Das Osterhasenmärchen - eine Ostergeschichte

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Das Osterhasenmärchen - eine Ostergeschichte
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Das Osterhasenmärchen
von Heidrun Gemähling
Das Osterhasenmärchen
Es gab in einem großen tiefen dunklen
Wald eine Osterhasenschule. Alle kleinen
Häschen besuchten sie jeden Tag und
lernten Ostereier zu bemalen. Es gab in
dieser Schule viele kleine Tische, auf
denen die Eier in einer Halterung
standen, damit sie nicht umgestoßen
werden konnten, denn zwischendurch
tobten die Häschen wild umher. Nur
eines nicht, das saß ganz in der Ecke auf
einer Kiste und schaute nur Tag für Tag
dem ganzen Treiben zu.
Niemand wurde gezwungen ein Osterhase zu werden, denn das war
eine Regel der Osterhasenschule. Dieses kleine zuschauende Hasenkind
spitzte die Ohren nach allen Seiten um irgendwie zu erfahren, woher
denn die immer neuen Eier kämen. Manchmal rief es quer durch den
Raum: „Hallo Freunde, kann mir mal einer sagen wo täglich die Eier
herkommen?“ Dann wieder zupfte es jeden Einzelnen am Fell und
fragte mit schriller Stimme: „Wann hast Du dieses Ei gelegt und wo?“
Dem Osterhasenoberlehrer war das nicht recht und er schlich sichtlich
nervös durch Reihen und Bänke, in der Hoffnung, daß das kleine
fragende Häschen bald verstummen möge. Jedesmal wenn es wieder
Fragen stellte, taten alle sehr beschäftigt, tauchten große und kleine
Pinsel in bunte Farbentöpfe, drehten die Eier hin und her,
konzentrierten sich einfach nur auf das Anmalen. „Warum malst Du
nicht mit?“, fragte eines Morgens ein neuer Hasenlehrer den in der
Ecke sitzenden kleinen Hasen, der wie immer seine Ohren spitze, um
doch noch irgendwie auf das „Geheimnis“ der Osterhasen zu kommen.
Von seinen Eltern erfuhr es stets, daß Hasen keine Eier legen können,
sonder ganz ganz niedliche winzige klitzekleine Häschen bekämen.
Daher wurde seine Neugierde immer größer und es dachte Tag und
Nacht darüber nach, wie es dem Geheimnis auf die Spur kommen
könnte. Eines Tages hatte es eine Idee.
Es hatte bemerkt, daß alle zur gleichen Nachmittagszeit nach Hause
gehen mußten und durften auch niemals zurückkommen, falls sie etwas
vergessen hatten. So wollte es die Schulleitung. Jeden Tag schrieb ein
anderer kleiner lernender Osterhase die Regeln mit bunter Hasenkreide
an eine Tafel, die gegenüber der Tür hing. Als das neugierige Häschen
mal fragte: „Warum müssen wir denn so pünklich gehen und dürfen
nicht noch ein wenig bleiben oder zurückkommen?“, faßte der neue
Hasenlehrer ihn bei den Ohren, hob ihn hoch und schwang ihn durch
die Lüfte hin und her. „So ergeht es jedem von Euch, der unnötige
Fragen stellt, denn Osterhasen legen seit vielen Jahrhunderten Eier und
damit basta!“ Ängstlich und erschrocken hoppelten die gehorsamen
Hasen schnell nach Hause.
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Nur das neugierige Häschen nicht, denn es versteckte sich heimlich still
und leise in die Kiste in der Ecke, auf der es immer saß und
nachdachte. Es war bereits finster geworden, als knarrend die Tür
aufging und ein alter Hase mit einer Kiepe auf dem Rücken in den
Raum trat. Er stellte den Korb auf den Fußboden und packte vorsichtig
die schönen bunten Eier in die Kiepe, setzte sich anschließend in die
Hocke, schnallte sich alles auf den Rücken und machte sich schnaufend
davon. Was das neugierige Häschen da zu sehen bekam, war so
beeindruckend und spannend, daß es sich ebenfalls aus der Tür schlich
und dem alten Osterhasen nachhoppelte, aber leise und unbemerkt.
Lange schlichen sie so durch den dunklen Wald bis hin zu einer
Lichtung.
In der Nähe stand ein altes Bauernhaus mit einem angrenzenden
Hühnerstall, in den der schwerschleppende Hase verschwand.
Vorsichtig schloß er die morsche Tür und stieg einige Stufen die
Hühnerleiter hinauf. Von großer Neugierde geplagt stellte sich das
Häschen draußen hoch auf die Hinterbeine und schaute durch eine
geöffnete Luke. Was es da sah, konnte es kaum fassen. Seine sonst
gespitzten Ohren klappten vor Schreck nach unten und seine
langgestreckten Hinterbeine fingen an zu zittern. Es sah die friedlich
schlafenden Hühner, die von weißen Eiern umgeben waren und sah
aber auch, wie der alte Hase diese Eier mit seinen mitgebrachten
bunten Ostereiern vertauschte. „Also das ist das besagte, ewige
Osterhasengeheimnis“, dachte das kleine Häschen und stellte sich
hinter einen dicken Holzbalken, um vom alten Osterhasen nicht
gesehen zu werden, wenn er den Hühnerstall verläßt. „Ich hab's wieder
geschafft“, hörte es den Alten murmeln, der wieder mit der neuen
weißen Eierlast im dunklen Wald verschwand.
Da das neugierige Häschen nun aber noch nicht wußte, was mit den
bunten Eiern geschah, blieb es bis zum Morgen in seinem Versteck.
Eine gekrümmte alte Frau kam schlurfend auf den Hühnerstall zu,
öffnete die Tür und holte freudestrahlend die buntbemalten Eier aus
den Nestern. „Welch eine Freude für die vielen Kinder in unserem
Land!“ rief sie laut in die Morgenlüfte, denn hören konnte sie keiner
weit und breit. Das nächste Haus war weit entfernt.
Das ist nun das „Osterhasengeheimnis“. Wie immer ging das neugierige
Häschen in die Osterhasenschule und saß diesmal wissend und
gelassen auf der gewohnten Kiste in der Ecke. Es lächelte still
schmunzelnd vor sich hin und sang ein selbstgedichtetes Hasenlied.
„Ich bin ein schlauer Hase und gebe keine Ruh', denn Hasen legen nicht
Eier vor Ostern immerzu. Oho, aha, ihi – ich bin ein schlauer Hase!“
Dieses wiederholte er oft und gerne, bis der Oberhasenlehrer, der das
schon draußen hören konnte, ihm erneut die Ohren lang zog und ihm
das Lied einfürallemal verbot. Beschämt aber nicht traurig setzte es
sich still in seine Ecke. All seine Hasenfreunde fingen auch an, ihm das
Singen zu verbieten, denn sie wollten gute Osterhasen werden und
mußten daher viel lernen.
Eines Morgens stellte sich das neugierige Häschen auf die Kiste und
sagte mit fester Stimme: „Seit ich das Geheimnis der Osterhasen
kenne, hält mich nichts mehr in dieser Osterhasenschule. Ich will kein
Osterhase mehr werden, denn ich suche mir lieber eine Hasenfrau, und
die legt mir klitzekleine süße Hasenkinder ins Nest. Ich gehe jetzt und
komme auch nie mehr zurück!“ Erstaunt schauten die übrigen Hasen
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und der Oberhasenlehrer dem davonhüpfenden Häschen hinterher, das
nie wiederkam. Mit ihm verschwand auch das Osterhasengeheimnis.
Weil alle anderen Osterhasen es nie erfahren konnten, verbreitete sich
dieses Märchen vom „eierlegenden Osterhasen“ über die ganze Erde.
Zuhause erzählte das nun wissende Häschen alles ausführlich seinen
Eltern. Sie nahmen es in den Arm , drückten und küßten den Kleinen so
heftig, daß er ganz verzottelt aussah und bestätigten ihm erneut, daß
Hasen keine Eier legen können, sondern nur die Hühner. „Aber warum
gibt es denn dieses Osterhasenmärchen?“, fragte es ganz leise und sah
hinauf zu seinen Eltern. “Warum,“ erwiderte der Vater „weil die kleinen
Menschenkinder gerne Märchen hören und die Erwachsenen sie gerne
erzählen.“
Autorin:
Heidrun Gemähling
Eschweg 5
D-48531 Nordhorn
Internet: www.lyrik-kriegundleben.de
eMail: [email protected]
gepostet: von Heidrun Gemähling am
Sat, 12 Mar 2005 23:13:40 +0100
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