Teil 1: Wie der Himmel den Menschen bewegt

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Teil 1: Wie der Himmel den Menschen bewegt
Teil 1: Wie der Him m el den Menschen bewegt
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Lange Zeit waren Beobacht ung und Deut ung him m lischer Phänom ene unt rennbar m it einander verbunden. Der
Holzschnit t aus dem 16. Jahrhundert zeigt zwei St ernenkundler m it einer Arm illarsphäre
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Sie sieht gut aus, ist 36 Jahre alt . "Zuverlässig, hilfsbereit , ein Kopf- und Herzm ensch", beschreibt
sich die Schwäbin, "eben eine t ypische Jungfrau." Doch m it der Liebe hapert 's. Mart ina Neugebauer
fehlt der Mann.
Verehrer gibt es genug. Anfang des Jahres beispielsweise war einer hint er ihr her. Ein Schüt ze.
Mart ina hat einen Ast rologen um Rat gefragt . Angerufen bei BTV 4U, dem lokalen Fernsehsender.
Den schalt et sie ab und zu ein, wenn sie nach der Ar beit bei einem großen Aut ohändler ent spannt .
"Ast rofon" heißt die Sendung, da werden Zuschauer von Expert en via Bildschirm oder Hot line
berat en.
Der dienst habende Ast rologe warnt e: Sie solle die Finger von dem Kerl lassen, der binde sich
ungern, und t reu sei er auch nicht . Die Single- Frau hat auf den Fachm ann gehört und dem
Werbenden die kalt e Schult er gezeigt . Ein paar Wochen spät er gab es einen neuen Aspirant en,
einen Löwen. Anr uf bei BTV 4U. Das werde nix, hat der Fernsehprophet wiederum in den St ernen
gelesen - und genauso ist es gekom m en.
I nzwischen ist Mart ina Neugebauer persönlich bei Alexander Kopit kow im TV- St udio gewesen und
hat wissen wollen, was sie denn insgesam t in Sachen Liebe erwart en könne. Ein Glückskind sei sie,
habe sie doch derzeit eine Konst ellat ion "wie Michael Jackson, als er seinen erst en Hit schrieb". I m
oder ab Herbst "kom m t eine richt ige Part nerschaft ", hat ihr der Ast rologe versichert und dabei t ief
in ihre grau- grünen Augen geschaut . Beschwingt ist sie heim gefahren. Dass ihr ab nächst em Jahr
auch ein Geldsegen ins Haus st ehe, hat sie gar nicht m ehr richt ig gehört .
Auch wenn sie eine Wohnung kaufen wollt e oder den Job wechseln m üsst e, w ür de sich die Frau aus
Essingen, die nat ürlich die St ernzeichen aller Verwandt en und Kollegen kennt , ast rologischen Rat
holen. Seit neuest em besit zt sie eine CD- Rom für ihr en Heim com put er, m it der sich Horoskope
erst ellen lassen. Und wenn sie ihre Pflanzen gießt oder zum Friseur geht , richt et sie sich m eist nach
dem "Mondkalender". "Dann wachsen die Blum en und das Grünzeug super, und die Haare nehm en
die Farbe besser an", schw ärm t sie.
Mart ina Neugebauer ist in gut er Gesellschaft : Millionen St ernengläubige sind davon überzeugt , dass
geheim nisvolle Kräft e von den Gest irnen des Him m els ausgehen und den Lauf alles I rdischen m ehr oder weniger - beeinflussen. Dass Energien aus dem Universum auf kom pliziert e, aber
berechenbare Weise das Leben j edes einzelnen Menschen auf dem Planent en m it gest alt en. Ob
Liebe oder Karriere, Gesundheit oder Krankheit , Glück oder Pech - die St erne und ihr Lauf am
Firm am ent , so die Lehre, best im m en unser Geschick.
Part nerschaft sprognose vom TV- Ast rologen: Zuschauerin Mart ina Neugebauer ist ins St udio des schwäbischen
Lokalsenders BTV 4U gekom m en, um sich von St ernendeut er Alexander Kopit kow endlich den Weg zum
vielversprechendst en Mann weisen zu lassen
Einer Um frage zufolge, die das Forsa- I nst it ut Anfang August im Auft rag des st ern durchführt e,
halt en 50 Prozent der Deut schen Zusam m enhänge zwischen Planet enkonst ellat ionen und Schicksal
für m öglich, j eder Zehnt e ist davon überzeugt . Mehr als die Hälft e aller Bundesbürger liest
Horoskope in Zeit ungen oder Zeit schrift en. Sieben Prozent haben sich bereit s ein persönliches
Horoskop erst ellen lassen. Generell sind Frauen int eressiert er als Männer - aber im m erhin: Auch
von denen glaubt j eder Drit t e an einen Einfluss der St erne.
Ast rologen st ehen in beinahe j edem Branchenbuch, im I nt ernet schwappt dem Suchenden gleich
eine ganze Flut von St ernendeut ern ent gegen. Die Berufsbezeichnung ist nicht geschüt zt . 6000
"Profis" und eine ungezählt e Schar von Freizeit ast rologen bedienen den wachsenden Markt . Ein
bunt er Haufen, dessen Mit glieder sich oft nicht grün sind. Mit dem selbst ent wickelt en Siegel
"Geprüft er Ast rologe DAV" will der "Deut sche Ast rologen- Verband" ( DAV) Seriosit ät suggerieren
und sich gegen die seiner Meinung nach vulgären Konkurrent en abgrenzen. Andere wiederum
halt en nicht s vom Wicht igget ue des DAV. So vergibt et wa "Bild"- St erndeut er Winfried Noé an die
von ihm geschult en Kollegen eine eigene Urkunde.
Zeit schrift en, Bücher, PC- und TV- Program m e - überall blüht das Geschäft m it den Horoskopen.
Fernsehsender verdienen m it Hot lines und Zuschauert elefonen viel Geld; bei BTV 4U et wa rufen
während einer einzigen " Ast rofon"- Sendung Tausende von Rat suchenden an. Die wenigst en
kom m en durch, 49 Cent zahlen m uss aber auch, wer nur eine Bandansage hört . "Wir wollen
ausbauen und cast en derzeit neue Ast rologen", sagt Mart in Heyne, Produzent bei dem Sender. Wie
viel die ganze Ast ro- Branche um set zt , wird nirgendw o erhoben. Nach vorsicht igen Schät zungen
sind es m ehrere hundert Millionen Euro j ährlich.
Nicht s gibt es, für das der Mensch heut e nicht die St erne befragen könnt e. So suchen Arbeit slose
m it t els him m lischer Konst ellat ionen einen Job, Kranke einen Operat ionst erm in.
Part nerverm it t lungen checken, ob Beziehungswillige ast rologisch harm onieren. Auch Sport ler wie
der ehem alige Schweizer Fußballprofi Alain Sut t er holen sich Him m elshilfe. Und Börsenspekulant en
vert rauen auf den Bad Aiblinger Finanzast rologen Uwe Kraus, der einen "Ast rot rade- Let t er"
herausgibt . St erndeut er bericht en, dass sogar Richt er zu ihrer Kundschaft zählt en. Selbst in der
Polit ik m ischt en m anchm al die St erne m it : St aat enlenker wie Ronald Reagan, Boris Jelzin und
François Mit t erand set zt en auf ast rologischen Rat .
Für das Handwerk der Him m elskundler ist es wicht ig, vor welchem Hint ergrund Sonne, Mond und
die neun Planet en zum Zeit punkt der Geburt eines Menschen st anden - in welchem der
"Tierkreiszeichen". So werden zwölf von zahlreichen Fixst ernkonst ellat ionen im Universum
genannt ; sie heißen: "Widder", "St ier", "Zwilling", "Krebs", "Löwe", "Jungfrau", "Waage",
"Skorpion", " Schüt ze", "St einbock", "Wasserm ann" und "Fische" . Nur vor diesem Dut zend
St erngebilden wandern die Sonne und ihre Planet en Jahr für Jahr aus der Sicht der Erde im m er
wieder vorbei. Als "St ernzeichen" eines Menschen definiert die ast rologische Lehre das
Tierkreiszeichen, in dem die Sonne zum Zeit punkt seiner Geburt st and.
Mit zusät zlichen Planet enst ellungen und m it Hilfe kom pliziert er Rechnungen - die heut e spielend
der Com put er erledigt - lässt sich eine Grafik konst ruieren, das Horoskop. Diese Darst ellung
int erpret iert der Ast rologe, sucht darin nach Hinweisen auf die körperliche und seelische
Verfassung des Rat suchenden und auf Ereignisse, die großen Einfluss auf dessen Leben haben
könnt en. Dar über hinaus hat die Ast rologie eine Reihe von Techniken ersonnen, dieses
Geburt shoroskop für spät ere Zeit punkt e im Leben weit erzuent wickeln. Angenom m en wird dabei,
dass nicht alle Fakt oren st et s m it derselben I nt ensit ät wirken, sondern sich zu gewissen Zeit en
verst ärken oder abschwächen.
Alle zwölf Jahre, bei einer best im m t en Planet enkonst ellat ion, feiern Hindus in I ndien das heilsversprechende
Fest Kum bh Mela. Am 24. Januar 2001 st röm t en dazu 30 Millionen Menschen herbei
Nicht alle "Schulen" int erpret ieren gleich, und wie groß die Macht des Him m els über I rdisches sein
m ag, ist durchaus st rit t ig. Für den einen Ast rologen v er- künden die St erne unent rinnbares
Schicksal, für den anderen sind sie lediglich Wink und Wegweiser. So sieht sich et wa Noé am
liebst en als "Coach", der m it Hilfe des Horoskops "den Klient en in seinem Bem ühen um
Selbst erkennt nis" unt erst üt zen will.
I hre Ursprünge hat die Ast rologie in den frühen Hochkult uren. Erkannt en unser e Vorfahren doch,
dass periodisch wiederkehrende Erscheinungen am Him m el ihnen signalisiert en, wann es Zeit zu
säen und zu ernt en war. Offenbar, so folgert en die Ahnen, hat t en die Gest irne Einfluss auf die
Nat ur und dam it auch auf den Menschen. So wurde der Him m el zum Wohnort der Göt t er. I n
Mesopot am ien, dem Land zwischen Euphrat und Tigris, perfekt ioniert en Priest er die
St ernenbeobacht ung und - deut ung und baut en sie zu einem kom plexen Syst em aus. Mit gedacht en
Linien wurden die Punkt e am Him m el zu m ar kant en St ernbildern verbunden, das erleicht ert e die
Orient ierung.
Aus der Zeit um 1500 vor Christ us ist der so genannt e Babylonische Alm anach erhalt en geblieben.
Er t eilt das Sonnenj ahr in zwölf Monat e zu j e 30 Tagen. Und gibt für j eden der 360 Tage an, ob er
"günst ig", "ungünst ig" oder "zur Hälft e günst ig" ist . Als der brit ische Archäologe Aust en Henry
Layard im Jahre 1847 die St adt Ninive ausgrub und dabei die Bibliot hek des Königs Assurbanipal
freilegt e, ent deckt e er 30 000 t önerne Keilschrift t afeln, auf viele von ihnen war en ast rologische
Weissagungen gerit zt .
Bald verbreit et e sich dieses Wissen in benachbart e Länder. Ob Ägypt er, Griechen oder Röm er j ede Kult ur fügt e Eigenes hinzu. Und m anchm al, et wa in China und I ndien, ent wickelt en sich
selbst st ändige Deut ungsregeln. Kaum ein Herrscher wollt e m ehr ohne Ast rologie regieren, kein
Arzt ohne sie heilen. Wissenschaft liche Him m elskunde gab es überhaupt nur, um Ast rologie
bet reiben zu können. So w aren beispielweise Nikolaus Kopernikus und Johannes Kepler
Ast ronom en und Ast rologen zugleich; Kepler sagt e unt er anderem dem Feldherrn Wallenst ein
anhand der St erne ein großart iges und gefährliches Leben voraus. Erst als im 17. Jahrhundert das
Fernrohr erfunden w urde und der Siegeszug der Nat urwissenschaft en begann, sank die Bedeut ung
der Him m elsdeut er. Die m agische Sicht der Welt wurde langsam überlagert von einer rat ionalen.
I m 20. Jahrhundert erlebt e die Ast rologie in Europa eine Renaissance - wohl auch, weil m ehr und
m ehr Menschen der christ lichen Religion den Rücken zukehrt en. Allerdings m usst e die verst aubt e
Lehre den neueren wissenschaft lichen Er kennt nissen angepasst werden, denn 1781 war der Planet
Uranus ent deckt worden, 1846 Nept un und 1930 Plut o.
Eine lange Geschicht e zahlreicher Prognoseerfolge - so preisen die Ast rologen unserer Tage st olz
die eigene Profession. Da verweist et wa "St arast rologe" ( "Bild") Noé auf seine Treffsicherheit , sagt e
er doch 1987 das Auseinanderfallen der Sowj et union "spät est ens in den neunziger Jahren" voraus,
einige Jahre danach den Tod von Lady Di. Kollegin Pat ricia Bahrani rühm t e sich, 2002 Deut schland
als Fußball- Vizewelt m eist er prophezeit zu haben. Und die Schweizer Prom inent en- St erndeut erin
Elizabet h Teissier prahlt : "Eine Unt ersuchung dur ch m eine Gegner hat ergeben, dass 82 Prozent
m einer Vorhersagen richt ig sind."
Weshalb aber Planet en und St erne derm aßen auf die Bewohner der Erde wirken sollt en, kann kein
einziger Ast rologe erklären. Und viele m ühen sich auch gar nicht erst darum . Noé: "I ch sehe, dass
die Sache funkt ioniert , ich brauche keine Best ät igung von außen." I rgendwelche geheim nisvollen,
noch unerforscht en oder dem m enschlichen Verst and unzugänglichen Kräft e, so glauben viele
seiner Kollegen, seien am Werk. "Welcher Nat ur dieser Zusam m enhang ist , lässt sich beim
heut igen Wissensst and nicht ent scheiden", konst at iert ein Thesenpapier der ast rologischen
Vereinigungen hierzulande. Allent halben allerdings gibt es den Verweis auf den Mond. Der zeige
doch eindrucksvoll, dass solch eine All- Macht exist iere. Schließlich verursache er Ebbe und Flut auf
Erden, bewege die Ozeanm assen.
Da halt en Phy siker dagegen: Zwar sind die Gravit at ionskräft e, die auf die gigant ischen
Wasserm engen des Globus wirken, enorm - doch auf einen kleinen Menschen herunt ergerechnet
haben sie prakt isch keinen Einfluss. Zum indest weit weniger als beispielsweise die
Massenanziehungskraft , die bei der Geburt von der Hebam m e oder dem Gynäkologen ausgeht .
Also m üsst en die den neuen Erdenbürger eher beeinflussen als j egliche Anziehung ferner Monde
und Planet en.
"I m Gegensat z zu den Gelehrt en früherer Zeit en, die m it einfachst en Mit t eln den Him m el
st udiert en, haben wir heut e m it Hilfe m odernst er Teleskope und Sat ellit en Planet en und St erne
sehr viel besser erforschen können", sagt der Ast rophysiker Jakob St aude vom Heidelberger MaxPlanck- I nst it ut für Ast ronom ie. "Weit reichende Wirkung haben nur Gravit at ion und
elekt rom agnet ische St rahlung; daneben gibt es keine m yst ische Energie, die von Planet en oder
St ernen herrührt ." Diese beiden Kräft e der Him m elsobj ekt e "können nie und nim m er die von der
Ast rologie behaupt et en Effekt e auslösen", erklärt St aude. Schon im Jahre 1975 veröffent licht en
186 Wissenschaft ler, unt er ihnen 19 Nobelpreist räger, ein Manifest , in dem sie erklärt en, dass es
"keine wissenschaft lichen Grundlagen" für die Lehren der Ast rologie gibt , die von "Scharlat anen"
bet rieben würde.
Selbst wenn wirklich et was dran wäre am St ernedeut en, so argum ent ieren andere Krit iker,
offenbare sich das Gedank engebäude bei näherem Hinsehen als absurd. War um näm lich sollt en
dann die Him m elskonst ellat ionen nur zum Zeit punkt der Geburt Bedeut ung haben? Warum nicht
schon bei der Zeugung? Wieso haben Zwillinge unt erschiedliche Lebensläufe? Und warum sollt en
von den Aberm illiarden St ernen des Kosm os ausgerechnet nur j ene wirken, die von des Menschen
Fant asie zufällig und vollkom m en willkürlich zu "St ernbildern" zusam m engefasst wurden? Zu
Gruppen, die physikalisch nicht s verbindet und deren Mit glieder, gigant isch weit voneinander
ent fernt , in verschiedenen Tiefen des Alls st ehen?
Hinzu kom m t et wa, dass sich durch die langsam e Kreiselbewegung der Erdachse die St ernbilder
verschoben haben. Sie befinden sich nicht m ehr an dem gleichen Ort wie vor 2000 Jahren, dennoch
nut zen viele Ast rologen noch heut e die alt en Konst ellat ionen. Jem and, dem sie beispielsweise das
St ernzeichen Krebs zuschr eiben, ist in Wirklichkeit m it der Sonne im St ernbild Zwilling geboren.
"Das w urde nicht berücksicht igt ", sagt Reinhard Wiechoczek, Präsident der
Planet arium sgesellschaft Ost west falen- Lippe, "obwohl dieses Phänom en schon lange bekannt ist .
Es zeigt , auf welcher vorsint flut lichen Grundlage die Lehre st eht ."
Aber da gibt es doch "Die Akt e Ast rologie"! Mit diesem Tit el bracht e im Okt ober 1997 Gunt er
Sachs, prom inent er Ex- Playboy, I ndust riellenerbe und Fot ograf, ein um fangreiches Werk heraus.
Unt ert it el: "Wissenschaft licher Nachweis eines Zusam m enhangs zwischen den St ernzeichen und
dem m enschlichen Verhalt en". Der Band w urde zum Best seller. Der Aut or, der auch Mat hem at ik
st udiert e, hat t e dafür m it dem Com put er die Geburt sdat en von Millionen Menschen auswert en
lassen, von Berufst ät igen und St udent en, Kranken und Selbst m ördern, Braut paaren und
Geschiedenen, St raft ät ern und Verkehrssündern. Vor allem aus den Dat enbanken der Schweiz
bedient e er sich, die von allen west lichen St aat en m it Abst and die genauest en St at ist iken führt .
Unt ersucht wurde, ob best im m t e Verhalt ensweisen bei den Menschen aller St ernzeichen gleich
häufig auft ret en oder nicht . Sachs fand heraus: I n j eder Spart e ergaben sich bei dem einen oder
anderen St ernzeichen "signifikant e" Abweichungen. So heirat et en Wasserm ann- Männer eindeut ig
eher Wasserm ann- Frauen als St ier- Frauen, Waagen begingen häufiger als St iere Diebst ähle, m ehr
Zwillinge als Skorpione wurden Journalist en.
Sachs ließ sich von St at ist ikern der Universit ät München berat en; sie versichert en, die St udie sei
st at ist isch korrekt . Dam it war für den Aut or klar, "dass St ernzeichen in allen von uns unt ersucht en
Bereichen einen gewissen Einfluss auf das Verhalt en von Menschen ausüben". Doch ein anderer
Expert e, Herbert Basler, ehem aliger Akadem ischer Direkt or am I nst it ut für Angewandt e
Mat hem at ik und St at ist ik der Universit ät Würzburg, w eist auf einen grundsät zlichen Denkfehler
hin: Aus Signifikanzen kann noch kein ursächlicher Zusam m enhang gefolgert werden. Klassisches
Beispiel: Wenn die Geburt enrat e in einem Lande st eigt und gleichzeit ig die St orchenpopulat ion
wächst , ist dies noch kein Beweis, dass beides m it einander zu t un hat - es kann eben auch Zufall
sein. Zudem ent deckt e Basler, dass sich subt ile "m et hodische Fehler" in die St udie eingeschlichen
hat t en.
Bereit s in den 50er Jahren hat t e der Schrift st eller Ludwig Reiners die Ast rologie einem Härt et est
unt erzogen. Er schickt e einem besonders renom m iert en Vert ret er der Zunft , der Herausgeber einer
ast rologischen Zeit schrift und Vorsit zender eines ast rologischen Vereins war, die Geburt sdat en des
Dicht ers Rainer Maria Rilke ( 1875- 1926) und der Film schauspielerin Marlene Diet rich ( 1901- 1992) ohne ihm die Nam en zu nennen. Der Expert e bescheinigt dem Lyriker st arkes kaufm ännisches
Talent , auch "är zt liche und Apot heker- Kennt nisse". Und aus dem Geburt sdat um der Schauspielerin
schloss er, dass sie wohl " periodenweise Arbeit als Sekret ärin" verricht et habe.
I m m er wieder zum Jahresende überprüft auch die " Gesellschaft zur wissenschaft lichen
Unt ersuchung von Parawissenschaft en" ( GWUP) , was Ast rologen in den vergangenen Monat en
prophezeit en, und was dav on wirklich einget ret en ist . Aus der Rückschau für das Jahr 2003:
Ast rologe Kurt Allgeier verkündet e im Januar in der Zeit schrift "Neue Revue" das Ende der
Kanzlerehe: "Doris packt die Koffer." US- St ar Michael Jackson hingegen prophezeit e er Großes:
"Die St erne lieben ihn wieder. Com eback in den Hit paraden, Jubel welt weit ! " Der Popsänger wurde
wegen Kindesm issbrauchs angeklagt . Ziem lich daneben lag auch Ast rologin Pat ricia Schwennhold.
Für sie st and ein At t ent at auf Joschka Fischer in den St ernen. Zudem weissagt e sie, dass die
Am erikaner im Frühj ahr 2003 Osam a bin Laden fänden. Winfried Noé wiederum verkündet e, dass
Jürgen W. Möllem ann "Er folge als Redner zwischen Mai und Novem ber" feiern würde. Der FDPPolit iker sprang Anfang Juni m it dem Fallschirm in den Tod.
"Wirklich überraschende Tr effer landet e niem and der zahlreichen Expert en, die sich zu Wort
gem eldet hat t en", sagt GWUP- Mit glied und Mat hem at iker Michael Kunkel, " wie auch all die Jahre
zuvor" . Meist legen sich die St ernendeut er nicht konkret fest , sondern orakeln so nebulös, dass sie
spät er schwer zu widerlegen sind. So prophezeit e Elizabet h Tessier für 2003: " Schäden und Unfälle
durch Wasser, Sk andale in Finanzwelt und Polit ik, Problem e im Gesundheit swesen, in der
Ernähr ung, bezüglich der Um welt usw. sind verst ärkt m öglich."
Dass ast rologische Charak t eranalysen und Vorhersagen t rot z alldem so häufig als zut reffend
akzept iert werden, liege, so die Krit iker, keineswegs an der Macht der St erne, sondern sei purer
Zufall. Und ein psychologisches Phänom en. Eine Mixt ur aus Schm eicheleien, Phrasen und
Binsenweisheit en, aus denen sich j eder et was herauspicken kann, lullt den Rat suchenden ein; oft
verrät er unbewusst durch eigene Bem erkungen schon viel - und der Zuhörende m uss es nur
aufgreifen. Hinzu kom m t die wissenschaft lich anm ut ende Aut orit ät des Ast rologen. Überdies sind
die den zwölf St ernzeichen zugeordnet en Charakt erm erkm ale inzwischen so vert raut , dass bereit s
ihre unt erschwellige Kennt nis die Selbst wahrnehm ung und auch das Urt eil über andere Menschen
beeinflussen kann. So sind Erfolge program m iert - wie in der Medizin bei einem Placebo.
Überdeut lich belegt das ein Experim ent , das Redakt eure des WDR- Fernsehm agazins "Quarks & Co"
m acht en. Get arnt als " Eclipse- Ast ro- Forschungsgruppe" bot en sie Menschen in einem I nserat
kost enlos ein persönliches Horoskop an. Mehr als 200 I nt eressent en sandt en daraufhin ihre
Geburt sdat en. Doch st at t individueller Horoskope bekam en sie alle das gleiche. Anhand eines
Fragebogens sollt en die Adressat en m it t eilen, ob sie sich in der Analyse wiedererkennen würden.
Der Rücklauf erst aunt e die Fernsehleut e: 76 Prozent ant wort et en m it : "Ja, m ein Charakt er wird gut
beschrieben", 15 Prozent sogar m it "Perfekt , es st im m t alles." Das gleichlaut ende Horoskop, das
alle erhalt en hat t en, war das des Hannoveraner Massenm örders Frit z Haarm ann, der zwei Dut zend
j unge Männer best ialisch erm ordet hat t e und 1925 hingericht et wurde.
Trot z alledem : "Der Wille, der Ast rologie zu vert rauen, ist ungebändigt ", sagt Reinhard Wiechoczek.
I n Schulen und auf Veranst alt ungen st ellt er im m er wieder fest , wie resist ent die St ernengläubigen
gegen wissenschaft liche Logik sind. Vielleicht liegt es daran, m eint er, dass der Mensch einfach
Magie zum Leben braucht . Offenbar wende sich die Ast rologie an ein Gefühl, das wohl in den
m eist en Menschen schlum m ert : die Sehnsucht , von et was Großem geleit et zu werden und von
diesem Mächt igen Tipps und Winks für das eigene, k leine Leben zu bekom m en. "I n Erm angelung
der endgült igen Erklärbarkeit dieser Welt bleibt es wohl niem andem erspart , an et was zu glauben" ,
sagt Wiechoczek. "Aber m uss es denn solch eine widersinnige I nt erpret at ion des Kosm os sein?"
Nat ürlich habe das Universum Einfluss auf das Geschick der Erde. "Durch einen St ern nam ens
Sonne und seine Wärm e ist Leben auf dem Planet Er de überhaupt erst m öglich geworden. Und nur
dank der St erne, der Br ut st ät t en für alles, gibt es die Mat erie, aus der wir best ehen. Wir sind nicht s
als St ernenst aub. Das ist doch fant ast isch! "
www.st ern.de/ wissenschaft / kosm os/ index.ht m l?id= 528559&nv= ct _cb&eid= 523921

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