbot ergibt. Bei Streitigkeiten über privatrechtliche Vereinbarungen mit der öffentlichen Hand steht den Investoren schließlich der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten oder zu einem Schiedsgericht offen (Art. 3 e) ADIG). Lokale Förderung Weitere Investitionsanreize ergeben sich aus der spezifischen Lokalförderung, deren rechtlicher Rahmen in dem Gesetz Nr. 5084 vom 29.01.04 abgesteckt ist. Die lokale Förderung hat die Verbesserung der wirtschaftlichen Bedingungen in insgesamt 36 strukturschwachen Provinzen, die sich durch ein monatliches Pro-Kopf-Einkommen von unter 1.500 US$ auszeichnen, zum Ziel. Die Dauer des Programms ist bis zum Jahresende 2008 angesetzt. Eine weitere Art der ortsgebundenen Investitionsförderung stellen die 21 Freihandelszonen beziehungsweise organisierten Industriezonen dar, auf deren Territorien grundsätzlich keine gewerberechtlichen Beschränkungen für Ausländer gelten und türkisches Zoll- und Steuerrecht nicht zur Anwendung kommen (Gesetz Nr. 3218 vom 06.06.1985). Jedoch ist für sämtliche Warenbewegungen eine Gebühr in Höhe von 0,5% des CIF- beziehungsweise des FOB-Wertes zu entrichten, je nachdem ob es sich um einen Warenimport oder um eine Warenausfuhr handelt. Allerdings wird es spätestens ab dem 31.12. 08 mit der Freistellung von der Einkommen- und Körperschaftsbesteuerung ein Ende haben. Dies ergibt sich aus Art. 9 des oben erwähnten Gesetzes Nr. 5084, wonach Unternehmen, deren Freizonenlizenz ("operating licence") bereits vor diesem Datum ausläuft (sowie die von diesen beschäftigten Angestellten) ab diesem Zeitpunkt, die übrigen Unternehmen/Angestellten ab dem 31.12.08 zur Körperschaft- beziehungsweise Einkommensteuer herangezogen werden. Eine Ausnahme gilt lediglich für Unternehmen der verarbeitenden Industrie, die Einkünfte aus dem Erlös von in einer Freizone hergestellten Waren beziehen; für diese greift die Besteuerung erst mit Datum des Beitritts der Türkei zur EU. Näheres zu den Freihandelszonen ist der Website http://www.dtm.gov.tr/sb/english/freezone1.htm zu entnehmen. Erfolgreich investieren in der Türkei 94 Niederlassungsrecht Förderhilfen Das Gesetz Nr. 5084 sieht unter anderem folgende Fördermaßnahmen vor: - Abzugsfähigkeit der einbehaltenen Lohnsteuer von der Einkommen- oder Körperschaftsteuer in Höhe von 80% bis 100% (Art. 3 des Gesetzes); - Erstattung der abgeführten Arbeitgeberanteile an den Sozialversicherungsbeiträgen der Arbeitnehmer (Art. 4 des Gesetzes); - Kostenlose Zuweisung öffentlicher Grundstücke bei Schaffung von mindestens zehn Arbeitsplätzen (Art. 5 des Gesetzes); - Subventionierung der Energiekosten für gewisse Investitionsbereiche (in Höhe von 20% bis 50%), sofern mindestens zehn Arbeitsplätze geschaffen werden (Art. 6 des Gesetzes). Investitionsschutzabkommen Zwischen Deutschland und der Türkei gilt immer noch der Vertrag vom 20.6.1962 über die gegenseitige Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen. Das Abkommen ist im BGBl. 1965 II auf den S. 1193 ff. abgedruckt. Zahlungs- und Kapitalverkehr, Devisenrecht Rechtsgrundlagen Sowohl das Investitionsgesetz als auch das Investitionsschutzabkommen garantieren dem deutschen Investor den freien Kapitalverkehr. Insbesondere kann der Investor nach Art. 3 c des Investitionsgesetzes Gewinne, Dividenden, Lizenzgebühren und Zinsen frei ins Ausland transferieren. Beschränkungen Alle Beschränkungen wurden abgeschafft. Ausländer können zum Beispiel Fremdwährungskonten unterhalten. Kontrollinstanzen Der türkischen Zentralbank werden alle Auslandsüberweisungen ab einer Summe von 50.000 US$ gemeldet. Steuerrecht 95 Steuerrecht Steuerarten und ihre Rechtsgrundlagen Wie die deutsche Rechtsordnung kennt auch die türkische im Hinblick auf die Besteuerung von Einkünften die grundsätzliche Differenzierung zwischen einer Individualeinkommensteuer, die dem Gesetz Nr. 193 vom 06.01.1961 (EStG) unterliegt, und einer auf juristische Personen anwendbaren Körperschaftsteuer, die sich nach dem Gesetz Nr. 5520 vom 21.6.06 (KStG) bemisst. Das alte KStG (Gesetz Nr. 5422 vom 10.06.1949) ist damit obsolet geworden. Personengesellschaften (Offene Handelsgesellschaft, Kommanditgesellschaft, etc.) hingegen sind grundsätzlich keine Steuersubjekte; ihre Einkünfte werden im Rahmen der Einkommensbesteuerung der Gesellschafter als deren Gewinnanteile veranschlagt. Weitere wichtige Normen - auch des materiellen Rechts - finden sich in den Statuten Nr. 213 und 6183, die das allgemeine Besteuerungsverfahren regeln und damit der deutschen Abgabenordnung (AO) vergleichbar sind. Zu den materiellen Vorschriften des Statuts Nr. 213 gehören unter anderem die Vorschriften über Absetzung für Abnutzung (AfA). Danach können Aktiva des Anlagevermögens, deren Nutzungsdauer ein Jahr und deren Wert 76 YTL überschreitet, linear oder degressiv abgeschrieben werden. Nicht abschreibungsfähig sind unbebaute Grundstücke. Im Hinblick auf die Höhe der AfA-Sätze gilt es auf Grund neuer, zum 01.01.04 in Kraft getretener Bestimmungen (Gesetz Nr. 5024) wie folgt zu differenzieren: Für Anlagegüter, die vor dem 01.01.04 in die Bilanz eingetragen wurden, kann der Steuerpflichtige die AfA-Sätze autonom bestimmen, sofern sie bei der linearen Methode 20% und bei der degressiven Methode 40% nicht überschreiten. Nach diesem Zeitpunkt ins Anlagevermögen eingeführte Güter hingegen unterliegen den vom Finanzministerium festgelegten jeweiligen Abschreibungssätzen. Gebäude unterlagen schon vor Inkrafttreten der neuen Rechtslage individuell festgelegter AfA-Sätze (zum Beispiel Fabrikgebäude: 4% pro Jahr, Verwaltungsgebäude: 2% pro Jahr). Eine zeitanteilige Abschreibung (pro rata temporis) ist nur für Pkw vorgeschrieben; ansonsten gilt der Grundsatz, wonach AfA-Sätze ganzjährig im Jahr der Anschaffung angelegt werden. Auf Grund der hohen Inflation besteht die Möglichkeit einer entsprechenden Bilanzbereinigung nach Maßgabe eines alljährlich vom Finanzministerium festgelegten Koeffizienten. Einer Verjährungsfrist von fünf Jahren unterliegen Ansprüche auf Aufhebung oder Abänderung eines Steuerbescheids. Verzögerungen beim Eingang der Steuererklärung ziehen eine Geldbuße von 60 YTL nach sich; der Säumniszuschlag für die verspätete Entrichtung der Steuer beläuft sich auf 4% pro Monat. Verluste sind nach Art. 88 EStG einem Verlustvortrag (zarar nakli) innerhalb eines Höchstzeitraums von fünf Jahren zugänglich; ein Verlustrücktrag findet hingegen nicht statt. Erfolgreich investieren in der Türkei 96 Steuerrecht Das Steuerjahr entspricht dem Kalenderjahr; davon kann auf Einzelbasis abgewichen werden, wenn sich ein Kalenderjahr auf Grund der konkreten Art der Geschäftstätigkeit als sachwidrig erweist. An indirekten Steuern kennt das türkische Recht Umsatz-, Verbrauchs- und Stempelsteuern. Die Umsatzsteuer (katma deger vergisi, KDV) wurde 1985 durch das Gesetz Nr. 3065 vom 25.10.1985 (UStG) eingeführt und mittlerweile EU-Standards weitgehend angeglichen. Eine spezielle Verbrauchssteuer (özel tüketim vergisi, ÖTV) wird nach Maßgabe des Gesetzes Nr. 4760 vom 12.06.02 bestimmten Verbrauchsgütern und anderen Konsum- und Luxusgütern auferlegt. Körperschaftsteuer Die Steuer auf Unternehmensgewinne von Kapitalgesellschaften wurde mit Wirkung zum 1.1.06 von 30% auf 20% abgesenkt. Da dies rückwirkend geschah, können die bereits im Weg der Vorauszahlung noch auf Grund des alten Satzes zu viel entrichteten Beträge mit der späteren Steuerschuld verrechnet werden. Relevant wird dies für die Steuererhebung der ersten beiden Quartale 2006. Einkommensteuer Das türkische Einkommensteuerrecht nennt in Art. 2 EStG folgende Einkunftsarten: - Einkünfte aus Gewerbebetrieb; - Einkünfte aus Landwirtschaft; - Einkünfte aus unselbstständiger Arbeit; - Einkünfte aus selbstständiger (freiberuflicher) Tätigkeit; - Einkünfte aus Immobilien; - Einkünfte aus Kapitalerträgen; - sonstige Einkünfte. Unter bestimmten Umständen fallen darunter auch Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften. So unterliegt der Erlös eines Immobilienverkaufes zum Beispiel der Besteuerung, wenn zwischen Grundstückserwerb und Veräußerung ein Zeitraum unter vier Jahren verstrichen ist. Die Besteuerung des Gewinns aus dem Verkauf von Wertpapieren kommt zum Tragen, wenn die Zeitspanne zwischen An- und Verkauf drei Monate nicht übersteigt. Hinsichtlich der Veräußerung von Anteilen einer türkischen Kapitalgesellschaft beträgt die entsprechende Frist ein Jahr. Steuerrecht 97 Die Steuerpflicht ist grundsätzlich in zwei Halbjahresraten zu begleichen, von denen die erste am 31. März und die zweite am 31. Juli des Steuerjahres fällig wird. Die Lohnsteuer ist vom Arbeitgeber einzubehalten und spätestens bis zum 20. des Folgemonats an den Fiskus abzuführen (Artt. 98 ff. EStG). Selbständig Gewerbetreibende und Freiberufler haben eine Vorauszahlung (gecici vergi; pesin vergi) in Höhe von 20% auf den Quartalsgewinn bereits am 15. des zweiten Folgemonats nach Quartalsende zu entrichten. Wie in Deutschland unterliegt der Steuertarif einer progressiven Staffelung. Die Steuersätze wurden im April 2006 mit Wirkung zum 1.1.06 gesenkt. Eine Differenzierung zwischen Lohneinkommen und sonstigem Einkommen findet nicht mehr statt. Die neuen Steuersätze berechnen sich nun wie folgt: Jahreseinkommen (in YTL) bis 7.000 von 7.001 bis 18.000 von 18.001 bis 40.000 über 40.000 Steuersatz 15% 20% 27% 35% Mehrwertsteuer Die Umsatzsteuererklärung ist am 20., die Begleichung der Steuerschuld am 26. Tag des Folgemonats vorzunehmen. Wareneinfuhren werden der gleichen Umsatzsteuer-Rate unterzogen wie rein innerstaatliche Transaktionen. Der Normalsatz beträgt zur Zeit 18%, der ermäßigte Satz 1% (für die in Anhang 1 des UStG aufgelisteten Güter und Dienstleistungen wie zum Beispiel landwirtschaftliche Produkte, Gebrauchtfahrzeuge, Leasinggeschäfte, periodische Printmedien, Bestattungen) oder 8% (für die in Anhang 2 des UStG aufgelisteten Güter und Dienstleistungen, wie gewisse Grundnahrungsmittel, Bücher, Kino-, Theater- oder Opernvorstellungen). Durch Ministerratsbeschluss Nr. 2004/8301 vom 29.12.04 ist mit Wirkung zum 1.1.05 eine weitere Reduktion des Normalsatzes in den Bereichen Nahrungsmittel (Mineralwasser, Milchpulver, Frischgemüse, diverse Nusssorten), Gesundheit und Bildung (Ambulanz- und Schulbusfahrten, Privatunterricht) auf 8% erfolgt, so dass die letztgenannte Liste eine spürbare Ausweitung erfahren hat. Warenausfuhren hingegen (worunter auch die Lieferung in eine Freihandelszone zu subsumieren ist) sind umsatzsteuerbefreit; transnational erbrachte Dienstleistungen nur dann, wenn die Leistung an einen im Ausland ansässigen Besteller, auf dessen Person die Rechnung ausgestellt ist und der die Leistung in einer Fremdwährung vergütet, erbracht und dort in Anspruch genommen wird. Erfolgreich investieren in der Türkei 98 Steuerrecht Eine spezielle Verbrauchssteuer (özel tüketim vergisi, ÖTV) wird nach Maßgabe des Gesetzes Nr. 4760 vom 12.6. 02 bestimmten Verbrauchsgütern wie Getränken (zwischen 25% für Limonade und 225% für Schaumweine), Zigaretten (28% zuzüglich einer festen Abgabe zwischen 0,376 und 1,350 YTL pro Schachtel, je nach dem Anteil an türkischem Tabak), importierten Kfz (zwischen 27% und 50%, je nach Hubraum) und anderen Konsum- oder Luxusgütern auferlegt. Im Gegensatz zur Umsatzsteuer wird die Verbrauchssteuer lediglich einmal, also an nur einer Stelle einer Transaktionskette, erhoben. Doppelbesteuerungsabkommen Zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Türkei gilt das Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 16.4.85 (BGBl. 1989 II, S. 866 ff.). Im Hinblick auf Struktur und Inhalt ist es an den OECD-Musterentwurf MA 1977 angelehnt, auch wenn sich stellenweise Abweichungen (insbesondere im Zusammenhang mit der Quellenbesteuerung und dem Betriebsstättenbegriff) ergeben. Das Abkommen ist - zusammen mit weiteren Informationen - unter der Internetadresse http://www.bundesfinanzministerium.de/cln_01/nn_318/sid_3BF72DA0612B158530DBE1ABD3694ACC/DE/Steuern/Veroeffentlichungen__zu__Steuerarten/Internationales__Steuerrecht/ DBA/079.html abrufbar. Dem Vernehmen nach wird gegenwärtig von deutscher Seite aus erwogen, ein neues Doppelbesteuerungsabkommen auszuhandeln.